Kundalini

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Die 7 Hauptchakras des Menschen. Die Kundalinkraft ruht in schlangenartiger Gestalt zusammengerollt im untersten Chakra, dem vierblättrigen Wurzelchakra.

Kundalini (skrt., f., कुण्डलिनी, kuṇḍalinī, von kundala "gerollt, gewunden") auch Kundalini-Schlange, Schlangenkraft oder Shakti (eine Erscheinungsform der Göttin Devi) genannt, ist nach der tantrischen Lehre die göttliche Kraft in ihrer individuellen Inkarnation im Menschen, die schlafende Lebenskraft oder Prana in seiner potentiellen, ruhenden Form, die Energie und Essenz des Lebens gleichermaßen, und hängt eng mit den (mütterlichen) Reproduktionskräften zusammen. Sie ist die Kraft im Menschen, die der mater, der Materie, am nächsten steht und bildet die Brücke zwischen der physischen und astralen Substanz.

Die Kundalini-Kraft

Die Kundalini-Kraft ruht am unteren Ende der Wirbelsäule, symbolisiert durch die in dreieinhalb Windungen zusammengerollte Schlange, die im Wurzelchakra, der vierblättrigen Lotosblume bewusstlos schläft. Einmal erweckt, kann sie zur höchsten Kraft der Liebe oder zur im höchsten Maß gesteigerten reinen Begierde werden. In Goethes Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie wird diese tief unbewusste Kraft durch die grüne Schlange repräsentiert.

Kundalini-Feuer und Kundalini-Licht

Das Kundalinifeuer ist das Band, das den physischen Leib während des ganzen irdischen Lebens mit dem Astralleib verbindet, die sogenannte Silberschnur. Wenn im Schlaf die oberen Teile des Astralleibs aus dem Leib herausgehoben sind, erscheint die Silberschnur dem hellsichtigen Blick als feines silbrig leuchtendes Band, das in der Nabelgegend in den Leib einmündet. Beim Tod reißt diese silberne Perlenschnur und der Astralleib kann nicht mehr in den Leib zurückkehren.

"Was besteht für eine Verbindung zwischen dem Astralleib und dem physischen Leib, was kettet das astrale Ohr an das physische Ohr? Und warum kehrt der Astralkörper, [der während des Schlafens vom physischen Körper getrennt ist], wieder zurück? Es könnten interessante Fragen aufgeworfen werden. Nehmen wir zum Beispiel an, ein Mensch fühlte sich furchtbar unglücklich. Nun ist er während der Nacht in seinem Astralleib. Das Leid hat seinen Ursprung im Physischen. Er könnte nun den Entschluß fassen, [mit seinem Astralleib] nicht mehr zurückzukehren, dann wäre das ausgeführt, was man einen astralen Selbstmord nennen würde.

Also, was verbindet den astralischen Leib mit dem physischen Leib und seinen Organen, und was führt ihn wieder zurück? Da besteht eine Art von Band, eine Verbindung, die eine Zwischenmaterie ist zwischen physischer und astraler Materie. Und das nennt man das Kundalinifeuer. Wenn Sie einen schlafenden Menschen haben, so können Sie im Astralen immer den Astralkörper verfolgen. Sie haben einen leuchtenden Streifen bis dahin, wo der Astralkörper ist. Es ist immer der Ort aufzufinden. Wenn sich der Astralkörper entfernt, dann wird in demselben Maße das Kundalinifeuer dünner und dünner. Eine immer dünnere und dünnere Spur ist es; es wird immer mehr wie ein dünner Nebel. Wenn Sie nun dieses Kundalinifeuer genau ansehen, dann ist es nicht gleichförmig. Es werden in demselben gewisse Stellen leuchtender und dichter sein, und das sind die Stellen, welche das Astrale wieder zu dem Physischen hinführen. Der Sehnerv ist also durch ein dichteres Kundalinifeuer verbunden mit einem astralen Nerven.

Leadbeater wollte [in seinem Buch «Die Astral-Ebene»] nicht darauf eingehen zu sagen, ob ein solcher astraler Selbstmord möglich ist. Es kann das Kundalinifeuer mit dem Astralkörper nicht ganz aus dem physischen Leib herausgehoben werden. Würde es nun eintreten, daß ein Mensch den Entschluß faßt, nicht mehr zurückzukommen, so würde das Kundalinifeuer ihn fortwährend hinabziehen; es ist so, als ob er noch zum physischen Leib gehörte. Es ist die Spur des Kundalinifeuers, die er verfolgt. Wenn die Lebenskraft noch nicht erschöpft ist, so ist es sehr schwer, den Astralkörper aus dem physischen Körper herauszuheben. Es ist sehr schwer, wenn jemand an dem physischen Körper hängt, den er nicht mehr gebrauchen kann. In dieser Beziehung ist das Schicksal des Selbstmörders und das des Verunglückten nicht in erheblichem Maße voneinander verschieden." (Lit.: GA 88, S 237f)

Als Kundalinilicht offenbart sich Kundalini als das Astrallicht, das aus dem Inneren kommt, und die geistige Welt beleuchtet und so die geistige Wahrnehmung erweckt. In einem Notizbuch Steiners aus dem Jahr 1906 heißt es:

"Man muß im Astralkörper selbst eine zweite Hälfte unterscheiden: wie der andere Pol beim Magneten.

Beim Manne ist der zweite Astralkörper weiblich; beim Weibe ist der zweite Astralkörper männlich, das heißt der Astralkörper ist hermaphroditisch. Das Kundalinifeuer ist nun die im zweiten Astralkörper erregte Tätigkeit, die zunächst Wärme und Licht ist.

Solange das Kundalinifeuer nicht erregt wird, tastet man zwischen den Gegenständen und Wesen der höheren Welt; wie in der Nacht zwischen den physischen Gegenständen. Ist das Kundalinifeuer da, so beleuchtet man sich selbst die Gegenstände." (Lit.: Beiträge 51/52, S 21)

Dass sich Kundalini als Kundalinilicht und als Kundalinifeuer offenbart, weist auf die Polarität von Licht und Liebe, die sich im Zuge der geistigen Entwicklung durchdringen und zu einer Kraft verbinden müssen. Das ist auch das Hauptthema von Steiners erstem Mysteriendrama Die Pforte der Einweihung. Im 11. Bild sagt Theodosius, der den Geist der Liebe repräsentiert, zur andren Maria, deren Urbild sich im Verlauf des Dramas als Seele der Liebe offenbart (Lit.: GA 14, S 150f):

Es war dein Schicksal eng verbunden
Mit deiner höhern Schwester Leben.
Ich konnte ihr der Liebe Licht,
Doch nicht der Liebe Wärme geben,
So lange du beharren wolltest,
Dein Edles aus dem dunklen Fühlen nur
In dir erstehn zu lassen,
Und nicht in vollem Weisheitslichte
Es klar zu schauen dir erstrebtest.
In dunkler Triebe Wesen reicht
Des Tempels Einfluß nicht,
Auch wenn sie Gutes wirken wollen.

Die Erweckung der Kundalini-Kraft

Die Erweckung der Kundalini-Kraft erfolgt auf einem entsprechenden Schulungsweg, etwa auf dem des Kundalini-Yoga. Dabei steigt die Kundalini-Kraft in der Regel schrittweise von unten nach oben auf, wobei nach und nach die über dem Wurzelchakra liegenden Lotosblumen im Prozess des Satchakrabedha (skrt. Sechschakrendurchstechen) "durchstochen" werden. Erst wenn die Kundalini-Kraft das Scheitelchakra erreicht, vereinigt sie sich mit den kosmisch-spirituellen Kräften, der Weltseele, denen Kundalini ihren Ursprung verdankt. Das Scheitelchakra ist allerdings nur schwer zu erreichen, oft zieht sich die Kundalinikraft auch wieder zurück, ehe sie noch das Nabelchakra erreicht. Deswegen, und weil dieser Weg, unmittelbar vom Wurzelchakra aufzusteigen, mit Gefahren verbunden ist, da diese tief unbewussten Kräfte nur schwer zu beherrschen sind und sehr leicht eine zerstörerische Wirkung bis in die Physis hinein hervorrufen können, wird in vielen Schulen daher zuerst das Herzzentrum entwickelt, von dem aus die Entwicklung viel bewusster geführt werden kann.

Die Erweckung der Kundalini führt zu einer nicht fieberartigen Erhöhung der Körpertemperatur, die vorallem als aufsteigende Wärme entlang der Wirbelsäule spürbar wird. Manchmal kündigt sich das Erwachen der Kundalini auch in den Träumen an. Gelegentlich kann die Kundalini auch spontan ohne entsprechende Schulung erwachen, was oft von Fieberschüben und dem Hören von Stimmen oder intensiven Visionen begleitet sein kann, die leicht als Anzeichen geistiger Erkrankungen missdeutet werden können.

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Vier Mysteriendramen, GA 14 (1998), ISBN 3-7274-0140-0; Tb 607 (I + II), ISBN 978-3-7274-6070-8 + Tb 608 (III + IV), ISBN 978-3-7274-6080-7
  2. Rudolf Steiner: Über die astrale Welt und das Devachan, GA 88 (1999), ISBN 3-7274-0880-4
  3. Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Heft 51/52: Der Weg zur höheren Erkenntnis im Lebenswerk und Lebensgang Rudolf Steiners, Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung, Dornach 1975
  4. Sir John Woodroffe: The Serpent Power, Madras: Ganesh & Co., 1978
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.