Waldorfschule: Unterschied zwischen den Versionen

Aus AnthroWiki
imported>Hans Dunkelberg
(Abschnitt "Waldorfschulen im deutschen Rechtsrahmen" vom Anfang an den Schluss verlegt)
imported>Hans Dunkelberg
Zeile 8: Zeile 8:
== Zielsetzung ==
== Zielsetzung ==


Die Waldorfschule ist in den sozialen Wirren nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] aus den Versuchen [[Rudolf Steiner]]s und seiner Gesinnungsgenossen entstanden, ein vom Staat unabhängiges Geistesleben zu schaffen und Wissenschaft, Kunst und Religion zu ihrer als urtümlich angenommenen Einheit zurückzuführen und hat sich letztlich aus allgemeinbildenden Kursen für die Arbeiter der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik in Stuttgart herausentwickelt, die ihre Arbeitsprozesse besser verstehen lernen und Steiners Ansätze einer Betriebskunde zu einer Schule für ihre Kinder ausbauen wollten. Man will allgemein umfassender und natürlicher bilden und vor allem vermeiden, dass in der früheren Kindheit zu stark Wissen in einer Form aufgenommen wird, die sich eher für Erwachsene eignet, welche den Überblick über Welt und Lebendiges ''schon haben.'' Der generelle Ansatz ist, den ''Hunger des jungen Menschen auf Bildung'' nicht zu ''stillen,'' sondern im Gegenteil ''ihn hungrig auf Bildung zu machen,'' der Lehrstoff wird in erster Linie als eine rein exemplarische Masse gesehen, über die das Lernen, Denken, Empfinden geschult bzw. entfaltet wird. Um dieses Ziel zu erreichen, hat man die Maßnahmen ergriffen (siehe Lehrformen), die auf größere Menschengemäßheit, bessere seelische Entwicklungschancen angelegt sind: möglichst langes Zusammenbleiben einer Klassengemeinschaft und ihres Lehrers ähnlich wie in der Dorfschule von einst, kein Wettrennen um Noten, die traditionellen Arbeiten der Frauen und Männer, sogenannten "freichristlichen" Religionsunterricht für nicht getaufte Schüler, [[Eurythmie]], um individuell den ganzen Menschen ''formen'' und Einheit der seelischen und motorischen Entwicklung gewährleisten zu können, aber man hat auch beschlossen, dass noch viel anderweitige künstlerische Betätigung zur Ausbildung jedes Menschen gehört (siehe Lehrformen). Der ''Lehrplan'' der Waldorfschule geht vor allem in den unteren Jahren, die Steiner noch miterlebte, auf diesen zurück, stimmt den Stoff genau auf Zahnwechsel, Geschlechtsreife und andere Entwicklungsstufen des Menschen ab und ''wiederholt'' deshalb auch manches über die Schulzeit hinweg bis zu dreimal. Die Waldorfbewegung will auch allgemein sozial heilend wirken und unter anderem nationale Grenzen möglichst überwinden. Mit ihrem grundsätzlich anderen Lehrplan stehen die Schulen vor allem in den oberen Jahren in erheblichem Grade ''isoliert'' in der Bildungslandschaft.
Die Waldorfschule ist in den sozialen Wirren nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] aus den Versuchen [[Rudolf Steiner]]s und seiner Gesinnungsgenossen entstanden, ein vom Staat unabhängiges Geistesleben zu schaffen und Wissenschaft, Kunst und Religion zu ihrer als urtümlich angenommenen Einheit zurückzuführen, und hat sich letztlich aus allgemeinbildenden Kursen für die Arbeiter der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik in Stuttgart herausentwickelt, die ihre Arbeitsprozesse besser verstehen lernen und Steiners Ansätze einer Betriebskunde zu einer Schule für ihre Kinder ausbauen wollten. Man will allgemein umfassender und natürlicher bilden und vor allem vermeiden, dass in der früheren Kindheit zu stark Wissen in einer Form aufgenommen wird, die sich eher für Erwachsene eignet, welche den Überblick über Welt und Lebendiges ''schon haben.'' Der generelle Ansatz ist, den ''Hunger des jungen Menschen auf Bildung'' nicht zu ''stillen,'' sondern im Gegenteil ''ihn hungrig auf Bildung zu machen,'' der Lehrstoff wird in erster Linie als eine rein exemplarische Masse gesehen, über die das Lernen, Denken, Empfinden geschult bzw. entfaltet wird. Um dieses Ziel zu erreichen, hat man die Maßnahmen ergriffen (siehe Lehrformen), die auf größere Menschengemäßheit, bessere seelische Entwicklungschancen angelegt sind: möglichst langes Zusammenbleiben einer Klassengemeinschaft und ihres Lehrers ähnlich wie in der Dorfschule von einst, kein Wettrennen um Noten, die traditionellen Arbeiten der Frauen und Männer, sogenannten "freichristlichen" Religionsunterricht für nicht getaufte Schüler, [[Eurythmie]], um individuell den ganzen Menschen ''formen'' und Einheit der seelischen und motorischen Entwicklung gewährleisten zu können, aber man hat auch beschlossen, dass noch viel anderweitige künstlerische Betätigung zur Ausbildung jedes Menschen gehört (siehe Lehrformen). Der ''Lehrplan'' der Waldorfschule geht vor allem in den unteren Jahren, die Steiner noch miterlebte, auf diesen zurück, stimmt den Stoff genau auf Zahnwechsel, Geschlechtsreife und andere Entwicklungsstufen des Menschen ab und ''wiederholt'' deshalb auch manches über die Schulzeit hinweg bis zu dreimal. Die Waldorfbewegung will auch allgemein sozial heilend wirken und unter anderem nationale Grenzen möglichst überwinden. Mit ihrem grundsätzlich anderen Lehrplan stehen die Schulen vor allem in den oberen Jahren in erheblichem Grade ''isoliert'' in der Bildungslandschaft.


==Methodisch-Didaktisches==
==Methodisch-Didaktisches==

Version vom 13. Oktober 2006, 16:13 Uhr

Rudolf-Steiner-Schule Loheland

Waldorfschulen sind Schulen in freier Trägerschaft, an denen nach der von Rudolf Steiner begründeten Waldorfpädagogik unterrichtet wird. Die Waldorfpädagogik ist eine der bekanntesten praktischen Anwendungen der ebenfalls von Rudolf Steiner begründeten Anthroposophie. Vielen Waldorfschulen ist ein Waldorfkindergarten angegliedert.

Die erste Waldorfschule wurde 1919 in Stuttgart als Schule für die Arbeiterkinder durch den Direktor der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik Emil Molt gegründet und am 7. September 1919 eröffnet. Von der Zigarettenfabrik erhielt die pädagogische Bewegung Rudolf Steiners, der der erste Schulleiter der Astoria-Betriebsschule war, ihren Namen. Im Nationalsozialismus wurde 1939/40 der Lehrbetrieb an Waldorfschulen, wie auch an den meisten anderen nichtstaatlichen Schulen, bis 1945 verboten. Datei:Waldorfschüler.jpg

Nach Angaben aus dem Jahr 2006 existieren in Deutschland 193 Waldorfschulen, in ganz Europa 643 und weltweit 903 sowie 2000 Kindergärten und Fördereinrichtungen. Bekannt sind sie auch unter den Bezeichnungen Rudolf-Steiner-Schule, englisch Waldorf School, Steiner School, französisch École Waldorf, niederländisch Vrijeschool.

Zielsetzung

Die Waldorfschule ist in den sozialen Wirren nach dem Ersten Weltkrieg aus den Versuchen Rudolf Steiners und seiner Gesinnungsgenossen entstanden, ein vom Staat unabhängiges Geistesleben zu schaffen und Wissenschaft, Kunst und Religion zu ihrer als urtümlich angenommenen Einheit zurückzuführen, und hat sich letztlich aus allgemeinbildenden Kursen für die Arbeiter der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik in Stuttgart herausentwickelt, die ihre Arbeitsprozesse besser verstehen lernen und Steiners Ansätze einer Betriebskunde zu einer Schule für ihre Kinder ausbauen wollten. Man will allgemein umfassender und natürlicher bilden und vor allem vermeiden, dass in der früheren Kindheit zu stark Wissen in einer Form aufgenommen wird, die sich eher für Erwachsene eignet, welche den Überblick über Welt und Lebendiges schon haben. Der generelle Ansatz ist, den Hunger des jungen Menschen auf Bildung nicht zu stillen, sondern im Gegenteil ihn hungrig auf Bildung zu machen, der Lehrstoff wird in erster Linie als eine rein exemplarische Masse gesehen, über die das Lernen, Denken, Empfinden geschult bzw. entfaltet wird. Um dieses Ziel zu erreichen, hat man die Maßnahmen ergriffen (siehe Lehrformen), die auf größere Menschengemäßheit, bessere seelische Entwicklungschancen angelegt sind: möglichst langes Zusammenbleiben einer Klassengemeinschaft und ihres Lehrers ähnlich wie in der Dorfschule von einst, kein Wettrennen um Noten, die traditionellen Arbeiten der Frauen und Männer, sogenannten "freichristlichen" Religionsunterricht für nicht getaufte Schüler, Eurythmie, um individuell den ganzen Menschen formen und Einheit der seelischen und motorischen Entwicklung gewährleisten zu können, aber man hat auch beschlossen, dass noch viel anderweitige künstlerische Betätigung zur Ausbildung jedes Menschen gehört (siehe Lehrformen). Der Lehrplan der Waldorfschule geht vor allem in den unteren Jahren, die Steiner noch miterlebte, auf diesen zurück, stimmt den Stoff genau auf Zahnwechsel, Geschlechtsreife und andere Entwicklungsstufen des Menschen ab und wiederholt deshalb auch manches über die Schulzeit hinweg bis zu dreimal. Die Waldorfbewegung will auch allgemein sozial heilend wirken und unter anderem nationale Grenzen möglichst überwinden. Mit ihrem grundsätzlich anderen Lehrplan stehen die Schulen vor allem in den oberen Jahren in erheblichem Grade isoliert in der Bildungslandschaft.

Methodisch-Didaktisches

Die wichtigsten anthroposophischen Ansätze sind schwer zu fassen und können auch nicht von jedem Lehrer in gleich ernsthafter Weise umgesetzt werden, da sie viel Einfühlungsvermögen erfordern. Sie gründen auf Steiners Menschenkunde bzw. der Entwicklung des Kindes sowie in der Charakterologie.

Steiners Menschenkunde

Der Kern der Anthroposophie ist es, dass man Religionen und andere Lehren von Innerlichem nicht nur als Wille und Vorstellung abtut, sondern ernstnimmt.

So hat Steiner auch in einem Teil seiner Lehrerkurse zunächst ausführlich den Menschen als psychisch-physische Leibeinheit dargestellt. Für ihn ist die Seele, das Ich des Menschen eine Kugel, die sich um den Kopf herumspannt und über den Körper hinausragt. Das ist vereinfacht, hilft aber dem Waldorflehrer, die Aura der Schüler wahrzunehmen und dadurch in fachgerechter Weise mit ihnen in Austausch treten zu können.

Steiner hat zu allen Lebensaltern des Kindes Hinweise gegeben. Es entwickelt sich gemäß ihm bis zum siebten Lebensjahr zunächst als ein ungeschlechtliches Wesen und steht noch ganz im Kosmos drinnen. In diesem Lebensalter lernt es vor allem durch Nachahmung. (Seine Nachahmungskräfte werden dann in den ersten Schuljahren durch den früh beginnenden Fremdsprachenunterricht noch so stark wie möglich ausgebeutet; bis zur sechsten Klasse sollen die Schüler die Fremdsprachen fließend beherrschen.) Vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife macht das Kind bewusst nach, was die Erwachsenen ihm vormachen; das ist das anthroposophische Verständnis von Autorität. Schon ab 14 stellt der Lehrer darauf ab, dass sich der Schüler frei zu entscheiden vermag. Strafarbeiten und Nachsitzen gibt es jetzt nicht mehr, ein uneinsichtiger Schüler soll gegebenenfalls lieber gleich die Schule verlassen.

Die Charaktere

Der Waldorflehrer kennt die vier Ausdrücke cholerisch, melancholisch, phlegmatisch und sanguinisch – zornig, traurig, nachgiebig und fröhlich. Er soll bei jedem Schüler herausfinden, welcher der vier Charaktere vorherrscht, und ist es das Traurige oder Nachgiebige, muss es ins Fröhliche bzw. Zornig-Drauflosgehende umgewandelt werden. Auch wird streng unterschieden, welchen Wesenszug der Schüler nur von den Eltern übernommen hat und welcher sein ur-eigener ist.

Lehrformen an deutschen Waldorfschulen

Von der ersten bis zur achten Klasse wird der Klassenverband von einem Lehrer geführt, der alle Epochenfächer in Blockform gleichermaßen unterrichtet (Klassenlehrerzeit). Über etwa drei Wochen hinweg wird hierbei jeden Tag in den ersten beiden Stunden das gleiche Fach gelehrt, nachfolgend die weiteren Fächer außerhalb des Epochenunterrichtes von Fachlehrern unterrichtet. Nach der achten Klasse wird auch der Epochenunterricht von Fachlehrern übernommen.

Die Schüler führen im Laufe einer Unterrichtsepoche ein so genanntes Epochenheft, das zum Ende der Epoche dem Lehrer abgegeben wird und unter anderem zur Leistungsbeurteilung dient.

Lehrbücher für die Schüler kommen bis zur 8. Klasse im Unterricht im allgemeinen nicht zur Anwendung und sind in der Waldorfpädagogik nicht vorgesehen. Die Schüler folgen in den unteren Klassen häufig der Tafelgestaltung des Lehrers und gestalten ihr Epochenheft auch mit eigenen Beiträgen. Erst in der Oberstufe finden auch Lehrbücher Verwendung. Seit einigen Jahren werden waldorfpädagogische Methoden mancherorts durch die Portfolio-Methode ergänzt.

Freie Waldorfschule Vordertaunus Oberursel

Neben Deutsch, Mathematik, Fremdsprachen, Geschichte, Biologie, Physik, Chemie, Musik, Religion und Sport gehören an Waldorfschulen in der Regel die Fächer Handarbeit (Unterstufe), Gartenbau und künstlerisch-praktischer Unterricht wie Schreinern, Plastizieren, Metalltreiben, Malerei oder Steinmetzen (Mittel- und Oberstufe) und Eurythmie zum regelmäßigen Unterricht. Der Unterricht wird durch mehrere mehrwöchige Praktika (Landvermessungs-, Landwirtschafts-, Sozial-, teilweise auch Betriebspraktikum) ergänzt. Die Klasse führt im Laufe ihrer Schulzeit mehrfach ein Klassenspiel (Theaterinszenierung) auf, bei dem von der Erstellung der Kulissen über die Beleuchtung bis zum Abendbuffet alle Schüler der Klasse im Einsatz sind.

Schon ab der ersten Klasse werden den Schülern Fremdsprachen nahe gebracht. In der Regel ist Englisch Pflichtfach; dazu kommt ab der ersten oder zweiten Klasse Französisch oder Russisch als weitere Fremdsprache.

In der Regelschulzeit an Waldorfschulen finden innere Differenzierungsmaßnahmen statt, ein „Sitzenbleiben“ oder äußere Differenzierung gibt es zugunsten der sozialen Einheit der Klasse nicht. Ab der neunten Jahrgangsstufe bleibt das Klassengefüge zumindest noch im Hauptunterricht bestehen, weil man auf diese Weise soziale Lerneffekte durch das Zusammensein mit intellektuell, sozial, emotional und motorisch sehr verschiedenen Menschen ermöglichen will.

Noten werden an Waldorfschulen bis zur Oberstufe nicht vergeben, stattdessen wird im Zeugnis der jeweilige Leistungsstand und -fortschritt in Textform ausformuliert. Dabei liegt der Schwerpunkt auf individuellen Defiziten und Leistungsvorsprüngen im Vergleich zum Klassenfortschritt und der Lernziele. Diese Praxis wird für gewöhnlich bis zur zwölften Klasse beibehalten. An manchen Schulen wird auf Elternwunsch oder Nachfrage der Schüler, bereits ab der neunten oder zehnten Klasse ein Ziffernzeugnis ausgestellt oder der Notenstand des jeweiligen Faches in die schriftliche Beurteilung mit einbezogen.

Schulabschluss

Klassenraum in der Unterstufe

Die Regelschulzeit beträgt zwölf Jahre, unabhängig von dem individuell angestrebten staatlichen Schulabschluss. Am Ende der 12. Klasse steht der Waldorfschulabschluss, der als gleichwertig mit einem staatlichen Schulabschluss (z.B. Realschulabschluss) anerkannt werden kann. Der Waldorfschulabschluss ist keine Abschlussprüfung, sondern zieht sich als ein modularer Prozess durch die gesamte Oberstufe (Klasse 9 bis 12) hindurch und umfasst neben einer abschließenden Bewertung der schulischen Leistungen diverse Praktika (Landwirtschaftspraktikum, Betriebspraktikum, Sozialpraktikum), eine Facharbeit oder die so genannte Jahresarbeit mit einem theoretischen und einem praktischen Teil, die Teilnahme an einem Theaterprojekt der ganzen Klasse, den Eurythmieabschluss und meist auch eine Studienfahrt mit künstlerisch/kunstgeschichtlicher Ausrichtung.

Der Waldorfschulabschluss ist in Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern staatlich nicht anerkannt, gilt den Anhängern der Waldorfpädagogik aber als wichtiger Nachweis erworbener Sozial- und Persönlichkeitskompetenzen (Teamfähigkeit, Selbstständigkeit, Durchhaltevermögen, Kreativität, Lernkompetenz usw.). Das Waldorfschulabschlusszeugnis dokumentiert auch ausführlich die erbrachten praktischen Leistungen.

Obwohl die Waldorfpädagogik nicht auf staatliche Schulabschlüsse ausgerichtet ist, bieten die Waldorfschulen meist eine dreizehnte Jahrgangsstufe an, um die Schüler auf das Abitur oder die Fachhochschulreife vorzubereiten. Statt des waldorftypischen fachpraktischen Unterrichts erhalten sie einen vertiefenden Unterricht in den abiturrelevanten Fächern. In Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und seit 2006 auch in Niedersachsen wird das gleiche Zentralabitur wie an allen Schulen, an denen das Abitur abgelegt werden kann, geschrieben, mit dem Unterschied, dass für die Abiturnote nur die Prüfungsergebnisse und nicht die Jahresleistung zählen. In Brandenburg wird in einem Prüfungsfach die Möglichkeit der Portfolioprüfung genutzt. Aufgrund meist geringer Schülerzahlen der in der Regel einzügigen Waldorfschulen können die Prüfungsfächer nicht frei gewählt werden. Schule und Schüler müssen sich auf ein konkretes Fächerangebot einigen. Die Prüfung wird durch vom Landeskultusminister beauftragte staatliche Prüfer begleitet.

Im Jahre 2002 legten in Deutschland 49 Prozent der ca. 4.500 Waldorfschul-Abgänger das Abitur ab, 33 Prozent die mittlere Reife, 7 Prozent die Fachhochschulreife und 11 Prozent den Hauptschulabschluss.

Vorreiter- und Nachzüglerrolle

Die 1919 gegründete erste Waldorfschule in Stuttgart brachte für die damalige Zeit sehr fortschrittliche Ideen mit sich. Während die Mehrheit der Kinder in Deutschland nur acht Jahre zur Schule ging, wurden ihnen an der Waldorfschule 12 Jahre Schulbildung garantiert.

Ab dem ersten Schuljahr wurden bereits zwei Fremdsprachen unterrichtet, die Freie Waldorfschule war in Deutschland die erste Gesamtschule und auch die erste Schule, die regulär koedukativ unterrichtete. Des Weiteren waren Praktika schon immer fester Bestandteil des Lehrplans.

Die Waldorfschule in Kapstadt (Südafrika) konnte noch während der Apartheid das Recht erkämpfen, in gemischten Klassen unterrichten zu dürfen. Während der Rassentrennung in Eisenbahnwagen wurde speziell für die Schüler dieser Schule ein "Gemischtwagen" eingeführt.

Die Freie Waldorfschule Innsbruck (Österreich) war die erste Schule, die das Fach Menschenrechte in der Oberstufe zum Pflichtfach machte.

Heute wird den Waldorfschulen oftmals eher eine Nachzüglerrolle zugeschrieben, weil sich ihre pädagogischen Leitlinien nur sehr wenig weiterentwickelt haben. Da die Waldorfschulen nicht von zentraler Stelle aus geleitet werden, sondern Entscheidungen des Kollegiums einstimmig getroffen werden müssen, wird eine einheitliche Entwicklung und Qualitätssicherung gebremst. Infolgedessen gehörten beispielsweise manche Waldorfschulen zu den ersten Schulen in Deutschland, die Programmierkenntnisse vermittelten, während auch heute noch an anderen Waldorfschulen Informatik für unwichtig erachtet wird.

Laut einer in der Zeitschrift Capital veröffentlichten Studie zählen dagegen überproportional viele Waldorfschulen zu den 100 besten Schulen Deutschlands (10 Schulen bei 1 % Gesamtanteil).

Waldorfschulen im deutschen Rechtsrahmen

Waldorfschulen sind öffentliche, allgemeinbildende Schulen in freier Elternträgerschaft im Rahmen der Schulgesetzgebung der Bundesländer auf der Grundlage des Grundgesetzartikels 7 (Schulwesen). Die Anerkennung der Waldorfschulen als Ersatzschulen (siehe auch Privatschule) führt u.a. zu staatlichen Zuschüssen. Ergänzend wird zur Finanzierung Schulgeld von den Eltern erhoben. Im Jahr 2002 betrug das Schulgeld nach Angaben des Bundes der Freien Waldorfschulen durchschnittlich 125 Euro monatlich.

Dem Grundgesetz entsprechend darf die Erhebung von Schulgeld nicht dazu führen, dass einem Kind der Besuch einer bestimmten Schule aus finanziellen Gründen verwehrt wird (siehe Sonderungsverbot).

Siehe auch

Literatur

Positiv wertende Literatur

  • Bußmann, Hildegard und Jochen: Unser Kind geht auf die Waldorfschule. Erfahrungen und Ansichten. Rowohlt, 1990. ISBN 3-499-18736-1
  • Carlgren, Frans: Erziehung zur Freiheit. Verlag Freies Geistesleben, 2005. ISBN 3-7725-1619-X
  • Kiersch, Johannes: Die Waldorfpädagogik. Eine Einführung in die Pädagogik Rudolf Steiners. Reihe Praxis Anthroposophie 47, Verlag Freies Geistesleben, 1997. ISBN 3-7725-1247-X
  • Leber, Stefan (Hg.): Waldorfschule heute. Einführung in die Lebensformen einer Pädagogik. Mit Beiträgen von Michaela Glöckler, Christoph Gögelein, Wenzel Götte, Freya Jaffke, Ernst-Michael Kranich, Helmut von Kügelgen, Stefan Leber, Manfred Leist, Christoph Lindenberg, Walter Riethmüller, Christian Rittelmeyer und Hartwig Schiller. Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 2001. ISBN 3-7725-1221-6
  • Richter, Tobias: Pädagogischer Auftrag und Unterrichtsziele. Vom Lehrplan der Waldorfschule. Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 2002. ISBN 3-7725-0269-5
  • Schad, Wolfgang: Erziehung ist Kunst. Pädagogik aus Anthroposophie. Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 1994. (Vergriffen, Neuauflage steht noch nicht fest.) ISBN: 3-7725-1204-6
  • Steiner, Rudolf: Praxis der Waldorfpädagogik (10 Vorträge, Themen aus dem Gesamtwerk Band 21). Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 2004. ISBN 3-7725-0091-9

Negativ wertende Literatur

  • Bierl, Peter: Die Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik. 1999. ISBN 3-89458-171-9
  • Jacob, Sybille-Christin und Drewes, Detlef: Aus der Waldorf-Schule geplaudert. Warum die Steiner-Pädagogik keine Alternative ist. Aschaffenburg: Alibri, 2001. ISBN 3-932710-28-2
  • Prange, Klaus: Erziehung zur Anthroposophie - Darstellung und Kritik der Waldorfpädagogik. Bad Heilbrunn: Klinkhard, 2000. ISBN 3-7815-1089-1
  • Rudolph, Charlotte: Waldorf-Erziehung: Wege zur Versteinerung. DTV, 1988. ISBN 3-472-61727-6
  • Wagemann, Paul-Albert und Kayser, Martina: Wie frei ist die Waldorfschule? W. Heyne Verlag, 2002. ISBN 3-453-09147-7
  • Weibring, Juliane: Die Waldorfschule und ihr religiöser Meister - Waldorfpädagogik aus feministischer und religionskritischer Perspektive. ATHENA, 1998. ISBN 3-932740-21-1

Weblinks

Waldorfpädagogik
Offizielle Seiten

Sonstiges

Kritische Auseinandersetzung
Pro:

Contra:

Sonstiges


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Waldorfschule aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.