Der freie christliche Impuls

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DER "FREIE CHRISTLICHE" IMPULS (frei christlich) ist ein Impuls von Menschen, der in dem Schatz der verschiedenen durch Rudolf Steiner gegebenen christlichen Rituale ein frei verfügbares laienpriesterliches Gut sieht.


Geschichte

Pfingsten 1996 begründeten kultisch engagierte Anthroposophen (freie christliche Religionslehrer, Sozialarbeiter, Altenpfleger, Heilpädagogen, u.a.) in Unterlengenhardt (Schwarzwald) den "Initiativ-Kreis Kultus". Dieser hat sich zur Aufgabe gemacht die durch Rudolf Steiner gegebenen christlichen Sakramente in ihrer ganzen Siebenheit auch praktisch laienpriesterlich zur Verfügung zu stellen. Erstmalig wurden alle frei christlich handhabbare, sieben Sakramente veröffentlicht (s.u. Literatur, "Kultus-Handbuch")
Die Initiative geht dabei davon aus, dass die Rituale, die im Rahmen des Freien Religionsunterrichtes und im Umfeld der Begründung der Christengemeinschaft gegeben wurden, frei für laienpriesterliche Nutzung verfügbar sind und dies auch so von Rudolf Steiner intendiert wurde.

Rituale

Für den Freien Religionsuntericht wurden durch Rudolf Steiner gegeben:

  • Sonntagshandlung für die Kinder

Die erste Sonntagshandlung für die Kinder des freien christlichen Religionsunterrichtes wurde am 1.2.1920 in der Stuttgarter Waldorfschule gefeiert.
(Danach bekam auch "Die Christengemeinschaft" diesen Text.) [1]
Dazu gehört eine spezielle

  • Weihnachtshandlung für die Kinder [2]

- und ein Einschub für die Sonntagshandlung zu Pfingsten [3]

  • JUGENDFEIER

Diese wurde erstmalig Palmsonntag 1921 in der Stuttgarter Waldorfschule gehalten. (Danach bekam auch "Die Christengemeinschaft" diesen Text in leicht veränderter Form als Sakrament der Konfirmation durch Rudolf Steiner) [4]

  • OPFERFEIER

Sie wird als "Zentralsakrament" im freien christlichen Impuls bezeichnet, allerdings ist es nach Ansicht des Impulses kultushistorisch fortentwickelt und handhabt die "direkte Kommunion", in laienpriesterlicher, brüderlicher Verfassung.
Erstmalig fand sie am 25.3.1923 in der Stuttgarter Waldorfschule für die Schüler ab Klasse 9/10 statt; jedoch "vollziehbar für (alle) Menschen, die sie wünschen." (Rudolf Steiner, lt. Maria Röschl-Lehrs)
Sie ist - wie die Menschenweihehandlung der "Christengemeinschaft" auch - gegliedert in 1.Evangelium, 2.Opferung, 3.Wandlung, 4.Kommunion. Ein geweihter Priester ist hier nicht vorgesehen, die ganze Gemeinschaft feiert gleichberechtigt (so stehen hierfür drei Handlungshaltende am Altar).
Sie kann der Ausgangpunkt sein für einen anthroposophischen Kultus. [5] [6]


Auch die weiteren (insgesamt sieben) Sakramente vermittelte Rudolf Steiner.

  • TAUFE (Geburt)

Wilhelm Ruhtenberg (Lehrer an der ersten Waldorfschule in Stuttgart und ehemaliger evangelischer Pastor) erhielt 1921 von Rudolf Steiner das Sakrament der Taufe, nachdem Eltern darum baten. [7]
(Danach bekam auch "Die Christengemeinschaft" diesen Text durch Rudolf Steiner.) [8]

  • LEBENSSCHAU (Beichte)

Dieses Sakrament wurde durch Rudolf Steiner "der Christengemeinschaft" im Rahmen der "Vorträgen und Kursen über christlich-religiöses Wirken" (GA 342-346) übergeben. [9]

Sterberitualien:

  • LETZTE ÖLUNG

... So auch das Sakrament der Letzten Ölung. [10].

  • Aussegnung / Bestattung

Beide Rituale vollzog Hugo Schuster (anthroposophischer Funktionär und christkatholischer Pfarrer) erstmals am 14.1.1919 am Grabe von Marie Leyh auf dem Arlesheimer Friedhof (Schweiz). Steiner sprach dabei die Gedächtnisworte. [11]
(Später bekam dann "Die Christengemeinschaft" diesen Text.) [12]

  • Kinderbegräbnis

Das Kinder-Begräbnis wurde "der Christengemeinschaft" im März 1923 im Rahmen der "Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken" übergeben. [13]

  • Totenhandlung

Im März 1923 übergab Rudolf Steiner in den "Vorträgen und Kurse über christlich-religiöses Wirken" in Stuttgart "der Christengemeinschaft" einen Einschub für eine Menschenweihehandlung für den Toten. [14]

  • PRIESTERWEIHE, hier umbenannt in WEIHE

Die 1922 in den "Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken" gegebene Priesterweihe war für die Tätigkeit innerhalb "der Christengemeinschaft" gedacht. Der Text wird aber vom "freien christlichen Impuls" als ein universeller Weihetext angesehen: Soll er auch mit dem allgemein-priesterlichen Christusauftrag (Matth. 28,16-20) übereinstimmen, sind nur einzelne Anpassungen nötig. In einem "freien christlichen" Handeln ist die Weihe aber kein institutionell vollzogener Akt, sondern ein intimes Ja durch IHN, durch das der Strebende individuell seine Berufung erfährt. So wird hier die Weihe bisher nicht in einer/dieser äußeren Handlung vollzogen. [15]

  • TRAUUNG (Verbindung von Mann und Frau)

Wilhelm Ruhtenberg erhielt im Frühjahr 1922 von Rudolf Steiner das Sakrament der Trauung. Siehe GA 345, S.73 und auch GA 265, S.36.
(Danach bekam auch "Die Christengemeinschaft" diesen Text.) [16]

Organisation

Inzwischen werden die freien christlichen Sakramente in ihrer Siebenheit erarbeitet, bearbeitet und gepflegt durch das "Freie christliche Forum", bzw. der "Freien christlichen Arbeits-Gemeinschaft".

Hierzu gibt es Förderkreise, dennoch versteht sich das Freie christliche Forum als keine Organisation, keine Institution, kein Verein, sondern als ein Arbeitskreis, ein Netzwerk interessierter und engagierter Anthroposophen, ein "IMPULS" :

Die Arbeit geschieht unabhängig von der Anthroposophischen Gesellschaft, damit für beide Seiten Freiheit herrschen kann.
Als Anthroposophen sind die Einzelnen aber - in der Regel - als Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft diesen angeschlossen.

In einem

  • "Arbeitskreis zu Fragen anthroposophisch kultischen Handelns"

wird die Thematik behandelt.
Der

  • "(Förderkreis) Freie christliche Arbeits-Gemeinschaft"

möchte die nötige Kultus-Trageschale bilden.
Die Öffentlichkeits- und Verlagsarbeit trägt der

  • "(Förderkreis) Freies christliches Forum",

die Idee eines überkonfessionellen, anthroposophisch und sakramental vertieften Christ-Seins versucht das

  • "Forum Freier Christen"

zu verbreiten.

Als ein "Impuls" ist das freie christliche Engagement quantitativ und äußerlich schwer fassbar, bis auf wenige Aktive, die sich in obigen Kreisen finden.


Kritik

Es werden im wesentlichen folgende Punkte eingewendet:

Begriffsnutzung Sakrament und Zentralsakrament
Opferfeier und Jugendfeier sind von Rudolf Steiner nie als Sakramente bezeichnet worden, schon gar nicht als »Zentralsakrament« (Opferfeier). Dieses Wort ist für einen bestimmten Zusammenhang reserviert und so, wie es hier gebraucht wird, irreführend. [17]

Verantwortlichkeit in Bezug auf Handlungshaltende
Die Lehrerkonferenzen zeigen deutlich, dass Rudolf Steiner sehr genau darauf geachtet hat, wer eine Handlung in der Schule halten durfte. So z.B. »Religionslehrer könnte noch so mancher sein, aber die Kultushandlungen könnten kaum von jemand anderem ausgeführt werden, als von den beiden, die jetzt noch genannt sind« (5.12.22). Oder: »Es ist im Lehrerkollegium niemand da. Es ist natürlich eine schwer zu lösende Sache« (15.11.20). Ähnliche Äußerungen finden sich noch mehrfach. Damit ist deutlich, dass er alles andere vor Augen hatte als die Impulsierung einer »laienpriesterlichen Strömung« durch die Stiftung dieser Kultushandlungen. [17]

Zitate aus dem Zusammenhang gerissen
Die Aneignung eines einer bestimmten Gemeinschaft übergebenen geistigen Gutes wird z.B. mit einem Wort Rudolf Steiners begründet: »Es ist niemals für die Rituale ... etwa ausgesprochen worden, dass sie der Priesterschaft gehören.« Diese Worte finden sich in einer Lehrerkonferenz und beziehen sich, wie aus dem Zusammenhang deutlich zu entnehmen ist, nicht auf die Rituale im Allgemeinen, sondern auf die Schulrituale, für die damals das Missverständnis aufgekommen war, als seien sie ebenfalls – wie die anderen Ritualtexte, die die Christengemeinschaft hat – in die ausschließliche Verantwortung der Christengemeinschaft übergeben worden. Dieses Missverständnis stellte Rudolf Steiner den Lehrern gegenüber richtig. Eine freie Verfügbarkeit auch für die anderen Kultushandlungen daraus abzuleiten, kommt einer bewussten Irreführung gleich. [17]

Zur Frage der freien Verfügbarkeit der Taufe, Bestattung und Trauung
Die Rituale Bestattung, Taufe und Trauung wurden zwar vor der Begründung der Christengemeinschaft schon gehalten, aber nicht von "freien Anthroposophen", sondern von Hugo Schuster und Wilhelm Ruhtenberg. Schuster war Priester in der altkatholischen Kirche in der Schweiz und Ruhtenberg war evangelischer Pastor und als solcher befugt Taufen und Trauungen zu halten. Da es die Christengemeinschaft noch nicht gab, knüpfte Steiner an die bestehenden kirchlichen Positionen an.[17]
Dies bestätigt auch die spätere Aussage Rudolf Steiners in den Karma-Vorträgen (GA 236, 27.6.1924): Von der Bestattung, die »schon eingezogen ist in die Gemeinschaft für christliche Erneuerung ..., dieser Kultus ausgebildet im Sinne unserer Christengemeinschaft...«.

Änderbarkeit von Kultus
Rudolf Steiner ist nicht müde geworden zu betonen, dass der Kultus nicht menschlicher Willkür unterliegen kann, so z. B. in dem grade erwähnten Karmavortrag: »Ein Kultus entsteht nicht dadurch, dass man ihn ausdenkt, denn dann ist er kein Kultus. Ein Kultus entsteht dadurch, dass er das Abbild ist von demjenigen, was in der geistigen Welt vorgeht.« Oder an anderer Stelle: »Es ist jedes Wort abgewogen, nicht nur soweit, dass es als Wort dasteht, sondern es steht auch jedes Wort an seinem richtigen Orte und im richtigen Verhältnis zum anderen Orte« und der Kultus »muss tabu sein«. [17]

Gründungstatsachen der Christengemeinschaft
"Die Vorgänge, die zur Gründung der Christengemeinschaft 1922 geführt haben, sind inzwischen veröffentlicht. Man kann daran ablesen, mit welcher Sorgfalt Rudolf Steiner die Bildung derjenigen Gemeinschaft inauguriert hat, die der Träger des neuen Kultus werden sollte. An diesen Vorgängen wird deutlich, dass zum Zelebrieren der erneuerten Sakramente, wenn sie rechtmäßig und geistgemäß gehandhabt werden sollen, die Bildung einer esoterischen Gemeinschaft und eine ausdrückliche Verantwortlichkeit und Verpflichtung innerhalb dieser Gemeinschaft als Vorbedingung dazu gehören, was sich dann in der Priesterweihe zum Ausdruck bringt. Angesichts dieser Tatsachen zu der Behauptung zu kommen, die Sakramente seien heute zur freien Verfügung für ein »laienpriesterliches Handeln«, zeugt schon von einer gehörigen Portion Ignoranz und persönlichem Wollen – kaum eine gute Voraussetzung für »christlich-anthroposophisches Handeln«." [17]

Anmerkungen

  1. s.u.a. in: GA 343 (1993), 4.10.1921, vormittags, S.315-319 und GA 269 (1997), S.42-44.
  2. s.u.a.in: GA 269 (1997), S. 47-51, auch 4.10.1921, GA 343 (1993), S.320-323.
  3. s.u.a.in: GA 269 (1997), S. 45-46.
  4. s.u.a.in (handschriftliches Original - Faksimile): GA 343 (1993), 4.10.1921, vormittags, S.324-327, siehe auch GA 269 (1997), S.53-61. Archivnummer der Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung: NZ 5385-5389.
  5. Rudolf Steiner, GA 269, (1997) S.133.
  6. s.u.a.in (handschriftliches Original - Faksimile): GA 269 (1997), S.63-79. Archivnummer der Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung: NZ 3553-3541.
  7. GA 265 (1987), S.36.
  8. s.u.a.in: GA 343 (1993), 5.10.1921, vormittags, S. 373-377. Bearbeitet: Initiative Freie christliche Arbeits-Gemeinschaft, s. Literatur, Kultushandbuch.
  9. s.u.a.in: GA 344 (1994), 20.9.1922, vormittags, S.188.
  10. s.u.a.in: GA 344 (1994), 21.9.1922, S.214-217
  11. (GA 261 [1984], S.225), GA 342 (1993), S.250.
  12. s.u.a.in: GA 343 (1993), 8.10.1921, vormittags, S.520-523.
  13. s.u.a.in (handschriftliches Original - Faksimile): GA 345 (1994), S.128-141. Archivnummer der Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung: NZ 3578-3584.
  14. s.u.a.in (handschriftliches Original - Faksimile): GA 345 (1994), S.142-144. Archivnummer der Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung: NZ 3523-3524.
  15. s.u.a.in (handschriftliches Original - Faksimile): GA 344 (1994), 13.9.1922, nachmittags, S. 97-102.
  16. s.u.a.in (handschriftliches Original - Faksimile): GA 345 (1994), S.146-157. Archivnummer der Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung: NZ 4964-4969. Bearbeitet: Freie christliche Arbeits-Gemeinschaft, siehe Literatur, Kultushandbuch.
  17. 17,0 17,1 17,2 17,3 17,4 17,5 Hans-Werner Schroeder in der Zeitschrift "Die Drei" 2/1999


Literatur

Alle frei christlich handhabbaren Sakraments-Texte in der Fassung Rudolf Steiners finden sich ausführlich im
Kultushandbuch:

  • "Die Sakramente...", Pro-Drei-Verlag, Beuron, herausgegeben vom "Freien christlichen Forum", ISBN 3-00-007899-1

(Dieses Buch gibt es in verschiedenen Versionen, siehe http://www.forum-kultus.de)

Informationsbuch:

  • "frei + christlich - Freie Sakramente heute?", Selbstverlag und Pro-Drei-Verlag, herausgegeben vom "Freien christlichen Forum", kostenlos anforderbar .

Weitere Literatur:

  • Steiner, Rudolf: "Ritualtexte für die Feiern des freien christlichen Religionsunterrichtes", GA 269, Rudolf Steiner-Verlag, Dornach, ISBN 3-7274-2690-X
  • Steiner, Rudolf, u.a.: "Zur religiösen Erziehung", (Privatdruck) Pädagogische Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen, 70184 Stuttgart, Heidehofstr. 32
  • Wiesberger, Hella: "Zur Geschichte und aus den Inhalten der Erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule", Band 2, Kapitel "Zur Einführung - Vom geisteswissenschaftlichen Sinn des Kultischen", GA 265, Rudolf Steiner-Verlag, Dornach, ISBN 3-7274-2650-0
  • Steiner, Rudolf: "Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken", zur Begründung der Kirche Die Christengemeinschaft, mit Hinweisen und Texten zu den freien christlichen Handlungen, GA 342-346, Rudolf Steiner-Verlag, Dornach
  • Steiner, Rudolf: "Anthroposophische Gemeinschaftsbildung", GA 257, Rudolf Steiner-Verlag, Dornach, ISBN 3-7274-2570-9
  • Brüll, Dieter: "Bausteine für einen sozialen Sakramentalismus", Verlag am Goetheanum, Dornach, ISBN 3-7235-0777-8
  • Beckerath, Gerhard von: "Gespräch als Kultus", Verlag am Goetheanum, Dornach, ISBN 3-7235-1238-0
  • Karl, Stefan: "Glaube als Erkenntnisreligion - Für eine neue Sozialästhetik - Der erweiterte Glaubensbegriff, Individualismus und soziale Entwicklung", Privatdruck, Pro-Drei-Verlag, Beuron
  • Barth, Hans-Martin: "Einander Priester sein - Allgemeines Priestertum in ökumenischer Perspektive", Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, ISBN 3-525-56532-1
  • Haag, Herbert: "Worauf es ankommt - Wollte Jesus eine Zwei-Stände-Kirche?", Herder-Verlag, ISBN 3-451-26049-2

Informationen

Ausführliche Informationen
gibt es auf der Website der Initiativen
: http://www.forum-kultus.de

Kontaktadresse:
FÖRDERKREIS Freies christliches Forum
Herrensteig 18, D-78333 Wahlwies
http://www.forum-kultus.de
EMail: Post-Forum-Freier-Christen@web.de

Pro-Drei-Verlag, Panoramastr. 22, D-88631 Beuron
Tel. 07579 933331, EMail: ProDrei@Pro3-Verlag.de