Proton und Phasenraum: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Odyssee
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
imported>Joachim Stiller
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Quark structure proton.svg|mini|Innerer Aufbau des Protons]]
Der '''Phasenraum''' beschreibt die Menge aller möglichen [[Zustand (Physik)|Zustände]] eines [[Dynamisches System|dynamischen Systems]]. Ein Zustand wird durch einen Punkt im Phasenraum eindeutig abgebildet. In der [[Mechanik]] besteht er aus [[Generalisierte Koordinate|(verallgemeinerten) Ortskoordinaten]] ([[Konfigurationsraum]]) und zugehörigen [[Generalisierter Impuls|(verallgemeinerten) Impulsen]] (siehe [[Hamilton-Mechanik]]).
[[Datei:Quark structure antiproton.svg|mini|Innerer Aufbau des Antiprotons]]


Das '''Proton''' [{{IPA|ˈproːtɔn}}] (Plural ''Protonen'' [{{IPA|proˈtoːnən}}]; von [[Altgriechische Sprache|altgriechisch]] {{lang|grc|τὸ πρῶτον}} ''to prōton'' ‚das erste‘)<ref>Wilhelm Gemoll: ''Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch.'' München/Wien 1965.</ref> ist ein stabiles, elektrisch positiv geladenes [[Hadron]]. Sein Formelzeichen ist <math>\mathrm{p}</math>. Das Proton gehört neben dem [[Neutron]] und dem [[Elektron]] zu den Bausteinen der [[Atom]]e, aus denen alle alltägliche [[Materie (Physik)|Materie]] zusammengesetzt ist. Sein zugehöriges [[Antiteilchen]] ist das negativ geladene '''Antiproton''' <math>\mathrm{\bar{p}}</math>.
== Hauptteil ==
Bei <math>n</math> [[Freiheitsgrad|Freiheitsgraden]] (Anzahl generalisierter Koordinaten oder Ortskoordinaten) ist der Phasenraum <math>2n</math>-dimensional. Beispielsweise hat ein Gasteilchen im dreidimensionalen Raum <math>n =3</math> Freiheitsgrade, mit den zugehörigen Impulsen sind das <math>6</math> Phasenraumkoordinaten. Ein System (Gas) von <math>N</math> Teilchen hat einen <math>6N</math>-dimensionalen Phasenraum. Es werden aber auch Phasenräume in anderen Anwendungen außerhalb der Mechanik untersucht.


Der [[Atomkern]] des gewöhnlichen [[Wasserstoff]]s ist ein einzelnes Proton, daher wird das Proton auch als Wasserstoffkern oder Wasserstoff[[ion]] bezeichnet. Diese Bezeichnungen sind jedoch nicht eindeutig, weil es [[Isotop]]e des Wasserstoffs gibt, die zusätzlich ein oder zwei [[Neutron]]en im Kern enthalten.
Die zeitliche Entwicklung eines Punktes im Phasenraum wird durch Differentialgleichungen beschrieben und durch [[Trajektorie (Mathematik)|Trajektorie]]n (Bahnkurven, Orbit) im Phasenraum dargestellt. In der Hamilton-Mechanik sind dies Differentialgleichungen erster Ordnung in der Zeit ([[kanonische Gleichungen]]) und durch einen Anfangspunkt eindeutig festgelegt (ist die [[Hamilton-Funktion]] zeitunabhängig, sind dies [[autonome Differentialgleichung]]en). Dementsprechend kreuzen sich zwei Trajektorien im Phasenraum auch nicht,<ref>Es kann allerdings der Fall auftreten, dass im Phasenraumportrait zwei Kurven einander schneiden wie die Separatrix beim Pendel, der Kreuzungspunkt wird aber bei der Bewegung auf Trajektorien des Systems nicht erreicht.</ref> da an einem Kreuzungspunkt der weitere Verlauf nicht eindeutig ist. Geschlossene Kurven beschreiben [[Schwingung|oszillierende]] (periodische) Systeme.
[[File:Pendulum phase portrait illustration.svg|thumb|300px|right|Konstruktion eines Phasen(raum)portraits für ein [[mathematisches Pendel]]]]
Für Systeme mit bis zu drei Variablen kann der Phasenraum graphisch dargestellt werden. Insbesondere für zwei Variable kann man so die Bewegung (Trajektorien, Phasenraumfluss als [[Vektorfeld]]) in einem ''Phasenraumportrait'' oder ''Phasenportrait'' anschaulich darstellen und qualitativ analysieren (''Phasenraumanalyse,'' [[#Nullkline|Nullklinen]] und [[Kritischer Punkt (Dynamik)|Fixpunkte]]).


In der [[Chemie]] wird generell das positiv geladene [[Wasserstoff]]ion H<sup>+</sup> als Proton bzw. nach der [[w:IUPAC|IUPAC]]-Nomenklatur als '''Hydron''' bezeichnet<ref> J. F. Bunnet, R. A. Y. Jones: ''Names for hydrogen atoms, ions, and groups, and for reactions involving them (Recommendations 1988)''. In: Pure Appl. Chem.. 60, Nr. 7, 1968, S. 1115–6. {{DOI|10.1351/pac198860071115}} [http://publications.iupac.org/pac/1988/pdf/6007x1115.pdf pdf]</ref>, unabhängig davon, um welches Wasserstoffisotop (<sup>1</sup>H<sup>+</sup>, [[Deuteron]] <sup>2</sup>H<sup>+</sup> oder [[Triton (Physik)|Triton]] <sup>3</sup>H<sup>+</sup>) es sich dabei handelt. Da der Kern der schwereren Wasserstoffisotope auch über ein oder zwei [[Neutron]]en verfügt, ist die chemische Definition des Protons nicht mit der physikalischen Definition identisch.
Der historische Ursprung der Verwendung von Phasenräumen wird häufig auf [[Joseph Liouville]] zurückgeführt&nbsp;– wegen des [[Satz von Liouville (Physik)|Satzes von Liouville]] (1838), dass bei [[Konservative Kraft|konservativen]] Systemen (mit Energieerhaltung) das Phasenraumvolumen benachbarter Trajektorien zeitlich konstant ist. Liouville hatte aber kein mechanisches System im Auge, sondern bewies den Satz für allgemeine gewöhnliche Differentialgleichungen erster Ordnung, die Verbindung zur Mechanik schlug erst [[Carl Gustav Jacobi]] vor.<ref>David Nolte: ''The tangled tale of phase space.'' Physics Today, April 2010, S. 33.</ref> Das Phasenraumkonzept entstand erst, nachdem im weiteren Verlauf des 19.&nbsp;Jahrhunderts die Geometer zur Betrachtung höherdimensionaler Räume übergegangen waren und die erste Verwendung des Phasenraums im heutigen Sinn war bei [[Ludwig Boltzmann]] 1872<ref>Boltzmann, Wien. Ber., 66, 1872, S. 275.</ref> im Rahmen seiner Untersuchungen der [[Statistische Mechanik|statistischen Mechanik]], was 1879 von [[James Clerk Maxwell]] übernommen wurde<ref>Maxwell, Trans. Cambridge Phil. Soc., Band 12, 1879, S. 547.</ref>. Das Konzept fand dann Verwendung in den Vorlesungen von Boltzmann und [[Josiah Willard Gibbs]] zur statistischen Mechanik, im Artikel zur statistischen Mechanik in der [[Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften]] von 1911 von [[Paul Ehrenfest]] und [[Tatjana Ehrenfest]] (die die Bezeichnung <math>\Gamma</math> für den Phasenraum einführten) und in der qualitativen Theorie der Differentialgleichungen durch [[Henri Poincaré]].


== Aufbau ==
Ein dynamisches System, dessen Trajektorien den gesamten Phasenraum ausfüllen, also jedem Punkt im Phasenraum beliebig nahe kommen, nennt man [[Ergodizität|ergodisch]], siehe auch [[Ergodenhypothese]]. Bei konservativen mechanischen Systemen (abgeschlossene Systemen) ist nach dem Satz von Liouville das Phasenraumvolumen benachbarter Trajektorien zeitlich konstant, bei [[Dissipatives System|dissipativen Systemen]] nimmt es ab (offene Systeme).


Das Proton besteht aus zwei [[Up-Quark]]s und einem [[Down-Quark]] (Formel uud). Diese drei [[Valenzquark]]s werden von einem [[Seequark|„See“]] aus [[Gluon]]en und Quark-Antiquark-Paaren umgeben. Nur ungefähr 1 Prozent der Masse des Protons kommt von den Massen der Valenzquarks, der Rest stammt von der Bewegungs- und Bindungsenergie zwischen Quarks und den Gluonen, wobei letztere als Kraft-[[Austauschteilchen]] die [[starke Kraft]] zwischen den Quarks vermitteln.<ref name="Durr:2008zz">S. Dürr et al.: [http://www.sciencemag.org/cgi/content/abstract/322/5905/1224 ''Ab initio determination of Light Hadron Masses.''] Science 322 (2008) S. 1224–1227</ref>  
Mathematisch ist der Phasenraum der Hamiltonschen Mechanik ein Beispiel für eine [[Symplektische Geometrie]] und die Hamiltonsche Mechanik nach den Worten von [[Wladimir Arnold]] ''ist die Geometrie des Phasenraums''<ref>Arnold: ''Mathematical methods of classical mechanics.'' Springer, 1989, S. 161.</ref>. Da die Impulse als Ableitungen der Hamiltonfunktion nach den generalisierten Koordinaten definiert sind, ist der Phasenraum dort ein [[Kotangentialbündel]] über dem Konfigurationsraum.
<!-- Vor Änderungen am Durchmesser bitte unbedingt die Diskussionsseite beachten und die Änderungen dort absprechen! -->
Der [[Durchmesser]] eines freien Protons beträgt etwa 1,7&#8239;·&#8239;10<sup>−15</sup>&nbsp;m.
<!-- Vor Änderungen am Durchmesser bitte unbedingt die Diskussionsseite beachten und die Änderungen dort absprechen! -->
Das Proton ist wie das Neutron ein [[Baryon]].


== Eigenschaften ==
In der Quantenmechanik drückt die [[Heisenbergsche Unschärferelation]] eine ''[[Quantisierung (Physik)|Quantisierung]]'' des Phasenraums aus. In der älteren Quantentheorie erfolgt dies durch die [[Bohr-sommerfeldsches Atommodell|Bohr-Sommerfeld Quantisierung]]. Übergänge von Verteilungsfunktionen vom klassischen zum quantenmechanischen Phasenraum (und umgekehrt) liefern die [[Wigner-Funktion]] und [[Weyl-Quantisierung]].
Das Proton ist das einzige stabile [[Hadron]] und das leichteste [[Baryon]]. Da ein Zerfall immer nur zu leichteren Teilchen führen kann, muss das Proton wegen der Baryonenzahlerhaltung nach dem [[Standardmodell]] stabil sein. Experimente am [[Kamiokande]] lassen auf eine [[Halbwertszeit]] von mindestens 10<sup>32</sup> Jahren schließen. Die Suche nach dem [[Protonenzerfall]] ist für die Physik von besonderer Bedeutung, da sie einen möglichen Test für Theorien jenseits des Standardmodells darstellt.


Das magnetische Moment lässt sich nach dem vereinfachten Quarkmodell auf der Ebene der [[Konstituentenquark]]s zu <math>\vec{\mu_{\rm p}} = \tfrac{4}{3}\vec{\mu_{\rm u}} - \tfrac{1}{3}\vec{\mu_{\rm d}} = +2{,}79\, \vec{\mu_\mathrm{N}}</math> berechnen. Dabei ist <math>\mu_\mathrm{N}</math> das [[Kernmagneton]];  <math>\mu_{\rm u}, \mu_{\rm d}</math> sind die Momente zu den Massen des jeweiligen Konstituentenquark mit dem g-Faktor 2. Das Ergebnis stimmt mit gemessenen Werten annähernd überein.
== Beispiel einer Phasenraumanalyse ==
[[Datei:Phasenportraet mit vektorfeld.svg|mini|Phasenportrait des gedämpften Feder-Masse-Schwingers mit [[Vektorfeld]] und Trajektorie]]
[[Datei:Van der pols equation phase portrait.jpg|miniatur|Phasenportrait des [[Van-der-Pol-System|van-der-Pol-Oszillators]] mit Vektorfeld und typischen Trajektorien]]


Protonen können aus dem [[Betazerfall]] von Neutronen entstehen:
Das Phasenraumportrait gibt eine Möglichkeit, die zeitlichen Entwicklungen dynamischer Systeme graphisch zu analysieren. Dazu werden nur die dynamischen Gleichungen des Systems benötigt, eine explizite Darstellung der Zeitentwicklung, etwa durch analytisches Lösen einer Differentialgleichung, ist nicht nötig.
: <math>\mathrm{n}\rightarrow\mathrm{p}+\mathrm{e}^-+\bar{\nu}_e + 0{,}78\,\mathrm{MeV} </math>


Der umgekehrte Prozess tritt z.&nbsp;B. bei der Entstehung eines [[Neutronenstern]]s auf und ist auch unter Normalbedingungen theoretisch möglich, aber statistisch extrem selten, da drei Teilchen mit genau abgestimmten Energien gleichzeitig zusammenstoßen müssten.
Als Beispiel folgen einige Elemente der Phasenraumanalyse in einem zweidimensionalen System <math>{x, y}</math>, das durch die Differentialgleichungen (<math>x'=\frac {\mathrm dx}{\mathrm dt}</math>, <math>y'=\frac {\mathrm dy}{\mathrm  dt}</math>)
:<math>x' = f(x,y)</math>
:<math>y' = g(x,y)</math>
beschrieben ist:


Jedoch kann ein in einem sehr protonenreichen [[Atomkern]] gebundenes Proton sich durch [[Betazerfall|Beta-plus-Zerfall]] oder [[Elektroneneinfang]] in ein Neutron verwandeln.  
* Einzeichnen des ''Vektorfelds der Dynamik:'' Für ein Raster von Punkten wird die Richtung der Bewegung im Phasenraum durch Pfeile dargestellt. Folgt man nun ausgehend von einem bestimmten Startpunkt dem Pfeil, kommt man zu einem neuen Punkt, wo man dieses Vorgehen wiederholen kann. So kann man anhand des Vektorfelds zusätzlich typische Trajektorien in das Phasenraumportrait einzeichnen, die das qualitative Verhalten der zeitlichen Entwicklung einzuschätzen helfen. Beim [[Van-der-Pol-System|van-der-Pol-Oszillator]] zum Beispiel laufen alle Trajektorien auf einen [[Grenzzyklus]] zu, was sich anhand von Beispieltrajektorien innerhalb und außerhalb des Zyklus illustrieren lässt. Für einfache dynamische Systeme kann man Vektorfeld und Beispieltrajektorien oft mit der Hand einzeichnen, bei komplexeren Systemen kann dies durch Computerprogramme geschehen.


Das [[Antimaterie]]-Teilchen ([[Antiteilchen]]) zum Proton ist das [[Antiproton]], das 1955 erstmals von [[Emilio Segrè]] und [[Owen Chamberlain]] künstlich erzeugt wurde, was den Entdeckern den [[Nobelpreis für Physik]] des Jahres 1959 einbrachte. Es hat dieselbe Masse wie das Proton, aber elektrisch negative Ladung.
{{Anker|Nullkline}}
* Einzeichnen der ''Nullklinen:'' Eine Nullkline bezeichnet eine Kurve im Phasenraum, entlang der sich eine der dynamischen Variablen nicht ändert. Im Fall des obigen zweidimensionalen Systems ist die x-Nullkline durch die Bedingung <math>x' =f (x, y) = 0</math> und die y-Nullkline durch <math>y' = g(x, y) = 0</math> definiert. Diese Gleichungen lassen sich häufig auch dann nach einer der Variablen auflösen, wenn die Gesamtdynamik nicht analytisch integriert werden kann.


== Protonen als Bestandteile von Atomkernen ==
* Bestimmen von ''Fixpunkten'' und ihrer ''Stabilität:'' Als [[Kritischer Punkt (Dynamik)|Fixpunkte]] werden Zustände bezeichnet, die sich mit der Zeit nicht ändern. Solche Fixpunkte entsprechen den Kreuzungspunkten der [[Nullkline]]n im Phasenraum. Im obigen zweidimensionalen System erklärt sich das dadurch, dass an so einem Kreuzungspunkt die Bedingung <math>g(x,y) = f(x,y) = 0</math> erfüllt ist. Durch eine [[Stabilitätstheorie#Stabilitätsanalyse linearer und nichtlinearer Systeme|lineare Stabilitätsanalyse]] kann auch bestimmt werden, ob Trajektorien in der Nähe dieser Punkte angezogen oder abgestoßen werden.
Der [[Atomkern]] fast aller [[Nuklid]]e besteht aus Protonen und [[Neutron]]en, den [[Nukleon]]en; die einzige Ausnahme ist das häufigste Wasserstoff-Atom <sup>1</sup>H, dessen Atomkern nur aus einem einzelnen Proton besteht (siehe auch [[Proton (Chemie)]]). Die Anzahl der Protonen im Atomkern, die [[Ordnungszahl]] des jeweiligen [[Chemisches Element|Elements]], bestimmt – über die durch die Protonen bestimmte Elektronenzahl – dessen chemische Eigenschaften. Atome mit gleicher Protonenzahl, aber unterschiedlicher Neutronenzahl werden [[Isotop]]e genannt und haben nahezu identische chemische Eigenschaften.


Die Protonen im Atomkern tragen zur atomaren Gesamtmasse bei. Die [[starke Wechselwirkung]] zwischen Protonen und Neutronen ist für den Erhalt und die Stabilität des Atomkerns verantwortlich. Während die positiv geladenen Protonen untereinander sowohl anziehende (starke Wechselwirkung) als auch abstoßende Kräfte ([[elektromagnetische Wechselwirkung]]) erfahren, tritt zwischen Neutronen untereinander und zwischen Neutronen und Protonen keine elektrostatische Kraft auf.
{{Anker|Separatrix}}
 
* Finden von ''Separatrizen:'' Als ''Separatrix'' (abgeleitet von lat. ''{{lang|la|separare}}'' „trennen“) wird eine [[Kurve (Mathematik)|Kurve]] bzw. ([[Hyperfläche|Hyper]]-) [[Fläche (Mathematik)|Fläche]] bezeichnet, die Phasenraumgebiete mit unterschiedlichem (Langzeit-) Verhalten voneinander trennt.<ref>{{Literatur |Autor=Steven H. Strogatz |Titel=Nonlinear Dynamics And Chaos |Seiten=159 |Datum=2000 |Verlag=Westview Press |ISBN=9780738204536}}</ref> Gibt es beispielsweise zwei Fixpunkte, die Trajektorien anziehen, gibt es unter Umständen eine Separatrix, die die beiden Einzugsbereiche voneinander trennt. Mit den Orten und der Stabilität aller Fixpunkte bzw. mit dem ''Vektorfeld der Dynamik'' können in geeigneten Fällen die Separatrizen ohne weitere Berechnungen gefunden werden.
Das ''[[Diproton]]'', das fiktive Helium-Isotop <sup>2</sup>He, dessen Kern lediglich aus zwei Protonen bestünde, ist nicht „teilchenstabil“, denn zwei Protonen können sich wegen des [[Pauli-Prinzip]]s – im Gegensatz zum Proton und Neutron beim [[Deuteron]] – nur in einem [[Singulett]]-Zustand mit antiparallelen Spins befinden. Auf Grund der starken Spinabhängigkeit der Nukleon-Nukleon-Wechselwirkung ist dieser aber energetisch angehoben und daher nicht gebunden. Erst mit einem weiteren Neutron im Kern erhält man das stabile <sup>3</sup>He.
 
Über den [[Kernphotoeffekt]] können Protonen durch hochenergetische [[Photon]]en aus dem Kern gelöst werden, ebenso in anderen [[Kernreaktion]]en durch Stoß schneller Protonen, Neutronen oder [[Alphateilchen]].
 
Bei Kernen mit besonders hoher oder besonders geringer Neutronenzahl kann es zu spontaner Nukleonenemission, also Protonen- oder Neutronenemission, kommen. Man spricht hier von Protonen- bzw. Neutronenstrahlung. Die Halbwertszeiten sind hierbei stets sehr kurz. Bei extremem Protonenüberschuss (wie zum Beispiel beim Eisenisotop <sup>45</sup>Fe) kann der Zwei-Protonen-Zerfall auftreten, bei dem sogar zwei Protonen gleichzeitig abgestrahlt werden (siehe hierzu den Hauptartikel [[Radioaktivität]]).
 
== Streuprozesse von oder an Protonen ==
Streuexperimente mit Protonen an anderen Nukleonen werden durchgeführt, um die Eigenschaften der Nukleon-Nukleon-Wechselwirkungen zu erforschen. Bei der Streuung an Neutronen ist die starke Wechselwirkung die dominierende Kraft; die elektromagnetische und erst recht die schwache Wechselwirkung sind hier vernachlässigbar. Streut man Protonen an Protonen, so muss zusätzlich die [[Coulomb-Kraft]] berücksichtigt werden. Die Kernkräfte hängen zudem noch vom Spin ab. Ein Ergebnis des Vergleichs der p-p-Streuung mit der n-n-Streuung ist, dass die Kernkräfte unabhängig vom Ladungszustand der Nukleonen sind (der Anteil der Coulombkraft am [[Wirkungsquerschnitt]] der p-p-Streuung wird hierbei abgezogen, um nur die Wirkung der Kernkräfte zu vergleichen).
 
Mit elastischen oder quasielastischen Streuungen von Elektronen an Protonen lässt sich der [[Formfaktor (Physik)|Formfaktor]] des Protons bestimmen.
 
Durch Streuung eines [[Spinpolarisation|polarisierten]] 1,16-[[Elektronenvolt|GeV]]-Elektronenstrahls an Protonen ist deren [[schwache Ladung]] genau gemessen worden. Dabei wurde ausgenutzt, dass nur bei der schwachen Wechselwirkung die [[Paritätsverletzung|Nichterhaltung der Parität]] gilt.<ref> The Jefferson Lab Q-weak Collaboration: Precision measurement of the weak charge of the proton. ''Nature'' Bd. 557 (2018) Seite 207–211, [[doi:10.1038/s41586-018-0096-0]]</ref>
 
== Weitere Reaktionen des Protons (Astrophysik) ==
* [[Proton-Proton-Reaktion]]en sind eine von zwei [[Kernfusion|Fusionsreaktionen]] beim [[Wasserstoffbrennen]].
* Bei einer [[Protonenanlagerung]] im sogenannten [[p-Prozess]] überwindet ein schnelles Proton die Abstoßung durch die Coulombkraft und wird Bestandteil des getroffenen Atomkerns.
 
== Aktuelle Forschungsgebiete ==
Die Eigenschaften des Protons erforscht man u.&nbsp;a. in Anlagen wie dem [[Super Proton Synchrotron]] (SPS) und dem [[Large Hadron Collider]] (LHC) des [[CERN]]s, dem [[Tevatron]] im [[Fermilab]] oder [[Deutsches Elektronen-Synchrotron#HERA|HERA]].
 
Die Forschung mit Proton-Antiproton-Kollisionen dient unter anderem der Suche nach einer Physik jenseits des Standardmodells.<ref>Suche nach Physik außerhalb des Standardmodells in Proton-Antiproton-Kollisionen mit Leptonen und Jets im Endzustand; Thomas Nunnemann; [http://www.etp.physik.uni-muenchen.de/dokumente/talks/fakkolloq_nunnemann_060705.pdf Weblink zu PDF Vortrag]</ref>
 
Messungen der [[Lamb-Verschiebung]] am [[Myonischer Wasserstoff|myonischen Wasserstoff]], also am gebundenen System aus [[Myon]] und Proton, ergaben 2010 für den Ladungsradius des Protons einen um 4 % geringeren als den bisher angenommenen Wert, der u.&nbsp;a. aus Streuversuchen an Elektronenbeschleunigern ermittelt worden war. Da das Myon viel schwerer als das Elektron ist, kommt es dem Proton viel näher. Das macht  bei myonischen Atomen den Einfluss der Ausdehnung des Protons auf das Spektrum genauer messbar. Der Unterschied im Protonenradius lag im Bereich von vier Standardabweichungen. Das fand damals große Aufmerksamkeit, da es Fragen in Bezug zur [[Quantenelektrodynamik]] aufwirft, die eigentlich als die besterforschte physikalische Theorie gilt, die zum Beispiel die Energieniveaus im Wasserstoffatom bis auf 12 Dezimalstellen genau vorhersagt.<ref>{{Literatur | Autor = Randolf Pohl et al.<!--, Aldo Antognini, François Nez, Fernando D. Amaro, François Biraben, João M. R. Cardoso, Daniel S. Covita, Andreas Dax, Satish Dhawan, Luis M. P. Fernandes, Adolf Giesen, Thomas Graf, Theodor W. Hänsch, Paul Indelicato, Lucile Julien, Cheng-Yang Kao, Paul Knowles, Eric-Olivier Le Bigot, Yi-Wei Liu, José A. M. Lopes, Livia Ludhova, Cristina M. B. Monteiro, Françoise Mulhauser, Tobias Nebel, Paul Rabinowitz, Joaquim M. F. dos Santos, Lukas A. Schaller, Karsten Schuhmann, Catherine Schwob, David Taqqu, João F. C. A. Veloso, Franz Kottmann--> | Titel = The size of the proton | Sammelwerk = Nature | Band = 466 | Nummer = 7303 | Jahr = 2010 | Seiten = 213–216 | DOI=10.1038/nature09250}}</ref> Auch Abweichungen vom [[Standardmodell]] wurden diskutiert, einer der beteiligten Physiker ([[Randolf Pohl]]) hält aber eine Abweichung der Rydbergkonstante von bisher akzeptierten Werten für wahrscheinlicher.<ref>[https://www.quantamagazine.org/proton-radius-puzzle-deepens-with-new-measurement-20160811 Natalie Wolchover, New Measurement Deepens Proton Puzzle, Quanta Magazine, 11. August 2016]</ref> 2016 wurde die Abweichung auch an myonischen Deuterium-Atomen bestätigt. 2017 wurde eine Abweichung zu den Wasserstoff-Standarddaten auch bei Messungen an gewöhnlichem Wasserstoff entdeckt (in Höhe 3,3 Standardabweichungen sowohl bei Protonenradius als auch bei [[Rydbergkonstante]]).<ref>[http://www.pro-physik.de/details/news/10655019/Geschrumpftes_Proton.html Geschrumpftes Proton], Pro Physik, 6. Oktober 2017</ref><ref>A. Beyer et al.: The Rydberg constant and proton size from atomic hydrogen, Science, Band 358, 2017, S. 79</ref> Dafür mussten zwei Übergänge gemessen werden (neben 2s-1s der Übergang 2s-4p). Das Experiment stellt eine der bisher genauesten Messungen der Laserspektroskopie dar.
 
In [[Terrestrischer Gammablitz|Terrestrischen Gammablitzen]] könnten neben anderen Masseteilchen auch Protonen mit Energien bis zu 30&nbsp;MeV auftreten.<ref>Köhn, C., Ebert, U.: Calculation of beams of positrons, neutrons and protons associated with terrestrial gamma-ray flashes. ''J. Geophys. Res. Atmos.'' (2015), vol. 23, {{doi|10.1002/2014JD022229}}</ref> Jedoch ist die Zeitskala, auf der terrestrische Protonenstrahlen gemessen werden können, deutlich länger als für terrestrische Gammablitze.<ref>Köhn, C., Diniz, G., Harakeh, M.N.: Production mechanisms of leptons, photons, and hadrons
and their possible feedback close to lightning leaders. ''J. Geophys. Res. Atmos.'' (2017), vol. 122, {{doi|10.1002/2016JD025445}}</ref>
 
== Technische Anwendungen ==
Beschleunigte Protonen werden in der Medizin im Rahmen der [[Protonentherapie]] zur Behandlung von Tumorgewebe eingesetzt. Dies ist eine im Vergleich zur konventionellen Röntgenbestrahlung schonendere Therapie, da die Protonen ihre Energie im Wesentlichen erst in einem eng begrenzten Tiefenbereich im Gewebe abgeben ([[Bragg-Peak]]). Das Gewebe, das sich auf dem Weg dorthin befindet, wird deutlich weniger belastet (Faktor 3 bis 4), das Gewebe dahinter wird im Vergleich zur Röntgen-[[Radiotherapie]] relativ wenig belastet.
 
Protonen mit kinetischen Energien etwa im Bereich 10 bis 50 [[Elektronenvolt|MeV]] aus [[Zyklotron]]s dienen z. B. auch zur Herstellung protonenreicher [[Radionuklid]]e für medizinische Zwecke oder zur oberflächlichen [[Radioaktivität|Aktivierung]] von Maschinenteilen zwecks späterer Verschleißmessungen.
 
== Forschungsgeschichte ==
Protonen tauchten in der Forschung zuerst 1898 auf, als [[Wilhelm Wien]] feststellte, dass man die [[Geißlerröhre]] mit Wasserstoff füllen muss, um [[Kanalstrahlen]] mit dem größten Verhältnis von Ladung zu Masse zu erhalten<ref>Wilhelm Wien: Über positive Elektronen und die Existenz hoher Atomgewichte. In: Annalen der Physik. Band 318 (4), 1904, S. 669–677.</ref>. Diese Strahlung besteht aus Protonen.
 
1913 entwickelte [[Niels Bohr]] das nach ihm benannte Modell für das Wasserstoffatom, in dem ein [[Elektron]] einen positiv geladenen Atomkern umkreist. Dieser Kern ist ein Proton.
 
1919 entdeckte [[Ernest Rutherford]], dass im Atomkern des [[Stickstoff]] Atomkerne des Wasserstoffs vorhanden sind. Er nahm daraufhin an, dass alle Atomkerne aus Wasserstoffkernen aufgebaut sind und schlug für diese den Namen ''Proton'' vor. Dabei nahm er Bezug auf das Wort ''Protyle'', das eine hypothetische Grundsubstanz aller [[Materie (Physik)|Materie]] bezeichnet. [[William Prout]] hatte 1815 vermutet, dass Wasserstoff diese Substanz sei, so dass alle Atome aus Wasserstoffatomen aufgebaut seien.<ref>Rutherford in einer Fußnote zum Artikel "The Constitution of Atoms." von Orme Masson in ''The Philosophical Magazine, Vol 41 (1921), S.&nbsp;281–285.'': "…Finally the name "proton" met with general approval, particularly as it suggests the original term "protyle" given by Prout in his well-known hypothesis that all atoms are built up of hydrogen. The need of a special name for the nuclear unit of mass 1 was drawn attention to by Sir Oliver Lodge at the Sectional meeting, and the writer then suggested the name "proton."</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Proton}}
* {{WikipediaDE|Phasenraum}}
* {{WikipediaDE|Protonium}}
* {{WikipediaDE|Zustandssumme}}
* {{WikipediaDE|Proton (Chemie)|Hydron}}: Zur Bedeutung des Protons in der Chemie bei Protonenübertragungsreaktionen ([[Säure-Base-Reaktion]]en) bzw. zum [[Säuren|Säurebegriff]] nach [[Wikipedia:Johannes Nicolaus Brønsted|Brønsted]] und [[Wikipedia:Thomas Lowry|Lowry]].
* {{WikipediaDE|Zustandsraum (Mechanik)}}
* {{WikipediaDE|Impulsraum}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Wolfgang Demtröder: ''Experimentalphysik'' (Band 4). 2. Auflage. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-21451-8.
* Y. S. Kim: ''The physics of phase space.'' Springer, Berlin 1987, ISBN 3-540-17894-5.
* Donald H. Perkins: ''Introduction to high energy physics.'' 4th edition. Cambridge University Press, 2000, ISBN 0-521-62196-8.
* Cosmas K. Zachos: ''Quantum mechanics in phase space – an overview with selected papers.'' World Scientific, Singapore 2005, ISBN 978-981-238-384-6.
* V. Arnold: ''Mathematical methods of classical mechanics.'' Springer 1989.
 
== Weblinks ==
* [http://www.scholarpedia.org/article/State_space ''State space.''] In: ''Scholarpedia.org.'' (Englisch, inkl. Literaturangaben).


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


== Weblinks ==
[[Kategorie:Klassische Mechanik]]
{{Wiktionary}}
[[Kategorie:Theorie dynamischer Systeme]]
{{Commons}}
[[Kategorie:Statistische Physik]]
 
[[Kategorie:Elementarteilchen]]
[[Kategorie:Hadronen]]
[[Kategorie:Baryonen]]
[[Kategorie:Atom]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 1. Januar 2019, 04:23 Uhr

Der Phasenraum beschreibt die Menge aller möglichen Zustände eines dynamischen Systems. Ein Zustand wird durch einen Punkt im Phasenraum eindeutig abgebildet. In der Mechanik besteht er aus (verallgemeinerten) Ortskoordinaten (Konfigurationsraum) und zugehörigen (verallgemeinerten) Impulsen (siehe Hamilton-Mechanik).

Hauptteil

Bei Freiheitsgraden (Anzahl generalisierter Koordinaten oder Ortskoordinaten) ist der Phasenraum -dimensional. Beispielsweise hat ein Gasteilchen im dreidimensionalen Raum Freiheitsgrade, mit den zugehörigen Impulsen sind das Phasenraumkoordinaten. Ein System (Gas) von Teilchen hat einen -dimensionalen Phasenraum. Es werden aber auch Phasenräume in anderen Anwendungen außerhalb der Mechanik untersucht.

Die zeitliche Entwicklung eines Punktes im Phasenraum wird durch Differentialgleichungen beschrieben und durch Trajektorien (Bahnkurven, Orbit) im Phasenraum dargestellt. In der Hamilton-Mechanik sind dies Differentialgleichungen erster Ordnung in der Zeit (kanonische Gleichungen) und durch einen Anfangspunkt eindeutig festgelegt (ist die Hamilton-Funktion zeitunabhängig, sind dies autonome Differentialgleichungen). Dementsprechend kreuzen sich zwei Trajektorien im Phasenraum auch nicht,[1] da an einem Kreuzungspunkt der weitere Verlauf nicht eindeutig ist. Geschlossene Kurven beschreiben oszillierende (periodische) Systeme.

Konstruktion eines Phasen(raum)portraits für ein mathematisches Pendel

Für Systeme mit bis zu drei Variablen kann der Phasenraum graphisch dargestellt werden. Insbesondere für zwei Variable kann man so die Bewegung (Trajektorien, Phasenraumfluss als Vektorfeld) in einem Phasenraumportrait oder Phasenportrait anschaulich darstellen und qualitativ analysieren (Phasenraumanalyse, Nullklinen und Fixpunkte).

Der historische Ursprung der Verwendung von Phasenräumen wird häufig auf Joseph Liouville zurückgeführt – wegen des Satzes von Liouville (1838), dass bei konservativen Systemen (mit Energieerhaltung) das Phasenraumvolumen benachbarter Trajektorien zeitlich konstant ist. Liouville hatte aber kein mechanisches System im Auge, sondern bewies den Satz für allgemeine gewöhnliche Differentialgleichungen erster Ordnung, die Verbindung zur Mechanik schlug erst Carl Gustav Jacobi vor.[2] Das Phasenraumkonzept entstand erst, nachdem im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts die Geometer zur Betrachtung höherdimensionaler Räume übergegangen waren und die erste Verwendung des Phasenraums im heutigen Sinn war bei Ludwig Boltzmann 1872[3] im Rahmen seiner Untersuchungen der statistischen Mechanik, was 1879 von James Clerk Maxwell übernommen wurde[4]. Das Konzept fand dann Verwendung in den Vorlesungen von Boltzmann und Josiah Willard Gibbs zur statistischen Mechanik, im Artikel zur statistischen Mechanik in der Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften von 1911 von Paul Ehrenfest und Tatjana Ehrenfest (die die Bezeichnung für den Phasenraum einführten) und in der qualitativen Theorie der Differentialgleichungen durch Henri Poincaré.

Ein dynamisches System, dessen Trajektorien den gesamten Phasenraum ausfüllen, also jedem Punkt im Phasenraum beliebig nahe kommen, nennt man ergodisch, siehe auch Ergodenhypothese. Bei konservativen mechanischen Systemen (abgeschlossene Systemen) ist nach dem Satz von Liouville das Phasenraumvolumen benachbarter Trajektorien zeitlich konstant, bei dissipativen Systemen nimmt es ab (offene Systeme).

Mathematisch ist der Phasenraum der Hamiltonschen Mechanik ein Beispiel für eine Symplektische Geometrie und die Hamiltonsche Mechanik nach den Worten von Wladimir Arnold ist die Geometrie des Phasenraums[5]. Da die Impulse als Ableitungen der Hamiltonfunktion nach den generalisierten Koordinaten definiert sind, ist der Phasenraum dort ein Kotangentialbündel über dem Konfigurationsraum.

In der Quantenmechanik drückt die Heisenbergsche Unschärferelation eine Quantisierung des Phasenraums aus. In der älteren Quantentheorie erfolgt dies durch die Bohr-Sommerfeld Quantisierung. Übergänge von Verteilungsfunktionen vom klassischen zum quantenmechanischen Phasenraum (und umgekehrt) liefern die Wigner-Funktion und Weyl-Quantisierung.

Beispiel einer Phasenraumanalyse

Phasenportrait des gedämpften Feder-Masse-Schwingers mit Vektorfeld und Trajektorie
Phasenportrait des van-der-Pol-Oszillators mit Vektorfeld und typischen Trajektorien

Das Phasenraumportrait gibt eine Möglichkeit, die zeitlichen Entwicklungen dynamischer Systeme graphisch zu analysieren. Dazu werden nur die dynamischen Gleichungen des Systems benötigt, eine explizite Darstellung der Zeitentwicklung, etwa durch analytisches Lösen einer Differentialgleichung, ist nicht nötig.

Als Beispiel folgen einige Elemente der Phasenraumanalyse in einem zweidimensionalen System , das durch die Differentialgleichungen (, )

beschrieben ist:

  • Einzeichnen des Vektorfelds der Dynamik: Für ein Raster von Punkten wird die Richtung der Bewegung im Phasenraum durch Pfeile dargestellt. Folgt man nun ausgehend von einem bestimmten Startpunkt dem Pfeil, kommt man zu einem neuen Punkt, wo man dieses Vorgehen wiederholen kann. So kann man anhand des Vektorfelds zusätzlich typische Trajektorien in das Phasenraumportrait einzeichnen, die das qualitative Verhalten der zeitlichen Entwicklung einzuschätzen helfen. Beim van-der-Pol-Oszillator zum Beispiel laufen alle Trajektorien auf einen Grenzzyklus zu, was sich anhand von Beispieltrajektorien innerhalb und außerhalb des Zyklus illustrieren lässt. Für einfache dynamische Systeme kann man Vektorfeld und Beispieltrajektorien oft mit der Hand einzeichnen, bei komplexeren Systemen kann dies durch Computerprogramme geschehen.

  • Einzeichnen der Nullklinen: Eine Nullkline bezeichnet eine Kurve im Phasenraum, entlang der sich eine der dynamischen Variablen nicht ändert. Im Fall des obigen zweidimensionalen Systems ist die x-Nullkline durch die Bedingung und die y-Nullkline durch definiert. Diese Gleichungen lassen sich häufig auch dann nach einer der Variablen auflösen, wenn die Gesamtdynamik nicht analytisch integriert werden kann.
  • Bestimmen von Fixpunkten und ihrer Stabilität: Als Fixpunkte werden Zustände bezeichnet, die sich mit der Zeit nicht ändern. Solche Fixpunkte entsprechen den Kreuzungspunkten der Nullklinen im Phasenraum. Im obigen zweidimensionalen System erklärt sich das dadurch, dass an so einem Kreuzungspunkt die Bedingung erfüllt ist. Durch eine lineare Stabilitätsanalyse kann auch bestimmt werden, ob Trajektorien in der Nähe dieser Punkte angezogen oder abgestoßen werden.

  • Finden von Separatrizen: Als Separatrix (abgeleitet von lat. separare „trennen“) wird eine Kurve bzw. (Hyper-) Fläche bezeichnet, die Phasenraumgebiete mit unterschiedlichem (Langzeit-) Verhalten voneinander trennt.[6] Gibt es beispielsweise zwei Fixpunkte, die Trajektorien anziehen, gibt es unter Umständen eine Separatrix, die die beiden Einzugsbereiche voneinander trennt. Mit den Orten und der Stabilität aller Fixpunkte bzw. mit dem Vektorfeld der Dynamik können in geeigneten Fällen die Separatrizen ohne weitere Berechnungen gefunden werden.

Siehe auch

Literatur

  • Y. S. Kim: The physics of phase space. Springer, Berlin 1987, ISBN 3-540-17894-5.
  • Cosmas K. Zachos: Quantum mechanics in phase space – an overview with selected papers. World Scientific, Singapore 2005, ISBN 978-981-238-384-6.
  • V. Arnold: Mathematical methods of classical mechanics. Springer 1989.

Weblinks

  • State space. In: Scholarpedia.org. (Englisch, inkl. Literaturangaben).

Einzelnachweise

  1. Es kann allerdings der Fall auftreten, dass im Phasenraumportrait zwei Kurven einander schneiden wie die Separatrix beim Pendel, der Kreuzungspunkt wird aber bei der Bewegung auf Trajektorien des Systems nicht erreicht.
  2. David Nolte: The tangled tale of phase space. Physics Today, April 2010, S. 33.
  3. Boltzmann, Wien. Ber., 66, 1872, S. 275.
  4. Maxwell, Trans. Cambridge Phil. Soc., Band 12, 1879, S. 547.
  5. Arnold: Mathematical methods of classical mechanics. Springer, 1989, S. 161.
  6.  Steven H. Strogatz: Nonlinear Dynamics And Chaos. Westview Press, 2000, ISBN 9780738204536, S. 159.


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Phasenraum aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.