Ewigkeit und Märchen: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Serpiente alquimica.jpg|thumb|250px|Ouroboros aus einem [[alchemist]]ischen Manuskript]]
[[File:Theodor Hosemann Illustration Hochzeit.jpg|mini|400px|[[Wikipedia:Theodor Hosemann|Theodor Hosemann]], Illustration zu dem Märchen: ''Die Hochzeit eines jungen Königspaares begleitet von Engeln und Zwergen.'' Aquarell über schwarzem Stift, auf Velin.]]
Die '''Ewigkeit''' (von [[Wikipedia:Althochdeutsch|ahd.]] ''ēwe'' „Lebenszeit“; abgeleitet von der [[Wikipedia:Indogermanische Ursprache|indogerm. Wurzel]] *əiw- „Lebenszeit, Ewigkeit“) oder '''Äternität''' ([[lat.]] ''aeternitas'') als '''Region der Dauer''' ist jenes Reich des [[Geist]]es, in dem das [[Phänomen]] der linear von der Vergangenheit in die Zukunft voranschreitende [[Zeit]] keine Rolle mehr spielt. An die Stelle des linearen Zeiterlebens, wie wir es aus dem [[irdisch]]en [[Dasein]] kennen, tritt ein zyklisch in sich selbst zurücklaufendes Erleben, wie es etwa das Bild der [[Ouroboros-Schlange]] anzeigt. Es wäre derart falsch, sich die Ewigkeit als [[unendlich]]en linearen Zeitlauf ohne Anfang und Ende vorzustellen, obwohl diese Fehldeutung oftmals gemacht wurde. Ebenso ist Ewigkeit nicht einfach ''Zeitlosigkeit'', denn das würde ewigen Stillstand, ewige ERstarrung bedeuten. Die sich in den Schwanz beißende Schlange weist vielmehr darauf hin, dass dem Ende ein neuer Anfang in ständiger Wiederholung entspricht, dass der Abschluss eines Weges oder Prozesses einen Neubeginn bedeutet. Zusammen mit der [[Symbolik]], die dem Bild der sich ständig häutenden und dadurch verjüngenden Schlange ohnehin zukommt, stellt der Zirkelschluss des Tieres eine aussagekräftige [[Wikipedia:Metapher|Metapher]] einer zyklischen Wiederholung dar – etwa des Kreislaufes der Zeiten, der Weltuntergänge und Neuschöpfungen, des Sterbens und der Neugeburt, im weiteren Sinn aber auch, wie schon der einfache Kreis, der Ewigkeit selbst.
[[Bild:Louvre 032008 48.jpg|thumb|250px|Ägyptische Sphinx]]
[[Datei:Schneeweisschen und Rosenrot2.jpg|thumb|250px|Schneeweißchen und Rosenrot, Darstellung von [[Wikipedia:Alexander Zick|Alexander Zick]]]]
[[Datei:Schneewittchen2.jpg|miniatur|250px|Der Prinz an Schneewittchens Glassarg, Illustration von Alexander Zick (1886)]]
'''Märchen''' ({{Mhd|maere}} „Kunde, Bericht, Nachricht“) sind auf den ersten Blick [[Phantasie|fantastisch]] erscheinende Geschichten, in denen aber vielfach Nachklänge des alten naturhaften [[Hellsehen]]s zu finden sind.
Sie können wie die [[Mythen]] Ausdruck geistiger Wahrheiten sein.


<div style="margin-left:20px">
== Märchen als Reste des alten Hellsehens ==
"Man erlebt nicht ein Vorher und Nachher,
sondern man kann es nicht anders bezeichnen als eine Kreislaufbewegung,
bei welcher Anfang, Mitte und Ende eigentlich nicht anders
gebraucht werden können, als wenn man sie zusammen gebraucht.
Wie beim Kreise, wenn er fertig gezogen ist, von jedem
Punkte gesagt werden muß, da fängt er an, und - wenn man herumgegangen
ist - da hört er wieder auf - aber von jedem Punkte kann
man das sagen - , so ist es bei diesem Erleben. Man hat nicht das Gefühl,
daß man eine Zeit durchlebt, sondern eine Kreislaufbewegung
durchmacht, einen Zyklus beschreibt - und verliert bei diesem Erleben
vollständig das Gefühl für die Zeit, die man gewöhnlich im Sinnensein
hat. Man hat nur das Gefühl: Du bist in der Welt, und die
Welt hat zu ihrem Grundcharakter das Zyklische, das Kreishafte.
Und ein Wesen, welches nie die Erde betreten haben würde, welches
nie im Sinnensein gewesen wäre, sondern nur in dieser Welt immer
gelebt hätte, würde nie auf den Gedanken kommen, die Welt habe
einmal einen Anfang genommen und könne gegen ein Ende zulaufen,
sondern es würde sich ihm immer nur eine in sich geschlossene
Kreis weit darstellen. Ein solches Wesen hätte gar keine Veranlassung
zu sagen, es erstrebe die Ewigkeit, aus dem einfachen Grunde,
weil überall alles ewig ist, weil nirgends etwas ist, über das man hinaussehen
könnte als über etwas Zeitliches in etwas Ewiges hinein." {{Lit|{{G|138|92ff}}}}
</div>


Es ist nicht so, dass es in der [[Region der Dauer]] keine [[Bewegung]] gäbe. Das [[Wesen]] des [[Geist]]es, der der Ewigkeit angehört, ist rastlose unaufhörliche Bewegung, die aber zugleich als absolute Ruhe empfunden wird, solange alle Wesen diese Bewegung gleichmaßen mitmachen. Erst wo Bewegungsunterschiede entstehen, weil nicht mehr alle Wesen dieses rastlose Tempo mitmachen können, wird die Bewegung auch als solche empfunden - und damit tritt die Zeit in Erscheinung.  
{{GZ|Die Märchen sind nirgends ausgedacht, sind die letzten Reste des alten Hellsehens, die von den Menschen,
welche noch die Kräfte dafür hatten, im Traume erlebt waren. Was im
Traume gesehen wurde, das wurde erzählt, so wie das Märchen vom
gestiefelten Kater, das nur eine Umbildung ist des Märchens, das ich
Ihnen heute erzählte. Alle Märchen waren schließlich vorhanden als
letzte Reste des ursprünglichen Hellsehens. Daher kann ein wirkliches
Märchen nur entstehen, wenn - entweder bewußt oder unbewußt - in
der Seele des Märchendichters die Imagination vorhanden ist, die sich
hineinprojiziert in die Seele, sonst ist es nicht richtig. Ein beliebig ausgedachtes
Märchen kann nie richtig sein. Wenn heute noch da oder dort
durch irgendeinen Menschen ein wirkliches Märchen entsteht, so entsteht
es auch nicht anders als dadurch, daß in dem Menschen die Sehnsucht
erwacht nach den alten Zeiten, welche die Menschheit einstmals
durchgemacht hat. Diese Sehnsucht ist vorhanden, nur schleicht sie sich
manchmal in gar verborgene Seelentiefen ein, und der Mensch verkennt
in dem, was er bewußt schaffen kann, oft sehr, wie vieles aus den verborgenen
Tiefen des Seelenlebens heraufkommt, und wie vieles nur
durch das entstellt ist, was der Mensch mit seinem gegenwärtigen
Bewußtsein machen kann.|127|207f}}


Nach [[Meister Eckhart]] bedeutet Ewigkeit weder Zeitlosigkeit noch unendlich viel Zeit, sondern vielmehr die [[Allgegenwart]] aller Zeiten in jedem Augenblick der Gegenwart:
In der [[Urindische Kultur|urindischen Kultur]] war das alte Hellsehen noch weit verbreitet. Es ist daher nicht verwunderlich, ...


{{Zitat|Ich habe auch öfter schon gesagt, daß eine Kraft in der Seele ist, die weder Zeit noch Fleisch berührt; sie fließt aus dem Geiste und bleibt im Geiste und ist ganz und gar geistig. In dieser Kraft ist Gott ganz so grünend und blühend in aller der Freude und in aller der Ehre, wie er in sich selbst ist [...] Wäre der Geist allzeit mit Gott in dieser Kraft vereint, der Mensch könnte nicht altern; denn das Nun, darin Gott den ersten Menschen schuf, und das Nun, darin der letzte Mensch vergehen wird, und das Nun, darin ich spreche, die sind gleich in Gott und sind nichts als ein Nun. Nun seht, dieser Mensch wohnt in einem Lichte mit Gott; darum ist in ihm weder Leiden noch Zeitfolge, sondern eine gleichbleibende Ewigkeit.|Meister Eckhart|Predigt von der Jungfrau die ein Weib war|ref=<ref>[http://www.odysseetheater.org/jump.php?url&#61;http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Mystik/Meister_Eckhart/Meister_Eckhart_Predigt_von_der_Jungfrau_die_ein_Weib_war.pdf Meister Eckhart: ''Predigt von der Jungfrau die ein Weib war]</ref>}}
{{GZ|... daß weitaus die größte Zahl aller Märchen,
Sagen und Fabeln eigentlich ursprünglich auf Indien zurückführen.
Wenn Sie die Tierfabeln und sonstigen Märchenerzählungen der
verschiedensten Länder Europas durchgehen, so werden Sie zwar
kleinere oder größere Veränderungen vorfinden, Sie werden aber
sehen, daß der Grundstock vieler europäischer Märchen sich in den
alten indischen Büchern findet. Das ist für uns nicht zu verwundern,
da doch die Kulturen gemeinsam zur fünften Wurzelrasse
gehören, die sich von der Wüste Gobi über Ägypten und Griechenland
nach Europa herüber verbreitete.|92|45}}


Auf dem [[Alter Saturn|alten Saturn]] trat die wesenhafte Zeit als die Gemeinschaft der [[Archai]] in Erscheinung, indem die [[Throne]] ihre [[Wille]]nssubstanz als [[Wärme]] den [[Cherubim]] hinopferten und dadurch die [[Evolution]] unseres ganzen [[Planetensystem]]s in Gang brachten. Dadurch waren aber die Cherubim selbst in den Bereich der Zeitlichkeit eingetreten. Beim Übergang von der [[Alte Sonne|alten Sonne]] zum [[Alter Mond|alten Mond]] entwickelte jedoch ein Teil der Cherubim die geistige Tugend der ''schöpferischen Resignation'' und verzichtete darauf, das Willensopfer der Throne anzunehmen. Dadurch hoben sie sich aus dem Bereich der Zeitlichkeit heraus und traten in die Ewigkeit ein.  
Die bedeutenste indische Märchensammlung ist das [[Wikipedia:Panchatantra|Panchatantra]], das allerdings nicht vor dem 3. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist, und viele volkstümliche [[Fabel|Tierfabeln]] enthält. Im [[Wikipedia:6. Jahrhundert|6. Jahrhundert]] war das Panchatantra bereits so beliebt, dass es ins [[Wikipedia:Mittelpersische Sprache|Pahlavi]] übersetzt wurde. Über persische und arabische Übersetzungen kam die Sammlung im [[Wikipedia:13. Jahrhundert|13. Jahrhundert]] nach Europa und war gegen Ende des 15. Jahrhunderts an den meisten europäischen Fürstenhöfen bekannt.


<div style="margin-left:20px">
== Luzifer und Ahriman ==
"Diejenigen Cherubim nun, welche verzichtet haben auf das Opfer, auf das, was gleichsam im Opferrauch liegt, sie haben darauf verzichtet aus dem Grunde, weil sie sich damit den Eigenschaften dieses Opferrauches entziehen. Und zu diesen Eigenschaften gehört vor allem die Zeit und damit Entstehen und Vergehen. In dem ganzen Verzicht der Cherubim auf das Opfer liegt daher ein den Zeitverhältnissen Entwachsen der Cherubim. Sie gehen über die Zeit hinaus, entziehen sich dem Unterworfensein unter die Zeit. Damit trennen sich gleichsam die Verhältnisse während der alten Sonnenentwickelung so, daß gewisse Verhältnisse, die in der geraden Linie vom Saturn aus weiter fortgehen, als Opferung und schenkende Tugend der Zeit unterworfen bleiben, während die anderen Verhältnisse, die von den Cherubim dadurch eingeleitet wurden, daß diese Cherubim auf das Opfer verzichteten, sich der Zeit entreißen und damit sich die Ewigkeit, die Dauer, das Nicht-unterworfensein dem Entstehen und Vergehen einverleiben. Das ist etwas höchst Merkwürdiges: wir kommen da während der alten Sonnenentwickelung zu einer Trennung in Zeit und Ewigkeit. Es ist durch die Resignation der Cherubim während der Sonnenentwickelung die Ewigkeit errungen worden als eine Eigenschaft gewisser Verhältnisse, die während der Sonnenentwickelung eintraten." {{Lit|{{G|132|49}}}}
</div>


In der zurückgewiesenen und damit von den Cherubim unabhängig gewordenen Opfersubstanz der Throne konnten sich Wesen aus der [[Hierarchie]] der [[Angeloi]] verkörpern und hier ihre Selbstständigkeit entwickeln. Sie wurden dadurch zu [[Luzifer|luziferischen Wesenheiten]].
Alle Märchenmotive hängen letztlich mit dem Verhältnis des [[Mensch]]en zu den [[luziferisch]]-[[sphinx]]artigen und zu den [[mephisto]]phelisch-[[ahrimanisch]]en Kräften zusammen:


<div style="margin-left:20px">
{{GZ|Sagen und
"„So ist mit dem Hinübergehen der Entwicklung von der Sonne zum Mond, mit dem Unsterblichwerden der Cherubim die Möglichkeit gegeben, daß andere Wesenheiten sich abtrennen in eigener Substantialität von der fortlaufenden Entwickelung der Cherubim, überhaupt von den unsterblichen Wesenheiten. Wir sehen also, indem wir jetzt den tieferen Grund des Zurückbleibens kennenlernen, daß eigentlich die Urschuld, wenn wir von einer solchen Urschuld sprechen wollen, an diesem Zurückbleiben gar nicht diejenigen haben, welche zurückgeblieben sind. Das ist das Wichtige, daß wir das auffassen. Hätten die Cherubim die Opfer angenommen, so hätten die luziferischen Wesenheiten nicht zurückbleiben können, denn sie hätten keine Gelegenheit gehabt, sich in dieser Substanz zu verkörpern." {{Lit|{{G|132|51}}}}
Märchen, die so unverständig von den Gelehrten unserer Gegenwart
</div>
betrachtet werden, weisen ihrer Struktur nach entweder nach dem
Mephistophelischen, dem Ahrimanischen hin, oder nach dem Sphinxartigen,
dem Luziferischen. Alle Sagen und Märchen rühren davon her,
daß ihr Inhalt ursprünglich entweder durch das Verhältnis, das der
Mensch zur Sphinx hat, erlebt worden ist oder durch das Verhältnis,
das der Mensch zu Mephisto hat. In den Sagen und Märchen finden wir
mehr oder weniger verborgen auftreten entweder das Fragemotiv: das
ist das Sphinxmotiv, das Motiv, daß irgend etwas gelöst werden muß,
daß eine Frage beantwortet werden muß, oder das Motiv der Verzauberung,
des Gebanntseins an irgend etwas: das ist das mephistophelische,
das ahrimanische Motiv. Denn worin besteht das ahrimanische
Motiv im genaueren? Es besteht darin, daß, wenn wir Ahriman neben
uns haben, wir fortwährend in der Gefahr sind, ihm zu verfallen, in
seine Natur überzugehen, uns nicht mehr losreißen zu können von ihm.
Und man möchte sagen: Der Sphinx gegenüber empfindet der Mensch
etwas, was in ihn eindringt und ihn gleichsam auseinanderreißt; dem
Mephistophelischen gegenüber empfindet der Mensch etwas wie: er
muß untertauchen in dieses Mephistophelische, er muß sich ihm verschreiben,
er muß ihm verfallen.|158|107f}}


Unser Erleben der Zeitlichkeit ist zurückzuführen auf den [[luzifer]]ischen Einfluss in der [[Sinneswelt]]:
== Kinder brauchen Märchen ==


<div style="margin-left:20px">
{{GZ|Es ist leicht zu sagen,
"Was dem Dasein zugrunde liegt - Augenblick
die Mythen und Märchen sind Vorstellungen, die den Kindheitsstufen
und Ewigkeit - , ist immer und überall. Die Frage kann nicht anders
der Menschheit entsprungen sind. Gewiß haben die Menschen
gestellt sein als: Wie kommt es, daß die Ewigkeit einmal als Augenblick
den Engeln nicht physisch gegenübergestanden, von denen die Mythen
erscheint, daß das Ewige einmal zeitlich erscheint, und daß ein
und Märchen gesprochen haben. Aber mit dem Nachdenken durch
Wesen in der Welt die Gestalt des Zeitlichen annimmt? Das kommt
Philosophie ist in der geistigen Welt nichts anzufangen. Dieses Wissen
von nichts anderem als davon her, daß unser Sinnensein überall, wo
hat keine Bedeutung in den geistigen Welten. Es ist leicht zu sagen,
es auftritt, von luziferischen Wesenheiten zugleich durchsetzt ist.
Märchen beruhen auf keiner Wahrheit. So gescheit ist der Geistesforscher
Und soweit das luziferische Wesen hereinspielt, soweit wird die
auch immer gewesen, daß er gewußt hat, daß feurige Drachen
Ewigkeit zur Zeitlichkeit gemacht. Sie müssen also sagen: Ein Wesen,
nicht durch die physische Luft fliegen, aber gewußt hat er immer, daß
das irgendwo in der Zeit auftritt, ist soviel ein ewiges Wesen, als
die Imagination des feurigen Drachen zu bilden notwendig ist. Denn
es sich zu befreien vermag von dem luziferischen Dasein, und es ist
indem diese Vorstellung in der Seele ist, wirft sie Geisteslicht auf die
ebensoviel ein zeitliches Wesen, als es unterliegt dem luziferischen
geistige Welt. Kraftvorstellungen sind das. So sind alle Mythen beschaffen,
Dasein [...] Der
weniger um äußerlich abzubilden, sondern um in der geistigen
Mensch ist ein Wesen, zu dessen ganzer Natur fortschreitende göttliche
Welt wirklich leben zu können. Die Materialisten sagen: Mythen
Wesen und luziferische Wesen mitwirken müssen. Und insofern
und Märchen entspringen der Kindheitsstufe der Menschheit. - Aber
fortschreitende göttliche Wesen in ihm sind, ringt sich ein Teil
die Menschen wurden eben in ihrer Kindheit von Göttern unterrichtet.
seines Wesens so los von allem, was daran luziferisch ist, daß es der
Die Mythen und Märchen gehen so in dieser Weise der Menschheitsevolution
Ewigkeit teilhaftig ist. Insofern die göttlichen Wesen wirken, hat
verloren, aber die Kinder sollte man nicht so aufwachsen
der Mensch Anteil an dem Ewigen; insofern die luziferische Welt in
lassen. Es ist ein großer Unterschied, ob man das Kind mit oder ohne
ihm wirkt, gliedert sich an die Menschenwesenheit alles an, was mit
Märchen aufwachsen läßt. Die die Seele beschwingende Kraft der Märchenbilder
Vergänglichkeit und Zeitlichkeit verbunden ist.
tritt erst später hervor. In einem Lebensüberdruß zeigt
es sich später, wenn nicht Märchen gegeben wurden, in einer Langeweile.
Ja sogar physisch kommt es zum Ausdruck, auch gegen Krankheiten
können Märchen helfen. Was durch die Märchen hineingeträufelt
wird, das kommt als Lebensfroheit, Lebenssinn später heraus,
kommt als Möglichkeit, mit dem Leben fertigzuwerden, noch im spätesten
Alter zum Vorschein. Es müssen die Kinder in ihrer Jugend,
wo sie sie noch erleben können, erleben die Kraft des Märcheninhaltes.
Wer nicht vermag mit Vorstellungen zu leben, die für den physischen
Plan keine Wirklichkeit haben, der stirbt für die geistige Welt. Und
viele Philosophien, die sich nur stützen wollen auf den physischen Plan,
sind Sterbemittel für die Seele. Aus der äußeren Evolution werden die
Sterbemittel für die geistige Welt. Die Menschheit muß kommen zu
einem Urteil, das nicht gestützt ist auf Äußeres, sondern in sich selbst
sich stützt. Immer mehr muß sie kommen zu dem: Ich glaube, was
ich weiß.|154|129f}}


Also als ein Zusammenwirken verschiedenartiger Wesenheiten
{{GZ|Nun, man mag denken wie man will über den geistigen Gehalt der
erscheinen Ewigkeit und Zeitlichkeit. In den höheren Welten hat es
äußeren sinnlichen Wirklichkeit, aber Gift ist es für den werdenden
auch keinen Sinn mehr, von solchen abstrakten Gegensätzen zu
Menschen, wenn er gerade in der Zeit zwischen dem 6., 7. und dem
sprechen wie Ewigkeit und Zeitlichkeit; die hören auf, in den höheren
9. Jahre nicht gerade auf märchenhafte Art die Phantasie entwickelt
Welten einen Sinn zu haben. Da muß man von Wesenheiten
bekommt. Ist der Lehrer selber kein Phantast, so wird er zunächst alles
sprechen. Deshalb spricht man von fortschreitenden göttlichen Wesenheiten
dasjenige, was er an das Kind über die Umgebung des Menschen heranbringen
und von luziferischen Wesenheiten. Weil die in den höheren
will - das Kind unterscheidet sich ja noch nicht von der Umgebung,
Welten da sind, spiegelt sich ihr Verhältnis zueinander als der
das tritt erst später, im 9. Jahre ein - , alles das, was er entwickelt
Gegensatz von Ewigkeit und Zeitlichkeit." {{Lit|{{G|138|96}}}}
über Tier, Pflanze, über die übrige Natur, er wird es dem
</div>
Kinde in Märchenform beibringen. Wenn man nur einmal sich damit
vertraut machte, welch gewaltiger Unterschied darinnen liegt, ob man
dem Kinde Märchen liest oder man solche Märchen selber erst ausgestaltet!
Ich bitte, lesen Sie noch so viel Märchen und erzählen Sie gelesene
Märchen Ihren Kindern, sie wirken nicht so, als wenn Sie viel
schlechtere Märchen selber ausgestalten und sie an die Kinder heranbringen,
und zwar weil der Prozeß des Gestaltens in Ihnen - das ist ja
eben das, was ich meine mit dem Lebendigen - auf das Kind nachwirkt,
weil er sich wirklich dem Kinde mitteilt. Das sind die Imponderabilien
des Umgangs mit dem Kinde.|301|84f}}
 
{{GZ|Und weil das
Märchen so mit dem Innersten der Seele zusammenhängt,
mit dem, was so tief mit dem Innersten der Menschenseele
zusammenhangend ist, deshalb ist das Märchen gerade diejenige
Form der Darstellung, die für das kindliche Gemüt
am angemessensten ist. Denn man darf vom Märchen sagen,
es habe es dahin gebracht, das Allertiefste im geistigen
Leben in der allereinf achsten Weise zum Ausdruck zu bringen.
Man empfindet eigentlich nach und nach, daß es in
allem bewußten künstlerischen Leben keine so große Kunst
gibt als die Kunst, die den Weg vollendet von den unverstandenen
Tiefen des Seelenlebens zu den reizvollen, oftmals
spielerischen Bildern des Märchens.
 
Wenn man das Schwerstverständliche in den selbstverständlichsten
Formen auszudrücken vermag, dann ist
das größte Kunst, natürlichste Kunst, wesenhaft mit dem
Menschen zusammenhängende Kunst. Und weil im Kinde
die menschliche Wesenheit in einer noch ursprünglicheren
Art mit dem Gesamtdasein, mit dem Gesamtleben zusammenhängt,
deshalb braucht auch das Kind als Nahrung
für seine Seele das Märchen. Freier noch kann sich im Kinde
das bewegen, was geistige Kraft darstellt. Das kann noch
nicht, wenn die kindliche Seele nicht veröden soll, in die
abstrakten theoretischen Begriffe eingesponnen werden. Das
muß noch zusammenhängen mit dem, was in den Tiefen
des Daseins wurzelt.
 
Daher tun wir, dem Kinde für die Seele keine größere
Wohltat, als wenn wir auf seine Seele wirken lassen, was so
Menschen-Wurzeln mit Daseins-Wurzeln zusammenbringt.
Weil das Kind noch an der eigenen Gestaltung schöpferisch
tätig sein muß, weil es noch die gestaltenden Kräfte selbst
für sein Wachstum, für die Entfaltung aller seiner Anlagen
hervorbringen muß, deshalb empfindet es so wunderbare
Nahrung für seine Seele in den Bildern des Märchens, in
denen es wurzelhaft mit dem Dasein zusammenhängt. Und
weil der Mensch, selbst wenn er sich dem Rationalistisch-
Verstandesmäßigen hingibt, doch nie von des Daseins Wurzeln
losgerissen werden kann, und weil er, wenn er gerade
am meisten dem Leben hingegeben sein muß, am intimsten
mit des Daseins Wurzeln zusammenhängt, deshalb kehrt
er, wenn er nur gesunden, geradsinnigen Gemütes ist, in
jedem Lebensalter freudig zum Märchen zurück. Denn es
gibt kein Lebensalter, es gibt keine menschliche Lage, die
uns demjenigen entfremden könnte, was aus dem Märchen
strömt, weil wir aufhören müßten mit dem Tiefsten, was
mit der Menschennatur zusammenhängt, wenn wir keinen
Sinn mehr für das hätten, was sich von diesem Sinn der
Menschennatur, der so unverständlich ist für den Verstand,
ausdrückt in den selbstverständlichen Märchen und in der
selbstverständlichen, einfachen, primitiven Märchenstimmung.|62|349ff}}
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Märchen}}
* {{WikipediaDE|Märchen}}
* {{WikipediaDE|Legende}}
* {{WikipediaDE|Sage}}


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Die Evolution vom Gesichtspunkte des Wahrhaftigen'', [[GA 132]] (1999), ISBN 3-7274-1320-4 {{Vorträge|132}}
 
#Rudolf Steiner: ''Von der Initiation. Von Ewigkeit und Augenblick. Von Geisteslicht und Lebensdunkel.'', [[GA 138]] (1986)
*Rudolf Steiner: ''Ergebnisse der Geistesforschung'', [[GA 62]] (1988), ISBN 3-7274-0620-8 {{Vorträge|062}}
*Rudolf Steiner: ''Die okkulten Wahrheiten alter Mythen und Sagen'', [[GA 92]] (1999), ISBN 3-7274-0920-7 {{Vorträge|092}}
*Rudolf Steiner: ''Exkurse in das Gebiet des Markus-Evangeliums'', [[GA 124]] (1995), ISBN 3-7274-1240-2 {{Vorträge|124}}
*Rudolf Steiner: ''Die Mission der neuen Geistesoffenbarung'', [[GA 127]] (1989), ISBN 3-7274-1270-4 {{Vorträge|127}}
*Rudolf Steiner: ''Wie erwirbt man sich Verständnis für die geistige Welt?'', [[GA 154]] (1985), ISBN 3-7274-1540-1 {{Vorträge|154}}
*Rudolf Steiner: ''Der Zusammenhang des Menschen mit der elementarischen Welt'', [[GA 158]] (1993), ISBN 3-7274-1580-0 {{Vorträge|158}}
*Rudolf Steiner: ''Die Erneuerung der pädagogisch-didaktischen Kunst durch Geisteswissenschaft'', [[GA 301]] (1991), ISBN 3-7274-3010-9 {{Vorträge|301}}
*Rudolf Steiner: ''Märchendichtungen im Lichte der Geistesforschung - Märchendeutungen'', [[GA 62]], Zwei Vorträge, Einzelausgabe, Dornach 1988
*Rudolf Steiner: ''Rosenkreuzerisches Weistum in der Märchendichtung'', Einzelausgabe, Dornach 1980
*Jakob Streit: ''Warum Kinder Märchen brauchen'', Ogham Vlg., Dornach 1996
*Rudolf Meyer: ''Die Weisheit der deutschen Volksmaerchen'', Urachhaus Vlg., Stuttgart 1981
*Flensburger Hefte Nr. 30: ''Märchen'', Flensburger Hefte Vlg., Flensburg 1990
*Bruno Bettelheim: ''Kinder brauchen Märchen'', dtv, München 1993
*Jakob Streit/Elisabeth Klein: ''Comics oder Märchen?'' Gift oder Nahrung für die Seelen unserer Kinder, Soziale Hygiene-Merkblätter Doppel-Heft, Verein für ein erweitertes Heilwesen, Bad Liebenzell 1981
* Almut Bockemühl: ''Märchen und Rosenkreuzer'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2015, ISBN 978-3-7235-1519-8


{{GA}}
{{GA}}


== Einzelnachweise ==
== Weblinks ==


<references />
* [http://www.maerchenlexikon.de Märchenlexikon] (edition amalia)


[[Kategorie:Grundbegriffe]]
[[Kategorie:Sage]]
[[Kategorie:Legende]]
[[Kategorie:Märchen|!]]
[[Kategorie:Fiktionale Literatur]]
[[Kategorie:Hellsehen]]
[[Kategorie:Seelenleben]]

Version vom 14. Januar 2019, 17:23 Uhr

Theodor Hosemann, Illustration zu dem Märchen: Die Hochzeit eines jungen Königspaares begleitet von Engeln und Zwergen. Aquarell über schwarzem Stift, auf Velin.
Ägyptische Sphinx
Schneeweißchen und Rosenrot, Darstellung von Alexander Zick
Der Prinz an Schneewittchens Glassarg, Illustration von Alexander Zick (1886)

Märchen (mhd. maere „Kunde, Bericht, Nachricht“) sind auf den ersten Blick fantastisch erscheinende Geschichten, in denen aber vielfach Nachklänge des alten naturhaften Hellsehens zu finden sind. Sie können wie die Mythen Ausdruck geistiger Wahrheiten sein.

Märchen als Reste des alten Hellsehens

„Die Märchen sind nirgends ausgedacht, sind die letzten Reste des alten Hellsehens, die von den Menschen, welche noch die Kräfte dafür hatten, im Traume erlebt waren. Was im Traume gesehen wurde, das wurde erzählt, so wie das Märchen vom gestiefelten Kater, das nur eine Umbildung ist des Märchens, das ich Ihnen heute erzählte. Alle Märchen waren schließlich vorhanden als letzte Reste des ursprünglichen Hellsehens. Daher kann ein wirkliches Märchen nur entstehen, wenn - entweder bewußt oder unbewußt - in der Seele des Märchendichters die Imagination vorhanden ist, die sich hineinprojiziert in die Seele, sonst ist es nicht richtig. Ein beliebig ausgedachtes Märchen kann nie richtig sein. Wenn heute noch da oder dort durch irgendeinen Menschen ein wirkliches Märchen entsteht, so entsteht es auch nicht anders als dadurch, daß in dem Menschen die Sehnsucht erwacht nach den alten Zeiten, welche die Menschheit einstmals durchgemacht hat. Diese Sehnsucht ist vorhanden, nur schleicht sie sich manchmal in gar verborgene Seelentiefen ein, und der Mensch verkennt in dem, was er bewußt schaffen kann, oft sehr, wie vieles aus den verborgenen Tiefen des Seelenlebens heraufkommt, und wie vieles nur durch das entstellt ist, was der Mensch mit seinem gegenwärtigen Bewußtsein machen kann.“ (Lit.:GA 127, S. 207f)

In der urindischen Kultur war das alte Hellsehen noch weit verbreitet. Es ist daher nicht verwunderlich, ...

„... daß weitaus die größte Zahl aller Märchen, Sagen und Fabeln eigentlich ursprünglich auf Indien zurückführen. Wenn Sie die Tierfabeln und sonstigen Märchenerzählungen der verschiedensten Länder Europas durchgehen, so werden Sie zwar kleinere oder größere Veränderungen vorfinden, Sie werden aber sehen, daß der Grundstock vieler europäischer Märchen sich in den alten indischen Büchern findet. Das ist für uns nicht zu verwundern, da doch die Kulturen gemeinsam zur fünften Wurzelrasse gehören, die sich von der Wüste Gobi über Ägypten und Griechenland nach Europa herüber verbreitete.“ (Lit.:GA 92, S. 45)

Die bedeutenste indische Märchensammlung ist das Panchatantra, das allerdings nicht vor dem 3. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist, und viele volkstümliche Tierfabeln enthält. Im 6. Jahrhundert war das Panchatantra bereits so beliebt, dass es ins Pahlavi übersetzt wurde. Über persische und arabische Übersetzungen kam die Sammlung im 13. Jahrhundert nach Europa und war gegen Ende des 15. Jahrhunderts an den meisten europäischen Fürstenhöfen bekannt.

Luzifer und Ahriman

Alle Märchenmotive hängen letztlich mit dem Verhältnis des Menschen zu den luziferisch-sphinxartigen und zu den mephistophelisch-ahrimanischen Kräften zusammen:

„Sagen und Märchen, die so unverständig von den Gelehrten unserer Gegenwart betrachtet werden, weisen ihrer Struktur nach entweder nach dem Mephistophelischen, dem Ahrimanischen hin, oder nach dem Sphinxartigen, dem Luziferischen. Alle Sagen und Märchen rühren davon her, daß ihr Inhalt ursprünglich entweder durch das Verhältnis, das der Mensch zur Sphinx hat, erlebt worden ist oder durch das Verhältnis, das der Mensch zu Mephisto hat. In den Sagen und Märchen finden wir mehr oder weniger verborgen auftreten entweder das Fragemotiv: das ist das Sphinxmotiv, das Motiv, daß irgend etwas gelöst werden muß, daß eine Frage beantwortet werden muß, oder das Motiv der Verzauberung, des Gebanntseins an irgend etwas: das ist das mephistophelische, das ahrimanische Motiv. Denn worin besteht das ahrimanische Motiv im genaueren? Es besteht darin, daß, wenn wir Ahriman neben uns haben, wir fortwährend in der Gefahr sind, ihm zu verfallen, in seine Natur überzugehen, uns nicht mehr losreißen zu können von ihm. Und man möchte sagen: Der Sphinx gegenüber empfindet der Mensch etwas, was in ihn eindringt und ihn gleichsam auseinanderreißt; dem Mephistophelischen gegenüber empfindet der Mensch etwas wie: er muß untertauchen in dieses Mephistophelische, er muß sich ihm verschreiben, er muß ihm verfallen.“ (Lit.:GA 158, S. 107f)

Kinder brauchen Märchen

„Es ist leicht zu sagen, die Mythen und Märchen sind Vorstellungen, die den Kindheitsstufen der Menschheit entsprungen sind. Gewiß haben die Menschen den Engeln nicht physisch gegenübergestanden, von denen die Mythen und Märchen gesprochen haben. Aber mit dem Nachdenken durch Philosophie ist in der geistigen Welt nichts anzufangen. Dieses Wissen hat keine Bedeutung in den geistigen Welten. Es ist leicht zu sagen, Märchen beruhen auf keiner Wahrheit. So gescheit ist der Geistesforscher auch immer gewesen, daß er gewußt hat, daß feurige Drachen nicht durch die physische Luft fliegen, aber gewußt hat er immer, daß die Imagination des feurigen Drachen zu bilden notwendig ist. Denn indem diese Vorstellung in der Seele ist, wirft sie Geisteslicht auf die geistige Welt. Kraftvorstellungen sind das. So sind alle Mythen beschaffen, weniger um äußerlich abzubilden, sondern um in der geistigen Welt wirklich leben zu können. Die Materialisten sagen: Mythen und Märchen entspringen der Kindheitsstufe der Menschheit. - Aber die Menschen wurden eben in ihrer Kindheit von Göttern unterrichtet. Die Mythen und Märchen gehen so in dieser Weise der Menschheitsevolution verloren, aber die Kinder sollte man nicht so aufwachsen lassen. Es ist ein großer Unterschied, ob man das Kind mit oder ohne Märchen aufwachsen läßt. Die die Seele beschwingende Kraft der Märchenbilder tritt erst später hervor. In einem Lebensüberdruß zeigt es sich später, wenn nicht Märchen gegeben wurden, in einer Langeweile. Ja sogar physisch kommt es zum Ausdruck, auch gegen Krankheiten können Märchen helfen. Was durch die Märchen hineingeträufelt wird, das kommt als Lebensfroheit, Lebenssinn später heraus, kommt als Möglichkeit, mit dem Leben fertigzuwerden, noch im spätesten Alter zum Vorschein. Es müssen die Kinder in ihrer Jugend, wo sie sie noch erleben können, erleben die Kraft des Märcheninhaltes. Wer nicht vermag mit Vorstellungen zu leben, die für den physischen Plan keine Wirklichkeit haben, der stirbt für die geistige Welt. Und viele Philosophien, die sich nur stützen wollen auf den physischen Plan, sind Sterbemittel für die Seele. Aus der äußeren Evolution werden die Sterbemittel für die geistige Welt. Die Menschheit muß kommen zu einem Urteil, das nicht gestützt ist auf Äußeres, sondern in sich selbst sich stützt. Immer mehr muß sie kommen zu dem: Ich glaube, was ich weiß.“ (Lit.:GA 154, S. 129f)

„Nun, man mag denken wie man will über den geistigen Gehalt der äußeren sinnlichen Wirklichkeit, aber Gift ist es für den werdenden Menschen, wenn er gerade in der Zeit zwischen dem 6., 7. und dem 9. Jahre nicht gerade auf märchenhafte Art die Phantasie entwickelt bekommt. Ist der Lehrer selber kein Phantast, so wird er zunächst alles dasjenige, was er an das Kind über die Umgebung des Menschen heranbringen will - das Kind unterscheidet sich ja noch nicht von der Umgebung, das tritt erst später, im 9. Jahre ein - , alles das, was er entwickelt über Tier, Pflanze, über die übrige Natur, er wird es dem Kinde in Märchenform beibringen. Wenn man nur einmal sich damit vertraut machte, welch gewaltiger Unterschied darinnen liegt, ob man dem Kinde Märchen liest oder man solche Märchen selber erst ausgestaltet! Ich bitte, lesen Sie noch so viel Märchen und erzählen Sie gelesene Märchen Ihren Kindern, sie wirken nicht so, als wenn Sie viel schlechtere Märchen selber ausgestalten und sie an die Kinder heranbringen, und zwar weil der Prozeß des Gestaltens in Ihnen - das ist ja eben das, was ich meine mit dem Lebendigen - auf das Kind nachwirkt, weil er sich wirklich dem Kinde mitteilt. Das sind die Imponderabilien des Umgangs mit dem Kinde.“ (Lit.:GA 301, S. 84f)

„Und weil das Märchen so mit dem Innersten der Seele zusammenhängt, mit dem, was so tief mit dem Innersten der Menschenseele zusammenhangend ist, deshalb ist das Märchen gerade diejenige Form der Darstellung, die für das kindliche Gemüt am angemessensten ist. Denn man darf vom Märchen sagen, es habe es dahin gebracht, das Allertiefste im geistigen Leben in der allereinf achsten Weise zum Ausdruck zu bringen. Man empfindet eigentlich nach und nach, daß es in allem bewußten künstlerischen Leben keine so große Kunst gibt als die Kunst, die den Weg vollendet von den unverstandenen Tiefen des Seelenlebens zu den reizvollen, oftmals spielerischen Bildern des Märchens.

Wenn man das Schwerstverständliche in den selbstverständlichsten Formen auszudrücken vermag, dann ist das größte Kunst, natürlichste Kunst, wesenhaft mit dem Menschen zusammenhängende Kunst. Und weil im Kinde die menschliche Wesenheit in einer noch ursprünglicheren Art mit dem Gesamtdasein, mit dem Gesamtleben zusammenhängt, deshalb braucht auch das Kind als Nahrung für seine Seele das Märchen. Freier noch kann sich im Kinde das bewegen, was geistige Kraft darstellt. Das kann noch nicht, wenn die kindliche Seele nicht veröden soll, in die abstrakten theoretischen Begriffe eingesponnen werden. Das muß noch zusammenhängen mit dem, was in den Tiefen des Daseins wurzelt.

Daher tun wir, dem Kinde für die Seele keine größere Wohltat, als wenn wir auf seine Seele wirken lassen, was so Menschen-Wurzeln mit Daseins-Wurzeln zusammenbringt. Weil das Kind noch an der eigenen Gestaltung schöpferisch tätig sein muß, weil es noch die gestaltenden Kräfte selbst für sein Wachstum, für die Entfaltung aller seiner Anlagen hervorbringen muß, deshalb empfindet es so wunderbare Nahrung für seine Seele in den Bildern des Märchens, in denen es wurzelhaft mit dem Dasein zusammenhängt. Und weil der Mensch, selbst wenn er sich dem Rationalistisch- Verstandesmäßigen hingibt, doch nie von des Daseins Wurzeln losgerissen werden kann, und weil er, wenn er gerade am meisten dem Leben hingegeben sein muß, am intimsten mit des Daseins Wurzeln zusammenhängt, deshalb kehrt er, wenn er nur gesunden, geradsinnigen Gemütes ist, in jedem Lebensalter freudig zum Märchen zurück. Denn es gibt kein Lebensalter, es gibt keine menschliche Lage, die uns demjenigen entfremden könnte, was aus dem Märchen strömt, weil wir aufhören müßten mit dem Tiefsten, was mit der Menschennatur zusammenhängt, wenn wir keinen Sinn mehr für das hätten, was sich von diesem Sinn der Menschennatur, der so unverständlich ist für den Verstand, ausdrückt in den selbstverständlichen Märchen und in der selbstverständlichen, einfachen, primitiven Märchenstimmung.“ (Lit.:GA 62, S. 349ff)

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Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

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