Ernst-Michael Kranich und Renate Riemeck: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Renate Riemeck''' (* [[Wikipedia:4. Oktober|4. Oktober]] [[Wikipedia:1920|1920]] in [[Wikipedia:Breslau|Breslau]]; † [[Wikipedia:12. Mai|12. Mai]] [[Wikipedia:2003|2003]] in [[Wikipedia:Alsbach-Hähnlein|Alsbach-Hähnlein]]) war eine deutsche [[Wikipedia:Historiker|Historiker]]in und [[Wikipedia:Friedensbewegung|Friedensaktivistin]].


'''Ernst-Michael Kranich''' (* [[Wikipedia:29. Juni|29. Juni]] [[Wikipedia:1929|1929]] in [[Wikipedia:Stuttgart|Stuttgart]]; † [[Wikipedia:10. Mai|10. Mai]] [[Wikipedia:2007|2007]] ebenda) war ein [[Deutschland|deutscher]] [[Biologe]], [[Lehrer]], [[Goetheanismus|Goetheanist]] und [[Anthroposophie|Anthroposoph]].
== Lebensweg ==
Sie wuchs in [[Wikipedia:Breslau|Breslau]], [[Wikipedia:Stettin|Stettin]] und [[Wikipedia:Jena|Jena]] als Kind wohlhabender Eltern auf; die Mutter war erfolgreiche und angesehene Geschäftsfrau. Renate besuchte u.a. eine Klosterschule. Bereits als Jugendliche dezidiert kirchen- und systemkritisch speziell im Hinblick auf den Katholizismus, verband sie sich mit der ab 1941 verbotenen [[Die Christengemeinschaft|Christengemeinschaft]] und half eine als Jüdin gefährdete Bekannte und deren Tochter in Oldenburg zu verstecken. Sie studierte sieben Semester Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte in München und vor allem in Jena; 1943 promovierte sie zum Dr. phil. über ''Spätmittelalterliche Ketzerbewegungen''.


== Leben ==
In Jena hatte sie Freundschaft geschlossen mit der verwitweten Ingeborg Meinhof, Mutter der späteren [[Wikipedia:Konkret (Zeitschrift)|konkret]]-Kolumnistin und Mitbegründerin der [[Wikipedia:Rote Armee Fraktion|Rote Armee Fraktion]], [[Wikipedia:Ulrike Meinhof|Ulrike Meinhof]]. Bald zog sie mit ihrer Kommilitonin und späteren Lebensgefährtin Ingeborg in einen gemeinsamen Haushalt. Nach dem Krieg wurde sie Dozentin in der Lehrerbildung in [[Wikipedia:Oldenburg (Oldenburg)|Oldenburg]], wohin sie mit Ingeborg und den Kindern umzog. Die antifaschistische Schulbildung vor allem der Volksschülerinnen und -schüler sah sie als wichtige politische Aktionsform; sie verfasste in der [[Wikipedia:Deutschland 1945-1949|Besatzungszeit]] mit die ersten demokratischen Schulbücher. 1949, nach Ingeborgs Tod, erhielt sie die Vormundschaft für die beiden Töchter Wienke (* 1931) und Ulrike (* 1934), die sie mit Holde Bischoff zusammen versorgte und erzog. Später lehrte sie in [[Wikipedia:Braunschweig|Braunschweig]] und [[Wikipedia:Weilburg|Weilburg (Lahn)]].
Nach dem Studium der Biologie, Geologie, [[Wikipedia:Paläontologie|Paläontologie]] und Chemie und der Dissertation über „Anomalien bei der Küchenschelle Pulsatilla Mill“ in Tübingen unterrichtete Kranich ab 1955 als Fachlehrer für Biologie und Chemie an der Freien Waldorfschule in [[Wikipedia:Rendsburg|Rendsburg]]. 1962 wurde er als erster vollamtlicher Dozent an das Waldorflehrerseminar in Stuttgart berufen. Er engagierte sich in der öffentlichen Diskussion um die Bildungsreform und warnte vor den Folgen anthropologisch unzureichend begründeter Experimente.  


Kranich arbeitete als Goetheanist vor allem auf den Gebieten Botanik, Zoologie, [[Wikipedia:Anthropologie|Anthropologie]] und Chemie. In den 80er Jahren hatte er zeitweilig einen Lehrauftrag an der Universität Marburg. Seit 1990 unterstützte er die erste russische Waldorflehrerausbildung im Lehrerseminar Moskau.
Sie war seit 1946 Mitglied der [[Wikipedia:SPD|SPD]] und kämpfte gegen die [[Wikipedia:Wiederbewaffnung|Wiederbewaffnung]] der Bundeswehr, Wehrpflicht und Atomrüstung. 1955 wurde sie jüngste westdeutsche Professorin und lehrte an der PH Wuppertal Geschichte und Politische Bildung. Seit ca. 1958 war Renate Riemeck aktives Mitglied der [[Wikipedia:Internationale der Kriegsdienstgegner|Internationale der Kriegsdienstgegner]] (IDK) und wurde 1960 IDK-Vorsitzende. Sie engagierte sich in der Initiative ''Kampf dem Atomtod'', formulierte und unterzeichnete [[1958]] den [[Appell der 44]], in dem diese Anzahl Hochschullehrende die Gewerkschaften zum Widerstand gegen die Atomrüstung aufriefen und gehörte [[1960]] zu den Gründungsmitgliedern der [[Deutsche Friedensunion|Deutschen Friedensunion (DFU)]], als deren Spitzenkandidatin sie widerwillig im Bundestagswahlkampf [[1961]] auftrat. In diesem Zusammenhang wurde sie wegen ihrer Affinität zu regimenahen Organisationen in der DDR und im „Ostblock“ als politisch naiv kritisiert, da der SED-Staat verschiedene Publikationsorgane und Gruppierungen im Westen finanziell unterstützte, für die Frau Riemeck zeitweilig tätig war.


Als Mitglied im Vorstand des [[Bund der Freien Waldorfschulen|Bundes der Freien Waldorfschulen]] und zahlreicher internationaler Gremien leistete er bedeutende Beiträge zur Weiterentwicklung der [[Waldorfpädagogik]].
Aufgrund ihres Engagements für die [[Atomkraftgegner|Anti-AKW-]] und [[Friedensbewegung]] wurde ihr 1960 trotz großer Proteste aus Hochschulkreisen die akademische Prüfungsberechtigung entzogen. In diesem Zusammenhang fand in [[Wuppertal]] der wohl erste [[Sitzstreik]] von Studierenden in Deutschland statt. Im selben Jahr zog sich Renate Riemeck aus dem Staatsdienst zurück. Um 1961 erkrankte sie an einer rechtsseitigen Lähmung, die sie jahrelang beeinträchtigte.  


Die [[Wikipedia:2008|2008]] von [[Frank Linde]] in [[Wikipedia:Flensburg|Flensburg]] begründete [[Ernst-Michael-Kranich-Stiftung]] ist nach ihm benannt.
Lange Zeit schrieb sie entsprechend ihrer [[Pazifismus|pazifistischen]] Haltung z.B. für die [[Deutsche Volkszeitung]] und die [[Stimme der Gemeinde]], nahm an friedenspolitischen Tagungen in Berlin (Ost) und [[Prag]] teil und arbeitete zunehmend im [[Anthroposophie|anthroposophischen Umfeld]] an Buchpublikationen zu historischen Themen. 1964 verließ sie die DFU, trat aber bis in die 1970er Jahre bei zahlreichen Kundgebungen z.B. gegen die Atomrüstung als unabhängige Rednerin auf.


== Werk ==
1971 mahnte sie in der Zeitschrift ''konkret'' („Gib auf, [[Ulrike Meinhof|Ulrike]]!“), den bewaffneten Kampf in der [[Rote Armee Fraktion|RAF]] zu beenden, ohne aber die ursprünglichen Beweggründe ihrer geliebten Pflegetochter zu verurteilen: „Du solltest versuchen, die Chancen von bundesrepublikanischen Stadtguerillas einmal an der sozialen Realität dieses Landes zu messen“.
Kranich bemühte sich zeit seines Lebens, den Goetheanismus auf eine methodisch sichere Grundlage zu bringen. Es war ihm wichtig, die Methode Goethes ernst zu nehmen und von bloß phänomenologischen Methoden streng abzugrenzen. Das genaue Beobachten der Naturerscheinungen durch innere Aktivität, durch inneres ''Nachschaffen'' ihrer Gestalten zu ergänzen, erkannte er als den Grundzug Goethescher Methode. Dadurch stand Kranich gelegentlich in Distanz zu anderen Goetheanisten. Er konnte sich dabei auf die Vorarbeiten [[Rudolf Steiner]]s zur erkenntnistheoretischen Grundlegung der Goetheschen Methode stützen, da Goethe selbst wenig erkenntnistheoretische Betrachtungen anstellte, sondern seine Methode mehr im Tätigsein entwickelte. <ref>  Kranich, E.-M.: "Goetheanismus - seine Methode und Bedeutung in der Wissenschaft des Lebendigen." Elemente der Naturwissenschaft 86 2007, S. 31 - 45 </ref>


Ein weiteres für Kranich wichtiges Arbeitsgebiet war, die Beziehung der goetheanistischen Methode, wie er sie verstand, zur Pädagogik herzustellen. In seiner Seminartätigkeit an der Freien Hochschule Stuttgart vermittelte er künftigen Lehrern die Bedeutung dieser ''Methode des inneren Nachschaffens'' für einen lebendigen Unterricht. Aus von ihm angeregten [[Wikipedia:Kolloquium|Kolloquien]] mit anderen Hochschullehrern auf dem Gebiet der Pädagogik (Fritz Bohnsack, Peter Buck) entstanden weitere Veröffentlichungen.
1979 erhielt sie einen Lehrauftrag im Fachbereich Pädagogik an der Universität Marburg. 1980 überließ ihr [[Rolf Hochhuth]] den Geschwister-Scholl-Preis der Stadt München, um sie finanziell zu unterstützen. Bis zuletzt war sie als Publizistin und Geschichtsforscherin tätig, die letzten Jahre krankheitsbedingt zurückgezogen im hessischen Alsbach.


== Wichtige Veröffentlichungen ==
=== Zitate ===
* Pädagogische Projekte und ihre Folgen. Zur Problematik von programmiertem Unterricht, Frühlesenlernen und Neuer Mathematik. 2. Auflage Stuttgart 1971. ISBN 3-772-50285-7
In SED-Quellen sind Versuche feststellbar, Frau Riemeck politisch zu instrumentalisieren:
* Pflanze und Kosmos. Grundlagen einer kosmologischen Botanik. Stuttgart 1997 ISBN 978-3-772-51680-1
<!-- Sehr einseitige Sichtweisen, in ihrer Unglaubwürdigkeit und unkommentiert geradezu absurd -->
* Bäume und Planeten (zusammen mit Frits H. Julius). 4. Aufl. Stuttgart 2004. ISBN 978-3-772-50843-1
{{Zitat|Ganz große Möglichkeiten sehen wir in der breiten und umfassenden Publizierung der Persönlichkeit Renate Riemecks. Sie ist die einzige Frau, die in leitender Stelle einer Partei tätig ist. Sie ist eine kluge entschlossene Frau und hat sich durch ihren mutigen Kampf gegen die Diktaturmaßnahmen von [[Werner Schütz|Schütz]] und dem Bonner Regime sehr schnell eine gewisse Achtung bei bestimmten Kreisen erworben. Sie muß zu einer Persönlichkeit werden. Wahlplakate der DFU müssen unbedingt ihr Foto zeigen.||<ref>SAPMO-BArch, DY 30 IV 2/2.2028/30, Bl. 2-3 (Schreiben von Hans Rentmeister an den Leiter der Westabteilung der [[SED]] [[Albert Norden]] vom 9.6.1961)</ref>}}
* Von der Gewissheit zur Wissenschaft der Evolution. Stuttgart 1989. ISBN 978-3-772-50580-5 (in überarbeiteter Fassung: Thinking beyond Darwin, Hudson N. Y. 1999. ISBN 0-940262-93-2)
* Pflanzen als Bilder der Seelenwelt. Skizze einer physiognomischen Naturerkenntnis. 2. Aufl. Stuttgart 1993. ISBN 978-3-772-51173-8
* Wesensbilder der Tiere. Einführung in die goetheanistische Zoologie. 2. Aufl. Stuttgart 1995. ISBN 978-3-772-51554-5
* Anthropologische Grundlagen der Waldorfpädagogik. Stuttgart 1999. ISBN 978-3-772-51781-5
* Der innere Mensch und sein Leib. Eine Anthropologie. Stuttgart 2003. ISBN 978-3-772-51865-2
* (Hrsg.:) Chemie verstehen. Die Bedeutung der Elemente in Substanz- und Lebensprozessen. Stuttgart 2005. ISBN 978-3-608-94276-7
* (Hrsg. zusammen mit Peter Buck:) Auf der Suche nach dem erlebbaren Zusammenhang. Weinheim 1995. ISBN 978-3-407-34091-7
* (Hrsg. zusammen mit Fritz Bohnsack:) Erziehungswissenschaft und Waldorfpädagogik. Der Beginn eines notwendigen Dialogs. 2. Aufl. Weinheim 1994. ISBN 978-3-407-34050-4
* (Hrsg. zusammen mit Horst Rumpf:) Welche Art von Wissen braucht der Lehrer? Stuttgart 2000. ISBN 978-3-608-94276-7


== Einzelnachweise ==
{{Zitat|Die Bundestagswahl wird diesmal ganz nach amerikanischem Muster als Persönlichkeitswahlkampf geführt. Eine bestimmte Politik wird durch bestimmte Persönlichkeiten repräsentiert. Das muß man zur Kenntnis nehmen, ob es uns lieb ist oder nicht. In diesem Fall ist es gar nicht schlecht für uns, daß Prof. Riemeck in sich Eigenschaften verkörpert, die für viele Wählerschichten sehr wichtig ist: Professor, also Ansehen bei den Intellektuellen, Frau und Pädagogin: was für alle Frauen und Eltern wichtig ist; aktives Mitglied der Bekennenden Kirche, wodurch wir einen bedeutenden Teil christlicher Wähler dieses Kirchenflügels beeinflussen können; schließlich aktiver Gewerkschafter, was für die Arbeiter Bedeutung hat.||<ref>SAPMO-BArch, DY 30 IV 2/2.2028/30 (Maschinenschriftliches Manuskript ''Gesamtdeutschland'' in den Archivalien der Westabteilung der [[SED]])</ref>}}
<references/>


{{DEFAULTSORT:Kranich, Ernst-Michael}}
== Materialien und Quellen ==
*Renate Riemeck: ''Ich bin ein Mensch für mich. Aus einem unbequemen Leben.'' Stuttgart : Urachhaus, 2. Aufl. 1994. ISBN 3-87838-934-5
*Bettina Röhl: ''So macht Kommunismus Spaß. Ulrike Meinhof, Klaus Rainer Röhl und die Akte Konkret'', Hamburg : Europäische Verlagsanstalt, 2006, ISBN 3-434-50600-4
<references />
*[http://www.antifakomitee.de/download/schwerpunkt_wir_frauen_0303.pdf Artikel in ''Wir Frauen'' 3/2003]
 
*[http://www.emma.de/485.html Alice Schwarzer über Ulrike und Renate, in: EMMA Juli/August 2006]
*[http://www.emma.de/552.html Interview Alice Schwarzer mit Renate Riemeck, in: EMMA Sept. 1989]
*[http://www.netzeitung.de/img/0075/194175-1.jpg Bild: Renate und Ulrike]
 
== Ausgewählte Veröffentlichungen ==
*Renate Riemeck: ''Mitteleuropa – Bilanz eines Jahrhunderts''. 4. Aufl., Engel, Stuttgart 1997, ISBN 3-927118-14-1
*Renate Riemeck: ''1789: heroischer Aufbruch u. Herrschaft d. Schreckens''. Urachhaus, Stuttgart 1988, ISBN 3-87838-569-2;
*Renate Riemeck: ''Verstoßen – verfemt – verbrannt: 12 Ketzerschicksale aus acht Jahrhunderten''. - Urachhaus, Stuttgart 1986, ISBN 3-87838-479-3
*Renate Riemeck: ''Glaube – Dogma – Macht''. Stuttgart: Geschichte d. Konzilien. Urachhaus, Stuttgart 1985, ISBN 3-87838-433-5
 
== Weblinks ==
*{{PND|118745204}}
*[http://biographien.kulturimpuls.org/detail.php?&id=565 Kurzbiografie von Conrad Schachenmann]
*[http://www.freitag.de/2003/22/03221001.php Nachruf von Bernd Mansel in: ''freitag'' vom 23.5.2003]
*[http://www.dkp-online.de/uz/3521/s0701.htm Nachruf von Lorenz Knorr (ex-DFU) in: ''unsere zeit'' vom 23. 5. 2003]
 
{{DEFAULTSORT:Riemeck, Renate}}
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Frau]]
[[Kategorie:Geboren 1920]]
[[Kategorie:Gestorben 2003]]
[[Kategorie:Historiker]]
[[Kategorie:Anthroposoph]]
[[Kategorie:Anthroposoph]]
[[Kategorie:Naturwissenschaftler]]
[[Kategorie:DFU-Mitglied]]
[[Kategorie:Biologe]]
[[Kategorie:Biographie]]
[[Kategorie:Autor (Anthroposophie)]]
 
[[Kategorie:Deutscher]]
{{Personendaten|
[[Kategorie:Geboren 1929]]
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[[Kategorie:Gestorben 2007]]
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{{Wikipedia}}
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Version vom 29. März 2008, 16:45 Uhr

Renate Riemeck (* 4. Oktober 1920 in Breslau; † 12. Mai 2003 in Alsbach-Hähnlein) war eine deutsche Historikerin und Friedensaktivistin.

Lebensweg

Sie wuchs in Breslau, Stettin und Jena als Kind wohlhabender Eltern auf; die Mutter war erfolgreiche und angesehene Geschäftsfrau. Renate besuchte u.a. eine Klosterschule. Bereits als Jugendliche dezidiert kirchen- und systemkritisch speziell im Hinblick auf den Katholizismus, verband sie sich mit der ab 1941 verbotenen Christengemeinschaft und half eine als Jüdin gefährdete Bekannte und deren Tochter in Oldenburg zu verstecken. Sie studierte sieben Semester Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte in München und vor allem in Jena; 1943 promovierte sie zum Dr. phil. über Spätmittelalterliche Ketzerbewegungen.

In Jena hatte sie Freundschaft geschlossen mit der verwitweten Ingeborg Meinhof, Mutter der späteren konkret-Kolumnistin und Mitbegründerin der Rote Armee Fraktion, Ulrike Meinhof. Bald zog sie mit ihrer Kommilitonin und späteren Lebensgefährtin Ingeborg in einen gemeinsamen Haushalt. Nach dem Krieg wurde sie Dozentin in der Lehrerbildung in Oldenburg, wohin sie mit Ingeborg und den Kindern umzog. Die antifaschistische Schulbildung vor allem der Volksschülerinnen und -schüler sah sie als wichtige politische Aktionsform; sie verfasste in der Besatzungszeit mit die ersten demokratischen Schulbücher. 1949, nach Ingeborgs Tod, erhielt sie die Vormundschaft für die beiden Töchter Wienke (* 1931) und Ulrike (* 1934), die sie mit Holde Bischoff zusammen versorgte und erzog. Später lehrte sie in Braunschweig und Weilburg (Lahn).

Sie war seit 1946 Mitglied der SPD und kämpfte gegen die Wiederbewaffnung der Bundeswehr, Wehrpflicht und Atomrüstung. 1955 wurde sie jüngste westdeutsche Professorin und lehrte an der PH Wuppertal Geschichte und Politische Bildung. Seit ca. 1958 war Renate Riemeck aktives Mitglied der Internationale der Kriegsdienstgegner (IDK) und wurde 1960 IDK-Vorsitzende. Sie engagierte sich in der Initiative Kampf dem Atomtod, formulierte und unterzeichnete 1958 den Appell der 44, in dem diese Anzahl Hochschullehrende die Gewerkschaften zum Widerstand gegen die Atomrüstung aufriefen und gehörte 1960 zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Friedensunion (DFU), als deren Spitzenkandidatin sie widerwillig im Bundestagswahlkampf 1961 auftrat. In diesem Zusammenhang wurde sie wegen ihrer Affinität zu regimenahen Organisationen in der DDR und im „Ostblock“ als politisch naiv kritisiert, da der SED-Staat verschiedene Publikationsorgane und Gruppierungen im Westen finanziell unterstützte, für die Frau Riemeck zeitweilig tätig war.

Aufgrund ihres Engagements für die Anti-AKW- und Friedensbewegung wurde ihr 1960 trotz großer Proteste aus Hochschulkreisen die akademische Prüfungsberechtigung entzogen. In diesem Zusammenhang fand in Wuppertal der wohl erste Sitzstreik von Studierenden in Deutschland statt. Im selben Jahr zog sich Renate Riemeck aus dem Staatsdienst zurück. Um 1961 erkrankte sie an einer rechtsseitigen Lähmung, die sie jahrelang beeinträchtigte.

Lange Zeit schrieb sie entsprechend ihrer pazifistischen Haltung z.B. für die Deutsche Volkszeitung und die Stimme der Gemeinde, nahm an friedenspolitischen Tagungen in Berlin (Ost) und Prag teil und arbeitete zunehmend im anthroposophischen Umfeld an Buchpublikationen zu historischen Themen. 1964 verließ sie die DFU, trat aber bis in die 1970er Jahre bei zahlreichen Kundgebungen z.B. gegen die Atomrüstung als unabhängige Rednerin auf.

1971 mahnte sie in der Zeitschrift konkret („Gib auf, Ulrike!“), den bewaffneten Kampf in der RAF zu beenden, ohne aber die ursprünglichen Beweggründe ihrer geliebten Pflegetochter zu verurteilen: „Du solltest versuchen, die Chancen von bundesrepublikanischen Stadtguerillas einmal an der sozialen Realität dieses Landes zu messen“.

1979 erhielt sie einen Lehrauftrag im Fachbereich Pädagogik an der Universität Marburg. 1980 überließ ihr Rolf Hochhuth den Geschwister-Scholl-Preis der Stadt München, um sie finanziell zu unterstützen. Bis zuletzt war sie als Publizistin und Geschichtsforscherin tätig, die letzten Jahre krankheitsbedingt zurückgezogen im hessischen Alsbach.

Zitate

In SED-Quellen sind Versuche feststellbar, Frau Riemeck politisch zu instrumentalisieren:

„Ganz große Möglichkeiten sehen wir in der breiten und umfassenden Publizierung der Persönlichkeit Renate Riemecks. Sie ist die einzige Frau, die in leitender Stelle einer Partei tätig ist. Sie ist eine kluge entschlossene Frau und hat sich durch ihren mutigen Kampf gegen die Diktaturmaßnahmen von Schütz und dem Bonner Regime sehr schnell eine gewisse Achtung bei bestimmten Kreisen erworben. Sie muß zu einer Persönlichkeit werden. Wahlplakate der DFU müssen unbedingt ihr Foto zeigen.“

[1]

„Die Bundestagswahl wird diesmal ganz nach amerikanischem Muster als Persönlichkeitswahlkampf geführt. Eine bestimmte Politik wird durch bestimmte Persönlichkeiten repräsentiert. Das muß man zur Kenntnis nehmen, ob es uns lieb ist oder nicht. In diesem Fall ist es gar nicht schlecht für uns, daß Prof. Riemeck in sich Eigenschaften verkörpert, die für viele Wählerschichten sehr wichtig ist: Professor, also Ansehen bei den Intellektuellen, Frau und Pädagogin: was für alle Frauen und Eltern wichtig ist; aktives Mitglied der Bekennenden Kirche, wodurch wir einen bedeutenden Teil christlicher Wähler dieses Kirchenflügels beeinflussen können; schließlich aktiver Gewerkschafter, was für die Arbeiter Bedeutung hat.“

[2]

Materialien und Quellen

  • Renate Riemeck: Ich bin ein Mensch für mich. Aus einem unbequemen Leben. Stuttgart : Urachhaus, 2. Aufl. 1994. ISBN 3-87838-934-5
  • Bettina Röhl: So macht Kommunismus Spaß. Ulrike Meinhof, Klaus Rainer Röhl und die Akte Konkret, Hamburg : Europäische Verlagsanstalt, 2006, ISBN 3-434-50600-4
  1. SAPMO-BArch, DY 30 IV 2/2.2028/30, Bl. 2-3 (Schreiben von Hans Rentmeister an den Leiter der Westabteilung der SED Albert Norden vom 9.6.1961)
  2. SAPMO-BArch, DY 30 IV 2/2.2028/30 (Maschinenschriftliches Manuskript Gesamtdeutschland in den Archivalien der Westabteilung der SED)

Ausgewählte Veröffentlichungen

  • Renate Riemeck: Mitteleuropa – Bilanz eines Jahrhunderts. 4. Aufl., Engel, Stuttgart 1997, ISBN 3-927118-14-1
  • Renate Riemeck: 1789: heroischer Aufbruch u. Herrschaft d. Schreckens. Urachhaus, Stuttgart 1988, ISBN 3-87838-569-2;
  • Renate Riemeck: Verstoßen – verfemt – verbrannt: 12 Ketzerschicksale aus acht Jahrhunderten. - Urachhaus, Stuttgart 1986, ISBN 3-87838-479-3
  • Renate Riemeck: Glaube – Dogma – Macht. Stuttgart: Geschichte d. Konzilien. Urachhaus, Stuttgart 1985, ISBN 3-87838-433-5

Weblinks


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