Camphill-Gemeinschaft

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Camphill ist eine heilpädagogische Bewegung auf der Grundlage der Anthroposophie. Gegründet wurde die erste Camphill Community 1939 von dem aus Wien emigrierten Kinderarzt Karl König in Kirkton House bei Aberdeen. 1940 zog sie ins nahe gelegene Camphill Estate um. Heute existieren weltweit mehr als 100 Gemeinschaften in über 20 Ländern.

Konzept

In den dorfähnlichen Camphill-Gemeinschaften leben Menschen mit – häufig mehrfachen – schweren geistigen, seelischen und körperlichen Beeinträchtigungen zumeist gemeinsam mit den Familien ihrer Betreuer. Sie finden Beschäftigung in Betrieben mit biologisch-dynamischer Landwirtschaft, in Küche und Bäckerei oder in kunstgewerblichen Werkstätten. Die Betreuten sollen so ein ihren Fähigkeiten gemäßes, möglichst selbstständiges Leben führen können. Das Leben in Camphill-Einrichtungen hat sich aus dem anthroposophischen Menschenbild entwickelt, nach dem alle Menschen mit oder ohne Behinderung gleichwertige Individuen sind und ein Recht auf ein erfülltes Leben in Freiheit und Würde haben.[1]

Im Gegensatz zur Pflege im Schichtbetrieb in Heimen entwickeln sich hier familiäre Verhältnisse. Der Tages-, Wochen- und Jahreslauf ist gegliedert, so dass auch weitgehend hilfebedürftige Menschen Orientierung finden. Dazu gehören gemeinsame Mahlzeiten, Andachten und jahreszeitliche Feste mit Musik und anderen künstlerischen Beiträgen. Gewaltanwendung soll nicht vorkommen, die Anwendung von Psychopharmaka wird weitgehend vermieden. An deren Stelle treten anthroposophische Heilmittel und Anwendungen wie Heileurythmie, Musiktherapie oder Rhythmische Massage. Neben den Dorfgemeinschaften gibt es auch schulische Förderzentren und Tagestherapieeinrichtungen.

Kinder werden hauptsächlich in heilpädagogischen Heimsonderschulen unterrichtet und betreut. Jugendlichen stehen neben der schulischen Weiterbildung die Möglichkeit der Aneignung praktischer Fähigkeiten in Werkstätten, in Landwirtschaft und Gartenbau zur Verfügung. Hierbei steht nicht das Produzieren im Vordergrund, sondern das Entdecken eigener Interessen und Möglichkeiten. Die Erwachsenen haben in den Camphill-Gemeinschaften die Chance eines sinnerfüllten Berufslebens in Bäckerei, Weberei, Töpferei und anderen Werkstätten.

Neben den Bereichen Wohnen und Arbeiten ist das kulturelle Leben mit Theater, Musik und Kunst das dritte wichtige Element in der Gemeinschaft. Man ist bemüht, den Betreuten auch im Alter einen Platz zu geben und sie würdevoll bis zum Tod zu begleiten.[1]

Literatur

Zu Camphill

  • Carlo Pietzner: Aspekte der Heilpädagogik. Beiträge aus der Arbeit der Camphill-Bewegung. Freies Geistesleben, Stuttgart 1969
  • Cornelius M. Pietzner (Hrsg.): Village Life: The Camphill Communities. Simon & Schuster, New York 1987, ISBN 0-88708-030-8
  • Cornelius Pietzner (Hrsg.): Camphill – 50 Jahre Leben und Arbeiten mit Seelenpflege-bedürftigen Menschen. Freies Geistesleben, Stuttgart 1991, ISBN 3-7725-1081-7

Zur anthroposophischen Heilpädagogik

  • Rudolf Steiner: Heilpädagogischer Kurs. Zwölf Vorträge für Ärzte und Heilpädagogen, gehalten in Dornach 1924. ISBN 3-7274-3171-7 (GA 317); ISBN 3-7274-6730-4 (TB 673)
  • Julia Bort (Hrsg.): Heilende Erziehung. Vom Wesen seelenpflege-bedürftiger Kinder und deren heilpädagogischer Förderung. Natura, Arlesheim 1956; Freies Geistesleben, Stuttgart 1998, ISBN 3-7725-1257-7
  • Thomas J. Weihs: Das entwicklungsgestörte Kind. Heilpädagogische Erfahrungen in der therapeutischen Gemeinschaft. Freies Geistesleben, Stuttgart 1974; 4. A. 1995, ISBN 3-7725-1209-7
  • Rüdiger Grimm: Die therapeutische Gemeinschaft in der Heilpädagogik. Das Zusammenwirken von Eltern und Heilpädagogen. Freies Geistesleben, Stuttgart 1991, ISBN 3-7725-1203-8
  • Nils Christie: Jenseits von Einsamkeit und Entfremdung. Gemeinschaften für außergewöhnliche Menschen. Freies Geistesleben, Stuttgart 1992, ISBN 3-7725-1211-9
  • Karl König: Der Impuls der Dorfgemeinschaft. Menschenkundliche Grundlagen für das Zusammenleben von Erwachsenen mit und ohne Behinderung. Freies Geistesleben, Stuttgart 1994, ISBN 3-7725-1176-7
  • Johannes Denger (Hrsg.): Lebensformen in der sozialtherapeutischen Arbeit. Freies Geistesleben, Stuttgart 1995, ISBN 3-7725-1179-1
  • Alfred Heinrich (Hrsg.): Wo ist mein Zuhause? Integration von Menschen mit geistiger Behinderung. Freies Geistesleben, Stuttgart 1997, ISBN 3-7725-1606-8
  • Rüdiger Grimm, Götz Kaschubowski (Hrsg.): Kompendium der anthroposophischen Heilpädagogik. Reinhardt, Basel 2008, ISBN 978-3-497-01985-4

Weblinks

Einzelnachweise


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