Christian Rosenkreutz und Kunst: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Christian_Rosencreutz.jpg|thumb|200px|Christian Rosencreutz]]
Die '''Kunst''' (von [[Wikipedia:althochdeutsch|althochdeutsch]] ''kunst'' = "können", "das, was man beherrscht; Kenntnis, Wissen, Meisterschaft") umfasst nach [[anthroposophisch]]er Deutung im weitesten Sinn alle Produkte und Tätigkeiten, die dem [[schöpferisch]]en ''Können'', entspringen, durch das der '''Künstler''' das, was ihm von der [[Natur]] an Dingen und Fähigkeiten gegeben ist, durch seinen [[kreativ]]en [[Wille]]n so verwandelt, erweitert und erhöht, dass dadurch das [[Sinnlich]]e bereits ''als'' ein [[Geist]]iges ''[[Erscheinung|erscheint]]''.  
'''Christian Rosenkreutz''', auch '''Christianus Rosencreutz''' oder '''Christian Rosenkreuz''' (* [[Wikipedia:1378|1378]]; [[Wikipedia:1484|1484]]<ref name=Daten>In der [[Confessio Fraternitatis]] werden zum ersten Mal die Geburts- und Sterbedaten des Christian Rosenkreutz (C.R.) (1378–1484) jener Inkarnation erwähnt, in der er die Initiation erhielt, durch die er zum Begründer der [[Rosenkreuzer]]-Bewegung werden konnte. In diesem Erdenleben erreichte Christian Rosenkreutz das beachtliche Alter von 106 Jahren.</ref>) ist nach [[Rudolf Steiner]] einer der höchsten christlichen [[Eingeweihter|Eingeweihten]] und Begründer des [[Rosenkreuzer Schulungsweg|Einweihungswegs der Rosenkreuzer]], der für das gegenwärtige [[Bewusstseinsseelen-Zeitalter]], und damit auch für die [[Anthroposophie]], von grundlegender Bedeutung ist.


== Christian Rosenkreutz und die Schriften des [[Johann Valentin Andreae]] ==
== Goethe als Vater einer neuen Ästhetik ==
[[Bild:Christian_Rosenkreutz.jpg|thumb|left|Christian Rosenkreutz]]
Öffentlich genannt wurde der Name ''Christian Rosenkreutz'' erstmals in drei zunächst handschriftlich verbreiteten und dann anonym erschienenen Werken, nämlich der 1614 in [[Wikipedia:Kassel|Kassel]] verlegten [[Fama Fraternitatis]] (''Allgemeine und General Reformation, der gantzen weiten Welt. Beneben der Fama Fraternitatis, deß Löblichen Ordens des Rosencreutzes, an alle Gelehrte und Häupter Europae''), der 1615 erschienenen [[Confessio Fraternitatis]] (''Confession oder Bekandnuß der Societet und Brüderschaft R. C. An die Gelehrten Europae'') und in der 1616 bei Lazare Zetzner in [[Wikipedia:Straßburg|Straßburg]] unter dem Titel [[Chymische Hochzeit des Christiani Rosencreutz Anno 1459]] veröffentlichten Schrift, die den Einweihungsweg des Christian Rosenkreutz in Form eines alchemistischen Romans schildert. Frühere handschriftliche Fassungen der ''Chymischen Hochzeit'' wurden möglicherweise schon ab etwa [[1604]] verbreitet. In diesem Jahr wurde nach dem Bericht der Fama die Grabstätte von Christian Rosenkreutz wiederentdeckt und zugleich erfüllte sich laut [[Rudolf Steiner]] auch die durch Christian Rosenkreutz initiierte [[Mission des Buddha auf dem Mars]].


{{GZ|Die äußere Welt ist immer wieder hingewiesen worden
Dass das Sinnliche bereits als ein Geistiges erscheint, hat Rudolf Steiner schon 1888 als den wesentlichen Charakterzug von [[Goethe]]s künstlerischem Schaffen beschrieben in seinem Vortrag „Goethe als Vater einer neuen Ästhetik“. Steiner hatte damit als Erster in philosophischer Sprache das ästhetische Prinzip formuliert, das unausgesprochen Goethes Schaffen zu Grunde lag und zugleich weit über diesen hinaus in die Zukunft weist. Gemäß dieses Prinzips ist [[das Schöne]] ''nicht'' die Erscheinung eines Ideellen, d.h. eines [[abstrakt]] Geistigen, im sinnlichen Kleide, wie noch die [[Wikipedia:Deutscher Idealismus|deutschen Idealisten]] meinten, sondern es  entsteht vielmehr umgekehrt aus einer solchen Umgestaltung und Erhöhung des Sinnlich-Tatsächlichen, dass dieses selbst, so wie es uns vor Augen steht, bereits als ein Ideelles, als ein konkret Geistiges erscheint. Die Kunst ist damit weder ein bloßer sinnlicher Abglanz des [[Geist]]igen, noch kann sie sich in der reinen ''Nachahmung'' der Natur erschöpfen. Sehr deutlich spricht Steiner in seinem [[Mysteriendrama]] "[[Die Pforte der Einweihung]]" aus,
auf das Rosenkreuzertum durch die beiden Schriften, die
vom Anfange des siebzehnten Jahrhunderts stammen. Im
Jahre 1614 erschien die sogenannte «Fama Fraternitatis»
und ein Jahr später die sogenannte «Confessio» - zwei Bücher,
über die von gelehrter Seite viel gestritten worden ist.
Und zwar nicht nur darüber, worüber bei so vielen Büchern
sonst gestritten wird, ob jener Valentin Andreae, der in
seinen späteren Lebensjahren ein ganz normaler Superintendent
war, auch wirklich das Buch verfaßt hat -, sondern bei diesen Büchern ist auch darüber gestritten worden,
ob sie von den Verfassern ernst genommen worden sind,
oder ob sie nur ein Spott darüber sein sollten, daß es eine
gewisse geheimnisvolle Brüderschaft des Rosenkreuzes gäbe,
welche diese und jene Tendenzen und Ziele habe. Dann gibt
es im Gefolge dieser Schriften eine ganze Reihe anderer, die
allerlei aus dem Bereiche des Rosenkreuzertums mitteilen.
Wenn Sie die Schriften von Valentin Andreae und auch andere
rosenkreuzerische Schriften in die Hand nehmen, dann
werden Sie, wenn Sie die eigentliche Grundlage des Rosenkreuzertums
nicht kennen, in diesen Schriften nichts besonderes
finden. Denn es ist überhaupt bis in unsere Zeit hinein
nicht möglich gewesen, auch nur das Elementarste aus dem
Bereiche dieser Geistesströmung, die seit dem vierzehnten
Jahrhundert wirklich existiert hat und auch heute noch
existiert, kennenzulernen. Alles, was in die Literatur übergegangen
ist, was geschrieben und gedruckt worden ist, sind
einzelne Bruchstücke, einzelne verlorene, durch Verrat an
die Öffentlichkeit gekommene Dinge, die ungenau und in
vielfacher Weise durch Charlatanerie, Schwindel, Unverstand
und Dummheit verkehrt worden sind. Die wahre,
echte Rosenkreuzerei ist, seitdem sie besteht, stets nur Gegenstand
mündlicher Mitteilung an solche gewesen, welche
sich eidlich zur Geheimhaltung verpflichten mußten. Daher
ist auch nichts Erhebliches in die öffentliche Literatur übergegangen.
Erst dann, wenn man dasjenige kennt, was heute
- aus gewissen Gründen, die zu erläutern jetzt zu weit führen
würde - in der elementaren Rosenkreuzerei öffentlich
mitgeteilt werden kann und wovon wir heute werden sprechen
können, kann man in den oftmals grotesken, oft bloß
komischen, oft aber auch schwindelhaften und selten stimmenden
Mitteilungen der Literatur einigen Sinn finden.|55|176f}}


Alle drei Werke werden [[Johann Valentin Andreae]] (1586-1654) und seinem [[Wikipedia:Tübingen|Tübinger]] Freundeskreis zugeschrieben. Bezüglich der geistigen Urheberschaft dieser Werke sagt [[Rudolf Steiner]]:
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"... daß es widersinnig ist,
{{GZ|Aber kein Mensch, der die Biographie des Valentin Andrea kennt, wird im Zweifel darüber sein, daß der Valentin Andrea, der später ein philiströser Pastor geworden ist und salbungsvolle andere Bücher schrieb, nicht die «Chymische Hochzeit» geschrieben hat. Es ist ein bloßer Unsinn, zu glauben, daß der Valentin Andrea die «Chymische Hochzeit» geschrieben hat. Denn vergleichen Sie nur einmal die «Chymische Hochzeit» oder die «Reformation der ganzen Welt» oder die anderen Schriften von Valentinus Andrea - physisch war es schon dieselbe Persönlichkeit - mit dem schmalzig Salbungsvollen, Fettig-Öligen, was der Pastor Valentin Andrea, der nur denselben Namen trägt, in seinem späteren Leben dann geschrieben hat. Das ist doch ein höchst merkwürdiges Phänomen! Wir haben einen jungen Menschen, der überhaupt noch kaum erst die Schulzeit vollendet hat, der schreibt solche Dinge nieder wie die «Reformation der ganzen Welt», wie die «Chymische Hochzeit Christiani Rosencreutz», und wir müssen uns anstrengen, den inneren Sinn dieser Schriften zu ergründen. Er selber versteht gar nichts davon, denn das zeigt er später: er wird ein salbungsvoller öliger Pastor. Das ist derselbe Mensch! Und man braucht nur dieses Faktum zu nehmen, so muß man plausibel finden, was ich dazumal dargestellt habe: daß eben die «Chymische Hochzeit» nicht von einem Menschen geschrieben ist, oder nur insofern von einem Menschen geschrieben ist, nun ja - wie der stets angsterfüllte geheime Sekretär von Napoleon seine Briefe geschrieben hat. Aber Napoleon war immerhin ein Mensch, der stark mit seinen Füßen, mit seinen Beinen auf dem Boden stand, war eben eine physische Persönlichkeit. Derjenige, der die «Chymische Hochzeit» geschrieben hat, war nicht eine physische Persönlichkeit, und er hat sich dieses «Sekretärs» bedient, der eben dann später der ölige Pastor Valentin Andrea geworden ist.|232|143}}
durch die menschlichen Seelenkräfte das noch einmal
 
zu bilden, was höhere Mächte als das wahrste
Im Gegensatz zu [[Rudolf Steiner]] vertritt [[Gerhard Wehr]] die These, bei Christian Rosenkreuz handele es sich nicht um eine historische Persönlichkeit, sondern um eine Erfindung durch Johann Valentin Andreae. (Lit.: Gerhard Wehr, Christian Rosenkreuz, S. 24).
Kunstwerk vor uns ausbreiten. Doch haben dieselben
Diese These verliert aber ihre Wirkkraft anhand der ausführlichen  Schilderungen durch Rudolf Steiner (in [[GA 130]]), die eindeutig von einer historischen Person, die auch geschichtlich unter dem Namen ''Christian Rosenkreutz'' auftrat, berichten.
Mächte dem Menschen ein Streben in die
 
Seele gelegt, an dem Schöpfungswerke gewissermaßen
== Die Inkarnation des Christian Rosenkreutz im 13. Jahrhundert ==
fortzuarbeiten, um das der Welt zu geben,
 
was diese Mächte noch nicht selbst vor die Sinne
=== [[Flor und Blancheflor]] ===
hinstellen. In allem, was der Mensch schaffen
 
kann, haben die schöpferischen Mächte die Natur
{{Hauptartikel|Flor und Blancheflor}}
unvollendet gelassen. Warum sollte er ihre Vollkommenheit
 
in unvollkommener Gestalt nachbilden,
Die [[Initiation]] des Christian Rosenkreutz, die ihn im Jahre [[1459]] zur [[Chymische Hochzeit|Chymischen Hochzeit]] führte, wurde durch eine [[Einweihung]] in einer früheren [[Inkarnation]] im [[Wikipedia:13. Jahrhundert|13. Jahrhundert]] vorbereitet. Sie fällt in die Zeit um das Jahr [[1250]], das eine derartige geistige Finsternis über die Menschheit fiel, dass selbst hohen [[Eingeweihte]]n für eine kurze Weile der unmittelbare Einblick in die [[Geistige Welt|geistige Welt]] verwehrt war. Diese geistige Finsternis war aber nötig, um den [[Intellekt]] vorzubereiten, der in unserem gegenwärtigen [[Bewusstseinsseelen-Zeitalter]] voll ausgebildet werden soll. In dieser Inkarnation wurde Christian Rosenkreutz erstmals, zwar nicht öffentlich, aber [[esoterisch]] mit diesem Namen bezeichnet. Es hatte sich in ihm jene [[Seele]] des [[Flos]] oder [[Flor]] wiederverkörpert, von dem in der Sage von [[Flor und Blancheflor]] (''Rose'' und ''Lilie'') gesprochen wird, die um 1230 von [[Konrad Fleck]] in Gedichtform gebracht worden war:
da er doch ihre Unvollkommenheit in Vollkommenheit
 
wandeln kann." {{Lit|{{G|014|126}}}}
{{GZ|In den Eingeweihtenkreisen sagte man: Dieselbe Seele, die in Flos oder Flor war und die besungen wird in dem Liede, ist wiederverkörpert erschienen im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert zur Begründung einer neuen Mysterienschule, welche in einer neuen, der Neuzeit entsprechenden Weise das Christus-Geheimnis zu pflegen hat, in dem Begründer des Rosenkreuzertums.|57|422f}}
</div>
 
Flor und Blanchflor waren die Bewahrer des esoterischen Christentums und sollen der genannten Sage nach die Großeltern mütterlicherseits [[Wikipedia:Karl der Große|Karls des Großen]] gewesen sein:


{{GZ|Flor und Blancheflor sind Seelen, in Menschen verleiblicht, die schon einmal gelebt haben. Die Sage bringt sie zusammen mit den Großeltern Karls des Großen. In Karl dem Großen aber sahen die, welche mit den Sagen sich intimer beschäftigten, die Gestalt, die in gewisser Weise in Beziehung gebracht hat das innere esoterische mit dem exoterischen Christentum. Das ist in der Kaiserkrönung ausgedrückt. Geht man zu seinen Großeltern zurück, zu Flor und Blancheflor, so lebten in ihnen Rose und Lilie, die rein bewahren sollten das esoterische Christentum, wie es zurückgeht auf Dionysios den Areopagiten. Nun sah man in der Rose, in Flor oder Flos das Symbolum für die menschliche Seele, die den Persönlichkeits-, den Ich-Impuls in sich aufgenommen hat, die das Geistige aus ihrer Individualität wirken läßt, die bis in das rote Blut hinein den Ich-Impuls gebracht hat. In der Lilie aber sah man das Symbolum der Seele, die nur dadurch geistig bleiben kann, daß das Ich außerhalb ihrer bleibt, nur bis an die Grenze herankommt. So sind Rose und Lilie zwei Gegensätze. Rose hat das Selbstbewußtsein ganz in sich, Lilie ganz außer sich. Aber die Vereinigung der Seele, die innerhalb ist, und der Seele, die außen als Weltengeist die Welt belebt, ist dagewesen. Flor und Blancheflor drückt aus das Finden der Weltenseele, des Welten-Ich durch die Menschenseele, das Menschen-Ich.|57|438}}
In der Natur draußen und auch im menschlichen Leben kommt das, was als Geistiges darin waltet, nur bruchstückhaft und unvollständig zur Geltung und wird durch mancherlei Zufälligkeiten des äußeren Lebens verdeckt. Die Aufgabe des Künstlers besteht darin, den Schutt der unwesentlichen Zufälligkeiten beiseite zu räumen, und das was in der Natur und im menschlichen Leben zwar veranlagt, aber nicht zu Ende geführt ist, zur vollständigen [[Erscheinung]] zu bringen.


=== Der Dreizehnte in der Mitte von zwölf Weisen ===
=== Die zwei Erbsünden des künstlerischen Schaffens ===


Die vorbereitende Einweihung des Christian Rosenkreutz im 13. Jahrhundert - wohl zur Zeit der völligen geistigen Finsternis um [[1250]] - fand nach Aussagen [[Rudolf Steiner]]s „an einem Orte in Europa, von dem noch nicht gesprochen werden darf“ statt {{Lit|{{G|130|57ff}}}}. Sie vollzog sich im Kreis eines Kollegiums 12 hoher [[Eingeweihter]], die zusammen die gesamte, seit Beginn der [[Atlantische Zeit|atlantischen Zeit]] errungene [[Weisheit]] repräsentierten. In sieben von ihnen waren die Seelen der sieben heiligen [[Rishis]] wiederverkörpert, die schon in der [[Urindische Zeit|urindischen Zeit]] die Repräsentanten des geistigen Wissen der sieben atlantischen Entwicklungsepochen gewesen waren. Weitere vier Eingeweihte standen für die Weisheit der ersten vier [[Nachatlantische Zeit|nachatlantischen Kulturepochen]]. Zu ihnen gesellte sich noch ein weiterer, der die intellektuellen Fähigkeiten schon bedeutsam ausgebildet hatte, die äußeren Wissenschaften pflegte und so das kommende [[Bewusstseinsseelen-Zeitalter]] vorbereiten sollte.
Die reine Nachahmung des Sinnlichen und die ([[Allegorie|allegorisierende]]) Darstellung des Übersinnlichen sind die beiden Erbsünden der Kunst.


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"In diesem Kollegium der Zwölf war zum Teil nur Erinnerungshellsehen und intellektuelle Weisheit vorhanden. Die sieben Nachfolger der sieben Rishis erinnerten sich ihrer alten Weisheit, die fünf andern vertraten die Weisheit der fünf nachatlantischen Kulturen. Somit vertraten die Zwölf die ganze atlantische und nachatlantische Weisheit. Der Zwölfte war ein Mensch, der im höchsten Maße die intellektuelle Weisheit seiner Zeit hatte. Er besaß verstandesmäßig das ganze Wissen seiner Zeit, während die anderen, denen direktes Geistesschauen damals auch versagt war, durch Versenken in die Erinnerungen an ihre früheren Inkarnationen ihr Wissen damals erlangten." {{Lit|{{G|130|61}}}}
"Mit Bezug auf das künstlerische
Empfinden und künstlerische Schaffen scheint es mir aber jedenfalls
notwendig, daß man von zwei Erbsünden spreche. Und zwar
scheint mir die eine Erbsünde im künstlerischen Schaffen, im künstlerischen
Genießen, die der Abbildung, der Nachahmung zu sein,
der Wiedergabe des bloß Sinnlichen. Und die andere Erbsünde
scheint mir zu sein, durch die Kunst ausdrücken, darstellen zu
wollen, offenbaren zu wollen das Übersinnliche. Dann aber wird es
sehr schwierig sein, schaffend oder empfindend an die Kunst heranzukommen,
wenn man ablehnen will sowohl das Sinnliche wie das
Übersinnliche. Dennoch scheint mir dies einem gesunden menschlichen
Empfinden zu entsprechen. Wer nur das Sinnliche in der
Kunst haben will, der wird ja kaum hinauskommen über irgendein
feineres illustratives Element, das sich zwar zur Kunst erheben
kann, das aber eine wirkliche Kunst doch eigentlich nicht geben
kann. Und es gehört schon, wie man wohl sagen kann, ein etwas
verwildertes Seelenleben dazu, wenn man sich beruhigen will bei
dem bloß illustrativen Element der Nachahmung des Sinnlichen
oder des sonst irgendwie durch die bloße Sinneswelt Gegebenen.
Aber es gehört eine Art Besessenheit durch den eigenen Verstand,
durch die eigene Vernunft dazu, wenn man verlangen wollte, daß
eine Idee, daß Rein-Geistiges künstlerisch verkörpert werde. Weltanschauungsdichtungen,
Darstellungen von Weltanschauungen durch
die Kunst entsprechen doch einem nicht ausgebildeten Geschmack,
entsprechen einer Barbarisierung des menschlichen Empfindungslebens." {{Lit|{{G|271|81f}}}}
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Christian Rosenkreutz stand, abgesondert von der übrigen Welt, als Dreizehnter in der Mitte dieser zwölf Weisen, die seine Pflege und Erziehung übernahmen und ihm alle [[Weisheit]] zuströmen ließen, die sie zu geben vermochten. In Christian Rosenkreutz lebte eine große, fromme und tief mystische Seele, die aber in dieser Inkarnation als schwächliches Kind geboren wurde, sodass die Erziehung der zwölf Weisen bis in seinen [[Physischer Leib|physischen Leib]] hineinwirken konnte.
=== Die intellektuelle Interpretation von Kunstwerken ist unkünstlerisch ===


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"Dieser Dreizehnte wurde kein Gelehrter im Sinne der damaligen Zeit. Er war eine Individualität, die inkarniert gewesen war zur Zeit des Mysteriums von Golgatha. Er hatte in darauffolgenden Inkarnationen durch ein demütiges Gemüt, durch ein inbrünstiges, gottergebenes Leben sich für seine Mission vorbereitet. Er war eine große Seele, ein frommer, innerlich tief mystischer Mensch, der mit diesen Eigenschaften geboren wurde und sie sich nicht nur erworben hatte. Wenn Sie sich einen jungen Menschen vorstellen, sehr fromm, fortwährend inbrünstig zu seinem Gott betend, so können Sie sich ein Bild der Individualität dieses Dreizehnten vor Augen stellen. Dieser Dreizehnte wuchs ganz und gar auf in der Pflege und Erziehung der Zwölf, und er erhielt von jedem an Weisheit, soviel ihm jeder nur geben konnte. Mit der größten Sorgfalt wurde dieser Dreizehnte erzogen, und es wurden alle Einrichtungen so getroffen, daß niemand als diese Zwölf einen Einfluß auf ihn ausüben konnten. Er wurde von der übrigen Welt abgesondert. Er war ein sehr schwächliches Kind in jener Inkarnation des dreizehnten Jahrhunderts, daher wirkte die Erziehung, die ihm die Zwölf angedeihen ließen, bis in seinen physischen Leib hinein...
"Über Kunstwerke darf man nicht spintisieren, das ist grübeln, oder nachsinnen; sie müssen einfach auf uns wirken." {{Lit|R. Steiner, Leipzig, 12.10.1907}}
 
Während die geistigen Kräfte dieses Dreizehnten ins Unendliche zunahmen, gingen seine physischen Kräfte ganz zurück. Es kam so weit, daß fast aller Zusammenhang mit dem äußeren Leben aufhörte, alles Interesse für die physische Welt verschwand. Er lebte nur für die geistige Entwickelung, wozu er von den Zwölf die Anregung erhielt. In ihm war ein Reflex der Weisheit der Zwölf. Es kam so weit, daß der Dreizehnte alle Nahrung verweigerte und dahinsiechte<ref>Das erinnert stark an die [[Endura]] ([[lat.]] ''abstinentia'') der [[Katharer]].</ref>. Da trat ein Ereignis ein, das nur einmal in der Geschichte eintreten konnte. Es war eines der Ereignisse, die dann eintreten können, wenn die makrokosmischen Kräfte - der Früchte wegen, die ein solches Ereignis zeitigen soll - zusammenwirken. Nach einigen Tagen wurde der Körper dieses Dreizehnten ganz durchsichtig, und er war wie tot durch Tage hindurch. Um ihn herum versammelten sich nun die Zwölf in bestimmten Zeiträumen. Es entströmte ihrem Mund alles Wissen und alle Weisheit in diesen Momenten. In kurzen Formeln, die wie Andachtsgebete waren, ließen sie dem Dreizehnten ihre Weisheit zuströmen, während der Dreizehnte wie tot dalag. Man kann sich am besten die Zwölf in einem Kreis um den Dreizehnten herum vorstellen. Dieser Zustand endete damit, daß die Seele dieses Dreizehnten erwachte wie eine neue Seele. Eine große Umwandlung seiner Seele hatte er erlebt. Es war in ihr etwas vorhanden wie eine ganz neue Geburt der zwölf Weisheiten, so daß auch die zwölf Weisen etwas ganz Neues lernen konnten von dem Jüngling. Aber auch dessen Körper wurde dadurch in einer solchen Weise belebt, daß diese Belebung des ganz durchsichtigen Körpers mit nichts verglichen werden kann. Der Jüngling konnte nun von ganz neuen Erlebnissen sprechen. Die Zwölf konnten erkennen, daß er das Erlebnis von Damaskus hinter sich hatte: es war eine Wiederholung der Vision des Paulus vor Damaskus. Im Verlauf weniger Wochen gab nun der Dreizehnte alle Weisheit wieder, die er von den Zwölfen erhalten hatte, aber in einer neuen Form. Wie von Christus selbst gegeben war diese neue Form. Was er ihnen da offenbarte, das nannten die Zwölf das wahre Christentum, die Synthesis aller Religionen, und sie unterschieden zwischen diesem wahren Christentum und dem Christentum der Epoche, in der sie lebten." {{Lit|{{G|130|61ff}}}}
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Christian Rosenkreutz starb in dieser Inkarnation bereits in verhältnismäßig jungen Jahren und die zwölf Weisen machten es sich zur Aufgabe, die von ihm in erneuerter Form wiedergegebene Weisheit in [[Imagination]]en festzuhalten:
Dies betrifft auch den frühen Vortrag/Autoreferat 1888 von Steiner "Goethe als Vater einer neuen Ästhetik", an dessen Grundaussage, inwiefern [[Hegel]]s [[Ästhetik]] der Kunst nicht gerecht wird, Steiner in späteren Vorträgen über die Kunst zwar festhält, aber er seiner damaligen Art, sich dem Phänomen Kunst zuzuwenden, eine Absage erteilt.


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"So entstanden die symbolischen Figuren und Bilder, die in der Sammlung des Hinricus Madathanus Theosophus {{Lit|Theosophus}} enthalten sind, und die Mitteilungen der H.P.Blavatsky in dem Werke: «Die entschleierte Isis»."
"Es war, als ich vor Anthroposophen
über das «Wesen der Künste» sprach. Und jetzt konnte ich, nach der damaligen Stimmung des ganzen Milieus, nicht in derselben Art sprechen. Jetzt wollte ich so sprechen, dass ich innerhalb des künstlerischen Erlebens selbst stehenbleiben konnte. Jetzt wollte ich künstlerisch über Kunst sprechen. Und ich wusste wiederum, jetzt bin ich auf der anderen Seite des Ufers, jenseits welchem ich dazumal mit meinem Vortrage «Goethe als Vater einer neuen Ästhetik» gestanden habe. Und jetzt sprach ich so, dass nun sorgfältig vermieden wurde das Hineingleiten in philosophische Formulierung. Denn ich empfand es wie etwas, was sofort das eigentliche Wesen der Kunst aus den Worten hinwegnimmt, wenn man hineingleitet in philosophische Charakteristik. Das Unkünstlerische des bloßen Begriffes durchwühlte dazumal die Kräfte, aus denen die Rede kommt. Und ich versuchte aus jener Stimmung heraus nunmehr psychologisch über die Künste zu sprechen, welche im strengsten Sinne vermeidet, bis zur philosophischen Formulierung hinzugleiten. Heute soll ich nun wieder über die Psychologie der Künste sprechen." {{Lit|{{G|271|208}}, 6. Vortrag}}
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Nach dem frühen Tod des Christian Rosenkreutz in diesem Erdenleben blieb dessen [[Ätherleib]] erhalten "und durchdrang dann den Ätherleib des sich wieder inkarnierenden Dreizehnten." Erst diese Inkarnation wurde auch exoterisch mit dem Namen Christian Rosenkreutz bezeichnet, während [[esoterisch]] schon die vorige so genannt wurde.
== Die Künste und ihre Beziehung zu den Wesensgliedern des Menschen ==
 
[[Datei:Batoni Die bildenden Kuenste 1739-40.jpg|thumb|300px|[[Wikipedia:Pompeo Batoni|Pompeo Girolamo Batoni]], [[Bildende Kunst|Die bildenden Künste]] (nach 1740), Galerie Alte Meister, Dresden.]]
== Die [[Initiation]] durch [[Manes]] - die [[Chymische Hochzeit]] Anno 1459 ==
 
[[Bild:Rembrandt_Rosenkreutz.jpg|thumb|250px|[[Wikipedia:Rembrandt|Rembrandt]]s, ''Mann in Rüstung'' gilt als Porträt von Christian Rosenkreutz]]
In der [[Inkarnation]] des Christian Rosenkreutz im [[Wikipedia:14. Jahrhundert|14.]]/[[Wikipedia:15. Jahrhundert|15. Jahrhundert]], in der er nach den Angaben der [[Confessio Fraternitatis]] das beachtliche Alter von 106 Jahren erreichte, trug er diesen Namen auch exoterisch. Erzogen wurde er von den Schülern jener zwölf Weisen, die ihn in der vorigen Inkarnation umgeben hatten.
 
=== Die Reise in den Orient ===
[[Datei:NabateensRoutes.png|mini|250px||Handelsrouten auf der [[Arabische Halbinsel|arabischen Halbinsel]] von [[Wikipedia:Damaskus|Damaskus]] bis nach [[Saba]].]]
 
1378 am Ufer des Rheins als Sohn gleichwohl adeliger, aber verarmten Eltern geboren, wurde er im 5. Lebensjahr in ein Kloster gegeben, wo er [[Griechische Sprache|Griechisch]] und [[Latein]] lernte. Auf seine drängende Bitte hin durfte Christian Rosenkreutz seinen Mitbruder P. A. L. auf eine Reise zum Heiligen Grab begleiten, doch der andere Bruder starb in [[Wikipedia:Zypern|Zypern]]. Christian Rosenkreutz, damals erst 16 Jahre alt, setzte allein die Reise fort und kam so nach [[Wikipedia:Damaskus|Damaskus]], wo er, noch körperlich geschwächt, für einige Zeit blieb. Hier erlebte er, wie uns [[Rudolf Steiner]] berichtet, nochmals das Paulus-Ereignis und "wissende Männer" offenbarten ihm manche okkulten Geheimnisse und brachten ihn schließlich auf sein dringendes Ersuchen zu ihrem Ordens-Tempel nach ''Damkar'' (Dam-Car), der geheimen Stadt der [[Königin von Saba]] im Süden [[Arabien]]s.<ref>Vermutlich ist damit die heutige Stadt [[Wikipedia:Dhamar (Stadt)|Dhamar]] im [[Wikipedia:Jemen|Jemen]] gemeint; vgl. Susanna Åkerman: ''Rose Cross Over the Baltic: The Spread of Rosicrucianism in Northern Europe'', Brill's Studies in Intellectua 1998, ISBN 978-9004110304, p. 41 [https://books.google.at/books?id=0mxGmeG3mzIC&pg=PA41]</ref> Der Weg führte vermutlich über die [[Wikipedia:Weihrauchstraße|Weihrauchstraße]], die Südarabien mit dem Mittelmeer verbindet und eine der ältesten Handelsrouten der Welt ist. ''Damcar'' heißt auf [[Hebräische Sprache|Hebräisch]]: ''das Blut des Lammes'' (Dam = {{HeS|דָּם|Blut}}; Car = {{HeS|כר|Lamm}}; als CR zugleich die Initialen von Christian Rosenkreutz). Die dort versammelten Weisen empfingen ihn nicht wie einen Fremden, sondern wie einen, auf den sie lange gewartet hatten. Sie nannten ihn nicht nur beim rechten Namen, sondern zeigten ihm, zu seinem großen Erstaunen, auch sonst manche Geheimnisse aus seinem Kloster an. Nicht nur viele "Wunder" offenbarten ihm die Weisen, sie zeigten ihm vor allem auch, wie sich ihnen die Sprache der Natur enthüllte. Christian Rosenkreutz lernte nun [[Arabische Sprache|Arabisch]], studierte Medizin und Mathematik und ein Jahr später übertrug er schließlich das [[Liber M]], das [[Liber Mundi]], das Buch der Natur, des Naturwissens, des Wissens von [[Mineral]]ien, [[Pflanze]]n und [[Tier]]en, ins Lateinische.  
 
Von Damkar aus ging Christian Rosenkreutz nach Ägypten, wo er zwar nur kurz verweilte, aber doch wesentliche Erkenntnisse über die Tier- und Pflanzenwelt erlangte. Nach drei Jahren schiffte er sich schließlich nach [[Wikipedia:Fès|Fès]] ein, wo er für weitere zwei Jahre blieb. Die "Elementarischen Bewohner", wie Christian Rosenkreutz sie nennt, gaben ihm hier eine Vielzahl ihrer Kenntnisse kund, die ihm sehr wertvoll waren und ihn schließlich zur wahren [[Adept]]enschaft führten, obwohl, wie er sagt, "ihre Magie nicht absolut rein und ihre Kabbala durch ihre Religion verändert ist". Christian Rosenkreutz wird von nun an "Vater" genannt.
 
=== Rückkehr nach Deutschland ===
Von Fès kam Christian Rosenkreutz nach Spanien, um schließlich nach vielen weiteren mühseligen Reisen wieder nach Deutschland zurückzukehren. Im Verlaufe seiner Reise in den Orient hatte er die ganze Weisheit der Zwölf wieder in sich aufgenommen und konnte nun beginnen, seine Lehren zu verbreiten, mit denen er eine grundlegende Reform des sozialen und geistigen Lebens in [[Europa]] anstrebte. Doch wurde er zunächst nicht verstanden.
 
Die «[[Fama Fraternitatis|Fama]]» berichtet nun weiter, dass sich Christian Rosenkreutz eine fügliche und saubere Wohnstätte errichtet habe, in der er seine gewonnenen Erkenntnisse niederschrieb, viel Zeit der [[Mathematik]] widmete und zahlreiche schöne und kunstvolle Instrumente anfertigte.
 
=== Begründung der Bruderschaft der Rosenkreuzer ===
Nach fünf Jahren wollte er seine angestrebte Reformation weiter voranbringen und da er sonst nirgends Unterstützung fand, berief er drei seiner Mitbrüder aus seinem ehemaligen Kloster zu sich, die die Fama nur mit ihren Namenskürzeln nennt: G. V., Fr. I. A. und Fr. I. O. So wurde die „'''Brüderschafft des R. C.'''“ zunächst mit vier Personen begründet. Christian Rosenkreutz vepflichtete seine Mitbrüder, zuverlässig, fleissig und verschwiegen zu sein und gewissenhaft in magischer Sprache und Schrift alles niederzuschreiben, was er ihnen offenbarte, damit die Nachwelt „nicht mit einer Silben oder Buchstaben betrogen würde.“ Darüber hinaus widmeten sich die Brüder der Krankenpflege. Das Jahr [[1413]], mit dem auch das [[Bewusstseinsseelenzeitalter]] begann, gilt als „innerer“ Gründungszeitpunkt des Rosenkreuzerordens {{Lit|Viktor Stracke, S. XXIII}}. Christian Rosenkreutz war damals 35 Jahre alt.
 
Gemeinsam verfassten die vier Brüder den ersten Teil des [[Buch M|Buches M]]. Da ihnen die Arbeit allmählich zu groß wurde, der Zulauf der Kranken immer mehr zunahm und ein neues, dem Heiligen Geist geweihtes Gebäude, »Sankt Spiritus« genannt, vollendet war, beriefen sie weitere Brüder in ihren Kreis: „hierzu wurden erwehlet Fr. R. C. seines verstorbenen Vatters Bruder Sohn Fr. B., ein geschickter Mahler G. G. und P. D. ihre Schreiber ...“ Die Gemeinschaft war nun auf acht Brüder angewachsen, die unverheiratet waren und [[Jungfräulichkeit]] gelobten. Alle waren Deutsche bis auf Bruder I. A.
 
Als das Werk vollendet war und jeder der acht Brüder eine vollständige Abschrift der geheimen und offenbaren Lehre besaß, zogen fünf der Brüder in die Welt hinaus, um Kranke zu heilen, die Lehre in der Praxis zu überprüfen und einander davon regelmäßig zu berichten. Jeweils zwei Brüder verblieben bei Bruder Christian Rosenkreutz. Dabei wurde folgende Abmachung getroffen:
 
{{Zitat|1. keiner solle sich keiner andern Profession außthun, dann krancken zu curiren und diß alles umbsonst:<br>
2. keiner sol genötigt sein, von der Brüderschafft wegen ein gewiß Kleid zu tragen, sondern sich der Landes art gebrauchen:<br>
3. ein jeder Bruder soll alle Jahr sich auff C. Tag bey S. Spiritus einstellen oder seines aussenbleibens ursach schicken:<br>
4. ein jeder Bruder sol sich umb ein tügliche Person umbsehen, die ihm auf den fall möchte succediren:<br>
5. daß Wort R. C. sol ihr Siegel, Losung und Character sein:<br>
6. die Brüderschafft sol ein hundert Jahr verschwiegen bleiben.|Fama Fraternitatis|S. 107f}}


=== Die Initiation durch Manes ===
Die verschiedenen Künste stehen nach den Angaben [[Rudolf Steiner]]s in enger Beziehung zu den [[Wesensglieder]]n des [[Mensch]]en (vgl. dazu auch {{Lit|{{G|275|39ff}}}}:


Die [[Initiation]] des Christian Rosenkreutz im Jahre [[1459]], wie sie romanhaft in der [[Chymische Hochzeit|Chymischen Hochzeit]] geschildert wird, erfolgte nach den Angaben [[Rudolf Steiner]]s durch [[Manes]] und war mit einer tieferen Einsicht in das Wesen und die Aufgabe des [[Böse]]n in der Welt verbunden. Christian Rosenkreutz stand damals in seinem 81. Lebensjahr.
<table align="center" width="600px">   
        <tr>
            <td>[[Architektur]]</td>
            <td>[[physischer Leib]]</td>
        </tr>
        <tr>
            <td>[[Bildhauerei]] ([[Plastik]] und [[Skulptur]])</td>
            <td>[[Ätherleib]]</td>
        </tr>
        <tr>
            <td>[[Malerei]]</td>
            <td>[[Empfindungsseele]] bzw. [[Astralleib]]</td>
        </tr>
        <tr>
            <td>[[Musik]]</td>
            <td>[[Verstandes- oder Gemütssseele]] ([[Ich]])</td>
        </tr>
        <tr>
            <td>[[Dichtkunst]]</td>
            <td>[[Bewusstseinsseele]], in der sich das [[Geistselbst]] ausdrückt</td>
        </tr>
        <tr>
            <td>[[Eurythmie]]</td>
            <td>[[Geistselbst]], in das sich der [[Lebensgeist]] hereinsenkt</td>
        </tr>
   
</table>


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"Als ein «höherer Grad» wird innerhalb dieser ganzen Strömung die Initiation des Manes angesehen, der 1459 auch Christian Rosenkreutz initiierte: sie besteht in der wahren Erkenntnis von der Funktion des Bösen. Diese Initiation muss mit ihren Hintergründen noch für lange vor der Menge ganz verborgen bleiben. Denn wo von ihr auch nur ein ganz kleiner Lichtstrahl in die Literatur eingeflossen ist, da hat er Unheil angerichtet, wie durch den edlen [[Wikipedia:Guyau|Guyau]], dessen Schüler [[Friedrich Nietzsche]] geworden ist." {{Lit|{{G|262|24}}}}
"Wir haben ja zu verschiedenen Zwecken darauf aufmerksam gemacht, daß wir in dem tagwachenden Menschen vor uns haben den physischen Leib, den Ätherleib, den astralischen Leib und das Ich, daß wir in dem schlafenden Menschen vor uns haben im Bette liegend den physischen Leib und den Ätherleib, und außerhalb des physischen Leibes und des Ätherleibes das Ich und den astralischen Leib. Es ist gut, wenn wir diese zwei, für jeden Menschen innerhalb vierundzwanzig Stunden wechselnden Bewußtseinszustände zu unserem heutigen Zwecke ausführlicher betrachten. Wir haben zunächst am Menschen den physischen Leib, dann den Äther- oder Lebensleib, dann dasjenige, was wir den astralischen Leib im gröberen Sinne des Wortes nennen, den Seelenleib, der zu dem astralischen Leib gehört, aber verbunden ist mit dem Ätherleib. Das ist das Glied des Menschen, das auch das Tier hier in dem physischen Leben unten auf dem physischen Plan hat. Dann aber wissen wir, daß mit diesen drei Gliedern der menschlichen Wesenheit verbunden ist - Sie können das in meiner «Theosophie» nachlesen - dasjenige, was man sonst zusammenfaßt unter dem «Ich», das eigentlich ein dreigliedriges Wesen ist: Empfindungsseele, Verstandes- oder Gemütsseele und Bewußtseinsseele, und wir wissen, daß dann wiederum die Bewußtseinsseele verknüpft ist mit dem, was wir das Geistselbst oder Manas nennen. Legen wir uns diese ausführlichere Gliederung des Menschen vor, dann können wir sagen:
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Was wir Empfindungsseele nennen und was durchaus sonst dem astralischen Leibe zugehört und auch astralischer Natur ist, das löst sich heraus, wenn der Mensch abends einschläft; aber ein Teil des Seelenleibes bleibt dennoch mit dem Ätherleibe, der im Bette bleibt, verbunden. Im wesentlichen löst sich beim Menschen Empfindungsseele, Verstandesseele und Bewußtseinsseele heraus. Beim tagwachenden Menschen ist das alles miteinander verbunden, und dadurch wirkt das dann auch alles immer im Menschen. Also dasjenige, was im physischen Leibe vorgeht, wirkt auf die ganze Innerlichkeit, auf Empfindungsseele, Verstandesseele und auch auf die Bewußtseinsseele. Was in dem gewöhnlichen, eigentlich recht ungeordneten und chaotischen Leben auf den Menschen wirkt, die ungeordneten Eindrücke, die er vom Morgen bis zum Abend aufnimmt - denken Sie nur einmal daran, was Sie für Eindrücke aufnehmen, wenn Sie durch das Gerassel und Gepolter einer Großstadt gehen -, das alles sind Eindrücke, die sich fortsetzen in alle die Glieder, die bei dem tagwachenden Bewußtsein mit physischem Leib und Ätherleib verbunden sind. In der Nacht ist die Innerlichkeit - Empfindungsseele, Verstandesseele und Bewußtseinsseele - in der astralischen Welt, holt sich von dort die Kräfte, die Harmonien, die während des tagwachenden Lebens für sie durch die chaotischen Eindrücke des Tages verlorengehen. Da ist das, was man im umfassenderen Sinne des Menschen Ich-Seele nennt, in einer geordneteren, geistigeren Welt als während des Tagwachens. Am Morgen taucht diese Seeleninnerlichkeit heraus aus dieser Geistigkeit und taucht unter in die dreifache Leiblichkeit physischer Leib, Ätherleib und den Teil des astralischen Leibes, der eigentlich mit dem Ätherleib verbunden ist und auch in der Nacht mit dem Ätherleib verbunden bleibt.
"Im Jahre 1459 war es, als eine hohe spirituelle Individualität, verkörpert in der menschlichen Persönlichkeit, die vor der Welt den Namen ''Christian Rosenkreutz'' trägt, als Lehrer zunächst eines kleinen Kreises eingeweihter Schüler auftrat. 1459 wurde Christian Rosenkreutz innerhalb einer streng in sich abgeschlossenen spirituellen Bruderschaft, der Fraternität Rosae crucis, zum Eques lapides aurei, zum Ritter des Goldenen Steins erhoben." {{Lit|{{G|99|11}}}}.
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Durch diese erneute Initiation wurde ''Christian Rosenkreutz'' als Wächter "über Unverstand, Armut, Krankheit eingesetzt, um mit denselben nach unserm Belieben zu handeln" (im weiteren Sinne zu verstehen als Bewahrer- und Entwickleraufgabe der esoterischen, medizinischen und sozialen Wissenschaftsgebiete) - (Lit.: W. Weber in seiner Übersetzung der "[[Chymische Hochzeit|Chymischen Hochzeit]]", S. 115).
Wenn nun der Mensch nie schlafen würde, das heißt, sich niemals neue stärkende Kräfte aus der geistigen Welt holen würde, dann würde zuletzt alles, was in seinem physischen Leib lebt und seinen physischen Leib an Kräften durchdringt, immer mehr und mehr in Verfall kommen, immer mehr untergraben werden. Dadurch aber, daß jeden Morgen eine starke Innerlichkeit untertaucht in die Kräfte des physischen Leibes, kommt immer neue Ordnung, man möchte sagen, eine Wiedergeburt der Kräfte in diesen physischen Leib hinein. Es bringt sich daher die menschliche Seelenhaftigkeit für jedes der Leibesglieder etwas mit aus der geistigen Welt, etwas, was wirkt, wenn die Seeleninnerlichkeit, die in der Nacht draußen ist, und das äußere physische Werkzeug zusammen sind.
Daher ist ihm, nach Auskunft von [[Hermann Keimeyer]] die "[[Soziale Dreigliederung]]" Rudolf Steiners gegenwärtig ein besonderes Hauptanliegen.


=== Die Grabstätte des Christian Rosenkreutz und ihre Wiederentdeckung im Jahr 1604 ===
Was nun in dem Wechselwirken zwischen der Seeleninnerlichkeit und dem eigentlichen physischen Werkzeug geschieht, das kann, wenn der Mensch empfänglich ist für die Aufnahme der Harmonien in der geistigen Welt, in der Nacht den physischen Leib in seinen Kräften -nicht in seinen Stoffen - durchdringen mit den Kräften, die man nennen möchte die Raumeskräfte. Weil der Mensch in unserer gegenwärtigen Kultur so sehr der geistigen Welt entfremdet ist, kommen gerade diese Raumeskräfte bei ihm wenig zur Geltung. Da, wo die Seeleninnerlichkeit zusammenstößt mit dem dichtesten Glied des Menschenleibes, müssen die Kräfte schon sehr stark sein, die mitgebracht werden, wenn sie sich ausleben sollen in dem robusten physischen Leib. In zarter empfindenden Kulturepochen brachten sich die Seeleninnerlichkeiten die Seelenimpulse mit und durchdrangen leichter diesen physischen Leib, und da empfanden die Menschen dann, daß durch den physischen Raum nach allen Seiten immer Kräfte gehen, daß dieser physische Raum durchaus nicht eine gleichgültige leere Räumlichkeit, sondern nach allen Richtungen von Kräften durchzogen ist. Es gibt ein Gefühl für diese Kraftverteilung im Raume; das wird durch die Verhältnisse bewirkt, die eben jetzt geschildert worden sind. Sie müssen sich das durch ein Beispiel vergegenwärtigen.


Die Brüder hatten beschlossen, dass ihre Begräbnisse möglichst verborgen bleiben sollten, auch ihren Nachfolgern. Als erster der Brüder starb I. O., der in der [[Kabbala]] sehr bewandert war, in England. Da rief Christian Rosenkreutz seine Mitbrüder zusammen und zu dieser Zeit muss wohl auch dessen Grabstätte errichtet worden sein. Nachdem später auch Bruder A. in der Gegend von [[Wikipedia:Narbonne|Narbonne]] in [[Okzitanien]] verschieden war, folgte ihm Bruder N. N. nach, der auch ein geschickter Baumeister war. Als er das Gebäude der Bruderschaft renovieren wollte, stieß er auf eine Messingtafel, die die Namen der Bruderschaft und noch anderen Angaben enthielt. Beim Abnehmen der Tafel löste sich ein großer Stein aus dem Mauerwerk und eine verborgene Tür wurde sichtbar, auf der in großen Lettern geschrieben stand:
Denken Sie sich einen der Maler, die noch großen Kunstzeiten angehörten, wo man noch so recht ein Gefühl für die im Raum wirkenden Kräfte hatte. Bei einem solchen Maler könnten Sie sehen, wie er eine Gruppe von drei Engeln im Raume malt. Sie stehen vor dem Bilde und haben unmittelbar die Empfindung: Diese drei Engel können nicht herunterfallen; es ist selbstverständlich, daß sie schweben, denn sie halten sich gegenseitig durch die wirkenden Raumeskräfte, wie die Weltenkugeln sich halten durch die Kräfte des Raumes. Diejenigen Menschen, die durch jene Wechselwirkung zwischen der Seeleninnerlichkeit und dem physischen Leib diese innere Dynamik sich aneignen, für die ist das Gefühl vorhanden: Das muß so sein; die drei Engel halten sich im Raum. Sie werden das namentlich bei manchen älteren Malern finden, weniger wohl bei den neueren. Man mag Böcklin noch so sehr schätzen; aber diejenige Gestalt, die über der «Pietä» schwebt, ruft bei jedem Menschen das Gefühl hervor, daß sie jeden Augenblick herunterplumpsen müsse; die hält sich nicht im Raum.


<center>''Post CXX annos patebo''<br />(„Nach 120 Jahren werde ich offenstehen“)</center>
Alle diese im Raum hin- und hergehenden Kräfte, die ein Mensch so recht im Raume fühlt, sind Realitäten, Wirklichkeiten, und aus diesem Raumgefühl geht hervor alle Baukunst. Echte, wahre Baukunst entspringt aus nichts anderem, als daß man in die Linien, die schon im Raume da sein müssen, die Steine oder Ziegel hineinlegt, wobei man gar nichts tut, als nur dasjenige sichtbar zu machen, was im Raume ideell, geistig verteilt schon vorhanden ist, indem man da die Materie hineinstopft. Am reinsten hat dieses Raumgefühl der griechische Baukünstler gehabt, der in seinem Tempel in allen seinen Formen zur Darstellung brachte, was im Raume lebt, was man im Raume fühlen kann. Das einfache Verhältnis: daß die Säule trägt — und sie trägt entweder die horizontalen oder die schräggestellten Linienkörper -, ist eine Wiedergabe innerhalb des Raums befindlicher geistiger Kräfte. Und der ganze griechische Tempel ist nichts anderes als eine Ausfüllung dessen, was innerhalb des Raumes lebt, mit Materie. Daher ist der griechische Tempel der reinste architektonische Gedanke, kristallisierter Raum. Und so sonderbar das dem modernen Menschen erscheinen mag: der griechische Tempel ist, weil er eine aus Gedanken zusammengefügte physische Leiblichkeit ist, die Gelegenheit, daß diejenigen Gestalten, welche die Griechen als ihre Göttergestalten gekannt haben, mit ihren Ätherleibern die ihnen vertrauten Raumlinien wahrhaftig berühren und darin wohnen konnten. Es ist mehr als eine bloße Phrase, wenn gesagt wird, daß der griechische Tempel ein Wohnhaus des Gottes ist. Der griechische Tempel hat ein Eigentümliches für den, der ein wirkliches Gefühl für solche Sachen hat, er hat das Eigentümliche, daß man sich vorstellen kann: Weit und breit wäre kein Mensch, der ihn besähe, und darinnen wäre auch niemand. Der griechische Tempel braucht keinen Menschen, der ihn anschaut, niemanden, der hineingeht. Denken Sie sich den griechischen Tempel, der allein dasteht, und weit und breit ist kein Mensch. Dann ist er, was er am intensivsten sein soll. Dann ist er die Herberge des Gottes, der darin wohnen soll, weil in den Formen der Gott wohnen kann. Nur so versteht man wirklich die griechische Baukunst, die reinste Baukunst der Welt.


Am Morgen öffneten die Brüder die Tür und fanden ein Gewölbe mit [[sieben]] Seiten und Ecken, jede fünf Schuh lang und acht Schuh hoch. Der fensterlose Raum wurde durch ein sonnenartiges Licht erhellt, das zuoberst in der Mitte des Gewölbes stand. Anstatt eines Grabsteins befand sich in der Mitte ein runder Altar mit einer Messingplatte, die folgende Aufschrift trug:
Die ägyptische Baukunst etwa in der Pyramide ist etwas ganz anderes. Wir können jetzt diese Dinge nur berühren. Da sind die Raumverhältnisse, die Raumlinien so angeordnet, daß sie in ihren Verhältnissen und Formen der zu den geistigen Welten aufschwebenden Seele die Wege weisen. Aus den Wegen, welche die Seele nimmt aus der physischen Welt in die geistige Welt hinein, haben wir die Formen gegeben, die sich in der ägyptischen Pyramide ausdrücken. Und so haben wir in jeder Art von Architektonik den nur aus der Geistigkeit heraus begreiflichen Gedanken.


<center>''A. C. R. C.<br />Hoc universi compendium vivus mihi sepulchrum feci.<br />(Dieses Kompendium des Universums habe ich mir zu Lebzeiten zum Grabmahl gemacht.)</center>
In der romanischen Baukunst, welche den Rundbogen hat, welche zum Beispiel Kirchengebäude so angeordnet hat, daß wir Hauptschiff und Nebenschiffe, dann aber auch ein Querschiff und eine Apsis haben, so daß das Ganze Kreuzform hat und oben den Kuppelabschluß, da haben wir den Raumgedanken herausgewachsen aus der Grabstätte. Den romanischen Bau können Sie sich nicht ebenso denken wie den griechischen Tempelbau. Der griechische Tempel ist das Wohnhaus des Gottes. Der romanische Bau ist nicht anders zu denken, als daß er eine Begräbnisstätte darstellt. Die Krypta gehört dazu; nicht etwa, daß Menschen im unmittelbaren Leben nicht auch darin stehen; aber es gehört dazu, daß es eine Stätte ist, die alle Gefühle zusammenzieht, die sich auf Bewahrung und Behütung der Toten beziehen.


Und um den ersten Reif oder Rand herum geschrieben stand:
Im gotischen Bau haben Sie wieder etwas anderes. So wahr es ist, daß der griechische Tempel weit und breit ohne Menschenseele gedacht werden kann: er ist doch bevölkert, weil er das Wohnhaus des Gottes ist, so wahr ist der gotische Dom, der mit den Spitzbögen oben abschließt, nicht zu denken ohne die gläubige Menge, die darinnen ist. Er ist nichts Vollständiges. Wenn er einsam dasteht, ist er nicht das Ganze. Die Menschen darinnen gehören dazu mit ihren gefalteten Händen, ebenso gefaltet wie die Spitzbögen. Erst dann ist das Ganze da, wenn die Räume erfüllt sind von den Gefühlen der andächtigen Gläubigen. Das sind die in uns wirksam werdenden Kräfte, die im physischen Leibe empfunden werden als ein Sich-Hineinfühlen in den Raum. Der wahre Künstler fühlt so den Raum und gestaltet ihn architektonisch.


<center>Jesus mihi oninia.<br />
Wenn wir jetzt heraufgehen zum Ätherleib, haben wir wiederum das, was sich die Seeleninnerlichkeit des Nachts in der geistigen Welt aneignet und sich mitbringt, wenn sie in den Ätherleib wieder hineinschlüpft. Was wir auf diese Weise als ein im Ätherleib sich Ausdrückendes haben, das empfindet der wirkliche Plastiker, der wirkliche Bildhauer, und er prägt es den lebendigen Gestalten ein. Da ist es nicht der Raumgedanke, sondern die Tendenz, mehr an der lebenden Form zu zeigen und auszugestalten, als was sich ihm in der Natur dargeboten hat. Was der griechische Künstler darin mehr gewußt hat, zum Beispiel bei dem Zeus, das ist das, was er sich mitgebracht hat aus der geistigen Welt, was sich belebt und empfunden wird, wenn es zusammenkommt mit dem Ätherleib.
(Jesus ist mir alles.)</center>


In der Mitte wurden vier Figuren von einem Kreis umschlossen, dessen Umschrift lautete:
Weiter geschieht eine solche Wechselwirkung mit dem, was wir Seelenleib nennen. Wenn die Seeleninnerlichkeit zusammenkommt mit dem Seelenleib, entsteht auf dieselbe Art das Gefühl für die Führung der Linie, für die ersten Elemente der Malerei. Und dadurch, daß am Morgen die Empfindungsseele sich vereinigt mit dem Seelenleib und ihn durchdringt, entsteht das Gefühl für Farbenharmonik. So haben wir zunächst die drei Kunstformen, die mit den äußeren Mitteln arbeiten, die ihr Material aus der Außenwelt nehmen.


{|
Dadurch nun, daß die Verstandes- oder Gemütsseele jede Nacht in die astralische Welt entflieht, geht wieder etwas anderes hervor. Wenn wir im Sinne der Geisteswissenschaft den Ausdruck «Verstandesseele» gebrauchen, müssen wir nicht an den trockenen, nüchternen Verstand denken, an den man denkt, wenn man im gewöhnlichen Leben von Verstand spricht. «Verstand» ist für die Geisteswissenschaft der Sinn für Harmonie, die nicht im äußeren Stoffe verkörpert werden kann, der Sinn für erlebte innere Harmonie. Deshalb sagen wir auch Verstandes- oder Gemütsseele. Wenn nun jede Nacht die Verstandes- oder Gemütsseele eintaucht in die Harmonien der astralischen Welt und sich morgens derselben im astralischen Leibe wieder bewußt wird - in demselben astralischen Leibe, der ja zurückkehrt, der aber in der Nacht sich seiner Innerlichkeit nicht bewußt ist beim heutigen Menschen -, da geschieht folgendes: In der Nacht lebt die Verstandes- oder Gemütsseele in dem, was wir immer die Sphärenharmonien genannt haben, die innere Gesetzmäßigkeit der geistigen Welt, jene Sphärenharmonien, auf welche die alte pythagoreische Schule hingedeutet hat als auf das, was derjenige, der bis in die geistigen Welten hinein wahrnehmen kann, als die Verhältnisse der großen geistigen Welt vernimmt. Auch Goethe deutete darauf hin, wenn er am Anfange seines «Faust» uns in den Himmel versetzt und das dadurch charakterisiert, daß er sagt:
|-
| <poem>1. Nequaquam vacuum – nirgends Leere,
2. Legis jugum – Joch des Gesetzes,
3. Libertas Evangelii – Freiheit des Evangeliums,
4. Dei gloria intacta – Gottes uneingeschränkter Ruhm.</poem>
|}


Der Raum gliederte sich mithin in drei Teile: die Kuppel bzw. den Himmel, der seinerseits in sieben Dreiecke gegliedert war, die sieben Wände oder Seiten und den gepflasterten Boden, der sich ebenfalls in sieben Dreiecke gliederte. Über den Himmel wird nichts weiter berichtet; ihn müsse man mit eigenen, auf das Heil gerichteten Augen sehen. Die Wände waren in [[zehn]] quadratische Felder geteilt, die mit den Figuren und Inschriften versehen waren, die auch in dem Buch der Brüderschaft verzeichnet sind. Auf dem Boden wird die Herrschaft und Gewalt des „unteren Regenten“ beschrieben, was aber der fürwitzigen gottlosen Welt nicht preisgegeben werden dürfe. Wer sich aber mit dem himmlischen Gegengift ausgerüstet
<table align="center"><tr><td>
habe, der trete der alten bösen Schlange ohne Scheu und Schaden auf den Kopf, wozu unser Zeitalter gar wohl befähigt sei. Jede Seite hatte eine Tür zu einem Kasten, in dem verschiedene Gegenstände und alle Bücher der Bruderschaft aufbewahrt waren, darunter auch das hochgeschätzte Wörterbuch des [[Theophrastus Bombastus von Hohenheim]] ([[Paracelsus]]) und das Reisetagebuch und die Lebensbeschreibung von Christian Rosenkreutz.
Die Sonne t&ouml;nt nach alter Weise <br />
In Brudersph&auml;ren Wettgesang, <br />
Und ihre vorgeschriebne Reise <br />
Vollendet sie mit Donnergang.  
</td></tr></table>


Als die Brüder zuletzt den Altar zur Seite rückten und die darunter befindliche schwere Messingplatte aufhoben, fanden sie den völlig unversehrten Leichnam von Christian Rosenkreutz. In Händen hielt er das mit Gold auf Pergament geschriebene [[Buch T]], das [[Liber Testamentum]] oder [[Liber Theos]] (das „Buch Gottes“). Am Ende des Buches finden sich folgende lateinischen Worte:
Und er bleibt im Bilde, wenn er im zweiten Teil, wo Faust wieder hinaufgehoben wird in die geistige Welt, die Worte gebraucht:


{| class="wikitable"
<table align="center"><tr><td>
|-
T&ouml;nend wird f&uuml;r Geistesohren <br />
! Latein !! Deutsch
Schon der neue Tag geboren. <br />
|-
Felsentore knarren rasselnd, <br />
| valign="top" width="50%" | <blockquote>GRANUM PECTORI JESU INSITUM, C. Ros. c. ex nobili atque splendida Germaniae R. c. familia oriundus, Vir sui seculi, divinis revelationibus. Subtilissimis Imaginationsbus, indefessis laboritus, ad coelestia atque humana mysteria, arcanave admissus, postque snam (quam Arabico et Affricano itineribus) collegisset, plusque regiam auf imperatoriam Gazam, suo seculo nondum convenientem, posteritati eruendum custodivisset, et jam suarum artium, ut et nominis, fidos ac coniunctissimos haeredes, instituisset, mundum minutum, Omnibus motibus magno illi respondentem fabricasset, hocque tandem praeteritarum praesentium, et futurarum rerum compendio extracto, centenario major, non morbo (quem ipse nunquam corpore expertus erat, nunque alias, infestare sinebat) ullo Pellente, sed Spiritu Dei evocante illuminatam animam (inter fratrum amplexus et ultima oscula) Creatori Deo redidisset, Pater dilectissimus Fr. suavissimus, praeceptor fidelissimus, amicus integerrimus, a suis ad 120. annos hic absconditus est.</blockquote>  
Ph&ouml;bus' R&auml;der rollen prasselnd. <br />
| valign="top" width="50%" | <blockquote>Das dem Herzen Jesu eingepflanzte Samenkorn, Christian Rosenkreuz, stammte aus vornehmer und erleuchteter deutscher Familie. Er war für sein Jahrhundert der Mann, der durch göttliche Offenbarung, durch erhabenste Imaginationen, durch unermüdliches Bestreben den Zugang fand zu den himmlischen und menschlichen Mysterien und Geheimnissen. Er behütete seinen mehr als königlichen Schatz, den er auf seinen Reisen durch Arabien und Afrika gesammelt hatte, der aber seinem Jahrhundert noch unangemessen war, vor den späteren Generationen, bis er wieder ausgegraben würde, setzte treue und engverbundene Erben ein über seine Künste und seinen Namen, erbaute eine ›Kleine Welt‹, die in allen Bewegungen der ›Großen Welt‹ entsprach und schuf schließlich ein Kompendium aller vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Geschehnisse. Dann gab er, von niemand gedrängt, einzig vom Geiste Gottes gerufen, seine erleuchtete Seele dem Schöpfer zurück, unter den Umarmungen und Abschiedsküssen seiner Brüder. Obwohl er mehr als hundert Jahre alt geworden war, hatte er dennoch nie Krankheit an seinem Leibe erfahren noch an anderen geduldet. Er war unser geliebtester Vater, sanftester Bruder, treuester Meister und lauterster Freund. Hier ist er von den Seinen für 120 Jahr den Augen der Welt entzogen worden.<ref>nach der Übersetzung von Gerhard Wehr, S. 78f</ref></blockquote>
Welch Get&ouml;se bringt das Licht! <br />
|}
Es trommetet, es posaunet,<br />
Auge blinzt und Ohr erstaunet, <br />
Unerh&ouml;rtes h&ouml;rt sich nicht.  
</td></tr></table>


Am Ende steht der bekannte [[Rosenkreuzer-Spruch]] in folgender Form:
Das heißt, die Seele lebt während der Nacht in diesen Sphärenklängen, und diese Sphärenklänge entzünden sich, indem der astralische Leib sich seiner selbst bewußt wird. In dem schaffenden Musiker haben wir keinen anderen Prozeß, als daß die Wahrnehmungen des nächtlichen Bewußtseins während des Tagesbewußtseins sich durchringen, Erinnerung werden, Erinnerungen an die astralischen Erlebnisse oder im besonderen der Verstandes- oder Gemütsseele. Alles, was die Menschheit als musikalische Kunst kennt, sind Ausdrücke, Abprägungen dessen, was unbewußt erlebt wird in den Sphärenharmonien, und musikalisch begabt sein, heißt nichts anderes, als einen astralischen Leib haben, der während des Tageszustandes empfänglich ist für das, was ihn die ganze Nacht durchschwirrt. Unmusikalisch sein heißt: diesen astralischen Leib in einem solchen Zustande haben, daß eine solche Erinnerung nicht stattfinden kann. Es ist das Hereintönen einer geistigen Welt, was der Mensch in der musikalischen Kunst erlebt. Und weil die musikalische Kunst dasjenige in unsere physische Welt hineinschafft, was nur im Astralischen entzündet werden kann, deshalb sagte ich, daß sie den Menschen mit denjenigen Wesenheiten in Zusammenhang bringt, welche zu ihrem untersten Glied den astralischen Leib haben. Mit jenen Wesenheiten lebt der Mensch in der Nacht; ihre Taten erlebt er in der Sphärenharmonie und drückt sie im Tagesleben durch seine irdische Musik aus, so daß diese Sphärenharmonien in der irdischen Musik wie ein Schattenbild erscheinen. Und indem dasjenige, was das Element dieser geistigen Wesenheiten ist, hier in diese irdische Sphäre einschlägt, unsere irdische Sphäre durchschwebt und durchlebt, haben diese geistigen Wesenheiten Gelegenheit, ihre astralischen Leiber wieder einzutauchen in das Wogenmeer der musikalischen Wirkungen, und indem die Verstandesseele ihre Taten erlebt in der Nacht und die empfundenen Eindrücke mitbringt in die physische Welt, ist zwischen diesen Wesenheiten und dem Menschen durch die Kunst eine Brücke geschaffen. Da sehen wir, wie auf einer solchen Stufe das entsteht, was wir die musikalische Kunst nennen.


<center>
Was vernimmt nun die Bewußtseinsseele, wenn sie in der Nacht in die geistige Welt eintaucht, ohne daß im gegenwärtigen Menschheitszyklus das dem Menschen bewußt werden kann? Sie vernimmt die Worte der geistigen Welt. Mitteilungen erhält sie zugeraunt, die sie nur aus der geistigen Welt empfangen kann. Worte werden ihr zugeraunt, und wenn diese Worte durchgebracht werden ins Tagesbewußtsein, dann erscheinen sie als die Grundkräfte der Dichtkunst, der Poesie. So ist die Poesie das Schattenbild dessen, was die Bewußtseinsseele in der geistigen Welt während der Nacht erlebt, und wir nehmen da Gelegenheit, wirklich daran zu denken, wie der Mensch durch seine Verbindung mit höheren Welten - einzig dadurch - in den fünf Künsten, der Baukunst, der Bildhauerei, Malerei, Musik und Poesie, Abschattungen, Offenbarungen der geistigen Wirklichkeit hier auf unserem Erdenrund zustande bringt. Allerdings ist das nur dann der Fall, wenn die Kunst sich wirklich erhebt über die bloße äußere Sinnesanschauung. In dem, was man heute im groben Sinne Naturalismus nennt, wo der Mensch nur nachahmt, was er draußen sieht, ist nichts von dem, was er sich aus der geistigen Welt mitbringt. Und daß wir heute auf vielen Gebieten eine solche rein äußerliche Kunst haben, die nur nachahmen will, was draußen ist, ist nur ein Beweis dafür, wie die Menschen in unserer heutigen Zeit den Zusammenhang mit der geistig-göttlichen Welt verloren haben. Der Mensch, der mit all seinem Interesse aufgeht in der äußeren physischen Welt, in dem, was die äußeren Sinne nur gelten lassen wollen, bearbeitet auch durch dieses bloße Interesse an der äußeren physischen Welt seine astralische Leiblichkeit so stark, daß sie blind und taub wird in der Nacht, wenn sie in den geistigen Welten ist. Da mögen die herrlichsten Sphärenklänge ertönen, da mögen noch so hohe geistige Töne der Seele etwas zuraunen, sie bringt nichts mit in das Tagesleben! Und dann spottet der Mensch über die idealistische, über die spiritualistische Kunst und sagt, die Kunst sei doch nur dazu da, die äußere Wirklichkeit zu photographieren, denn da nur hätte sie ein Reales, ein Wirkliches unter den Füßen.
{|
|-
| <poem>Ex deo nascimur,
In Jesu morimur,
Per spiritum reviviscimus.


Aus Gott sind wir geboren,
So redet der Mensch, der materialistisch fühlt und empfindet, weil er die Realitäten in der geistigen Welt nicht hat. Der wahre Künstler aber redet anders. Er wird etwa sagen: «Wenn mir erklingen die Töne des Orchesters, dann ist es mir so, wie wenn ich in ihnen sprechen hörte die Töne einer Urmusik, die schon erklang, als noch keines Menschen Ohr da war, um sie zu hören.» Er kann auch sagen: In dem, was in einer Symphonie ertönt, liegt eine Erkenntnis geistiger Welten, die höher, bedeutsamer ist als alles, was sich logisch beweisen und in Schlußfolgerungen auseinandersetzen läßt.
In Jesu sterben wir,
Durch den Geist werden wir wiedergeboren.</poem>
|}
</center>


== Die Vereinigung der alten atlantischen Weisheit mit der des Orients ==
Diese beiden Aussprüche hat Richard Wagner getan, der der Menschheit so recht zum Gefühl bringen wollte, daß da, wo wahre Kunst einsetzt, zu gleicher Zeit die Erhebung über das Äußerlich-Sinnliche da sein muß. Wenn die geisteswissenschaftliche Anschauung sagt: In dem Menschen lebt etwas, was über den Menschen hinausgeht, etwas Übermenschliches im heutigen Menschen, das in künftigen Inkarnationen immer vollkommener und vollkommener erscheinen muß, so empfindet Richard Wagner das so, daß er sagt: Ich will keine Gestalten, die vor mir stehen und so wie die Menschen des Alltags in der irdischen Sphäre über die Bühne schreiten. - Er will Menschen, die herausgehoben sind über den Alltag. Daher nimmt er mythische Gestalten, die einen umfassenderen Gehalt haben als die gewöhnlichen Menschen. Das Übermenschliche sucht er in dem Menschlichen. Den ganzen Menschen mit all den geistigen Welten, wie sie hereinscheinen auf den Menschen des physischen Erdenrundes, will Richard Wagner in der Kunst hinstellen. Vor ihm standen in einem verhältnismäßig frühen Lebensalter zwei Bilder: Shakespeare und Beethoven. Shakespeare erschien ihm in seinen künstlerisch genialen Visionen so, daß er sich sagte: Nehme ich alles zusammen, was Shakespeare der Menschheit gegeben hat, so sehe ich bei Shakespeare Gestalten über die Bühne schreiten, die handeln. - Handlungen — und Worte sind in diesem Zusammenhang auch Handlungen — gehen dann vor, wenn die Seele gefühlt hat, was nicht im Raume äußerlich sich darstellen kann, was sie schon hinter sich hat. Die Seele hat die ganze Skala von Schmerz und Leid bis zur Lust und Seligkeit gefühlt und hat empfunden, wie aus dieser oder jener Nuance diese oder jene Handlung hervorgeht. Im Shakespeare-Drama, meint Richard Wagner, erscheint alles bloß in seinem Resultat, wo es Raumgestalt gewinnt, wo es äußerliche Handlung wird. Das ist eine Dramatik, die einzig und allein das veräußerlichte Innere hinstellen kann; und der Mensch kann höchstens ahnen, was in der Seele lebt, was während dieser Handlung vor sich geht.


Die zentrale Aufgabe von Christian Rosenkreutz ist es, die Weisheit der alten [[Atlantis]] mit der des [[Orient]]s zu verbinden:
Daneben erschien ihm das Bild des Symphonikers, und er erschaute in der Symphonie die Wiedergabe dessen, was in der Seele lebt in der ganzen Empfindungsskala von Leid und Schmerz, Lust und Seligkeit in allen Nuancen. In der Symphonie lebt es sich aus, so sagte er sich, aber es wird nicht Handlung, es tritt nicht heraus in den Raum. Und es stellte sich vor seine Seele hin ein Bild, was ihm gleichsam die Empfindung nahebrachte, daß einmal dieses Innere im künstlerischen Schaffen wie zersprungen ist, um nach außen auszuströmen. Beethoven bleibt in seinem Schaffen im musikalischen Rahmen, aus dem er nur einmal heraustritt, in der Neunten Symphonie, wo die Gefühle so mächtig angeschwollen sind, daß sie sich durch das Wort Bahn brechen.


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Aus diesen beiden Künstlererscheinungen entsprang in seiner Seele die Vision: Beethoven und Shakespeare in einem! - Und wir müßten einen langen Weg gehen, wenn wir zeigen wollten, wie Richard Wagner durch seine eigenartige Behandlung des Orchesters jenen großen Einklang zu schaffen versuchte zwischen Shakespeare und Beethoven, daß das Innere sich auslebt im Ton und zu gleicher Zeit hineinfließt in die Handlung. Die Profansprache war ihm nicht genug; denn sie ist das Ausdrucksmittel für die Vorgänge des physischen Planes. Jene Sprache, die allein in den Tönen des Gesanges gegeben werden kann, wird ihm das Ausdrucksmittel für das, was über das Physisch-Menschliche als ein Übermenschliches hinauswächst.
"Die Quelle all der Weisheit des Ostens wie des Westens, dessen müssen wir uns klar sein, ist Atlantis.


Atlantis war ein Land, das von dichten Wassernebelmassen eingehüllt war. Diese dichten Wassernebelmassen hatten eine ganz bestimmte Beziehung zum Menschen. Der Mensch von damals empfand etwas dabei. Sie machten seine Seele empfänglich für die Sprache der Götter. Im Rieseln der Quellen, im Rauschen der Blätter hörte der Atlantier den Gott zu sich reden. Und wenn er einsam wurde und still in sich gekehrt, so vernahm er einen Laut als Stimme des Gottes der zu ihm sprach. Da brauchte er keine Gesetze und Gebote, der Gott selbst sagte ihm, was er tun müsse. Und jener Laut, der überall in Atlantis tönte und der aus den Herzen der Menschen widerhallte in stillen Stunden der Einkehr, er ward später in Ägypten in Zeichen gesetzt als [[Tauzeichen]]: T. Es ist dies auch die ursprüngliche Form des Kreuzes.
Theosophie braucht nicht bloß mit Worten ausgesprochen, mit Gedanken gefühlt zu werden. Theosophie ist Leben. Sie lebt im Weltenprozeß, und wenn von ihr gesagt wird, daß sie die verschiedenen getrennten menschlichen Seelenströmungen zusammenführen soll in einen großen Strom, so sehen wir dieses Gefühl leben in dem Künstler, der die einzelnen Ausdrucksmittel versuchte zusammenzubringen, damit in dem Einen zum Ausdruck kommt, was in der Gesamtheit lebt. Richard Wagner will nicht Musiker, nicht Dramatiker, nicht Poet sein. Alles, was wir so haben herunterrinnen sehen aus geistigen Welten, wird ihm Mittel zu einer Vereinigung in der physischen Welt mit etwas noch Höherem, weil er eine Ahnung hat von dem, was die Menschen erleben werden, wenn sie sich immer mehr hineinleben in jene Entwickelungsepoche, in die eben die Menschheit hineinleben muß, wo das Geistselbst oder Manas sich verbindet mit dem, was sich der Mensch seit alten Zeiten mitgebracht hat. Und eine Ahnung von jenem großen Menschheitsimpuls der Vereinigung dessen, was in den Zeiten der Getrenntheit erschienen ist, liegt bei Richard Wagner in dem Zusammenströmen der einzelnen künstlerischen Ausdrucksmittel. Mit anderen Worten, es lebte die Ahnung in ihm, wie die menschliche Kultur sein wird, wenn alles, was so die Seele erlebt, eingetaucht wird in das Geistselbstprinzip oder Manas, wo die Seele untertauchen wird in ihrer Fülle in die geistigen Welten. Geistesgeschichtlich betrachtet, ist es von tiefer Bedeutsamkeit, daß in der Kunst für die Menschheit die erste Morgenröte erschienen ist für das Entgegenleben jener Zukunft, die der Menschheit winkt, wo alles, was sich der Mensch auf den verschiedenen Gebieten erobert hat, zusammenfließen wird in einer Allkultur, in einer Gesamtkultur. In gewisser Weise sind die Künste durchaus die Vorläufer der sich offenbarenden Geistigkeit in der sinnlichen Welt. Und viel wichtiger als einzelne Behauptungen Richard Wagners in seinen Prosaschriften ist der Grundzug, der in ihnen lebt, ein religiös-weisheitsvoller, weihevoller Zug, der sie alle durchströmt und der am schönsten zum Ausdruck kommt in seiner genialen Schrift über Beethoven, wo Sie mehr zwischen den Zeilen lesen müssen, aber wo Sie den Windhauch fühlen können, in welchem sich hier die Morgenröte verkündet. So sehen wir, wie wir vom geisteswissenschaftlichen Gesichtspunkte aus solche menschlichen Verrichtungen vertiefen können, die in den menschlichen Taten sich ausleben. Wir haben es heute auf dem Gebiete der Künste gesehen, daß da der Mensch etwas tut, etwas vollbringt, wodurch, wenn wir so sagen können, die Götter bei ihm wohnen können, wodurch er den Göttern einen Aufenthalt in der irdischen Sphäre gewährt. Wenn durch Geisteswissenschaft dem Menschen zum Bewußtsein gebracht werden soll, daß die Geistigkeit in Wechselwirkung steht mit dem physischen Leben: die Kunst hat es im physischen Leben durchaus getan. Und immer wird die geistige Kunst unsere Kultur durchdringen, wenn die Menschen mit ihren Seelen überhaupt in die Geistigkeit eintauchen werden. Durch solche Betrachtungen erweitert sich das, was sonst in der Geisteswissenschaft als bloße Lehre, bloße Weltanschauung nur erzählt wird, zu Impulsen, die unser Leben durchdringen und uns sagen können, was da werden soll, und was da werden muß. In dem Musiker und Dichter Richard Wagner ist zuerst der neue Stern aufgestiegen, der das Licht des geistigen Lebens der Erde zusendet. Immer erweitern und erweitern muß sich dieser von ihm gegebene Lebensimpuls, bis wieder das ganze äußere Leben ein Spiegelbild der Seele sein wird.


Wenn wir uns nun klar sind, wie damals die Wassernebelmassen die Verbindung mit dem Göttlichen herstellten, so dass der Mensch ganz unmittelbar die Weisheit seines Gottes aufnehmen und verstehen kontte, so wollen wir einmal unseren Blick hinwenden auf das Wasser, das in unseren Ländern flutet. Wenn wir dann ein Tautröpfchen im Grase funkeln sehen im Lichtglanz der Morgensonne, dann wird uns andächtig ums Herz. Und dieses strahlende Tautröpfchen ist uns ein Denkmal, ein Denkmal jener Zeiten in Atlantis, wo das Wasser als Nebel das Land umhüllte, und der Mensch die Weisheit der Götter um sich verspürte.
Alles, was uns außen entgegentritt, kann ein Spiegelbild der Seele werden. Nehmen Sie das nicht als etwas Äußerliches, sondern als etwas, was man aus der Geisteswissenschaft heraus gewinnen kann. Es wird werden, wie es vor Jahrhunderten war, wo in jedem Türschloß, in jedem Schlüssel uns etwas entgegentrat, was Abbild dessen war, was der Mensch gefühlt und empfunden hatte. Ebenso wird, wenn wahres geistiges Leben wieder in der Menschheit sein wird, das ganze Leben, alles, was uns äußerlich entgegentritt, uns wieder als ein Abbild der Seele erscheinen. Profanbauten sind nur so lange Profanbauten, solange der Mensch nicht die Fähigkeit hat, in sie den Geist hineinzuprägen. Überall kann der Geist hineingeprägt werden. Das Bild des Bahnhofes kann vor uns aufleuchten, das wieder künstlerisch gedacht ist. Heute haben wir es nicht. Aber wenn man wieder fühlen wird, was Formen sein sollen, dann wird man fühlen, daß man die Lokomotive architektonisch gestalten kann, und daß der Bahnhof etwas sein könnte, was sich zur Lokomotive so verhält, wie die äußere Umhüllung zu dem, was die Lokomotive in ihren architektonischen Formen ausdrückt. Dann erst werden sie sich so verhalten wie zwei Dinge, die zusammengehören, wenn sie architektonisch gedacht sind. Dann ist es aber auch nicht gleichgültig, wie wir links oder rechts bei den Formen annehmen.


Die Weisheit der Atlantis verkörperte sich im Wasser, im Tautropfen. Tau, unser deutsches Wort Tau, ist nichts anderes als jener alte atlantische Laut. So wollen wir mit Ehrfurcht und Andacht jedes Tautröpfchen betrachten, das am Grashalm blinkt, als heiliges Vermächtnis jener Zeit, wo das Band zwischen Menschen und Göttern noch nicht zerrissen war. Das Tauzeichen, das alte Kreuzeszeichen heißt im lateinischen crux. Und was heißt Tau, Tautropfen? ros. 'Ros-crux' ist unser Rosenkreuz.
Wenn der Mensch lernen wird, wie sich im Äußeren das Innere ausdrückt, dann wird es wiederum eine Kultur geben. Wahrhaftig, es hat Zeiten gegeben, wo es keine romanische Baukunst noch gab, keine Gotik noch gab, als diejenigen, welche eine neue, aufgehende Kultur in ihrer Seele getragen haben, unten in den Katakomben der alten Römerstadt zusammenkamen. Aber was da in ihnen gelebt hat, was nur in spärlichen Formen hineingegraben werden konnte in die alten Erdhöhlen, was Sie an den Särgen der Toten finden, das dämmerte da auf, und das ist das, was uns dann erscheint in dem romanischen Bogen, in der romanischen Säule, in der Apsis. Hinausgetragen worden ist der Gedanke in die Welt. Hätten die ersten Christen nicht den Gedanken in der Seele getragen, er würde uns nicht in dem entgegentreten, was Weltkultur geworden ist. Der Theosoph fühlt sich nur dann als Theosoph, wenn er sich bewußt ist, daß er in seiner Seele eine zukünftige Kultur trägt. Mögen ihm dann die anderen sagen: Was hast du denn schon geleistet? - Dann sagt er sich: Ja, was haben denn die Katakombenchristen geleistet, und was ist daraus geworden!" {{Lit|{{G|102|216ff}}}}


Nun erkennen wir seine wahre Bedeutung. Es ist also das Tao der Atlantis, die Weisheit der Atlantis, welche uns heute entgegenstrahlt im Tautropfen. Nichts anderes will uns das Rosenkreuz sagen. Es ist ein Symbol für das neue Leben, das in der Zukunft in geistiger Art erblühen wird.
== Kunst als Brücke zu höheren geistigen Wesenheiten ==
 
So blieb unserer nordischen Bevölkerung ein inniger Zusammenhang mit der alten Atlantis. Anders war es bei jenen Bevölkerungsgruppen, die nach Osten gewandert waren und sich zu den vier Kulturepochen der Inder, Perser, Ägypter, Griechen-Römer entwickelten. Sie machten eine selbständige Entwicklung durch. Aber es ist ein Gesetz in der geistigen Welt, dass jede Kultur, die sich selbständig eine Weile emporgerungen hat, zugrunde gehen muss, wenn sie nicht von neuem einen Einschlag erhält aus jenen Gebieten, von denen sie ausging, die ihr Mutterland waren. So war es notwendig für die hohe orientalische Kultur, aus unseren Gebieten einen Einschlag zu erhalten, sich zu verschmelzen mit der geistigen Kultur, die sich in unseren Ländern in der Stille gebildet hatte.
 
Jene hohe Individualität, die das das erkannte, war Christian Rosenkreutz. Er war es, der im 13. und 14. Jahrhundert das große Werk unternahm, die geistige Kultur des Ostens mit der des Westens zu verschmelzen. Er hat immer unter uns gelebt und ist auch heute noch bei uns als Führer im spirituellen Leben. Die geistige Kultur des Orients, wie sie sich als höchste Blüte der östlichen Weisheit im Alten und Neuen Testament darstellt, brachte er in innige Harmonie mit der alten von Atlantis herstammenden Weisheit." {{Lit|{{G|266a|218f}}}}
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== Die Aufgabe des Rosenkreuzer-Ordens ==
 
Den Weg des Christian Rosenkreutz und die zentrale Aufgabe des von ihm begründeten Ordens umreißt [[Rudolf Steiner]] so:


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"''Christian Rosenkreutz'' ging in der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts nach dem Orient, um den Ausgleich zu finden zwischen der Initiation des Ostens und jener des Westens. Eine Folge davon war die definitive Begründung der Rosenkreuzerrichtung im Westen nach seiner Rückkehr. In dieser Form sollte das Rosenkreuzertum die streng geheimgehaltene Schule sein zur Vorbereitung dessen, was der Esoterik öffentlich als Aufgabe zufallen müsse um die Wende des 19. und 20. Jahrhunderts, wenn die äußere Naturwissenschaft zur vorläufigen Lösung gewisser Probleme gekommen sein werde.
"... wir wissen aus früheren Vorträgen, daß wir es auch mit geistigen Wesenheiten zu tun haben, die über den Menschen stehen, und daß auch Beziehungen und Verhältnisse existieren zwischen dem Menschen und erhabeneren geistigen Wesenheiten. Wir haben erwähnt, daß es erhabene geistige Wesenheiten gibt, die nicht so wie der Mensch bestehen aus physischem Leib, Ätherleib, astralischem Leib und so weiter aufwärts, sondern die als unterstes Glied den Ätherleib haben, die uns also sozusagen umwohnen. Für den gewöhnlichen Blick sind sie nicht sichtbar, weil ihre Körperlichkeit eine feine ätherische ist, so daß der menschliche Blick durch sie hindurchschaut. Und dann kommen wir zu noch höheren geistigen Wesenheiten, deren unterstes Glied der astralische Leib ist, die also eine noch weniger dichte Körperlichkeit dem Menschen darbieten.


Als diese Probleme bezeichnete Christian Rosenkreutz:
Alle diese Wesenheiten stehen aber doch in einer gewissen Beziehung zum Menschen, und was uns heute die Hauptsache ist: der Mensch kann durchaus etwas tun, um in seinem Leben hier auf dem irdischen Schauplatz in ganz bestimmte Beziehungen zu solchen Wesenheiten zu kommen. Je nachdem die Menschen hier auf der Erde dieses oder jenes tun für ihre Lebensverhältnisse, je nachdem stellen sie immer Beziehungen zu höheren Welten her, so wenig wahrscheinlich das auch ist für einen Menschen der heutigen, wie man sagt, aufgeklärten Zeit, die gar nicht aufgeklärt ist in bezug auf viele tiefe Wahrheiten des Lebens.


::#Die Entdeckung der Spektralanalyse, wodurch die materielle Konstitution des Kosmos an den Tag kam.
Nehmen wir zunächst Wesenheiten, die als unterste Leiblichkeit einen ätherischen Leib haben, mit diesem feinen Ätherleib um uns herum wohnen, uns umgeben, ihre Wirkungen und Offenbarungen zu uns heruntersenden. Stellen wir solche Wesenheiten im Geiste vor unsere Seele hin und fragen wir uns: Kann der Mensch etwas tun hier auf diesem Erdenrund, oder besser: Taten die Menschen von jeher etwas, damit diese Wesenheiten eine Verbindung, eine Brücke haben, durch die sie zu intensiveren Wirkungen auf den ganzen Menschen kommen? - Ja, von jeher taten die Menschen etwas dazu! Wir müssen uns vertiefen in manche Empfindungen und Vorstellungen, die wir in den letzten Stunden aufnehmen konnten, wenn wir uns von dieser Brücke einen deutlichen Gedanken machen wollen.
::#Die Einführung der materiellen Evolution in die Wissenschaft vom Organischen.
::#Die Erkenntnis der Tatsache eines anderen als des gewöhnlichen Bewusstseinszustandes durch die Anerkennung des Hypnotismus und der Suggestion.


Erst wenn diese materiellen Erkenntnisse innerhalb der Wissenschaft ausgereift wären, sollten gewisse rosenkreuzerische Prinzipien aus dem Geheimwissenschaftlichen in die öffentliche Mitteilung eintreten.
Wir stellen uns also vor, diese Wesenheiten leben sozusagen aus den geistigen Welten heraus und strecken von dort gleichsam ihre Ätherleiber hervor. Sie brauchen keinen physischen Leib, wie der Mensch ihn hat. Aber es gibt eine physische Leiblichkeit, durch die sie ihren Ätherleib sozusagen in Verbindung setzen können mit unserer irdischen Sphäre, eine irdische Leiblichkeit, die wir sozusagen hinstellen können auf unserer Erde, und die ein Anziehungsband bildet, so daß diese Wesenheiten mit ihren Ätherleibern herabkommen zu dieser irdischen Leiblichkeit und in derselben Gelegenheit nehmen, sich unter den Menschen aufzuhalten. Solche Gelegenheiten für geistige Wesenheiten, um sich unter den Menschen aufzuhalten, sind zum Beispiel die Tempel der griechischen Baukunst, sind die gotischen Dome. Wenn wir jene Formen physischer Wirklichkeit mit ihren Linien- und Kräfteverhältnissen, wie sie ein Tempel hat, auch wie sie ein plastisches Kunstwerk der Bildhauerkunst hat, in unsere irdische Sphäre hineinstellen, dann bilden sie eine Gelegenheit, daß nach diesen Kräfteverhältnissen sich die ätherischen Leiber dieser Wesenheiten nach allen Seiten anschmiegen und einschmiegen können in diese von uns aufgerichteten Kunstwerke. Und Kunst ist ein wahres und wirkliches Verbindungsglied zwischen dem Menschen und geistigen Welten. Bis herauf zu jenen Kunstformen, die sich räumlich ausgestalten, haben wir auf der Erde physische Leiblichkeiten, zu denen sich Wesenheiten mit ätherischen Körpern herabsenken.


Für die Zeit bis dahin wurde die christlich-mystische Initiation in der Form dem Abendlande gegeben, in der sie durch den Initiator, dem «Unbekannten aus dem Oberland» erfloss in St. Victor, Meister Eckhart, Tauler usw." {{Lit|{{G|262|23}}}}
Wesenheiten, welche als ihre niederste Leiblichkeit den astralischen Leib haben, brauchen aber etwas anderes hier auf der Erde als Band zwischen der geistigen Welt und unserer Erde, und das sind die musikalischen, die phonetischen Künste. Ein Raum, der durchströmt wird von den Tönen der Musik, ist eine Gelegenheit, daß der leicht bewegliche, in sich bestimmte astralische Leib höherer Wesenheiten in diesem Raum sich auslebt. Da bekommen die Künste und das, was sie für den Menschen sind, eine sehr reale Bedeutung. Sie bilden die magnetischen Anziehungskräfte für die geistigen Wesenheiten, die nach ihrer Mission, nach ihrer Aufgabe mit dem Menschen etwas zu tun haben sollen und wollen. Da vertiefen sich unsere Gefühle gegenüber menschlichem Kunstschaffen und menschlichem Kunstempfinden, wenn wir die Dinge in dieser Weise anschauen." {{Lit|{{G|102|214ff}}}}
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Der rein materialistischen Lösung der genannten drei naturwissenschaftlichen Probleme soll das Wissen von dem wahren [[Physisch]]en, dem [[Ätherisch]]en und dem [[Astral]]en hinzugefügt und öffentlich verbreitet werden.
== Luziferische und ahrimanische Impulse in der Kunst ==
 
[[Bild:Rembrandt_Polnischer_Reiter.jpg|thumb|left|300px|[[Wikipedia:Rembrandt|Rembrandt]]s, ''Der Polnische Reiter (Tamalan verfolgt Bajesid vor Istanbul)'', 1655, gilt nach der Tradition als Porträt von Christian Rosenkreutz in seiner damaligen Inkarnation.]]
 
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"Im Jahre 1459 hat der eigentliche Begründer der Rosenkreuzerströmung selbst jene
Stufe erlangt, durch die er die Macht hatte, auf die Welt so zu wirken, dass von ihm aus
jene Einweihung der Welt gebracht werden konnte." {{Lit|{{G|98|45}}}}
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Dem Jahr [[1459]] kommt dabei besondere Bedeutung zu; nicht früher und nicht später hätte sich die [[Initiation]] des Christian Rosenkreutz in dieser Form vollziehen können. Die [[Chymische Hochzeit]] weist uns darauf hin, wie Christian Rosenkreutz durch Beobachtung und Berechnung der Sternenkonstellationen erkannt hat, dass nun der kosmisch bestimmte Augenblick da ist, zu dem diese Einweihung einzig erfolgen kann. Derart tiefgehende geistige Entwicklungsschritte, die für die ganze Menschheit bedeutsam sind, können nur im Einklang mit dem ganzen [[Kosmos]] geschehen:
Grundsätzlich wirken in der [[Architektur]] und in der [[Skulptur]] vorwiegend [[ahrimanisch]]e, in der [[Musik]] und [[Dichtkunst]] überwiegend [[luziferisch]]e Impulse und die [[Malerei]] wird von beiden Seiten, von [[Luzifer]] und [[Ahriman]], stark beeinflusst. Es gibt aber auch mancherlei Überschneidungen, sodass auch etwa in der Musik stark [[Ahriman]]isches walten kann und in der [[Plastik]] stark [[Luzifer]]isches.


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"Bedeutungsvoll für ihn ist, daß er sich sagen darf, diese Verfassung in seiner Menschen-Wesenheit stehe im Einklang mit den Verhältnissen im Weltall. Er hat in «fleißiger Nachrechnung und Kalkulation» seiner «annotierten Planeten» gefunden, daß diese Verfassung bei ihm in dem Zeitpunkte eintreten darf, in dem sie nunmehr stattfindet. Wer das hier in Betracht Kommende im Sinne der Torheiten mancher «Astrologen» ansieht, der wird es mißverstehen, gleichgültig ob er sich als Gläubiger zustimmend oder als «Aufgeklärter» hohnlächelnd dazu verhält. Der Darsteller der «Chymischen Hochzeit» hat aus guten Gründen dem Titel seines Buches die Jahreszahl 1459 hinzugefügt. Er war sich bewußt, daß die Seelenverfassung des Trägers der Erlebnisse zusammenstimmen muß mit der Verfassung, bei der in einem bestimmten Zeitpunkte das Weltwerden angelangt ist, wenn innere Seelenverfassung und äußerer Weltinhalt nicht eine Disharmonie ergeben sollen. Der von der gewöhnlichen Sinneswahrnehmung unabhängigen Seele muß der äußere übersinnliche Weltinhalt in Harmonie begegnen, wenn durch den Zusammenklang der beiden derjenige Bewußtseinszustand entstehen soll, welcher die «Chymische Hochzeit» ausmacht. Wer glaubt, daß die Konstellation der «annotierten Planeten» eine geheimnisvolle Kraft enthält, welche den Erlebniszustand des Menschen bestimmt, der gliche demjenigen, welcher der Meinung wäre, die Zeigerstellungen seiner Uhr hätten die Kraft, ihn zu einem Ausgang zu veranlassen, den er aus seinen Lebensverhältnissen heraus zu einer bestimmten Stunde hat unternehmen müssen." {{Lit|{{G|35|345}}}}
"Von den fünf Künsten ist das Architektonische
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und das Plastische vorzugsweise dem ahrimanischen Impuls
ausgesetzt; in die Architektur und in die Plastik spielen die ahrimanischen
Impulse hinein. Da hat man es mit den Formen zu tun.
Will man etwas leisten in Architektur oder Plastik, so muß man sich
in das Formelement einleben. Dieses Formelement herrscht namentlich
auf dem physischen Plan. Hier sind die eigentlichen Herrscher
die Geister der Form. In ihr geistiges Element muß man untertauchen,
wenn man sich mit ihnen bekanntmachen will, wie ich es ausgesprochen
habe in dem Bild von dem Hineinstecken des Kopfes wie in
einen Ameisenhaufen. Und jeder, der etwas mit dem plastischen Element
zu tun hat, muß so den Kopf hineinstecken in das lebendige
Element der Geister der Form. Auf dem Gebiete der physischen Welt
haben es nun gemeinsam zu tun die Geister der Form mit dem ahrimanischen
Element ...


Der Einweihungsweg des Christian Rosenkreutz ist nicht der Weg des [[Mystik]]ers, der nach innen geht und zur [[Mystische Hochzeit|Mystischen Hochzeit]] mit dem eigenen geistigen [[Wesen]] führt, sondern er beschreitet den Pfad der [[Alchemist]]en, der nach der Vereinigung mit dem [[Geist]]igen der Außenwelt strebt, das sich hinter der [[Sinneswelt]] verbirgt. Dieser gleichsam objektivere Weg ist unserer Zeit angemessener als der subjektive Weg des Mystikers und ist eine solide Basis für die Erkenntnis der eigenen menschlichen Geistigkeit.  
Wenn wir von der anderen Seite nehmen das musikalische
und poetische Element, so sind das die Künste, wo im engeren
Sinne die luziferischen Impulse wirken. In einem gewissen Sinn
kann man geradezu Poesie und Musik die luziferisch beeinflußten
Künste nennen, Architektur und Plastik die ahrimanisch beeinflußten.
Wie sich in gewisser Weise der Gedanke in der Einsamkeit der Seele
abspielt und dadurch sich absondert von der Gemeinsamkeit, so haben
auch die Erlebnisse der Musik und Poesie etwas, was dem Inneren
der Seele angehört, wo es sich unmittelbar mit dem luziferischen Impuls
begegnet. Wenn wir auch bei Baukunst und Architektur Volksgrenzen
beachten müssen, weil eben überall da, wo Ahriman ist, auch
Luzifer hineinspielt, wenn diese Künste also in gewisser Beziehung
sich auch nach den Volkscharakteren richten, so kann man doch sagen,
daß dieses Element in gewisser Beziehung neutral bleibt. Poesie ist
im wesentlichen gebunden an jenes luziferische Element, das in der
Differenzierung der Volkscharaktere zum Ausdruck kommt. Bei der
Musik beachtet man es wenig, daß auch in ihr etwas ist, was gewissermaßen
zur Differenzierung führt, mehr als in der Baukunst und
Plastik...


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Aber es ist zum Beispiel auch das Folgende durchaus wahr,
"Die Forschungswege des Mystikers und des Alchimisten liegen nach entgegengesetzten Richtungen. Der Mystiker geht unmittelbar in das eigene Geistwesen des Menschen hinein. Sein Ziel ist, was die Mystische Hochzeit genannt werden kann, die Vereinigung der bewußten Seele mit der eigenen geistigen Wesenheit. Der Alchimist will das Geistgebiet der Natur durchwandeln, um nach der erfolgten Wanderung mit den in diesem Gebiet erworbenen Erkenntniskräften das Geistwesen des Menschen zu schauen. Sein Ziel ist die «Chymische Hochzeit», die Vereinigung mit dem Geistgebiet der Natur. Nach dieser Vereinigung erst will er die Anschauung der Menschenwesenheit erleben." {{Lit|{{G|35|341}}}}
trotzdem alles bestehen bleibt, was ich eben gesagt habe. Für die Baukunst
wird es im wesentlichen gelten, daß darin das ahrimanische Element
die bedeutsamsten Impulse liefert. Aber in die Plastik hinein
kann wieder das luziferische Entgegenwirken so stark sein, daß es
plastische Werke geben kann, in denen Luzifer mehr herrscht als
Ahriman. Trotzdem ist richtig, was vorhin gesagt worden ist. Denn
in der geistigen Welt ist nicht nur Verwandlungsfähigkeit, sondern
man kann sagen, alles ist überall. Jedes geistige Element sucht im
Grunde genommen alles zu durchsetzen. So kann es eine luziferische
Plastik geben, trotzdem es wahr ist, daß auf die Plastik der ahrimanische
Impuls vorwiegend wirkt. Man muß also sagen: Während allerdings
die Poesie im wesentlichen dem luziferischen Einfluß unterliegen
wird, kann auf die Musik in hohem Grade der ahrimanische
Impuls wirken, so daß es Musikalisches geben kann, wo viel mehr
Ahrimanisches darinnen ist als Luziferisches, trotzdem das gilt, daß
die Musik in erster Linie dem luziferischen Impuls unterliegt.
In der mittleren Linie zwischen dem Ahrimanischen in Baukunst
und Plastik und dem Luziferischen in Poesie und Musik liegt die
Malerei. Sie ist in gewisser Weise ein neutrales Gebiet, aber nicht ein
solches, in dem man sich bequem niederlassen kann und sich sagen
kann: So, nun male ich drauf los, da kann nicht Luzifer und da kann
nicht Ahriman heran! - sondern in dem Sinn, daß man gerade in dieser
mittleren Linie in dem Fall ist, daß nun von beiden Seiten erst
recht der luziferische und ahrimanische Angriff kommt, und daß man
sich in jedem Augenblicke gegen beide aufrecht zu erhalten hat, so daß
also auf malerischem Gebiete im eminentesten Sinn das Unterliegen
unter dem einen oder anderen Einfluß stattfinden kann. Die mittlere
Linie ist immer diejenige, wo man geradezu im eminentesten Sinne
zwischen den Polaritäten, zwischen den Gegensätzen den harmonisehen
Ausgleich durch den menschlichen Willen und die menschliche
Tat herbeizuführen hat." {{Lit|{{G|147|104ff}}}}
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== Frühere und spätere Inkarnationen des Christian Rosenkreutz ==
== Siehe auch ==
[[Bild:Gsg_005.jpg|thumb|Graf Saint-Germain]]
[[Ästhetik]]
 
[[Hiram Abiff]], der Baumeister des [[Salomonischer Tempel|Salomonischen Tempels]], der in seiner damaligen [[Inkarnation]] bis an die Grenze der [[Einweihung]] kam, wurde wiedergeboren als [[Lazarus]], der nach seiner [[Totenerweckung|Erweckung]] durch den [[Christus]] den Einweihungsnamen [[Johannes (Apostel)|Johannes]] trug. [[Lazarus-Johannes]] wurde im 13. und 14. Jahrhundert erneut wiedergeboren und eingeweiht und trägt seitdem den Namen Christian Rosenkreutz. {{Lit|{{G|265|405ff}} und {{G|265|420}}}} Dazwischen liegt die bereits oben erwähnte Inkarnation in Zusammenhang mit der Sage von [[Flor und Blancheflor]].
 
Nach den Angaben [[Rudolf Steiner]]s wurde Christian Rosenkreutz im achtzehnten Jahrhundert als [[Graf von Saint-Germain]] wiedergeboren.
<!--Als spätere Inkarnation von Christian Rosenkreutz wird von [[Hermann Keimeyer]] noch diejenige als deutscher Großmeister des Malteser-Ordens, Ferdinand von Hompesch zu Bolheim (1744–1805) angegeben<ref>http://www.hermannkeimeyer.de/index.php?option=com_content&task=view&id=91&Itemid=34</ref> problematisch, da es sich mit der Inkarnation als Saint-Germain überschneidet! -->
 
Hohe [[Eingeweihter|Eingeweihte]] wie Christian Rosenkreutz verkörpern sich in jedem Jahrhundert und zwischen ihren einzelnen irdischen Inkarnationen liegen nur kurze Zeiträume. {{Lit|{{G|264|238f}}}} Exoterisch dürfen diese Inkarnationen erst hundert Jahre nach dem Tod bekannt werden, um jeglichen Personenkult auszuschließen. {{Lit|{{G|143|149}}}}
 
== Der [[Ätherleib]] des Christian Rosenkreuz und seine [[Inspiration|inspirierende]] Wirkung ==
 
Hohe [[Eingeweihter|Eingeweihte]] wie Christian Rosenkreutz wirken nicht nur, wenn sie im irdischen [[Leib]] verkörpert sind, sondern auch dann, wenn sie in der [[Geistige Welt|geistigen Welt]] weilen. Nach dem [[Tod]] bleibt sein [[Ätherleib]] erhalten, von dem die [[Rosenkreuzer]]-Bewegung entscheidende Impulse empfangen kann.
 
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"Christian Rosenkreutz ist eine Individualität, welche wirkt sowohl wenn sie inkarniert ist, als auch wenn sie nicht im physischen Leibe verkörpert ist; sie wirkt nicht nur als physische Wesenheit und durch physische Kräfte, sondern vor allem geistig durch höhere Kräfte.
Wie wir wissen, lebt der Mensch nicht nur für sich, sondern im Zusammenhang mit der großen Menschheitsentwickelung. Wenn der gewöhnliche Mensch durch den Tod geht, löst sich sein Ätherleib im Weltenall auf. Aber von dem sich auflösenden Ätherleib bleibt immer ein Teil erhalten, und so sind wir durchweg umgeben von Resten der Ätherleiber Verstorbener, zu unserem Heil oder auch zu unserem Schaden. Sie wirken auf uns in gutem oder bösem Sinne, je nachdem wir selbst gut oder böse sind. Umfassende Wirkungen gehen von den Ätherleibern großer Individualitäten in diesem Sinne auf uns aus. So geht vom Ätherleibe des Christian Rosenkreutz eine große Kraft aus, die auf unsere Seele und auf unsern Geist einwirken kann. Es ist unsere Aufgabe, diese Kräfte kennen zu lernen. Und an diese Kräfte appellieren wir als Rosenkreuzer." {{Lit|{{G|130|57}}}}
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== Wie Christian Rosenkreutz seine Schüler beruft ==
 
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"Diejenigen, die Christian Rosenkreutz zu seinen Schülern machen will, werden von ihm auf eine eigentümliche Weise dazu auserwählt. Es handelt sich dabei darum, daß der also Erwählte achtgeben muß auf ein bestimmtes Ereignis oder mehrere Ereignisse dieser Art in seinem Leben. Es geschieht diese Erwählung durch Christian Rosenkreutz so, daß irgendein Mensch in seinem Leben an einen entscheidenden Wendepunkt, an eine karmische Krise herankommt. Nehmen wir zum Beispiel an, ein Mensch sei im Begriff, eine Sache zu begehen, die ihn zum Tode führen würde. Solche Dinge können die verschiedensten sein. Der Mensch geht einen Weg, der für ihn sehr gefährlich werden kann, vielleicht bis in die Nähe eines Abgrundes, ohne es zu bemerken. Es geschieht dann, daß der Betreffende vielleicht wenige Schritte vor dem Abgrund eine Stimme hört: Halt ein! - so daß er halten muß, ohne zu wissen warum. Tausend ähnliche Fälle kann es geben. Zu bemerken ist allerdings, daß dies nur das äußere Zeichen ist, aber das wichtigste Zeichen der äußeren spirituellen Berufung. Zur inneren Berufung gehört, daß der Erwählte sich mit irgend etwas Spirituellem, Theosophie oder sonstiger geistiger Wissenschaft beschäftigt hat. Das Ihnen genannte äußere Ereignis ist eine Tatsache in der physischen Welt, rührt aber nicht von einer menschlichen Stimme her. Das Ereignis ist immer so gestaltet, daß der Betreffende ganz genau weiß, daß die Stimme aus der geistigen Welt kam. Es kann zuerst der Glaube herrschen, daß ein Mensch irgendwo versteckt sei, von dem die Stimme herrühre, aber wenn der Schüler reif ist, findet er heraus, daß nicht etwa eine physische Persönlichkeit in sein Leben eingegriffen hat. Kurz, die Sache ist so, daß durch dieses Ereignis der Schüler ganz genau weiß, daß es Mitteilungen gibt aus der geistigen Welt. Solche Ereignisse können einmal, aber auch öfters vorkommen im menschlichen Leben. Wir müssen nun die Wirkung davon auf das Gemüt des Schülers verstehen. Der Schüler sagt sich: Es ist mir durch Gnade ein weiteres Leben geschenkt worden; das erste war verwirkt. -Dieses neue, durch Gnade verliehene Leben gibt dem Schüler Licht in seinem ganzen folgenden Leben. Er hat dieses bestimmte Gefühl, das man in die Worte kleiden kann: Ohne dieses mein Rosenkreuzer-Erlebnis wäre ich gestorben. Das nun folgende Leben hätte nicht denselben Wert ohne dieses Ereignis." {{Lit|{{G|130|69f}}}}
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== Christian Rosenkreutz und das künftige [[Oriphiel]]-Zeitalter ==
 
 
{{GZ|Im Zeitalter des [[Oriphiel]] wurde Christus geboren; wenn Oriphiel wieder an die Herrschaft kommt (in einigen Jahrhunderten), dann muss das geistige Licht, das von Christian Rosenkreutz gebracht wurde und nun verbreitet wird, auch eine Schar hellsichtiger Menschen erzeugt haben.|266a|169}}
 
==Literatur==
{{Glomer|?ActionCall<nowiki>=</nowiki>WebActionArticleSearch&Params[SearchParam]<nowiki>=</nowiki>Christian+Rosenkreutz}}
*Hinricus Madathanus Theosophus: ''Geheime Figuren der Rosenkreuzer'', 1785 [http://digicoll.library.wisc.edu/cgi-bin/HistSciTech/HistSciTech-idx?type=header&id=HistSciTech.GeheimeFiguren]
*Viktor Stracke: ''Das Geistgebäude der Rosenkreuzer'', Vlg. am Goetheanum, Dornach 1993
* [[Johann Valentin Andreae]]: ''Die Bruderschaft der Rosenkreuzer. Esoterische Texte'' (Diederichs Gelbe Reihe; 53). Diederichs, München 1995, ISBN 3-424-00793-5 (hrsg. von Gerhard Wehr)
*[[Johann Valentin Andreä]]: ''Die Chymische Hochzeit des Christian Rosencreutz'', gedeutet und kommentiert von Bastiaan Baan, Verlag Urachhaus, Stuttgart 2001
*[[Johann Valentin Andreae]]: ''Die Chymische Hochzeit des Christian Rosenkreuz Anno 1459''. 5. Auflage, Ins neudeutsche übertragen von Dr. Walter Weber. Mit Anmerkungen von Walter Weber und einem Aufsatz von Rudolf Steiner, Zbinden Vlg., Basel 2004, ISBN 978-3859891937
* Hella Krause-Zimmer: ''Christian Rosenkreutz: Sich kreuzende Lebenswege mit Johannes dem Täufer zum Inkarnationen-Kreuz'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2015, ISBN 978-3-7235-1547-1
* Christiane Haid, Wolf-Ulrich Klünker, Mechtild Oltmann: ''Johannes-Lazarus: Die Geistselbstberührung des Ich'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2016, ISBN 978-3-7235-1554-9
* Sergej O. Prokofieff: ''Zwei Johannes-Gestalten an der Zeitenwende: Johannes der Täufer und Johannes der Evangelist. Eine esoterische Betrachtung'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2017, ISBN 978-3-7235-1543-3
*Paul Regenstreif: ''Christian Rosenkreutz und seine Mission''. Als Studienmaterial auf der Grundlage von Hinweisen Rudolf Steiners zusammengestellt und bearbeitet von [[Paul Regenstreif]], Verlag Die Kommenden, Freiburg i. Br. 1977 (Neu herausgegeben beim Kaspar-Hauser-Verlag, 2014)
*Bernard Lievegoed: ''Über die Rettung der Seele'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1994
*Peter Selg: ''Rudolf Steiner und Christian Rosenkreutz'', Vlg. des Ita Wegmann Instituts, Arlesheim 2011
*Willy Schrödter: ''Die Geheimkünste der Rosenkreuzer'', Verlag Baumgartner, Warpke-Billerbeck 1954
*Jostein Saether: ''Christian Rosenkreutz und die islamische Welt - 400 Jahre Fama Fraternitatis'', Tredition, Hamburg 2015, ISBN 978-3732308019
*[[Gerhard Wehr]]: ''Rosenkreuzerische Manifeste''. Fama Fraternitatis (1614), Confessio Fraternitatis (1615), Chymische Hochzeit Christiani Rosenkreuz: Anno 1459 (1916), J. W. von Goethe: Die Geheimnisse, Novalis Vlg., Schaffhausen 1980
*Gerhard Wehr: ''Die Bruderschaft der Rosenkreuzer: Die Originaltexte'', Edition Pleroma 2014, ISBN 978-3939647225; eBook ASIN B00NFFGXIK
*Gerhard Wehr: ''Christian Rosenkreuz: Urbild und Mysterium der Rosenkreuzer'', Edition Pleroma 2008, ISBN 978-3939647065
*Rolf Speckner: ''Christian Rosenkreutz und Rudolf Steiner'', ein Vortrag, Hörbuch-CD, ISBN 978-3-03752-034-5
*Rudolf Steiner: ''Philosophie und Anthroposophie'', [[GA 35]] (1984)
*Rudolf Steiner: ''Wo und wie findet man den Geist?'', [[GA 57]] (1984)
*Rudolf Steiner: ''Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt'', [[GA 98]] (1996)
*Rudolf Steiner: ''Erfahrungen des Übersinnlichen. Die drei Wege der Seele zu Christus'', [[GA 143]] (1994)
*Rudolf Steiner: ''Bausteine zu einer Erkenntnis des Mysteriums von Golgatha'', [[GA 175]] (1996)
*Rudolf Steiner: ''Mysteriengestaltungen'', [[GA 232]] (1998)
*Rudolf Steiner / Marie Steiner-von Sivers: ''Briefwechsel und Dokumente 1901–1925'', 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, [[GA 262]] (2002)
*Rudolf Steiner: ''Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914'', [[GA 264]] (1987)
*Rudolf Steiner: ''Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule von 1904 bis 1914'', [[GA 265]] (1987)
*Rudolf Steiner: ''Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band I: 1904 – 1909'', [[GA 266/1]] (1995)
*Rudolf Steiner: ''Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit'', [[GA 130]] (1995)
*Rudolf Steiner: ''Die Theosophie des Rosenkreuzers'', [[GA 99]] (1985)


== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Das Gesundheitsfieber im Lichte der Geisteswissenschaft. Antwort auf Fragen'', Leipzig, 12. Oktober 1907 ''(unveröffentlicht)'' [http://www.steiner-klartext.net/pdfs/19071012a-01-01.pdf]
#Rudolf Steiner: ''Vier Mysteriendramen'', [[GA 14]] (1998), ISBN 3-7274-0140-0; '''Tb 607''' (I + II), ISBN 978-3-7274-6070-8 + '''Tb 608''' (III + IV), ISBN 978-3-7274-6080-7
#Rudolf Steiner: ''Das Hereinwirken geistiger Wesenheiten in den Menschen'', [[GA 102]] (1984), Dreizehnter Vortrag, Berlin, 11. Juni 1908
#Rudolf Steiner: ''Die Geheimnisse der Schwelle'', [[GA 147]] (1997), ISBN 3-7274-1470-7 {{Vorträge|147}}
#Rudolf Steiner: ''Kunst und Kunsterkenntnis. Grundlagen einer neuen Ästhetik'', [[GA 271]], 3. Aufl. 1985,  ISBN 3-7274-2712-4 (auch als Tb erhältlich)
#Rudolf Steiner: ''Kunst im Lichte der Mysterienweisheit'', [[GA 275]] (1990), ISBN 3-7274-2750-7 {{Vorträge|275}}
#Herbert Witzenmann: ''Die Kunst als Muttersprache der Menschheit. Erkenntnisästhetik - Sprachästhetik - Sozialästhetik''. Verlag am Goetheanum, 1.Aufl. 2008, ISBN 3857042044
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{{GA}}


== Weblinks ==
[[Kategorie:Kunst]][[Kategorie:Ästhetik]]
# [http://digicoll.library.wisc.edu/cgi-bin/HistSciTech/HistSciTech-idx?type=header&id=HistSciTech.GeheimeFiguren Geheime Figuren der Rosenkreuzer, aus dem 16ten und 17ten Jahrhundert] (1785)
# [http://www.odysseetheater.com/jump.php?url=http://www.odysseetheater.com/ftp/bibliothek/Alchemie/Geheime_Figuren_der_Rosenkreuzer.pdf Geheime Figuren der Rosenkreuzer, aus dem 16ten und 17ten Jahrhundert] (1785) als PDF-Dokument (ca. 15 MB)
#[http://www.odysseetheater.com/jump.php?url=http://www.odysseetheater.com/ftp/bibliothek/Alchemie/Johann_Valentin_Andreae_Chymische_Hochzeit_Christiani_Rosencreutz_Anno_1459.pdf Johann Valentin Andreae: ''Chymische Hochzeit des Christiani Rosencreutz Anno 1459'']
#[http://www.odysseetheater.com/jump.php?url=http://www.odysseetheater.com/ftp/anthroposophie/Rudolf_Steiner/DIE_CHYMISCHE_HOCHZEIT_DES_CHRISTIAN_ROSENKREUTZ.pdf Rudolf Steiner: ''Die Chymische Hochzeit des Christian Rosenkreutz'']
# [http://www.odysseetheater.com/jump.php?url=http://www.odysseetheater.com/ftp/bibliothek/Alchemie/Fama_Fraternitatis.pdf Fama Fraternitatis]
# [http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10919630_00005.html Allgemeine und General Reformation der ganzen weiten Welt. Beneben der Fama Fraternitatis des löblichen Ordens des Rosencreutzes] (gedruckt zu Cassel durch Wilhelm Wessel anno 1614)
# [http://www.odysseetheater.com/jump.php?url=http://www.odysseetheater.com/ftp/bibliothek/Alchemie/Confessio_Fraternitatis.pdf Confessio Fraternitatis]
# [http://www.hermetik.ch/ath-ha-nour/site/hermetikfama.htm Fama Fraternitatis] auf [http://hermetik.ch hermetik.ch]
# [http://hermetik.ch/ath-ha-nour/site/hermetikconfessio.htm Confessio Fraternitatis] auf [http://hermetik.ch hermetik.ch]
# [http://www.anthroweb.info/erweiterungen/quellen/fama-fraternitatis.html Fama Fraternitatis des löblichen Ordens des Rosencreutzes] (ins Neuhochdeutsche übertragen von [[Lorenzo Ravagli]])
# [http://www.anthroweb.info/erweiterungen/quellen/confessio-fraternitatis.html Confessio Fraternitatis] (ins Neuhochdeutsche übertragen durch [[Lorenzo Ravagli]])
#[http://www.anthroweb.info/erweiterungen/quellen/chymische-hochzeit.html Chymische Hochzeit Christiani Rosenkreutz] (ins Neuhochdeutsche übertragen von [[Lorenzo Ravagli]])
# [http://archive.org/details/famafraternitati00andr Fama fraternitatis, oder, Entdeckung der Brüderschafft des löblichen Ordens dess Rosen Creutzes: beneben der Confession, oder, Bekantnus derselben Fraternitet, an alle Gelehrte und Häupter in Europa geschrieben : auch etlichen Responsionen von Haselmeyern und anderen gelehrten Leuten auff die Famam gestellet], Danzig 1615 auf [http://archive.org archive.org]
#[http://www.alchemylab.com/christian_rosenkreutz.htm Christian Rosenkreutz: Founder of the Rosicrucian Movement]
 
== Einzelnachweise ==
<references/>
 
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[[Kategorie:Meister]]

Version vom 7. März 2015, 18:55 Uhr

Die Kunst (von althochdeutsch kunst = "können", "das, was man beherrscht; Kenntnis, Wissen, Meisterschaft") umfasst nach anthroposophischer Deutung im weitesten Sinn alle Produkte und Tätigkeiten, die dem schöpferischen Können, entspringen, durch das der Künstler das, was ihm von der Natur an Dingen und Fähigkeiten gegeben ist, durch seinen kreativen Willen so verwandelt, erweitert und erhöht, dass dadurch das Sinnliche bereits als ein Geistiges erscheint.

Goethe als Vater einer neuen Ästhetik

Dass das Sinnliche bereits als ein Geistiges erscheint, hat Rudolf Steiner schon 1888 als den wesentlichen Charakterzug von Goethes künstlerischem Schaffen beschrieben in seinem Vortrag „Goethe als Vater einer neuen Ästhetik“. Steiner hatte damit als Erster in philosophischer Sprache das ästhetische Prinzip formuliert, das unausgesprochen Goethes Schaffen zu Grunde lag und zugleich weit über diesen hinaus in die Zukunft weist. Gemäß dieses Prinzips ist das Schöne nicht die Erscheinung eines Ideellen, d.h. eines abstrakt Geistigen, im sinnlichen Kleide, wie noch die deutschen Idealisten meinten, sondern es entsteht vielmehr umgekehrt aus einer solchen Umgestaltung und Erhöhung des Sinnlich-Tatsächlichen, dass dieses selbst, so wie es uns vor Augen steht, bereits als ein Ideelles, als ein konkret Geistiges erscheint. Die Kunst ist damit weder ein bloßer sinnlicher Abglanz des Geistigen, noch kann sie sich in der reinen Nachahmung der Natur erschöpfen. Sehr deutlich spricht Steiner in seinem Mysteriendrama "Die Pforte der Einweihung" aus,

"... daß es widersinnig ist, durch die menschlichen Seelenkräfte das noch einmal zu bilden, was höhere Mächte als das wahrste Kunstwerk vor uns ausbreiten. Doch haben dieselben Mächte dem Menschen ein Streben in die Seele gelegt, an dem Schöpfungswerke gewissermaßen fortzuarbeiten, um das der Welt zu geben, was diese Mächte noch nicht selbst vor die Sinne hinstellen. In allem, was der Mensch schaffen kann, haben die schöpferischen Mächte die Natur unvollendet gelassen. Warum sollte er ihre Vollkommenheit in unvollkommener Gestalt nachbilden, da er doch ihre Unvollkommenheit in Vollkommenheit wandeln kann." (Lit.: GA 014, S. 126)

In der Natur draußen und auch im menschlichen Leben kommt das, was als Geistiges darin waltet, nur bruchstückhaft und unvollständig zur Geltung und wird durch mancherlei Zufälligkeiten des äußeren Lebens verdeckt. Die Aufgabe des Künstlers besteht darin, den Schutt der unwesentlichen Zufälligkeiten beiseite zu räumen, und das was in der Natur und im menschlichen Leben zwar veranlagt, aber nicht zu Ende geführt ist, zur vollständigen Erscheinung zu bringen.

Die zwei Erbsünden des künstlerischen Schaffens

Die reine Nachahmung des Sinnlichen und die (allegorisierende) Darstellung des Übersinnlichen sind die beiden Erbsünden der Kunst.

"Mit Bezug auf das künstlerische Empfinden und künstlerische Schaffen scheint es mir aber jedenfalls notwendig, daß man von zwei Erbsünden spreche. Und zwar scheint mir die eine Erbsünde im künstlerischen Schaffen, im künstlerischen Genießen, die der Abbildung, der Nachahmung zu sein, der Wiedergabe des bloß Sinnlichen. Und die andere Erbsünde scheint mir zu sein, durch die Kunst ausdrücken, darstellen zu wollen, offenbaren zu wollen das Übersinnliche. Dann aber wird es sehr schwierig sein, schaffend oder empfindend an die Kunst heranzukommen, wenn man ablehnen will sowohl das Sinnliche wie das Übersinnliche. Dennoch scheint mir dies einem gesunden menschlichen Empfinden zu entsprechen. Wer nur das Sinnliche in der Kunst haben will, der wird ja kaum hinauskommen über irgendein feineres illustratives Element, das sich zwar zur Kunst erheben kann, das aber eine wirkliche Kunst doch eigentlich nicht geben kann. Und es gehört schon, wie man wohl sagen kann, ein etwas verwildertes Seelenleben dazu, wenn man sich beruhigen will bei dem bloß illustrativen Element der Nachahmung des Sinnlichen oder des sonst irgendwie durch die bloße Sinneswelt Gegebenen. Aber es gehört eine Art Besessenheit durch den eigenen Verstand, durch die eigene Vernunft dazu, wenn man verlangen wollte, daß eine Idee, daß Rein-Geistiges künstlerisch verkörpert werde. Weltanschauungsdichtungen, Darstellungen von Weltanschauungen durch die Kunst entsprechen doch einem nicht ausgebildeten Geschmack, entsprechen einer Barbarisierung des menschlichen Empfindungslebens." (Lit.: GA 271, S. 81f)

Die intellektuelle Interpretation von Kunstwerken ist unkünstlerisch

"Über Kunstwerke darf man nicht spintisieren, das ist grübeln, oder nachsinnen; sie müssen einfach auf uns wirken." (Lit.: R. Steiner, Leipzig, 12.10.1907)

Dies betrifft auch den frühen Vortrag/Autoreferat 1888 von Steiner "Goethe als Vater einer neuen Ästhetik", an dessen Grundaussage, inwiefern Hegels Ästhetik der Kunst nicht gerecht wird, Steiner in späteren Vorträgen über die Kunst zwar festhält, aber er seiner damaligen Art, sich dem Phänomen Kunst zuzuwenden, eine Absage erteilt.

"Es war, als ich vor Anthroposophen über das «Wesen der Künste» sprach. Und jetzt konnte ich, nach der damaligen Stimmung des ganzen Milieus, nicht in derselben Art sprechen. Jetzt wollte ich so sprechen, dass ich innerhalb des künstlerischen Erlebens selbst stehenbleiben konnte. Jetzt wollte ich künstlerisch über Kunst sprechen. Und ich wusste wiederum, jetzt bin ich auf der anderen Seite des Ufers, jenseits welchem ich dazumal mit meinem Vortrage «Goethe als Vater einer neuen Ästhetik» gestanden habe. Und jetzt sprach ich so, dass nun sorgfältig vermieden wurde das Hineingleiten in philosophische Formulierung. Denn ich empfand es wie etwas, was sofort das eigentliche Wesen der Kunst aus den Worten hinwegnimmt, wenn man hineingleitet in philosophische Charakteristik. Das Unkünstlerische des bloßen Begriffes durchwühlte dazumal die Kräfte, aus denen die Rede kommt. Und ich versuchte aus jener Stimmung heraus nunmehr psychologisch über die Künste zu sprechen, welche im strengsten Sinne vermeidet, bis zur philosophischen Formulierung hinzugleiten. Heute soll ich nun wieder über die Psychologie der Künste sprechen." (Lit.: GA 271, S. 208, 6. Vortrag)

Die Künste und ihre Beziehung zu den Wesensgliedern des Menschen

Pompeo Girolamo Batoni, Die bildenden Künste (nach 1740), Galerie Alte Meister, Dresden.

Die verschiedenen Künste stehen nach den Angaben Rudolf Steiners in enger Beziehung zu den Wesensgliedern des Menschen (vgl. dazu auch (Lit.: GA 275, S. 39ff):

Architektur physischer Leib
Bildhauerei (Plastik und Skulptur) Ätherleib
Malerei Empfindungsseele bzw. Astralleib
Musik Verstandes- oder Gemütssseele (Ich)
Dichtkunst Bewusstseinsseele, in der sich das Geistselbst ausdrückt
Eurythmie Geistselbst, in das sich der Lebensgeist hereinsenkt

"Wir haben ja zu verschiedenen Zwecken darauf aufmerksam gemacht, daß wir in dem tagwachenden Menschen vor uns haben den physischen Leib, den Ätherleib, den astralischen Leib und das Ich, daß wir in dem schlafenden Menschen vor uns haben im Bette liegend den physischen Leib und den Ätherleib, und außerhalb des physischen Leibes und des Ätherleibes das Ich und den astralischen Leib. Es ist gut, wenn wir diese zwei, für jeden Menschen innerhalb vierundzwanzig Stunden wechselnden Bewußtseinszustände zu unserem heutigen Zwecke ausführlicher betrachten. Wir haben zunächst am Menschen den physischen Leib, dann den Äther- oder Lebensleib, dann dasjenige, was wir den astralischen Leib im gröberen Sinne des Wortes nennen, den Seelenleib, der zu dem astralischen Leib gehört, aber verbunden ist mit dem Ätherleib. Das ist das Glied des Menschen, das auch das Tier hier in dem physischen Leben unten auf dem physischen Plan hat. Dann aber wissen wir, daß mit diesen drei Gliedern der menschlichen Wesenheit verbunden ist - Sie können das in meiner «Theosophie» nachlesen - dasjenige, was man sonst zusammenfaßt unter dem «Ich», das eigentlich ein dreigliedriges Wesen ist: Empfindungsseele, Verstandes- oder Gemütsseele und Bewußtseinsseele, und wir wissen, daß dann wiederum die Bewußtseinsseele verknüpft ist mit dem, was wir das Geistselbst oder Manas nennen. Legen wir uns diese ausführlichere Gliederung des Menschen vor, dann können wir sagen:

Was wir Empfindungsseele nennen und was durchaus sonst dem astralischen Leibe zugehört und auch astralischer Natur ist, das löst sich heraus, wenn der Mensch abends einschläft; aber ein Teil des Seelenleibes bleibt dennoch mit dem Ätherleibe, der im Bette bleibt, verbunden. Im wesentlichen löst sich beim Menschen Empfindungsseele, Verstandesseele und Bewußtseinsseele heraus. Beim tagwachenden Menschen ist das alles miteinander verbunden, und dadurch wirkt das dann auch alles immer im Menschen. Also dasjenige, was im physischen Leibe vorgeht, wirkt auf die ganze Innerlichkeit, auf Empfindungsseele, Verstandesseele und auch auf die Bewußtseinsseele. Was in dem gewöhnlichen, eigentlich recht ungeordneten und chaotischen Leben auf den Menschen wirkt, die ungeordneten Eindrücke, die er vom Morgen bis zum Abend aufnimmt - denken Sie nur einmal daran, was Sie für Eindrücke aufnehmen, wenn Sie durch das Gerassel und Gepolter einer Großstadt gehen -, das alles sind Eindrücke, die sich fortsetzen in alle die Glieder, die bei dem tagwachenden Bewußtsein mit physischem Leib und Ätherleib verbunden sind. In der Nacht ist die Innerlichkeit - Empfindungsseele, Verstandesseele und Bewußtseinsseele - in der astralischen Welt, holt sich von dort die Kräfte, die Harmonien, die während des tagwachenden Lebens für sie durch die chaotischen Eindrücke des Tages verlorengehen. Da ist das, was man im umfassenderen Sinne des Menschen Ich-Seele nennt, in einer geordneteren, geistigeren Welt als während des Tagwachens. Am Morgen taucht diese Seeleninnerlichkeit heraus aus dieser Geistigkeit und taucht unter in die dreifache Leiblichkeit physischer Leib, Ätherleib und den Teil des astralischen Leibes, der eigentlich mit dem Ätherleib verbunden ist und auch in der Nacht mit dem Ätherleib verbunden bleibt.

Wenn nun der Mensch nie schlafen würde, das heißt, sich niemals neue stärkende Kräfte aus der geistigen Welt holen würde, dann würde zuletzt alles, was in seinem physischen Leib lebt und seinen physischen Leib an Kräften durchdringt, immer mehr und mehr in Verfall kommen, immer mehr untergraben werden. Dadurch aber, daß jeden Morgen eine starke Innerlichkeit untertaucht in die Kräfte des physischen Leibes, kommt immer neue Ordnung, man möchte sagen, eine Wiedergeburt der Kräfte in diesen physischen Leib hinein. Es bringt sich daher die menschliche Seelenhaftigkeit für jedes der Leibesglieder etwas mit aus der geistigen Welt, etwas, was wirkt, wenn die Seeleninnerlichkeit, die in der Nacht draußen ist, und das äußere physische Werkzeug zusammen sind.

Was nun in dem Wechselwirken zwischen der Seeleninnerlichkeit und dem eigentlichen physischen Werkzeug geschieht, das kann, wenn der Mensch empfänglich ist für die Aufnahme der Harmonien in der geistigen Welt, in der Nacht den physischen Leib in seinen Kräften -nicht in seinen Stoffen - durchdringen mit den Kräften, die man nennen möchte die Raumeskräfte. Weil der Mensch in unserer gegenwärtigen Kultur so sehr der geistigen Welt entfremdet ist, kommen gerade diese Raumeskräfte bei ihm wenig zur Geltung. Da, wo die Seeleninnerlichkeit zusammenstößt mit dem dichtesten Glied des Menschenleibes, müssen die Kräfte schon sehr stark sein, die mitgebracht werden, wenn sie sich ausleben sollen in dem robusten physischen Leib. In zarter empfindenden Kulturepochen brachten sich die Seeleninnerlichkeiten die Seelenimpulse mit und durchdrangen leichter diesen physischen Leib, und da empfanden die Menschen dann, daß durch den physischen Raum nach allen Seiten immer Kräfte gehen, daß dieser physische Raum durchaus nicht eine gleichgültige leere Räumlichkeit, sondern nach allen Richtungen von Kräften durchzogen ist. Es gibt ein Gefühl für diese Kraftverteilung im Raume; das wird durch die Verhältnisse bewirkt, die eben jetzt geschildert worden sind. Sie müssen sich das durch ein Beispiel vergegenwärtigen.

Denken Sie sich einen der Maler, die noch großen Kunstzeiten angehörten, wo man noch so recht ein Gefühl für die im Raum wirkenden Kräfte hatte. Bei einem solchen Maler könnten Sie sehen, wie er eine Gruppe von drei Engeln im Raume malt. Sie stehen vor dem Bilde und haben unmittelbar die Empfindung: Diese drei Engel können nicht herunterfallen; es ist selbstverständlich, daß sie schweben, denn sie halten sich gegenseitig durch die wirkenden Raumeskräfte, wie die Weltenkugeln sich halten durch die Kräfte des Raumes. Diejenigen Menschen, die durch jene Wechselwirkung zwischen der Seeleninnerlichkeit und dem physischen Leib diese innere Dynamik sich aneignen, für die ist das Gefühl vorhanden: Das muß so sein; die drei Engel halten sich im Raum. Sie werden das namentlich bei manchen älteren Malern finden, weniger wohl bei den neueren. Man mag Böcklin noch so sehr schätzen; aber diejenige Gestalt, die über der «Pietä» schwebt, ruft bei jedem Menschen das Gefühl hervor, daß sie jeden Augenblick herunterplumpsen müsse; die hält sich nicht im Raum.

Alle diese im Raum hin- und hergehenden Kräfte, die ein Mensch so recht im Raume fühlt, sind Realitäten, Wirklichkeiten, und aus diesem Raumgefühl geht hervor alle Baukunst. Echte, wahre Baukunst entspringt aus nichts anderem, als daß man in die Linien, die schon im Raume da sein müssen, die Steine oder Ziegel hineinlegt, wobei man gar nichts tut, als nur dasjenige sichtbar zu machen, was im Raume ideell, geistig verteilt schon vorhanden ist, indem man da die Materie hineinstopft. Am reinsten hat dieses Raumgefühl der griechische Baukünstler gehabt, der in seinem Tempel in allen seinen Formen zur Darstellung brachte, was im Raume lebt, was man im Raume fühlen kann. Das einfache Verhältnis: daß die Säule trägt — und sie trägt entweder die horizontalen oder die schräggestellten Linienkörper -, ist eine Wiedergabe innerhalb des Raums befindlicher geistiger Kräfte. Und der ganze griechische Tempel ist nichts anderes als eine Ausfüllung dessen, was innerhalb des Raumes lebt, mit Materie. Daher ist der griechische Tempel der reinste architektonische Gedanke, kristallisierter Raum. Und so sonderbar das dem modernen Menschen erscheinen mag: der griechische Tempel ist, weil er eine aus Gedanken zusammengefügte physische Leiblichkeit ist, die Gelegenheit, daß diejenigen Gestalten, welche die Griechen als ihre Göttergestalten gekannt haben, mit ihren Ätherleibern die ihnen vertrauten Raumlinien wahrhaftig berühren und darin wohnen konnten. Es ist mehr als eine bloße Phrase, wenn gesagt wird, daß der griechische Tempel ein Wohnhaus des Gottes ist. Der griechische Tempel hat ein Eigentümliches für den, der ein wirkliches Gefühl für solche Sachen hat, er hat das Eigentümliche, daß man sich vorstellen kann: Weit und breit wäre kein Mensch, der ihn besähe, und darinnen wäre auch niemand. Der griechische Tempel braucht keinen Menschen, der ihn anschaut, niemanden, der hineingeht. Denken Sie sich den griechischen Tempel, der allein dasteht, und weit und breit ist kein Mensch. Dann ist er, was er am intensivsten sein soll. Dann ist er die Herberge des Gottes, der darin wohnen soll, weil in den Formen der Gott wohnen kann. Nur so versteht man wirklich die griechische Baukunst, die reinste Baukunst der Welt.

Die ägyptische Baukunst etwa in der Pyramide ist etwas ganz anderes. Wir können jetzt diese Dinge nur berühren. Da sind die Raumverhältnisse, die Raumlinien so angeordnet, daß sie in ihren Verhältnissen und Formen der zu den geistigen Welten aufschwebenden Seele die Wege weisen. Aus den Wegen, welche die Seele nimmt aus der physischen Welt in die geistige Welt hinein, haben wir die Formen gegeben, die sich in der ägyptischen Pyramide ausdrücken. Und so haben wir in jeder Art von Architektonik den nur aus der Geistigkeit heraus begreiflichen Gedanken.

In der romanischen Baukunst, welche den Rundbogen hat, welche zum Beispiel Kirchengebäude so angeordnet hat, daß wir Hauptschiff und Nebenschiffe, dann aber auch ein Querschiff und eine Apsis haben, so daß das Ganze Kreuzform hat und oben den Kuppelabschluß, da haben wir den Raumgedanken herausgewachsen aus der Grabstätte. Den romanischen Bau können Sie sich nicht ebenso denken wie den griechischen Tempelbau. Der griechische Tempel ist das Wohnhaus des Gottes. Der romanische Bau ist nicht anders zu denken, als daß er eine Begräbnisstätte darstellt. Die Krypta gehört dazu; nicht etwa, daß Menschen im unmittelbaren Leben nicht auch darin stehen; aber es gehört dazu, daß es eine Stätte ist, die alle Gefühle zusammenzieht, die sich auf Bewahrung und Behütung der Toten beziehen.

Im gotischen Bau haben Sie wieder etwas anderes. So wahr es ist, daß der griechische Tempel weit und breit ohne Menschenseele gedacht werden kann: er ist doch bevölkert, weil er das Wohnhaus des Gottes ist, so wahr ist der gotische Dom, der mit den Spitzbögen oben abschließt, nicht zu denken ohne die gläubige Menge, die darinnen ist. Er ist nichts Vollständiges. Wenn er einsam dasteht, ist er nicht das Ganze. Die Menschen darinnen gehören dazu mit ihren gefalteten Händen, ebenso gefaltet wie die Spitzbögen. Erst dann ist das Ganze da, wenn die Räume erfüllt sind von den Gefühlen der andächtigen Gläubigen. Das sind die in uns wirksam werdenden Kräfte, die im physischen Leibe empfunden werden als ein Sich-Hineinfühlen in den Raum. Der wahre Künstler fühlt so den Raum und gestaltet ihn architektonisch.

Wenn wir jetzt heraufgehen zum Ätherleib, haben wir wiederum das, was sich die Seeleninnerlichkeit des Nachts in der geistigen Welt aneignet und sich mitbringt, wenn sie in den Ätherleib wieder hineinschlüpft. Was wir auf diese Weise als ein im Ätherleib sich Ausdrückendes haben, das empfindet der wirkliche Plastiker, der wirkliche Bildhauer, und er prägt es den lebendigen Gestalten ein. Da ist es nicht der Raumgedanke, sondern die Tendenz, mehr an der lebenden Form zu zeigen und auszugestalten, als was sich ihm in der Natur dargeboten hat. Was der griechische Künstler darin mehr gewußt hat, zum Beispiel bei dem Zeus, das ist das, was er sich mitgebracht hat aus der geistigen Welt, was sich belebt und empfunden wird, wenn es zusammenkommt mit dem Ätherleib.

Weiter geschieht eine solche Wechselwirkung mit dem, was wir Seelenleib nennen. Wenn die Seeleninnerlichkeit zusammenkommt mit dem Seelenleib, entsteht auf dieselbe Art das Gefühl für die Führung der Linie, für die ersten Elemente der Malerei. Und dadurch, daß am Morgen die Empfindungsseele sich vereinigt mit dem Seelenleib und ihn durchdringt, entsteht das Gefühl für Farbenharmonik. So haben wir zunächst die drei Kunstformen, die mit den äußeren Mitteln arbeiten, die ihr Material aus der Außenwelt nehmen.

Dadurch nun, daß die Verstandes- oder Gemütsseele jede Nacht in die astralische Welt entflieht, geht wieder etwas anderes hervor. Wenn wir im Sinne der Geisteswissenschaft den Ausdruck «Verstandesseele» gebrauchen, müssen wir nicht an den trockenen, nüchternen Verstand denken, an den man denkt, wenn man im gewöhnlichen Leben von Verstand spricht. «Verstand» ist für die Geisteswissenschaft der Sinn für Harmonie, die nicht im äußeren Stoffe verkörpert werden kann, der Sinn für erlebte innere Harmonie. Deshalb sagen wir auch Verstandes- oder Gemütsseele. Wenn nun jede Nacht die Verstandes- oder Gemütsseele eintaucht in die Harmonien der astralischen Welt und sich morgens derselben im astralischen Leibe wieder bewußt wird - in demselben astralischen Leibe, der ja zurückkehrt, der aber in der Nacht sich seiner Innerlichkeit nicht bewußt ist beim heutigen Menschen -, da geschieht folgendes: In der Nacht lebt die Verstandes- oder Gemütsseele in dem, was wir immer die Sphärenharmonien genannt haben, die innere Gesetzmäßigkeit der geistigen Welt, jene Sphärenharmonien, auf welche die alte pythagoreische Schule hingedeutet hat als auf das, was derjenige, der bis in die geistigen Welten hinein wahrnehmen kann, als die Verhältnisse der großen geistigen Welt vernimmt. Auch Goethe deutete darauf hin, wenn er am Anfange seines «Faust» uns in den Himmel versetzt und das dadurch charakterisiert, daß er sagt:

Die Sonne tönt nach alter Weise
In Brudersphären Wettgesang,
Und ihre vorgeschriebne Reise
Vollendet sie mit Donnergang.

Und er bleibt im Bilde, wenn er im zweiten Teil, wo Faust wieder hinaufgehoben wird in die geistige Welt, die Worte gebraucht:

Tönend wird für Geistesohren
Schon der neue Tag geboren.
Felsentore knarren rasselnd,
Phöbus' Räder rollen prasselnd.
Welch Getöse bringt das Licht!
Es trommetet, es posaunet,
Auge blinzt und Ohr erstaunet,
Unerhörtes hört sich nicht.

Das heißt, die Seele lebt während der Nacht in diesen Sphärenklängen, und diese Sphärenklänge entzünden sich, indem der astralische Leib sich seiner selbst bewußt wird. In dem schaffenden Musiker haben wir keinen anderen Prozeß, als daß die Wahrnehmungen des nächtlichen Bewußtseins während des Tagesbewußtseins sich durchringen, Erinnerung werden, Erinnerungen an die astralischen Erlebnisse oder im besonderen der Verstandes- oder Gemütsseele. Alles, was die Menschheit als musikalische Kunst kennt, sind Ausdrücke, Abprägungen dessen, was unbewußt erlebt wird in den Sphärenharmonien, und musikalisch begabt sein, heißt nichts anderes, als einen astralischen Leib haben, der während des Tageszustandes empfänglich ist für das, was ihn die ganze Nacht durchschwirrt. Unmusikalisch sein heißt: diesen astralischen Leib in einem solchen Zustande haben, daß eine solche Erinnerung nicht stattfinden kann. Es ist das Hereintönen einer geistigen Welt, was der Mensch in der musikalischen Kunst erlebt. Und weil die musikalische Kunst dasjenige in unsere physische Welt hineinschafft, was nur im Astralischen entzündet werden kann, deshalb sagte ich, daß sie den Menschen mit denjenigen Wesenheiten in Zusammenhang bringt, welche zu ihrem untersten Glied den astralischen Leib haben. Mit jenen Wesenheiten lebt der Mensch in der Nacht; ihre Taten erlebt er in der Sphärenharmonie und drückt sie im Tagesleben durch seine irdische Musik aus, so daß diese Sphärenharmonien in der irdischen Musik wie ein Schattenbild erscheinen. Und indem dasjenige, was das Element dieser geistigen Wesenheiten ist, hier in diese irdische Sphäre einschlägt, unsere irdische Sphäre durchschwebt und durchlebt, haben diese geistigen Wesenheiten Gelegenheit, ihre astralischen Leiber wieder einzutauchen in das Wogenmeer der musikalischen Wirkungen, und indem die Verstandesseele ihre Taten erlebt in der Nacht und die empfundenen Eindrücke mitbringt in die physische Welt, ist zwischen diesen Wesenheiten und dem Menschen durch die Kunst eine Brücke geschaffen. Da sehen wir, wie auf einer solchen Stufe das entsteht, was wir die musikalische Kunst nennen.

Was vernimmt nun die Bewußtseinsseele, wenn sie in der Nacht in die geistige Welt eintaucht, ohne daß im gegenwärtigen Menschheitszyklus das dem Menschen bewußt werden kann? Sie vernimmt die Worte der geistigen Welt. Mitteilungen erhält sie zugeraunt, die sie nur aus der geistigen Welt empfangen kann. Worte werden ihr zugeraunt, und wenn diese Worte durchgebracht werden ins Tagesbewußtsein, dann erscheinen sie als die Grundkräfte der Dichtkunst, der Poesie. So ist die Poesie das Schattenbild dessen, was die Bewußtseinsseele in der geistigen Welt während der Nacht erlebt, und wir nehmen da Gelegenheit, wirklich daran zu denken, wie der Mensch durch seine Verbindung mit höheren Welten - einzig dadurch - in den fünf Künsten, der Baukunst, der Bildhauerei, Malerei, Musik und Poesie, Abschattungen, Offenbarungen der geistigen Wirklichkeit hier auf unserem Erdenrund zustande bringt. Allerdings ist das nur dann der Fall, wenn die Kunst sich wirklich erhebt über die bloße äußere Sinnesanschauung. In dem, was man heute im groben Sinne Naturalismus nennt, wo der Mensch nur nachahmt, was er draußen sieht, ist nichts von dem, was er sich aus der geistigen Welt mitbringt. Und daß wir heute auf vielen Gebieten eine solche rein äußerliche Kunst haben, die nur nachahmen will, was draußen ist, ist nur ein Beweis dafür, wie die Menschen in unserer heutigen Zeit den Zusammenhang mit der geistig-göttlichen Welt verloren haben. Der Mensch, der mit all seinem Interesse aufgeht in der äußeren physischen Welt, in dem, was die äußeren Sinne nur gelten lassen wollen, bearbeitet auch durch dieses bloße Interesse an der äußeren physischen Welt seine astralische Leiblichkeit so stark, daß sie blind und taub wird in der Nacht, wenn sie in den geistigen Welten ist. Da mögen die herrlichsten Sphärenklänge ertönen, da mögen noch so hohe geistige Töne der Seele etwas zuraunen, sie bringt nichts mit in das Tagesleben! Und dann spottet der Mensch über die idealistische, über die spiritualistische Kunst und sagt, die Kunst sei doch nur dazu da, die äußere Wirklichkeit zu photographieren, denn da nur hätte sie ein Reales, ein Wirkliches unter den Füßen.

So redet der Mensch, der materialistisch fühlt und empfindet, weil er die Realitäten in der geistigen Welt nicht hat. Der wahre Künstler aber redet anders. Er wird etwa sagen: «Wenn mir erklingen die Töne des Orchesters, dann ist es mir so, wie wenn ich in ihnen sprechen hörte die Töne einer Urmusik, die schon erklang, als noch keines Menschen Ohr da war, um sie zu hören.» Er kann auch sagen: In dem, was in einer Symphonie ertönt, liegt eine Erkenntnis geistiger Welten, die höher, bedeutsamer ist als alles, was sich logisch beweisen und in Schlußfolgerungen auseinandersetzen läßt.

Diese beiden Aussprüche hat Richard Wagner getan, der der Menschheit so recht zum Gefühl bringen wollte, daß da, wo wahre Kunst einsetzt, zu gleicher Zeit die Erhebung über das Äußerlich-Sinnliche da sein muß. Wenn die geisteswissenschaftliche Anschauung sagt: In dem Menschen lebt etwas, was über den Menschen hinausgeht, etwas Übermenschliches im heutigen Menschen, das in künftigen Inkarnationen immer vollkommener und vollkommener erscheinen muß, so empfindet Richard Wagner das so, daß er sagt: Ich will keine Gestalten, die vor mir stehen und so wie die Menschen des Alltags in der irdischen Sphäre über die Bühne schreiten. - Er will Menschen, die herausgehoben sind über den Alltag. Daher nimmt er mythische Gestalten, die einen umfassenderen Gehalt haben als die gewöhnlichen Menschen. Das Übermenschliche sucht er in dem Menschlichen. Den ganzen Menschen mit all den geistigen Welten, wie sie hereinscheinen auf den Menschen des physischen Erdenrundes, will Richard Wagner in der Kunst hinstellen. Vor ihm standen in einem verhältnismäßig frühen Lebensalter zwei Bilder: Shakespeare und Beethoven. Shakespeare erschien ihm in seinen künstlerisch genialen Visionen so, daß er sich sagte: Nehme ich alles zusammen, was Shakespeare der Menschheit gegeben hat, so sehe ich bei Shakespeare Gestalten über die Bühne schreiten, die handeln. - Handlungen — und Worte sind in diesem Zusammenhang auch Handlungen — gehen dann vor, wenn die Seele gefühlt hat, was nicht im Raume äußerlich sich darstellen kann, was sie schon hinter sich hat. Die Seele hat die ganze Skala von Schmerz und Leid bis zur Lust und Seligkeit gefühlt und hat empfunden, wie aus dieser oder jener Nuance diese oder jene Handlung hervorgeht. Im Shakespeare-Drama, meint Richard Wagner, erscheint alles bloß in seinem Resultat, wo es Raumgestalt gewinnt, wo es äußerliche Handlung wird. Das ist eine Dramatik, die einzig und allein das veräußerlichte Innere hinstellen kann; und der Mensch kann höchstens ahnen, was in der Seele lebt, was während dieser Handlung vor sich geht.

Daneben erschien ihm das Bild des Symphonikers, und er erschaute in der Symphonie die Wiedergabe dessen, was in der Seele lebt in der ganzen Empfindungsskala von Leid und Schmerz, Lust und Seligkeit in allen Nuancen. In der Symphonie lebt es sich aus, so sagte er sich, aber es wird nicht Handlung, es tritt nicht heraus in den Raum. Und es stellte sich vor seine Seele hin ein Bild, was ihm gleichsam die Empfindung nahebrachte, daß einmal dieses Innere im künstlerischen Schaffen wie zersprungen ist, um nach außen auszuströmen. Beethoven bleibt in seinem Schaffen im musikalischen Rahmen, aus dem er nur einmal heraustritt, in der Neunten Symphonie, wo die Gefühle so mächtig angeschwollen sind, daß sie sich durch das Wort Bahn brechen.

Aus diesen beiden Künstlererscheinungen entsprang in seiner Seele die Vision: Beethoven und Shakespeare in einem! - Und wir müßten einen langen Weg gehen, wenn wir zeigen wollten, wie Richard Wagner durch seine eigenartige Behandlung des Orchesters jenen großen Einklang zu schaffen versuchte zwischen Shakespeare und Beethoven, daß das Innere sich auslebt im Ton und zu gleicher Zeit hineinfließt in die Handlung. Die Profansprache war ihm nicht genug; denn sie ist das Ausdrucksmittel für die Vorgänge des physischen Planes. Jene Sprache, die allein in den Tönen des Gesanges gegeben werden kann, wird ihm das Ausdrucksmittel für das, was über das Physisch-Menschliche als ein Übermenschliches hinauswächst.

Theosophie braucht nicht bloß mit Worten ausgesprochen, mit Gedanken gefühlt zu werden. Theosophie ist Leben. Sie lebt im Weltenprozeß, und wenn von ihr gesagt wird, daß sie die verschiedenen getrennten menschlichen Seelenströmungen zusammenführen soll in einen großen Strom, so sehen wir dieses Gefühl leben in dem Künstler, der die einzelnen Ausdrucksmittel versuchte zusammenzubringen, damit in dem Einen zum Ausdruck kommt, was in der Gesamtheit lebt. Richard Wagner will nicht Musiker, nicht Dramatiker, nicht Poet sein. Alles, was wir so haben herunterrinnen sehen aus geistigen Welten, wird ihm Mittel zu einer Vereinigung in der physischen Welt mit etwas noch Höherem, weil er eine Ahnung hat von dem, was die Menschen erleben werden, wenn sie sich immer mehr hineinleben in jene Entwickelungsepoche, in die eben die Menschheit hineinleben muß, wo das Geistselbst oder Manas sich verbindet mit dem, was sich der Mensch seit alten Zeiten mitgebracht hat. Und eine Ahnung von jenem großen Menschheitsimpuls der Vereinigung dessen, was in den Zeiten der Getrenntheit erschienen ist, liegt bei Richard Wagner in dem Zusammenströmen der einzelnen künstlerischen Ausdrucksmittel. Mit anderen Worten, es lebte die Ahnung in ihm, wie die menschliche Kultur sein wird, wenn alles, was so die Seele erlebt, eingetaucht wird in das Geistselbstprinzip oder Manas, wo die Seele untertauchen wird in ihrer Fülle in die geistigen Welten. Geistesgeschichtlich betrachtet, ist es von tiefer Bedeutsamkeit, daß in der Kunst für die Menschheit die erste Morgenröte erschienen ist für das Entgegenleben jener Zukunft, die der Menschheit winkt, wo alles, was sich der Mensch auf den verschiedenen Gebieten erobert hat, zusammenfließen wird in einer Allkultur, in einer Gesamtkultur. In gewisser Weise sind die Künste durchaus die Vorläufer der sich offenbarenden Geistigkeit in der sinnlichen Welt. Und viel wichtiger als einzelne Behauptungen Richard Wagners in seinen Prosaschriften ist der Grundzug, der in ihnen lebt, ein religiös-weisheitsvoller, weihevoller Zug, der sie alle durchströmt und der am schönsten zum Ausdruck kommt in seiner genialen Schrift über Beethoven, wo Sie mehr zwischen den Zeilen lesen müssen, aber wo Sie den Windhauch fühlen können, in welchem sich hier die Morgenröte verkündet. So sehen wir, wie wir vom geisteswissenschaftlichen Gesichtspunkte aus solche menschlichen Verrichtungen vertiefen können, die in den menschlichen Taten sich ausleben. Wir haben es heute auf dem Gebiete der Künste gesehen, daß da der Mensch etwas tut, etwas vollbringt, wodurch, wenn wir so sagen können, die Götter bei ihm wohnen können, wodurch er den Göttern einen Aufenthalt in der irdischen Sphäre gewährt. Wenn durch Geisteswissenschaft dem Menschen zum Bewußtsein gebracht werden soll, daß die Geistigkeit in Wechselwirkung steht mit dem physischen Leben: die Kunst hat es im physischen Leben durchaus getan. Und immer wird die geistige Kunst unsere Kultur durchdringen, wenn die Menschen mit ihren Seelen überhaupt in die Geistigkeit eintauchen werden. Durch solche Betrachtungen erweitert sich das, was sonst in der Geisteswissenschaft als bloße Lehre, bloße Weltanschauung nur erzählt wird, zu Impulsen, die unser Leben durchdringen und uns sagen können, was da werden soll, und was da werden muß. In dem Musiker und Dichter Richard Wagner ist zuerst der neue Stern aufgestiegen, der das Licht des geistigen Lebens der Erde zusendet. Immer erweitern und erweitern muß sich dieser von ihm gegebene Lebensimpuls, bis wieder das ganze äußere Leben ein Spiegelbild der Seele sein wird.

Alles, was uns außen entgegentritt, kann ein Spiegelbild der Seele werden. Nehmen Sie das nicht als etwas Äußerliches, sondern als etwas, was man aus der Geisteswissenschaft heraus gewinnen kann. Es wird werden, wie es vor Jahrhunderten war, wo in jedem Türschloß, in jedem Schlüssel uns etwas entgegentrat, was Abbild dessen war, was der Mensch gefühlt und empfunden hatte. Ebenso wird, wenn wahres geistiges Leben wieder in der Menschheit sein wird, das ganze Leben, alles, was uns äußerlich entgegentritt, uns wieder als ein Abbild der Seele erscheinen. Profanbauten sind nur so lange Profanbauten, solange der Mensch nicht die Fähigkeit hat, in sie den Geist hineinzuprägen. Überall kann der Geist hineingeprägt werden. Das Bild des Bahnhofes kann vor uns aufleuchten, das wieder künstlerisch gedacht ist. Heute haben wir es nicht. Aber wenn man wieder fühlen wird, was Formen sein sollen, dann wird man fühlen, daß man die Lokomotive architektonisch gestalten kann, und daß der Bahnhof etwas sein könnte, was sich zur Lokomotive so verhält, wie die äußere Umhüllung zu dem, was die Lokomotive in ihren architektonischen Formen ausdrückt. Dann erst werden sie sich so verhalten wie zwei Dinge, die zusammengehören, wenn sie architektonisch gedacht sind. Dann ist es aber auch nicht gleichgültig, wie wir links oder rechts bei den Formen annehmen.

Wenn der Mensch lernen wird, wie sich im Äußeren das Innere ausdrückt, dann wird es wiederum eine Kultur geben. Wahrhaftig, es hat Zeiten gegeben, wo es keine romanische Baukunst noch gab, keine Gotik noch gab, als diejenigen, welche eine neue, aufgehende Kultur in ihrer Seele getragen haben, unten in den Katakomben der alten Römerstadt zusammenkamen. Aber was da in ihnen gelebt hat, was nur in spärlichen Formen hineingegraben werden konnte in die alten Erdhöhlen, was Sie an den Särgen der Toten finden, das dämmerte da auf, und das ist das, was uns dann erscheint in dem romanischen Bogen, in der romanischen Säule, in der Apsis. Hinausgetragen worden ist der Gedanke in die Welt. Hätten die ersten Christen nicht den Gedanken in der Seele getragen, er würde uns nicht in dem entgegentreten, was Weltkultur geworden ist. Der Theosoph fühlt sich nur dann als Theosoph, wenn er sich bewußt ist, daß er in seiner Seele eine zukünftige Kultur trägt. Mögen ihm dann die anderen sagen: Was hast du denn schon geleistet? - Dann sagt er sich: Ja, was haben denn die Katakombenchristen geleistet, und was ist daraus geworden!" (Lit.: GA 102, S. 216ff)

Kunst als Brücke zu höheren geistigen Wesenheiten

"... wir wissen aus früheren Vorträgen, daß wir es auch mit geistigen Wesenheiten zu tun haben, die über den Menschen stehen, und daß auch Beziehungen und Verhältnisse existieren zwischen dem Menschen und erhabeneren geistigen Wesenheiten. Wir haben erwähnt, daß es erhabene geistige Wesenheiten gibt, die nicht so wie der Mensch bestehen aus physischem Leib, Ätherleib, astralischem Leib und so weiter aufwärts, sondern die als unterstes Glied den Ätherleib haben, die uns also sozusagen umwohnen. Für den gewöhnlichen Blick sind sie nicht sichtbar, weil ihre Körperlichkeit eine feine ätherische ist, so daß der menschliche Blick durch sie hindurchschaut. Und dann kommen wir zu noch höheren geistigen Wesenheiten, deren unterstes Glied der astralische Leib ist, die also eine noch weniger dichte Körperlichkeit dem Menschen darbieten.

Alle diese Wesenheiten stehen aber doch in einer gewissen Beziehung zum Menschen, und was uns heute die Hauptsache ist: der Mensch kann durchaus etwas tun, um in seinem Leben hier auf dem irdischen Schauplatz in ganz bestimmte Beziehungen zu solchen Wesenheiten zu kommen. Je nachdem die Menschen hier auf der Erde dieses oder jenes tun für ihre Lebensverhältnisse, je nachdem stellen sie immer Beziehungen zu höheren Welten her, so wenig wahrscheinlich das auch ist für einen Menschen der heutigen, wie man sagt, aufgeklärten Zeit, die gar nicht aufgeklärt ist in bezug auf viele tiefe Wahrheiten des Lebens.

Nehmen wir zunächst Wesenheiten, die als unterste Leiblichkeit einen ätherischen Leib haben, mit diesem feinen Ätherleib um uns herum wohnen, uns umgeben, ihre Wirkungen und Offenbarungen zu uns heruntersenden. Stellen wir solche Wesenheiten im Geiste vor unsere Seele hin und fragen wir uns: Kann der Mensch etwas tun hier auf diesem Erdenrund, oder besser: Taten die Menschen von jeher etwas, damit diese Wesenheiten eine Verbindung, eine Brücke haben, durch die sie zu intensiveren Wirkungen auf den ganzen Menschen kommen? - Ja, von jeher taten die Menschen etwas dazu! Wir müssen uns vertiefen in manche Empfindungen und Vorstellungen, die wir in den letzten Stunden aufnehmen konnten, wenn wir uns von dieser Brücke einen deutlichen Gedanken machen wollen.

Wir stellen uns also vor, diese Wesenheiten leben sozusagen aus den geistigen Welten heraus und strecken von dort gleichsam ihre Ätherleiber hervor. Sie brauchen keinen physischen Leib, wie der Mensch ihn hat. Aber es gibt eine physische Leiblichkeit, durch die sie ihren Ätherleib sozusagen in Verbindung setzen können mit unserer irdischen Sphäre, eine irdische Leiblichkeit, die wir sozusagen hinstellen können auf unserer Erde, und die ein Anziehungsband bildet, so daß diese Wesenheiten mit ihren Ätherleibern herabkommen zu dieser irdischen Leiblichkeit und in derselben Gelegenheit nehmen, sich unter den Menschen aufzuhalten. Solche Gelegenheiten für geistige Wesenheiten, um sich unter den Menschen aufzuhalten, sind zum Beispiel die Tempel der griechischen Baukunst, sind die gotischen Dome. Wenn wir jene Formen physischer Wirklichkeit mit ihren Linien- und Kräfteverhältnissen, wie sie ein Tempel hat, auch wie sie ein plastisches Kunstwerk der Bildhauerkunst hat, in unsere irdische Sphäre hineinstellen, dann bilden sie eine Gelegenheit, daß nach diesen Kräfteverhältnissen sich die ätherischen Leiber dieser Wesenheiten nach allen Seiten anschmiegen und einschmiegen können in diese von uns aufgerichteten Kunstwerke. Und Kunst ist ein wahres und wirkliches Verbindungsglied zwischen dem Menschen und geistigen Welten. Bis herauf zu jenen Kunstformen, die sich räumlich ausgestalten, haben wir auf der Erde physische Leiblichkeiten, zu denen sich Wesenheiten mit ätherischen Körpern herabsenken.

Wesenheiten, welche als ihre niederste Leiblichkeit den astralischen Leib haben, brauchen aber etwas anderes hier auf der Erde als Band zwischen der geistigen Welt und unserer Erde, und das sind die musikalischen, die phonetischen Künste. Ein Raum, der durchströmt wird von den Tönen der Musik, ist eine Gelegenheit, daß der leicht bewegliche, in sich bestimmte astralische Leib höherer Wesenheiten in diesem Raum sich auslebt. Da bekommen die Künste und das, was sie für den Menschen sind, eine sehr reale Bedeutung. Sie bilden die magnetischen Anziehungskräfte für die geistigen Wesenheiten, die nach ihrer Mission, nach ihrer Aufgabe mit dem Menschen etwas zu tun haben sollen und wollen. Da vertiefen sich unsere Gefühle gegenüber menschlichem Kunstschaffen und menschlichem Kunstempfinden, wenn wir die Dinge in dieser Weise anschauen." (Lit.: GA 102, S. 214ff)

Luziferische und ahrimanische Impulse in der Kunst

Grundsätzlich wirken in der Architektur und in der Skulptur vorwiegend ahrimanische, in der Musik und Dichtkunst überwiegend luziferische Impulse und die Malerei wird von beiden Seiten, von Luzifer und Ahriman, stark beeinflusst. Es gibt aber auch mancherlei Überschneidungen, sodass auch etwa in der Musik stark Ahrimanisches walten kann und in der Plastik stark Luziferisches.

"Von den fünf Künsten ist das Architektonische und das Plastische vorzugsweise dem ahrimanischen Impuls ausgesetzt; in die Architektur und in die Plastik spielen die ahrimanischen Impulse hinein. Da hat man es mit den Formen zu tun. Will man etwas leisten in Architektur oder Plastik, so muß man sich in das Formelement einleben. Dieses Formelement herrscht namentlich auf dem physischen Plan. Hier sind die eigentlichen Herrscher die Geister der Form. In ihr geistiges Element muß man untertauchen, wenn man sich mit ihnen bekanntmachen will, wie ich es ausgesprochen habe in dem Bild von dem Hineinstecken des Kopfes wie in einen Ameisenhaufen. Und jeder, der etwas mit dem plastischen Element zu tun hat, muß so den Kopf hineinstecken in das lebendige Element der Geister der Form. Auf dem Gebiete der physischen Welt haben es nun gemeinsam zu tun die Geister der Form mit dem ahrimanischen Element ...

Wenn wir von der anderen Seite nehmen das musikalische und poetische Element, so sind das die Künste, wo im engeren Sinne die luziferischen Impulse wirken. In einem gewissen Sinn kann man geradezu Poesie und Musik die luziferisch beeinflußten Künste nennen, Architektur und Plastik die ahrimanisch beeinflußten. Wie sich in gewisser Weise der Gedanke in der Einsamkeit der Seele abspielt und dadurch sich absondert von der Gemeinsamkeit, so haben auch die Erlebnisse der Musik und Poesie etwas, was dem Inneren der Seele angehört, wo es sich unmittelbar mit dem luziferischen Impuls begegnet. Wenn wir auch bei Baukunst und Architektur Volksgrenzen beachten müssen, weil eben überall da, wo Ahriman ist, auch Luzifer hineinspielt, wenn diese Künste also in gewisser Beziehung sich auch nach den Volkscharakteren richten, so kann man doch sagen, daß dieses Element in gewisser Beziehung neutral bleibt. Poesie ist im wesentlichen gebunden an jenes luziferische Element, das in der Differenzierung der Volkscharaktere zum Ausdruck kommt. Bei der Musik beachtet man es wenig, daß auch in ihr etwas ist, was gewissermaßen zur Differenzierung führt, mehr als in der Baukunst und Plastik...

Aber es ist zum Beispiel auch das Folgende durchaus wahr, trotzdem alles bestehen bleibt, was ich eben gesagt habe. Für die Baukunst wird es im wesentlichen gelten, daß darin das ahrimanische Element die bedeutsamsten Impulse liefert. Aber in die Plastik hinein kann wieder das luziferische Entgegenwirken so stark sein, daß es plastische Werke geben kann, in denen Luzifer mehr herrscht als Ahriman. Trotzdem ist richtig, was vorhin gesagt worden ist. Denn in der geistigen Welt ist nicht nur Verwandlungsfähigkeit, sondern man kann sagen, alles ist überall. Jedes geistige Element sucht im Grunde genommen alles zu durchsetzen. So kann es eine luziferische Plastik geben, trotzdem es wahr ist, daß auf die Plastik der ahrimanische Impuls vorwiegend wirkt. Man muß also sagen: Während allerdings die Poesie im wesentlichen dem luziferischen Einfluß unterliegen wird, kann auf die Musik in hohem Grade der ahrimanische Impuls wirken, so daß es Musikalisches geben kann, wo viel mehr Ahrimanisches darinnen ist als Luziferisches, trotzdem das gilt, daß die Musik in erster Linie dem luziferischen Impuls unterliegt. In der mittleren Linie zwischen dem Ahrimanischen in Baukunst und Plastik und dem Luziferischen in Poesie und Musik liegt die Malerei. Sie ist in gewisser Weise ein neutrales Gebiet, aber nicht ein solches, in dem man sich bequem niederlassen kann und sich sagen kann: So, nun male ich drauf los, da kann nicht Luzifer und da kann nicht Ahriman heran! - sondern in dem Sinn, daß man gerade in dieser mittleren Linie in dem Fall ist, daß nun von beiden Seiten erst recht der luziferische und ahrimanische Angriff kommt, und daß man sich in jedem Augenblicke gegen beide aufrecht zu erhalten hat, so daß also auf malerischem Gebiete im eminentesten Sinn das Unterliegen unter dem einen oder anderen Einfluß stattfinden kann. Die mittlere Linie ist immer diejenige, wo man geradezu im eminentesten Sinne zwischen den Polaritäten, zwischen den Gegensätzen den harmonisehen Ausgleich durch den menschlichen Willen und die menschliche Tat herbeizuführen hat." (Lit.: GA 147, S. 104ff)

Siehe auch

Ästhetik

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Das Gesundheitsfieber im Lichte der Geisteswissenschaft. Antwort auf Fragen, Leipzig, 12. Oktober 1907 (unveröffentlicht) [1]
  2. Rudolf Steiner: Vier Mysteriendramen, GA 14 (1998), ISBN 3-7274-0140-0; Tb 607 (I + II), ISBN 978-3-7274-6070-8 + Tb 608 (III + IV), ISBN 978-3-7274-6080-7
  3. Rudolf Steiner: Das Hereinwirken geistiger Wesenheiten in den Menschen, GA 102 (1984), Dreizehnter Vortrag, Berlin, 11. Juni 1908
  4. Rudolf Steiner: Die Geheimnisse der Schwelle, GA 147 (1997), ISBN 3-7274-1470-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Kunst und Kunsterkenntnis. Grundlagen einer neuen Ästhetik, GA 271, 3. Aufl. 1985, ISBN 3-7274-2712-4 (auch als Tb erhältlich)
  6. Rudolf Steiner: Kunst im Lichte der Mysterienweisheit, GA 275 (1990), ISBN 3-7274-2750-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  7. Herbert Witzenmann: Die Kunst als Muttersprache der Menschheit. Erkenntnisästhetik - Sprachästhetik - Sozialästhetik. Verlag am Goetheanum, 1.Aufl. 2008, ISBN 3857042044
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.