Pherekydes von Syros und Kategorie:Tag: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Pherekydes von Syros''' ({{ELSalt|Φερεκύδης}} ''Pherekýdēs''; * zwischen 584 und 581 v. Chr. auf der Insel [[Wikipedia:Syros|Syros]]) war ein antiker griechischer [[Wikipedia:Mythograph|Mythograph]] und [[Kosmologie|Kosmologe]] in der Zeit der [[Wikipedia:Vorsokratiker|Vorsokratiker]].
[[Kategorie:Zeiteinheit|501]]
 
[[Kategorie:Zeit|501]]
== Leben und Werk ==
[[Kategorie:Tag|!]]
Die früher strittige Frage von Pherekydes' Lebenszeit ist heute geklärt, da die Geburt in die 49. [[Wikipedia:Olympiade|Olympiade]] (Zeitraum 584–581 v. Chr.) datiert werden kann.<ref>Hermann S. Schibli: ''Pherekydes of Syros'', Oxford 1990, S. 1f.</ref> Er war ein etwas jüngerer Zeitgenosse der [[Sieben Weise von Griechenland|Sieben Weisen]]. Der antiken – wohl glaubwürdigen – Tradition zufolge war er der erste griechische Prosa-Autor. Unklar ist sein Verhältnis zu [[Anaximander]], der wahrscheinlich erst etwas später eine Schrift verfasste.<ref>Zur Priorität des Pherekydes siehe Hermann S. Schibli: ''Pherekydes of Syros'', Oxford 1990, S. 2–4; dort sind die Quellen zusammengestellt, nach denen er der erste Prosa-Autor war.</ref> Darüber hinaus liegen keine glaubwürdigen Informationen über sein Leben vor; nur Legenden sind überliefert.
[[Kategorie:Kalender]]
 
[[Kategorie:Rhythmus|501]]
Pherekydes schrieb ein Buch über die Götter, das nicht erhalten ist. Die Anfangsworte zitiert der [[Wikipedia:Doxographie|Doxograph]] [[Wikipedia:Diogenes Laertios|Diogenes Laertios]] (3. Jahrhundert n. Chr.), dem es noch zugänglich war. Einiges lässt sich aus späteren Quellen und einem Papyrusfragment erschließen.
 
{{GZ|In Pherekydes von Syros, der im sechsten vorchristlichen Jahrhundert lebte, erscheint innerhalb des griechischen Geisteslebens eine Persönlichkeit, an welcher man die Geburt dessen beobachten kann, was in den folgenden Ausführungen «Welt- und Lebensanschauungen» genannt wird. Was er über die Weltenfragen zu sagen hat, gleicht auf der einen Seite noch den mythischen und bildhaften Darstellungen einer Zeit, die vor dem Streben nach wissenschaftlicher Weltanschauung liegt; auf der anderen Seite ringt sich bei ihm das Vorstellen durch das Bild, durch den Mythus, zu einer Betrachtung durch, die durch Gedanken die Rätsel des Daseins und der Stellung des Menschen in der Welt durchdringen will. Er stellt noch die Erde vor unter dem Bilde einer geflügelten Eiche, welcher Zeus die Oberfläche von Land, Meer, Flüssen usw. wie ein Gewebe umlegt; er denkt sich die Welt durchwirkt von Geistwesen, von welchen die griechische Mythologie spricht. - Doch spricht er auch von drei Ursprüngen der Welt: von Chronos, von Zeus und von Chthon.|18|35}}
 
== Götterlehre und Kosmologie ==
Pherekydes nahm an, dass drei Gottheiten ewig existieren: Zas ([[Zeus]]), [[Chronos]] und die Erdgottheit Chthonie. Ob Pherekydes den Zeitgott Chronos mit dem Gott [[Kronos]], den er an anderer Stelle erwähnt, gleichsetzte oder zwei verschiedene Götter meinte oder eine Verwechslung der beiden in der handschriftlichen Überlieferung vorliegt, ist umstritten.<ref>[[Wikipedia:Kurt von Fritz|Kurt von Fritz]]: ''Pherekydes (Mythograph)''. In: [[Wikipedia:Pauly-Wissowa|Pauly-Wissowa]] RE 19/2, Stuttgart 1938, Sp. 2025–2033, hier: 2028f.; Hermann S. Schibli: ''Pherekydes of Syros'', Oxford 1990, S. 27ff., 136–139.</ref> Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob es im Rahmen der Mentalität der Griechen des 6. Jahrhunderts v. Chr. vorstellbar war, einem Gott, der das abstrakte Prinzip Zeit verkörperte, eine solche Rolle zuzuweisen.<ref>Luisa Breglia: ''Ferecide di Siro tra orfici e pitagorici''. In: Marisa Tortorelli Ghidini (Hrsg.): ''Tra Orfeo e Pitagora'', Napoli 2000, S. 179ff.</ref> Chronos brachte aus seinem eigenen Samen drei Elemente hervor: Feuer, Luft (Wind) und Wasser. Aus den Elementen entstanden die sekundären, nicht ewigen Gottheiten.
 
Zeus heiratete die Erdgottheit, die nunmehr den Namen Gē ([[Gaia (Mythologie)|Gaia]]) erhielt; das war die erste Hochzeit und das Urbild aller Hochzeiten. Zeus entschleierte seine Braut und vertraute ihr die irdische Welt an, indem er ihr ein von ihm selbst angefertigtes Tuch (Gewand) übergab, auf dem die Erde und der Ur-Ozean „Ogenos“ ([[Okeanos]]) eingewebt waren. Erst durch dieses Gewand erhielt die physische Welt ihre den Menschen vertraute Gestalt. Das Gewand stellte nicht nur die Erdoberfläche dar, sondern es ''war'' sie; in diesem mythischen Denken waren Bild und Sache dasselbe.<ref>[[Wikipedia:Hermann Fränkel|]]: ''Dichtung und Philosophie des frühen Griechentums'', 3. Auflage, München 1969, S. 280; Hermann S. Schibli: ''Pherekydes of Syros'', Oxford 1990, S. 50ff.</ref>
 
Außerdem erzählte Pherekydes von einer Schlacht zwischen zwei Göttern und ihren Heeren, wobei es um den Besitz des Himmels ging; Kronos kämpfte als Anführer der Himmelsmächte gegen den von der Erde hervorgebrachten Schlangengott Ophioneus (Ophion) und dessen Nachkommenschaft. Der Kampf endete mit einem Sieg des Kronos, Ophioneus und seine Mitkämpfer wurden in den Ozean geschleudert, wo sie dauerhaft verblieben. Dann erhielten die einzelnen Gottheiten ihre Anteile (Zuständigkeitsbereiche).
 
== Seelenlehre ==
Der römische Schriftsteller [[Wikipedia:Marcus Tullius Cicero|Cicero]] berichtet, Pherekydes habe als erster die Auffassung vertreten, dass die [[Seele]] unsterblich sei.<ref>Cicero, ''[[Wikipedia:Tusculanae disputationes|Tusculanae disputationes]]'' 1,16,38.</ref> Mit dem Konzept des Fortlebens nach dem Tode verband sich bei Pherekydes, wie aus einer Mitteilung des Gelehrten [[Porphyrios]] hervorgeht, die Lehre von der [[Reinkarnation|Seelenwanderung]].<ref>Porphyrios, ''De antro nympharum'' 31; Text und englische Übersetzung bei Hermann S. Schibli: ''Pherekydes of Syros'', Oxford 1990, S. 174f. (Nr. 88).</ref> Diese Angaben der Quellen gelten in der Forschung als glaubwürdig; Pherekydes ist der erste namentlich bekannte Autor, der ein solches Seelenkonzept in einer Lehrschrift vorgetragen hat. Allerdings war die Fortexistenz der Seele nach dem Tod des Körpers schon für [[Wikipedia:Homer|Homer]] selbstverständlich.<ref>Hermann S. Schibli: ''Pherekydes of Syros'', Oxford 1990, S. 104–127.</ref>
 
{{GZ|Pherekydes kommt zu seinem Weltbilde auf andere Art, als man vor ihm zu einem solchen gekommen ist. Das Bedeutungsvolle bei ihm ist, daß er den Menschen als beseeltes Wesen anders empfindet, als dies vor ihm geschehen ist. Für das frühere Weltbild hat der Ausdruck «Seele» noch nicht den Sinn, welchen er für die späteren Lebensauffassungen erhalten hat. Auch bei Pherekydes ist die Idee der Seele noch nicht in der Art vorhanden wie bei den ihm folgenden Denkern. Er empfindet erst das Seelische des Menschen, wogegen die Späteren von ihm deutlich - in Gedanken - sprechen und es charakterisieren wollen. - Die Menschen früher Zeiten trennen das eigene menschliche Seelen-Erleben nodi nicht von dem Naturleben ab. Sie stellen sich nicht als ein besonderes Wesen neben die Natur hin; sie erleben sich in der Natur, wie sie in derselben Blitz und Donner, das Treiben der Wolken, den Gang der Sterne, das Wachsen der Pflanzen erleben. Was die Hand am eigenen Leibe bewegt, was den Fuß auf die Erde setzt und vorschreiten läßt, gehört für den vorgeschichtlichen Menschen einer Region von Weltenkräften an, die auch den Blitz und das Wolkentreiben, die alles äußere Geschehen bewirken. Was dieser Mensch empfindet, läßt sich etwa so aussprechen: Etwas läßt blitzen, donnern, regnen, bewegt meine Hand, läßt meinen Fuß vorwärts schreiten, bewegt die Atemluft in mir, wendet meinen Kopf. - Man muß, wenn man eine derartige Erkenntnis ausspricht, sich solcher Worte bedienen, welche auf den ersten Eindruck hin übertrieben scheinen können. Doch wird nur durch das scheinbar übertrieben klingende Wort die richtige Tatsache voll empfunden werden können. Ein Mensch, welcher ein Weltbild hat, wie es hier gemeint ist, empfindet in dem Regen, der zur Erde fällt, eine Kraft wirkend, die man gegenwärtig «geistig» nennen muß, und die gleichartig ist mit derjenigen, die er empfindet, wenn er sich zu dieser oder jener persönlichen Betätigung anschickt.|18|36f}}
 
== Rezeption ==
Zu den von der heutigen Forschung als unglaubhaft eingestuften Pherekydes-Legenden der Antike gehören folgende Behauptungen:
* Er soll eine Sonnenwendmarkierung festgelegt haben.<ref>Siehe dazu Kurt von Fritz: ''Pherekydes (Mythograph)''. In: Pauly-Wissowa RE 19/2, Stuttgart 1938, Sp. 2025–2033, hier: 2025f.; Geoffrey S. Kirk: ''Pherekydes von Syros''. In: Geoffrey S. Kirk, John E. Raven, Malcolm Schofield: ''Die vorsokratischen Philosophen'', Stuttgart 1994, S. 59–61.</ref>
* Er soll prophetische Aussagen gemacht und unter anderem ein [[Erdbeben]] vorausgesagt haben.
* Er soll von den [[Wikipedia:Spartaner|Spartaner]]n umgebracht worden sein, worauf die dortigen Könige, einem Orakel folgend, seine Haut aufbewahrten.
* Er soll ein Schüler des [[Wikipedia:Pittakos|Pittakos]] gewesen sein.<ref>Zur Unglaubwürdigkeit dieser Überlieferung siehe Richard Goulet: ''Phérécyde, disciple de Pittacos ou maître de Pythagore?'' In: Richard Goulet: ''Études sur les Vies de philosophes dans l'antiquité tardive'', Paris 2001, S. 137–144.</ref>
* Er soll der Lehrer des [[Pythagoras von Samos]] gewesen sein (eine Behauptung, die wohl mit der Übereinstimmung der beiden in der Seelenlehre zusammenhängt). Als er sich todkrank auf der Insel [[Wikipedia:Delos|Delos]] befand, soll Pythagoras ihn dort gepflegt und dann für sein Begräbnis gesorgt haben.<ref>Kurt von Fritz: ''Pherekydes (Mythograph)''. In: Pauly-Wissowa RE 19/2, Stuttgart 1938, Sp. 2025–2033, hier: 2027f.; Hermann S. Schibli: ''Pherekydes of Syros'', Oxford 1990, S. 11–13.</ref> Als historischer Ausgangspunkt dieser Legende kommt eine wie auch immer geartete Beziehung zwischen Pherekydes und Pythagoras in Betracht.
* Er soll mit [[Thales]] korrespondiert haben; der angebliche Briefwechsel ist gefälscht.
 
Das um 1506 entstandene berühmte Gemälde ''[[Wikipedia:Die drei Philosophen|Die drei Philosophen]]'' des Renaissance-Malers [[Wikipedia:Giorgione|Giorgione]] zeigt nach Ansicht der Wiener Philologin Karin Zeleny Pythagoras, Pherekydes und Thales, wobei Pherekydes als Orientale abgebildet ist, da sein Beiname ''Syrios'' („von Syros“) im Sinne von [[Wikipedia:Syrien|syrischer]] Herkunft missverstanden wurde. Zelenys Hypothese ist allerdings auf Skepsis gestoßen.<ref>Peter Daniel Moser: ''Nochmals zu den »Drei Philosophen«. Wurde der Giorgione-Code im Kunsthistorischen Museum wirklich geknackt?'' In: Otto Neumaier (Hrsg.): ''Was aus Fehlern zu lernen ist in Alltag, Wissenschaft und Kunst'', Wien 2010, S. 157–192.</ref>
 
== Literatur ==
* Constantinos Macris, Richard Goulet: ''Phérécyde de Syros''. In: Richard Goulet (Hrsg.): ''Dictionnaire des philosophes antiques'', Bd. 5, Teil 1, CNRS Éditions, Paris 2012, ISBN 978-2-271-07335-8, S. 296–300
* Hermann S. Schibli: ''Pherekydes of Syros''. Clarendon Press, Oxford 1990, ISBN 0-19-814383-4 (enthält S. 140–175 eine Zusammenstellung der griechischen und lateinischen Quellenzeugnisse und Fragmente mit englischer Übersetzung, dazu Nachträge S. 178f.)
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X; '''Tb 610/11''', ISBN 978-3-7274-6105-7 {{Schriften|018}}
 
{{GA}}
 
== Weblinks ==
* [http://classicpersuasion.org/pw/diogenes/dlpherecydes.htm Pherekydes-Biographie des Diogenes Laertios, englisch]
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{SORTIERUNG:Pherekydes von Syros}}
[[Kategorie:Grieche (Antike)]]
[[Kategorie:Vorsokratiker]]
[[Kategorie:Geboren im 6. Jahrhundert v. Chr.]]
[[Kategorie:Gestorben im 6. Jahrhundert v. Chr.]]
[[Kategorie:Sieben Weise Griechenlands]]
[[Kategorie:Mann]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 26. Januar 2020, 13:42 Uhr