Der freie christliche Impuls

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Mit dem Begriff Der freie christliche Impuls benennt vor allem das von Anthroposophen betriebene Forum Kultus und die Initiative, freie christliche Arbeits-Gemeinschaft (als "Initiativen für ein freies, anthroposophisch + sakramental vertieftes Christ-Sein heute") den durch Rudolf Steiner gegebenen "allgemein('laien')-priesterlichen", sakramentalen Kultus.[1] Diese freien christlichen Kultushandlungen gab Rudolf Steiner auf Fragen von Waldorflehrern und Anthroposophen, die einen überkonfessionellen und "spezifisch anthroposophischen", sakramentalen Weg außerhalb einer Kirche suchten.

Einführung

Als "freie christliche" Handlungen werden in der anthroposophischen Bewegung

— einerseits vor allem die "freien christlichen Schulhandlungen" - insbesondere mit dem Zentralsakrament "Opferfeier" - in den "Freien Waldorfschulen" und vielen heilpädagogischen Heimen angesehen,

— andererseits (und in der Regel unbekannt) die außerhalb dieser Institutionen allgemein-priesterlich, an einzelne Anthroposophen gegebene Taufe, Trauung und Bestattung.

Sie benötigen (allgemein["laien"]-priesterlich) nicht mehr eine bestimmte Konfession / "Kirche" und deren kirchlich legitimierten, sakramental allein handlungsberechtigten, "geweihten" Priester ("Hirte-Schafe-Prinzip"), oder eine Institution, um wirksam und berechtigt gehandhabt zu werden.[2] Den "freien christlichen" Impuls sahen Rudolf Steiner und die Empfänger als kultushistorisch fortgeschritten gegenüber der institutionalisierten Kirche an.[3] Seine Wurzel ist die individuelle "moralische Intuition", aus der "Freiheit" eines "ethischen Individualismus"[4], die individuelle Tat des Einzelnen, im Einklang mit der Geistigen Welt, als Antwort auf die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten und konkreten Fragen des Du. Was im Urchristentum selbstverstädlich war und dann seit Martin Luther im Protestantismus wieder eingeführt wurde, so ist auch hier ein jeder berechtigt und aufgerufen den Geschwistern nicht nur sozial, sondern auch priesterlich, sakramental beizustehen. So auch das zentrale Motto des Forum Kultus: "Jeder Mensch (werde / sei) ein Priester!".

Bei der Begründung der "Christengemeinschaft" bekam dann aber auch eine "Kirche" von Rudolf Steiner, fast wortgleich, diese Sakramentstexte, lediglich das Zentralsakrament "Menschenweihehandlung" / "Opferfeier" ist spezifisch gefasst. Daraus ergab sich seitens der "Christengemeinschaft" die Meinung und dann der Anspruch[5], dass insbesondere Taufe, Trauung, Bestattung nun an sie übergegangen seien und ein "freies christliches", allgemein-priesterlich sakramentales Handeln obsolet.[6] Rudolf Steiner erwähnte jedoch, dass diese Fassungen aufgrund ihrer Universalität prinzipiell für "verschiedene Lebenszusammenhänge" einsetzbar seien[7], weil sie die geistigen Vorgänge objektiv und allgemeingültig wiedergeben.[8] Man müsse nur in der Handhabung und im Bewusstsein beides säuberlich auseinanderhalten.[9]

Trotz Steiners Bedenken und entgegen den Gründungsintentionen[10] etablierte sich aber die "Christengemeinschaft" als "Anthroposophen-Kirche"[11] und verdrängte[12] die allgemein-priesterliche, freie christliche Handhabung der Taufe, Trauung, Bestattung; sie gerieten in Vergessenheit und wurden erst in den 1990'ern wieder und neu aufgegriffen.

Das "Forum Kultus" und die "Initiative, freie christliche Arbeits-Gemeinschaft", als "Initiativen für ein freies, anthroposophisch + sakramental vertieftes Christ-Sein heute" haben die Thematik ergriffen, erarbeitet und stellen alle "sieben Sakramente" (in der Fassung Rudolf Steiners) auch allgemein-priesterlich wieder[13] zur Verfügung[14]:

"TAUFE" (Empfangskultus), als Rituale: "Sonntagshandlung für die Kinder" mit Einschübe für Weihnachten und Pfingsten, "JUGENDFEIER" (Konfirmation), "OPFERFEIER", "LEBENSSCHAU" (Beichte), "WEIHE" (bzw. Erwachsenen-Taufe), "TRAUUNG", "LETZTE ÖLUNG" mit den Sterberitualien: "Aussegnung", "Bestattung" (auch die für Kinder), ggf. "Urnenbeisetzung", "Totenhandlung". (Siehe unten "2. Verwendete Rituale")

Dabei arbeiten sie als ein autonomer Arbeitskreis kultisch engagierter Anthroposophen, auf der spirituellen Ebene der "Freien Hochschule für Geisteswissenschaft". Verschiedene Mitstreiter stehen auf Anfrage auch selbst zur Spendung der Sakramente bereit; das Forum Kultus, als Netzwerk zur Erarbeitung und Publizität der Thematik, hilft aber auch bei der Vermittlung von Anfragen nach sakramentalen Handlungen.

Grundsätzlich ist dieser "freie christliche Impuls heute" eine individuelle Tat-Initiative, also nicht organisiert, zentralisiert, institutionalisiert, sondern lebt in unterschiedlichster Weise in (meist privaten) Arbeitsgruppen und in der individuellen Arbeit, als ein "freier", geschwisterlicher, direkt-praktischer Tat-Impuls: Es ist die Idee eines individuell ergriffenen und verantworteten, allgemein-priesterlichen, sakramentalen Handelns aus der Freiheit des Christen-Menschen und den Quellen der Anthroposophie, in der Tradition der Impulse Rudolf Steiners.

Eine Missionierung oder große Massen zu erreichen ist dabei nicht die Absicht.

Seit der Inauguration dieser "erneuerten Sakramente" ist nun ein Jahrhundert vergangen, mit dramatischen Umwälzungen, und es liegt ein, auch durch die Anthroposophie verändertes, neues Ich-Bewusstsein vor, so dass auch kultisches, sakramentales Handeln und auch diese freien christlichen Kultus-Handlungen entsprechend angeschaut und wo nötig zeitgemäß "in Inhalt und Form" weitergeführt und somit angepasst werden müssen, wie das Rudolf Steiner schon 1924 für eine Handhabung (des Zentralsakramentes "Opferfeier") in anthroposophischen Zusammenhängen forderte.[15]

Zur allgemeinen Information und Bearbeitung wird - hauptsächlich von Volker David Lambertz, der auch das "Büro" des Forums betreibt - die Thematik in Büchern und Websites, aber auch durch Arbeitskreise, Seminare, Gespräche bekannt gemacht.[16]

Kritik

Traditionelle Kirchen

Seitens der (evangelischen und katholischen) traditionellen Kirchen und auch des "Ökumenischen Rats der Kirchen" besteht auf persönlicher Ebene vielfach ein konstruktiv interessiertes Wahrnehmen. Besondere Verbundenheit besteht u. a. mit der ökumenischen "Gemeinschaft von Taize" ("Communauté de Taizé"), außerdem werden gedeihliche Kontakte zum "Ökumenischen Rat der Kirchen" gepflegt. Innerhalb des protestantischen Stromes ist das "allgemeine ("Laien")-Priestertum" sowieso konstitutiv und theologisches Axiom und deshalb verbindend. Es wird meist anerkannt, dass es auch Christen-Kreise geben muss, die sich um die Christen außerhalb der Kirchen kümmern. Die ökumenische Kommunikation des "Forum Kultus" fruchtet auch darin, dass z. B. die frei christlich vollzogene Taufe (der "Initiative, freie christliche Arbeits-Gemeinschaft") seitens der Kirchen anerkannt wird, die der "Christengemeinschaft" aber nicht.

Anthroposophische Gesellschaft

Seitens der Anthroposophischen Gesellschaft wird bisher im Sinne eines freien Geisteslebens und freier Religionsausübung und der Notwendigkeit der Neutralität die Thematik nicht offiziell behandelt oder beurteilt; bei Fragen wird meist auf die Religionsfreiheit des einzelnen Mitgliedes verwiesen. Insbesondere in den Anfängen des Impulses regte sich verschiedentlich heftige Kritik - allerdings privat und nicht offiziell - seitens einiger "Doppelmitglieder" (die gleichzeitig Mitglied der "Anthroposophischen Gesellschaft" und der Kirche "Die Christengemeinschaft" waren) .

Christengemeinschaft

Der Konstitution der "Christengemeinschaft" (Hierarchie, geweihte Priester ["Zwei-Stände-System"], "indirekter Kultus") steht der "freie christliche Impuls" (frei gestaltet, individuelles, selbst verantwortetes Handeln, allgemeines ["Laien"-]Priester-Sein, "direkter Kultus") diametral entgegen. Das Problem besteht vor allem darin, dass beide Impulse von Rudolf Steiner die (bis auf das Zentralsakrament) gleichen Sakraments-Texte bekamen (s.o.). Das war bisher kein Problem, denn gleich nach der Gründung der "Christengemeinschaft" schlief der "freie christliche" (außerhalb der Waldorfschulen / Heime) ein, bis er in den 90er Jahren vom "Initiativ-Kreis Kultus" wieder und allumfassend aufgegriffen wurde. Nun entstand Verunsicherung: warum diese oder jene Form, wenn doch die Texte gleich seien.

Befeuert wird dies durch den Monopolanspruch der "Christengemeinschaft" 6 / 67 . Ein allgemein-priesterliches Wirken wird als Hybris, blasphemisch, unmöglich und gegnerisch angesehen, weil nur ihre kirchlich "geweihten Priester" zum sakramentalen Handeln berechtigt seien.. VDL-CG Seitens des "Forum Kultus" wird ein amts-priesterliches, kirchliches Handeln anderer (auch der "Christengemeinschaft") - als für Viele noch notwendig - anerkannt. 8

Die Theologie und Organisation der "Christengemeinschaft" findet sich u.a. auf der Website: www.Christengemeinschaft.org, oder hier in Anthro-Wiki unter "Christengemeinschaft".

Konkret werden seitens der Christengemeinschaft unter anderem folgende Punkte eingewendet:

Begriffsnutzung Sakrament und Zentralsakrament
Opferfeier und Jugendfeier sind von Rudolf Steiner nie als Sakramente bezeichnet worden, schon gar nicht als »Zentralsakrament« (Opferfeier). Dieses Wort ist für einen bestimmten Zusammenhang reserviert und so, wie es hier gebraucht wird, irreführend. [17]

Zur Frage der vermeintlich freien Verfügbarkeit der Schulhandlungen
Hans-Werner Schroeder wendet dazu ein: "Die Schulhandlungen stehen nicht, wie behauptet »letztlich für jeden, der diese wünscht!« zur Verfügung, sondern sind der pädagogischen Bewegung übergeben; ob die Opferfeier da eine Ausnahme bildet, bleibt mindestens fraglich: Jedenfalls nicht im Sinne der »freien Verfügbarkeit«." [17]

Verantwortlichkeit in Bezug auf Handlungshaltende
Die Lehrerkonferenzen zeigen deutlich, dass Rudolf Steiner sehr genau darauf geachtet hat, wer eine Handlung in der Schule halten durfte. So z.B. »Religionslehrer könnte noch so mancher sein, aber die Kultushandlungen könnten kaum von jemand anderem ausgeführt werden, als von den beiden, die jetzt noch genannt sind« (5.12.22). Oder: »Es ist im Lehrerkollegium niemand da. Es ist natürlich eine schwer zu lösende Sache« (15.11.20). Ähnliche Äußerungen finden sich noch mehrfach. Damit ist deutlich, dass er alles andere vor Augen hatte als die Impulsierung einer »laienpriesterlichen Strömung« durch die Stiftung dieser Kultushandlungen. [17]

Zitate werden aus dem Zusammenhang gerissen
Die Aneignung eines der Priestergemeinschaft übergebenen geistigen Gutes wird z.B. mit einem Wort Rudolf Steiners begründet: »Es ist niemals für die Rituale ... etwa ausgesprochen worden, dass sie der Priesterschaft gehören.« Diese Worte finden sich in einer Lehrerkonferenz und beziehen sich, wie aus dem Zusammenhang deutlich zu entnehmen ist, nicht auf die Rituale im Allgemeinen, sondern auf die Schulrituale, für die damals das Missverständnis aufgekommen war, als seien sie ebenfalls – wie die anderen Ritualtexte, die die Christengemeinschaft hat – in die ausschließliche Verantwortung der Christengemeinschaft übergeben worden. Dieses Missverständnis stellte Rudolf Steiner den Lehrern gegenüber richtig. Eine freie Verfügbarkeit auch für die anderen Kultushandlungen daraus abzuleiten, kommt einer bewussten Irreführung gleich. [17]

Zur Frage der vermeintlichen freien Verfügbarkeit der Taufe, Bestattung und Trauung
Die Rituale Bestattung, Taufe und Trauung wurden zwar vor der Begründung der Christengemeinschaft schon gehalten, aber nicht von "Laien", sondern von Hugo Schuster und Wilhelm Ruhtenberg. Schuster war Priester in der altkatholischen Kirche in der Schweiz und Ruhtenberg war evangelischer Pastor und als solcher befugt Taufen und Trauungen zu halten. Da es die Christengemeinschaft noch nicht gab, knüpfte Steiner an die bestehenden kirchlichen Positionen an.[17]
Auch die spätere Aussage Rudolf Steiners in den Karma-Vorträgen schafft zusätzliche Klarheit (GA 236, 27.6.1924): Von der Bestattung, die »schon eingezogen ist in die Gemeinschaft für christliche Erneuerung ..., dieser Kultus ausgebildet im Sinne unserer Christengemeinschaft...«.

Rudolf Steiners beispielhafter Umgang mit Bestattungen
Für seine Ansprache bei der Bestattung von Marie Hahn (der ersten Frau des Stenographen Rudolf Hahn) hatte Rudolf Steiner zur Bedingung gemacht, dass der Ansprache eine kirchliche Bestattungsfeier vorangeht. Da beide Ehegatten ihrer Kirche entfremdet waren, bat Rudolf Steiner den christkatholischen/altkatholischen Priester Hugo Schuster, das Bestattungsritual nach deren Ritus zu halten. Wie Hahn später berichtete, äußerte Rudolf Steiner nach der Bestattung, dass dieses Ritual „gar zu kläglich“ sei.
Wenige Wochen später starb Marie Leyh. Auf dem Friedhof in Arlesheim wurde für sie am 14.1.1919 zum ersten mal von Hugo Schuster das durch Rudolf Steiner gegebene erneuerte Bestattungsritual vollzogen. Wieder hielt Rudolf Steiner im Anschluss die Ansprache. Zwei weitere Bestattungen sind in dieser Form nachzuvollziehen: Johanna Peelen am 12.5.1920 und Caroline Wilhelm am 27.10.1920. Die nächste überlieferte Bestattung mit dem erneuerten Bestattungsritual und einer Ansprache durch Steiner war für Elisabeth Maier am 29.3.1923 in Stuttgart. Das Ritual hielt bereits Gertrud Spörri, Priesterin der am 16.9.1922 begründeten Christengemeinschaft. Die Angehörigen von Elisabeth Maier waren auf Rudolf Steiner mit der Bitte um eine Totenfeier herangetreten und er hatte sie an die Christengemeinschaft verwiesen. Im Zusammenhang dieser Bestattung überlieferte Gertrud Spörri, dass Rudolf Steiner ihr gesagt habe, er wolle gewissermaßen Modellfälle schaffen für das richtige Zusammenwirken der Anthroposophischen Gesellschaft und der Bewegung für religiöse Erneuerung (also der Christengemeinschaft) - es war nur wenige Monate nach dem Brand des ersten Goetheanums und des denkwürdigen Vortrages vom 30.12.1922, der in dieser Frage eine große Verunsicherung sowohl unter Anthroposophen als auch in der Priesterschaft hervorgerufen hatte. Weiter sind so überliefert die Bestattung für Hermann Linde am 29.6.1923 und am 6.5.1924 für Edith Maryon. Hermann Linde war aktiv und verantwortlich in der anthroposophischen Arbeit gewesen und hatte zu der jungen Christengemeinschaft keinerlei Verbindung. Rudolf Steiner bat selbst Friedrich Doldinger, Priester in Freiburg die Bestattung in Basel zu halten, da es in Basel noch keinen Pfarrer gab. Ähnlich handelte auch Rudolf Steiner beim Tod von Edith Maryon, die auch eine repräsentative Persönlichkeit in der Anthroposophischen Gesellschaft und künstlerische Mitarbeiterin Rudolf Steiners gewesen war. Rudolf Steiner schickte Doldinger ein Telegramm „Können Sie Dienstag 11 Uhr Einäscherung Maryon hierherkommen - Rudolf Steiner“. Im anschliessenden Telefongespräch zur Abfolge erklärte Steiner „Den Kultus vollziehen Sie für den Toten als Mitglied der Menschheit, der Kultus muss vorangehen; und dann komme ich und spreche von den besonderen Lebensumständen, die in diesem Fall ja anthroposophische waren.“ [18]
Rudolf Steiner hätte hier - da es keine Mitglieder der Christengemeinschaft waren und sie auch sonst keine konfessionelle Bindung hatten - im Sinne eines laienpriesterlichen Impulses einfach einen Laien bitten können das vermeintlich freie Ritual zu halten. Das tat er aber nicht - obwohl bereits seit 1920 die Schulhandlungen durch von ihm berufene Religionslehrer in der Schule gehalten wurden.

Vermeintliche Änderbarkeit von Kultus
Rudolf Steiner ist nicht müde geworden zu betonen, dass der Kultus nicht menschlicher Willkür unterliegen kann, so z. B. in den Karma-Vorträgen (GA 236, 27.6.1924): »Ein Kultus entsteht nicht dadurch, dass man ihn ausdenkt, denn dann ist er kein Kultus. Ein Kultus entsteht dadurch, dass er das Abbild ist von demjenigen, was in der geistigen Welt vorgeht.« Oder an anderer Stelle: »Es ist jedes Wort abgewogen, nicht nur soweit, dass es als Wort dasteht, sondern es steht auch jedes Wort an seinem richtigen Orte und im richtigen Verhältnis zum anderen Orte« und der Kultus »muss tabu sein«. [17]

Beispiel der Gründungstatsachen der Christengemeinschaft
Hans-Werner Schroeder führt dazu an: "Die Vorgänge, die zur Gründung der Christengemeinschaft 1922 geführt haben, sind inzwischen veröffentlicht. Man kann daran ablesen, mit welcher Sorgfalt Rudolf Steiner die Bildung derjenigen Gemeinschaft inauguriert hat, die der Träger des neuen Kultus werden sollte. An diesen Vorgängen wird deutlich, dass zum Zelebrieren der erneuerten Sakramente, wenn sie rechtmäßig und geistgemäß gehandhabt werden sollen, die Bildung einer esoterischen Gemeinschaft und eine ausdrückliche Verantwortlichkeit und Verpflichtung innerhalb dieser Gemeinschaft als Vorbedingung dazu gehören, was sich dann in der Priesterweihe zum Ausdruck bringt. Angesichts dieser Tatsachen zu der Behauptung zu kommen, die Sakramente seien heute zur freien Verfügung für ein »laienpriesterliches Handeln«, zeugt schon von einer gehörigen Portion Ignoranz und persönlichem Wollen – kaum eine gute Voraussetzung für »christlich-anthroposophisches Handeln«." [17]

Literatur

Kultushandbuch:

  • "Die Sakramente...", Pro-Drei-Verlag, Beuron, herausgegeben vom "Freien christlichen Forum", ISBN 3-00-007899-1

Informationsbuch:

  • "frei + christlich - Freie Sakramente heute?", Selbstverlag und Pro-Drei-Verlag, herausgegeben vom "Freien christlichen Forum"

Weitere Literatur:

  • Steiner, Rudolf: "Ritualtexte für die Feiern des freien christlichen Religionsunterrichtes", GA 269, Rudolf Steiner-Verlag, Dornach, ISBN 3-7274-2690-X
  • Steiner, Rudolf, u.a.: "Zur religiösen Erziehung", (Privatdruck) Pädagogische Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen, 70184 Stuttgart, Heidehofstr. 32
  • Wiesberger, Hella: "Zur Geschichte und aus den Inhalten der Erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule", Band 2, Kapitel "Zur Einführung - Vom geisteswissenschaftlichen Sinn des Kultischen", GA 265, Rudolf Steiner-Verlag, Dornach, ISBN 3-7274-2650-0
  • Steiner, Rudolf: "Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken", zur Begründung der Kirche Die Christengemeinschaft, mit Hinweisen und Texten zu den freien christlichen Handlungen, GA 342-346, Rudolf Steiner-Verlag, Dornach
  • Steiner, Rudolf: "Anthroposophische Gemeinschaftsbildung", GA 257, Rudolf Steiner-Verlag, Dornach, ISBN 3-7274-2570-9
  • Michael Debus, Gundhild Kacer: Das Handeln im Umkreis des Todes - Fragen zur Bestattung, Herausgegeben von der Anthroposophische Gesellschaft Stuttgart für ihre Mitglieder, Stuttgart, 1999
  • Brüll, Dieter: "Bausteine für einen sozialen Sakramentalismus", Verlag am Goetheanum, Dornach, ISBN 3-7235-0777-8
  • Beckerath, Gerhard von: "Gespräch als Kultus", Verlag am Goetheanum, Dornach, ISBN 3-7235-1238-0
  • Karl, Stefan: "Glaube als Erkenntnisreligion - Für eine neue Sozialästhetik - Der erweiterte Glaubensbegriff, Individualismus und soziale Entwicklung", Privatdruck, Pro-Drei-Verlag, Beuron
  • Barth, Hans-Martin: "Einander Priester sein - Allgemeines Priestertum in ökumenischer Perspektive", Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, ISBN 3-525-56532-1
  • Haag, Herbert: "Worauf es ankommt - Wollte Jesus eine Zwei-Stände-Kirche?", Herder-Verlag, ISBN 3-451-26049-2

Weblinks

Forum Freier Christen (Homepage)

Einzelnachweise

  1. Die Begriffe "laien-priesterlich" und "allgemein-priesterlich" sind gleichbedeutend, Gegensatz: "amts-priesterlich". Laien-/allgemein-priesterlich Handelnde sind kultisch/sakramental Wirkende ohne "Priester-Weihe" einer Institution / Kirche. Die "Weihe" zum sakramentalen Handeln entsteht hier in der intimen, individuellen, direkten Berufung durch die Geistige Welt (s. 2 und Abschnitt "2. Verwendete Rituale" zur "Weihe", s. u.). Das war im Urchristentum so (Jesus hat keine "Priester" eingesetzt) und das hat Martin Luther für den Protestantismus wieder konstitutiv eingerichtet. In der katholischen Kirche und der "Christengemeinschaft" stellt dagegen die kirchliche Hierarchie / die Institution ("Körperschaft des öffentlichen Rechts") / das Amt die Befähigung und Berechtigung fest und zertifiziert den Priester und beschließt und erteilt die Priester-Weihe (die lebenslänglich [allerdings nur in der eigenen Kirche] wirksam sei, s. 47), die exklusiv gilt. Als "Pfarrer" ist er zudem mit Amtsvollmachten zur Verwaltung des Kultus und der Gemeinde ausgestattet, der Hierachie ist er durch seine "Angelobung" verpflichtet. Zum Unterschied von Allgemeinem und kirchlichem Priestertum siehe: "Direkter und Indirekter Kultus" im Abschnitt: "2. Verwendete Rituale" unter "Opferfeier".
  2. "Was in der Entwicklung der Christenheit als Sehnsucht und Streben nach Laien-Priestertum immer wieder erstand - allerdings auch immer wieder verfolgt und schließlich zum Verschwinden gebracht wurde -, das hat hier durch Rudolf Steiner eine neue Keimlegung erfahren, die je nach der Schicksalsführung des Einzelnen ihre Früchte zeitigen kann." Maria Röschl-Lehrs, GA 269, S. 131. Deshalb sollte die Opferfeier nicht mehr (kirchlich-/amts-) "priesterlich" gehalten werden. Dem Einwand der "Christengemeinschaft", dass sakramentales Handeln nur durch ihre kirchlich Geweihten möglich sei, widerspricht, dass Rudolf Steiner die meisten Sakramente (u.a. das Zentralsakrament "Opferfeier") zuerst / auch Nicht-Geweihten gab. Er hat das allgemeine Priestertum nicht nach Begründung der "Christengemeinschaft" abgeschafft, im Gegenteil, danach sogar noch die "Opferfeier" gegeben, und sogar den Anthroposophen zugemutet, diese für einen anthroposophischen Kultus in Zukunft (ohne ihn!) in "Inhalt und Form" "fortzusetzen", weiter zu entwickeln, zeitgemäß anzupassen. Siehe auch: "2. Verwendete Rituale / Opferfeier": 39. Siehe ausführlich: Informationsbuch "Sakramente heute ..", Forum Kultus.
  3. "...zusammengeschaut, machen klar, wo die Opferfeier auf der Linie historischer Entwicklung einzureihen ist: nicht vor, sondern nach der Messe mit Brot und Wein." Maria Röschl-Lehrs, GA 269, S. 128.
  4. Siehe "Philosophie der Freiheit", Rudolf Steiner.
  5. Wolfgang Gädeke (em. "Lenker" [!] der "Christengemeinschaft"), Flensburger Hefte, So.heft 9, S. 67 : "Aber das eigentliche Ärgernis (für den Anthroposophen - VDL ) dahinter ist, dass der Anthroposoph hören muss, wenn er Religion pflegen will, gibt es im Grunde keine Alternative zur 'Christengemeinschaft'." Doch: "Es ist niemals für die Rituale, die für die Schule da sind, etwas ausgesprochen worden, dass sie der Priesterschaft gehören." Rudolf Steiner, 9.12.1922, "Zur religiösen Erziehung...", 1997, S. 174. "Die Autoren (die 'Christengemeinschafts'-Priester Gädeke in ihrem Buch "Die Fortbildung der Religion..." VDL) vertreten hier die Meinung, die sich im Gesamtduktus deutlich zeigt, dass die Religion innerhalb der anthroposophischen Gesamtbewegung von der 'Christengemeinschaft' repräsentiert wird. ... Dass von der Dreiheit Wissenschaft - Kunst - Religion mit der Begründung der 'Christengemeinschaft' die Religion an diese gewissermaßen übergeben worden sei, bezeichnet Rudolf Frieling (ehemals "Erzoberlenker" der "Christengemeinschaft" - VDL) 1984 ausdrücklich als ein 'Missverständnis' ... " Michael Debus (em. Leiter des Priesterseminars der "Christengemeinschaft" in Stuttgart), "Anthroposophie und Religion, Eine notwendige Ergänzung zur Gädeke-Studie", in: "Mitteilungen ..." der Anthroposophischen Gesellschaft, Nr. 178, IV/1991, S. 274-276.
  6. "Es ist niemals für die Rituale, die für die Schule da sind, etwas ausgesprochen worden, dass sie der Priesterschaft gehören." Rudolf Steiner, 9.12.1922, "Zur religiösen Erziehung...", 1997, S. 174. Das bezieht sich auf die Unabhängigkeit des gesamten "freien christlichen", allgemein-priesterlichen Impulses, also auch auf die Taufe, Trauung, Bestattung. Rechtlich gehörten sie (bis zum Ablauf des Urheberrechtes) der Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung. Auch die Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung verneint einen Übergang / Übergabe dieser Sakramente an die "Christengemeinschaft", weil nicht aus dem Werk Rudolf Steiners herleitbar. Ulla Trapp, 24.11.1997, für die Rudolf-Steiner-Nachlassverwaltung an das Forum Kultus. Und dass die traditionelle Kirchenstruktur (wie auch in der "Christengemeinschaft") nicht Schlusspunkt christlichen, sakramentalen Handelns ist, zeigt sich darin, dass Rudolf Steiner nach der "Menschenweihehandlung" der "Christengemeinschaft" - als Letztes - die freie christliche "Opferfeier" gab.
  7. Rudolf Steiner, anlässlich der freien christlichen Jugendfeier, GA 265, 1987, S. 38.
  8. Wir sprechen alle den gleichen Gott / Geist an. Deshalb können wir auch den gleichen, Sein reales Handeln aussprechenden Text, nutzen. "Man muss sich nur im Klaren sein, dass man über dies Thema nicht streiten kann, sondern man muss lernen, Wesensunterschiede zu unterscheiden. Alle Kultformen haben ihre Berechtigung und ihre Bedeutung; und man kann daher jede, in der ihr gemäßen Form und dem ihr zukommenden Rahmen, durchaus anerkennen." Fred Poeppig, "Der umgekehrte Kultus und der kosmische Kultus", 1990.
  9. "Denn innerhalb der Menschheit müssen doch alle diejenigen Bewegungen, welche in berechtigter Weise entstehen, wie in einem organischen Ganzen zusammenwirken. Das muss aber in der richtigen Weise geschehen. Es ist (als Beispiel, VDL) für den menschlichen Organismus schlechterdings unmöglich, dass das Blutsystem Nervensystem werde und das Nervensystem Blutsystem werde. Die einzelnen Systeme müssen in reinlicher Trennung voneinander im menschlichen Organismus wirken Dann werden sie gerade in der richtigen Weise zusammenwirken." Rudolf Steiner, 30.12.1922, GA 219.
  10. Gründungsauftrag der "Christengemeinschaft" war, als "Vorschule" zur Anthroposophie, die spirituell suchenden Menschen zwischen den großen Kirchen anzusprechen, die aber den Weg zur Anthroposophie "noch nicht finden" konnten .. "welche durch Gemeindebilden, im Zusammenarbeiten innerhalb der Gemeinde, einen andern Weg gehen müssen, der, ich möchte sagen, mit dem anthroposophischen erst später zusammenführt. ... So muss im strengsten Sinne des Wortes das verstanden werden, dass sich neben der anthroposophischen Bewegung eine andere Bewegung aus sich selbst heraus, nicht aus der anthroposophischen Bewegung heraus begründet hat, begründet hat aus dem Grund, weil außerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft zahlreiche Menschen sind, die den Weg in die anthroposophische Bewegung hinein selber nicht finden, die später mit ihr zusammenkommen können. ..." Rudolf Steiner, 30.12.1922, GA 219.
  11. "... weil es ihr nicht gleich gelingt, unter Nichtanthroposophen Bekenner zu finden, nun ihre Proselyten innerhalb der Reihe der Anthroposophen macht. ... Nebenher .. könne eine solche Bewegung für religiöse Erneuerung gehen, die ganz selbstverständlich für diejenigen, die in die Anthroposophie hinein den Weg finden, keine Bedeutung hat, sondern für diejenigen, die ihn zunächst nicht finden können. Und da diese zahlreich vorhanden sind, ist natürlich eine solche Bewegung nicht nur berechtigt, sondern auch notwendig. ... Aber nach jeder Richtung hin muss diese Bewegung für religiöse Erneuerung von Menschen getragen werden, die noch nicht den Weg in die Anthroposophische Gesellschaft hinein finden können. ... dass streng darauf gesehen wird, dass die Bewegung für religiöse Erneuerung nach allen Richtungen in Kreisen wirkt, die außerhalb der anthroposophischen Bewegung liegen. ... Denn die Anthroposophische Gesellschaft wird von demjenigen nicht verstanden, der sich nicht so auffasst, dass er ein Rater und Helfer sein kann dieser religiösen Bewegung, dass er aber nicht unmittelbar in ihr untertauchen kann. ... Wenn er dieses tut, so arbeitet er an zweierlei: Erstens arbeitet er an der Zertrümmerung und Zerschmetterung der Anthroposophischen Gesellschaft, zweitens arbeitet er an der Fruchtlosigkeit der Bewegung für religiöse Erneuerung (die "Christengemeinschaft" - VDL) ." Rudolf Steiner, 30.12.1922, GA 219. Siehe auch: 58.
  12. "Es ist ein furchtbar starkes Werben da, das autoritativ wirkt ..." Marie Steiner, Dreißiger-Kreis, 13.2.1923 / " ... sie wollen jeden haben. Die haben keinen Grund Klarheit zu schaffen." Rudolf Steiner, 9.12.1922, "Zur religiösen Erziehung ..." / "die grasen ab, ihrerseits ..." Rudolf Steiner, GA 300b, S. 227. / "Aber das eigentliche Ärgernis (für den Anthroposophen - VDL ) dahinter ist, dass der Anthroposoph hören muss, wenn er Religion pflegen will, gibt es im Grunde keine Alternative zur 'Christengemeinschaft'." Wolfgang Gädeke (em. "Lenker" der "Christengemeinschaft"), Flensburger Hefte, So.heft 9, S. 67.
  13. Diese Sakraments-Texte waren zwar bereits im Werk Rudolf Steiners verstreut auffindbar, taugen allerdings wenig für eine praktische Benutzung. Durch die Bearbeitung für die kultische Praxis und ihre Veröffentlichung im "Kultushandbuch" "Die Sakramente..." (siehe auch: www.Forum-Kultus.de / Literatur), stehen sie nun allgemein und liturgisch handhabbar zur Verfügung, für prinzipiell jeden, der diese - hoffentlich verantwortungsvoll 62 - aufgreifen möchte.
  14. Die Sakraments-Texte Rudolf Steiners werden heute von beiden Strömungen - der Kirche "Die Christengemeinschaft" und dem "freien christlichen Impuls" - benutzt, unabhängig davon welche nun zuerst allgemein-priesterlich oder amts-priesterlich gegeben wurden, in dem Sinne, dass sie von Rudolf Steiner als "für verschiedene Lebenszusammenhänge" nutzbar angesehen wurden; siehe auch 7 und Kap. "2. Verwendete Rituale".
  15. "Nehmen sie auch so etwas als einen Anfang hin ... wie überall eben aus dem Lebendigen heraus das Kultusartige gesucht werden muss. ... Etwas Prinzipielles kann es im Leben der Welt überhaupt nicht geben, sondern es kann nur das sich in Leben Wandelnde geben." Rudolf Steiner, GA 269, S. 37. "Wenn heute (1923!, VDL) einer die Dinge in derselben Weise vertritt, mit der man sie 1919 vertreten hat, man da um Jahrhunderte zurückgeblieben ist." Rudolf Steiner, 31.12.1923. Dazu gehört auch die - bereits seit vielen Jahren durch die Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung und dem Vorstand der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft vorgenommene - Veröffentlichung auch der kultischen Texte, bis hin zu den "Klassenstunden".
  16. Siehe www.Forum-Kultus.de
  17. 17,0 17,1 17,2 17,3 17,4 17,5 17,6 Hans-Werner Schroeder in der Zeitschrift "Die Drei" 2/1999
  18. Michael Debus, Gundhild Kacer: Das Handeln im Umkreis des Todes - Fragen zur Bestattung, Herausgegeben von der Anthroposophische Gesellschaft Stuttgart für ihre Mitglieder, Stuttgart, 1999, S. 9ff.