Umstülpung und Bibliothek:Goethe: Unterschied zwischen den Seiten

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Das Prinzip der '''Umstülpung''', zusammen mit dem Konzept von [[Raum]] und [[Gegenraum]], ist unerlässlich für ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge zwischen [[Physische Welt|physischer]] und [[Geistige Welt|geistiger Welt]] und insbesondere für die [[Gestalt]]ung des [[mensch]]lichen [[Organismus]] durch die [[ätherisch]]en [[Universalkräfte]].
[[Datei:Goethe portraitskizze joseph karl stieler 1828.jpg|thumb|250px|[[Johann Wolfgang von Goethe]] (1749 - 1832)]]


__TOC__
= Johann Wolfgang Goethe, ausgewählte Werke =


<div style="margin-left:20px">
* [[Bibliothek:Goethe/Naturwissenschaft|Schriften zur Naturwissenschaft]]
"Das ist dasjenige, was ich Ihnen heute sagen wollte, meine lieben
Freunde, über die ganz andersartige Erfahrung, die wir haben, wenn
wir in der geistigen Welt sind, als hier in der physischen. Und doch
wiederum hängen die Dinge zusammen. Aber sie hängen so zusammen,
daß wir ganz umgestülpt sind. Wenn wir hier den Menschen so umstülpen
könnten, daß wir sein Inneres nach außen wenden würden,
daß also zum Beispiel das Innere, das Herz dann die Oberfläche des
Menschen wäre - er würde dabei nicht leben bleiben als physischer
Mensch, das können Sie ja glauben -, aber wenn man ihn umstülpen
könnte, im Herzen innerlich anfassen und ihn so wie einen Handschuh
umstülpen, dann bliebe er nicht ein solcher Mensch, wie er hier
ist, dann vergrößerte er sich zu einem Universum. Denn wenn man sich
in einen Punkt, ins Herz hinein konzentriert und dann die Fähigkeit
hat, im Geiste sich selber umzustülpen, dann wird man diese Welt, die
man sonst erlebt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Das ist
das Geheimnis des menschlichen Inneren, welches nur in der physischen
Welt nicht nach außen gestülpt werden kann. Aber das menschliche
Herz ist eine umgestülpte Welt auch, und so hängt wiederum
zusammen die physische Erdenwelt mit der geistigen Welt. Wir müssen
uns gewöhnen an dieses Umstülpen. Wenn wir uns nicht daran gewöhnen,
so bekommen wir nie eine richtige Vorstellung von dem, wie
sich eigentlich die hiesige physische Welt zu der geistigen Welt verhält." {{Lit|{{G|214|157}}}}
</div>
 
== Umstülpung und imaginative Erkenntnis ==
 
[[Bild:Serpiente alquimica.jpg|thumb|250px|[[Ouroboros]] aus einem [[alchemist]]ischen Manuskript als imaginatives Bild für den Prozess der Umstülpung]]
[[Bild:Mysteriendramensiegel_4.gif|thumb|250px|Die [[Ouroboros]]-Schlange im Siegelbild für das vierte Mysteriendrama «[[Der Seelen Erwachen]]» nach dem Entwurf [[Rudolf Steiner]]s.]]
 
{{GZ|Diese Imaginationen hat man zur Zeit dieses instinktiven
Geistschauens nicht bis zum Begriffe bringen können. Daß
man sich in Begriffen so aussprechen kann, wie wir das heute
wissenschaftlich gewohnt sind aus dem begrifflichen Bearbeiten
der unorganischen Welt, das ist erst ein Ergebnis des
Galilei- und Kopernikus-Zeitalters. Früher hat man sich
nicht in Begriffen in dieser Weise auszudrücken vermocht.
Die griechischen Begriffe sind etwas wesentlich anderes gewesen.
Man hat sich in Bildern ausgedrückt, in Bildern, die
durch Linien oder auch wohl durch Farbenzusammenstellungen
zustande gekommen sind. Ich mochte nur nebenbei
erwähnen, daß Erkenntnisse in früheren Epochen der
Menschheitsentwickelung nicht so allgemein, ich möchte
sagen, demokratisch behandelt wurden, wie heute das Wissen,
die Erkenntnis behandelt wird, sondern daß sich die
Erkennenden abschlössen in kleinere Gruppen, die man gewöhnt
worden ist, Geheimgesellschaften und dergleichen zu
nennen, wovon heute noch die Spuren, allerdings nur mißverständliche
Spuren, in allerlei Orden und ähnlichen Gruppen
vorhanden sind. Die Erkennenden haben sich in kleine
Gruppen abgeschlossen. Diejenigen Menschen, die sie in diese
Gruppen eingelassen haben, haben sie sorgfältig vorbereitet,
so daß sie gefahrlos für ihr moralisches Leben zu diesen Erkenntnissen,
die man für notwendig hielt, kommen konnten.
Und es wurde in gewissen, sagen wir symbolischen, bildhaften
Darstellungen dasjenige gelehrt, was man in instinktiven
Imaginationen erleben konnte. Solche Bilder bildeten
den Lehrinhalt der alten Weisheitsschulen, so wie heute
unsere Bücher unseren Lehrinhalt bilden, aber diese Lehrmittel
bestanden eben durchaus in Bildern, die aus dem
Inneren des Menschen hervorgeholt waren.
 
Ich möchte, um Ihnen nicht im Unbestimmten etwas vorzureden,
an etwas ganz Bestimmtes, an ein einzelnes Bild
erinnern: Da trat immer wiederum ein Bild auf, das gebraucht
wurde für die imaginative Erkenntnis des Erkenntnisvorgangs
beim Menschen selber. Man schilderte den Erkenntnisvorgang
nicht so wie heute die Erkenntnistheoretiker.
Man schaute ihn in einer Art instinktiven Hellsehens
an, und das, was man da anschaute, charakterisierte man
dadurch, daß man das Bild der Schlange, die sich in den
Schwanz beißt, zeichnete. Ein wesentliches Charakteristikon
desErkennens war in diesem Bilde zu sehen. Aber dieses Bild,
wie ich es Ihnen jetzt geschildert habe, ist eigentlich nur dasjenige,
was dann mehr oder weniger in populäre Darstellungen
übergegangen ist. Die eigentlichen symbolischen Bilder
haben sie, die Erkennenden, aus einem gewissen Machtdrang
heraus, damit sie allein die Wissenden sein konnten, die andern
die Unwissenden sein sollten, in den Gruppen sorgfältig
geheimgehalten. Das Bild, das eigentlich gemeint ist mit dem
Exoterischen der Schlange, die sich in den Schwanz beißt, ist
ein solches, in dem die Schlange so gemalt wird, daß sie sich
nicht nur in den Schwanz beißt, sondern gewissermaßen den
eigenen Schwanz verschlingt. Immer so weit dieses Schwanzende
in den Mund hineingeht, vergeistigt es sich. Und es
erscheint dann etwas, das man, wenn man die Schlange mit
einer dichteren Farbe aufzeichnet, mit einer dünneren Farbe
wie eine Art Aura der Schlange hinzuzumalen hätte. Man bekommt
dadurch ein kompliziertes Gebilde, das aber, wenn
man es mit einfachen Worten charakterisieren will, mit
den Worten charakterisiert werden muß, die heute morgen
Dr. Unger in seinem Vortrage gebraucht hat, indem er sich
fortwährend für dieses Wort eigentlich entschuldigte. Man
muß sich schon für vieles, was im höchsten Grade heute berechtigt
ist, wenn man es aus der Geisteswissenschaft heraus
sagt, gewissermaßen entschuldigen. Unger gebrauchte mehrmals
das Wort «umstülpen». Man denke, man habe eine
elastische Kugel und man bohrte oben an einer Stelle hinein,
so daß man die Kugel so in sich stülpt, daß dann dasjenige,
was zuerst nach oben geragt hat, nun nach unten hin gepreßt
ist, so daß man also eine Art Schüsselchen oder Teller
aus der Kugel bekommt, und man denke jetzt daran, daß
man nun nicht nur bis zum unteren Boden der Kugel umstülpt,
sondern noch über diesen hinaus, gleichsam ihn durchdringend,
daß aber auf der andern Seite die Kugelsubstanz
in einer andern Konsistenz herauskommt, so daß sich die
Kugel nun, nachdem man sie durchstoßen hat, von außen
wie mit einem Lichte umsäumt, das aber aus dem umgestülpten
Teil selber entstanden ist. Das ist eine Figur, die man
nicht so einfach hinmalen kann, welche aber auf eine einfachere
Weise das wiedergibt, was symbolisch angedeutet
werden sollte mit dem, was in solchen Geheimgesellschaften
für den Erkenntnisvorgang hingemalt worden ist, um die
Anschauung dieses Erkenntnisvorganges anzuregen bei denjenigen,
die durch diese Anschauung lernen sollten.|78|99ff}}
 
== Geometrische Beispiele ==
 
Geometrische Beispiele für das Prinzip der Umstülpung hat etwa [[Paul Schatz]] mit dem [[Umstülpbarer Würfel|umstülpbaren Würfel]] und dem davon abgeleiteten [[Oloid]] gegeben.
 
== Umstülpung des menschlichen Organismus beim Übergang zur nächsten Inkarnation ==
 
Die [[individuell]]e Gestaltung des menschlichen [[Schädel]]s ist nur zu verstehen als Umstülpung der [[Form]] des restlichen [[Organismus]] aus der vorangegangenen [[Inkarnation]].
 
<div style="margin-left:20px">
"Wir müssen, wenn wir die menschliche Kopforganisation studieren wollen,
verstehen können, wie diese Kopforganisation mit der ganzen
Entwickelung des Menschen zusammenhängt. Sie ist eine spätere Metamorphose,
sie ist die Umbildung des ganzen übrigen Menschen
hinsichtlich seiner Kräfte. Was Sie, indem Sie sich kopflos denken -
natürlich mit alledem, was vom Kopf in den übrigen Organismus
hineingehört und zum Kopf eigentlich gehört -, was Sie da im übrigen
Menschen sind, das fassen Sie ja natürlich zunächst substantiell
auf. Aber dieses Substantielle kommt nicht in Betracht, sondern der
Kräftezusammenhang dieser Substanz metamorphosiert sich im All
zwischen dem Tode und einer neuen Geburt und wird im nächsten
Erdenleben Kopforganisation. Das heißt, was Sie jetzt in Ihrem außer
dem Kopf befindlichen Menschen an sich tragen, ist eine frühere
Metamorphose der späteren Kopforganisation." {{Lit|{{G|201|106f}}}}
</div>
 
Überhaupt findet beim Übergang von einem zum nächsten Leben durch Umstülpung eine Metamorphose der inneren zu äußeren Organen statt; die Sinnesorgane etwa haben ihre Gegenbilder in den früheren inneren Organen, die zugleich die Organe der Erinnerung sind. Dadurch entsteht etwa die Fähigkeit des [[Auge]]s, [[Nachbild]]er des Gesehenen zu erzeugen:
 
<div style="margin-left:20px">
"Sie müssen sich also vorstellen, daß da etwas vorgegangen
ist zwischen den zwei Inkarnationen, was man nur vergleichen kann
damit, daß Sie sich denken, Sie haben hier einen Handschuh, den
ziehen sie an; und nunmehr nehmen Sie ihn und drehen ihn um, so
daß dasjenige, was an die Hand anliegt, nach außen kommt und
das, was früher nach außen, nach der Luft zu lag, nach innen
kommt. Also die Metamorphose hat sich nicht nur so vollzogen, daß
dasjenige, was da die übrigen Organe sind, sich etwa bloß umgebildet
hat, nein, es hat sich auch umgestülpt. Es ist das Innere, das
nach innen Gewendete zum Äußeren, zum nach außen Gewendeten
geworden. So daß wir sagen können: Die Organe - ich werde jetzt
sprechen von Körper und Kopf als dem Gegensatze -, die Organe
des Körpers metamorphosieren sich, indem sie sich umstülpen. Also
unsere Augen wären in unserer vorhergehenden Inkarnation irgend
etwas in unserem Bauche gewesen, wenn ich den Ausdruck eben gebrauchen
darf. Das hat sich umgestülpt in seinen Kräften und ist
jetzt Augen geworden, und die haben die Fähigkeit erlangt, Nachbilder
zu erzeugen.
 
[...]
 
Sehen wir auf das Organ in unserem inneren Organismus, aus dem sich das
Auge entwickelt hat. Da muß in einer gewissen Weise veranlagt sein
dasjenige, was als die Fähigkeit des Nachbildens, als die Lebendigkeit
des Auges erscheint, nur muß es nach innen gewendet sein. Da
muß auch das etwas zu tun haben mit dem Wiedererkennen. Aber
ein Erlebnis wiedererkennen heißt, sich daran erinnern. Suchen Sie
also die ursprüngliche Metamorphose für die Tätigkeit des Auges in
einem früheren Leben, so müssen Sie fragen nach der Tätigkeit des
Organs, die wirkt für die Erinnerung. Diese Dinge lassen sich natürlich
nicht so bequem und einfach darlegen, wie man es heute Hebt;
aber sie lassen sich eben dem Wege nach andeuten. Und verfolgen
Sie den Weg, dann werden Sie finden: alle unsere Sinnesorgane, die
nach außen gerichtet sind, haben ihre Gegenbilder in unseren inneren
Organen. Und diese inneren Organe sind ja zu gleicher Zeit die
Organe der Erinnerung. Mit dem Auge sehen Sie dasjenige, was im
äußeren Leben wiederkehrt; mit dem, was in Ihrer Leibeshöhle entspricht
der früheren Metamorphose des Auges, erinnern Sie sich an
die Bilder, die Ihnen das Auge vermittelt. Mit dem Ohre hören Sie
die Töne; mit demjenigen, was in Ihrer Leibeshöhle dem Ohr entspricht,
erinnern Sie sich an die Töne. Und so wird der ganze Mensch,
indem er seine Organe nach dem Innern öffnet, zum Erinnerungsorgan.
Der ganze Mensch ist Erinnerungsorgan." {{Lit|{{G|201|108f}}}}
</div>
 
== Umstülpung als Evolutionsprinzip ==
 
Auch der Entwicklungszusammenhang zwischen der [[tier]]ischen und [[mensch]]lichen [[Gestalt]] ist vielfach nur durch Umstülpung zu begreifen:
 
<div style="margin-left:20px">
"Wenn Sie in den gewöhnlichen biologischen Theorien über die
Entwickelung diese Dinge alle verfolgen, finden Sie eigentlich immer
die Entwickelung ziemlich primitiv dargestellt. Man denkt: der Kopf
des Fisches entwickelt sich etwas höher, und dann entsteht der Kopf
eines höher organisierten Tieres, und es entwickelt sich die Flosse
etwas höher, und dann entstehen die Bewegungsorgane der höheren
Tiere und so weiter. So einfach ist aber diese Sache nicht, wenn man
die Vorgänge mit der geistigen Beobachtung verfolgt. Denn damit
ein geistiges Gebilde, das sich zum Fisch verkörpert hat, sich höher
entwickeln kann, muß etwas viel Komplizierteres geschehen. Es muß
vieles von den Organen umgestülpt und umgeändert werden. Dieselben
Kräfte, die in der Schwimmblase des Fisches wirken, bergen
in sich, gleichsam wie in einer Muttersubstanz, die Kräfte, die der
Mensch in der Lunge hat. Aber sie selbst gehen auch nicht verloren.
Kleine Stücke bleiben zurück, nur stülpen sie sich um; materiell vergeht
alles, was zu ihnen gehört, und sie bilden dann das Trommelfell
des Menschen. In der Tat ist das Trommelfell, als ein sehr weit abstehendes
Organ in bezug auf das Räumliche am Menschen, ein Stück
jener Membrane; in ihm wirken die Kräfte, die da in der Schwimmblase
des Fisches funktioniert haben. Und weiter: Die Kiemen gestalten
sich um zu den Gehörknöchelchen, wenigstens zum Teil, so
daß Sie in dem menschlichen Gehörorgan zum Beispiel umgeänderte
Kiemen haben. Jetzt können Sie sehen, es ist etwa so, wie wenn die
Schwimmblase des Fisches umgestülpt worden wäre gerade über die
Kiemen. Daher haben Sie beim Menschen das Trommelfell draußen,
die Gehörorgane drinnen. Das, was ganz draußen ist beim Fisch, die
merkwürdigen Längslinien, durch die der Fisch sich orientiert, bilden
beim Menschen die drei halbzirkelförmigen Kanäle, durch die der
Mensch sich im Gleichgewicht erhält. Wenn Sie diese drei halbzirkelförmigen
Kanäle zerstörten, würde der Mensch taumelig werden und
könnte sich nicht mehr im Gleichgewicht halten.
 
So haben Sie nicht einen einfachen Prozeß aus der Naturgeschichte,
sondern Sie haben eine merkwürdige astralische Arbeit, wo geradezu
die Dinge fortwährend umgestülpt werden. Denken Sie sich: diese
Hand hätten Sie mit einem Handschuh bedeckt, drinnen im Innern
hätten Sie aber Gebilde, welche elastisch sind. Wenn Sie ihn jetzt
umkehren, ihn umstülpen, wird er ein ganz kleines Gebilde sein; da
werden die Organe, die außen waren, klein und winzig werden, und
die Organe, die innen waren, werden eine weite Fläche bilden. Erst
dadurch verstehen wir die Entwickelung, wenn wir wissen, daß in
der geheimnisvollsten Weise innerhalb des Astralischen eine solche
Umstülpung stattfindet, und wie von da heraus der Fortgang des
Physischen zustande kommt." {{Lit|{{G|107|40f}}}}
</div>
 
{{GZ|Denn diese menschliche Organisation beruht eben einfach
darauf, daß gewisse Prozesse, die in der ganzen Natur peripherisch
zerstreut sind, zentral verinnerlicht werden. Statt vieler Dinge, die
in unserer Physiologie breitgetreten werden, sollte man gerade
andere Dinge ins Auge fassen. Sie werden zwar ins Auge gefaßt,
aber es wird ihnen nicht jene große Bedeutung beigelegt, die sie
haben. So zum Beispiel können Sie ja wiederum ganz makroskopisch,
ich möchte sagen, trivial verfolgen, wie die Körperhaut über
den Körper ausgebreitet ist, wie sie sich aber dann überall einstülpt
und in ihren Fortsetzungen die nach innen gelegenen Teile auskleidet.
Das ist etwas, was von einer außerordentlich großen Bedeutung ist,
diese Umkehr der Funktionen, wie sie zum Beispiel eintritt von den
Wangen, von den äußeren Teilen des Gesichtes durch die Umkehrung
über die Lippen nach innen. Da hat man ja in der Tat am
äußeren Menschen noch die Rudimente desjenigen vor sich, was man
nur einmal richtig verfolgen sollte in der [[Embryologie]], wo auch
alles auf Einsackungen und Umstülpungen eigentlich beruht. Und
gerade durch die Verfolgung solcher Dinge, indem man einfach
die Verschiedenheit der Reaktion studieren würde, wenn man, sagen
wir, Ameisensäure außen auf die Haut verwendet und innen auf
die Schleimhäute - wenn man die feine Verschiedenheit, die da
auftritt, ins Auge fassen würde, würde das ungeheuer ausschlaggebend
sein. Denn das Ganze, was ich Ihnen hier angegeben habe,
ist im Grunde genommen nur das Ausführliche für dasjenige, was
elementar auf diese Weise auftritt, wie ich es jetzt zuletzt charakterisiert
habe. Dann, wenn man solche Studien macht, wird einem
entgegentreten die ganze Verschiedenheit des nach außen einfach
sich auch ätherisch Umstülpenden der menschlichen Organisation
und des nach innen Zentralwerdens der menschlichen Organisation,
was polarische Gegensätze sind.|312|274f}}
 
== Die Umstülpung als Durchgang durch die vierte Dimension ==
 
Ein dreidimensionaler Körper kann erst nach Durchgang durch eine [[vierte Dimension]] mit seinem spiegelbildlichen Gegenstück zur Deckung gebracht werden. So lässt sich etwa ein linker Handschuh mit einem rechten zur Deckung bringen - das entspricht aber genau einer Umstülpung des linken Handschuhs in den rechten. Das Prinzip lässt sich leicht analog mit zweidimensionalen ebenen spiegelsymmetrischen Figuren veranschaulichen, die nach dem Durchgang durch die dritte Dimension ineinander übergeführt werden:
 
<div style="margin-left:20px">
"Ich kann den roten und den blauen Teil
[innerhalb der Ebene] nicht zur Deckung bringen, auf welche
Weise auch immer ich das Rote in das Blaue hineinzuschieben
versuche.
 
[[Datei:GA_324a_Figur11.gif|center|300px|Figur 11]]
 
Aber es gibt ein Mittel [dies trotzdem zu erreichen]: Wenn man
aus der Tafel, das heißt aus der zweiten Dimension heraustritt
[und die dritte Dimension zu Hilfe nimmt, mit anderen Worten,
wenn man] die blaue Figur auf die rote legt [indem man sie durch
den Raum um die Spiegelachse dreht].
 
Genauso verhält es sich mit einem Paar Handschuhen: Ich kann
den einen mit dem anderen nicht zur Deckung bringen, ohne daß
ich aus dem [dreidimensionalen] Raum heraustrete. Man muß
durch die vierte Dimension gehen." {{Lit|{{G|324a|25f}}}}
</div>
 
== Punkt und Umkreis ==
 
Sehr hilfreich zum lebendigen Erfassen der Umstülpung sind [[Meditation]]en zu Punkt und Umkreis:
 
<div style="margin-left:20px">
"Man muß begreifen lernen den Unterschied zwischen Punkt und
Sphäre. [In der Wirklichkeit] wäre dieser Punkt nicht passiv, sondern
ein nach allen Seiten Licht ausstrahlender Punkt (Figur 13).
 
[[Datei:GA_324a_Figur13.gif|center|200px]]
 
Welches wäre nun das Gegenteil eines solchen Punktes? Genauso
wie es einen Gegensatz zu einer Linie gibt, die von links
nach rechts geht, nämlich eine Linie, die von rechts nach links
geht, so gibt es auch einen Gegensatz zum [Licht ausstrahlenden]
Punkt. Wir stellen uns eine riesige, in Wirklichkeit unendlich große,
Kugel vor, die von allen Seiten, aber jetzt nach innen, Dunkelheit
verbreitet, Dunkelheit hereinschickt (Figur 14). Diese Kugel
ist das Gegenteil des [Licht ausstrahlenden] Punktes.
 
[[Datei:GA_324a_Figur14.gif|center|300px]]
 
Das sind zwei wirkliche Gegensätze: Der Licht ausstrahlende
Punkt und der unendliche Raum, der nicht ein neutrales dunkles
Gebilde ist, sondern der von allen Seiten her den Raum mit Dunkelheit
überflutet. [Als Gegensatz ergibt sich so] eine Quelle der
Dunkelheit und eine Quelle des Lichts. Wir wissen, daß eine gerade
Linie, die sich in die Unendlichkeit verliert, von der anderen
Seite nach demselben Punkt zurückkehrt. Ebenso ist es bei einem
Punkte, der nach allen Seiten Licht ausstrahlt. Dieses Licht kommt
[aus der Unendlichkeit] als sein Gegenteil, als Dunkelheit zurück.
Nun betrachten wir den umgekehrten Fall. Nehmen Sie den
Punkt als Quelle der Dunkelheit. Als Gegensatz ergibt sich ein
Raum, der von allen Seiten Helle hereinstrahlt.
So wie dies neulich [im vorangehenden Vortrag] durchgenommen
wurde, so verhält es sich mit dem Punkt; er verliert sich nicht
[in der Unendlichkeit, er kommt von der anderen Seite wieder
zurück] (Figur 15).
 
[[Datei:GA_324a_Figur15.gif|center|450px]]
 
[Ganz entsprechend verliert sich ein Punkt, wenn er sich ausdehnt
oder hinausstrahlt, nicht im Unendlichen; er kommt als
Sphäre aus dem Unendlichen zurück.] Die Sphäre, das Kugelförmige,
ist das Gegenteil des Punktes. Im Punkte lebt der Raum.
Der Punkt ist das Gegenteil des Raumes." {{Lit|{{G|324a|30f}}}}
</div>
 
== Literatur ==
 
#Rudolf Steiner: ''Anthroposophie, ihre Erkenntniswurzeln und Lebensfrüchte'', [[GA 78]] (1986), ISBN 3-7274-0780-8 {{Vorträge|078}}
#Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaftliche Menschenkunde'', [[GA 107]] (1988), ISBN 3-7274-1070-1 {{Vorträge|107}}
#Rudolf Steiner: ''Das Geheimnis der Trinität'', [[GA 214]] (1999), ISBN 3-7274-2140-1 {{Vorträge|214}}
#Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaft und Medizin'', [[GA 312]] (1999), ISBN 3-7274-3120-2 {{Vorträge|312}}
#Rudolf Steiner: ''Die vierte Dimension'', [[GA 324a]] (1995), ISBN 3-7274-3245-4 {{Vorträge|324a}}
 
{{GA}}
 
[[Kategorie:Goetheanismus]][[Kategorie:Wissenschaft]][[Kategorie:Phänomenologie]] [[Kategorie:Geometrie]] [[Kategorie:Äther]]

Version vom 4. Juni 2009, 21:27 Uhr

Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)

Johann Wolfgang Goethe, ausgewählte Werke