Molekülstruktur

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Essigsäure-Molekül (CH3COOH) als Keilstrichformel dargestellt.

Die Molekülstruktur oder Molekularstruktur beschreibt die relative räumlich-geometrische Anordnung der Atome, aus denen ein Molekül aufgebaut wird. Sie kann durch verschiedene spektroskopische Methoden (z.B. IR-Spektroskopie, NMR-Spektroskopie) und bei kristallisierten Substanzen, bei denen die Moleküle in ein regelmäßiges Kristallgitter eingebaut sind, mittels Kristallstrukturanalyse bzw. Röntgenstrukturanalyse experimentell ermittelt werden.

Molekülgeometrie

Die Molekülgeometrie kann in einem dreidimensionalen kartesischen Koordinatensystem oder auch durch die Angabe der Bindungslängen und Bindungswinkel mathematisch erfasst und durch verschiedenen Formen von Strukturformeln veranschaulicht werden. Dabei können verschiedene Strukturaspekte ins Auge gefasst werden.

Konstitution

Die Konstitution gibt in einem zweidimensionalen Schema die Art (Einfachbindung, Doppelbindung, Dreifachbindung) und Menge der chemischen Bindungen zwischen den am Aufbau des Moleküls beteiligten Atomen wieder und kann durch eine entsprechende Konstitutionsformel oder Valenzstrichformel oder in stärker abstrahierter Form auch durch eine Skelettformel dargestellt werden.

Ansicht von n-Butan entlang der Bindung zwischen dem 2. und 3. Kohlenstoffatom
Verschiedene Konformere des n-Butans in Newman-Projektion.
Verbindung Summenformel Konstitutionsformel Valenzstrichformel Skelettformel
Propan C3H8 CH3-CH2-CH3
Propan
Propan
Propan (Skelettformel mit eingezeichneten endständigen Methylgruppen) oder Propan (Skelettformel)

Konfiguration

Die Konfiguration zeigt die dreidimensionale räumliche Anordnung der Atome, wobei aber mögliche Drehungen um Einfachbindungen unberücksichtigt bleiben. Sie kann durch eine Keilstrichformel veranschaulicht werden:

Verbindung Keilstrichformel
Propan Propan

Konformation

Die Konformation berücksichtigt die verschiedenen räumlichen Anordnungen, die sich durch Drehungen um Einfachbindungen ergeben. Sie können z.B. durch die von Melvin Spencer Newman (1908-1993) eingeführte Newman-Projektion visuell dargestellt werden.

Cycloalkane wie z.B. Cyclohexan (C6H12) bilden verschiedene Konformere, die im dynamischen Gleichgewicht miteinander stehen. Die Sessel-Konformation ist bei Raumtemperatur energetisch am stabilsten, weshalb etwa 99% der Cyclohexan in der Sesselkonformation vorliegen.

Übergang zwischen den verschiedenen Konformationen des Cyclohexans

VSEPR-Modell

Hauptartikel: VSEPR-Modell
Mögliche Anordnungen der Liganden um das Zentralatom (I. Hargittai, B. Chamberland, 1986)

Das von Ronald Gillespie und Ronald Nyholm entwickelte VSEPR-Modell (von eng. Valence Shell Electron Pair Repulsion) ermöglicht eine gute anschauliche Abschätzung der Molekülgeometrie. Es berücksichtigt die Abstoßungskräfte zwischen den Elektronenpaaren der Valenzschale eines von n Liganden L umgebenen Zentralatoms Z und basiert auf folgenden vier Regeln[1]:

  1. Die bindenden und freien Elektronenpaare eines Moleküls der allgemeinen Form ZLn ordnen sich so um das Zentralatom , dass sie den größtmöglichsten Abstand voneinander haben.
  2. Die freien Elektronenpaare E werden dabei als Pseudoliganden einer Pseudostruktur ZLnEm betrachtet und beanspruchen mehr Platz als die bindenden.
  3. Der Raumbedarf der bindenden Elektronenpaare steigt mit zunehmender Elektronegativität der Liganden .
  4. Mehrfachbindungen werden wie Einfachbindungen behandelt, beanspruchen aber mehr Platz als diese.

Um die möglichen geometrischen Anordnungen auszuloten, kann man sich die Elektronenpaare als Punkte auf einer das Zentralatom umgebenden Sphäre vorstellen. Je nach Anzahl der Liganden ergeben sich dann typische geometrische Formen, die der ersten Regel genügen (siehe nebenstehende Zeichnung). Abhängig von den weiteren Regeln entstehen auch verzerrte Figuren, die vom Idealtypus bezüglich der Bindungslängen und -winkel abweichen.

Literatur

  • Ronald J. Gillespie: Molecular geometry, New York, Van Nostrand Reinhold, 1972.
    • deutsch: Molekülgeometrie. Elektronenpaar-Abstoßung und molekulare Struktur. Übersetzt von Joseph Grobe. Verlag Chemie, Weinheim 1975; ISBN 3-527-25610-5.
  •  István Hargittai: Ronald J. Gillespie; the VSEPR model; and molecular symmetry. In: Structural Chemistry. Vol. 20, Nr. 2, 2009, S. 155–159, doi:10.1007/s11224-009-9439-7 (pdf).
  •  I. Hargittai, B. Chamberland: The VSEPR Model of Molecular Geometry. In: Computers & Mathematics with Applications. 12, 1986, S. 1021-1038, doi:10.1016/0898-1221(86)90438-4 (pdf).

Einzelnachweise

  1. vgl. A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 81.–90. Auflage. de Gruyter, Berlin 1976, ISBN 3-11-005962-2, S. 131.