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'''Christian Freiherr von Ehrenfels''' (''Maria Christian Julius Leopold Freiherr von Ehrenfels''; * [[20. Juni]] [[1859]] in [[w:Rodaun|Rodaun]] bei [[Wien]]; † [[8. September]] [[1932]] in [[w:Lichtenau im Waldviertel|Lichtenau im Waldviertel]]), österreichischer Philosoph, gilt als einer der Vordenker und Vorläufer der [[Gestaltpsychologie]] bzw. der [[Gestalttheorie]], insbesondere durch seine Arbeit ''Über Gestaltqualitäten'' (1890).
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== Leben ==
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Christian von Ehrenfels, in [[w:Rodaun|Rodaun]] bei Wien geboren, wuchs auf dem Schloss seines Vaters in [[w:Brunn am Walde|Brunn am Walde]] in Niederösterreich auf. Er besuchte die Realschule in Krems und studierte zunächst an der [[w:Hochschule für Bodenkultur|Hochschule für Bodenkultur]] in Wien und wechselte dann zur [[w:Universität Wien|Universität Wien]].
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Dort studierte er Philosophie bei [[Franz Brentano]] und [[Alexius Meinong]], promovierte bei Meinong nach dessen Wechsel an die [[w:Karl-Franzens-Universität|Karl-Franzens-Universität]] (Graz) 1885 mit dem Thema ''Größenrelationen und Zahlen. Eine psychologische Studie''. Er habilitierte sich 1888 in Wien für Philosophie mit der Schrift ''Über Fühlen und Wollen''. Von 1896 bis 1929 war er Professor für Philosophie an der deutschen [[w:Karl-Ferdinands-Universität|Karl-Ferdinands-Universität]] in Prag und wurde dort unter anderem von [[w:Max Brod|Max Brod]], [[w:Franz Kafka|Franz Kafka]] und [[w:Felix Weltsch|Felix Weltsch]] gehört.
 
Seine Tochter war die Schriftstellerin [[w:Imma von Bodmershof|Imma von Bodmershof]]. Sein Sohn [[w:Omar Rolf von Ehrenfels|Rolf]] (1901–1980), Professor der Anthropologie, trat 1927 unter dem Namen Omar zum Islam über. Omars Frau, [[w:Elfriede Ehrenfels|Elfriede Ehrenfels]], veröffentlichte als Schriftstellerin, unter dem Pseudonym „[[w:Kurban Said|Kurban Said]]“, einige Bücher zusammen mit dem Konvertiten [[w:Essad Bey|Essad Bey]].
 
== Intellektuelle Beiträge ==
Er prägte die Definition, nach der eine „[[Gestalt]]“ ein Ganzes sei, das über die Eigenschaften der [[Übersummativität]] und der Transponierbarkeit verfüge. Berühmt geworden ist sein Beispiel der Melodie und ihrer Übertragung in eine andere Tonart. Ehrenfels sagt hier, dass eine Melodie zwar aus einzelnen Tönen bestehe, aber doch wesentlich mehr sei, als nur die Summe dieser Töne. Die einzelnen Töne könnten sich zu völlig verschiedenen Melodien zusammenfügen, während die Melodie auch dann die gleiche bliebe, wenn sie in eine andere Tonart versetzt wird und daher andere Einzeltöne enthält. Dieses Neue, die [[Ganzheit]]lichkeit, die einem Wahrnehmungsganzen gegenüber seinen Teilen zukomme, nannte Ehrenfels ''Gestaltqualitäten''.
 
Von Ehrenfels vertrat in zahlreichen kulturwissenschaftlichen und sexualpolitischen Schriften die Auffassung von der kulturellen Schädlichkeit der [[w:Monogamie|Monogamie]] und die Utopie einer [[w:Polygynie|polygynen]] Gesellschaftsordnung. Er war der Auffassung, die Monogamie behindere die [[Darwinismus|darwinistische]] Reproduktionslogik und die Zeugungsauslese, was sich kulturbiologisch verheerend auf Gesellschaften auswirke und deshalb bekämpft werden müsse. Damit setzte Ehrenfels (dessen Ehefrau Emma mit [[w:Houston Stewart Chamberlain|Houston Stewart Chamberlain]] befreundet war, der sich wie er mit Rassentheorien befasste) sich einer massiven Kritik aus, da er mit seiner Theorie den Normen seiner Zeit fast Unvorstellbares entgegensetzte.
 
== Werke ==
=== Dichtung ===
* 1876 – ''Hadmar von Kuering'' (Trauerspiel)
* 1876 – ''Brutus'' (Trauerspiel)
* 1876 – ''Richard Löwenherz'' (Trauerspiel)
* 1885 – ''Die Brüder von Hartenstein'' (Drama), Graz 1885
* 1890 – ''Der Kampf des Prometheus'' (Libretto)
 
=== Sachschriften ===
* 1884 – ''[https://resolver.obvsg.at/urn:nbn:at:at-ubg:2-2697 Grössenrelation und Zahlen, eine psychologische Studie].'' Dissertation, Universität Graz, 1884 (handschriftlich)
* 1886 – ''Metaphysische Ausführungen im Anschlusse an Emil du Bois-Reymond''.
* 1888 – ''Über Fühlen und Wollen: Eine psychologische Studie''. Carl Gerold & Sohn, Wien 1888.
* 1890 – ''Über Gestaltqualitäten''. In: Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, '''14''' (1890), S. 249–292 ([https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k94141n/f254.image Digitalisat]).
* 1893 – ''Werttheorie und Ethik''. In: Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, '''17''' (1893), S. 26–110, 200–266, 321–363, 413–425; '''18''' (1894), S. 22–97
* 1897 – ''System der Werttheorie''. 2 Bände. O. Reisland, Leipzig 1897, 1898
* 1904 – ''Sexuales, Ober- und Unterbewusstsein''. In: Politisch-Anthropologische Revue, '''2''' (1903-4), S. 456–476
* 1904 – ''Die sexuale Reform''. In: Politisch-Anthropologische Revue, '''2''' (1903-4), S. 970–994
* 1907 – ''Sexualethik''. Wiesbaden: J. F. Bergmann, 1907
* 1911 – ''Leitziele zur Rassenbewertung''. In: [[w:Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie|Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie]], '''8''' (1911), S. 59–71
* 1913 – ''Richard Wagner und seine Apostaten''. Ein Beitrag zur Jahrhundertfeier. H. Heller, Wien/Leipzig 1913
* 1916 – ''Kosmogonie''. Diederichs, Jena 1916
* 1922 – ''Das Primzahlengesetz, entwickelt und dargestellt auf Grund der Gestalttheorie''. Reisland, Leipzig 1922
* 1930 – ''Sexualmoral der Zukunft''. In: Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie, '''22''' (1930), S. 292–304
 
* ''Philosophische Schriften'' in 4 Bänden, hg. von Reinhard Fabian. Philosophia-Verlag 1. Werttheorie, München/Wien 1982; 2. Ästhetik. 1986; 3. Psychologie, Ethik, Erkenntnistheorie. 1988; 4. Metaphysik. 1990
 
== Sekundärliteratur ==
* [[w:Reinhard Fabian|Reinhard Fabian]]: ''Christian von Ehrenfels: Leben und Werk.'' Editions Rodopi, Amsterdam 1986,  ISBN 978-90-6203-856-5
* {{NDB|4|352|353|Ehrenfels, Christian Freiherr von|[[Richard Meister]]|118529277}}
* {{ÖBL|1|226|227|Ehrenfels Christian Frh. von|}}
* [[w:Petra Gehring|Petra Gehring]]: ''Viriler Faktor. Die Sexualwissenschaft des Christian von Ehrenfels.'' In: ''Zeitschrift für Ideengeschichte.'' III/2 (2009), S. 40–51
* [[w:Volkmar Sigusch|Volkmar Sigusch]]: ''Geschichte der Sexualwissenschaft'' – Frankfurt/M., New York: Campus 2008, S. 327–343 – ISBN 978-3-593-38575-4
* [[w:Volkmar Sigusch|Volkmar Sigusch]] und [[w:Günter Grau|Günter Grau]] (Hrsg.): ''Personenlexikon der Sexualforschung.'' Frankfurt/M., New York: Campus 2009, S. 119–125, ISBN 978-3-593-39049-9
* Gerd-Hermann Susen: Über die Freundschaft. Der Briefwechsel zwischen [[w:Carl Hauptmann|Carl Hauptmann]] und Christian von Ehrenfels. In: Euphorion, 110. Band. 4/2016, S. 467–495
 
== Siehe auch ==
* [[w:Brentanoschule|Brentanoschule]]
* [[w:Grazer Schule|Grazer Schule]]
* [[w:Berliner Schule (Psychologie)|Berliner Schule]]
 
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|118529277}}
* {{DDB|Person|118529277}}
* [http://www.austrian-philosophy.at/ehrenfels_kurzbiographie.html Ehrenfels-Kurzbiografie]
* {{Austriaforum|Wissenssammlungen/Briefmarken/1984/Christian_von_Ehrenfels|125. Geburtstag des Freiherrn Christian von Ehrenfels}}
 
<!--
== Einzelnachweise ==
<references />
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{{SORTIERUNG:Ehrenfels, Christian Von}}
[[Kategorie:Gestaltpsychologe]]
[[Kategorie:Philosoph (19. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Philosoph (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Hochschullehrer]]
[[[Kategorie:Österreicher]]
[[Kategorie:Geboren 1859]]
[[Kategorie:Gestorben 1932]]
[[Kategorie:Mann]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 16. März 2019, 08:16 Uhr

Christian Freiherr von Ehrenfels (Maria Christian Julius Leopold Freiherr von Ehrenfels; * 20. Juni 1859 in Rodaun bei Wien; † 8. September 1932 in Lichtenau im Waldviertel), österreichischer Philosoph, gilt als einer der Vordenker und Vorläufer der Gestaltpsychologie bzw. der Gestalttheorie, insbesondere durch seine Arbeit Über Gestaltqualitäten (1890).

Leben

Christian von Ehrenfels, in Rodaun bei Wien geboren, wuchs auf dem Schloss seines Vaters in Brunn am Walde in Niederösterreich auf. Er besuchte die Realschule in Krems und studierte zunächst an der Hochschule für Bodenkultur in Wien und wechselte dann zur Universität Wien.

Dort studierte er Philosophie bei Franz Brentano und Alexius Meinong, promovierte bei Meinong nach dessen Wechsel an die Karl-Franzens-Universität (Graz) 1885 mit dem Thema Größenrelationen und Zahlen. Eine psychologische Studie. Er habilitierte sich 1888 in Wien für Philosophie mit der Schrift Über Fühlen und Wollen. Von 1896 bis 1929 war er Professor für Philosophie an der deutschen Karl-Ferdinands-Universität in Prag und wurde dort unter anderem von Max Brod, Franz Kafka und Felix Weltsch gehört.

Seine Tochter war die Schriftstellerin Imma von Bodmershof. Sein Sohn Rolf (1901–1980), Professor der Anthropologie, trat 1927 unter dem Namen Omar zum Islam über. Omars Frau, Elfriede Ehrenfels, veröffentlichte als Schriftstellerin, unter dem Pseudonym „Kurban Said“, einige Bücher zusammen mit dem Konvertiten Essad Bey.

Intellektuelle Beiträge

Er prägte die Definition, nach der eine „Gestalt“ ein Ganzes sei, das über die Eigenschaften der Übersummativität und der Transponierbarkeit verfüge. Berühmt geworden ist sein Beispiel der Melodie und ihrer Übertragung in eine andere Tonart. Ehrenfels sagt hier, dass eine Melodie zwar aus einzelnen Tönen bestehe, aber doch wesentlich mehr sei, als nur die Summe dieser Töne. Die einzelnen Töne könnten sich zu völlig verschiedenen Melodien zusammenfügen, während die Melodie auch dann die gleiche bliebe, wenn sie in eine andere Tonart versetzt wird und daher andere Einzeltöne enthält. Dieses Neue, die Ganzheitlichkeit, die einem Wahrnehmungsganzen gegenüber seinen Teilen zukomme, nannte Ehrenfels Gestaltqualitäten.

Von Ehrenfels vertrat in zahlreichen kulturwissenschaftlichen und sexualpolitischen Schriften die Auffassung von der kulturellen Schädlichkeit der Monogamie und die Utopie einer polygynen Gesellschaftsordnung. Er war der Auffassung, die Monogamie behindere die darwinistische Reproduktionslogik und die Zeugungsauslese, was sich kulturbiologisch verheerend auf Gesellschaften auswirke und deshalb bekämpft werden müsse. Damit setzte Ehrenfels (dessen Ehefrau Emma mit Houston Stewart Chamberlain befreundet war, der sich wie er mit Rassentheorien befasste) sich einer massiven Kritik aus, da er mit seiner Theorie den Normen seiner Zeit fast Unvorstellbares entgegensetzte.

Werke

Dichtung

  • 1876 – Hadmar von Kuering (Trauerspiel)
  • 1876 – Brutus (Trauerspiel)
  • 1876 – Richard Löwenherz (Trauerspiel)
  • 1885 – Die Brüder von Hartenstein (Drama), Graz 1885
  • 1890 – Der Kampf des Prometheus (Libretto)

Sachschriften

  • 1884 – Grössenrelation und Zahlen, eine psychologische Studie. Dissertation, Universität Graz, 1884 (handschriftlich)
  • 1886 – Metaphysische Ausführungen im Anschlusse an Emil du Bois-Reymond.
  • 1888 – Über Fühlen und Wollen: Eine psychologische Studie. Carl Gerold & Sohn, Wien 1888.
  • 1890 – Über Gestaltqualitäten. In: Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, 14 (1890), S. 249–292 (Digitalisat).
  • 1893 – Werttheorie und Ethik. In: Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, 17 (1893), S. 26–110, 200–266, 321–363, 413–425; 18 (1894), S. 22–97
  • 1897 – System der Werttheorie. 2 Bände. O. Reisland, Leipzig 1897, 1898
  • 1904 – Sexuales, Ober- und Unterbewusstsein. In: Politisch-Anthropologische Revue, 2 (1903-4), S. 456–476
  • 1904 – Die sexuale Reform. In: Politisch-Anthropologische Revue, 2 (1903-4), S. 970–994
  • 1907 – Sexualethik. Wiesbaden: J. F. Bergmann, 1907
  • 1911 – Leitziele zur Rassenbewertung. In: Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie, 8 (1911), S. 59–71
  • 1913 – Richard Wagner und seine Apostaten. Ein Beitrag zur Jahrhundertfeier. H. Heller, Wien/Leipzig 1913
  • 1916 – Kosmogonie. Diederichs, Jena 1916
  • 1922 – Das Primzahlengesetz, entwickelt und dargestellt auf Grund der Gestalttheorie. Reisland, Leipzig 1922
  • 1930 – Sexualmoral der Zukunft. In: Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie, 22 (1930), S. 292–304
  • Philosophische Schriften in 4 Bänden, hg. von Reinhard Fabian. Philosophia-Verlag 1. Werttheorie, München/Wien 1982; 2. Ästhetik. 1986; 3. Psychologie, Ethik, Erkenntnistheorie. 1988; 4. Metaphysik. 1990

Sekundärliteratur

Siehe auch

Weblinks


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