Flegetanis und Kunstgeschichte: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Flegetanis''' war nach [[Wolfram von Eschenbach]] ein [[arabisch]]er [[Astronom]], der erstmals das Geheimnis des [[Heiliger Gral|Heiligen Grals]] in der [[Sternenschrift]] gelesen habe. Wolfram beruft sich dabei auf den Bericht des historisch weiter nicht fassbaren [[Wikipedia:Provence|provenzalischen]] Dichters [[Kyot]], den er als Quelle für seinen [[Parzival]]-Roman angibt. Väterlicherseits sei Flegetanis [[Heide]] gewesen, mütterlicherseits ein [[Jude]] aus dem Geschlecht [[Salomon]]s. Kyot habe dessen vergessenes [[arabisch]]es Manuskript in [[Wikipedia:Toledo|Toledo]] in [[Spanien]], dem damaligen [[al-Andalus]], aufgefunden, das zu dieser Zeit unter [[muslim]]ischer Herrschaft stand. Nachdem Kyot die [[arabische Sprache]] erlernt und die Handschrift entziffert hatte, sei er durch ganz [[Europa]] gereist, um mehr über den Gral zu erfahren. Dabei sei er in [[Wikipedia:Anjou|Anjou]] auf die Geschichte Parzivals gestoßen.
[[Datei:Vasari autoritratto.jpg|miniatur|Porträt von Giorgio Vasari, 1571–74]]


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Die '''Kunstgeschichte''', veraltet auch '''Kunsthistorik''', oder '''Kunstwissenschaft''', ist die [[Wissenschaft]] von der historischen Entwicklung der [[Bildende Kunst|bildenden Künste]] und ihrer [[Wikipedia:Ikonografie|ikonographischen]], [[Wikipedia:Ikonologie|ikonologischen]] wie auch materiellen Bestimmung. Sie untersucht und beschreibt ebenso die kulturelle Funktion der [[Kunst]] hinsichtlich ihrer künstlerisch-anschaulichen Gegebenheiten, wie auch den Schaffensprozess von [[Künstler]]n.
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[[Datei:Joachim von Sandrart-Teutsche Academie der Edlen Bau Bild und Mahlerey-Kuenste-Joachim von Sandrart-1675.jpg|mini|Joachim von Sandrart,1675]]
| valign="top" |<poem>ein heiden Flegetânîs
 
bejagte an künste hôhen prîs.
== Gegenstände und Ziele ==
25
 
der selbe fisîôn
Die Geschichte der [[Bildende Kunst|Bildenden Kunst]] vollzieht sich durch die Veränderung der [[Funktionalismus (Sozialwissenschaften)|gesellschaftlichen Funktion]] und Stellung der [[Kunst]], der [[Theorie der Kunst|theoretischen]] Auffassung über sie sowie durch die [[Stilwandel|Entwicklung der Kunstformen]] und [[Stilepoche|Stilrichtungen]]. Ziel des Faches Kunstgeschichte ist es, die künstlerischen Objekte nach ihren Inhalten zu befragen ([[Ikonographie]]), ihre formale Gestaltung zu bestimmen, die [[Kunstwerk|Werke]] in Raum und Zeit einzuordnen und ihrer [[Künstlerische Rezeption|Rezeption]] nachzugehen; dabei werden einerseits stilistische Zusammenhänge besprochen, andererseits wird versucht, den historischen Kontext als Voraussetzung eines Kunstwerks zu verstehen oder ihn zum Verständnis des Werks miteinzubeziehen.
was geborn von Salmôn,
 
ûz israhêlscher sippe erzilt
Im Gegensatz zur [[Kunstkritik]] wählt sich die Kunstgeschichte in der Regel historische Gegenstände oder versucht zumindest sich zeitgenössischen Themen mit einer wissenschaftlich abgesicherten, methodisch definierten Herangehensweise zu nähern. Dabei wird anerkannt, dass (wissenschaftliche) Rezeption und Interpretation selbst zeitgebundene Handlungen sind.
von alter her, unz unser schilt
[[Datei:Johann Joachim Winckelmann (Anton von Maron 1768).jpg|miniatur|Johann Joachim Winckelmann, Porträt von Anton von Maron, 1768]]
der touf wart fürz hellefiur.
Die klassischen Untersuchungsobjekte der Kunstgeschichte sind europäische und vorderasiatische Werke der [[Malerei]] und [[Grafik]], [[Bildhauerei]] und [[Architektur|Baukunst]] in der Zeit vom frühen [[Mittelalter]] bis zur [[Gegenwart]]. Seit ungefähr der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden auch Gegenstände aus den [[Kirchenschatz (materielle Güter)|Kirchenschätzen]], die sog. [[Kleinkunst (Kunstgeschichte)|Kleinkunst]], analysiert. Die [[Vor- und Frühgeschichte]] behandelt (auch) die künstlerische Entwicklung vor dem Auftauchen der [[Schrift]]. Die [[Archäologie]] und die [[Ägyptologie]] behandeln (auch) die künstlerische Entwicklung der frühen [[Hochkultur (Geschichtswissenschaft)|Hochkulturen]] des Mittelmeerraumes. Die Kunstgeschichte widmet sich der Erforschung der historischen Entwicklung der [[Europa|europäischen]] Kunst ab dem Zeitpunkt, an dem das Christentum im 4. Jahrhundert im Römischen Reich [[Staatsreligion]] wird. In der Gegenwart erweitert sich das untersuchte Gebiet auf die kulturellen Einflusszonen der sogenannten westlichen Hemisphäre, also etwa auch Amerika oder die zeitgenössischen Künstler weltweit, die am [[Kunstmarkt]] teilnehmen. Die [[Architekturgeschichte]] wird nicht selten von der Kunstgeschichte berührt, obwohl sie im Kern heute zu den [[Kulturwissenschaften]] zu zählen ist. Jedoch kommt kaum eine allgemeine Kunstgeschichtsschreibung ohne die Erwähnung der Architekturgeschichte aus.
30
 
der schreip vons grâles âventiur.
Die Kunst nichteuropäischer Kulturen und Länder wird außerhalb dieser Länder in den jeweiligen [[Landeskunde]]n ([[Sinologie]], [[Arabistik]], [[Afrikanistik]] etc.) miterforscht oder in übergreifenden Disziplinen wie der [[Ethnologie]]. Die Kunstgeschichte öffnete sich seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (siehe [[Carl Einstein]], [[Leo Frobenius]]) auch anderen Kulturkreisen, etwa der Afrikanischen oder Asiatischen Kunstgeschichte. Darüber hinaus werden neue Darstellungsformen wie [[Fotografie]], [[Medienkunst]] und Gattungen, [[Kunstgewerbe]], [[Design]] untersucht. Jüngste Entwicklungen sehen in der Kunstgeschichte auch eine Bildwissenschaft, die – unabhängig vom Kunstcharakter eines Bildes – Funktionen und Entwicklungen analysiert (vgl. z.&nbsp;B. auch [[Game Studies]]).
454
 
Er was ein heiden vaterhalp,
== Zur Geschichte der Kunstwissenschaft siehe auch ==
Flegetânîs, der an ein kalp
* {{WikipediaDE|Kunstgeschichte}}
bette als ob ez wær sîn got.
 
wie mac der tievel selhen spot
== Zum Thema Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft heute siehe auch ==
5
* {{WikipediaDE|Kunstgeschichte}}
gefüegen an sô wîser diet,
 
daz si niht scheidet ode schiet
== Siehe auch ==
dâ von der treit die hôhsten hant
{{Portal|Bildende Kunst}}
unt dem elliu wunder sint bekant?
* {{WikipediaDE|Kunstgeschichte}}
Flegetânîs der heiden
 
10
== Zeitschriften und Periodika ==
kunde uns wol bescheiden
* Jahrbuch des Zentralinstituts für Kunstgeschichte
ieslîches sternen hinganc
* Journal für Kunstgeschichte
unt sîner künfte widerwanc;
* Kunstchronik
wie lange ieslîcher umbe gêt,
* ''Kunsthistorische Arbeitsblätter'' (KAb), erscheinen monatlich (wenden sich an den großen Kreis kunstgeschichtlich interessierter Leser, insbesondere an die Studenten der Kunstgeschichte und an Kunstpädagogen. Die Beiträge der einzelnen Hefte bieten Fakten, Analysen, Interpretationen sowie Informationen. Quellentexte und eine Studienkartei runden das Bild ab.)
ê er wider an sîn zil gestêt.
* ''Kunsthistorisches Jahrbuch für Bildkritik'', hrsg. von Horst Bredekamp, Matthias Bruhn und Gabriele Werner, Akademie Verlag Berlin, Band 1,1 erschien 2003
15
* ''Minerva. Jenaer Schriften zur Kunstgeschichte'', hrsg. von Franz-Joachim Verspohl, Band 1 erschien 1995, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln
mit der sternen umbereise vart
* kritische berichte
ist gepüfel aller menschlîch art.
* Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft
Flegetânîs der heiden sach,
* Zeitschrift für Kunstgeschichte
von er blûweclîche sprach,
im gestirn mit sînen ougen
20
verholenbæriu tougen.
er jach, ez hiez ein dinc der grâl:
des namen las er sunder twâl
inme gestirne, wie der hiez.
«ein schar in ûf der erden liez:
25
diu fuor ûf über die sterne hôch.
op die ir unschult wider zôch,
sît muoz sîn pflegn getouftiu fruht
mit alsô kiuschlîcher zuht:
diu menscheit ist immer wert,
30
der zuo dem grâle wirt gegert.»
455
Sus schreip dervon Flegetânîs.</poem> || valign="top" |<poem>Ein Heide, Flegetanis,  
Den man um seltne Künste pries,
25
Hatte manche Vision.  
Er stammte von Salomon,  
Aus israelischem Geschlecht erzielt
Von Alters her, eh unser Schild
Die Taufe ward vor Höllenqual.  
30
Der schrieb der Erste von dem Gral.
454
Ein Heide war er vaterhalb,  
Flegetanis, der noch ein Kalb
Anbetete, als wär es Gott.  
Wie darf der Teufel solchen Spott
5
Doch an so weisen Völkern thun?
Will sie zu wahren nicht geruhn
Davor des Allerhöchsten Hand,
Dem alle Wunder sind bekannt?
Flegetanis den Heiden
10
Mochte seine Kunst bescheiden
Vom Lauf aller Sterne
Und ihrer Heimkehr aus der Ferne,
Wie lang ein jeder hat zu gehn,
Bis wir am alten Ziel ihn sehn.
15
Menschliches Geschick und Wesen
Ist in der Sterne Gang zu lesen.  
Flegetanis der Heid erkannte,  
Wenn er den Blick zum Himmel wandte,  
Geheimnissvolle Kunde.
20
Er sprach mit scheuem Munde
Davon: »Ein Ding wird Gral genannt;
Im Gestirn geschrieben fand
Er den Namen, wie es hieß.  
Eine Schar ihn aus der Erde ließ,
25
Die zu den Sternen wieder flog,  
Ob Gnad ob Unschuld heim sie zog.  
Dann pflegte sein getaufte Frucht
Mit Demuth und reiner Zucht.  
Die Menschheit trägt den höchsten Werth,
30
Die zum Dienst des Grales wird bekehrt.«
455
So schrieb davon Flegetanis.</poem>
|}


== Literatur ==
== Literatur ==
; Lexika
* [http://www.rdklabor.de/wiki/Hauptseite RDK Labor] hervorgegangen aus dem ''Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte''
* Ulrich Pfisterer (Hrsg.): ''Lexikon Kunstwissenschaft. Ideen. Methoden. Begriffe''. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003.
* B. Klein (Hrsg.): ''Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Gotik ''. Prestel Verlag, München 2007.
* K. Krause (Hrsg.): ''Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Spätgotik und Renaissance ''. Prestel Verlag, München 2007.
* A. Beyer (Hrsg.): ''Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Klassik und Romantik ''. Prestel Verlag, München 2006.
* H. Kohle (Hrsg.): ''Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Vom Biedermeier zum Impressionismu ''.. Prestel Verlag, München 2008.
* B. Lange (Hrsg.): ''Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Vom Expressionismus bis heute''.. Prestel Verlag, München 2006.
; Einführungen und Methoden
* Marcel Baumgartner: ''Einführung in das Studium der Kunstgeschichte''. König, Köln 1998.
* Hans Belting, Heinrich Dilly, Wolfgang Kemp, Willibald Sauerländer, Martin Warnke (Hrsg.): ''Kunstgeschichte − Eine Einführung''. 7. überarb.und erw. Aufl., Reimer, Berlin 2008, 440 S., ISBN 978-3-496-01387-7; <small>Standardwerk und Einführung in die Methodik der Kunstwissenschaft</small>.
* Lorenz Dittmann (Hrsg.): ''Kategorien und Methoden der deutschen Kunstgeschichte 1900-1930. Eine Einführung''. Berlin 1986.
* Jutta Held, Norbert Schneider: ''Grundzüge der Kunstwissenschaft'', UTB, Böhlau 2007, 603 S., ISBN 978-3-8252-2775-3.
* Thomas Zaunschirm: ''Kunstwissenschaft. Eine Art Lehrbuch.'' Klartext, Essen 2002.
* Anja Zimmermann (Hrsg.): ''Kunstgeschichte und Gender: eine Einführung'' Reimer, Berlin 2006.
* Michael Hatt, Charlotte Klonk: ''Art history. A critical introduction to its methods.'' Manchester University Press, Manchester 2006, ISBN 0-7190-6959-9, [http://www.arthistoricum.net/index.php?id=276&ausgabe=2007_03&review_id=11116 Rezension].
* José Pijoan (Hrsg.): ''Arte. Die Kunstgeschichte der Welt.'' Grammont Verlag und Salvat Editores S.&nbsp;A., Lausanne 1979, ISBN 2-8270-0539-5.
* Oliver Grau (Hrsg.): ''MediaArtHistories'', MIT-Press, Cambridge/Mass. 2007.
*  Julia Allerstorfer, Monika Leisch-Kiesl (Hrsg.):  ''»Global Art History«. Transkulturelle Verortungen von Kunst und Kunstwissenschaft'', transcript, Bielefeld 2018, ISBN 978-3-8376-4061-8.
; Geschichte der Kunstgeschichte
* Udo Kultermann, ''Die Geschichte der Kunstgeschichte''. Frankfurt Berlin Wien 1981.
* Donald Preziosi: ''The art of art history: a critical anthology''. Oxford University Press, Oxford [u.&nbsp;a.] 1998.
* Peter Betthausen, Peter H. Feist, Christiane Fork: ''Metzler-Kunsthistoriker-Lexikon: zweihundert Porträts deutschsprachiger Autoren aus vier Jahrhunderten''. Metzler, Stuttgart [u.&nbsp;a.] 1999.
* Georg Kauffmann (Autor) und Gemeinsam Kommission der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Gerda Henkel Stiftung (Hrsg.): ''Die Entstehung der Kunstgeschichte im 19. Jahrhundert''. Opladen 1993.
* Hubert Locher: ''Kunstgeschichte als historische Theorie der Kunst: 1750–1950''. Fink, München 2001.
* Ulrich Pfisterer: ''Die Kunstliteratur der italienischen Renaissance: eine Geschichte in Quellen''. Reclam, Stuttgart 2002.
* Nikola Doll, Christian Fuhrmeister und Michael H. Sprenger (Hrsg.): ''Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte einer Wissenschaft zwischen 1930 und 1950''. Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 2005, ISBN 3-89739-481-2; Rezension James A. van Dyke in: Kunstchronik Band 60, 2007, Heft 1, S. 27–32 Ausstellungen.
* Martin Papenbrock, Norbert Schneider (Hrsg.): ''Kunstgeschichte nach 1968.'' (= Kunst und Politik. Jahrbuch der Guernica-Gesellschaft), V & R Unipress, Göttingen 2010, ISBN 3-89971-617-5.
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
{{Wiktionary|Kunstwissenschaft}}
* [http://www.bildindex.de/ Bildindex der Kunst und Architektur]
* [http://www.portalkunstgeschichte.de/ Portal Kunstgeschichte]
* [http://www.ub.uni-heidelberg.de/helios/artguide/ ART-Guide] – Sammlung kunsthistorischer Internet-Quellen (Universitätsbibliothek Heidelberg und Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden)
* [http://www.arthist.net/ arthist.net] – Netzwerk für Kunstgeschichte im H-Net, dem mit 60.000 Mitgliedern größten internationalen Netzwerk für Geisteswissenschaften
* [http://www.sik-isea.ch/ Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft]
{{Normdaten|TYP=s|GND=4138803-3}}


* [[Wolfram von Eschenbach]], [[Wikipedia:Karl Simrock|Karl Simrock]] (Übers.): '' Parzival und Titurel''. 2 Bände, Stuttgart 1862 [https://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Parzival/Wolfram_von_Eschenbach_Parzival_und_Titurel_(Simrock_1862).pdf#view=Fit pdf]
[[Kategorie:Geisteswissenschaften]]
* [[Wolfram von Eschenbach]], Karl Lachmann (Hrsg.), ''Parzival'', 5. Auflage, Berlin 1891 [https://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Parzival/Wolfram_von_Eschenbach_Parzival_(Lachmann_1891).pdf#view=Fit pdf]
[[Kategorie:Geschichtswissenschaften]]
[[Kategorie:Kulturwissenschaften]]
[[Kategorie:Kunstwissenschaft|!103]]
[[Kategorie:Kunstgeschichte|!]]


[[Kategorie:Gral]]
{{Wikipedia}}

Version vom 22. Februar 2018, 03:25 Uhr

Porträt von Giorgio Vasari, 1571–74

Die Kunstgeschichte, veraltet auch Kunsthistorik, oder Kunstwissenschaft, ist die Wissenschaft von der historischen Entwicklung der bildenden Künste und ihrer ikonographischen, ikonologischen wie auch materiellen Bestimmung. Sie untersucht und beschreibt ebenso die kulturelle Funktion der Kunst hinsichtlich ihrer künstlerisch-anschaulichen Gegebenheiten, wie auch den Schaffensprozess von Künstlern.

Joachim von Sandrart,1675

Gegenstände und Ziele

Die Geschichte der Bildenden Kunst vollzieht sich durch die Veränderung der gesellschaftlichen Funktion und Stellung der Kunst, der theoretischen Auffassung über sie sowie durch die Entwicklung der Kunstformen und Stilrichtungen. Ziel des Faches Kunstgeschichte ist es, die künstlerischen Objekte nach ihren Inhalten zu befragen (Ikonographie), ihre formale Gestaltung zu bestimmen, die Werke in Raum und Zeit einzuordnen und ihrer Rezeption nachzugehen; dabei werden einerseits stilistische Zusammenhänge besprochen, andererseits wird versucht, den historischen Kontext als Voraussetzung eines Kunstwerks zu verstehen oder ihn zum Verständnis des Werks miteinzubeziehen.

Im Gegensatz zur Kunstkritik wählt sich die Kunstgeschichte in der Regel historische Gegenstände oder versucht zumindest sich zeitgenössischen Themen mit einer wissenschaftlich abgesicherten, methodisch definierten Herangehensweise zu nähern. Dabei wird anerkannt, dass (wissenschaftliche) Rezeption und Interpretation selbst zeitgebundene Handlungen sind.

Johann Joachim Winckelmann, Porträt von Anton von Maron, 1768

Die klassischen Untersuchungsobjekte der Kunstgeschichte sind europäische und vorderasiatische Werke der Malerei und Grafik, Bildhauerei und Baukunst in der Zeit vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart. Seit ungefähr der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden auch Gegenstände aus den Kirchenschätzen, die sog. Kleinkunst, analysiert. Die Vor- und Frühgeschichte behandelt (auch) die künstlerische Entwicklung vor dem Auftauchen der Schrift. Die Archäologie und die Ägyptologie behandeln (auch) die künstlerische Entwicklung der frühen Hochkulturen des Mittelmeerraumes. Die Kunstgeschichte widmet sich der Erforschung der historischen Entwicklung der europäischen Kunst ab dem Zeitpunkt, an dem das Christentum im 4. Jahrhundert im Römischen Reich Staatsreligion wird. In der Gegenwart erweitert sich das untersuchte Gebiet auf die kulturellen Einflusszonen der sogenannten westlichen Hemisphäre, also etwa auch Amerika oder die zeitgenössischen Künstler weltweit, die am Kunstmarkt teilnehmen. Die Architekturgeschichte wird nicht selten von der Kunstgeschichte berührt, obwohl sie im Kern heute zu den Kulturwissenschaften zu zählen ist. Jedoch kommt kaum eine allgemeine Kunstgeschichtsschreibung ohne die Erwähnung der Architekturgeschichte aus.

Die Kunst nichteuropäischer Kulturen und Länder wird außerhalb dieser Länder in den jeweiligen Landeskunden (Sinologie, Arabistik, Afrikanistik etc.) miterforscht oder in übergreifenden Disziplinen wie der Ethnologie. Die Kunstgeschichte öffnete sich seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (siehe Carl Einstein, Leo Frobenius) auch anderen Kulturkreisen, etwa der Afrikanischen oder Asiatischen Kunstgeschichte. Darüber hinaus werden neue Darstellungsformen wie Fotografie, Medienkunst und Gattungen, Kunstgewerbe, Design untersucht. Jüngste Entwicklungen sehen in der Kunstgeschichte auch eine Bildwissenschaft, die – unabhängig vom Kunstcharakter eines Bildes – Funktionen und Entwicklungen analysiert (vgl. z. B. auch Game Studies).

Zur Geschichte der Kunstwissenschaft siehe auch

Zum Thema Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft heute siehe auch

Siehe auch

Portal
Portal
 Wikipedia:Portal: Bildende Kunst – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Bildende Kunst

Zeitschriften und Periodika

  • Jahrbuch des Zentralinstituts für Kunstgeschichte
  • Journal für Kunstgeschichte
  • Kunstchronik
  • Kunsthistorische Arbeitsblätter (KAb), erscheinen monatlich (wenden sich an den großen Kreis kunstgeschichtlich interessierter Leser, insbesondere an die Studenten der Kunstgeschichte und an Kunstpädagogen. Die Beiträge der einzelnen Hefte bieten Fakten, Analysen, Interpretationen sowie Informationen. Quellentexte und eine Studienkartei runden das Bild ab.)
  • Kunsthistorisches Jahrbuch für Bildkritik, hrsg. von Horst Bredekamp, Matthias Bruhn und Gabriele Werner, Akademie Verlag Berlin, Band 1,1 erschien 2003
  • Minerva. Jenaer Schriften zur Kunstgeschichte, hrsg. von Franz-Joachim Verspohl, Band 1 erschien 1995, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln
  • kritische berichte
  • Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft
  • Zeitschrift für Kunstgeschichte

Literatur

Lexika
  • RDK Labor hervorgegangen aus dem Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte
  • Ulrich Pfisterer (Hrsg.): Lexikon Kunstwissenschaft. Ideen. Methoden. Begriffe. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003.
  • B. Klein (Hrsg.): Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Gotik . Prestel Verlag, München 2007.
  • K. Krause (Hrsg.): Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Spätgotik und Renaissance . Prestel Verlag, München 2007.
  • A. Beyer (Hrsg.): Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Klassik und Romantik . Prestel Verlag, München 2006.
  • H. Kohle (Hrsg.): Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Vom Biedermeier zum Impressionismu .. Prestel Verlag, München 2008.
  • B. Lange (Hrsg.): Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Vom Expressionismus bis heute.. Prestel Verlag, München 2006.
Einführungen und Methoden
  • Marcel Baumgartner: Einführung in das Studium der Kunstgeschichte. König, Köln 1998.
  • Hans Belting, Heinrich Dilly, Wolfgang Kemp, Willibald Sauerländer, Martin Warnke (Hrsg.): Kunstgeschichte − Eine Einführung. 7. überarb.und erw. Aufl., Reimer, Berlin 2008, 440 S., ISBN 978-3-496-01387-7; Standardwerk und Einführung in die Methodik der Kunstwissenschaft.
  • Lorenz Dittmann (Hrsg.): Kategorien und Methoden der deutschen Kunstgeschichte 1900-1930. Eine Einführung. Berlin 1986.
  • Jutta Held, Norbert Schneider: Grundzüge der Kunstwissenschaft, UTB, Böhlau 2007, 603 S., ISBN 978-3-8252-2775-3.
  • Thomas Zaunschirm: Kunstwissenschaft. Eine Art Lehrbuch. Klartext, Essen 2002.
  • Anja Zimmermann (Hrsg.): Kunstgeschichte und Gender: eine Einführung Reimer, Berlin 2006.
  • Michael Hatt, Charlotte Klonk: Art history. A critical introduction to its methods. Manchester University Press, Manchester 2006, ISBN 0-7190-6959-9, Rezension.
  • José Pijoan (Hrsg.): Arte. Die Kunstgeschichte der Welt. Grammont Verlag und Salvat Editores S. A., Lausanne 1979, ISBN 2-8270-0539-5.
  • Oliver Grau (Hrsg.): MediaArtHistories, MIT-Press, Cambridge/Mass. 2007.
  • Julia Allerstorfer, Monika Leisch-Kiesl (Hrsg.): »Global Art History«. Transkulturelle Verortungen von Kunst und Kunstwissenschaft, transcript, Bielefeld 2018, ISBN 978-3-8376-4061-8.
Geschichte der Kunstgeschichte
  • Udo Kultermann, Die Geschichte der Kunstgeschichte. Frankfurt Berlin Wien 1981.
  • Donald Preziosi: The art of art history: a critical anthology. Oxford University Press, Oxford [u. a.] 1998.
  • Peter Betthausen, Peter H. Feist, Christiane Fork: Metzler-Kunsthistoriker-Lexikon: zweihundert Porträts deutschsprachiger Autoren aus vier Jahrhunderten. Metzler, Stuttgart [u. a.] 1999.
  • Georg Kauffmann (Autor) und Gemeinsam Kommission der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Gerda Henkel Stiftung (Hrsg.): Die Entstehung der Kunstgeschichte im 19. Jahrhundert. Opladen 1993.
  • Hubert Locher: Kunstgeschichte als historische Theorie der Kunst: 1750–1950. Fink, München 2001.
  • Ulrich Pfisterer: Die Kunstliteratur der italienischen Renaissance: eine Geschichte in Quellen. Reclam, Stuttgart 2002.
  • Nikola Doll, Christian Fuhrmeister und Michael H. Sprenger (Hrsg.): Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte einer Wissenschaft zwischen 1930 und 1950. Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 2005, ISBN 3-89739-481-2; Rezension James A. van Dyke in: Kunstchronik Band 60, 2007, Heft 1, S. 27–32 Ausstellungen.
  • Martin Papenbrock, Norbert Schneider (Hrsg.): Kunstgeschichte nach 1968. (= Kunst und Politik. Jahrbuch der Guernica-Gesellschaft), V & R Unipress, Göttingen 2010, ISBN 3-89971-617-5.

Weblinks

 Wiktionary: Kunstgeschichte – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wiktionary: Kunstwissenschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


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