Göttliche Komödie und Kirchenjahr: Unterschied zwischen den Seiten

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[[File:William Blake - Dante Alighieri - Manchester City Gallery - Tempera on canvas c 1800.jpg|thumb|550px|[[Wikipedia:William Blake|William Blake]]: [[Dante Alighieri]] (1800)]]
[[Datei:Bild z 81.jpg|thumb|hochkant|350px|Der Jahreskreis des Kirchenjahres aus anthroposophischer Sicht]]
Als '''Kirchenjahr''' ({{laS|''annus ecclesiasticus''}} oder {{lang|la|''annus liturgicus''}}; auch '''liturgisches Jahr''' oder '''Herrenjahr''') bezeichnet man im [[Christentum]] eine jährlich wiederkehrende festgelegte Abfolge von christlichen Festen und Festzeiten, nach der sich vor allem die [[Gottesdienst]]praxis und [[Liturgie]] richten. Das Kirchenjahr beginnt nach katholischer wie evangelischer Tradition mit der [[Vesper (Liturgie)|Vesper]] am Vorabend des [[1. Sonntag im Advent|ersten Adventssonntags]]<ref>{{Internetquelle |autor=Julia Martin |url=https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/das-bedeuten-die-vier-advenssonntage |titel=Das bedeuten die vier Adventssonntage |werk=[[katholisch.de]] |datum=2018-12-01 |zugriff=2019-01-05}}</ref>, die orthodoxen Kirchen beginnen es am 1. September, in Vorbereitung auf das Fest [[Mariä Geburt]] am 8. September.


==Einführung==
Das Kirchenjahr besteht vor allem aus den zuerst um [[Ostern]], dann auch um [[Weihnachten]] herum gebildeten Festkreisen, die in der [[Christentumsgeschichte]] allmählich zu einem [[Jahr]]eszyklus vervollständigt wurden. Ihre Abfolge und ihr Umfang stimmen in [[Ostkirche|Ost-]] und Westkirchen in etwa überein, die wichtigsten Festdaten der [[Orthodoxes Christentum|orthodoxen]] Tradition unterscheiden sich aber von denen der [[Westkirche|katholischen]] und [[Protestantismus|evangelischen]] Tradition. Den Festzeiten sind bestimmte [[liturgische Farben]] zugeordnet.
[[Bild:Paradiso Natalino Sapegna.jpg|thumb|250px|Schema del Paradiso dantesco, Natalino Sapegna]]
[[Dante Alighieri]]s '''Göttliche Komödie''' hat wie kaum ein anderes Werk die europäische Literatur nachhaltig beeinflusst. Nach seiner Verbannung aus [[Wikipedia:Florenz|Florenz]] im Jahre 1302 hatte sich Dante in [[Wikipedia:Ravenna|Ravenna]] niedergelassen, wo er 1307 mit der Arbeit an der in italienischer Volkssprache verfassten ''Divina Commedia'' begann und sie erst kurz vor seinem Tod im Jahr 1321 vollendete.  


Die ''Göttliche Komödie'' ist wesentlich von den geistigen Schauungen von Dantes Lehrer [[Brunetto Latini]] beeinflusst und gibt, wie [[Rudolf Steiner]] deutlich gemacht hat, einen späten Nachklang dessen, was an geistigem Erleben einstmals in der [[Schule von Chartres]] lebendig gewesen war.  
== Begriff ==
Der deutsche Begriff „Kirchenjahr“ ist erstmals 1589 bei [[Johannes Pomarius]], einem [[Luthertum|lutherischen]] Pastor, belegt. Er markiert die nach der [[Reformation]] beginnende Trennung von christlich-sakraler und profaner Zeitgliederung und Kalenderordnung. Zudem gab es seit Bildung des Begriffs immer verschiedene konfessionelle Varianten des Kirchenjahres.


<div style="margin-left:20px">
Auf Französisch hieß dieses im 17. Jahrhundert ''année chrétienne'', im späten 18. Jahrhundert ''année spirituelle'', im 19. Jahrhundert ''année liturgique;'' auf Englisch hieß es seit etwa 1790 ''Christian year'', heute wird meist vom ''liturgical year'' gesprochen. Verschiedene deutsche Theologen bevorzugten im 19. Jahrhundert die Begriffe ''Jahr des Heils'' oder ''Herrenjahr''.<ref name=jorns1998>{{TRE|18|575|599|Kirchenjahr|Klaus-Peter Jörns, Karl Heinrich Bieritz}}</ref>
"Brunetto Latini, wurde der Lehrer des Dante. Und was Dante von Brunetto Latini gelernt hat, das hat er dann in seiner poetischen Weise in der "Divina Commedia" niedergelegt. So ist also das große Gedicht "Divina Commedia" ein letzter Abglanz dessen, was in platonischer Weise an einzelnen Stätten weiterlebte..." {{lit|{{G|240|155}}}}
</div>


Zugleich lebt in der "Göttlichen Komödie" in der [[Empfindungsseele]] auf tief verinnerlichte Weise die alte [[Ägyptisch-Chaldäische Kultur|ägyptische]] [[Astrologie]] wieder auf:
== Entstehung ==
=== Vorgaben ===
Das fixe [[Tropisches Jahr|Sonnenjahr]], die beweglichen [[Mondphase]]n und die von beiden Zeitmetren abhängigen vegetativen Jahreszyklen führten im [[Alter Orient|Alten Orient]] zu verschiedenen [[Kalender]]einteilungen. Diese wurden im [[Judentum]] teils überlagert, teils durchbrochen von [[Liste jüdischer Feste|Kultfesten]], die sowohl an in der Natur wiederkehrende als auch an besondere innerzeitliche Ereignisse erinnerten. So beginnt das jüdische Hauptfest [[Pessach]] am [[Frühlingsvollmond]], feiert aber nicht primär den [[Frühlingsanfang]], sondern den [[Auszug aus Ägypten|Auszug]] der [[Hebräer]] aus der [[Sklaverei]] [[Ägypten]]s in das [[Gelobtes Land|Gelobte Land]] als Gottes auserwähltes Volk [[Israeliten|Israel]].


<div style="margin-left:20px">
Die strukturierenden Grunddaten des Kirchenjahres – Sonntage, Ostern und Weihnachten – orientieren sich an der [[Woche|Siebentagewoche]], am [[Jüdischer Kalender|jüdischen Festkalender]] und einigen solaren Fixdaten im Zusammenhang der [[Tagundnachtgleiche]]. Sie erhalten als Stationen einer offenbarten Heilsgeschichte einen neuen Sinn.
"Was war das Eigenartige der ägyptischen Volksseele? Damals gab es
noch eine unmittelbar auf die Seele wirkende Astrologie. Die Volksseele
schaute hinaus auf die Bewegungen der Himmelskörper, sah nicht,
wie die heutigen Menschen, in dem, was im Kosmos geschah, nur materielle
Vorgänge, sondern nahm wirklich hinter dem, was draußen
vorgeht, die wirkenden geistigen Wesenheiten wahr. Sie verhielt sich
so zum ganzen Kosmos, wie sich der Mensch zum anderen Menschen
verhält, indem er beim anderen Menschen weiß, daß ihn durch die
ganze Physiognomie eine Seele anblickt. So war alles Physiognomie
beim alten Ägypter, und er nahm das Seelische in der Natur wahr. Der
Sinn der Fortentwickelung zur neuen Zeit liegt darin, daß das, was früher
gleichsam elementare Fähigkeit war, unmittelbar sich entzündete
im Leiblichen des Menschen, daß das seine Innerlichkeit wurde in der
neueren Zeit, in unserem fünften nachatlantischen Zeitalter. Und so
wie es mehr elementar war, was der Ägypter durchmachte, so macht
der Italiener das, was er wiederholt, was er in seiner Empfindungsseele
durchmacht, mehr im Innerlichen durch, dadurch, daß er in der
Empfindungsseele dieses Geistig-Kosmische erlebt, aber jetzt mehr verinnerlicht.
Was könnte mehr verinnerlicht sein als die ägyptische Astrologie
in Dantes «Göttlicher Komödie»: die richtige Wiederauferstehung
der altägyptischen Astrologie, aber verinnerlicht!" {{Lit|{{G|174a|38}}}}
</div>


==Aufbau==
=== Der Sonntag ===
[[Bild:Dante_Büste.jpg|thumb|250px|[[Wikipedia:Büste|Büste]] Dantes]]
{{Siehe auch|Sonntag}}
===Die tieferen Schichten der «Göttliche Komödie»===
Dante selbst hat darauf hingewiesen, dass die ''Divina Commedia'' nicht eine einfache, sondern, wie es in mittelalterlichen mystischen Schriften häufig der Fall ist, eine vierfache Bedeutung hat. Die vier Interpretationsebenen hängen mit den vier [[Wesensglieder]]n des Menschen zusammen:


{|align="center" width="80%"|
Die [[Alte Kirche|frühe Kirche]] feierte das [[Eucharistie|Herrenmahl]] wöchentlich. Zentraler Bezugspunkt für die [[Christ]]en in [[Urchristentum|frühchristlicher]] Zeit war dabei das Gedächtnis des [[Pascha-Mysterium]]s, des Erlösungswerks [[Jesus Christus|Christi]], d.&nbsp;h. seines Leidens und Sterbens für das [[Heil]] der Welt und seiner [[Auferstehung Jesu Christi|Auferstehung]] am dritten Tag, das in der Erwartung seiner [[Parusie|Wiederkunft]] als „[[Brotbrechen]]“ (Abendmahl/Eucharistie) gefeiert wurde. Daher wird der Sonntag – in Anlehnung an die neutestamentliche Anrede „[[Jesus Christus#Kyrios|Herr]]“ für Jesus Christus – „Tag des Herrn“ oder „Herrentag“ genannt. Liturgisch kann er als „Wochen-Ostern“ gedeutet werden.<ref>[[Hansjörg Auf der Maur]]: ''Feiern im Rhythmus der Zeit I. Herrenfeste in Woche und Jahr.'' Regensburg 1983, S. 129.</ref>
|Der '''Buchstabe''' lehrt die Geschehnisse,
|[[Physischer Leib]] (sinnlicher [[Verstand]])
|-
|die '''Allegorie''' lehrt, was du glauben musst,
|[[Ätherleib]] ([[Imagination]])
|-
|die '''Moral''' lehrt, was du tun musst,
|[[Astralleib]] ([[Inspiration]])
|-
|wonach du streben musst, lehrt die '''Anagogie'''.
|[[Ich]] ([[Intuition]])
|}


===Künstlerisch-architektonischer Aufbau===
Als Folgetag des jüdischen [[Sabbat]]s war der Sonntag der erste, nicht der letzte Wochentag. So wie der Sabbat als arbeitsfreier Tag das Ziel der [[Schöpfung]] Gottes symbolisierte, so markierte der Sonntag für die Christen den Beginn der neuen Schöpfung, des [[Reich Gottes|Reiches Gottes]]. Die [[Liturgie]]erklärungen der [[Kirchenväter]] nehmen daher besonders Bezug auf den [[Gottesdienst|Sonntagsgottesdienst]]. Kaiser [[Konstantin der Große]] legte den Sonntag 321 gesetzlich als wöchentlichen Ruhetag fest, auch um das [[Christentum]] zur bevorzugten Religion zu erheben. Damit verdrängte der Sonntag den Sabbat und wurde zusammen mit dem Samstag im Alltagsbewusstsein zum „[[Wochenende]].<ref name=jorns1998/>
Der architektonische Aufbau der ''Commedia'' in seiner dreigliedrigen Gestalt deutet auf den Seelenleib (Astralleib) des Menschen und seine Verwandlung durch die Tätigkeit des Ich zum [[Geistselbst]] – es ist das Streben nach dem [[Ewig-Weibliche]]n, nach der [[Jungfrau Sophia]], die in der ''Commedia'' in Gestalt der [[Beatrice]] erscheint. Es gibt 1 + 3 x 33 Gesänge und jeder Hauptteil endet mit dem Wort ''Sterne'' – ein deutlicher Hinweis auf den [[Sternenleib]] des Menschen, den [[Siderischer Leib|siderischen Leib]], wie ihn [[Paracelsus]] genannt hat.


== Dantes Weltbild ==
Das [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweite Vatikanische Konzil]] bezeichnete den Sonntag als „Ur-Feiertag“: „Der Herrentag ist Fundament und Kern des ganzen liturgischen Jahres.“<ref>Konstitution über die heilige Liturgie [[Sacrosanctum Concilium]], Nr. 106.</ref>


Dantes Weltbild baut auf dem [[Geozentrisches Weltbild|geozentrischen]] [[Ptolemäisches System|Ptolemäischen Sytem]] auf.
=== Osterfestkreis ===
{{Siehe auch|Fastensonntag|Sonntage der Osterzeit|Liste von Gedenk- und Aktionstagen#Vom Ostertermin abhängige Feste und Gedenktage|titel3=Vom Ostertermin abhängige Feste und Gedenktage}}


<div style="margin-left:20px">
Der [[Ostersonntag]] war die christliche Variante des letzten Pessachtages: Dem Auszug aus Ägypten entsprach die in der [[Osternacht]] gefeierte Rettung Jesu und mit ihm aller Menschen aus dem Tod. In dieser Form wurde der Ostersonntag zum Ausgangs- und Mittelpunkt des Kirchenjahres. Er blieb lange Zeit das einzige christliche Jahresfest, bei dem auch die [[Taufe]] der [[Katechumenat|Katechumenen]] stattfand und der [[Märtyrer]] des vergangenen Jahres gedacht wurde.
"Die Erde steht in der Mitte des Weltensystems.
Und diese Erde ist nicht nur so da, daß der Mond zum
Beispiel das Licht, das er von der Sonne bekommt, auf die Erde zurückwirft,
sondern diese Erde, die ist nicht nur umgeben, sondern ganz
eingehüllt von der Mondensphäre. Die Erde steckt ganz drinnen in der
Mondensphäre. Den Mond hat sich Dante also viel größer vorgestellt
als die Erde. Er hat sich vorgestellt: Das ist ein sehr feiner Körper, der
viel größer ist als die Erde ...


Und nun hat sich Dante vorgestellt: Ja, wenn die Erde nicht drinnensteckte
Das [[Osterdatum]] wurde in der westlichen Tradition im Jahre 325 auf den Sonntag nach dem ersten Vollmond des Frühlings gelegt. Es fügte sich damit in die Sonntagsreihe ein und bildete einen zum Pessach analogen Festkreis aus. Dabei bereiteten viele christliche Gemeinden die Osterfeier seit dem 2. Jahrhundert mit zwei bis sechs Fastentagen vor. Im 4. Jahrhundert entstand im Westen das im Osten unbekannte [[Triduum Sacrum]], das den Abend des [[Gründonnerstag]]s, den [[Karfreitag]], [[Karsamstag]] und Ostersonntag umfasste. Es wurde analog zum sieben- oder achttägigen Pessach zur [[Heilige Woche|heiligen Woche]] erweitert, die vom Tag des Einzugs Jesu in [[Jerusalem]] ([[Palmarum]]) an den Verlauf der letzten Lebenstage Jesu bis zu seiner Auferstehung sinngemäß abbildete.
in diesen Kräften vom Mond, so würden zwar einmal durch
irgendein Wunder auf die Erde Menschen kommen, aber sie könnten
sich nicht fortpflanzen. Die Fortpflanzungskräfte sind es, die da in dem
Rotgezeichneten drinnen enthalten sind. Die durchströmen auch den
Menschen, und die machen, daß er fortpflanzungsfähig ist...


Jetzt stellte er sich weiter vor: Die Erde ist jetzt nicht nur drinnen
Dem Osterfest folgte ebenfalls seit dem 4. Jahrhundert eine Woche, bei der die zu Ostern Neugetauften täglich die Eucharistie feierten und in der [[Apostel|apostolischen]] Lehre unterwiesen wurden. Sie endete mit dem [[Weißer Sonntag|Weißen Sonntag]], der seinen Namen vermutlich von den weißen Taufgewändern ableitet, die in der frühen Kirche von den in der [[Osternacht]] Getauften bis zu diesem Tag getragen wurden. Dieser „kleinen [[Oktav (Liturgie)|Oktav]]“ (Festwoche) wurde eine „große Oktav“ von sieben Wochen für die österliche Freudenzeit zur Seite gestellt.<ref>{{TRE|18|583||Kirchenjahr|Klaus-Peter Jörns, Karl Heinrich Bieritz}}</ref> Diese lief auf den [[Pfingstsonntag]] zu und umfasste mit ihm 50 Tage, analog zur Frist zwischen Pessach und [[Schawuot]] im jüdischen Kalender. Damit erhielt die Gabe des [[Heiliger Geist|Heiligen Geistes]], die nach {{B|Joh|20|22|EU}} zur Offenbarung des Auferstandenen gehört, gemäß dem zweiten Kapitel der [[Apostelgeschichte]] eine eigene liturgische Begehung. Zehn Tage vorher etablierte sich gemäß der 40-Tages-Angabe {{Bibel|Apg|1|3}} das [[Himmelfahrt]]sfest.
in Mondenkräften, sondern die Erde ist auch noch in weiteren Kräften
drinnen - die will ich hier gelb zeichnen -, und die durchdringen das
alles. Also die Mondenkräfte sind in dem drinnen, stecken da drinnen,
so daß Erde und Mond wiederum da drinnen in diesem Gelben sind.
Und da ist wiederum ein festes Stück. Dieses feste Stück ist der Merkur,
und der läuft da herum. Und wenn der Mensch nicht fortwährend von
diesen Merkurkräften durchdrungen wäre, so könnte er nicht verdauen.
So daß sich also Dante vorgestellt hat: Die Mondenkräfte bewirken die
Fortpflanzung; die Merkurkräfte, in denen wir auch immer drinnenstecken,
die nur feiner sind als die Mondenkräfte, die bewirken, daß
wir verdauen können, und daß die Tiere verdauen können...


Und nun ist das alles wiederum drinnen in einer noch größeren
Diese 40-Tage-Frist (''Quadragesima'') wurde dann auch auf die [[Fastenzeit]] vor Ostern übertragen, in der mit [[Gebet]], [[Buße (Religion)|Buße]] und [[Fasten]] der Passion Jesu gedacht wurde. Die Sonntage der Fastenzeit waren jedoch vom Fasten ausgenommen, da ihre Liturgie auf den Ostersonntag bezogen war. Darin erhielt sich die Erinnerung, dass das Kirchenjahr Abbild eines über-, nicht innerzeitlichen Geschehens ist, das auf Jesu Auferstehung zurück- und seine [[Parusie]] vorausblickt.<ref name=jorns1998/>
Sphäre, wie Dante es nannte. So daß wir also auch in den Kräften
drinnenstecken, die von diesem Planeten, von der Venus, kommen.
Also wir stecken in all diesen Kräften drinnen, die durchdringen uns.
Wir sind also auch von den Venuskräften durchdrungen. Und daß wir
von den Venuskräften durchdrungen sind, das macht, daß wir nicht
nur verdauen können, sondern das Verdaute ins Blut aufnehmen können.
Venuskräfte leben in unserem Blute. Alles, was mit unserem Blut
zusammenhängt, kommt von den Venuskräften. So stellte es sich
Dante vor. Und diese Venuskräfte, die bewirken zum Beispiel auch
dasjenige, was der Mensch in seinem Blut als Liebesgefühle hat; daher
«Venus».


Die nächste Sphäre ist dann diejenige, in der wir wiederum drinnenstecken,
=== Weihnachtsfestkreis ===
und da läuft wiederum als festes Stück die Sonne herum.
{{Siehe auch|Adventssonntag}}
Wir sind also überall in der Sonne drinnen. Die Sonne ist für Dante im
Jahre 1300 nicht nur der Körper, der da auf- und niedergeht, sondern
die Sonne ist überall da. Wenn ich hier stehe, bin ich in der Sonne
drinnen. Denn das ist nur ein Stück von der Sonne, was da auf- und
niedergeht, was da herumläuft. So hat er es sich vorgestellt. Und die
Sonnenkräfte sind es vorzugsweise, welche im menschlichen Herzen
tätig sind...


Jetzt hat sich Dante vorgestellt: Alles das ist wiederum in der riesig
{{Lückenhaft|Der Abschnitt ist weitgehend belegfrei und auch nicht auf neuestem Stand. Wer ergänzt nach der 2015 erschienen Habilitation von Stephan Wahle, Das Fest der Menschwerdung?}}
großen Marskugel drinnen. Da ist der Mars. Und dieser Mars, in dem


[[Bild:GA349_073.gif|center|500px|Das Weltbild Dantes]]
Das Weihnachtsfest wurde in Rom seit etwa 330, in Konstantinopel seit etwa 380 am 25. Dezember gefeiert. Dieses Datum lag nahe der [[Sonnenwende|Wintersonnenwende]] und durchbrach den Sonntagsrhythmus. Grundgedanke war dabei, dass die [[Inkarnation]] des [[Sohn Gottes|Sohnes Gottes]] die Wende vom Tod zum Leben, von der Finsternis zum Licht eingeleitet habe. Dies sollte auch konkurrierende inner- und außerchristliche Vorstellungen abwehren: Christus sei kein unsterbliches Geistwesen (so sah ihn der [[Gnostizismus]]), sondern als Mensch sterblich und einmalig. Er und nicht die unbesiegbare Sonne ''([[Sol invictus]]'') sei der wahre Gott.


wir also wiederum drinnenstecken, der hängt ebenso, wie die Sonne
Wie das Osterdatum war auch das Weihnachtsdatum anhaltend umstritten. Jesu Geburt wurde von großen Teilen der Christenheit anfangs am selben Tag wie Pessach (15. Nisan), am 25. März (Frühlingsäquinoktium) oder am 6. Januar&nbsp;– dem heutigen Fest der [[Erscheinung des Herrn]]&nbsp;– gefeiert. Letzterer war im [[Römisches Reich|Römischen Reich]] auch der Beginn einer Äonenwende, die von der Geburt eines neuen Herrschers erwartet wurde. Darum verband sich mit Weihnachten das Bewusstsein einer neuen [[Ära]] analog zum heidnischen [[Goldenes Zeitalter|goldenen Zeitalter]], sodass das angenommene Geburtsjahr Jesu 525 mit dem Beginn einer neuen [[Christliche Zeitrechnung|Zeitrechnung]] identifiziert wurde.
mit dem menschlichen Herzen zusammenhängt, mit alledem zusammen,
was unsere Atmung und namentlich unsere Sprache betrifft, mit
allem, was die Atmungsorgane sind. Das ist im Mars. Also Mars:
Atmungsorgane. Und dann geht es weiter. Die nächste Sphäre ist dann
die Jupitersphäre. Wir stecken wiederum in den Jupiterkräften drinnen.
Nun, der Jupiter, der ist ja sehr wichtig; der hängt mit alledem
zusammen, was unser Gehirn ist, eigentlich unsere Sinnesorgane, unser
Gehirn mit den Sinnesorganen. Der Jupiter also hängt zusammen mit
den Sinnesorganen. Und nun kommt der äußerste Planet, der Saturn.
In dem ist wieder alles das drinnen. Und der Saturn hängt zusammen
mit unserem Denkorgan.


<center>
[[Ambrosius von Mailand]] und [[Gregor der Große]] verknüpften das in der Geburtsnacht Jesu erschienene Licht mit dem Licht der [[Osternacht]]; die Niedrigkeit seiner Geburt in [[Praesepe (Krippe)|Krippe]] und Stall deutete in der Liturgie bereits auf seinen [[Kreuzigung|Tod am Kreuz]] hin. Daher trat die Weihnachtszeit nicht in Konkurrenz zur Osterzeit, sondern wurde ihr als ihr Vorläufer zeitlich vorangestellt, sodass sie das Kirchenjahr eröffnete.
{|
|-
|<poem>Mond:
Merkur:
Venus:
Sonne:
Mars:
Jupiter:
Saturn: </poem>||<poem>Menschliche Fortpflanzung
Menschliche Verdauung
Menschliche Blutbildung
Menschliches Herz
Atmungsorgane
Sinnesorgane
Denkorgane</poem>
|}
</center>


[...]
Im 5. Jahrhundert entwickelte sich die [[Advent]]szeit, zunächst als 40-tägige Fastenzeit vor dem Epiphaniasfest, beginnend am 11. November, der zugleich der [[Gedenktag]] des [[Martin von Tours|heiligen Martin]] war. Die vier Adventssonntage gingen dem Weihnachtsfest voran, wobei der 4. Advent mit dem 24. Dezember zusammenfallen konnte. So wurde die Weihnachtszeit mit dem lunar-beweglichen Osterfestkreis von 14 Wochen in die Sonntagsreihe eingefügt. Deshalb variiert der zeitliche Abstand zwischen den beiden höchsten Festen.


Außerhalb nun von alledem, aber so, daß wir da auch drinnen sind,
=== Weitere Bestandteile ===
ist der Fixsternhimmel. Da sind also die Fixsterne, namentlich die
{{Siehe auch|Sonntage im Jahreskreis}}
Tierkreis-Fixsterne (Zeichnung Seite 73). Und noch größer ist dann
dasjenige, was alles bewegt, der erste Beweger. Aber der ist nicht bloß
da oben, sondern der ist auch hier überall der erste Beweger. Und
hinter dem ist ewige Ruhe, die auch wiederum überall ist. So stellte
sich das Dante vor...


Und so hat sich Dante gesagt: Es gibt eine sichtbare Welt, und es
Gedenktage der [[Märtyrer]] wurden seit dem 2. Jahrhundert als Festtage neben dem Auferstehungsfest Jesu Christi in das Kirchenjahr aufgenommen. Dabei wurde der Todestag zum „Geburtstag“ (''dies natalis'') des jeweiligen [[Heilige]]n, mit dem er in das ewige Leben eintrat.<ref name=jorns1998/>
gibt eine unsichtbare Welt. Die sichtbare Welt, nun ja, die ist diejenige,
die wir sehen. wenn wir ninausschauen in der Nacnt, so sehen wir die
Sterne, den Mond, die Venus und so weiter. Das ist die sichtbare Welt.
Aber die unsichtbare Welt ist auch da. Und die unsichtbare Welt sind
diese - man nannte das damals Sphären. Die unsichtbare Welt, das sind
diese Sphären. Und man unterschied zwischen derjenigen Welt, die
man mit Augen sieht, und nannte diese die physische Welt. Das war
die physische Welt. Und dann unterschied man diejenige Welt, die man
nicht mit Augen sieht. Das ist die Welt, die Dante gemeint hat, und die
nannte man die ätherische Welt. Also die ätherische Welt, die Welt,
die aus einem so feinen Stoff besteht, daß man fortwährend durchschaut..." {{Lit|{{G|349|71ff}}}}
</div>


[[Datei:Illustration 240.gif|miniatur|400px|Grafische Darstellung von Dantes Weltbild nach Paul Pochhammer. Aus Dante Alighieri, Albert Ritter (Hrsg): ''Dantes Werke'', 1922]]
Seit dem 5. Jahrhundert wurde das Kirchenjahr vor allem in Rom durch neue Elemente und Festdaten ergänzt und ausgestaltet:
Dante beschrieb nicht das [[physisch]]e Weltsystem, sondern die [[Ätherwelt]]. Das gilt nicht nur für die [[Planetensphären]], sondern auch für das [[Erdinneres|Erdinnere]], in das er die [[Hölle]] verlegt. Aber damit ist kein äußerlich fassbarer Ort gemeint.
* der Sonntag nach Ostern wurde zum [[Weißer Sonntag|Weißen Sonntag]] (''Dominica in albis'');
* das Fest [[Christi Himmelfahrt]] erhielt eine eigene [[Vigil (Liturgie)|Vigil]], seit dem 10. Jahrhundert auch eine eigene [[Oktav (Liturgie)|Oktav]]
* [[Pfingsten]] wurde ebenfalls mit einer eigenen Oktav ausgezeichnet
* die Weihnachtszeit wurde durch Hinzufügung des [[Advent]]s zu einem eigenen Festkreis


<div style="margin-left:20px">
Seit der [[Spätantike]] bürgerte sich das Gedenken für die Verstorbenen des Vorjahres ein. Es wurde im 10. Jahrhundert auf den 2. November gelegt ([[Allerseelen]]), der auf das Hochfest [[Allerheiligen]] folgt. Ferner kam es zur Zunahme von [[Fest (Liturgie)|Festen]], die einzelne Lebensstationen Christi zum Inhalt haben, wie beispielsweise die [[Beschneidung des Herrn|Beschneidung]] und [[Namen-Jesu-Fest|Namengebung des Herrn]] am 1. bzw. 3. Januar, oder der [[Verklärung des Herrn]] am 6. August.
"...dann stellt sich Dante vor:
Hier in der Erde, abgewendet - also wenn man da durchgeht -, so
würde man da in der Erde drinnen das haben, was er sich als Hölle
vorstellt. Also er denkt sich: Da draußen, da ist überall Himmelsäther.
Aber wenn ich hineinbohren würde in die Erde, da ist auf der andern
Seite da die Hölle. Bevor ich aus der Erde herauskomme, ist da die
Hölle.


Nun, dieses als kindisch aufzufassen, das wird ja dem heutigen Menschen
Zum Gedenken an die Auffindung und Erhöhung des heiligen Kreuzes wurden seit dem [[Frühmittelalter]] zwei Kreuzfeste in der Westkirche gefeiert: ([[Kreuzauffindung]]) am 6. März bzw. 3. oder 7. Mai, ([[Kreuzerhöhung]]) am 14. September.
furchtbar leicht. Man braucht nur zu sagen: Ja, aber Dante
hätte nicht da zu stehen brauchen, sondern hier, dann hätte er da
hineinbohren können, und dann wäre da (auf der andern Seite) die
Hölle gewesen! [...]


Aber so hat es sich Dante nicht vorgestellt. Er hat überhaupt nicht
Ab dem [[Hochmittelalter]] fanden Feste, die bestimmte Glaubensgeheimnisse in den Mittelpunkt einer eigenen liturgischen Feier rücken, Aufnahme in das Kirchenjahr:
die physische Welt vorgestellt, sondern er hat sich Kräfte vorgestellt.
* [[Fronleichnam]]sfest (seit 1264)
Und er hat gesagt: Ja, wenn ein Mensch da steht, und er bewegt sich
* Dreifaltigkeitssonntag ([[Trinitatis]], allgemein verpflichtend seit 1334)
mit seinem eigenen Ätherleib in der Richtung nach oben, dann wird er
* [[Herz-Jesu-Fest]] (seit dem 15. Jahrhundert regional, seit 1856 in der ganzen Kirche)
immer leichter und leichter. Dann überwindet er immer mehr die
* [[Christkönigsfest]] (seit 1926)
Schwere. Wenn er aber hineingeht in die Erde, da muß er sich immer
mehr und mehr anstrengen, und diese Anstrengung wird am größten,
wenn er zum andern Ende gekommen ist. Da preßt ihn alles. Da wird
die Schwere am allergrößten. Das hängt nicht davon ab, daß dort
irgendeine besondere Hölle ist, sondern daß er erst das durchgemacht
hat, um dorthin zu kommen. (Zeichnung auf Seite 73.)


Und wenn sich Dante das so vorgestellt hat, so könnte er ja auch
Weitere Fest- und Gedenktage des Kirchenjahres gelten kirchengeschichtlichen Ereignissen, die für einzelne [[Konfession]]en, [[Ordensgemeinschaft]]en oder Gemeinden&nbsp;– etwa [[Kirchweihe]]feste&nbsp;– prägend wurden.
da stehen (am andern Ende). Wenn er sich da hinausbewegt, wird er
immer leichter und leichter, kommt er immer mehr und mehr in den
Äther hinein. Wenn er sich aber da hineinbewegt in die Erde, dann
muß er das durchmachen (das Schwererwerden). Dann tritt für ihn
der Zustand, das Erlebnis da ein, wo ich grün gezeichnet habe; früher
aber da, wo ich gelb gezeichnet habe. Also darauf kommt es an. Dante
sagt nicht, daß hier an diesem Ort gerade die Hölle ist, sondern Dante
will sagen: Wenn einer durch die Erde sich durcharbeiten muß mit
seinem Ätherleib, dann ist das so schwer, daß, wo er auch hinkommt,
ob oben oder unten, für ihn ein Erlebnis eintritt, das höllisch ist. Das
ist erst wiederum in der neuesten Zeit gekommen, daß sich die Leute
die Hölle vorstellen an einem bestimmten Ort. Dante hat an das Erlebnis
gedacht, das man bekommt, wenn man sich als Äthermensch
durch die Erde durcharbeiten muß.


Wenn einer sagt: Dante war dumm - , so fällt das auf ihn selbst zurück,
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurden zunehmend Sonntage im Jahreskreis zusätzlich als [[Zwecksonntag]]e unter ein bestimmtes Motto gestellt oder einem bestimmten Anliegen gewidmet, etwa der [[Sonntag der Weltmission]] oder der [[Welttag der sozialen Kommunikationsmittel]]. Die Ursprünge des [[Erntedank]]festes liegen in den [[Quatember]]n, die Fast- und Abstinenztage waren, an denen aber nach alter Sitte auch Gott für die Gaben der Schöpfung gedankt wird. In Deutschland wurde das Erntedankfest oft an [[Erzengel Michael|Michaelis]] (29. September) begangen, während es seit dem 18. Jahrhundert „traditionell am Sonntag nach Michaelis oder am ersten Sonntag im Oktober begangen“ wurde.<ref>Karl-Heinrich Beiritz: ''Der Gottesdienst im Kirchenjahr''. In: [[Evangelisches Gottesdienstbuch]], Ergänzungsband, S. 182.</ref> Seit die beiden Zusammenschlüsse [[Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands|VELKD]] und [[Union Evangelischer Kirchen|UEK]] in der EKD 2006 ein ''Liturgisches Kalendarium'' beschlossen, wird in allen Westkirchen das Erntedankfest in der Regel am ersten Sonntag im Oktober begangen.
weil er so dumm ist und sagt, Dante hätte sich vorgestellt, daß
die Hölle am andern Ende der Erde sei. Sondern Dante hat sich vorgestellt:
Wo ich auch immer über die Erde in den Himmel hinausfliege,
werde ich seelisch leichter; wo ich in die Erde hineinkomme, wo ich
auch immer ans andere Ende komme: höllisch." {{Lit|{{G|349|82ff}}}}
</div>


==Die «Göttliche Komödie» und das Ostergeschehen==
== Zu vielen weiteren Themen siehe auch ==
[[File:DSCF2316 Dante perdu.jpg|thumb|300px|[[Wikipedia:Gustave Doré|Gustave Doré]]: Dante verirrt sich im düsteren Wald (1861)]]
* {{WikipediaDE|Kirchenjahr}}
[[File:Dante and Virgil Penetrating the Forest Blake.jpg|thumb|300px|[[Wikipedia:William Blake|William Blake]]: Dante und Vergil durchdringen den Wald (1824-27)]]


Dantes «Göttliche Komödie» ist eng mit dem Ostergeschehen verbunden. Nicht zufällig verlegt Dante den Beginn seiner Schilderungen auf den Karfreitag des Jahres 1300 und den geistigen Hintergrund des Geschehens bildet das Mysterium von [[Tod]] und [[Auferstehung]] des [[Christus]] [[Jesus]], das sich auch in den sieben Stufen des [[Christlicher Schulungsweg|christlichen Einweihungsweges]] widerspiegelt. In die ersten 3 Stufen dieses Weges – [[Fußwaschung]], [[Geißelung]] und [[Dornenkrönung]] - wurde Dante nicht zuletzt durch die schicksalsträchtigen Ereignisse seines Lebenslaufes – die Verbannung aus Florenz mit all ihren Folgen – eingeweiht. In der «Göttlichen Komödie» treten dann vor allem die 4 letzten Stufen deutlicher hervor.
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Kirchenjahr}}
* {{WikipediaDE|Kirchenjahr}}
* {{WikipediaDE|Feiertage der Ostkirchen}}
* {{WikipediaDE|Liste der Kalendersysteme}}


Die Quintessenz der 4. Stufe, der [[Kreuztragung]], wird gleich zu Beginn angedeutet, wo Dante mitteilt, dass er nun Erlebnisse schildert, die sich dem wachen Geist in der Lebensmitte offenbaren. Und er macht auch gleich deutlich, dass es Erlebnisse sind, die jeder Mensch in diesem Alter haben kann, indem er ganz bewusst formuliert: "In unseres Lebens Mitte..." Mit der Lebensmitte haben unsere Lebenskräfte ihren Höhepunkt überschritten und zuerst ganz leise, dann immer stärker beginnen wir unseren stofflichen Leib als Last zu empfinden. Er ist das Kreuz, an dem wir immer schwerer zu tragen haben. Zugleich beginnt aber auch da erst die Zeit, wo wir das Geistige mit vollem [[Ichbewusstsein]] ergreifen können. Etwa mit dem 35. Lebensjahr beginnt sich die [[Bewusstseinsseele]] zu entfalten.
== Literatur ==
* Eckhard Bieger: ''Das Kirchenjahr entdecken & erleben. Entstehung, Bedeutung und Brauchtum der Festtage.'' St. Benno-Verlag, Leipzig o. J. (2006), ISBN 3-7462-2125-0.
* Karl-Heinrich Bieritz: ''Das Kirchenjahr. Feste, Gedenk- und Feiertage in Geschichte und Gegenwart.'' Beck, München 1998, ISBN 3-406-43947-0.
* Heinzgerd Brakmann: ''Jahr (kultisches) B. Christlich.'' In: ''Reallexikon für Antike und Christentum.'' Band 16. (1994), S. 1106–1118.
* Mathias Christiansen (Hrsg.): ''Almanach der frohen Botschaft. Ein Begleiter durch das Kirchenjahr.'' Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat, Münster 2006, ISBN 3-86582-219-3.
* ''Evangelisches Gottesdienstbuch.'' Taschenausgabe. Evangelische Haupt-Bibelgesellschaft, Berlin 2005, ISBN 3-7461-0141-7.
* {{TRE|18|575|599|Kirchenjahr|Klaus-Peter Jörns, Karl Heinrich Bieritz}}
* Dietz-Rüdiger Moser: ''Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Brauchformen der Gegenwart in kulturgeschichtlichen Zusammenhängen.'' Edition Kaleidoskop im Verlag Styria, Graz 1993, ISBN 3-222-12069-2.
* Martin Senftleben: ''Mit dem Kirchenjahr leben. Eine Handreichung für unsere Gottesdienste. Einführungen – Themen – Texte – Lieder.'' Sonnenweg-Verlag, Konstanz 1986, ISBN 3-7975-0342-3.
* Albert Ehrhard: ''Das griechische Kirchenjahr und der byzantinische Festkalender''. In: ders.: ''Überlieferung und Bestand der hagiographischen Literatur der griechischen Kirche'', Bd. 1. Hinrichs, Leipzig 1937, {{DNB|365573612}}, S. 25–53.
* Harald Buchinger: ''Zu Ursprung und Entwicklung des Liturgischen Jahres. Tendenzen, Ergebnisse und Desiderate heortologischer Forschung''. In: Liturgisches Jahrbuch 61 (2011), S. 207–240.
* Liborius Olaf Lumma: ''Feiern im Rhythmus des Jahres. Eine kurze Einführung in christliche Zeitrechnung und Feste.'' Pustet-Verlag, Regensburg, 2016, ISBN 978-3-7917-2771-4.
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_religion_jahreskreis.pdf Der Jahreskries des Kirchenjahres] PDF


Alle folgenden Schilderungen sind aus dem Erleben des [[Mystischer Tod|mystischen Todes]] erzählt, der 5. Stufe des christlichen Schulungsweges.
== Weblinks ==
{{Commonscat|Liturgical year|Kirchenjahr}}
{{Wiktionary}}


Die geistigen Ereignisse des [[Karsamstag]]s, die mit der sog. Höllenfahrt Jesu Christi zusammenhängen, und die in den vier Evangelien nur wenig berücksichtigt werden, erscheinen Dante besonders wichtig und bilden die Grundlage für die Gesänge des Infernos und des Purgatorios. Das entspricht der 6. Stufe des christlichen Weges, der [[Grablegung]]. Dante folgt dem Christus auf seinen Wegen, wohl wissend, dass der Weg zur Auferstehung durch die Hölle führt. [[Auferstehung]] und [[Himmelfahrt]] bilden die 7. Stufe der christlichen Einweihung und Dante schildert sie vor allem in den Gesängen des Paradiso.  
* [http://www.amen-online.de/kalender.html Ökumenischer Kalender] mit evangelischen, katholischen und orthodoxen Feiertagen
* [http://www.kath.de/Kirchenjahr katholischer Festkreis mit Informationen, ausführlich]
* [https://www.kirchenjahr-evangelisch.de/kirchenjahr.php Festkreis der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland]
* [http://www.daskirchenjahr.de/ Umfangreiche Infos zu allen Sonn- und Festtagen; evangelisch]
* [http://www.festjahr.de/ Umfangreiche Infos zu allen Sonn- und Festtagen; katholisch]
* [https://www.theology.de/kirche/kirchenjahr/index.php Umfangreiche Infos zu allen Sonn- und Festtagen; überkonfessionell]
* [http://www.eucharistiefeier.de/lk/ Unendlicher liturgischer Kalender, katholisch] Abrufung des lit. Kalenders in verschiedenen Formaten
* [http://erzabtei-beuron.de/schott/index.php Schott-Messbuch, katholisch] Gebets- und Lesungstexte
* [http://www.inforel.ch/i10e12 Christentum: Kalender] auf der Seite von [http://www.inforel.ch INFOREL, Information Religion]
* [https://www.die-bibel.de/konkordanz/zentrale-texte/kirchliche-feste/ Bibeltexte zu den Festen im Kirchenjahr]
* [http://www.kirchenjahr.net/ Mitmachausstellung zum Kirchenjahr] für Kinder
* [https://kirchliche-feiertage-als-kultureller-reichtum.de/ Auf dem Weg durch das Kirchenjahr] (mit einer Grafik, die das Kirchenjahr linear darstellt: [https://www.kirchliche-feiertage-als-kultureller-reichtum.de/sites/default/files/Kirchenjahr_A5_01_0.pdf Stationen im Kirchenjahr])
* [https://www.kirche-im-wdr.de/nix/de/nc/startseite/makepdf/programuid/guten-rutsch-1/ "Guten Rutsch"]


Ausführlicher wird uns in der christlichen Überlieferung von der Höllenfahrt Christi nur in dem apokryphen [[Nikodemus-Evangelium]] berichtet. [[Nikodemus]] ist jener hohe israelitische Eingeweihte, der Christus "bei Nacht" – d.h. im reinen Geistgespräch – besuchte (Joh 3,1). Es geht in diesem Gespräch um die Wiedergeburt des Menschen aus der Kraft des höheren Ich, was der Christus noch dadurch verdeutlicht, das er in diesem Gespräch Nikodemus auf die Erhöhung der Schlange durch Moses (4. Mose 21,8-9) verweist. Die erhöhte Schlange ist das Symbol für diese Ich-Kraft. Die Wiedergeburt des Menschen aus dem Geiste ist auch das zentrale Thema der «Göttlichen Komödie».
== Einzelnachweise ==
<references />


Was bedeutet die Wiedergeburt des Menschen im Sinne der Auferstehung? Auferstehung ist mehr als Unsterblichkeit, ist mehr als ein bloßes Weiterleben nach dem Tod. Und Auferstehung ist auch mehr als die Wiedergeburt in wiederholten Erdenleben. Unsterblichkeit bedeutet das bewusste Fortbestehen des geistigen Wesenskerns des Menschen, des Ich, im rein geistigen Leben nach dem Tode. Wiedergeburt im Sinne der Reinkarnation bedeutet das wiederholte Wiedererscheinen dieses geistigen Wesenskernes in einem sterblichen irdischen Leib.Auferstehung bedeutet die Wiedergeburt des ganzen Menschen im Geistigen. Was ist der ganze Mensch? Der ganze Mensch ist das Ich plus den drei Wesensgliedern – Astralleib, Ätherleib und physischer Leib -, die diesen Kern umhüllen. Das Ich ist zwar unser geistiger Wesenskern, aber noch nicht der ganze Mensch – und die Wesensglieder alleine natürlich noch weniger. Ohne seine wesenhaften Hüllen hat das Ich keine Entwicklungsmöglichkeit. Das Ich wächst und reift nur dadurch, dass es an der Vergeistigung seiner Hüllen arbeitet. Es verwirklicht sich, indem es seine Hüllen wirksam durchdringt. Die Integrität der Wesenshüllen des Menschen muss gewahrt werden, wenn sich das Ich voll entfalten soll – darum dreht sich letztlich die ganze Erdenentwicklung.
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Die Frage nach dem Fortbestand der menschlichen Leibeshüllen nach dem Tode bewegt Dante tief. Er spricht davon noch nicht in den Gesängen des Infernos, aber gleich dort, wo die Gesänge des Purgatorios anheben und die Gestalten der Toten an ihn herantreten:
[[Kategorie:Jahreskreis und Jahresfeste]]
[[Kategorie:Liturgie]]


<center>
{{Wikipedia}}
{|
|-
| <poem>{{Zeile|76}} Hervor trat Eine jetzt, so inniglich
Mich zu umarmen, mit so holden Mienen,
Daß mein Verlangen ganz dem ihren glich.
{{Zeile|79}} O leere Schatten, die Gestalt nur schienen!<ref>79. Ueber die Gestaltung der Seelen vgl. Anm. zur Hölle Ges. 3 V. 34 und Ges. 6 V. 35.</ref>
Dreimal hatt’ ich die Hände hinter ihr,
Und dreimal kehrt’ ich zu der Brust mit ihnen.
                                    (Purgatorio 2,76-81)</poem>
|}
</center>
 
Sichtbar sind die Gestalten wohl, aber es fehlt ihnen "doch gar zu sehr am Greiflich-Tüchtighaften" und sie werfen im Licht der Sonne auch keinen Schatten wie Dante selbst. Die Toten erscheinen zwar als menschliche Gestalten, aber ihnen fehlt die feste Grenze, die sie für andere undurchdringlich macht. Im Erdenleben schafft uns der stoffliche Leib diese feste Begrenzung, bietet uns einen Innenraum, der nur uns gehört und der dadurch unsere Identität wahrt und verhindert, dass wir uns in unserer Umwelt verlieren. Dieses Grenzerlebnis ist entscheidend für die Entwicklung unseres Ichbewusstseins. Dieses Grenzerlebnis, das wir im physischen Leben haben, muss ins Geistige übertragen werden, wenn wir unser volles Selbstbewusstsein nicht verlieren wollen. Wir müssen mit unserem Geistesleben dem äußeren Geistesleben objektiv gegenübertreten, wir dürfen damit nicht unterschiedslos zusammenfließen, wenn wir nicht ein unselbstständiges Glied der geistigen Welt werden wollen.
 
==Inhalt und Bedeutung==
 
Bei Dante wird nun alles, was früher geistige Schau des Äußeren war, zum tiefen inneren persönlichen Erlebnis. Dante beschreibt, was er bei seinem Hinabstieg in die eigenen Seelentiefen erlebt. In des Lebens Mitte, so schildert er, irrt er in der Nacht zum Karfreitag des Jahres 1300 durch einen wilden grauenvollen Wald. Der Wald ist, ähnlich wie bei Brunetto oder später in [[Goethe]]s [[Faust-Dichtung|Faust II]] ("Waldung, sie schwankt heran..."), ein Bild für die ätherischen Lebenskräfte der Natur. Dennoch - die Schau des Geistigen, das die äußere irdische Natur durchwebt, tritt bei Dante zurück. Die Göttin [[Natura]] tritt in seiner «Commedia» nicht mehr explizit auf, sie wird nur in der rätselhaften Figur der [[Matelda]], die Dante im irdischen Paradies begegnet, angedeutet, aber insgesamt ist doch alles, was aus dem alten Naturhellsehen stammte, endgültig verschwunden.
 
===Inferno===
====Übersicht====
[[Datei:William-Adolphe Bouguereau (1825-1905) - Dante And Virgil In Hell (1850).jpg|thumb|250px|Dante und Virgil in der Hölle von William Bouguereau (1850)]]
[[File:Ary Scheffer - Francesca da Rimini en Paolo Malatesta aanschouwd door Dante en Vergilius 1854.jpg|thumb|250px|[[Wikipedia:Ary Scheffer|Ary Scheffer]]: [[Wikipedia:Francesca da Rimini|Francesca da Rimini]] und Paolo Malatesta (1854)]]
[[Datei:Feuerbach, Paolo und Francesca.jpg|thumb|250px|Anselm Feuerbach: ''Paolo und Francesca'', 1864]]
<table align="center"><tr><td>
<div>1&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Der finstere Wald; die drei Tiere; Virgil; der &bdquo;Veltro&ldquo;.</i></div><div><i>2&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; </i>Mission Virgils; die drei himmlischen Frauen.</div><div>3&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Eingang der H&ouml;lle; </i>die Unentschlossenen; Acheronstrom.</div><div>4&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Erster Kreis </i>Limbus (= Vor-H&ouml;lle); tugendhafte Heiden.<br/>5&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Zweiter Kreis Wollust; Francesca und Paolo.</i></div><div><i>6&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dritter Kreis Gier; Cerberus; Ciaccos Prophetie.</i></div><div><i>7&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Vierter Kreis Geiz </i>und <i>Verschwendung.</i></div><div>8&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>F&uuml;nfter Kreis </i>Styx <i>Zorn, Tr&auml;gheit des Herzens.</i></div><div>9&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Sechster Kreis die Stadt Dis; der hohe Gesandter (Aeneas).</i></div><div>10&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Ketzer in gl&uuml;henden Sarkophagen; Farinata.</i></div><div>11&nbsp;&nbsp;&nbsp; Erkl&auml;rung der Einteilung der H&ouml;lle <i>Aristotelische Laster</i></div><div>12&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Siebenter Kreis Gewaltt&auml;ter gegen Andere.</i></div><div>13&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Gewalt gegen sich selbst </i>Wald der Selbstm&ouml;rder.</div><div>14&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Gewalt gegen Gott </i>Gottesl&auml;sterer.</div><div>15,16&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Gewalt gegen die Natur Brunetto Latini.</i></div><div>17&nbsp;&nbsp;&nbsp; Wucherer; das Ungeheuer Geryon (Betrug).</div><div>18&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Achter Kreis </i>Malebolge mit 10 Sackt&auml;lern.</div><div>19&nbsp;&nbsp;&nbsp; Simonisten P&auml;pste Nikolaus III. <i>Bonifacius VIII.</i></div><div>20&nbsp;&nbsp;&nbsp; Wahrsager. Zauberer.</div><div>21&nbsp;&nbsp;&nbsp; Bestechende und Bestechliche; gl&uuml;hender Pechsee.</div><div>22&nbsp;&nbsp;&nbsp; Humoristisches Intermezzo: Teufel im Pechsee.</div><div>23&nbsp;&nbsp;&nbsp; Heuchler; Pharis&auml;er.</div><div>24,25&nbsp;&nbsp;&nbsp; Diebe und R&auml;uber; Schlangen als Peiniger.</div><div>26&nbsp;&nbsp;&nbsp; Schlechter Ratgeber &mdash; <i>Ulysses' Fahrt nach dem Westen.</i></div><div><i>27&nbsp;&nbsp;&nbsp; </i>Schlechte Ratgeber (Fortsetzung).</div><div>28&nbsp;&nbsp;&nbsp; Stifter von Zwietracht; Mohammed; Bertran de Born.</div><div>29&nbsp;&nbsp;&nbsp; Falschm&uuml;nzer.</div><div>30&nbsp;&nbsp;&nbsp; F&auml;lscher.</div><div>31&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Neunter Kreis&nbsp;&nbsp; </i>Untere Regionen der H&ouml;lle.</div><div>32&nbsp;&nbsp;&nbsp; Das ewige Eisgefilde des Verrates. Verrat an Verwandten </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; an dem Vaterland.</div><div>33 &nbsp;&nbsp;&nbsp;Ugolino.</div><div>34&nbsp;&nbsp;&nbsp; Verrat an Wohlt&auml;tern, an Gott. <i>Luzifer; </i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; mechanischer Fl&uuml;gelschlag. </i></div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Judas, Brutus, Cassius. </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Durchgang durch den Mittelpunkt der Erde zum </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; L&auml;uterungsberg.</div>
</td></tr></table>
 
==== Die drei wilden Tiere ====
[[File:Blake Dante Inferno I.jpg|thumb|250px|[[Wikipedia:William Blake|William Blake]]: Dante und die wilden Tiere (Inferno 1)]]
[[Datei:1 - Dante e le fiere.jpg|thumb|250px|[[Wikipedia:Joseph Anton Koch|Joseph Anton Koch]]: ''Dante e le fiere'' (Inferno 1)]]
[[File:Inferno Canto 1 lion.jpg|thumb|250px|[[Wikipedia:Gustave Doré|Gustave Doré]]: Dante begegnet dem Löwen]]
[[File:Portrait de Dante.jpg|thumb|250px|[[Wikipedia:Sandro Botticelli|Sandro Botticelli]]: Porträt Dantes]]
[[File:182. Greyhound x Bulldog second cross.JPG|thumb|250px|[[Wikipedia:Greyhound (Hunderasse)|Greyhound]] und [[Wikipedia:Bulldogge|Bulldogge]], zweite Kreuzung]]
Dante begegnen zunächst drei wilde Tiere, in denen sich die noch ungeläuterten Kräfte der seelischen Wesensglieder widerspiegeln - ein ''Pardelluchs'' (manchmal auch als ''Panthertier'' übersetzt), ein ''Löwe'' und eine ''Wölfin''.
 
<center>
{|width="800px" valign="top"
|-
| <poem>{{Zeile|31}}Sieh, beim Beginn des steilen Weges, schier
Bedeckt mit buntgeflecktem Fell die Glieder,<ref> 32–36. Aber noch sollen wir nicht ungestört emporklimmen. Die ''Lust der Sinne – der Panther –'' tritt zuerst und so lange der Körper noch jugendlich frisch ist, uns feindlich entgegen, und hemmt unsere Fortschritte zu dem Höhern. Droht sie auch den bessern Vorsatz in uns zu vernichten, so erscheint sie doch in minder abschreckender Gestalt, ja anziehend durch Munterkeit und Frische. </ref>
Gewandt und sehr behend ein ''Pantherthier''.
{{Zeile|34}}Nicht wich’s von meinem Angesichte wieder,
Und also hemmt’ es meinen weitern Lauf,
Daß ich mich öfters wandt’ in’s Thal hernieder.
{{Zeile|37}}''Am Morgen war''’s, die Sonne stieg herauf,<ref> 37–43. Aber wenn nun eben die Sonne der Wahrheit uns den Morgen hat tagen lassen, wenn wir die Welt in neuem Glanze liegen sehen, dann schöpfen wir Muth, das Höhere zu erreichen. (Die Reise des Dichters wird, wie bedacht, in der heiligen Woche, im Beginne des Frühlings unternommen, in der Jahreszeit, in welcher das erneute Leben der Natur in uns selbst Muth und Hoffnung erneuert, und in welcher, wie der Dichter V. 38–40 vorausgesetzt, Gott die Welt erschaffen hat. Die Sonne steht zu dieser Zeit im Widder.) </ref> 
Von jenen Sternen, so wie einst umgeben,
Als Gottes Lieb’ aus ödem Nichts herauf
{{Zeile|40}}Die schöne Welt berief zu Sein und Leben;
So ward durch jenes Thier mit buntem Haar
Anlaß zur Sorge doch mir nicht gegeben,
{{Zeile|43}}Zu solcher Stund’, im süßen, jungen Jahr –
Wenn Grund zur Furcht mir alsbald nicht erregte<ref> 44. Wenn die sinnliche Begier der Jugend sich auch mindert, so ist es der Ehrgeiz (der Löwe), welcher die kräftigeren Naturen von dem wahren Ziele echt menschlicher Bildung, von dem Streben nach dem einzig Wahren und Göttlichen ableitet – in seinem Uebermaße die mächtigste, furchtbarste der Leidenschaften, besonders in ''Zeiten politischer Parteiung'', sei es, daß der Mensch selbst sie in sich empfindet, oder daß er ihr Opfer wird. </ref>
Nunmehr ''ein Löwe'', den ich ward gewahr!</poem>
|<poem>
{{Zeile|46}}Es schien, daß er sich gegen mich bewegte,
Erhobnen Haupt’s und mit des Hungers Wuth,
So daß er Zittern selbst der Luft erregte.
{{Zeile|49}}Auch ''eine Wölfin'', welche jede Glut <ref> 49–60. Endlich erscheint die Habsucht – die Wölfin –, welche alles irdische Gut an sich zu reißen strebt, und um so weniger befriedigt ist, je mehr sie verschlingt. Keine schlechte Leidenschaft, kein Laster ist, mit welchen sie sich nicht verbände, zu welchen sie nicht führte (vergl. V. 97–100). Sie, die gemeinste Leidenschaft, nie rastend, weil es ihr nie an einem Gegenstande fehlt, ist es, die dem Menschen auf dem Wege zum höhern Ziele am gefährlichsten wird, die dem Dichter alle Hoffnung, es zu erreichen, raubt, und ihn zur Tiefe zurückstürzt. [Man denke hier auch an politische Beziehungen, an Rom’s alles an sich reißende Gier!] </ref>
Der Gier durch Magerkeit mir schien zu zeigen,
''Die schon auf Viele schweren Jammer lud''.
{{Zeile|52}}Vor dieser mußte so mein Muth sich neigen,
Aus Furcht, die bei dem Anblick mich durchbebt,
Daß mir die Hoffnung schwand, zur Höh’ zu steigen.
{{Zeile|55}}Wie der, der eifrig zu gewinnen strebt,
Wenn zum Verlieren nun die Zeit gekommen,
In Kümmerniß und tiefem Bangen lebt:
{{Zeile|58}}So machte dieses Unthier mich beklommen;
Von ihm gedrängt, mußt’ ich mich rückwärts ziehn,
Dorthin, wo nimmer noch die Sonn entglommen.
                                              (Inferno 1)</poem>
|}
</center>
 
Die drei Tiere sind [[Imagination]]en, die die Schwächen der [[Seelische Wesensglieder|seelischen Wesensglieder]], also der [[Empfindungsseele]], der [[Verstandes- oder Gemütsseele]] und der [[Bewusstseinsseele]], sichtbar machen:
 
:"Eine Wölfin ist für Dante das Bild für die Unmäßigkeit, für die Schattenseiten der Empfindungsseele. Dann begegnen uns die Schattenseiten der Verstandesseele als der Entwickelung widerstrebende Kräfte: Was nicht in sich geschlossener Starkmut ist, was sinnlos aggressive Kräfte der Verstandesseele sind, das tritt uns in Dantes Phantasie als ein zu Bekämpfendes in dem Löwen entgegen. Und die Weisheit, die nicht nach den Höhen der Welt hinaufstrebt, die sich nur als Klugheit und Schlauheit auf die Welt richtet, tritt uns in dem dritten Bilde, in dem Luchs, entgegen. Die «Luchs-Augen» sollen darstellen Augen, die nicht Weisheitsaugen sind, die in die geistige Welt hineinsehen, sondern Augen, die nur auf die Sinnenwelt gerichtet sind." {{lit|{{G|059|289}}}}
 
Ihnen muss durch die [[Platonische Tugenden|platonischen Tugenden]] [[Weisheit]], [[Starkmut]] und [[Mäßigkeit]] entgegengewirkt werden:
 
:"Weisheit, die Kraft der Bewußtseinsseele; Starkmut in sich selber, die Kraft, welche der Verstandes- oder Gemütsseele entstammt, und Mäßigkeit, dasjenige, was die Empfindungsseele in ihrer höchsten Entfaltung erreicht. Wenn das Ich durchgeht durch eine Entwickelung, die getragen ist von der Mäßigkeit der Empfindungsseele, von der Starkheit oder inneren Geschlossenheit der Verstandes- oder Gemütsseele, von der Weisheit der Bewußtseinsseele, dann kommt es allmählich zu höheren Seelenerlebnissen, die in die geistige Welt hinaufführen." {{lit|{{G|059|289}}}}
 
– dazu gehört dann noch die [[Gerechtigkeit]], die unmittelbar mit der Ich-Kraft zusammenhängt.
 
==== Vergil und die Prophezeiung des kommenden Erlösers, des «Veltro» ====
 
Als geistiger Führer durch die Unterwelt erscheint nun [[Wikipedia:Vergil|Vergil]]. Er weist Dante darauf hin, dass die gierige Wölfin, die Dante verfolgt, erst durch den «Veltro» (''infin che ’l veltro verrà'' - Inferno 1,101), eine Art [[Wikipedia:Windhund|Windhund]] oder [[Wikipedia:Jagdhund|Jagdhund]] (im nachstehenden Text als ''Dogge'' übersetzt), besiegt werde, der sich nicht mit Land und Erz, also nicht mit physischen Gütern, seinen Hunger stillt, sondern von sich von [[Weisheit]], [[Liebe]] und [[Tugend]] (''sapïenza, amore e virtute'' - Inferno 1,104) nährt.
 
<center>
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|-
| <poem>{{Zeile|85}}Mein Meister, Vorbild! dir gebührt der Preis,
Den ich durch schönen Stil davongetragen,<ref> 86. Dante’s gerechtes Selbstgefühl, als Schöpfers der italienischen Schriftsprache! </ref>
Denn dir entnahm ich, was ich kann und weiß.
{{Zeile|88}}Sieh dieses Thier, o sieh mich’s rückwärts jagen,
Berühmter Weiser, sei vor ihm mein Hort,
Es macht mir zitternd Puls’ und Adern schlagen.““
{{Zeile|91}}„Du mußt ''auf einem andern Wege fort'',“<ref> 91. D. h. auf dem Wege durch die Hölle, die Buße allein kannst du zur Höhe des Heils kommen. </ref>
Sprach er zu mir, den ganz der Schmerz bezwungen,
„Willst du entfliehn aus diesem wilden Ort.
{{Zeile|94}}Denn dieses Thier, das dich mit Graun durchdrungen,
Läßt Keinen ziehn auf seines Weges Spur,
Hemmt Jeden, bis es endlich ihn verschlungen.
{{Zeile|97}}Es ist von böser, tückischer Natur,
Und nimmer fühlt’s die wilde Gier ermatten,
Ja jeder Fraß schärft seinen Hunger nur.</poem>
|<poem>{{Zeile|100}}Mit vielen Thieren sieht man es sich gatten,
Bis daß ''die edle Dogge'' kommt, die kühn<ref name="Veltro">101. [''In Verona'' herrschte das hochgeehrte Ghibellinengeschlecht der Skaliger in seinem jüngsten, hochbegabten Sprossen <tt>Cane della Scala</tt>, {{Seite|12}} genannt <tt>Can grande.</tt> Auf ihn, den 1311 Heinrich VII. sogar zu seinem Stellvertreter in der Lombardei ernannt, richteten sich die Blicke aller Ghibellinen. Er ist zweifelsohne auch in dieser prophetischen, aber vielleicht erst später von Dante eingeschobenen Stelle unter „dem edlen Windhund“ gemeint, welcher zwischen Feltro im Piavethal und dem sog. Feltrischen Gebiet am nordöstlichen Appenninenhang aufstehen solle. Denn dies war eben <tt>Can grande’s</tt> Herrschaft. – Man sieht zugleich, wie unter der Wölfin, welcher <tt>C. grande</tt> den Garaus machen soll, vornehmlich politische, zeitgeschichtliche Beziehungen versteckt liegen. S. zu 46–60 Schluß. Derselbe Fürst hat später den verbannten Dante, 1317–20, aufgenommen, worauf sich die ehrenden Worte Parad. 17, 76–10 beziehen.] </ref>
Es würgt und hinstürzt in die ew’gen Schatten.
{{Zeile|103}}Nicht wird nach Land und Erz ihr Hunger glühn,
Doch wird sie nie an Lieb’ und Weisheit darben;
Inmitten Feltr’ und Feltro wird sie blühn,
{{Zeile|106}}Zu Welschlands Heil, deß Ruhm und Glück verdarben,
Obwohl vordem Camilla für dies Land,<ref> 107. 108. Camilla und Turnus starben, nach der Aeneide, bei der Vertheidigung, Euryalus und Nisus, bei der Eroberung Latiums. </ref>
Euryalus, Turnus und Nisus starben.
{{Zeile|109}}Nicht wird sie ruhn, bis sie dies Thier verbannt;
Sie wird es wieder in die Hölle senken,
Von wo’s ''der erste Neid'' heraufgesandt. –<ref> 111. „Der erste Neid“ der Satan. Weisheit 2, 24. </ref>
{{Zeile|112}}Du folg’ jetzt mir zu deinem Heil – mein Denken<ref> 112 ff. [Um aus dem dunkeln Wald der Irrthümer und Sünden heraus zur Buße, zur Erkenntniß und ''zeitlichen Glückseligkeit'' zu gelangen, reicht die Vernunft, zugleich die rechte politische Einsicht und Weltordnung aus, indem sie uns das Laster, den falschen Zustand und seine Folgen zeigt (Hölle) und uns dadurch selbst reinigt und läutert (Fegfeuer).] </ref>
Und Urtheil ist’s – ich will dein Führer sein
Und dich durch ew’gen Ort von hinnen lenken.
                                (Inferno 1,85-114)</poem>
|}
</center>
 
Zwei weitere Hinweise auf den «Veltro» befinden sich im «Purgatorio»:
 
<center>
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|-
| <poem>{{Zeile|10}} ''Du alte Wölfin'', sei vermaledeit!
Kein Thier erjagt sich Beute gleich der Deinen,
Doch bleibt dein Bauch noch endlos hohl und weit.
{{Zeile|13}} O Himmel, dessen Kreislauf, wie wir meinen,<ref>[13. „Der Himmel“ wieder = die Macht und Constellation der Gestirne, wie Ges. 16, 73 ff.]</ref>
Der Erde Sein und Zustand wandeln soll,
Wann wird der Held, der sie vertreibt, erscheinen? –
                                  (Purgatorio 20,10-15)</poem>
| <poem>{{Zeile|40}} Schon nahen Sterne sich – wie ich’s gewiß
Im Geist erkannt, so sei es ausgesprochen –
Da kommt, von Schranke frei und Hinderniß,
{{Zeile|43}} ''Fünfhundertzehn und fünf'' hervorgebrochen,
Ein Gottgesandter, der die Dirn erschlägt
Zusammt dem Riesen, der mit ihr verbrochen.{{CRef||[45. Die verkündete Rache Gottes gegen die Vernichter der Kirche und Störer der politisch-kirchlichen Weltordnung vollzieht sich durch einen „Erben des Adlers“ V. 37, also einen ''politischen'' Helden, der entweder selbst Kaiser ist oder das, mit der Kirche ebenfalls gesunkene Kaiserthum mitwirkend erheben hilft. Dieser deutlichen Grundvoraussetzung entsprechend muß die geheimnißvolle Zahl 515, womit (wieder nach der Offenb. Joh. 13, 18), der Verheißene bezeichnet wird, gemäß der lateinischen Zahlenschrift <tt>DXV</tt>, mit Versetzung der letzten Buchstaben <tt>DVX</tt>, <tt>dux</tt>, gelesen werden und nicht, wie Andere wollen, <tt>Domini Xristi Vicarius.</tt> Denn das letztere würde einen geistlichen Retter, einen Papst bedeuten, während das erstere zusammenhangsgemäß auf einen Herzog oder Feldherrn weist. – Aber ''wen'' Dante mit diesem <tt>Dux</tt> meine, dies ist eine Frage, welche wohl für immer unentschieden bleiben muß, da sich bestimmte historische Anhaltspunkte zu ihrer Lösung bis jetzt vornemlich deßhalb nicht finden lassen, weil man über die genauere Abfassungszeit der einzelnen Theile des Gedichts, besonders dieser Stelle und der ähnlichen in ''Hölle'', 1, 101 nur Vermuthungen hat. Daß in diesen beiden Stellen der Verheißene identisch und zwar ''Can grande von Verona'' sei (Philalethes){{CRef|BN|''Ges. 33, 45 Anm:'' Z. 19, statt „(Philalethes)“ lies: „(Philalethes, ''Wegele u. a,'' neuestens auch Scartazzini).“ [[Seite:Dante - Komödie - Streckfuß - 622.jpg|Berichtigungen und Nachträge, S. 622]]}}, erscheint durch chronologische und sachliche Bedenken zweifelhaft. Abgesehen davon, daß auch dort, in Hölle 1, die Deutung des Windhunds auf den Skaliger keineswegs absolut die einzig mögliche, wenn auch die wahrscheinlichste ist, – konnte Dante auch hier, wo es sich nicht nur um Vertreibung der Wölfin, der Ländergier Roms, sondern um die gewaltige Aufgabe der vollen Wiederherstellung{{CRef|WS|''Vorlage:'' Widerherstellung}} der Kaisermacht und Zurückführung des Papstthums aus Frankreichs Banden handelt, an den Can denken, der doch bei aller hohen Achtung und Bedeutung nur ein untergeordneter Einzelfürst war? und wenn er ''damals'' an ihn dachte, als Hölle 1 geschrieben wurde, konnte er es ''jetzt'' noch thun, nachdem indessen Can zwar immer noch der geachtete und sein kleines Reich mehrende Fürst geblieben, aber weder Statthalter Heinrichs VII., noch selbst ein Reformator geworden war? Oder lag die Abfassung von Hölle 1 und Fegef. 33 der Zeit nach so wenig auseinander, daß entweder das Fegefeuer unglaublich schnell, fast ''mit'' der Hölle, geschrieben oder aber andernfalls (Notter) die Stelle in Hölle 1 nachträglich eingeschoben ist? – Und eben dasselbe chronologische Bedenken ist es, welches der Deutung des <tt>Dux</tt> auf ''Heinrich'' VII. entgegensteht. Denn schon Fegef. 6, 100 ff. weist entschieden auf die Zeit nach Albrechts Tode (1308), Ges. 7, 96 fast handgreiflich auf Heinrichs Römerzug 1310, dem 1313 Heinrichs Ende folgte. Dadurch wird des Kaisers hoffnungsvolle Erwähnung in unsrer, doch gewiß viel späteren Stelle zur Unmöglichkeit. Da wir aber den Recurs auf einen reformatorischen Papst an dieser Stelle unter {{Seite|392}} allen Umständen für verwerflich halten, so bleibt nur der Ausweg, den auch Witte adoptirt: anzunehmen, daß Dante selbst hier an eine bestimmte Person nicht gedacht, sondern vielmehr, nach allen Enttäuschungen in Beziehung auf den Can und Heinrich VII.{{CRef|WS|''Vorlage:'' Heinrich XVII.}}, hier im Allgemeinen seiner unauslöschlichen Ueberzeugung von der unfehlbaren, ''gottverordneten'' endlichen Besserung der heillosen kirchlichen und politischen Zustände durch einen gottgesandten Helden Ausdruck gegeben habe, welch’ letztere für ihn zugleich der Sieg des Rechts und der Wahrheit war. Daß hiebei besondere astrologische Weissagungen, an welche auch D. glaubte, mit im Spiel waren, deutet V. 40 an. Aber im Ganzen, dünkt uns, ist es des Genius würdiger, auf diese allgemeine Weise mit wahrhafter Geistesprophetie das Panier der Hoffnung auf Besserung der Zeitlage hoch zu halten, – welche sich denn auch, obwol unter andern Bedingungen erfüllt hat – als mit weissagerischer Bestimmung{{CRef|WS|''Vorlage:'' Bestimmmung}} eines einzelnen Mannes sich zu irren! – Es ist hier der Ort, auch noch der übrigen, durch die ganze göttl. Kom. sich hindurchziehenden, Stellen zu gedenken, in welchen der ''Dante’sche Held und Erretter prophezeit wird''. Wenn wir Parad. 9, 139 und 22, 14 ff., als auf rein kirchliche Reformation gehend, ausscheiden, sind es, außer den eben besprochenen Versen in ''Hölle'' 1 und ''Fegef''. 33, noch fünf weitere Stellen, nämlich: Fgf. 7, 96; 20, 13 ff.; Parad. 17, 91 ff; 27, 61 ff. 142 ff. Von diesen deutet Fgf. 7 auf Heinrich VII. (worüber schon gehandelt ist) und Parad. 17, 91 auf Can grande, die übrigen Stellen aber schon dem Ausdruck nach auf keine bestimmte Persönlichkeit, ja die letzte derselben (Parad. 27, 142 ff.) entrückt sogar den Eintritt der Errettung und Rache mit den allgemeinsten Ausdrücken auf Jahrtausende hinaus! Dieser Thatbestand, glauben wir, sagt deutlich genug, daß unser Dichter, trotz seiner eigenthümlichen und zähen Anschauung vom röm. Kaiserthum, denn doch so verrannt nicht war, um nicht, nach Heinrichs Tode, weder auf Can noch auf eine andre lebende Persönlichkeit mehr allzu idealische Hoffnungen zu setzen, daß er von da ab mehr und mehr resignirte, irgendwo einen Hoffnungsstern zu ''sehen'', und nur fest den ''Glauben'' bewahrte, daß die göttl. Vorsehung (Parad. 27, 61), zu ihrer Zeit in der Zukunft ein Werkzeug zu finden wissen werde und ''müsse''. Und stimmt dies zu unsrer hierorts vom <tt>dux</tt> gegebenen Auslegung, so kann umgekehrt ''Parad. 17, 91'' nicht als Gegenbeweis angeführt werden, da dort Can zwar sicher, aber ganz unstreitig in anderem, in rein persönlichem Sinn, als edler Charakter und Wohlthäter Dante’s, genannt ist. Um Wiederholungen zu ersparen, wolle sich der Leser später dort, sowie an den andern betreffenden Stellen, des hier im Zusammenhang Bemerkten erinnern.]}}
                                      (Purgatorio 33,40-45)</poem>
|}
</center>
 
Darüber, wer mit diesem «Veltro», der als Erlöser kommen solle, gemeint sei, wurde viel gerätselt<ref name="Veltro"></ref>. Vielfach wurden äußere Zeitgenossen Dantes genannt, insbesonders [[Wikipedia:Cangrande I. della Scala|Cangrande della Scala]], dem Stadtherrn von [[Wikipedia:Verona|Verona]], der eigentlich den Geburtsnamen Francesco della Scala trug und erst später den Kriegsname ''Can Grande'' bekam, der [[Wikipedia:Italienische Sprache|italienisch]] ''Großer Hund'' bedeutet. Auf ihn setzte Dante große Hoffnungen und widmete ihm das «Paradiso», wo er ihn auch in Paradiso 27,88-93 erwähnt. Auch [[Wikipedia:Heinrich VII. (HRR)|Kaiser Heinrich VII.]], von dem sich Dante ebenfalls viel erwartete, wurde genannt und schließlich auch Dante selbst.
 
''Fünfhundertzehn und fünf'', also 515, in Purgatorio 33,43 ist die Zahl des «Veltro» und ist in [[Wikipedia:Römische Zahlschrift|römischen Ziffern]] zu lesen als DXV oder auch DVX (D = 500 + X = 10 + V =5). Rodolfo Benini<ref>vgl. Veltman, S 68</ref> deutet das als ''Dante Veltro di Christo'' (''„Dante ist der Windhund des Christus“''; X steht dabei für das {{ELSalt|Χ}} (Chi), als Zeichen des Christus). Benini zeigt dabei auch bestimmte Zahlenrhythmen in der ''Commedia'' auf, die auf 515 bzw. auf [[666]], die [[Zahl des Tieres]], aufbauen.
 
Die äußeren Deutungen mögen teilweise berechtigt sein, offenbaren aber nicht die eigentliche geistige Bedeutung des «Veltro». Man darf dabei nicht vergessen, dass die «Göttliche Komödie» in Wahrheit eine [[Einweihung]]sschrift ist. W. F. Veltman geht in seiner Betrachtung zu «Dantes Weltmission» davon aus, dass mit dem «Veltro» keine bestimmte physische Person gemeint ist, sondern das höhere, mit dem [[Christus]] verbundene [[Ich]] des [[Mensch]]en. Diese Christus-Ich-Kraft überwindet die [[ahrimanisch]]en Mächte, die durch die Wölfin imaginiert werden, und ist der eigentliche Erlöser und Heiler {{Lit|Veltman, S 73}}.
 
Rätselhaft ist zunächst auch der Ort ''„Inmitten Feltr’ und Feltro“'' (''tra feltro e feltro'', Inferno 1,105), an dem der «Veltro» erscheinen soll. ''Feltro'' heißt im Italienischen „Filz“ oder auch „Filter“. Ein äußerer Ort kommt aus geistiger Sicht nicht infrage. Welcher andere „Ort“ kann also gemeint sein? Wohl nur jener Ort, an dem das Ich erscheint - nämlich in den [[irdisch]]en [[Leibeshüllen]] des Menschen. Sie bilden laut Veltman den Filz, der von der Ich-Kraft durchtränkt und dadurch geläutert und vergeistigt wird<ref>Veltman, S 75</ref>. Das ist aber gerade das zentrale Thema der ''Commedia''! Durch das [[Ich]] wird der [[Astralleib]] von den [[luziferisch]]en Kräften und mit Hilfe des [[Christus]] der [[Ätherleib]] von dem [[ahrimanisch]]en Einschlag befreit. So kann der [[Seelenleib]] zum [[Geistselbst]] aufsteigen, zur [[Jungfrau Sophia]] = [[Beatrice]], und damit bewusst in die [[geistige Welt]] eintreten. Der Ätherleib wird durch die [[Göttin Natura]] = [[Matelda]] gestärkt.
 
Der «Veltro» wurde auch auf den [[Priesterkönig Johannes]] bezogen, von dem zur Zeit Dantes viel gesprochen wurde, und auch auf [[die Wiederkehr des Christus im Ätherischen]]<ref>[http://www.minix.ch/filz/docs/Der_Mythos_vom_Filz.pdf#page=19 Leonardo Olschki: Der Mythos vom Filz], S 19-20</ref>. Beide Deutungen stehen durchaus im Einklang mit voranstehenden Ausführungen. Der Priesterkönig Johannes wird seine wesentliche Aufgabe im künftigen [[Slawische Kultur|sechsten nachatlantischen Kulturzeitraum]] darin haben, die Ausbildung des Geistselbst zu fördern und gerade dadurch auch immer mehr Menschen die Schau des [[Ätherischer Christus|ätherischen Christus]] ermöglichen.
 
==== Beatrice, Lucia und die Himmelskönigin Maria ====
 
Dante zweifelt zunächst noch, ob er würdig genug sei und ob seine Kräfte und Talente für die Reise in die Unterwelt ausreichen würden. Da erzählt ihm Vergil, wie er von Beatrice berufen worden sei, ihm auf diesem gefährlichen Weg beizustehen. Beatrice hatte ihren Auftrag von der mitleidvollen [[Lucia]] erhalten, und diese ihrerseits von einem ''edlen Weib'', der hohen Himmelskönigin [[Maria (Mutter Jesu)|Maria]] selbst. So wachen letztlich drei heilige Himmelsfrauen, gleichsam drei Facetten der himmlischen [[Jungfrau Sophia]], über Dantes Geschick (Inferno 2,52-126).
 
==== Das Höllentor ====
[[Bild:Dante_Tor_zur_Unterwelt.jpg|thumb|300px|[[Wikipedia:William Blake|William Blake]]: Die Inschrift am Tor zur Unterwelt]]
 
Derart von Vergil ermutig, schreitet er unter dessen Führung mutig durch das Höllentor.
 
<center>
{|
|-
| <poem>{{Zeile|1}} Durch mich geht’s ein zur Stadt der ew’gen Qualen,<ref> {{Seite|19}} [III. 1–9. Weltberühmte Lapidarschrift „<tt>per me si va nella città dolente</tt>“ mit dem gnomischen Schluß: <tt> lasciate ogni speranza voi ch’entrate!</tt> – Sinn: die Ewigkeit der Höllenstrafen ist ein Werk, ein Erforderniß der ''Gerechtigkeit'' (V. 4) des ''dreieinigen'' Gottes (V. 6 Allmacht, Allweisheit, Liebe – Vater, Geist, Sohn.)] – </ref>
Durch mich geht’s ein zum wehevollen Schlund,
Durch mich geht’s ein zu der Verdammniß Thalen.
{{Zeile|4}} Gerechtigkeit war der Bewegungsgrund
Deß, der mich schuf; mich gründend, that er offen
Allmacht, Allweisheit, erste Liebe kund.
{{Zeile|7}} Nicht ward vor mir Geschaffnes angetroffen,
Als Ewiges; und ewig daur’ auch ich.
'''Ihr, die ihr eingeht, laßt hier jedes Hoffen.'''
{{Zeile|10}} ''Die'' Inschrift zeigt in dunkler Farbe sich
Geschrieben dort am Gipfel einer Pforte,
Drum ich: „„Hart, Meister, ist ihr Sinn für mich.““
{{Zeile|13}} Er, als Erfahrner, sprach dann diese Worte:
„Hier sei jedweder Argwohn weggebannt,
Und jede Zagheit sterb’ an diesem Orte.
                                  (Inferno 3,1-15)</poem>
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</center>
 
==== Der Abstieg in die Unterwelt ====
 
[[File:Botticelli ChartOfDantesHell.jpg|thumb|250px|left|[[Wikipedia:Sandro Botticelli|Sandro Botticelli]]: Karte von Dantes Inferno (ca. 1480–1495)]]
[[File:Blake Dante Hell IX.jpg|thumb|250px|left|[[Wikipedia:William Blake|William Blake]]: Der Engel am Tor der Stadt Dis (1824-27)]]
[[Bild:Dore_Lucifer.jpg|thumb|left|250px|[[Luzifer]] (eigentlich [[Satan]]), der Herr der [[Hölle]], Illustration von [[Wikipedia:Gustave Doré|Gustave Doré]] zu [[Dante]]s Göttlicher Komödie]]
[[File:Blake Hell 34 Lucifer.jpg|thumb|left|250px|[[Wikipedia:William Blake|William Blake]]: Luzifer (Inferno 34)]]
[[File:Gustave Doré- Dante et Vergil dans le neuvième cercle de l'enfer.jpg|thumb|left|250px|Dante und Vergil im 9. Kreis der Hölle, Gustave Doré, 1861]]
Im [[Anticlaudian]] des [[Alanus ab Insulis]] waren die Wesen der [[Unterwelt]] erst ganz am Schluß zum Kampf angetreten. Bei Dante wird der Schilderung der Unterwelt, des Infernos, von Anfang an breiter Raum gegeben. Die 9 Kreise der [[Hölle]] haben einen deutlichen Bezug zu den seelischen Wesensgliedern.
 
==== Kerberos ====
[[Datei:Cerberus-Blake.jpeg|miniatur|250px|''Inferno, Canto VI, 12-35, Cerberus'' - Zeichnung von [[Wikipedia:William Blake|William Blake]] (Illustration zu [[Dante Alighieri|Dantes]] ''Göttlicher Komödie''), 1825 ([[Wikipedia:National Gallery of Victoria|National Gallery of Victoria]], Melbourne)]]
Im 3. Höllenkreis, wo die Schlemmer für ihre Gier büßen, begegnet Dante dem Höllenhund [[Kerberos]] (Cerberus):
 
<center>
{|
|-
| <poem>{{Zeile|13}} Ein Unthier, wild und seltsam, Cerberus,<ref>13. Auch Cerberus ist ein Teufel. Er stellt aber zugleich mit seinem dreifachen Schlunde, seinem weiten Bauche und seiner hündischen Natur überhaupt, selbst ein Bild des Lasters dar, das hier bestraft wird, und der Begier, die schon im Leben den Schlemmer selbst bestraft (vgl. V. 24. 31–33). Der Schlamm, welchen Virgil ihm V. 25 in den Rachen wirft, deutet auf den Werth dessen hin, worin die Schlemmer im Leben ihre Befriedigung finden.</ref>
Bellt, wie ein böser Hund, aus dreien Kehlen
Jedweden an, der dort hinunter muß.
{{Zeile|16}} Schwarz, feucht der Bart, die Augen rothe Höhlen,
Mit weitem Bauch, die Tatzen scharf beklaut,
Viertheilt, zerkratzt und schindet er die Seelen.
                                      (Inferno 6,13-18)</poem>
|}
</center>
 
Bis zum 6. Kreis, wo sich die schreckliche Stadt Dis befindet, werden die Folgen der Unmäßigkeit gebüßt – also die vorwiegend [[luziferisch]]en Verfehlungen der [[Empfindungsseele]]. Im 7. Höllenkreis schmoren die Gewalttäter; hier ist auch der schreckliche Wald der Selbstmörder – eben alle, die nicht genügend [[Starkmut]] entwickelt haben, um die [[Verstandes- oder Gemütsseele]] zu läutern. Ab dem 8. Kreis finden sich die Simonisten, die falschen Wahrsager und Zauberer, die Lügner, Betrüger und Verräter, die sich der [[ahrimanisch]]en Verfehlungen der [[Bewusstseinsseele]] schuldig gemacht haben. Im Zentrum, im 9. Kreis, in der [[Eishölle]], finden wir nach Dantes Schilderung [[Luzifer]] – tatsächlich ist es aber [[Ahriman]], der von hier aus seine Kräfte ausschickt.
 
Die 9 Kreise der danteschen Hölle korrespondieren mit den 9 Schichten des [[Erdinneres|Erdinneren]], wie sie Rudolf Steiner gelegentlich charakterisiert hat. Sie stellen die Summe der astralen Kräfte dar, die den Menschen an die Erde fesseln und ihn immer wieder zu einer neuen Inkarnation herunterziehen, solange er diese Kräfte nicht aus seinem Wesen ausgeschieden hat. Dante schildert die gemäß der katholischen Lehre die Hölle als Ort der ewigen Verdammnis. Wahr ist, dass diese Kräfte nicht im [[Kamaloka]] abgetan werden können, sondern dass sich der Mensch erst nach und nach im Laufe der aufeinanderfolgenden Inkarnationen von ihnen endgültig befreien kann. Dante ist allerdings der [[Reinkarnation]]sgedanke noch weitgehend fremd. Allerdings bereitet ihm die von der Kirche postulierte ewige Verdammnis sämtlicher auch hochstehender Persönlichkeiten der vorchristlichen Zeit Unbehagen. Und so findet sich in seiner ''Commedia'', fußend auf der «Legenda Aurea», eine vielsagende Ausnahme von der sonst unumstößlichen Regel: Kaiser Trajanus sei auf Fürsprache von [[Wikipedia:Gregor VII.|Papst Gregor dem Großen]] die Gunst eines neuerlichen Erdenlebens in gewährt worden, in dem er die [[Taufe]] empfangen habe und so von der ewigen Verdammnis befreit worden wäre.
 
Es besteht allerdings künftig die Gefahr, dass Menschenseelen zum Raube Ahrimans werden und sich ganz mit der Erdenschlacke verbinden. Wie schon erwähnt, haust Ahriman in der Eishölle, nicht Luzifer. Dante schildert ihn als riesenhaftes grausiges Wesen mit 3 Gesichtern und fledermausartigen Flügeln (Inferno 34,11).
 
Dante schildert den Höllenraum als sich nach unten zu immer mehr verengenden Trichter, auf dessen Grund sich – im Erdenzentrum – die Eishölle befindet – ein vielsagendes Bild des immer stärkeren Eingeschlossen- und Eingefrorenseins in den materiellen Kräften. Von hier unten greift Ahriman herauf nach dem Menschengeist und will ihn in die geistigen Gesetzmäßigkeiten des Materiellen Daseins hineinzwingen. Ahriman will den Menschengeist mechanisieren, Luzifer hingegen will den Menschen zum moralischen Automaten machen, d.h. ihn eigentlich in den Unschuldszustand des Tieres zurückversetzen. Das menschliche Ich fiele dadurch in den Schoß der geistigen Welt zurück – allerdings in den Schoß der luziferischen geistigen Welt. Durch Ahriman würde das menschliche Ich zersplittert. Diese Splitter will sich Ahriman einverleiben und dadurch der göttlichen Schöpferkraft teilhaftig werden, die als Funke im menschlichen Ich lebt.
 
Rudolf Steiner weist darauf hin, dass sich die ersten 7 Schichten des Erdinneren dem geistigen Blick eröffnen, wenn man die 7 Stufen des [[Christlicher Schulungsweg|christlichen Einweihungsweges]] durchschreitet:
 
<div style="margin-left:20px">
"Auch für die hellseherische Forschung besteht die Erde aus Schichten, und es stellt sich heraus, daß diese Schichten stufenweise wahrnehmbar werden.
 
Diejenigen, welche die Vorträge über das Johannes-Evangelium gehört haben, werden sich erinnern, daß es sieben Stufen der christlichen Einweihung gibt. Diese bestehen erstens in der Fußwaschung, zweitens in der Geißelung, drittens der Dornenkrönung, viertens der Kreuztragung, fünftens im mystischen Tod, sechstens in der Grablegung, siebentens in der Auferstehung. In der Tat tritt für jede dieser Einweihungsstufen in bezug auf die Erforschung der Erde etwas besonders Merkwürdiges zutage, nämlich für jede dieser Einweihungsstufen erweist sich eine jeweils um einen Grad tiefer liegende Schicht unserer Erde als durchsichtig, so daß derjenige, welcher die erste Stufe der Einweihung erreicht hat, zunächst die erste Schicht der Erde durchschauen kann. Wer die zweite Stufe erreicht hat, durchschaut eine zweite Schicht, die ganz anders aussieht. Derjenige, der die Dornenkrönung erlebt hat, sieht eine dritte Schicht. Dann kommt die Stufe der Kreuztragung, welche die vierte Schicht sichtbar macht. Die fünfte Stufe, der mystische Tod, erschließt eine weitere Schicht. Dann kommt die sechste Stufe, die Stufe der Grablegung. Die siebente Schicht entspricht der Auferstehung, so daß Sie sieben aufeinanderfolgende Schichten haben. Dann liegen jenseits dieser sieben Schichten für diejenigen Stufen, auf die sich der Mensch erhebt, wenn er diese sieben Stufen der Einweihung absolviert hat, noch zwei weitere Schichten des Erdenplaneten, eine achte und eine neunte Schicht des Erdeninneren, so daß wir unser Erdinneres aus neun übereinanderliegenden Schichten aufgebaut haben. Ich habe diese Schichten im wesentlichen gleich breit gezeichnet (siehe Zeichnung); sie sind es in Wirklichkeit nicht, sondern sie sind verschieden breit. Aber die Breite der Schichten wird uns heute weniger interessieren können." {{lit|{{G|096|32}}}}
</div>
 
Dante steigt bei seiner Schau des Inferno, wie wir gesehen haben, in seine eigenen Seelentiefen hinab. Schaut man das mit dem, was eben beschrieben wurde, zusammen, so erkennt man, dass man durch die 7 Stufen des christlichen Einweihungsweges alles das erkennen kann, was mit den Verfehlungen der Empfindungsseele und der Verstandesseele zusammenhängt. Damit korrespondieren die 7 oberen Schichten des Erdinneren. Nicht erreicht man auf diesem Weg das eigentlich [[Das Böse|Böse]], das mit der Bewusstseinsseele zusammenhängt. Dazu sind zwei weitere Schritte nötig. Erst durch die Bewusstseinsseele kann der Mensch aus eigenem Entschluss böse werden – bis dahin ist er Opfer der luziferischen und ahrimanischen Verführer. Im Ausgleich dazu wird der Mensch aber auch erst durch die Bewusstseinsseele fähig, selbsttätig [[Moral]] zu schaffen. Rudolf Steiner hat mit seinem in der [[Philosophie der Freiheit]] geprägten Begriff der [[Moralische Intuition|moralischen Intuition]] darauf hingewiesen.
 
Erst mit dem Bewusstseinsseelenzeitalter eröffnet sich dem Menschen die zweifache Perspektive: entweder Ahriman in sich aufzunehmen – wodurch es zur Inkarnation Ahrimans kommt - und sich ganz mit der Erdenschlacke zu verbinden – oder das Ich mit dem [[Christus]] zu erfüllen im Sinne des [[Paulus]]-Wortes "Nicht ich, sondern der Christus in mir!"
 
===Purgatorio===
 
====Übersicht====
[[Datei:Dante03.jpg|mini|300px|Dante schaut auf den Läuterungsberg. Gemälde von [[Wikipedia:Agnolo Bronzino|Agnolo Bronzino]] (1530)]]
[[File:Michelino DanteAndHisPoem.jpg|mini|300px|[[Wikipedia:Domenico di Michelino|Domenico di Michelino]], ''La Divina Commedia di Dante'' ([[Dante Alighieri]] und die drei Reiche: ''Hölle, Fegfeuer und Paradies''). 1465 Fresko in der Kuppel der Kirche [[Wikipedia:Santa Maria del Fiore|Santa Maria del Fiore]] in [[Wikipedia:Florenz|Florenz]]. [[Dante]] hält sein Epos «Die Göttliche Komödie» in der linken Hand. Mit der Rechten weist er auf eine Prozession von Sündern zur Hölle, hinter ihm das [[Purgatorium]] und eine historische Ansicht der Stadt Florenz um 1465.]]
<table align="center"><tr><td>
<div>1&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; &nbsp;<i>Venus, der Morgenstern; Cato, H&uuml;ter des '''L&auml;uterungsberges'''.</i></div><div><i>2&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Ankunft der Engelbarke; Casella, der S&auml;nger.</i></div><div>3&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Die unter kirchlichem Bann Gestorbenen; Manfred.<br/></i>4, 5&nbsp;&nbsp; Diejenigen die die Bu&szlig;e verschoben haben bis&nbsp;an ihr Lebensende.<br/>6&nbsp;&nbsp;&nbsp; &nbsp;&nbsp;Sordello; <i>Bu&szlig;rede &uuml;ber das zerrissene Italien.</i></div><div><i>7&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; </i>Tal der F&uuml;rsten.</div><div>8&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Erste Nacht; die zwei Engel; die Schlange der Versuchung.</div><div>9&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dantes Traum. Er wird im Schlaf zu der Petruspforte gebracht. </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Der Engel mit dem Schwerte; die 7 P's.</div><div>10&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Der erste Kreis <b>Hochmut</b>, </i>gute Vorbilder der Demut.</div><div>11&nbsp;&nbsp;&nbsp; Die schwer b&uuml;&szlig;enden Hochm&uuml;tigen beten das Vaterunser.</div><div>12&nbsp;&nbsp;&nbsp; Vorbilder von bestraftem Hochmut; das erste P. wird getilgt.</div><div>13&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Zweiter Kreis<b> Neid</b>. </i>Den Neidischen sind die Augen zugen&auml;ht.</div><div>14&nbsp;&nbsp;&nbsp; Die Neidischen; warnende Stimmen in der Luft.</div><div>15&nbsp;&nbsp;&nbsp; &Uuml;bergang zum <i>dritten Kreis <b>Zorn</b> </i>Vision Dantes; </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Vorbilder des Sanftmutes.</div><div>16&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dichte Finsternis. Marco Lombardo &uuml;ber den Einflu&szlig; der Sterne </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; auf die menschliche Seele. Freier Wille.</div><div>17&nbsp;&nbsp; &nbsp;Obergang zum <i>vierten Kreis. <b>Tr&auml;gheit des Herzens</b>. </i></div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Worte Virgils <i>&uuml;ber nat&uuml;rliche und geistige Liebe</i></div><div>18&nbsp;&nbsp;&nbsp; Fortsetzung des Gespr&auml;chs <i>&uuml;ber Liebe und freien Willen</i></div><div>19&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Traum von der Sirene F&uuml;nfter Kreis <b>Geiz</b>.</i></div><div>20&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dante verflucht die Habsucht; </div><div><i>&nbsp; &nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Frage nach dem kommenden Erl&ouml;ser </i>(Veltro) Erdbeben.</div><div>21&nbsp;&nbsp;&nbsp; Erkl&auml;rung des Erdbebens: </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; eine erl&ouml;ste Seele darf eingehen in den Himmel; Statius.</div><div>22&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Sechster Kreis <b>Gier</b>.</i></div><div>23&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Forese Donati.</i></div><div>24&nbsp;&nbsp;&nbsp; Gespr&auml;ch &uuml;ber die Dichtkunst mit Buonagiunta.</div><div>25 &nbsp;&nbsp;&nbsp;Statius' Belehrung &uuml;ber <i>K&ouml;rper und Seele; </i></div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; die Flammen des <i>siebenten Kreises <b>Wollust</b>.</i></div><div>26&nbsp;&nbsp;&nbsp; Gespr&auml;ch mit Guinicelli und Arnaut (Troubadour) </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dante spricht den Letzteren an in der provencalischen Sprache.</div><div>27&nbsp;&nbsp;&nbsp; <b><i>Dante schreitet durch die Flammen</i></b><i>. </i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Kr&ouml;nung durch Virgil mit der Kaiserkrone</i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; und mit der p&auml;pstlichen Mitra.</i></div><div>28&nbsp;&nbsp;&nbsp; Das <i>irdische Paradies; Matelda; Lethe und Eunoe.</i></div><div>29&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Allegorischer Festzug.</i></div><div>30&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Beatrice auf dem Wagen vom Greifen gezogen. </i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Virgil ist verschwunden. Beatrices Strafrede.</i></div><div>31&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Dantes Erniedrigung. </i>Untertauchung in der <b>Lethe</b>. </div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dante schaut Beatrices Antlitz.</i></div><div>32&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Der Paradiesesbaum. Apokalyptische Bilder. </i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Riese (Franz&ouml;sischer K&ouml;nig) und Hure<b> </b>(Papsttum).</i></div><div>33&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Beatrices Prophetie des DXV </i>Trunk aus der '''Eunoe'''. </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Aufstieg zum Himmel (Paradiso).</div>
</td></tr></table>
 
 
Jedem [[Einweihungsweg]] muss eine gründliche [[Läuterung]], eine [[Katharsis]], vorangehen, durch die sich der Mensch von jenen seelischen Schwerekräften befreit, die ihn an das nur irdische Dasein fesseln. Dante macht diese Reinigung beim Aufstieg auf den Läuterungsberg durch. Auf sieben Stufen wird die Seele von den 7 [[Hauptsünden]] befreit.
 
Anschließend an die Läuterung muss Dante die für jede [[Einweihung]] typischen [[Proben]] bestehen, wie sie Rudolf Steiner auch in «[[Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?]]» schildert:
 
====Feuerprobe====
[[Bild:Dante_Fire.jpg|thumb|300px|William Blake, Dante betritt das Feuer]]
Ein strahlende Engel lädt Dante ein, die Flammenwand zu durchschreiten. Das geistige Feuer "verbrennt" den Schleier der sinnlichen Welt und die geistigen Urbilder der äußeren Welt leuchten für den imaginativen Blick auf. Das ist eben nur möglich, wenn zuvor auch die letzten Reste der sinnlichen Begierde abgestreift wurden – denn eben diese webt den Sinnesschleier.
 
Man muss aber auch verstehen lernen, was man sieht. Zur [[Imagination]] tritt die [[Inspiration]] hinzu. Man lernt die Stimmen der geistigen Welt zu vernehmen. Angesichts der lodernden Feuerwand vernimmt Dante die Worte des Engels:
 
<center>
{|
|-
| <poem>{{Zeile|7}} Er sang am Felsrand, außerhalb der Lohe:
„Beglückt, die reines Herzens sind!“ – und mehr<ref>[8. Passender Gesang beim Austritt aus dem ''siebenten'' Kreise und damit aus ''dem Fegefeuer überhaupt.'']</ref>
Als menschlich war sein Ton, der mächt’ge, frohe.
{{Zeile|10}} Drauf: „Weiter nicht, ihr Heil’gen, bis vorher
Die Glut euch nagte! Tretet in die Flammen,
Und seid nicht taub dem Sang von dortenher!“
{{Zeile|13}} Dies Wort ertönte jetzt, da wir zusammen
Uns ihm genaht, so schrecklich in mein Ohr,
Als hört’ ich mich zum schwersten Tod verdammen.
{{Zeile|16}} Ich sank auf die gefalt’nen Hände vor,<ref>16. Durch obige Verse wird zugleich das Vorbeugen des Oberleibes und das Vorstrecken der gefalteten Hände höchst plastisch ausgedrückt, eine Geberde der Angst und der ablehnenden Bitte.</Ref>
Ins Feuer schauend, – wen ich brennen sehen,
Deß Bild stieg itzt vor meinem Geist empor.
                                  (Purgatorio 27,7-18)</poem>
|}
</center>
 
Die Inspiration zu erleben, ist gleichbedeutend damit, dass man lernt die [[okkulte Schrift]] zu lesen. Das ist gleichsam die Gebärdensprache der geistigen Welt. Es sind keine ausgedachten Symbole, sondern diese geistige Schrift entspricht genau den Kräften, die in der geistigen Welt wirksam sind. In dieser geistigen Zeichensprache kann man die geistige Welt viel unmittelbarer erfassen und beschrieben als in sinnlichen Gleichnissen – das ganze imaginative Erleben, das bis dahin ein bildhaftes, aber sinnlich-bildhaftes Erleben war, ändert und vertieft sich dadurch.
 
Nachdem Dante durch das Feuer geschritten ist, empfängt ihn Beatrice. Sie erscheint, zunächst noch verschleiert, auf einem ''Siegeswagen'' der von einem [[Greif]] gezogen wird. Sie trägt einen weißen Schleier und einen Kranz aus einem Olivenzweig und um das Kleid, das wie Feuer scheint, hat sie einen grünen Mantel umgeschlagen. Sie gibt sich als Beatrice zu erkennen und richtet mahnende Worte an Dante. Ehe er aus dem Fluss der [[Lethe]] trinken dürfe, müsse er noch vollkommene Reue zeigen:
 
{|align="center"
|-
| <poem>{{Zeile|142}} Nicht wär’s, wie sich’s nach ew’gem Rath gebührt,
Wenn er durch Lethe ging’ und sie genösse,
Und nicht vorher, bußfertig und gerührt
{{Zeile|145}} In Reuezähren seine Schuld ergösse.“
                            (Purgatorio 30,142-145)</poem>
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Dann erst darf ihn [[Matelda]] mit den Wassern der Lethe tränken. Matelda entspricht der [[Göttin Natura]], die in noch viel umfangreicherer Form von den großen Lehrern der [[Schule von Chartres]] besungen wurde, und ist eng verbunden mit den aus dem [[Weltenäther]] strömenden [[Lebenskräfte]]n und auch mit dem [[Ätherleib]] des [[Mensch]]en, der der eigentliche [[Gedächtnis]]-Träger ist. Sie steht darum auch in enger Beziehung zum [[Ätherleib]] des [[Mensch]]en, wohingegen [[Beatrice]], die Dante durch das [[Paradiso]] führt, mit dem geläuterten und zum [[Geistselbst]] verwandelten [[Astralleib]] zusammenhängt, der in der [[christlich]]en [[esoterisch]]en Terminologie auch als [[Jungfrau Sophia]] bezeichnet wird. In der Göttin Natura lebte in [[christlich]] erneuerter Form der [[Persephone-Mythos]] fort.
 
Der [[Trunk des Vergessens]] aus den Fluten der [[Lethe]] befreit Dante von den leidvollen [[Erinnerung]]en an seine [[Sünde]]n im vorangegangenen Erdenleben (31. Gesang). Dann trinkt er aus der [[Eunoë]] (33. Gesang), die ihm das geistige Leben, das ihm im irdischen Dasein wie erstorben schien, neu belebt, wie es auch der dritte Teil des [[Rosenkreuzerspruch]]es andeutet: „Per spiritum sanctum reviviscimus“ (''Durch den [[Heiliger Geist|Heiligen Geist]] werden wir neu belebt'').
 
====Wasserprobe====
Durch diese Probe muss sich beweisen, ob man sich, wenn die Stütze der äußeren sinnlichen Welt weggefallen ist, frei und sicher in der geistigen Welt bewegen kann. Dazu gehört sichere eigenständige [[Urteilskraft]] im [[Denken]], Selbstbeherrschung im Empfinden und Initiativkraft im Wollen (man nimmt freiwillig ernste Verpflichtungen auf sich, zu denen es keinen äußeren Anstoß gibt). Nur so kann man von der Sinneswelt, die einen sicher trägt, zum bewussten Erleben der unaufhaltsam strömenden Ätherwelt übertreten. Man betritt dann wie Dante die ätherische Welt des "irdischen Paradieses" und man lernt wie er die beiden Ströme [[Lethe]] und [[Eunoë]] kennen. Man tritt in jenen paradiesischen Zustand über, in dem der Mensch war, ehe er sich in dichten stofflichen Leibern verkörperte – und in den er künftig in verwandelter Form wieder übertreten wird.
 
====Luftprobe====
Hier muss man nun absolute Geistesgegenwart entwickeln. Es darf kein Zögern und kein Zweifeln mehr geben. Man muss sich ganz sicher und fest auf sich selbst stützen. Man agiert nun ganz selbstständig aus seinem höheren Selbst. Man darf sich nicht verlieren. Das heißt aber auch, dass man seine geistigen Fähigkeiten jederzeit ganz präzise einschätzen muss. Man muss nicht im absoluten Sinne vollkommen sein, dazu bedarf es noch eines weiten Weges – aber man muss sich ganz schonungslos seines eigenen Wertes und auch seines Unwertes bewusst werden. Man muss – um bei Dantes Bild zu bleiben – die Strafpredigt [[Beatrice]]s über sich ergehen lassen.
 
====[[Lethe#Der Trunk des Vergessens|Der Trunk des Vergessens]]====
[[Bild:Beatrice_Lethe.jpg|thumb|400px|[[Wikipedia:Sandro Botticelli|Sandro Botticelli]]: Beatrice am Lethefluss]]
[[File:Cristobal Rojas 25a.JPG|mini|400px|[[Wikipedia:Cristobal Rojas|Cristobal Rojas]]: Dante und Beatrice am Lethe-Fluss (1889)]]
Hat man diese Proben bestanden, darf man in den Strom der [[Lethe]] tauchen und aus ihren Fluten trinken. Die [[Erinnerung]] an alte Schuld, die hier nur mehr hemmend wäre, wird ausgelöscht. Überhaupt wird das ganze herkömmliche [[Gedächtnis]] beiseite gestellt – es darf sich keine Erinnerung, nichts im Leben Erfahrenes oder Erlerntes, störend in die geistige Erkenntnis einmischen, die nur mehr aus der unmittelbaren Geistesgegenwart schöpfen darf.
 
====Der Gedächtnistrank====
Noch ein zweiter «Trank» wird dem [[Eingeweihter|Eingeweihten]] gereicht – der [[Gedächtnistrank]]. Durch ihn sind ihm die höheren Geheimnisse und vor allem auch das genaue Bewusstsein für das Maß der eigenen Kräfte ständig lebendig gegenwärtig. Dazu würde das gewöhnliche Gedächtnis nicht ausreichen. Man ist jetzt unmittelbar mit den geistigen Welten verbunden und handelt aus ihrem lebendigen Anschauen. Man muss darüber nicht mehr nachdenken, das Handeln aus dem Geistigen heraus ist einem zur zweiten Natur geworden.
 
====Die Auferstehungsfrage====
Je weiter Dante den Läuterungsberg hinansteigt, desto mehr wird ihm zur Frage, wieso die Toten überhaupt als geschlossene Gestalt erscheinen können. Angesichts derer, die für ihre Gier hier zur Buße magern müssen fragt er:
 
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{| valign="top"
|-
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<poem>{{Zeile|20}} &nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;... Wie wird man hier so mager,
Hier, wo kein Leib ist, welchen Speis erhält?
                                      (Purgatorio 25,20-21)</poem>
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Von Statius ([[Wikipedia:Publius Papinius Statius|Publius Papinius Statius]], ca. 45 - 96 n. Chr.), dem römischen Dichter, wird er nun über das Verhältnis von Seele und Leib und über die Bildung der menschlichen Gestalt belehrt:
 
<center>
{| width="800px"
|-
| valign="top"|<poem>{{Zeile|37}} Das reinste Blut, das von den Adern nie<ref>37 ff. Die Zeugungs''kraft'' wird, nach der Theorie des Dichters, im Herzen dem reinsten vollkommensten Blute mitgetheilt, dessen der Körper nicht, wie des andern Bluts, zu seiner eigenen Erhaltung bedarf, das vielmehr unvermischt mit dem andern, durch den weitern Kreislauf noch mehr verkocht (<tt>digesto</tt>), durch die Adern den dazu bestimmten Behältern, welche die Scham zu nennen verbietet, zugeführt wird.</ref>
Getrunken wird, vergleichbar einer Speise,
Die über den Bedarf Natur verlieh,
{{Zeile|40}} Empfängt im Herzen wunderbarer Weise
Die Bildungskraft für menschliche Gestalt,
Geht dann mit dieser durch der Adern Kreise,
{{Zeile|43}} Noch mehr verkocht, zu einem Aufenthalt,
Den man nicht nennt, von wo’s zu ander’m Blute<ref>[44. „Zum andern Blute.“ Auch das weibliche Ei ist ein Extract aus dem Blut.]</ref>
{{Zeile|46}} Daß beides zum Gebild zusammenfluthe,<ref>46. Thätig wird das männliche Blut durch die im ''Herzen'' empfangene Bildungskraft.</ref>
Ist leidend ''dies'', und thätig ''das'', vom Ort,
In dem die hohe Bildungskraft beruhte.
{{Zeile|49}} Drin angelangt, beginnt’s sein Wirken dort;
Geronnen erst, erzeugt es junges Leben
Und schreitet in des Stoffs Verdichtung fort.
{{Zeile|52}} ''Es wird die Seel’'' aus thät’ger Kräfte Streben,<ref>[52 ff. Die ''Grundtendenz'' der Dante’schen Darlegung ist: eine Zersplitterung der Seele in eine bloße Mehrheit von Kräften – („die dreifache Seele“ Fegf. 4. 1 ff.) abzuweisen und der Seele ihre ''Einheit'', ihre ''stufenweise'', einheitliche Voll-Entwicklung mit ihrem ''göttlichen Ursprung'' und ewigen substanziellen ''Geistesgehalt'' zu retten. Dies geschieht durch eine Verschmelzung des ''Traduzianismus'' und ''Creatinismus''. –: Der Mensch hat allerdings zuerst ein rein ''vegetatives'' Leben, V. 53. Aber während die Pflanze dabei stehen bleibt, so entfaltet sich das Leben des Ungeborenen jetzt erst recht weiter zur Bewegung und Empfindung, V. 54 ff. (''sensitive'' oder Thierseele, V. 61). Der Uebergang von Einem zum Anderen geschieht durch den Zustand des Pflanzenthiers als Mittelglied V. 56 (Meerschwamm). Endlich, nach erfolger Entwickelung der menschlichen ''Gestalt'' (V. 58 ff.), vereint sich, durch einen unmittelbaren Schöpferact Gottes, der Geist von oben, wie die Sonne sich dem Rebensaft vermählt, mit dem Gegebenen zur vollkommenen (nach Parad. 32, 64 jedesmal individuell bestimmten) Menschenseele – rationelle oder ''intellective'' Seele – deren Hauptfunction das Kreisen in sich selber, das persönliche Selbstbewußtsein, ist, V. 61, 72–78. – Bis auf das Letzte, was der Philosophie, beziehungsweise dem Glauben angehört, finden wir also den Dichter, mit der Scholastik, schon ganz in Uebereinstimmung mit der neueren Physiologie.]</ref>
Wie die der Pflanze, die nur still’ schon steht,
Wenn jene kaum beginnt, sich zu erheben.
{{Zeile|55}} ''Bewegung'' zeigt sich dann, Gefühl entsteht,
Wie in dem Schwamm des Meers, und zu entfalten
Beginnt die thät’ge Kraft, was sie gesä’t.
{{Zeile|58}} Wie nun des Herzens Zeugungskräfte walten,
Wird ausgedehnt die Frucht, geschwellt, entwirrt,
So, daß ''die Glieder'' sämmtlich sich gestalten.
{{Zeile|61}} Doch, Sohn, wie nun das Thier zum Menschen wird,
Noch siehst du’s nicht, und dies ist eine Lehre,
Worin ein Weiserer als du, geirrt.<ref>[63. Polemik gegen ''Averrhoës'', den großen, arabischen Erklärer des Aristoteles, der aus des Letzteren Schriften eine, der Auffassung Dante’s entgegenstehende Ansicht entwickelt hatte, welche schon merkwürdige Aehnlichkeit mit gewissen, modernen Anschauungen hat. Nemlich die, daß dem Menschen Vernunft und Geist (<tt>„intellectus possibilis“ „il possibile intelletto“</tt>) nur dadurch werde, daß ein „universeller Intellect“ auf Lebensdauer mit dem Kind eine, an kein besonderes Organ gebundene und daher mit dem Tod erlöschende, Verbindung eingehe. Es gebe also keine persönliche Unsterblichkeit. – An dieser Polemik schließt sich dann eben die weitere Entwicklung Dante’s in Betreff ''des Todes'' und des ''Zustandes nach dem Tod'' in V. 79 –108 wie folgt:]</ref>
{{Zeile|64}} Er war der Meinung, von der Seele wäre
Gesondert die Vernunft, weil kein Organ
Die Aeußerung der letztern uns erkläre.
{{Zeile|67}} Jetzt sei dein Herz der Wahrheit aufgethan,
Damit dein Geist, was folgen wird, bemerke!
Wenn Bildung das Gehirn der Frucht empfahn,
{{Zeile|70}} Kehrt, froh ob der Natur kunstvollem Werke,
Zu ihr ''der Schöpfer'' sich, und ''haucht den Geist'',
''Den neuen Geist ihr ein, von solcher Stärke'',</poem>
| valign="top"| <poem>{{Zeile|73}} Daß er, was thätig dort ist, an sich reißt,
''Und mit ihm sich vereint zu Einer Seele'',
Die lebt und fühlt und in sich selber kreist.
{{Zeile|76}} Und daß dir’s nicht an hellerm Lichte fehle,
So denke nur, wie sich zum edlen Wein
Die Sonnenglut dem Rebensaft vermähle.
{{Zeile|79}} Gebricht es dann der Lachesis an Lein,<ref>[79–108. Nicht eine Auflösung ins Nichts ist der Tod, wenn die Parze „des Leins entbehrt“ d. h. den Lebensfaden abschneidet. Sondern die (solchergestalt entstandene) Seele löst sich nun vom Fleisch, „den Verein von Göttlichem und Menschlichem ''im Keime'' mit sich nehmend,“ V. 79–81. Indem nemlich jetzt die niederen Kräfte („die Accidenzien des Körpers“) ohne das Organ des Leibes verstummt und latent in ihr sind, treten die ihr eigenen Accidenzien, nemlich ''Intellect, Wille'' und ''Gedächtniß'', um so schärfer hervor, da diese ohne ein fleischliches Medium viel besser wirken können V. 82–84 (cfr. Paulus, 1 Cor. 13, 12 „erkennen, wie ich erkannt bin“) Nachdem nun die Seele, gemäß Gottes Richterspruch V. 31, an einem der beiden Ufer des Acheron oder des Tiber niedergesunken und von dort wieder an dem {{Seite|340}} ihr beschiedenen Orte der Hölle oder des Fegefeuers angekommen ist, so erfaßt sie, die ihr eigene Bildungskraft ausstrahlend, die ''umgebende Luft'', um derselben, wie einst den irdischen Stoffen des Erdenleibs, ihr Bildniß einzuprägen, V. 85–96. Dies ist der ''Schattenleib'', welcher also die bewegliche Form des geschiedenen Geistes und das Organ der, in ihm nun aufs Neue hervortretenden, niederen und höheren Accidenzien ist. Daher ihm jeder Sinn, sogar Sehen und Gesehenwerden, und Begehren, Wollen, Erinnern, Lust und Schmerz zu äußern gegeben ist, nach Maßgabe der in ihm waltenden Seelenkraft V. 97–108. Mit diesem Satze ist Dante an dem in V. 20 ff. postulirten Ende seiner Darlegung. Im Uebrigen weiß der Leser aus früheren Stellen, daß der Schattenleib nur ein intermistischer ist und am jüngsten Gericht alle Seelen ihren Erdenleib in verklärter oder ewig finsterer Gestalt wieder anziehen werden.]</ref>
Dann trägt ''im Keim'' sie aus des Leibes Hülle
Des Menschlichen und Göttlichen Verein;
{{Zeile|82}} Und wenn die andern Kräfte stumm und stille,
''Bleibt'', schärfer als vorher, in Macht und That
''Erinnerung'' jetzt, ''Verstandeskraft'' und ''Wille''.
{{Zeile|85}} Und ohne Säumen fällt sie am Gestad’,
''Dem oder jenem'', wunderbarlich nieder,
Und hier erkennt sie erst den weitern Pfad.
{{Zeile|88}} Ist sie nun am bestimmten Orte wieder,
So strahlt die Bildungskraft rings um sie her,
Und wirkt, wie einst, durch die lebend’gen Glieder.
{{Zeile|91}} Und wie die Luft, vom Regen feucht und schwer,
Sich glänzend schmückt mit buntem Farbenbogen
Im Wiederglanz vom Sonnen-Feuermeer;
{{Zeile|94}} So jetzt die Lüfte, so die Seel’ umwogen,
Worein die Bildungskraft ein Bildniß prägt,
Sobald die Seel’ an jenen Strand gezogen.
{{Zeile|97}} ''Und gleich der Flamme, die sich nachbewegt'',
''Wo irgend hin des Feuers Pfade gehen'',
''So folgt die Form, wohin der Geist sie trägt''.
{{Zeile|100}} Sieh daher die Erscheinung dann entstehen,
Die Schatten heißt; so bildet sich in ihr
Auch ''jeder Sinn'' mit Inbegriff vom Sehen.
{{Zeile|103}} Und daher sprechen, daher lachen wir,
Und daher weinen wir die bittern Zähren
Und seufzen laut auf unserm Berge hier.
{{Zeile|106}} Der Schatten drückt sich’s aus, je wie Begehren
Und Leidenschaft uns reizt und Lust und Gram;
Dies mag dir, was du angestaunt, erklären.“
                                  (Purgatorium 25,37-108)</poem>
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</center>
 
In der Blutswärme lebt die Willenskraft des Ich. Mit dem Blut strömen die Bildekräfte, die die menschliche Gestalt formen. Das geistige Feuer, die innige Seelenwärme, die strömende ätherische Wärme und die äußere Wärme durchdringen sich so sehr, dass Leib, Seele und Geist nahezu untrennbar ineinander verschlungen werden. Wären die Hüllenglieder des Menschen nicht durch den Sündenfall und seine Folgen korrumpiert, würden wir die Formkräfte, die die menschliche Gestalt bilden, unmittelbar in das geistige Dasein mitnehmen. Durch den Einfluss der luziferischen und ahrimanischen Widersacher haben sich aber immer mehr Kräfte der Finsternis und Kälte unseren Wesensglieder einverwoben. Sie können nicht in das höhere geistige Dasein mitgehen und müssen ausgeschieden werden.
 
===Paradiso===
====Übersicht====
[[File:Dante and Beatrice (Osterely).jpg|thumb|250px|Carl Wilhelm Friederich Oesterly: Dante und Beatrice]]
[[File:Christiansen Dante and Beatrice in Paradise 1893.jpg|thumb|250px|Poul S. Christiansen, Dante und Beatrice im Paradies, 1835]]
<table align="center"><tr><td>
<div>1&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Anruf an Apollon. </i>Aufstieg durch die Feuersph&auml;re zur Mondsph&auml;re.</div><div>2&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>[[Mondsph&auml;re]]. Belehrung &uuml;ber die finsteren Stellen auf der Mondfl&auml;che.</i></div><div>3&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Niedrigste Form der Seligkeit. Piccarda. Gel&uuml;bde.</div><div>4&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Zusammenhang der Seelen mit den Sternen (Plato) &uuml;ber gebrochene Gel&uuml;bde.</div><div>5&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>[[Merkursph&auml;re]]</i> Die Ehrgeizigen im edelen Sinne.</div><div>6&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Kaiser Justinian. <i>Geschichte Roms.</i></div><div><i>7&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; </i>Lehre der Erl&ouml;sung <i>,Nella Fiamma d'Amor'.</i></div><div>8&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>[[Venussph&auml;re]] </i>Diejenigen die viel geliebt haben. Karl Martell.</div><div>9&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Cunizza; Folco von Marseille (Minnes&auml;nger).</div><div>10&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>[[Sonnensph&auml;re]]. Kreis von Lichtern: die Weisen. S. Thomas von Aquino Reigen.</i></div><div>11&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Lobrede &uuml;ber S. Franziscus von Assisi durch S. Thomas.</i></div><div>12&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Zweiter Lichtkreis. S. Bonaventura lobt und preist S. Dominicas.</i></div><div>13&nbsp;&nbsp;&nbsp; Reigen der 24 Lichter. Thomas belehrt Dante &uuml;ber Adam und Christus, </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; &uuml;ber die Sch&ouml;pfung.</div><div>14&nbsp;&nbsp;&nbsp; K&ouml;nig Salomon spricht &uuml;ber den Auferstehungsleib. </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dritter Lichtkreis. Aufstieg zur <i>[[Marssph&auml;re]]; </i>Kreuz.</div><div>15&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Dantes Vorfahr Cacciaguida.</i></div><div>16&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Cacciaguidas Bild der alten Stadt Florenz.</i></div><div>17&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Prophetie Cacciaguidas &uuml;ber Dantes Schicksal.</i></div><div>18&nbsp;&nbsp;&nbsp; Aufstieg zur <i>[[Jupitersph&auml;re]]. </i>Gerechte F&uuml;rsten.</div><div>19&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Der Adler der gerechten Seelen. Gerechtigkeit Gottes.</i></div><div>20&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>G&ouml;ttlicher Gnade; Trajanus. Ripheus.</i></div><div>21&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>[[Saturnsph&auml;re]] </i>Die kontemplativen Seelen. Himmelleiter. Schallender Ruf.</div><div>22&nbsp;&nbsp;&nbsp; Erkl&auml;rung des Rufes: Erniedrigung des Bonifacius VIII durch Frankreich. </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; S. Benedictus. </div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; [[Tierkreis|Sph&auml;re der Fixsterne]]. </i>Dante in seinem Sternbild: Zwillinge.</div><div>23&nbsp;&nbsp;&nbsp; Erscheinung Christi und Mariae.</div><div>24&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Petrus. Frage &uuml;ber den Glauben. Dantes Credo.</i></div><div>25&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Jacobus Frage &uuml;ber die Hoffnung. </i>Johannes. Dante erblindet.</div><div>26&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Johannes Frage &uuml;ber die Liebe. </i>Dante wird wieder sehend. Gespr&auml;ch mit Adam.</div><div>27&nbsp;&nbsp;&nbsp; Bu&szlig;rede Petri gegen die Entartung der Kirche. <i>[[Primum Mobile]].</i></div><div>28&nbsp;&nbsp;&nbsp; Im [[Kristallhimmel]]. Die Engelswelt und Körperwelt in ihrer Beziehung; die Intelligenzen.</div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Belehrung: über die [[Engelshierarchie]] in neun Kreisen.</div><div>29&nbsp;&nbsp;&nbsp; Beatrices Belehrung &uuml;ber die Engel.</div><div>30&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>[[Empyreum]]. </i>Au&szlig;erhalb des Raumes und der Zeit. Das Lichtmeer. </div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Die Himmelsrose. </i>Sessel der seligen Geister.</div><div>31&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Himmelsrose. Beatrice nimmt ihren Sessel ein. </i><i>S. Bernardus von Clairvaux. </i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dantes Danksagung.</i></div><div>32&nbsp;&nbsp;&nbsp; Erkl&auml;rung der Einteilung der Himmelsrose.</div><div>33&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>S. Bernardus' Gebet an Maria. Die drei Zirkel. </i><i>Antlitz Gottes: Visio Dei.</i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dante f&uuml;hlt seinen Willen und seine Sehnsucht aufgenommen in die Liebe, </i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; die das All bewegt.</i></div>
</td></tr></table>
 
[[Datei:Dantes Himmelsspirale.jpg|thumb|300px|Dantes Himmelsspirale. Illustration zu [[Dante]]s [[Divina Commedia]] von [[Wikipedia:William Blake|William Blake]].]]
Die Liebeskraft des Christus ist es, die die düsteren Kräfte, die uns am geistigen Aufstieg im nachtodlichen Leben hindern würden, aus unseren Wesensgliedern herausreißt – und das war auch schon in vorchristlicher Zeit seit dem Sündenfall so. Diese finsteren und kalten Seelenkräfte sind es, die sich vor allem in den Erdentiefen sammeln bzw. als düstere Decke über die Erde breiten und von denen Dante in den Gesängen des Infernos und des Purgatorios spricht. Diese Kräfte sind es aber auch, die unserer Hüllennatur ihre undurchdringliche Festigkeit verleihen - allerdings auf verfehlte Weise, denn sie materialisieren unsere Hüllen zu einem sterblichen stofflichen Körper, der immer wieder dem Zerfall anheim gegeben wird, weil er sich spröde den gestaltenden geistigen Kräften widersetzt und unter deren Ansturm notwendig zerbricht. Im geistigen Leben nach dem Tode fehlen uns daher wesentliche Teile unserer Hüllennatur. Vom Astralleib fällt alles ab, was mit irdisch egoistischen Begierden durchsetzt ist. Vom Ätherleib, der der Träger des Gedächtnisses und u.a. auch der menschlichen Temperamente ist, können wir nur einen schwachen Auszug in das geistige Dasein mitnehmen. Und der physische Leib, der am meisten von der "Verstofflichung" befallen ist, wird mit dem Tode fast völlig abgestreift. Dabei ist daran zu erinnern, dass physischer Leib und stofflicher Leib nicht gleichbedeutend sind. Der physische Leib ist die nur übersinnlich erfahrbare Formgestalt des Menschen, von Rudolf Steiner auch als Phantomleib bezeichnet, die nur dadurch sinnlich sichtbar wird, dass sie sich mit irdischer Stofflichkeit erfüllt. Alles irdisch Stoffliche verfällt dem Grab, und das ist für das nachtodliche Leben kein Verlust. Aber wir verlieren eben auch wesentliche Teile unserer physischen Formgestalt – und das ist eine entscheidende Einbuße, denn gerade diese Formgestalt gibt uns jene feste Grenze, ohne die wir unser Selbstbewusstsein nicht weiterentwickeln können. Das einmal im irdischen Dasein erworbene Ichbewusstsein geht zwar nicht verloren, aber es kann im Leben nach dem Tod wegen des mangelnden Grenzerlebnisses nicht weiterentwickelt werden. Das geht erst wieder im nächsten Erdenleben. Damit der Mensch einmal aus dem Kreislauf der Wiedergeburten herauskommen und dauerhaft in ein geistigeres Leben übertreten kann, muss erstens seine Ich-Kraft gestärkt werden und zweitens seine Hüllennatur vor dem Verfall gerettet werden. Alle Verfehlungen, die wir im irdischen Leben begannen haben, schwächen unsere Ich-Kraft. In einem neuen Erdenleben können wir aber diese Fehler im Zuge des Schicksalsgeschehens selbst ausgleichen. Unsere Hüllen hingegen können wir nicht alleine aus eigener Kraft vor dem Sturz in die Finsternis bewahren. Dazu bedarf es der lichten Auferstehungskraft des Christus, die sich durch das Mysterium von Golgatha mit der Erdensphäre verbunden hat. Nur wenn wir uns mit dieser lichten Auferstehungskraft durchdringen, werden wir fähig, das strahlende Licht der geistigen Welt zu ertragen, ohne dass unser Ichbewusstsein durch ihren Glanz so überstrahlt wird, dass wir uns selbst vergessen und verlieren. In seiner Schilderung der geistigen Sonnensphäre weist Dante darauf sehr deutlich hin. Beatrice, die jetzt seine Führerin durch die geistige Welt ist, bittet die im Lichte strahlenden Geister, Dantes diesbezügliche unausgesprochene Frage zu beantworten:
 
<center>
{|
|-
| <poem>{{Zeile|10}} „Ihm thut es Noth, obwohl er’s euch nicht kund
In Worten giebt, noch läßt im Innern lesen,
Zu spähn nach einer andern Wahrheit Grund.
{{Zeile|13}} Sagt ihm, ob dieses Licht, das euer Wesen
So schön umblüht, euch ewig bleiben wird
Im selben Glanze, wie’s bis jetzt gewesen;
{{Zeile|16}} Und, bleibt’s, so sagt, damit er nimmer irrt,
Wie, wenn ihr werdet wieder sichtbar werden,<ref>17. ''Wenn ihr werdet wieder sichtbar werden'', wenn euch nach dem Weltgerichte euer Körper wieder bekleiden wird. Er setzt nämlich voraus, daß, da den Seligen mit ihrem Körper auch alle Organe desselben wieder werden verliehen werden, das Licht, welches jetzt ihre Seelen umgiebt, für ihre Augen zu blendend sein werde.</ref>
Es euren Blick nicht blendet und verwirrt.“
                                      (Paradiso 14,10-18)</poem>
|}
</center>
 
Worauf aus dem Chor der Geister die Antwort tönt:
 
<center>
{|
|-
| <poem>{{Zeile|37}} „So lang die Lust im himmlischen Gefilde,
So lange währt auch unsre Lieb’ und thut
Sich kund um uns in diesem Glanzgebilde.
{{Zeile|40}} Und ''seine Klarheit, sie entspricht der Glut'',
''Die Glut dem Schau''’n, und dies wird mehr uns frommen,
Je mehr auf uns ''die freie Gnade'' ruht.
{{Zeile|43}} Wenn wir den heil’gen Leib neu angenommen,
Wird unser Sein in höhern Gnaden stehn,
''Je mehr es wieder ganz ist und vollkommen''.
{{Zeile|46}} Drum wird sich das freiwill’ge Licht erhöhn,
Das wir vom höchsten Gut aus Huld empfangen,
Licht, welches uns befähigt, Ihn zu sehn,
{{Zeile|49}} Und höher wird zum Schau’n der Blick gelangen,
Höher die Glut sein, die dem Schau’n entglüht,
Höher der Strahl, der von ihr ausgegangen.
{{Zeile|52}} Doch wie die Kohle, der die Flamm’ entsprüht,
Sie an lebend’gem Schimmer überwindet
Und bleibt erkennbar, wie auch jene glüht;
{{Zeile|55}} So wird der Glanz, der jetzt schon uns umwindet,
Dereinst besiegt von unsres Fleisches Schein,
Wenn Gott es seiner Grabeshaft entbindet.
{{Zeile|58}} Nicht wird uns dann so heller Glanz zur Pein,
Denn stark, um alle Wonnen zu genießen,
Wird jedes Werkzeug unsers Körpers sein.“
                                      (Paradiso 14,37-60)</poem>
|}
</center>
 
==== Die Engelhierarchien ====
[[Bild:Dore_paradisio34.jpg|thumb|300px|Gustave Doré, Illustration zu Dantes Paradiso]]
[[File:Un punto vidi che raggiava.jpg|mini|300px|[[Wikipedia:John Flaxman|John Flaxman]]: ''Un punto vidi che raggiava'' (Mir strahlt’ ein Punkt, so glanzentglüht und scharf...)]]
Im 28. Gesang wird Dantes Blick für die geistigen [[Hierarchien]] eröffnet:
 
<center><table width="800px"><tr><td valign="top">
<poem>{{Zeile|13}} Ich sah jetzt ''das'' mir in die Augen dringen,
Als ich die Blicke suchend rückwärts warf,
''Was'' die erspähn, die diesen Kreis erringen.
{{Zeile|16}} Mir strahlt’ ein Punkt, so glanzentglüht und scharf,<ref>[16. ''Ein Punkt'', Gott, als die untheilbare Einheit.]</ref>
Daß nie ein Auge, das er mit dem hellen
Glutschein bestrahlt, ihm offen trotzen darf.
{{Zeile|19}} Ließ sich zu ihm das kleinste Sternlein stellen,<ref>19. Allegorisch kann das heißen: Alles, was sich Gott nähert, wird groß und erhaben, sei es auch im Raume noch so klein; denn ihm nähert man sich nur durch Glauben und durch das Gesetz der Ordnung, in welchem alle Dinge gottähnlich werden. (S. Ges. 1 V. 103.)</ref>
Ein Mond erschien’ es, könnt’ es seinem Licht,
So nah’, wie Stern dem Stern, sich beigesellen.
{{Zeile|22}} So weit, als Sonn’ und Mond ein Hof umflicht,
Vom eignen Glanz der beiden Stern’ entsprungen,
Wenn sich in dichtem Dunst ihr Schimmer bricht,
{{Zeile|25}} War um den Punkt ein Kreis, so schnell geschwungen<ref>[25–78. Auch hier sei zum leichteren Verständniß ''Sinn'' und ''Gedankenfolge der folgenden schwierigen'' Stelle zum Voraus markirt. Um zu der letzten der fortlaufenden Belehrungen des Paradieses über die Engel, ihre Hierarchie und Wirksamkeit, ihre Schöpfung und ihren Fall, zu kommen, schickt der Dichter eine Gegenüberstellung der neun Engelskreise und der neun irdischen Himmelskreise voraus. – Diese höchst sinnvolle ''Parallele der Geisterwelt und der Sinnenwelt'' bewegt sich um folgende Vergleichungs-,  bezhdl. Divergenz-Punkte: Die (ptolemäische) Ordnung der neun Himmel hat ihr ''Urbild'' in den neun Engelskreisen, V. 56. Von letzteren und ihrem göttlichen Mittelpunkt hängen jene, sammt der ganzen Natur, ab V. 41 ff. Denn ''sie'' sind, wie wir schon aus Ges. 2, 112–144, Ges. 8, 34 und Hölle 7, 74 wissen, die Intelligenzen, die Beweger jener. ''Dieses Urbild des Abbilds sieht nun D. hier'' V. ''25–39''. Und zwar gerade hier im Krystallhimmal, weil, wie wir ebenfalls wissen, von ''diesem aus'' die Wirksamkeit der Intelligenzen sich entfaltet. ''Aber'' D. ''entdeckt auch einen Widerspruch zwischen beiden'' V. 43–57. Denn sie verhalten sich in ihrer Stufenfolge nach Bewegung und Kraft gerade umgekehrt zu einander. ''Dort'' ist der geistige Mittelpunkt Gott und je ''kleiner'' und ''näher'', desto schneller und lichter sind die Kreise. ''Hier'' ist der körperliche Mittelpunkt die Erde und je ''größer'' und ''ferner'' von ihr, desto schneller und lichter sind die Kreise. ''Dieser (scheinbare) Widerspruch wird ihm jedoch gelöst durch Beatrice'' V. 58–78. Er beruht auf einem naturnothwendigen Weltgesetz, welches D. nicht weiter beweist: Die Körperwelt ist räumlich und hat im Raum zu wirken. Darum sind auch ihre unsichtbaren Kräfte an räumliche Verhältnisse geknüpft (V. 64–66) und die edelste Kraft, die „zum größten Heile“ wirken soll, strebt am Meisten nach Raum, muß also den größten Raum, gleichmäßig vertheilt, erfüllen (V. 67–69). Daher der schnellste und größte neunte Himmel, in welchem wir uns jetzt befinden, das <tt>primum mobile</tt>, eben zugleich der gotterfüllteste ist (V. 70) und in seiner Weise dem kleinsten und gottesnächsten Engelskreise entspricht (V. 71. 72). Denn bei letzteren, der körperlosen Welt, herrscht das intensive, wie dort das extensive Princip (V. 73–75). Und so besteht also kein Widerspruch, sondern ein bewundernswerthes Ineinandergreifen, vermöge dessen der größte und wichtigste Körperkreis <tt>primum mobile</tt> von dem kleinsten und gotteskräftigsten Engelkreis, der nächste kleinere (Fixstern-) Himmel von dem nächsten größeren Engelskreis – und so weiter – bewegt wird (V. 76–78).]</ref>
In reger Glut, daß er auch überwand
Den schnellsten Kreis, der rings die Welt umschlungen.
{{Zeile|28}} Und dieser war vom zweiten rings umspannt,
Um den der dritte dann, der vierte wallten,
Die dann der fünfte, dann der sechst’ umwand.
{{Zeile|31}} Drauf sah man sich den siebenten gestalten,
So weit, daß Iris halber Kreis, auch ganz,<ref>[32. D. h. der, zum ganzen Kreis vollendete, Regenbogen.]</ref>
Doch viel zu enge wär’, ihn zu enthalten.
{{Zeile|34}} Dann wand der achte sich, der neunte Kranz,
Und jeder war langsamer’n Schwungs, je weiter
Er ferne stand von jenem ''einen'' Glanz.
{{Zeile|37}} Und jedes’ Licht ist reiner ''mehr'' und heiter,
Je ''minder'' fern er ist von ''seiner'' Spur,
Und in der reinen Glut je eingeweihter.
{{Zeile|40}} Sie, die mich sehend, meinen Wunsch erfuhr,
Sprach ungefragt: „''Von diesem Punkte hangen''
''Die Himmel ab, die sämmtliche Natur''.
{{Zeile|43}} Sieh jenen Kreis, der ihn ''zunächst'' umfangen;
Das, was ihn treibt, daß er so eilig fliegt,
''Es ist der heil’gen Liebe Glutverlangen''.“<ref>[45. „Die Liebe,“ die Sehnsucht, sich dem Einen, Göttlichen zu verbinden, ist die Urbewegerin von allem. Dies ist hinlänglich bekannt aus dem ganzen Paradies. Vgl. übrigens zu Ges. 27, 106–120 und gegenwärtigen Ges. V. 100. 101.]</ref>
{{Zeile|46}} Und ich zu Ihr: „„Wäre ''die Welt'' gefügt
Nach dem Gesetz, das herrscht ''in diesen'' Kreisen,
So hätte völlig mir dein Wort genügt.
{{Zeile|49}} Doch in der Welt, ''der sichtbaren'', beweisen,
Die Schwingungen je größre Göttlichkeit,
Je ''ferner'' sie vom Mittelpunkte kreisen.
{{Zeile|52}} Drum soll in dieser ''Engels-Herrlichkeit'',
Im Tempel, den nur Lieb’ und Licht umschränken,
Ich ruhig sein, von jedem Wunsch befreit,
{{Zeile|55}} So sprich: Wie kommt’s – ich kann mir’s nicht erdenken –
Daß Abbild sich und Urbild nicht entspricht
Und andere Gesetze beide lenken?““
{{Zeile|58}} „Genügt dein Finger solchem Knoten nicht,
So ist’s kein Wunder; weil ihn zu entstricken
Niemand versuchte, ward er fest und dicht.“
{{Zeile|61}} Sie sprach’s, und dann: „Nimm, um dich zu erquicken,
Das, was ich dir verkünden werd’; allein
Betracht’ es ganz genau mit scharfen Blicken.
{{Zeile|64}} Ein Körperkreis muß weiter, enger sein,
Je wie die Kraft, die sich durch seine Theile
Gleichmäßig ausdehnt, groß ist oder klein.
{{Zeile|67}} Die größre Güte wirkt zu größerm Heile,
Und größres Heil füllt größeres Gebiet,
Ward jeder Gegend gleiche Kraft zu Theile.
{{Zeile|70}} Der Kreis drum, der das Weltall mit sich zieht,
In seinem Schwung, entspricht in seiner Weise
Dem, der am meisten liebt, am tiefsten sieht.
{{Zeile|73}} Darum, wenn du dein Maß dem ''innern Preise'',
Und nicht dem ''äußern Umfang'' angelegt,
Von dem, was dort erscheint, wie runde Kreise,</poem></td><td valign="top"><poem>
{{Zeile|76}} So wirst du, zur Bewunderung erregt,
Das Mehr und Minder sich entsprechen sehn
In jedem Kreis, und dem, was ihn bewegt.“ –
{{Zeile|79}} Wie rein das Blau erglänzt aus Aethershöhen,
Wenn Boreas Luft aus jener Backe stößt,<ref>[80 ff. Der klärende Nordost.]</ref>
Aus der gelinder seine Hauche wehen,
{{Zeile|82}} So, daß vom Dunst gereinigt und gelöst,
Der ihn getrübt, in seinen weiten Auen
Der Himmel lächelnd jeden Reiz entblößt;
{{Zeile|85}} So ward mir jetzt beim Worte meiner Frauen,<ref>85. ''Meiner Frauen'', für: meiner Herrin. Man möge jene Form, die ohnehin nicht ungewöhnlich ist, z. B. das Kloster unserer lieben Frauen, zu gut halten.</ref>
Denn dieses ließ die Wahrheit mich so klar,
Wie einen Stern am reinen Himmel schauen.
{{Zeile|88}} Und als ihr heil’ges Wort beendet war,
Da stellten anders nicht, als siedend Eisen,
Sich jene Kreise, Funkend sprühend, dar.
{{Zeile|91}} Die Funken folgten den entflammten Kreisen
In größrer Meng’, als durch Verdoppelung
Schachfelder sich vertausendfacht erweisen.<ref>[93. Man kennt die Geschichte, wornach der Erfinder des Schachspiels von seinem Fürsten so viele Getreidekörner zum Lohn forderte, als herauskämen, wenn man auf das erste Feld des Bretts ein Korn und auf jedes weitere immer doppelt soviele legen würde, als auf das vorangegangene. Der König lachte ob der Kleinigkeit, bis ihm der Andere nachwies, daß die ungeheuerste Zahl von vielen Billionen und mehr herauskomme.]</ref>
{{Zeile|94}} Dem festen Punkt, der sie ohn’ Aenderung
Dort, wo er sie erhält, auch wird erhalten,
Scholl Lobgesang aus dieser Kreise Schwung.
{{Zeile|97}} „Zwei Kreise sieh dem Punkt zunächst sich halten,“<ref>[97. Die Hierarchie der Engel im Einzelnen, wie sie im Folgenden dargestellt wird, ist, nächst den Stellen Ephes. 1, 21, Col. 1, 16, dem Pseudo-Dionysius (Areopagita), V. 115 ff., speziell seinem Buch <tt>„de coelesti hierarchia“</tt> entnommen.]</ref>
Sie sprach’s, stets wissend, was mein Geist ersinnt,
„Und ''Seraphim'' und ''Cherubim'' drin walten.
{{Zeile|100}} Sie folgen ihren Fesseln so geschwind,<ref>[100 ff. Vgl. zu 45. „Ihre Fesseln,“ die Bande der ''Liebe'', die sie ewig in Gottes Nähe fesselt, aber auch ewig umschwingt, um sich Ihm immer näher zu verbinden – was sie nach dem Maß ihres Schauens erreichen. Denn, V. 109 ff., je mehr wir Gott erkennen, desto mehr lieben wir ihn. – Darum ist ja durch’s ganze Paradies das „Schauen Gottes“ die Seligkeit, die der Mensch erringen soll, wie sie der Engel schon hat. Und gleichwie unter den seligen Seelen Stufen des Schauens sind – vgl. Vorbem. S. 398 und zu Parad. 3, 49; 4, 19 – so unter den seligen Engeln.]</ref>
So viel sie können, Ihm sich anzuschließen,
Und können’s, wie sie hoch im Schauen sind.
{{Zeile|103}} Die Gluten drauf, die diese rings umfließen,
Die ''Throne'' sind’s, von Gottes Angesicht
Benannt, weil sie die erste Dreizahl schließen.
{{Zeile|106}} So groß ist Aller Wonn’, als ihr Gesicht,
Tief in die ew’ge Wahrheit eingedrungen,
Die alle Geister stillt mit ihrem Licht.
{{Zeile|109}} Durch Schau’n wird also Seligkeit errungen,
Nicht durch die Liebe, denn sie folgt erst dann,
Wenn sie dem Schau’n, wie ihrem Quell, entsprungen.
{{Zeile|112}} Und das Verdienst, das durch die Gnade man
Und Willensgüt’ erwirbt, ist Maß dem Schauen.
So steiget man von Grad zu Grad hinan.
{{Zeile|115}} Die andre Dreizahl, die in diesen Auen
Des ew’gen Lenzes blüht, und welcher nie
Das Laub entfällt bei nächt’gen Widders Grauen,<ref>117. Im Frühlinge geht die Sonne im Widder auf und unter, bewegt sich also mit ihm durch den Himmel und macht ihn unsichtbar. Im Herbste dagegen ist er des Nachts über dem Horizonte. Der Sinn ist: in der Wonne, die hier blüht, ist kein Wechsel.</ref>
{{Zeile|118}} Singt ewig in dreifacher Melodie
Hosiannasang in dreien sel’gen Schaaren,
Und also Eins aus Dreien bilden sie.
{{Zeile|121}} ''Herrschaften'' sind’s, die erst sich offenbaren,
Sodann die ''Kräfte'' sind im zweiten Kranz,
Im dritten sind die ''Mächte'' zu gewahren.
{{Zeile|124}} Die ''Fürstenthümer'' sieh zunächst im Tanz,
Dann die ''Erzengel'' ihre Lieb’ erproben;
Den letzten Kreis füllt ''Engelsfeier'' ganz.<ref>126. ''Engelsfeier'', im Ital.: <tt>angelici ludi</tt>, die untergeordnetsten, durch keine besondere Benennung ausgezeichneten Engel.</ref>
{{Zeile|127}} Die Ordnungen ''schau''’n ''allesammt nach oben'';<ref>[127 ff. Vgl. oben zu V. 25–76, Ges. 27, zu V. 106–120, Ges. 2, 112–144.]</ref>
''Nach unten wirken sie'', was lebt mit sich
Zu Gott erhebend und zu ihm erhoben;
{{Zeile|130}} Und Dionysius rang so brünstiglich,
Damit sein Blick die Ordnungen betrachte,
Daß er sie nannt’ und unterschied wie ich.
{{Zeile|133}} Wahr ist es, daß Gregorius anders dachte,<ref>133. Der heilige Gregor ordnete die Engel etwas anders, indem er an die Stelle der ''Throne'' die ''Mächte'' u. s. w. setzte.</ref>
Doch er belächelte dann seinen Wahn,
Sobald er erst in diesem Reich erwachte.
{{Zeile|136}} Hat solch Geheimniß kund ein Mensch gethan,
So staune nicht; von Ihm, der Alles schaute,
Hatt’ er davon auf Erden Kund’ empfahn,
{{Zeile|139}} Der sonst auch viel vom Himmel ihm vertraute.“
                                  (Paradiso 28)</poem>
</td></tr></table></center>
 
Die durchlichte Liebeswärme, die der Christus in die Erdenwelt ergossen hat, entreißt den Widersachen die geraubten Teile unserer Wesenshüllen, die durch die "Sünde" korrumpiert sind. Der Christus hat diese Sünden, die substantiell die den Widersachern verfallenen Teile unserer Wesenshüllen sind, auf sich genommen und geheilt. Das ist die eigentliche Bedeutung der Worte Johannes des Täufers: "Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!" (Joh 1,29) Die von den Sünden gereinigte, von Liebeskraft durchdrungene Hüllennatur hält dem geistigen Licht bis in die höchsten Höhen stand. Die Begnadung durch das höchste Geistige kann dann der Mensch ertragen, und sich selbst als eigenständiges Bild des Göttlichen erfassen:
 
[[File:Dell' alto lume parvemi a.jpg|miniatur|300px|[[Wikipedia:John Flaxman|John Flaxman]]: '' De l'alto lume parvemi tre giri, <br>Di tre colori e d'una continenza...'' (Im tiefsten Schooß vom lichten Strahlenschein<br>Schienen drei Kreise schimmernd mir zu sehen ...) Paradiso 33]]
 
<center>
{| width="800px" |
|-
| valign="top"| <poem>
{{Zeile|115}} Im tiefsten Schooß vom lichten Strahlenschein
Schienen ''drei Kreise'' schimmernd mir zu sehen,
''Drei''farbig und an Umfang ''eins'' zu sein.
{{Zeile|118}} Wie Iris von der Iris glänzt, so ''zween''
Im Wiederschein; der ''dritt’'', als Gluth und Licht
Schien’ er ''gleichförmig beiden'' zu entwehen.
{{Zeile|121}} Für meine ''Vorstellung'' des Worts Bericht,<ref>[121–123. Wie schon ähnlich V. 68, 74, 90, erinnert hier D. nochmals daran, daß sein Ausdruck der Darstellung seiner ''Gedanken'', seiner ''Vorstellung'' des Geschauten nicht genüge, noch viel weniger seiner vollen Schau selber, gegen welche die zurückgebliebene Vorstellung selbst arm und winzig sei.]</ref>
Er ist zu arm! Und nehm’ ich, was beschieden
Mir war zu seh’n, wie arm ist ''diese'' nicht!
{{Zeile|124}} O ew’ges Licht, du, in dir selbst im Frieden,<ref>[124–144. Hier erfolgt weiterhin die Enthüllung des letzten und tiefsten Geheimnisses innerhalb der Trinität: ''der Menschwerdung''. D. recapitulirt zuerst das Verhältniß der drei Personen V. 124–126: Der Vater ist das in und auf sich selbst ruhende Licht; sich selbst erkennend zeugt er den Sohn; der sich Erkennende und Erkannte, Sohn und Vater, sich selbst in Liebe lächelnd, lassen den Geist hervorgehen. – Dante wendet sich nun insbesondere gegen den mittleren Kreis und sieht diesem in dessen eigener Farbe das Menschenantlitz aufgeprägt, 127–132. Dies ist das Bild der Menschwerdung, zugleich aber auch der ''ursprünglichen'', unauslöschlichen, durch den Sohn wieder ''erneuten Gottebenbildlichkeit des Menschen''. Wie der Geometer die Quadratur des Zirkels sucht, so will nun D. ermessen, ''warum'' das Menschenbild dem zweiten Kreise, dem Sohn, zukomme {{Seite|619}} und ''wie'' darin die Vereinigung von Göttlichem und Menschlichem zu Stande komme, V. 133–138. Aber so wenig der Geometer je durch all’ sein Forschen jene Aufgabe löst, so wenig der Menschengeist dies Problem, 133, 139. Da plötzlich wird sein Geist von einem unmittelbar der Gottheit entströmenden ''Offenbarungsblitz'', einer höheren Intuition durchdrungen (d. h. zugleich für die Erde: nur der ''Glaube'' versteht das Mysterium), unter deren Eindruck das Ersehnte kommt. Nämlich, während die Phantasie zu jeder Wiedergabe und Darstellung dieses Vorgangs unzulänglich ist, fühlt er sein ''Wollen'' und jedes daraus hervorgehende ''Verlangen'' selbst in jene volle, freie ''geheimnißvolle Lebenseinigung mit Gott'' hineingezogen, welche – das letzte und höchste Ziel de Seligkeit und S. 397 des Gedichtes – zugleich vollkommenes Wirken, Erkennen und Genießen ist und in welcher sich dem Dichter also eben jenes Räthsel V. 136 ff. auf eine unaussprechliche Weise löst.]</ref>
Allein dich kennend, und, von dir erkannt,
Dir selber lächelnd und mit dir zufrieden,
{{Zeile|127}} Als zu ''dem'' Kreis, den ich in dir erfand
Wie ''wiederscheinend'' Licht, die Aug’ ich wandte,
Und ihn verfolgend mit den Blicken stand:</poem>
|valign="top"| <poem>
{{Zeile|130}} Da schien’s, gemalt in seiner Mitt’ erkannte,
Mit eigner Farb’, ich unser Ebenbild,
Drob ich nach ihm die Blicke gierig spannte.
{{Zeile|133}} Wie eifrig strebend, aber nie gestillt,
Der Geometer forscht, den Kreis zu messen,
Und nie den Grundsatz findet, welcher gilt;
{{Zeile|136}} ''So'' ich beim neuen Schau’n – ich wollt’ ermessen,
Wie sich das Bild ''dem'' Kreise ein’ und ''wie''
Die Züge mit dem Licht zusammenflössen.
{{Zeile|139}} Doch dies erflog der eigne Fittich nie. –
Da ward mein Geist von einem Blitz durchdrungen,
Der, was die Seel’ ersehnt hatt’, ihr verlieh.
{{Zeile|142}} Hier war die Macht der Phantasie bezwungen,
Schon aber folgten ''Will’'' und ''Wünschen'' gerne,
Gleichwie ein Rad, gleichmäßig umgeschwungen,<ref>[144. ''Räder'' nennt D. oftmals die Sterne (28, 46 u. a. im Original) mit Rücksicht auf ihr Kreisen durch die ''ewige Liebe''. Diese ist ja die, vom <tt>Primum mobile</tt> aus, alle Himmelskreise umschwingende Kraft V. 145, welcher nun auch Dante’s Geist freiwillig folgt, wodurch er in ''die Einheit mit der ganzen göttlichen Weltordnung zurückgekehrt ist;'' vgl. 1, 103 ff.]</ref>{{Zeile|145}} ''Der Liebe, die beweget Sonn’ und Sterne''.<ref>[145. Mit dem Wort „''Sterne''“ schließt Dante ''jeden'' Theil seines Gedichts, um dessen letztes Ziel anzudeuten. – Und wer wäre auch, der sich nicht zur Sonnen- und Sternenhöhe erhabenster Ideale und himmlischer Ahnungen entrückt fühlte durch dies „Wunderlied des Mittelalters“, welches selbst ''in seiner Dreitheilung ein Symbol der göttl. Dreieinigkeit'' und der ''ganzen Weltentwicklung'' ist: der Gerechtigkeit des Vaters in der „Hölle“, der Weisheit des Sohnes durch die Welterlösung im „Fegfeuer“, der ersten Liebe des Geistes durch die Weltvollendung im „Paradies?“]</ref>
 
<center>Ende.</center>
                                                (Paradiso 33)</poem>
|}
</center>
 
== Die Übersetzung der Göttlichen Komödie in andere Sprachen ==
Eine adäquate Übersetzung zum Beispiel ins Deutsche, die sowohl Inhalt und Rhythmus bewahrt, und zugleich auch reimt, gibt es bis heute nicht.
 
== Anmerkungen ==
 
<references/>
<references group="BN" />
<references group="WS" />
 
==Literatur==
#Leonardo Olschki, Bernd Payer (Übers.): ''Der Mythos vom Filz'', University of California, Berkeley und Los Angeles 1949
#Willem Frederik Veltman: ''Dantes Weltmission'', J. Ch. Mellinger Verlag, Stuttgart 1979, ISBN 9783880690066
#Rudolf Steiner: ''Metamorphosen des Seelenlebens - Pfade der Seelenerlebnisse'', Zweiter Teil, [[GA 59]] (1984), Berlin, 12. Mai 1910, Die Mission der Kunst, siehe auch TB 603 (1983), S 175 ff.
#Rudolf Steiner: ''Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft'', [[GA 96]] (1989), Berlin, Ostermontag, 16. April 1906
#Rudolf Steiner: ''Mitteleuropa zwischen Ost und West'', [[GA 174a]] (1982), ISBN 3-7274-1741-2 {{Vorträge|174a}}
#Rudolf Steiner: ''Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge'', Sechster Band, [[GA 240]] (1986), Arnheim, 18. Juli 1924
 
{{GA}}
 
==Weblinks==
 
{{Commonscat|The Divine Comedy|Göttliche Komödie}}
{{Wikisource|Göttliche Komödie (Streckfuß 1876)|Göttliche Komödie (deutsche Übersetzung von Carl Streckfuß)}}
{{Wikisource|it:Divina Commedia|Divina Commedia (italienischer Originaltext)}}
* {{PGIW|8085}}
*[http://www.bautz.de/bbkl/d/dante_alighieri.shtml Dante Alighieri] - Kurzbiografie
*[http://gutenberg.spiegel.de/dante/komoedie/komoedie.htm Die Göttliche Komödie] - Der gesamte Text in deutscher Übertragung.
*[http://ftp.rudolf-steiner.org/ftp/index.php?dirname=F:/www/ftp/bibliothek/Philosophie/Dante Die Göttliche Komödie] - Download des gesamten Textes in deutscher Übertragung als WORD- und PDF-Datei, dazu eine Inhaltsübersicht und ein schematischer Überblick.
* [http://www.dantealighieri.dk/ Übersetzungen von Bachenschwanz, Graul, Meinhard, Jagemann, Hasenclever]
* {{Zeno-Werk|Literatur/M/Dante+Alighieri/Epos/Die+Göttliche+Komödie|Die Göttliche Komödie übersetzt von Karl Witte}}
* [http://www.divinecomedy.org/divine_comedy.html ELF-Projekt, Italienischer Originaltext und zwei englische Übersetzungen (von Henry Wadsworth Longfellow und Henry Francis Cary)]
* [http://librivox.org/die-gottliche-komodie-die-holle-by-dante-alighieri/ Die göttliche Komödie – Die Hölle] [http://librivox.org/die-gottliche-komodie-das-fegefeuer-by-dante-alighieri/ Das Fegefeuer] [http://librivox.org/die-gottliche-komodie-das-paradies-by-dante-alighieri/ Das Paradies] als Hörbuch bei [[Wikipedia:LibriVox|LibriVox]]
* [http://www.klassiker-der-weltliteratur.de/goettliche_komoedie.htm Zusammenfassung des Inhalts]
* [http://www.kuenstlerleben-in-rom.de/html/dante_und_koch.html Illustrationen Dantes Göttlicher Komödie von Joseph Anton Koch]
* [http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=4384 Carl Vogel von Vogelstein: Die Hauptmomente aus Goethe's ''Faust'', Dante's ''Divina Commedia'' und Virgil's ''Aeneis'', 1861]
* [http://www.minix.ch/filz/docs/Der_Mythos_vom_Filz.pdf Leonardo Olschki: ''Der Mythos vom Filz''] - zu den Begriffen «Veltro» und «Feltro»
 
[[Kategorie:Dichtung]] [[Kategorie:Dante]] [[Kategorie:Göttliche Komödie]]

Version vom 5. Juli 2020, 17:44 Uhr

Der Jahreskreis des Kirchenjahres aus anthroposophischer Sicht

Als Kirchenjahr (lat. annus ecclesiasticus oder annus liturgicus; auch liturgisches Jahr oder Herrenjahr) bezeichnet man im Christentum eine jährlich wiederkehrende festgelegte Abfolge von christlichen Festen und Festzeiten, nach der sich vor allem die Gottesdienstpraxis und Liturgie richten. Das Kirchenjahr beginnt nach katholischer wie evangelischer Tradition mit der Vesper am Vorabend des ersten Adventssonntags[1], die orthodoxen Kirchen beginnen es am 1. September, in Vorbereitung auf das Fest Mariä Geburt am 8. September.

Das Kirchenjahr besteht vor allem aus den zuerst um Ostern, dann auch um Weihnachten herum gebildeten Festkreisen, die in der Christentumsgeschichte allmählich zu einem Jahreszyklus vervollständigt wurden. Ihre Abfolge und ihr Umfang stimmen in Ost- und Westkirchen in etwa überein, die wichtigsten Festdaten der orthodoxen Tradition unterscheiden sich aber von denen der katholischen und evangelischen Tradition. Den Festzeiten sind bestimmte liturgische Farben zugeordnet.

Begriff

Der deutsche Begriff „Kirchenjahr“ ist erstmals 1589 bei Johannes Pomarius, einem lutherischen Pastor, belegt. Er markiert die nach der Reformation beginnende Trennung von christlich-sakraler und profaner Zeitgliederung und Kalenderordnung. Zudem gab es seit Bildung des Begriffs immer verschiedene konfessionelle Varianten des Kirchenjahres.

Auf Französisch hieß dieses im 17. Jahrhundert année chrétienne, im späten 18. Jahrhundert année spirituelle, im 19. Jahrhundert année liturgique; auf Englisch hieß es seit etwa 1790 Christian year, heute wird meist vom liturgical year gesprochen. Verschiedene deutsche Theologen bevorzugten im 19. Jahrhundert die Begriffe Jahr des Heils oder Herrenjahr.[2]

Entstehung

Vorgaben

Das fixe Sonnenjahr, die beweglichen Mondphasen und die von beiden Zeitmetren abhängigen vegetativen Jahreszyklen führten im Alten Orient zu verschiedenen Kalendereinteilungen. Diese wurden im Judentum teils überlagert, teils durchbrochen von Kultfesten, die sowohl an in der Natur wiederkehrende als auch an besondere innerzeitliche Ereignisse erinnerten. So beginnt das jüdische Hauptfest Pessach am Frühlingsvollmond, feiert aber nicht primär den Frühlingsanfang, sondern den Auszug der Hebräer aus der Sklaverei Ägyptens in das Gelobte Land als Gottes auserwähltes Volk Israel.

Die strukturierenden Grunddaten des Kirchenjahres – Sonntage, Ostern und Weihnachten – orientieren sich an der Siebentagewoche, am jüdischen Festkalender und einigen solaren Fixdaten im Zusammenhang der Tagundnachtgleiche. Sie erhalten als Stationen einer offenbarten Heilsgeschichte einen neuen Sinn.

Der Sonntag

Siehe auch: Sonntag

Die frühe Kirche feierte das Herrenmahl wöchentlich. Zentraler Bezugspunkt für die Christen in frühchristlicher Zeit war dabei das Gedächtnis des Pascha-Mysteriums, des Erlösungswerks Christi, d. h. seines Leidens und Sterbens für das Heil der Welt und seiner Auferstehung am dritten Tag, das in der Erwartung seiner Wiederkunft als „Brotbrechen“ (Abendmahl/Eucharistie) gefeiert wurde. Daher wird der Sonntag – in Anlehnung an die neutestamentliche Anrede „Herr“ für Jesus Christus – „Tag des Herrn“ oder „Herrentag“ genannt. Liturgisch kann er als „Wochen-Ostern“ gedeutet werden.[3]

Als Folgetag des jüdischen Sabbats war der Sonntag der erste, nicht der letzte Wochentag. So wie der Sabbat als arbeitsfreier Tag das Ziel der Schöpfung Gottes symbolisierte, so markierte der Sonntag für die Christen den Beginn der neuen Schöpfung, des Reiches Gottes. Die Liturgieerklärungen der Kirchenväter nehmen daher besonders Bezug auf den Sonntagsgottesdienst. Kaiser Konstantin der Große legte den Sonntag 321 gesetzlich als wöchentlichen Ruhetag fest, auch um das Christentum zur bevorzugten Religion zu erheben. Damit verdrängte der Sonntag den Sabbat und wurde zusammen mit dem Samstag im Alltagsbewusstsein zum „Wochenende“.[2]

Das Zweite Vatikanische Konzil bezeichnete den Sonntag als „Ur-Feiertag“: „Der Herrentag ist Fundament und Kern des ganzen liturgischen Jahres.“[4]

Osterfestkreis

Der Ostersonntag war die christliche Variante des letzten Pessachtages: Dem Auszug aus Ägypten entsprach die in der Osternacht gefeierte Rettung Jesu und mit ihm aller Menschen aus dem Tod. In dieser Form wurde der Ostersonntag zum Ausgangs- und Mittelpunkt des Kirchenjahres. Er blieb lange Zeit das einzige christliche Jahresfest, bei dem auch die Taufe der Katechumenen stattfand und der Märtyrer des vergangenen Jahres gedacht wurde.

Das Osterdatum wurde in der westlichen Tradition im Jahre 325 auf den Sonntag nach dem ersten Vollmond des Frühlings gelegt. Es fügte sich damit in die Sonntagsreihe ein und bildete einen zum Pessach analogen Festkreis aus. Dabei bereiteten viele christliche Gemeinden die Osterfeier seit dem 2. Jahrhundert mit zwei bis sechs Fastentagen vor. Im 4. Jahrhundert entstand im Westen das im Osten unbekannte Triduum Sacrum, das den Abend des Gründonnerstags, den Karfreitag, Karsamstag und Ostersonntag umfasste. Es wurde analog zum sieben- oder achttägigen Pessach zur heiligen Woche erweitert, die vom Tag des Einzugs Jesu in Jerusalem (Palmarum) an den Verlauf der letzten Lebenstage Jesu bis zu seiner Auferstehung sinngemäß abbildete.

Dem Osterfest folgte ebenfalls seit dem 4. Jahrhundert eine Woche, bei der die zu Ostern Neugetauften täglich die Eucharistie feierten und in der apostolischen Lehre unterwiesen wurden. Sie endete mit dem Weißen Sonntag, der seinen Namen vermutlich von den weißen Taufgewändern ableitet, die in der frühen Kirche von den in der Osternacht Getauften bis zu diesem Tag getragen wurden. Dieser „kleinen Oktav“ (Festwoche) wurde eine „große Oktav“ von sieben Wochen für die österliche Freudenzeit zur Seite gestellt.[5] Diese lief auf den Pfingstsonntag zu und umfasste mit ihm 50 Tage, analog zur Frist zwischen Pessach und Schawuot im jüdischen Kalender. Damit erhielt die Gabe des Heiligen Geistes, die nach Joh 20,22 EU zur Offenbarung des Auferstandenen gehört, gemäß dem zweiten Kapitel der Apostelgeschichte eine eigene liturgische Begehung. Zehn Tage vorher etablierte sich gemäß der 40-Tages-Angabe (Apg 1,3 EU) das Himmelfahrtsfest.

Diese 40-Tage-Frist (Quadragesima) wurde dann auch auf die Fastenzeit vor Ostern übertragen, in der mit Gebet, Buße und Fasten der Passion Jesu gedacht wurde. Die Sonntage der Fastenzeit waren jedoch vom Fasten ausgenommen, da ihre Liturgie auf den Ostersonntag bezogen war. Darin erhielt sich die Erinnerung, dass das Kirchenjahr Abbild eines über-, nicht innerzeitlichen Geschehens ist, das auf Jesu Auferstehung zurück- und seine Parusie vorausblickt.[2]

Weihnachtsfestkreis

Vorlage:Lückenhaft

Das Weihnachtsfest wurde in Rom seit etwa 330, in Konstantinopel seit etwa 380 am 25. Dezember gefeiert. Dieses Datum lag nahe der Wintersonnenwende und durchbrach den Sonntagsrhythmus. Grundgedanke war dabei, dass die Inkarnation des Sohnes Gottes die Wende vom Tod zum Leben, von der Finsternis zum Licht eingeleitet habe. Dies sollte auch konkurrierende inner- und außerchristliche Vorstellungen abwehren: Christus sei kein unsterbliches Geistwesen (so sah ihn der Gnostizismus), sondern als Mensch sterblich und einmalig. Er und nicht die unbesiegbare Sonne (Sol invictus) sei der wahre Gott.

Wie das Osterdatum war auch das Weihnachtsdatum anhaltend umstritten. Jesu Geburt wurde von großen Teilen der Christenheit anfangs am selben Tag wie Pessach (15. Nisan), am 25. März (Frühlingsäquinoktium) oder am 6. Januar – dem heutigen Fest der Erscheinung des Herrn – gefeiert. Letzterer war im Römischen Reich auch der Beginn einer Äonenwende, die von der Geburt eines neuen Herrschers erwartet wurde. Darum verband sich mit Weihnachten das Bewusstsein einer neuen Ära analog zum heidnischen goldenen Zeitalter, sodass das angenommene Geburtsjahr Jesu 525 mit dem Beginn einer neuen Zeitrechnung identifiziert wurde.

Ambrosius von Mailand und Gregor der Große verknüpften das in der Geburtsnacht Jesu erschienene Licht mit dem Licht der Osternacht; die Niedrigkeit seiner Geburt in Krippe und Stall deutete in der Liturgie bereits auf seinen Tod am Kreuz hin. Daher trat die Weihnachtszeit nicht in Konkurrenz zur Osterzeit, sondern wurde ihr als ihr Vorläufer zeitlich vorangestellt, sodass sie das Kirchenjahr eröffnete.

Im 5. Jahrhundert entwickelte sich die Adventszeit, zunächst als 40-tägige Fastenzeit vor dem Epiphaniasfest, beginnend am 11. November, der zugleich der Gedenktag des heiligen Martin war. Die vier Adventssonntage gingen dem Weihnachtsfest voran, wobei der 4. Advent mit dem 24. Dezember zusammenfallen konnte. So wurde die Weihnachtszeit mit dem lunar-beweglichen Osterfestkreis von 14 Wochen in die Sonntagsreihe eingefügt. Deshalb variiert der zeitliche Abstand zwischen den beiden höchsten Festen.

Weitere Bestandteile

Gedenktage der Märtyrer wurden seit dem 2. Jahrhundert als Festtage neben dem Auferstehungsfest Jesu Christi in das Kirchenjahr aufgenommen. Dabei wurde der Todestag zum „Geburtstag“ (dies natalis) des jeweiligen Heiligen, mit dem er in das ewige Leben eintrat.[2]

Seit dem 5. Jahrhundert wurde das Kirchenjahr vor allem in Rom durch neue Elemente und Festdaten ergänzt und ausgestaltet:

  • der Sonntag nach Ostern wurde zum Weißen Sonntag (Dominica in albis);
  • das Fest Christi Himmelfahrt erhielt eine eigene Vigil, seit dem 10. Jahrhundert auch eine eigene Oktav
  • Pfingsten wurde ebenfalls mit einer eigenen Oktav ausgezeichnet
  • die Weihnachtszeit wurde durch Hinzufügung des Advents zu einem eigenen Festkreis

Seit der Spätantike bürgerte sich das Gedenken für die Verstorbenen des Vorjahres ein. Es wurde im 10. Jahrhundert auf den 2. November gelegt (Allerseelen), der auf das Hochfest Allerheiligen folgt. Ferner kam es zur Zunahme von Festen, die einzelne Lebensstationen Christi zum Inhalt haben, wie beispielsweise die Beschneidung und Namengebung des Herrn am 1. bzw. 3. Januar, oder der Verklärung des Herrn am 6. August.

Zum Gedenken an die Auffindung und Erhöhung des heiligen Kreuzes wurden seit dem Frühmittelalter zwei Kreuzfeste in der Westkirche gefeiert: (Kreuzauffindung) am 6. März bzw. 3. oder 7. Mai, (Kreuzerhöhung) am 14. September.

Ab dem Hochmittelalter fanden Feste, die bestimmte Glaubensgeheimnisse in den Mittelpunkt einer eigenen liturgischen Feier rücken, Aufnahme in das Kirchenjahr:

Weitere Fest- und Gedenktage des Kirchenjahres gelten kirchengeschichtlichen Ereignissen, die für einzelne Konfessionen, Ordensgemeinschaften oder Gemeinden – etwa Kirchweihefeste – prägend wurden.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurden zunehmend Sonntage im Jahreskreis zusätzlich als Zwecksonntage unter ein bestimmtes Motto gestellt oder einem bestimmten Anliegen gewidmet, etwa der Sonntag der Weltmission oder der Welttag der sozialen Kommunikationsmittel. Die Ursprünge des Erntedankfestes liegen in den Quatembern, die Fast- und Abstinenztage waren, an denen aber nach alter Sitte auch Gott für die Gaben der Schöpfung gedankt wird. In Deutschland wurde das Erntedankfest oft an Michaelis (29. September) begangen, während es seit dem 18. Jahrhundert „traditionell am Sonntag nach Michaelis oder am ersten Sonntag im Oktober begangen“ wurde.[6] Seit die beiden Zusammenschlüsse VELKD und UEK in der EKD 2006 ein Liturgisches Kalendarium beschlossen, wird in allen Westkirchen das Erntedankfest in der Regel am ersten Sonntag im Oktober begangen.

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Siehe auch

Literatur

  • Eckhard Bieger: Das Kirchenjahr entdecken & erleben. Entstehung, Bedeutung und Brauchtum der Festtage. St. Benno-Verlag, Leipzig o. J. (2006), ISBN 3-7462-2125-0.
  • Karl-Heinrich Bieritz: Das Kirchenjahr. Feste, Gedenk- und Feiertage in Geschichte und Gegenwart. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43947-0.
  • Heinzgerd Brakmann: Jahr (kultisches) B. Christlich. In: Reallexikon für Antike und Christentum. Band 16. (1994), S. 1106–1118.
  • Mathias Christiansen (Hrsg.): Almanach der frohen Botschaft. Ein Begleiter durch das Kirchenjahr. Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat, Münster 2006, ISBN 3-86582-219-3.
  • Evangelisches Gottesdienstbuch. Taschenausgabe. Evangelische Haupt-Bibelgesellschaft, Berlin 2005, ISBN 3-7461-0141-7.
  • Klaus-Peter Jörns, Karl Heinrich Bieritz: Kirchenjahr. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 18, de Gruyter, Berlin/New York 1989, ISBN 3-11-011613-8, S. 575–599.
  • Dietz-Rüdiger Moser: Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Brauchformen der Gegenwart in kulturgeschichtlichen Zusammenhängen. Edition Kaleidoskop im Verlag Styria, Graz 1993, ISBN 3-222-12069-2.
  • Martin Senftleben: Mit dem Kirchenjahr leben. Eine Handreichung für unsere Gottesdienste. Einführungen – Themen – Texte – Lieder. Sonnenweg-Verlag, Konstanz 1986, ISBN 3-7975-0342-3.
  • Albert Ehrhard: Das griechische Kirchenjahr und der byzantinische Festkalender. In: ders.: Überlieferung und Bestand der hagiographischen Literatur der griechischen Kirche, Bd. 1. Hinrichs, Leipzig 1937, DNB 365573612, S. 25–53.
  • Harald Buchinger: Zu Ursprung und Entwicklung des Liturgischen Jahres. Tendenzen, Ergebnisse und Desiderate heortologischer Forschung. In: Liturgisches Jahrbuch 61 (2011), S. 207–240.
  • Liborius Olaf Lumma: Feiern im Rhythmus des Jahres. Eine kurze Einführung in christliche Zeitrechnung und Feste. Pustet-Verlag, Regensburg, 2016, ISBN 978-3-7917-2771-4.
  • Joachim Stiller: Der Jahreskries des Kirchenjahres PDF

Weblinks

Commons: Kirchenjahr - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wiktionary: Kirchenjahr – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Julia Martin: Das bedeuten die vier Adventssonntage. In: katholisch.de. 1. Dezember 2018, abgerufen am 5. Januar 2019.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Klaus-Peter Jörns, Karl Heinrich Bieritz: Kirchenjahr. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 18, de Gruyter, Berlin/New York 1989, ISBN 3-11-011613-8, S. 575–599.
  3. Hansjörg Auf der Maur: Feiern im Rhythmus der Zeit I. Herrenfeste in Woche und Jahr. Regensburg 1983, S. 129.
  4. Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium, Nr. 106.
  5. Klaus-Peter Jörns, Karl Heinrich Bieritz: Kirchenjahr. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 18, de Gruyter, Berlin/New York 1989, ISBN 3-11-011613-8, S. 583.
  6. Karl-Heinrich Beiritz: Der Gottesdienst im Kirchenjahr. In: Evangelisches Gottesdienstbuch, Ergänzungsband, S. 182.


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