Scholastik und Vollkommenheit: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Scholastik''', abgeleitet vom mittellateinischen ''scholasticus'' „Schulmeister“ (als Adjektiv „schulisch“), ist eine wissenschaftliche Denkweise und Methode, die in der [[Wikipedia:mittelalter|mittelalter]]lichen lateinischsprachigen Gelehrtenwelt entwickelt wurde. Scholastik war der Versuch, die christliche Glaubensoffenbarung rational zu untersetzen und in ein theoretisches System zu bringen. Vorstufen entstanden im [[Wikipedia:Hochmittelalter|Hochmittelalter]]. Im [[Wikipedia:Spätmittelalter|Spätmittelalter]] wurde diese Methode voll ausgebildet und beherrschte das gesamte höhere Bildungswesen. Noch in der [[Wikipedia:Frühe Neuzeit|Frühen Neuzeit]] war sie an Universitäten und Bildungseinrichtungen maßgeblich.
'''Vollkommenheit''' bezeichnet einen Zustand, der sich nicht noch weiter verbessern lässt. Vollkommen nimmt dabei eine Mehrfachbedeutung an: einerseits im Sinne von '''Makellosigkeit''' (lat. ''integritas''), also ein von [[Schaden|Beschädigungen]] freier Zustand, andererseits im Sinne von ''zum Vollen kommen'' bzw. '''Vollendung''' (lat. ''perfectio''), also als finales Ergebnis einer abschließbaren Serie von Verbesserungen als absolute innere [[Zweckmäßigkeit]]. Gemein ist diesen beiden Bedeutungen der Kontext von '''Unübertrefflichkeit''' - der makellose bzw. vollendete Zustand ist jeweils ein Maximum des jeweils real Erreichbaren - hierin erinnert er an das Begriffsfeld [[Ideal (Philosophie)|Ideal]].


Mit „Scholastik“ wird auch die Epoche, in der diese Methode an den Universitäten herrschte, oder auch die Gesamtheit der [[Wikipedia:Philosophie des Mittelalters|mittelalterlichen Philosophie]] und [[Wikipedia:Theologie|Theologie]] (einschließlich der frühmittelalterlichen) bezeichnet. Solcher Sprachgebrauch entspricht jedoch teilweise nicht der historischen Wirklichkeit, denn vor der Wende vom ersten zum zweiten Jahrtausend war die Scholastik noch nicht entwickelt worden, und im Spätmittelalter gab es bereits nichtscholastisches Geistesleben, den frühen [[Wikipedia:Humanismus|Humanismus]].
== Geschichte ==


Die Begriffe „Scholastik“ und „scholastisch“ werden auch im Zusammenhang mit anderen Epochen verwendet, um damalige Denkweisen zu bezeichnen, die der spätmittelalterlichen Scholastik angeblich oder tatsächlich ähnlich sind. Gelegentlich wird der Begriff sogar auf andere Kulturen angewendet, z. B. auf die indische Philosophiegeschichte.  
Das [[Wikipedia:Antike|antike]] bzw. [[Wikipedia:Mittelalter|mittelalterliche]] Konzept der Vollkommenheit kreist um den Begriff der [[Entelechie]]: die vollkommene [[Entität]] ist eine [[Ganzheit]], die darin gründet, dass alle ihre Teile einem gemeinsamen, 'ergänzenden' Zweck unterworfen sind.  
[[Platon]]s ''[[Timaios]] ''beschreibt einen vollkommenen Körper als ein in sich geschlossenes und geordnetes, und daher [[Schönheit|schönes]] [[Ganzheit|Ganzes]], das sich nicht weiter verändern kann (und muss) und nichts Seiendes außer sich hat.


==Definition==
Diese letzte Eigenschaft wird bei [[Aristoteles]] als die zentrale genommen; vollkommen ist ''„das, außerhalb dessen sich auch nicht ein einziger Teil finden lässt“'' ([[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaph]]. 4,16,1021bsq.). Vollkommen wird ein Objekt i.a., indem es eine verbessernde Veränderung durchläuft, bei der ein zunächst auf ein außer sich gerichtetes [[Telos (Philosophie)|Telos]] schließlich vollständig auf sich gerichtet ist und damit [[Selbstzweck]] wird. In der [[Ethik]] steht bei Aristoteles die [[Arete]] für sittliche Vollkommenheit. Von [[Thomas von Aquin]] stammt die Differenzierung des Vollkommenheitsbegriffs in Makellosigkeit und Vollendung (''„integritas sive perfectio“''). Spätestens seit Thomas ist Vollkommenheit auch ein klassisches Attribut [[Gott]]es. Dessen absolute Vollkommenheit ist ewig d.h. ungeworden und unverlierbar. Da es in Gott keine Akzidenzien gibt, hat Gott nicht die Vollkommenheit als Eigenschaft, sondern ist (wesensmäßig) vollkommen, ja die Vollkommenheit bzw. das Sein selbst (siehe [[Wikipedia:Natürliche Theologie|Natürliche Theologie]]).
Die Scholastik ist nicht auf eine bestimmte philosophische Richtung oder Schule und deren Thesen begrenzt. Es handelt sich vielmehr um eine Methode (siehe unten), deren Anwendung zu unterschiedlichsten Ergebnissen führen konnte und geführt hat. Das einzige, was allen Scholastikern gemeinsam war, ist die Anwendung der scholastischen Methode. Diese war damals die einzige im Universitätsbetrieb als wissenschaftlich akzeptierte Methode. Sie bestand in einer Weiterentwicklung der antiken [[Dialektik]], der Lehre vom richtigen (wissenschaftlich korrekten) Diskutieren. Inhaltlich gingen die Meinungen der Scholastiker zu den diskutierten Fragen teilweise auseinander. Da die Methode vom Wissenschaftsverständnis und der Logik des [[Aristoteles]] geprägt war und seine Schriften die wichtigsten Lehrbücher waren, war der Einfluss dieses Philosophen sehr groß. Man kann aber nicht Scholastik mit [[Wikipedia:Aristotelismus|Aristotelismus]] gleichsetzen. Es gab unter den Scholastikern auch Platoniker und Aristoteles-Kritiker. Im Prinzip konnte ein Scholastiker jeden Standpunkt vertreten, wenn er ihn nur methodisch sauber begründete. Praktisch wurde erwartet, dass man auf die Lehren bzw. [[Wikipedia:Dogma|Dogmen]] der [[Wikipedia:Kirche (Organisation)|Kirche]] Rücksicht nahm, was die Mehrheit der Scholastiker auch tat.


==Scholastischer Unterricht==
Das moderne Konzept der Vollkommenheit entstammt den [[Idealismus (Philosophie)|idealistischen]] Strömungen des [[Wikipedia:18. Jahrhundert|18. Jahrhunderts]] und ist eng an den Begriff des [[Fortschritt]]s geknüpft. Bei Kant und seinen Vorgängern [[Wikipedia:Christian Wolff (Universalgelehrter)|Christian Wolff]] und [[Wikipedia:Alexander Gottlieb Baumgarten|Alexander Gottlieb Baumgarten]] ist Vollkommenheit ein Begriff der [[Ontologie]]: sie bezeichnet die Vollständigkeit eines Seienden als Zusammentreffen aller möglichen Bestimmungen eines Gegenstands zu einer harmonischen Einheit oder Ordnung. Das Vollkommene ist ein 'Volles', eine Fülle mögliche Anteile, zu der kein weiterer Anteil mehr fehlt. Charakteristisch ist für das Vollkommene daher, dass es keiner weiteren Sache bedarf und daher a.) vollständig autonom und b.) keiner weiteren Entwicklung mehr fähig und somit zeitenthoben ist. Da sich zu jedem real Seienden, sofern es endlich ist, prinzipiell eine mögliche Ergänzung finden lässt, können demnach vollkommene Sachverhalte nur im Reich der [[Abstrakt]]ion oder bei Gott gefunden werden. Im Bereich des Endlichen hingegen wird Vollkommenheit eine regulative Idee; ein Zustand, der zwar nicht erreicht werden kann, aber unbedingt angestrebt werden muss - dies ist die ethische [[Perfektibilität]] des Menschen.
Die Scholastik ist – ihrem Ursprung und Wesen nach – aufs engste mit dem Unterricht verknüpft. Dessen Basis waren die vorhandenen Lehrbücher, die meist aus der [[Wikipedia:Antike|Antike]] stammten, zum Teil aber mittelalterliche Werke waren.


===Lehrbücher===
Die Idee des [[Nichts]] wurde im Laufe der Geschichte immer wieder mit der [[Idee]] der Vollkommenheit in Verbindung gebracht. "Drum besser wär's, dass nichts entstünde." ([[Arthur Schopenhauer]]: ''Die Welt als Wille und Vorstellung'', Kap. Von der Nichtigkeit und dem Leiden des Lebens)
In der [[Wikipedia:Fakultät|Fakultät]] der [[Sieben Freie Künste|Freien Künste]] (''Artistenfakultät'') befasste man sich mit Logik und Grammatik ([[Wikipedia:spekulative Grammatik|spekulative Grammatik]] als Sprachtheorie), Naturwissenschaft, [[Wikipedia:Metaphysik|Metaphysik]] und [[Ethik]]. Die wichtigsten Lehrbücher waren die einschlägigen Werke des Aristoteles, also das ''[[Wikipedia:Organon|Organon]]'' (seine Schriften zur Logik), ''Physik'', ''Über den Himmel'', ''Meteorologie'', ''Über die Tiere'', ''Über die Seele'', ''[[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]]'', ''[[Nikomachische Ethik]]'' usw. In der Theologischen Fakultät studierte man außer der [[Wikipedia:Bibel|Bibel]] vor allem die [[Wikipedia:Sentenz|Sentenz]]en des [[Wikipedia:Petrus Lombardus|Petrus Lombardus]]; es wurde von jedem Theologen erwartet, die Sentenzen zu [[Wikipedia:Sentenzenkommentar|kommentieren]]. In der Medizinischen Fakultät wurden in erster Linie die Werke [[Wikipedia:Galen|Galen]]s, ibn Sinas ([[Avicenna]]s) ''Canon medicinae'' und Schriften des [[Wikipedia:Isaak Ben Salomon Israeli|Isaak ben Salomon Israeli]] (Isaak Judaeus) dem Unterricht zugrunde gelegt. Bei den Juristen waren die Grundlagenwerke das [[Wikipedia:Corpus iuris civilis|Corpus iuris civilis]] (römisches Recht) und das [[Wikipedia:Corpus Iuris Canonici|Corpus iuris canonici]] (Kirchenrecht).


===Aufgabenstellung===
== Siehe auch ==
Die erste und grundlegende Aufgabe war, den Inhalt der Lehrbücher verständlich zu machen, also zu erläutern, was dort gemeint war, und mögliche Unklarheiten und Missverständnisse zu beseitigen. Besonders bei den Werken des Aristoteles war das dringend nötig, denn in den damals vorliegenden lateinischen Übersetzungen waren sie schwer verständlich und bedurften daher der Kommentierung. Dann sollte bewiesen werden, dass der Inhalt des Lehrbuchs gut begründet und in sich widerspruchsfrei war und auch keine Widersprüche zu evidenten Tatsachen oder zu anderen anerkannten Lehrbüchern vorlagen. Im nächsten Schritt ging es darum, Fragen zu stellen und selbständig zu lösen, die sich aus der Lektüre des Lehrbuchs ergaben. Eine weitere Stufe war, das Lehrbuch nur noch als Stichwortgeber für Fragen aller Art zu nehmen, die man interessant fand. Dabei bot sich dem Scholastiker Gelegenheit, seine eigene Philosophie ausführlich darzulegen.
{{Wikiquote|Vollkommenheit}}
* [[Anmut]], [[Entelechie]], [[Ganzheit]]
* [[Arete]]
* [[Kalokagathia]], [[Perfektibilität]]
* [[Schönheit]], [[Vollständigkeit]], [[Transzendentalien]]


===Lehrveranstaltungen===
== Literatur ==
Der scholastische Unterricht bestand aus Vorlesung (''lectio'') und Disputationen. Die Abhaltung dieser Lehrveranstaltungen stand ausschließlich den [[Wikipedia:Magister|Magister]]n zu. Die regelmäßig in allen Fakultäten unter der Leitung eines einzelnen Magisters stattfindenden Disputationen dienten der Erörterung und Klärung von Fragen ([[Wikipedia:Quaestio (Lehrpraxis)|Quaestionen]]) zu bestimmten vorher bekanntgegebenen Themen (''Quaestiones disputatae'', ''Quaestiones ordinariae''). Zweimal im Jahr fand die ''Disputatio de quolibet'' statt, eine (manchmal mehrtägige) strukturierte Diskussionsveranstaltung über beliebige Probleme, d. h. über alles, was geeignet war, Thema einer wissenschaftlichen Debatte zu sein. Die wesentlichen Argumente und die Ergebnisse der Disputationen wurden schriftlich festgehalten und veröffentlicht.
* Roland Galle: Art. ''Vollkommen/Vollkommenheit'', in: Karlheinz Barck et al. (Hrsg.): Ästhetische Grundbegriffe. Band 6. Stuttgart und Weimar 2005.
* Geoffrey Wainwright: Art. ''Vollkommenheit''. In: [[Wikipedia:Theologische Realenzyklopädie|Theologische Realenzyklopädie]] 35 (2003), S. 273-285 (mit weiterer Lit.)
* Władysław Tatarkiewicz:  O doskonałości (Ueber Vollkommenheit), Warschau, Państwowe Wydawnictwo Naukowe, 1976.


===Kommentarwesen===
[[Kategorie:Metaphysik]]
Da man von den Lehrbüchern ausging, deren gründliche Kenntnis und richtiges Verständnis vorrangiges Ziel war, war die scholastische Wissenschaft in erster Linie kommentierend. Ein sehr großer Teil der Werke der scholastischen Gelehrten bestand aus Kommentaren zu den Lehrbüchern. Die einfachste Art der Kommentierung waren [[Wikipedia:Glosse|Glosse]]n: Man trug im Lehrbuch zwischen den Zeilen oder am Rand Worterklärungen und sonstige, manchmal ausführliche Erläuterungen und Hinweise ein. Die nächste Stufe waren texterklärende, [[Wikipedia:Paraphrase|paraphrasierende]] Kommentare, die den Aufbau des Lehrbuchs darlegten, seine Gedankengänge in systematisch gegliederter Form präsentierten und seinen Inhalt in anderen Worten wiedergaben. Dann gab es „Quaestionenkommentare“, die Fragen zum Lehrbuch und deren Diskussion und schließliche Klärung mit der Beweisführung und Widerlegung von Gegenargumenten enthielten. Diese Kommentartypen (es gab auch Mischformen) entsprachen den Gattungen der Lehrveranstaltungen: der einfache textauslegende Kommentar entsprach der Vorlesung, der Quaestionenkommentar der Disputation.
[[Kategorie:Ästhetik]]
 
[[Kategorie:Grundbegriffe]]
===Summen===
Die Summen dienten der umfassenden, systematischen handbuchartigen Darstellung großer Wissensgebiete, etwa der Grammatik, der Logik oder gar der gesamten Theologie. Schon um [[Wikipedia:1146|1146]] hatte der Grammatiker [[Wikipedia:Petrus Helie|Petrus Helie]] die ''Summa super Priscianum'' verfasst, eine zusammenfassende Darstellung der Lehren des antiken Grammatikers [[Wikipedia:Priscian|Priscian]], die für die spekulative Grammatik (Sprachtheorie) der Scholastik richtungweisend wurde. [[Petrus Hispanus]] schrieb die ''Summulae logicales'', ein sehr populäres Logik-Lehrbuch, das bis ins 18. Jahrhundert hinein oft aufgelegt wurde. Unter den Summen der Theologie erzielte diejenigen des [[Thomas von Aquin]] die stärkste Nachwirkung ([[Wikipedia:Summa contra gentiles|Summa contra gentiles]] und [[Wikipedia:Summa theologica|Summa theologica]]). Auch bei den Juristen wurden große Teilbereiche des Stoffs in Summen dargestellt. Insbesondere die Dekretisten (Kirchenrechtler, die das [[Wikipedia:Decretum Gratiani|Decretum Gratiani]] studierten und auslegten), traten als Verfasser von Summen hervor, die bei ihnen zum Teil auch Kommentarcharakter hatten.
 
==Methode==
Ein scholastischer Kommentar zu einem Lehrbuch begann meist mit Fragen der Wissenschaftstheorie und Wissenschaftssystematik. Wenn es z. B. um die [[Seele]]nlehre ging, also um die maßgebliche Schrift des Aristoteles ''[[Wikipedia:De anima|De anima]]'' (''Über die Seele''), wurde zuerst gefragt: Kann es überhaupt eine Wissenschaft von der Seele geben? Was genau soll der Gegenstand dieser Wissenschaft sein? Inwiefern ist dieser Gegenstand geeignet, wissenschaftlich untersucht zu werden? Wie zuverlässig können Aussagen sein, die über die Seele gemacht werden? Ist die Wissenschaft von der Seele eine Naturwissenschaft? Wo ist diese Wissenschaft in das hierarchische System der Wissenschaften einzuordnen? Dann wandte man sich konkreten Einzelheiten zu, z. B.: Ist die Seele eine Substanz? Woraus besteht sie? Welcher Art sind die Wechselwirkungen zwischen ihr und dem Körper? Mit welchen Fähigkeiten ist sie ausgestattet? Ist die Seele eine Einheit, oder sind ihre Teile eigenständige Seelen, nämlich eine vegetative, die Stoffwechsel und Wachstum steuert, eine sensitive, die für Wahrnehmungen und Gefühle zuständig ist, und eine intellektive (Vernunft)? Wie verhält sich das bei Pflanzen und Tieren?
 
===Argumentationsstruktur===
Grundlegend war das Prinzip des Dialogs zwischen zwei Vertretern gegensätzlicher Auffassungen, aus dem sich die Lösung des gestellten Problems ergab, indem der eine den anderen widerlegte. Dieses Prinzip kam in der Disputation und im Quaestionenkommentar zur Geltung. Dabei wurde normalerweise nach einem festen Schema verfahren. Zuerst wurde die Frage vorgelegt: ''Es wird gefragt, ob … '' Dann wurden die Argumente erst der einen, dann der anderen Seite aufgezählt. Die Argumente waren im Sinne des aristotelischen [[Wikipedia:Syllogismus|Syllogismus]] strukturiert, wobei der Obersatz ''propositio maior'' und der Untersatz ''propositio minor'' genannt wurde. Dann wurde die Frage im einen oder anderen Sinne entschieden (''conclusio'' oder ''solutio'') und die Begründung für die Entscheidung gegeben. Anschließend folgte die Widerlegung der einzelnen Argumente der unterlegenen Seite. Widerlegt wurde entweder durch Bestreitung einer Prämisse (''per interemptionem'') oder durch Bestreitung ihrer Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall.
 
===Deduktives Prinzip===
Das typisch Scholastische war ein nahezu grenzenloses Vertrauen in die Macht und Zuverlässigkeit der [[Wikipedia:Deduktion|Deduktion]], des Schließens vom Allgemeinen auf das Besondere. Man nahm an, dass die fehlerfrei durchgeführte Deduktion zur Erkenntnis von allem vernunftmäßig Erkennbaren und zur Beseitigung aller Zweifel führen kann. Voraussetzung war die korrekte Anwendung der Regeln des Aristoteles, besonders seiner Lehre von den Trugschlüssen. Man ging von bestimmten allgemeinen Grundsätzen aus, von deren Richtigkeit man überzeugt war, und begann dann zu folgern, um ein Phänomen zu erklären oder eine These zu beweisen.
 
Der Grundsatz, den man im [[Wikipedia:Syllogismus|Syllogismus]] als Obersatz nahm, stammte sehr oft von Aristoteles. Solche Grundsätze waren z. B. ''Die Natur macht nichts vergeblich; alles, was sie erzeugt, hat einen Sinn und Zweck'' oder: ''Die Natur erzeugt immer das Beste, was sie hervorbringen kann.'' Weitere allgemein akzeptierte Grundsätze waren ''Der Mensch ist das vornehmste Lebewesen'' und ''Die Natur kümmert sich um das Höherwertige mehr als um das Geringerwertige''. Nun ging es um ein Phänomen, das dem anscheinend widerspricht, beispielsweise dieses: Es gibt beim Menschen (nach Ansicht der Scholastiker) häufiger angeborene Behinderungen und Missbildungen als bei Tieren, und bei Pflanzen kommen gar keine vor. Der Scholastiker will nun zeigen, dass die Grundsätze dennoch stimmen. Die Natur hat wie immer das Beste angestrebt, konnte aber aus bestimmten Gründen, die erklärt werden, gar nichts Besseres erreichen, weil in diesen Einzelfällen bestimmte Voraussetzungen sehr ungünstig waren. Das Resultat war das Beste, was unter solchen Umständen erreichbar war. Gerade weil der Mensch das vornehmste Lebewesen ist, ist er auch das komplexeste und damit störanfälligste. Das Ergebnis war also, dass alle Grundsätze stimmen, und man meinte verstanden zu haben, wie Behinderungen zustande kommen, obwohl die Natur sich auch in diesen Fällen die größte Mühe gibt.
 
Die Scholastiker waren überzeugt, dass theoretisches Wissen, das aus allgemeinen Grundsätzen logisch sauber hergeleitet wird, das sicherste Wissen ist, das es geben kann. Beobachtungen können falsch oder trügerisch sein oder falsch gedeutet werden, aber eine logisch saubere Folgerung aus einem allgemeingültigen Prinzip ist notwendigerweise irrtumsfrei. Darum mussten Phänomene, die einer solchen Folgerung zu widersprechen schienen, so gedeutet werden, dass sie in den von diesem Prinzip und seinen Konsequenzen gesetzten Rahmen hineinpassten. Dies wurde ''Bewahrung der Phänomene'' genannt und spielte besonders in der Physik und [[Astronomie]] eine zentrale Rolle. Ergaben sich aus einem allgemein anerkannten Grundsatz Folgerungen, die denen aus einem anderen Grundsatz widersprachen, so bemühte man sich zu zeigen, dass der Widerspruch nur scheinbar existiert und auf einem Missverständnis beruht.
 
===Umgang mit Autoritäten===
Bei Widersprüchen zwischen Aussagen anerkannter Autoritäten versuchte man meistens zu zeigen, wie man die Stellen so deuten kann, dass dabei herauskommt, dass beide Aussagen zutreffen. Die Scholastiker verfügten über ausreichende Möglichkeiten, Widersprüche aufzulösen, ohne allgemein anerkannte Lehrsätze aufgeben zu müssen:
* Es gibt verschiedene Deutungsebenen; manche Aussagen sind nur symbolisch gemeint oder sollen nur einem bestimmten Zweck (etwa einem didaktischen) dienen und sind nicht unbedingt als Tatsachenbehauptungen aufzufassen.
* Ein Begriff kann je nach Zusammenhang unterschiedliche Bedeutungen haben. Die Frage, ob er an der fraglichen Stelle mehrdeutig oder eindeutig ist, ist für das Verständnis entscheidend.
* Die meisten Aussagen beanspruchen nicht absolute Gültigkeit (''simpliciter''), sondern sollen nur in bestimmter Hinsicht und unter bestimmten Voraussetzungen (''secundum quid'') wahr sein. Ein Lehrsatz kann also durch präzise Begrenzung seines Geltungsbereichs gerettet werden.
 
Manche Magister bemühten sich aber nicht um harmonisierende Deutungen, sondern widersprachen einzelnen Lehrmeinungen der Autoritäten (sogar des Aristoteles) scharf. In der [[Wikipedia:Dynamik|Dynamik]] wich man von der aristotelischen Physik ab und entwickelte alternative Ideen ([[Wikipedia:Impetustheorie|Impetustheorie]], innerer Widerstand als bewegungshemmender Faktor).
 
==Gegner der Scholastik==
Die Scholastik hatte drei Arten von Gegnern:
* Konservative Antidialektiker wie [[Wikipedia:Rupert von Deutz|Rupert von Deutz]], Gerhoh von Reichersberg und [[Wikipedia:Bernhard von Clairvaux|Bernhard von Clairvaux]], denen die ganze Richtung missfiel. Sie meinten, dass die Anwendung der Methode auf theologische Fragen zu Folgerungen führen konnte, die mit der Lehre der Kirche unvereinbar waren.
* Humanisten. Prominente Humanisten – darunter [[Wikipedia:Petrarca|Petrarca]] und [[Wikipedia:Erasmus_von_Rotterdam|Erasmus]] – griffen die ganze scholastische Wissenschaft mit großer Schärfe an, weil sie steril sei und ihre Fragestellungen und Lösungen nutzlos und belanglos seien. Die Humanisten meinten, dass die Scholastiker Aristoteles nicht verstehen konnten, da sie ihn nur aus mangelhaften Übersetzungen kannten und aus der Perspektive des [[Averroes]] betrachteten. Außerdem verabscheuten die Humanisten die Sprache der Scholastiker, das spätmittelalterliche Latein mit seinen vielen scholastischen Fachbegriffen. Sie wollten nur antikes, klassisches Latein gelten lassen.
* Pioniere des modernen Wissenschaftsverständnisses in der frühen Neuzeit. Die Kritik der konservativen Antidialektiker und der Humanisten konnte der Scholastik wenig anhaben, denn sie hatten keine konstruktiven wissenschaftlichen Alternativen anzubieten. In der frühen Neuzeit entstand aber eine dritte Art von Gegnerschaft, die in einem langen Prozess das Ende der Scholastik herbeigeführt hat. Man wollte sich nicht mehr damit begnügen, Beobachtungen so zu deuten, dass sie mit vorgegebenen Prinzipien und deren Konsequenzen vereinbar waren und sich eine widerspruchsfreie Theorie ergab. Statt dessen begann man empirisch vorzugehen, also dem Erfahrungswissen Vorrang einzuräumen und davon ausgehend nötigenfalls die Prinzipien zu ändern oder aufzugeben. Diese Kritik zielte auf die Hauptschwäche der deduktiven scholastischen Methode, nämlich den Umstand, dass die Ergebnisse der Scholastiker trotz allen Scharfsinns nicht besser sein konnten als die Prämissen, von denen sie ausgingen. Außerdem ersetzte die frühneuzeitliche Naturwissenschaft das qualitätsbezogene Denken der Scholastiker teilweise durch ein quantitätsbezogenes.
 
==Geschichte==
Die Periodisierung der Scholastik ist sehr problematisch, weil die Entwicklung kontinuierlich verlaufen ist. Es ist kaum möglich, den einzelnen traditionell angenommenen Phasen (Früh-, Hoch- und Spätscholastik) anhand klar definierter Merkmale hinreichend deutliche Konturen zu geben und sie chronologisch nach inhaltlichen Kriterien einigermaßen sauber abzugrenzen. Das Phänomen Scholastik ist komplex und entzieht sich einfachen schematischen Einteilungsversuchen. Manche Forscher wollen sogar das achte, neunte und zehnte Jahrhundert als „Vorscholastik“ einbeziehen, weil es schon damals Gelehrsamkeit, ein Schulwesen und Interesse an Dialektik gab.
Prinzipiell kann man die Scholastik mit [[Wikipedia:Boethius|Boethius]] beginnen lassen. Dieser führte als erster [[Wikipedia:Neuplatoniker|Neuplatoniker]] die wissenschaftlichen Methoden des [[Aristoteles]] in seine Philosophie ein. Er war der erste der das Werk des Aristoteles systematisch kommentieren wollte. Dieses Werk kam jedoch nicht zum Abschluß. Für die Scholastik, insbesondere der thomistischen Richtung war Boethius eine der drei grossen Autoritäten neben [[Wikipedia:Augustinus|Augustinus]] und Pseudo-[[Wikipedia:Dionysios Areopagita|Dionysios Areopagita]]. Somit kann man die Zeit von 500 - 800 n. Chr. als Vorscholastik bezeichnen, ähnlich der Epoche der [[Wikipedia:Vorsokratiker|Vorsokratiker]] im 7. - 5. Jh. v. Chr.
 
Als Frühscholastik wird das elfte Jahrhundert (oder auch nur dessen zweite Hälfte) und zumindest der Anfang des zwölften betrachtet. Im Lauf des 12. Jahrhunderts soll ein langsamer Übergang zur Hochscholastik stattgefunden haben. Unklar ist auch die inhaltliche Abgrenzung von Hoch- und Spätscholastik; chronologisch soll die Grenze irgendwo im frühen 14. Jahrhundert liegen.
 
Eine Vorstufe der scholastischen Denkweise begegnet bei [[Wikipedia:Anselm von Canterbury|Anselm von Canterbury]] († 1109) in seinem Bestreben, zwingende philosophische Beweisgründe für theologische Aussagen zu finden ([[Wikipedia:Gottesbeweis|Gottesbeweis]]), und in seiner Verwendung von Dialogen. [[Wikipedia:Petrus Abaelardus|Petrus Abaelardus]] († 1142) erläuterte und demonstrierte in seiner Schrift ''[[Wikipedia:Sic et non|Sic et non]]'' einen methodischen Umgang mit Widersprüchen zwischen Autoritäten. Eine entscheidende Rolle spielte die im 2. Viertel des 12. Jahrhunderts begonnene, in den dreißiger Jahren des 13. Jahrhunderts größtenteils abgeschlossene Übersetzung der Schriften des Aristoteles ins Lateinische. Um 1235 lagen auch die Aristoteleskommentare des [[Averroes]] lateinisch vor. Dieses Schrifttum prägte fortan den Universitätsunterricht, und damit begann die scholastische Wissenschaft im eigentlichen Sinne. Die wesentlichsten Faktoren und Entwicklungen waren:
* die Ablösung der traditionellen, von den platonisch beeinflussten Ansichten des Kirchenvaters [[Wikipedia:Augustinus|Augustinus]] geprägten Theologie und Philosophie durch den Aristotelismus. [[Wikipedia:Albertus Magnus|Albertus Magnus]] († 1280) strebte noch eine Synthese von [[platon]]ischen und aristotelischen Ideen an, sein Schüler [[Thomas von Aquin]] († 1274), der Begründer des [[Wikipedia:Thomismus|Thomismus]], beseitigte die platonischen Elemente und sicherte den Sieg eines an die Erfordernisse des katholischen Glaubens angepassten Aristotelismus.
* [[Wikipedia:Roger Bacon|Roger Bacon]] († um 1292) erkannte scharfsinnig die Schwächen des scholastischen Wissenschaftsbetriebs, vor allem seine extreme Theorielastigkeit, und versuchte, durch stärkere Einbeziehung von Erfahrungswissen einen Ausgleich zu schaffen. Mit seinem in die Zukunft weisenden Konzept einer Erfahrungswissenschaft (''scientia experimentalis'') und einer Fülle kühner, neuartiger Ideen eilte er seinen Zeitgenossen voraus. Er machte sich aber durch seine Neigung zu schroffer, schonungsloser Kritik in weiten Kreisen unbeliebt, und seine Ansätze wurden nicht so aufgegriffen, wie es für eine umfassende Reform der Scholastik erforderlich gewesen wäre.
* Im [[Wikipedia:Franziskanerorden|Franziskanerorden]] bildete sich eine Strömung (''Franziskanerschule''), die zwar die scholastische Methode übernahm, aber den Einfluss des Aristotelismus begrenzen und traditionelle platonisch-augustinische Ideen bewahren wollte, vor allem in der [[Wikipedia:Anthropologie|Anthropologie]]. Führende Vertreter dieser Richtung waren [[Wikipedia:Robert Grosseteste|Robert Grosseteste]], [[Wikipedia:Alexander von Hales|Alexander von Hales]], [[Wikipedia:Bonaventura|Bonaventura]] und schließlich [[Wikipedia:Johannes Duns Scotus|Johannes Duns Scotus]] († 1308), der Begründer des Scotismus. Franziskaner, insbesondere Scotisten wurden zu den wichtigsten Gegenspielern des Thomismus.
* Es entstand eine Strömung radikaler Aristoteliker, die den Auffassungen des Aristoteles und des Averroes auch in den Punkten folgte, in denen sie mit der kirchlichen Lehre kaum vereinbar waren (siehe [[Wikipedia:Averroismus|Averroismus]]). Dies führte wiederholt zu heftigen Reaktionen der kirchlichen Hierarchie, die die Verbreitung solcher Ansichten verbot. Die Averroisten leisteten hartnäckig stillen Widerstand.
* [[Wikipedia:Wilhelm von Ockham|Wilhelm von Ockham]] († 1349) wurde zum Vorkämpfer einer revolutionären Auffassung, die vereinzelt schon im 11. Jahrhundert in etwas anderer Form vertreten worden war. Sie radikalisierte die aristotelische Kritik an der [[Ideenlehre]] Platons, indem sie den Ideen (Universalien) keinerlei wirkliche Existenz zubilligte ([[Nominalismus]] oder nach anderer Terminologie [[Konzeptualismus]]). Diese Auffassung war mit der katholischen [[Trinität]]slehre unvereinbar. Der dadurch ausgelöste [[Universalienproblem|Universalienstreit]] zwischen Nominalisten/Konzeptualisten und Universalienrealisten (Platonikern) wurde zu einem Hauptthema der Scholastiker. Zu den führenden Nominalisten/Konzeptualisten zählte [[Wikipedia:Johannes Buridan|Johannes Buridanus]]. An den Universitäten nannte man später den Nominalismus/Konzeptualismus ''via moderna'' im Unterschied zur ''via antiqua'' der (teils radikalen, teils gemäßigten) Universalienrealisten. Tatsächlich war der Gegensatz zwischen Nominalisten und Realisten noch weit tiefer als die Gegensätze zwischen Thomisten, Scotisten und anderen nichtnominalistischen Richtungen.
 
==Spätscholastik und Neuscholastik==
Auch nach der Blütezeit der mittelalterlichen Scholastik erlebte die Methode mehrfach eine Renaissance. Unter dem Begriff [[Wikipedia:Spätscholastik|Spätscholastik]] oder Zweite Scholastik versteht man eine theologisch-juristische Bewegung, die an [[Thomas von Aquin]] anknüpft. Sie nahm in Paris ihren Ausgangspunkt und wurde in der spanischen Schule von [[Wikipedia:Salamanca|Salamanca]] ([[Wikipedia:Francisco de Vitoria|Francisco de Vitoria]], [[Wikipedia:Domingo de Soto|Domingo de Soto]]) fortgesetzt. In der Spätscholastik wurden zentrale Grundsätze des [[Wikipedia:Völkerrecht|Völkerrecht]]s sowie des Strafrechts ([[Wikipedia:Strafe|Strafe]]) entwickelt.
 
Unter [[Wikipedia:Neuscholastik|Neuscholastik]] versteht man eine Strömung in der katholischen Theologie des 19. bis 21. Jahrhunderts, die an spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Ideen anknüpfte. Dabei spielte der [[Wikipedia:Neuthomismus|Neuthomismus]] die weitaus wichtigste Rolle. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch die Enzyklika [[Wikipedia:Aeterni Patris|Aeterni Patris]] von Papst [[Wikipedia:Leo XIII.|Leo XIII.]], die die herausragende Bedeutung der Scholastik für die [[Wikipedia:katholische Philosophie|katholische Philosophie]] betonte.
 
==Namhafte Scholastiker==
 
* [[Wikipedia:Accursius|Accursius]], Adam von Bocfeld, [[Wikipedia:Ägidius von Rom|Ägidius von Rom]], [[Wikipedia:Albertus Magnus|Albertus Magnus]], [[Wikipedia:Baldus de Ubaldis|Baldus de Ubaldis]], [[Wikipedia:Bartolus de Saxoferrato|Bartolus de Saxoferrato]], [[Wikipedia:Berthold von Moosburg (Dominikaner)|Berthold von Moosburg|]], Blasius von Parma, Campanus von Novara, [[Wikipedia:Dietrich von Freiberg|Dietrich von Freiberg]], [[Wikipedia:Meister Eckhart|Meister Eckhart]], [[Wikipedia:Engelbert von Admont|Engelbert von Admont]], Gentile da Cingoli (Gentilis de Cingulo), Gerhard von Abbeville, Gottfried von Fontaines, Guido Terreni, Heinrich Bate, Heinrich von Gent, Heinrich von Harclay, [[Wikipedia:Heinrich von Langenstein|Heinrich von Langenstein]], Heinrich Totting von Oyta, Heymericus de Campo, Hugo Ripelin von Straßburg, Hugo von Saint-Cher, Jakob von Metz, [[Wikipedia:Jakob von Viterbo|Jakob von Viterbo]], Johannes Dumbleton, Johannes von Glogau, Johannes de Ripa, [[Wikipedia:Johannes de Sacrobosco|Johannes de Sacrobosco]], [[Wikipedia:Jordanus de Nemore|Jordanus de Nemore]], [[Wikipedia:Konrad von Megenberg|Konrad von Megenberg]], [[Wikipedia:Marsilius von Padua|Marsilius von Padua]], Martinus de Dacia, Matthäus von Acquasparta, [[Wikipedia:Nikolaus von Oresme|Nikolaus von Oresme]], Paulus von Venedig, Petrus von Abano, Petrus de Alvernia, Petrus Hispanus (möglicherweise <ref>Angel d'Ors: ''Petrus Hispanus O.P., Auctor Summularum'', in: Vivarium 35 (1997), 21-71 beispielweise identifiziert Petrus Hispanus mit einem anderen Dominikaner, nicht mit Johannes XXI. Siehe dazu ausführlicher [http://plato.stanford.edu/entries/peter-spain/ Joke Spruyt (2001): ''Peter of Spain'']</ref> Papst [[Wikipedia:Johannes XXI.|Johannes XXI.]]), Radulfus Brito, Raimund von Peñafort, Richard Swineshead, Robert Holcot, [[Wikipedia:Robert Kilwardby|Robert Kilwardby]], [[Wikipedia:Roger Bacon|Roger Bacon]], Simon von Faversham, [[Wikipedia:Thomas Bradwardine|Thomas Bradwardine]], [[Wikipedia:Thomas von Erfurt|Thomas von Erfurt]], Walter Burley, Wilhelm von Alnwick, [[Wikipedia:Wilhelm von Auvergne|Wilhelm von Auvergne]], [[Wikipedia:Wilhelm von Auxerre|Wilhelm von Auxerre]], Wilhelm Heytesbury, Wilhelm von Sherwood, [[Wikipedia:Witelo|Witelo]]
* Thomisten: Ägidius von Lessines, Bartholomäus (Ptolomäus) von Lucca, Bernhard von Trilia, Dominicus de Flandria, Durandus de Sancto Porciano, Herveus Natalis, Johannes Capreolus, Johannes von Neapel, Johannes von Paris (Jean Quidort, [[Wikipedia:Johannes Quidort von Paris|Johannes Quidort von Paris]]), Johannes Versor, Remigius von Florenz, Richard Knapwell, [[Wikipedia:Thomas von Aquin|Thomas von Aquin]], Thomas von Sutton
* Averroisten: Bartholomäus von Brügge, Boethius von Dacien, Ferrandus de Hispania, Jacobus de Pistoia, Jacobus de Placentia, Johannes von Jandun, Matthäus von Gubbio, [[Wikipedia:Siger von Brabant|Siger von Brabant]], Thaddäus von Parma, Theoderich von Erfurt, Thomas Wilton
* Ältere und mittlere [[Wikipedia:Franziskaner|Franziskaner]]schule: [[Wikipedia:Alexander von Hales|Alexander von Hales]], Eustachius von Arras, [[Wikipedia:Johannes Bonaventura|Johannes Bonaventura]], Johannes Peckham, Johannes de Rupella, Petrus Johannis Olivi, Petrus de Trabibus, Richard von Mediavilla, Richardus Rufus, [[Wikipedia:Robert Grosseteste|Robert Grosseteste]], Thomas von York, Wilhelm de la Mare, Wilhelm von Ware
* Scotisten (jüngere Franziskanerschule): Antonius Andreas (Andreä), Franciscus de Marchia, Franciscus von Meyronnes, Hugo de Novo Castro, Jacobus de Aesculo, [[Wikipedia:Johannes Duns Scotus|Johannes Duns Scotus]], Walter von Chatton
* Nominalisten/Konzeptualisten: Adam Wodham, [[Wikipedia:Albert von Sachsen|Albert von Sachsen]], [[Wikipedia:Gabriel Biel|Gabriel Biel]], [[Wikipedia:Jean Gerson|Jean Gerson]], [[Wikipedia:Johannes Buridan|Johannes Buridanus|]], [[Wikipedia:Marsilius von Inghen|Marsilius von Inghen]], [[Wikipedia:Nikolaus von Autrecourt|Nikolaus von Autrecourt]], [[Wikipedia:Pierre d’Ailly|Pierre d’Ailly]], Wilhelm (Johannes) Crathorn, [[Wikipedia:Wilhelm von Ockham|Wilhelm von Ockham]]
 
 
==Literatur==
* Martin Grabmann: ''Die Geschichte der scholastischen Methode'', Akademie-Verlag, Berlin 1988, ISBN 3-05-000592-0
* Peter Schulthess und Ruedi Imbach: ''Die Philosophie im lateinischen Mittelalter'', Zürich 1996, ISBN 3-7608-1218-X
* Jorge J.E. Gracia und Timothy B. Noone: ''A Companion to Philosophy in the Middle Ages'', Malden 2003, ISBN 0-631-21672-3
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/medieval-philosophy/ P. V. Spade, ''Medieval Philosophy'', 2004.}}


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[[Kategorie:Philosophie]]

Version vom 30. Juni 2015, 14:56 Uhr

Vollkommenheit bezeichnet einen Zustand, der sich nicht noch weiter verbessern lässt. Vollkommen nimmt dabei eine Mehrfachbedeutung an: einerseits im Sinne von Makellosigkeit (lat. integritas), also ein von Beschädigungen freier Zustand, andererseits im Sinne von zum Vollen kommen bzw. Vollendung (lat. perfectio), also als finales Ergebnis einer abschließbaren Serie von Verbesserungen als absolute innere Zweckmäßigkeit. Gemein ist diesen beiden Bedeutungen der Kontext von Unübertrefflichkeit - der makellose bzw. vollendete Zustand ist jeweils ein Maximum des jeweils real Erreichbaren - hierin erinnert er an das Begriffsfeld Ideal.

Geschichte

Das antike bzw. mittelalterliche Konzept der Vollkommenheit kreist um den Begriff der Entelechie: die vollkommene Entität ist eine Ganzheit, die darin gründet, dass alle ihre Teile einem gemeinsamen, 'ergänzenden' Zweck unterworfen sind. Platons Timaios beschreibt einen vollkommenen Körper als ein in sich geschlossenes und geordnetes, und daher schönes Ganzes, das sich nicht weiter verändern kann (und muss) und nichts Seiendes außer sich hat.

Diese letzte Eigenschaft wird bei Aristoteles als die zentrale genommen; vollkommen ist „das, außerhalb dessen sich auch nicht ein einziger Teil finden lässt“ (Metaph. 4,16,1021bsq.). Vollkommen wird ein Objekt i.a., indem es eine verbessernde Veränderung durchläuft, bei der ein zunächst auf ein außer sich gerichtetes Telos schließlich vollständig auf sich gerichtet ist und damit Selbstzweck wird. In der Ethik steht bei Aristoteles die Arete für sittliche Vollkommenheit. Von Thomas von Aquin stammt die Differenzierung des Vollkommenheitsbegriffs in Makellosigkeit und Vollendung („integritas sive perfectio“). Spätestens seit Thomas ist Vollkommenheit auch ein klassisches Attribut Gottes. Dessen absolute Vollkommenheit ist ewig d.h. ungeworden und unverlierbar. Da es in Gott keine Akzidenzien gibt, hat Gott nicht die Vollkommenheit als Eigenschaft, sondern ist (wesensmäßig) vollkommen, ja die Vollkommenheit bzw. das Sein selbst (siehe Natürliche Theologie).

Das moderne Konzept der Vollkommenheit entstammt den idealistischen Strömungen des 18. Jahrhunderts und ist eng an den Begriff des Fortschritts geknüpft. Bei Kant und seinen Vorgängern Christian Wolff und Alexander Gottlieb Baumgarten ist Vollkommenheit ein Begriff der Ontologie: sie bezeichnet die Vollständigkeit eines Seienden als Zusammentreffen aller möglichen Bestimmungen eines Gegenstands zu einer harmonischen Einheit oder Ordnung. Das Vollkommene ist ein 'Volles', eine Fülle mögliche Anteile, zu der kein weiterer Anteil mehr fehlt. Charakteristisch ist für das Vollkommene daher, dass es keiner weiteren Sache bedarf und daher a.) vollständig autonom und b.) keiner weiteren Entwicklung mehr fähig und somit zeitenthoben ist. Da sich zu jedem real Seienden, sofern es endlich ist, prinzipiell eine mögliche Ergänzung finden lässt, können demnach vollkommene Sachverhalte nur im Reich der Abstraktion oder bei Gott gefunden werden. Im Bereich des Endlichen hingegen wird Vollkommenheit eine regulative Idee; ein Zustand, der zwar nicht erreicht werden kann, aber unbedingt angestrebt werden muss - dies ist die ethische Perfektibilität des Menschen.

Die Idee des Nichts wurde im Laufe der Geschichte immer wieder mit der Idee der Vollkommenheit in Verbindung gebracht. "Drum besser wär's, dass nichts entstünde." (Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung, Kap. Von der Nichtigkeit und dem Leiden des Lebens)

Siehe auch

Literatur

  • Roland Galle: Art. Vollkommen/Vollkommenheit, in: Karlheinz Barck et al. (Hrsg.): Ästhetische Grundbegriffe. Band 6. Stuttgart und Weimar 2005.
  • Geoffrey Wainwright: Art. Vollkommenheit. In: Theologische Realenzyklopädie 35 (2003), S. 273-285 (mit weiterer Lit.)
  • Władysław Tatarkiewicz: O doskonałości (Ueber Vollkommenheit), Warschau, Państwowe Wydawnictwo Naukowe, 1976.


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