Erziehung und Kollektiv: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Erziehung''' (von [[Wikipedia:Althochdeutsch|ahd.]] ''irziohan'' = "herausziehen"; vgl. auch [[Latein|lat.]] ''educare'' ="großziehen, ernähren, erziehen") diente ursprünglich dazu, den heranwachsenden [[Mensch]]en in die gemeinsamen [[Wikipedia:Wertvorstellung|Werte]], [[Wikipedia:Soziale Norm|Normen]] und [[Wikipedia:Brauch|Gebräuche]] einer gegebenen Gesellschaftsordung, also eines [[Kollektiv]]s, einzuweisen. Heute, im Zeitalter zunehmender [[Individualisierung]], kann dieses alte Erziehungsideal nicht mehr genügen, wie es sich schon in dem von [[Rudolf Steiner]] formulierten [[Soziologisches Grundgesetz|soziologischen Grundgesetz]] ausspricht:
Das '''Kollektiv''' ([[Latein|lat.]] ''colligere'' „zusammensuchen“, „zusammenlesen“), im allgemeinsten Sinn eine Ansammlung ähnlich gearteter Einheiten, die zusammen eine höheres [[Ganzes]] bilden, ist eine soziale Gemeinschaft, die noch weitgehend durch die gemeinsame [[Gruppen-Ich des Menschen|Gruppenseele]] und noch wenig durch das [[frei]]e Zusammenwirken der [[Individuum|Individuen]] bestimmt ist. Beispiele dafür sind [[Wikipedia:Familie|Familien]]- oder Stammesverbände, [[Volksstamm|Volksstämme]] ([[Ethnie]]) oder ganze [[Volk|Völker]], teilweise auch [[Religion]]sgemeinschaften im weitesten Sinn. So wie der einzelne [[Mensch]] sein [[Schicksal]], sein [[Karma]] bildet, so bildet sich auch ein [[Kollektiv-Karma]].


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== Siehe auch ==
"Die Menschheit strebt im Anfange der Kulturzustände nach Entstehung sozialer Verbände; dem Interesse dieser Verbände wird zunächst das Interesse des Individuums geopfert; die weitere Entwicklung führt zur Befreiung des Individuums von dem Interesse der Verbände und zur freien Entfaltung der Bedürfnisse und Kräfte des Einzelnen." {{Lit|{{G|031|251}}}}
* {{WikipediaDE|Kollektiv}}
</div>


== Selbsterziehung ==
[[Kategorie:Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben]]
''(Hauptartikel: --> [[Selbstbildung]])''
[[Kategorie:Der Souverän im Wirtschaftsleben]]
 
[[Kategorie:Philosophie des Sozialen]]
Der '''Erzieher''' muss darum heute geeignete Bedingungen schaffen, unter denen sich die [[individuell]]en [[Fähigkeiten]] des heranwachsenden [[Mensch]]en [[frei]] entfalten und weiterentwickeln können. Dazu ist vor allem auch eine entsprechende [[Charakterbildung]] nötig, aber nicht nach vorgegebenen [[moral]]ischen Regeln, sondern als Hilfe, die ganz individuellen charakterlichen Anlagen zu entwickeln. Jede Erziehung, insofern sie unmittelbar an das individuelle menschliche [[Ich]] appeliert, ist darum im Grunde genommen [[Selbstbildung|Selbsterziehung]], die aber zunächst einer gewissen Leitung und Hilfe bedarf. Dafür möglichst gute Bedingungen zu schaffen, ist das Ziel der [[Waldorfpädagogik]].
[[Kategorie:Wirtschaftsleben]]
 
[[Kategorie:Soziale Gruppe]]
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[[Kategorie:Soziales Leben]]  
"Es gibt im Grunde genommen auf keiner Stufe eine andere Erziehung als Selbsterziehung. Aus tieferen Gründen heraus wird ja das insbesondere durch die [[Anthroposophie]] eingesehen, die von [[Reinkarnation|wiederholten Erdenleben]] ein wirklich forschungsgemäßes Bewußtsein hat. Jede Erziehung ist Selbsterziehung, und wir sind eigentlich als Lehrer und Erzieher nur die Umgebung des sich selbst erziehenden Kindes. Wir müssen die günstigste Umgebung abgeben, damit an uns das Kind sich so erzieht, wie es sich durch sein inneres Schicksal erziehen muß." {{Lit|{{G|306|131}}}}
[[Kategorie:Alltagskultur]]  
</div>
[[Kategorie:Wirtschaft]]
 
Das Ich des Menschen entwickelt sich vornehmlich dadurch, dass es, zuerst [[unbewusst]] und später [[bewusst]], an der Umwandlung und Verfeinerung seiner [[Leib]]eshüllen arbeitet. Dadurch werden die höheren [[Seelische Wesensglieder|seelischen]] und [[Geistige Wesensglieder|geistigen Wesensglieder]] herausgebildet. Erziehung kann diese Arbeit unterstützen, indem sie auf die gesunde Pflege des [[Physischer Leib|physischen Leibes]] achtet, für eine lebendige [[Bildung]] des [[Ätherleib]]s sorgt und dem [[Kind]] und [[Jugendlicher|Jugendlichen]] hilft, die [[Begierde]]n seines [[Astralleib]]s zu beherrschen. Dabei ist zu beachten, dass sich die Wesenglieder in aufeinanderfolgenden [[Siebenjahresperioden]] entwickeln und nur innerhalb dieser am bildsamsten sind.
 
Von überragender Bedeutung ist die Selbterziehung für [[Waldorferzieher]], die seelenpflegebedürftige Menschen [[Heilpädagogik|heilpädagogisch]] betreuen:
 
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"Nun müssen wir wissen, daß es bei dem, was Geisteswissenschaft
geben kann, sich immer nur handeln kann um den Appell an den Menschen.
Man strebt immer nach Vorschriften: Das sollst du so machen
und das andere so. — Derjenige, der Erzieher werden will für abnorme
Kinder, der ist nie fertig, für den ist jedes Kind wieder ein neues
Problem, ein neues Rätsel. Aber er kommt nur darauf, wenn er nun
geführt wird durch die Wesenheit im Kinde, wie er es im einzelnen
Fall machen muß. Es ist eine unbequeme Arbeit, aber sie ist die einzig
reale.
 
Daher handelt es sich im Sinne dieser Geisteswissenschaft so stark
darum, daß wir gerade als Erzieher im allereminentesten Sinne Selbsterziehung
pflegen." {{Lit|{{G|317|74f}}}}
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Der [[Intellekt]] hilft bei der (Selbst-)Erziehung wenig. Viel wichtiger ist die Schulung des [[Gefühl]]s und [[Wille]]ns im praktischen Tun.
 
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"Nun, es gibt
ein Lebensbegreifen, eine Lebensanschauung, die wir uns
dadurch erwerben, daß wir überall mit unserem Verstande
in die Dinge hineinreichen wollen. Diese Verstandeskultur
bringt in Wahrheit unsere Entwickelung nicht weiter, hat
also keinen selbsterzieherischen Wert. Dasjenige Element
muß bei der Selbsterziehung des Menschen die größte Rolle
spielen, was man nennen kann: das über die Intellektualität,
den Verstand Hinausreichende in dem Aneignen der Lebensreife.
Gerade wie das Kind dadurch am besten am Spiel
erzogen wird, daß es nicht durch den Verstand erzogen
wird, sondern probiert, so wird sich der Mensch in bezug
auf seinen Willen an denjenigen Erfahrungen des Lebens
am besten erziehen, die er nicht mit seinem Verstande begreift,
sondern zu denen er sich mit seiner Sympathie, mit
Liebe stellt, mit seinem Gefühl, daß die Dinge erhaben sind
oder den Humor berühren. Das bringt uns weiter. Hier liegt
die Selbsterziehung des Willens. Verstand, intellektualistische
Kultur können gewöhnlich auf den Willen gar nicht
wirken." {{Lit|{{G|061|434f|435}}}}
</div>
 
== Die drei goldenen Regeln der Erziehungs- und Unterrichtskunst ==
 
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"Religiöse Dankbarkeit gegenüber der Welt, die sich in dem
Kinde offenbart, vereinigt mit dem Bewußtsein, daß das
Kind ein göttliches Rätsel darstellt, das man mit seiner Erziehungskunst
lösen soll. In Liebe geübte Erziehungsmethode,
durch die das Kind sich instinktiv an uns selbst
erzieht, so daß man dem Kinde die Freiheit nicht gefährdet,
die auch da geachtet werden soll, wo sie das unbewußte
Element der organischen Wachstumskraft ist.
 
<center>
{|
|-
| <poem>Das Kind in Ehrfurcht aufnehmen
In Liebe erziehen
In Freiheit entlassen</poem>
|}
</center>
" {{Lit|{{G|269|179}}}}
</div>
 
== Literatur ==
 
#Rudolf Steiner: ''Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und Zeitgeschichte 1887 - 1901'', [[GA 31]] (1966)
#Rudolf Steiner: ''Menschengeschichte im Lichte der Geistesforschung'', [[GA 61]] (1983), ISBN 3-7274-0610-0 {{Vorträge|061}}
#Rudolf Steiner: ''Ritualtexte für die Feiern des freien christlichen Religionsunterrichtes und das Spruchgut für Lehrer und Schüler der Waldorfschule'', [[GA 269]] (1997),  ISBN 3-7274-2690-X {{Vorträge|269}}
#Rudolf Steiner: ''Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen.'', [[GA 306]] (1989), ISBN 3-7274-3060-5 {{Vorträge|306}}
#Rudolf Steiner: ''Heilpädagogischer Kurs'', [[GA 317]] (1995), ISBN 3-7274-3171-7 {{Vorträge|317}}
 
{{GA}}
 
== Weblinks ==
 
# [http://anthroposophie.byu.edu/aufsaetze/a121.pdf Rudolf Steiner: ''Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft''] - 1907
 
[[Kategorie:Erziehung]] [[Kategorie:Pädagogik]] [[Kategorie:Waldorfpädagogik]]

Version vom 28. April 2021, 11:21 Uhr

Das Kollektiv (lat. colligere „zusammensuchen“, „zusammenlesen“), im allgemeinsten Sinn eine Ansammlung ähnlich gearteter Einheiten, die zusammen eine höheres Ganzes bilden, ist eine soziale Gemeinschaft, die noch weitgehend durch die gemeinsame Gruppenseele und noch wenig durch das freie Zusammenwirken der Individuen bestimmt ist. Beispiele dafür sind Familien- oder Stammesverbände, Volksstämme (Ethnie) oder ganze Völker, teilweise auch Religionsgemeinschaften im weitesten Sinn. So wie der einzelne Mensch sein Schicksal, sein Karma bildet, so bildet sich auch ein Kollektiv-Karma.

Siehe auch