Freies Geistesleben und Urzelle des Wirtschaftslebens: Unterschied zwischen den Seiten

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Ein '''freies Geistesleben''', das auf die [[individuell]]en Fähigkeiten des [[Mensch]]en gegründet ist, soll sich heute nach [[Rudolf Steiner]]s Ideen zur [[Soziale Dreigliederung|sozialen Dreigliederung]] als ''selbstständiges'' Glied des [[Sozialer Organismus|sozialen Organismus]] neben dem [[Wirtschaftsleben|Wirtschafts-]] und [[Rechtsleben]] herausbilden.
Die '''Urzelle des Wirtschaftslebens''' spricht sich nach [[Rudolf Steiner]] dadurch aus, dass jeder Mensch im [[Wirtschaftsleben]] in der Lage sein muss, für dasjenige, was er hervorbringt, so viel einzutauschen, dass er von dem Eingetauschten seine [[Bedürfnis]]se befriedigen kann, bis er ein gleiches Produkt wie das hervorgebrachte wieder hervorbringen kann. Daraus ergibt sich der in einer [[Assoziation (Wirtschaftsleben)|assoziativen Wirtsschaft]] festzulegende [[Preis (Wirtschaft)|Preis]] für das Produkt. Eingerechnet muss dabei auch alles dasjenige werden, was abgegeben werden muss für jene, die nicht unmittelbar in der Gegenwart wirtschaftlich produktiv tätig sein können, z.B. für die Kinder und ihre Erziehung, für die Alten, Armen und Kranken usw.


== Freies Geistesleben ==
== Die Urzelle der assoziativen Wirtschaft ==
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"In alles, was durch das Wirtschaftsleben und das Rechtsbewusstsein in der Organisation des sozialen Lebens hervorgebracht wird, wirkt hinein, was aus einer dritten Quelle stammt: aus den individuellen Fähigkeiten des einzelnen Menschen. Dieses Gebiet umfasst alles von den höchsten geistigen Leistungen bis zu dem, was in Menschenwerke einfließt durch die bessere oder weniger gute körperliche Eignung des Menschen für Leistungen, die dem sozialen Organismus dienen. Was aus dieser Quelle stammt, muss in den gesunden sozialen Organismus auf ganz andere Art einfließen, als dasjenige, was im Warenaustausch lebt, und was aus dem Staatsleben fließen kann. Es gibt keine andere Möglichkeit, diese Aufnahme in gesunder Art zu bewirken, als sie von der freien Empfänglichkeit der Menschen und von den Impulsen, die aus den individuellen Fähigkeiten selbst kommen, abhängig sein zu lassen. Werden die durch solche Fähigkeiten erstehenden Menschenleistungen vom Wirtschaftsleben oder von der Staatsorganisation künstlich beeinflusst, so wird ihnen die wahre Grundlage ihres eigenen Lebens zum größten Teile entzogen. Diese Grundlage kann nur in der Kraft bestehen, welche die Menschenleistungen aus sich selbst entwickeln müssen. Wird die Entgegennahme solcher Leistungen vom Wirtschaftsleben unmittelbar bedingt, oder vom Staate organisiert, so wird die freie Empfänglichkeit für sie gelähmt. Sie ist aber allein geeignet, sie in gesunder Form in den sozialen Organismus einfließen zu lassen. Für das Geistesleben, mit dem auch die Entwicklung der anderen individuellen Fähigkeiten im Menschenleben durch unübersehbar viele Fäden zusammenhängt, ergibt sich nur eine gesunde Entwicklungsmöglichkeit, wenn es in der Hervorbringung auf seine eigenen Impulse gestellt ist, und wenn es in verständnisvollem Zusammenhange mit den Menschen steht, die seine Leistungen empfangen.  
" . . . In das Wirtschaftsleben hat sich hineingeschlichen dadurch gerade, daß der
 
moderne Kapitalismus mit seiner Sehnsucht nach der Rente, der Konkurrenz des
Worauf hier als auf die gesunden Entwicklungsbedingungen des Geisteslebens gedeutet wird, das wird gegenwärtig nicht durchschaut, weil der rechte Blick dafür getrübt ist durch die Verschmelzung eines großen Teiles dieses Lebens mit dem politischen Staatsleben. Diese Verschmelzung hat sich im Laufe der letzten Jahrhunderte ergeben und man hat sich in sie hineingewöhnt. Man spricht ja wohl von «Freiheit der Wissenschaft und des Lehrens». Aber man betrachtet es als selbstverständlich, dass der politische Staat die «freie Wissenschaft» und das «freie Lehren» verwaltet. Man entwickelt keine Empfindung dafür, wie dieser Staat dadurch das Geistesleben von seinen staatlichen Bedürfnissen abhängig macht. Man denkt, der Staat schafft die Stellen, an denen gelehrt wird; dann können diejenigen, welche diese Stellen einnehmen, das Geistesleben «frei» entfalten. Man beachtet, indem man sich an eine solche Meinung gewöhnt, nicht, wie eng verbunden der Inhalt des geistigen Lebens ist mit dem innersten Wesen des Menschen, in dem er sich entfaltet. Wie diese Entfaltung nur dann eine freie sein kann, wenn sie durch keine andern Impulse in den sozialen Organismus hineingestellt ist als allein durch solche, die aus dem Geistesleben selbst kommen. Durch die Verschmelzung mit dem Staatsleben hat eben nicht nur die Verwaltung der Wissenschaft und des Teiles des Geisteslebens, der mit ihr zusammenhängt, in den letzten Jahrhunderten das Gepräge erhalten, sondern auch der Inhalt selbst. Gewiss, was in Mathematik oder Physik produziert wird, kann nicht unmittelbar vom Staate beeinflusst werden. Aber man denke an die Geschichte, an die andern Kulturwissenschaften. Sind sie nicht ein Spiegelbild dessen geworden, was sich aus dem Zusammenhang ihrer Träger mit dem Staatsleben ergeben hat, aus den Bedürfnissen dieses Lebens heraus? Gerade durch diesen ihnen aufgeprägten Charakter haben die gegenwärtigen wissenschaftlich orientierten, das Geistesleben beherrschenden Vorstellungen auf das Proletariat als Ideologie gewirkt. Dieses bemerkte, wie ein gewisser Charakter den Menschengedanken aufgeprägt wird durch die Bedürfnisse des Staatslebens, in welchem den Interessen der leitenden Klassen entsprochen wird. Ein Spiegelbild der materiellen Interessen und Interessenkämpfe sah der proletarisch Denkende. Das erzeugte in ihm die Empfindung, alles Geistesleben sei Ideologie, sei Spiegelung der ökonomischen Organisation.
Kapitals, das Auf-den-Markt-werfen und Regeln nach Angehot und Nachfrage - es
 
hat sich in dieses Wirtschaftsleben hineingeschlichen eine Verwaltungsart eben durch
Eine solche, das geistige Leben des Menschen verödende Anschauung hört auf, wenn die Empfindung entstehen kann: Im geistigen Gebiet waltet eine über das materielle Außenleben hinausgehende Wirklichkeit, die ihren Inhalt in sich selber trägt. Es ist unmöglich, dass eine solche Empfindung ersteht, wenn das Geistesleben nicht aus seinen eigenen Impulsen heraus sich innerhalb des sozialen Organismus frei entfaltet und verwaltet. Nur solche Träger des Geisteslebens, die innerhalb einer derartigen Entfaltung und Verwaltung stehen, haben die Kraft, diesem Leben das ihm gebührende Gewicht im sozialen Organismus zu verschaffen. Kunst, Wissenschaft, Weltanschauung und alles, was damit zusammenhängt, bedarf einer solchen selbständigen Stellung in der menschlichen Gesellschaft. Denn im geistigen Leben hängt alles zusammen. Die Freiheit des einen kann nicht ohne die Freiheit des andern gedeihen. Wenn auch Mathematik und Physik in ihrem Inhalt nicht von den Bedürfnissen des Staates unmittelbar zu beeinflussen sind: Was man von ihnen entwickelt, wie die Menschen über ihren Wert denken, welche Wirkung ihre Pflege auf das ganze übrige Geistesleben haben kann, und vieles andere wird durch diese Bedürfnisse bedingt, wenn der Staat Zweige des Geisteslebens verwaltet. Es ist ein anderes, wenn der die niederste Schulstufe versorgende Lehrer den Impulsen des Staatslebens folgt; ein anderes, wenn er diese Impulse erhält aus einem Geistesleben heraus, das auf sich selbst gestellt ist. Die Sozialdemokratie hat auch auf diesem Gebiete nur die Erbschaft aus den Denkgewohnheiten und Gepflogenheiten der leitenden Kreise übernommen. Sie betrachtet es als ihr Ideal, das geistige Leben in den auf das Wirtschaftsleben gebauten Gesellschaftskörper einzubeziehen. Sie könnte, wenn sie dieses von ihr gesetzte Ziel erreichte, damit den Weg nur fortsetzen, auf dem das Geistesleben seine Entwertung gefunden hat. Sie hat eine richtige Empfindung einseitig entwickelt mit ihrer Forderung: Religion müsse Privatsache sein. Denn im gesunden sozialen Organismus muss alles Geistesleben dem Staate und der Wirtschaft gegenüber in dem hier angedeuteten Sinn «Privatsache» sein. Aber die Sozialdemokratie geht bei der Überweisung der Religion auf das Privatgebiet nicht von der Meinung aus, dass einem geistigen Gute dadurch eine Stellung innerhalb des sozialen Organismus geschaffen werde, durch die es zu einer wünschenswerteren, höheren Entwicklung kommen werde als unter dem Einfluss des Staates. Sie ist der Meinung, dass der soziale Organismus durch seine Mittel nur pflegen dürfe, was ihm Lebensbedürfnis ist. Und ein solches sei das religiöse Geistesgut nicht. In dieser Art, einseitig aus dem öffentlichen Leben herausgestellt, kann ein Zweig des Geisteslebens nicht gedeihen, wenn das andere Geistesgut gefesselt ist. Das religiöse Leben der neueren Menschheit wird in Verbindung mit allem befreiten Geistesleben seine für diese Menschheit seelentragende Kraft entwickeln.
den Kapitalismus, die durch die Natur des Wirtschaftslebens nicht notwendig in
 
diesem Wirtschaftsleben stehen muß. Denn was braucht man in diesem Wirtschaftsleben?
Nicht nur die Hervorbringung, sondern auch die Aufnahme dieses Geisteslebens durch die Menschheit muss auf dem freien Seelenbedürfnis beruhen. Lehrer, Künstler und so weiter, die in ihrer sozialen Stellung nur im unmittelbaren Zusammenhange sind mit einer Gesetzgebung und Verwaltung, die aus dem Geistesleben selbst sich ergeben und die nur von dessen Impulsen getragen sind, werden durch die Art ihres Wirkens die Empfänglichkeit für ihre Leistungen entwickeln können bei Menschen, welche durch den aus sich wirkenden politischen Staat davor behütet werden, nur dem Zwang zur Arbeit zu unterliegen, sondern denen das Recht auch die Muße gibt, welche das Verständnis für geistige Güter weckt. Den Menschen, die sich «Lebenspraktiker» dünken, mag bei solchen Gedanken der Glaube aufsteigen: Die Menschen werden ihre Mußezeit vertrinken, und man werde in den Analphabetismus zurückfallen, wenn der Staat für solche Muße sorgt, und wenn der Besuch der Schule in das freie Verständnis der Menschen gestellt ist. Möchten solche «Pessimisten» doch abwarten, was wird, wenn die Welt nicht mehr unter ihrem Einfluss steht. Dieser ist nur allzu oft von einem gewissen Gefühle bestimmt, das ihnen leise zuflüstert, wie sie ihre Muße verwenden, und was sie nötig hatten, um sich ein wenig «Bildung» anzueignen. Mit der zündenden Kraft, die ein wirklich auf sich selbst gestelltes Geistesleben im sozialen Organismus hat, können sie ja nicht rechnen, denn das gefesselte, das sie kennen, hat auf sie nie eine solch zündende Kraft ausüben können.
Man braucht den Boden mit seiner Möglichkeit, Produkte für den Menschen
 
hervorzubringen; man braucht im industriellen Wirtschaftsleben die Produktionsmittel;
Sowohl der politische Staat wie das Wirtschaftsleben werden den Zufluss aus dem Geistesleben, den sie brauchen, von dem sich selbst verwaltenden geistigen Organismus erhalten. Auch die praktische Bildung für das Wirtschaftsleben wird durch das freie Zusammenwirken desselben mit dem Geistesorganismus ihre volle Kraft erst entfalten können. Entsprechend vorgebildete Menschen werden die Erfahrungen, die sie im Wirtschaftsgebiet machen können, durch die Kraft, die ihnen aus dem befreiten Geistesgut kommt, beleben. Menschen mit einer aus dem Wirtschaftsleben gewonnenen Erfahrung werden den Übergang finden in die Geistesorganisation und in derselben befruchtend wirken auf dasjenige, was so befruchtet werden muss.
man braucht den Arbeiter an den Produktionsmitteln, den Handarbeiter auf
 
der einen Seite, den geistigen Arbeiter auf der anderen Seite. Einzelne Menschen
Auf dem Gebiete des politischen Staates werden sich die notwendigen gesunden Ansichten durch eine solche freie Wirkung des Geistesgutes bilden. Der handwerklich Arbeitende wird durch den Einfluss eines solchen Geistesgutes eine ihn befriedigende Empfindung von der Stellung seiner Arbeit im sozialen Organismus sich aneignen können. Er wird zu der Einsicht kommen, wie ohne die Leitung, welche die handwerkliche Arbeit zweckentsprechend organisiert, der soziale Organismus ihn nicht tragen kann. Er wird das Gefühl von der Zusammengehörigkeit seiner Arbeit mit den organisierenden Kräften, die aus der Entwicklung individueller menschlicher Fähigkeiten stammen, in sich aufnehmen können. Er wird auf dem Boden des politischen Staates die Rechte ausbilden, welche ihm den Anteil sichern an dem Ertrage der Waren, die er erzeugt; und er wird in freier Weise dem ihm zukommenden Geistesgut denjenigen Anteil gönnen, der dessen Entstehung ermöglicht. Auf dem Gebiet des Geisteslebens wird die Möglichkeit entstehen, dass dessen Hervorbringer von den Erträgnissen ihrer Leistungen auch leben. Was jemand für sich im Gebiete des Geisteslebens treibt, wird seine engste Privatsache bleiben; was jemand für den sozialen Organismus zu leisten vermag, wird mit der freien Entschädigung derer rechnen können, denen das Geistesgut Bedürfnis ist. Wer durch solche Entschädigung innerhalb der Geistesorganisation das nicht finden kann, was er braucht, wird übergehen müssen zum Gebiet des politischen Staates oder des Wirtschaftslebens. In das Wirtschaftsleben fließen ein die aus dem geistigen Leben stammenden technischen Ideen. Sie stammen aus dem geistigen Leben, auch wenn sie unmittelbar von Angehörigen des Staats- oder Wirtschaftsgebietes kommen. Daher kommen alle die organisatorischen Ideen und Kräfte, welche das wirtschaftliche und staatliche Leben befruchten. Die Entschädigung für diesen Zufluss in die beiden sozialen Gebiete wird entweder auch durch das freie Verständnis derer zustande kommen, die auf diesen Zufluss angewiesen sind, oder sie wird durch Rechte ihre Regelung finden, welche im Gebiete des politischen Staates ausgebildet werden. Was dieser politische Staat selber für seine Erhaltung fordert, das wird aufgebracht werden durch das Steuerrecht. Dieses wird durch eine Harmonisierung der Forderungen des Rechtsbewusstseins mit denen des Wirtschaftslebens sich ausbilden.  
haben immer eingesehen, daß ein Wirtschaftsleben in sich vollendet ist, welches hat
 
den Boden, welches hat den physischen und den geistigen Arbeiter. Deshalb haben
Neben dem politischen und dem Wirtschaftsgebiet muss im gesunden sozialen Organismus das auf sich selbst gestellte Geistesgebiet wirken. Nach der Dreigliederung dieses Organismus weist die Richtung der Entwicklungskräfte der neueren Menschheit. Solange das gesellschaftliche Leben im wesentlichen durch die Instinktkräfte eines großen Teiles der Menschheit sich führen ließ, trat der Drang nach dieser entschiedenen Gliederung nicht auf. In einer gewissen Dumpfheit des sozialen Lebens wirkte zusammen, was im Grunde immer aus drei Quellen stammte. Die neuere Zeit fordert ein bewusstes Sichhineinstellen des Menschen in den Gesellschaftsorganismus. Dieses Bewusstsein kann dem Verhalten und dem ganzen Leben der Menschen nur dann eine gesunde Gestaltung geben, wenn es von drei Seiten her orientiert ist. Nach dieser Orientierung strebt in den unbewussten Tiefen des Seelischen die moderne Menschheit; und was sich als soziale Bewegung auslebt, ist nur der getrübte Abglanz dieses Strebens." {{Lit|{{G|23|80ff}}}}
stärkere Denker des Wirtschaftslebens, einer sogar, der in der Lage war, ein preußischer
Minister zu werden, das Wort ausgesprochen: «Das Kapital ist das fünfte Rad
am Wagen des Wirtschaftslebens.» Man kann sich nicht wegdenken aus dem Wirtschaftsleben
den geistigen Verwalter der Produktionsmittel und des Bodens, man
kann sich nicht wegdenken den physischen Arbeiter, man kann sich wegdenken,
ohne daß die Wirtschaft gestört wird, das Wirken des Kapitals.
Daß das eine volkswirtschaftliche Wahrheit ist, das empfindet der heutige Proletarier;
er empfindet es durch das, was ihm das Wirtschaftsleben an Leib und Seele
bringt. Was ist in einem Wirtschaftsleben drinnen, in dem wirklich nur dasjenige
herrscht, was ich eben angeführt habe? Arbeit, geistige und physische und dasjenige,
was die Produktionsmittel und der Boden liefern. Die Leistung entsteht, die notwendig
macht im menschlichen Leben Gegenleistung, und es entsteht das '''Urgebilde des Wirtschaftslebens'''. Dieses '''Urgebilde des Wirtschaftslebens''' heute reinlich herauszuarbeiten,
das ist vonnöten, damit soziale Erkenntnis möglich werde. Tritt der
Mensch ein in das Wirtschaftsleben - er muß produzieren für sich und für die
anderen Menschen. Das ist der Maßstab, daß er in seinen Leistungen sich und die
anderen Menschen wirtschaftlich halten kann. Das ist die große Frage, so einfach sie
klingt, für alles Wirtschaftsleben. Die große Frage für alles Wirtschaftsleben ist
diese: Ich muß imstande sein, innerhalb des Wirtschaftslebens, welcher Art der
Hervorbringung ich mich auch hingebe: - ich muß imstande sein, für dasjenige, was
ich hervorbringe, so viel einzutauschen aus der übrigen Wirtschaft heraus, daß ich
meine Bedürfnisse des Lebens aus dem Eingetauschten befriedigen kann, bis ich
imstande bin, eine gleiche Produktion wie das Hervorgebrachte wieder hervorzubringen.
Eingerechnet muß werden in dasjenige, was da in Betracht kommt, ich
möchte sagen, als das '''Atom des Wirtschaftslebens''', als das '''Urelement des Wirtschaftslebens''',
- eingerechnet muß werden alles dasjenige, was ich abgeben muß für die,
welche nicht unmittelbar in der Gegenwart produktiv tätig sein können; eingerechnet
muß werden alles dasjenige, was für die Kinder, für ihre Erziehung usw.
notwendig ist; eingerechnet muß werden die Quote, die ich für Arme, Kranke,
Witwen, als Altersunterstützung zu geben habe. Das alles ist einzurechnen in diese
'''Urzelle des Wirtschaftslebens''', die sich eben dadurch ausspricht, daß jeder Mensch im
Wirtschaftsleben in die Lage kommen muß, für dasjenige, was er hervorbringt, so
viel einzutauschen, daß er von dem Eingetauschten seine Bedürfnisse befriedigen
kann, bis er ein gleiches Produkt wie das hervorgebrachte wieder hervorbringt. Man
sieht es aber dieser '''Urzelle des Wirtschaftslebens''' an, daß sie nur geregelt werden
kann, wenn sie in dem Kreislauf des Wirtschaftslebens nichts anderes drinnen hat,
als die Leistungen selber; wenn man nichts anderes im Kreislauf des Wirtschaftslebens
hat als dasjenige, was der einzelne arbeitet als seine Leistung, und was die
anderen mit ihm als ihre Leistungen eintauschen können. Innerhalb dieses Kreislaufes
des Wirtschaftslebens hat nicht Ort und Stelle all dasjenige, was man nennen
kann «Kapital»; das dringt nur ein, um dieses Wirtschaftsleben zu stören und diesen
Wirtschaftsprozeß zu verunreinigen. Der Wirtschaftsprozeß wird nur reinlich, wenn
in ihm der durch das Leben aus seiner '''Urzelle des Wirtschaftslebens''' heraus gebotene
Wertausgleich der Güter stattfinden kann..." (Aus einem Vortrag von Rudolf Steiner, Tübingen, 2. Juni 1919, zitiert nach [[Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe]], {{BE|103|18f}})
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{{GZ|Denn bedenken Sie nur
Aus dem Prinzip dieser Urzelle, wie sie Rudolf Steiner hier charakterisiert, ergibt sich ''keine'' Einkommensdifferenzierung wegen unterschiedlicher Leistungen aufgrund von Befähigung. Eine bessere Bezahlung eines besonders fähigen Mitarbeiters würde zu privater Kapitalbildung in der Hand dieses Mitarbeiters führen, wenn er es nicht einfach nur verschwendet für Luxusreisen usw. Er erhielte mehr für seine Arbeit, als er benötigt. Diese Kapitalweggabe aufgrund der Überbezahlung bedeutete auf der anderen Seite aber eine Verteuerung der Ware. Solche Kapitalbildung ginge daher zu Lasten der Gemeinschaft, und hat im eigentlichen Wirtschaftsprozeß aus der Urzelle heraus nichts zu suchen. Man staunt daher, daß z.B. [[Wolfgang Latrille]] eine Einkommensdifferenzierung von bis zu 1:10 vorschlägt<ref>[[Christoph Strawe]]: ''Bedürfnislohn oder Leistungslohn?
einmal etwas, was zusammenhängt mit unseren durch Monate hindurch
Zur Auflösung einer falschen Fragestellung'', Rundbrief Dreigliederung des sozialen Organismus, Nr. 1, 1994, S. 9, [http://www.sozialimpulse.de/fileadmin/sozialimpulse/pdf/Beduerfnislohn_oder_Leistungslohn.pdf PDF]</ref>. Man kann solche Vorschläge nur als einen Rückfall in die Entgeltungsvorstellung bezeichnen, nach der ein Mitarbeiter danach bezahlt wird, was er dem Unternehmen wert ist, insofern seine Fähigkeiten knapp sind. Um einen fähigen Mitarbeiter nicht zu verlieren, zahlt man ihm mehr, als er für seinen Bedarf benötigt: Dadurch verteuern sich die Waren, die das Unternehmen anbietet, und auf der anderen Seite wird das Bankkonto des fähigen Mitarbeiters fetter: Das ist ein Vorgang, der zu falschen Preisen führt und das Wirtschaftsleben wenn nicht schädigt, so doch belastet.
gepflogenen sozialen Betrachtungen. Die zielen darauf hin, den
Nachweis zu führen von der Notwendigkeit, das geistige Leben
neben dem Rechts- oder Staatsleben von dem bloß wirtschaftlichen
Leben abzusondern. Vor allen Dingen zielen sie darauf hin, Verhältnisse
über die Welt hin zu schaffen, oder wenigstens - mehr können
wir ja zunächst nicht tun - Verhältnisse über die Welt hin als die richtigen
zu betrachten, welche ein selbständiges Geistesleben begründen,
ein Geistesleben, das nicht abhängig ist von den anderen Strukturen
des sozialen Lebens, wie unser gegenwärtiges Geistesleben, das
ganz drinnensteckt im Wirtschaftsleben auf der einen Seite und im
politischen Staatsleben auf der anderen Seite. Entweder wird die heutige
zivilisierte Menschheit sich dazu bequemen müssen, ein solches
selbständiges Geistesleben hinzunehmen, oder die gegenwärtige Zivilisation
muß ihrem Untergang entgegengehen und aus den asiatischen
Kulturen muß sich etwas Zukünftiges für die Menschheit ergeben.|191|211f.}}


== Freies Geistesleben, Kultursphäre, Zivilgesellschaft, Lebenswelt - Unterschiede und Gemeinsamkeiten ==
{{GZ|Dasjenige, was man heute
ein Existenzminimum nennt, das ist noch immer auf das Lohnverhältnis
hin gedacht. Diese Art des Denkens, die wird beim selbständigen
Wirtschaftsleben nicht in derselben Weise stattfinden
können. Da wird die Frage reinlich aus dem Wirtschaftsleben heraus
gestellt werden müssen. Diese Frage wird sich dann so stellen,
daß der Mensch, indem er irgendeine Leistung vollbringt, indem er
irgend etwas hervorbringt, für diese Leistung so viel an anderen
Menschheitsleistungen durch Austausch wird zu bekommen haben,
als er nötig hat, um seine Bedürfnisse und die Bedürfnisse
derjenigen, die zu ihm gehören, zu befriedigen, bis er ein neues,
gleichartiges Produkt hervorgebracht hat. Dabei muß nur in Anrechnung
kommen all das, was der Mensch für seine Familie an
Arbeit und dergleichen zu leisten hat. Dann wird man eine gewisse,
ich möchte sagen '''Urzelle des Wirtschaftslebens''' finden. Und dasjenige,
was diese '''Urzelle des Wirtschaftslebens''' zu dem machen wird,
was eben den Menschen seine Bedürfnisse wird befriedigen lassen,
bis er ein gleichartiges, neues Produkt hervorbringt, das gilt für alle
Zweige des geistigen und materiellen Lebens. Das wird so zu ordnen
sein, daß die Assoziationen, die Koalitionen, die Genossenschaften
von der Art, wie ich sie vorhin dargestellt habe, zu sorgen
haben werden, daß diese '''Urzelle des Wirtschaftslebens''' bestehen
kann. Das heißt, daß ein jegliches Produkt im Vergleich mit anderen
Produkten denjenigen Wert hat, der gleichkommt den anderen
Produkten, die man braucht zu Befriedigung der Bedürfnisse bis
zur Herstellung eines neuen, gleichartigen Produkts. Daß diese
Urzelle des Wirtschaftslebens heute noch nicht besteht, das beruht
eben darauf, daß im Angebot und Nachfrage des heutigen Marktes
zusammenfließen Arbeit, Ware und Recht und daß diese drei
Gebiete in der Zukunft getrennt werden müssen im dreigeteilten,
gesunden sozialen Organismus.|337a|82f}}


=== Natur und Kultur, Individualität und Sozialität ===
{{GZ|Und gleichsam die '''Urzelle dieses Wirtschaftslebens''', das nur auf Sachkenntnis und Fachtüchtigkeit gegründet sein soll, die Preisbildung, wie wird sie sich vollziehen müssen?
[[Kultur]] im weitesten Sinne meint eine Eigentümlichkeit des menschlichen Überlebens und Zusammenlebens im Unterschied zum natürlichen, instinktgeleiteten Leben der Tiere. Analog der Auffassung der Antike, der Mensch sei ein "politisches Tier", kann man den Menschen als ein kulturelles Tier bezeichnen, und diese Eigentümlichkeit, von der Natur unterschiedene selbstgeschaffene Kultur in und um sich zu haben, macht ihn zum Menschen, im Unterschied zum Tier. (vgl. [[wikipedia:Mängelwesen|Mängelwesen]] (Arnold Gehlen), [[wikipedia:Exzentrische Positionalität|Exzentrische Positionalität]] (Hellmut Plessner)). Diese Unterscheidung zwischen Natur und Kultur korrespondiert mit derjenigen, daß der Mensch im Unterschied zum Tiere ein [[Ich]], [[Selbstbewußtsein]] hat. Denn ein ichbewußtes Wesen kann ohne Kultur nicht existieren. Auch [[Staat]]enbildung, [[recht]]lich geordnetes Zusammenleben und menschliches [[Wirtschaft]]en sind in solchem weitesten Sinne kulturelles Leben. Diese Bestimmung des Menschen als Kulturwesen umfaßt auch die Personhaftigkeit und Sozialität des Menschen, sein einzelpersönliches individuelles Leben und sein soziales Zusammenleben.
Nicht durch den Zufall des sogenannten freien Marktes, wie es bisher
in der Volkswirtschaft und in der Weltwirtschaft der Fall war! So wird
sie sich vollziehen müssen, daß auf dem Boden von Assoziationen, die
sachgemäß zwischen den einzelnen Produktionszweigen und den Konsumgenossenschaften
entstehen, durch Menschen, die sachkundig und
fachtüchtig aus diesen Genossenschaften hervorgehen, organisch das
erreicht werde, vernünftig erreicht werde, was heute krisenhaft der
Zufall des Marktes hervorbringt. Es wird in der Zukunft, wenn die
Feststellung von Art und Charakter der menschlichen Arbeitskraft in
den Rechtsstaat fällt, ungefähr innerhalb des Wirtschaftslebens sich zutragen
müssen, daß der Mensch für irgend etwas, was er arbeitend vollbringt,
so viel an Austauschwerten erhält, daß er seine Bedürfnisse dadurch
befriedigen kann, bis er ein gleiches Produkt wieder hervorgebracht
hat.|333|85f}}


Einen solchen Kulturbegriff in ein Verhältnis zu einem Begriff von Sozialität zu bringen, ist kaum ohne weitere Annahmen über das Wesen des Menschen möglich. Es gibt im wesentlichen zwei Grundauffassungen: Die individualistische und die soziologistische. Eine soziologistische Auffassung kann sogar das Ich des Menschen (sowie auch das Denken und Erkennen) als sozial konstituiert ansehen. Dies entspricht einem Naturalismus, der den Menschen als eine Art höheres Tier ansieht, dessen Kultur eine biologische Überlebensfunktion der menschenlichen ''Art'' sei, aber auch einer Ansicht, daß die frühe Menschheit von einer Art Gruppenseelenhaftigkeit bestimmt gewesen sei, die noch keine Ausbildung individueller Iche erlaubte.
{{GZ|Sehen Sie, bei der heutigen Struktur der Gesellschaft läßt sich
eigentlich gar nicht anders produzieren als im Hinblick auf den
Profit. Das Prinzip, zu produzieren, um zu konsumieren, das muß
erst geschaffen werden! Und von diesem Prinzip wird wiederum
abhängen, ob in einer entsprechenden Weise Wege für eine Güterverteilung
gefunden werden können. Es wird viel davon abhängen,
daß man über einen großen Bereich hin, ich möchte sagen, eine
'''wirtschaftliche Urzelle''' findet.
Diese '''wirtschaftliche Urzelle''' - ich möchte wenigstens mit ein
paar Worten kurz von ihr sprechen -, worin besteht sie denn?
Geht man nicht vom Produzieren, sondern vom Konsumieren,
von der Befriedigung der Bedürfnisse aus, so handelt es sich darum,
daß wir erst zu einem praktikablen Ergebnis dessen kommen
müssen, was im Sinne der Bedürfnisbefriedigung zu einer sachgemäßen
Preisbildung führt. Das geschieht nämlich heute in anarchisch-
chaotischer Weise durch Angebot und Nachfrage, und da
steckt viel drinnen von der Unmöglichkeit, heute überhaupt zu
etwas zu kommen. Mit der Formel von Angebot und Nachfrage
wird man nicht zu dem Ziel kommen, zu produzieren, um zu
konsumieren. Nicht wahr, um zu dem Ziel zu gelangen, ist es
notwendig, daß das, was ich produziere, im Vergleich zu anderen
Gütern so viel wert sein muß, daß ich dafür eintauschen kann,
ganz gleich, wie sich der Tausch gestaltet, alle diejenigen Güter, die
meine Bedürfnisse befriedigen bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich ein
gleiches Produkt wie jetzt hervorgebracht habe. Dabei muß dann
alles das mit eingerechnet werden, was man als Beitrag zu leisten
hat für diejenigen, die zur Zeit nicht unmittelbar selbst produzieren
können, also für Kinder, die erzogen werden müssen, für Arbeitsunfähige
und so weiter. Wovon man also ausgehen muß, das ist,
sich klar zu werden über diese '''wirtschaftliche Urzelle'''. Erst dadurch
wird es möglich, auf wirtschaftlichem Boden eine gerechte
Preisbildung zu erreichen, so daß man dann in der Zukunft nicht
wiederum, wenn man auf der einen Seite mehr verdient, auf der
anderen Seite mehr ausgeben muß, weil die Dinge selbstverständlich
unter dem Einfluß des Mehrverdienstes teurer werden.|331|128f}}


Rudolf Steiner sieht in der Kulturentwicklung des Menschen eine Entwicklung hin zum Individualismus der Einzelperson gegeben, indem sich diese aus den sozialen Bindungen befreit. Er hat diese Ansicht in einem [[Soziologisches Grundgesetz|soziologischen Grundgesetz]] formuliert:
Die praktischen Erfahrungen mit den Urzellen und den Preisen, die sich bilden, würden dann auch eine Pauschalisierung ermöglichen, was ein Mensch generell durchschnittlich bei gegebenen Wirtschaftsverhältnissen an Einkommen benötigt, um seinen Bedarf zu decken:


{{GZ|Die Menschheit strebt im Anfange der Kulturzustände nach Entstehung sozialer Verbände; dem Interesse dieser Verbände wird zunächst das Interesse des Individuums geopfert; die weitere Entwicklung führt zur Befreiung des Individuums von dem Interesse der Verbände und zur freien Entfaltung der Bedürfnisse und Kräfte des Einzelnen.|031|255f}}
{{GZ|Daß aber ein wirklich auf sich selbst gestelltes
Wirtschaftsleben erst recht sorgen kann für Witwen und Waisen
und so weiter, das habe ich in meinem Buche «Die Kernpunkte der
Sozialen Frage» des breiteren ausgeführt. Ich habe es sogar vorhin
schon angedeutet, daß eingerechnet werden muß in die '''wirtschaftliche Urzelle''' dasjenige, was ein jeder als Quote beizusteuern hat zu
dem, was Witwen und Waisen, überhaupt sonstige nicht arbeitsfähige
Menschen - wie in meinem Buche ausgeführt ist, auch für die
Kinder, für die ich das Erziehungsrecht in Anspruch nehme -, zu
bekommen haben. Der Maßstab dafür wird sich ergeben einfach
aus der Lebenshaltung der übrigen Personen. Da man mit der '''wirtschaftlichen Urzelle''' einen Maßstab hat für die Lebenshaltung einer
Person nach dem bestehenden wirtschaftlichen Gesamtwohlstande,
so ist damit zu gleicher Zeit auch die Möglichkeit gegeben, einen
Maßstab zu schaffen für das Leben derjenigen, die wirklich nicht
arbeiten können.|337a|91}}


Das Kulturleben, noch in dem weiten, allgemeinen Begriff (nicht  als eine besondere Kultursphäre in Entgegensetzung zu einer politischen oder wirtschaftlichen Sphäre), würde als Ganzes demgemäß eine Entwicklung durchmachen, die von der Einbindung in soziale Verbände (mit einem gemeinsamen Identitätsgefühl als Gruppe) hin zu einer Herauslösung des Menschen aus so verstandener Sozialität führt, hin zu einem Identitätsgefühl als einzelne Personen, was unter dem Stichwort [[Individualisierung]] thematisiert wird.
Es ist nicht ganz klar, ob Steiner hier mit dem Maßstab der Lebenshaltung "einer" Person, den Bedarf der einen leistungerbringenden Person für sich allein, im Unterschied zum Famlienbedarf verstehen will, oder einen durchschnittlichen Familienbedarf. Sollen die Preise sich nicht aus [[Angebot und Nachfrage]] ergeben, sondern entsprechend den Bedarfen sich bilden, wird für die Regelung allerdings dann eine gewisse Pauschalierung notwendig werden, die von Steiner hier angedeutet ist. Es könnte da dann auch unterschiedliche Einkommensstufen oder -klassen geben. Eine unterschiedliche Entlohnung aufgrund unterschiedlicher Befähigung und daher anderem Leistungsausmaß läßt sich daraus jedoch nicht ableiten.


Entsprechend solcher Auffassung ginge dann die Kulturträgerschaft, das kreative Schaffen von Kultur, von den Gruppenverbänden als sozialen Einheiten auf die einzelnen Individuen über. Man kann dies aber wohl kaum als einen durchgängigen und schon weitgehend stattgefundenen Prozeß ansehen, es scheint eher ein allgemeiner Trend zu sein. Nach christlicher Auffassung ist diese Entwicklung gleichbedeutend mit der Verchristlichung von Ich und sozialer Gemeinschaft. Die Vereinzelten finden durch Christus in eine neue Gemeinschaft hinein, in der sie als individualistische, freie Personen leben können, ohne in Gegensatz zur Gemeinschaft zu kommen.
== Komponenten von Bedarf, Zeitbedarf, Leistung und Preis ==
Gemäß dem Konzept der Urzelle hat man zum Verständnis der Entstehung der Preise zunächst diese Urzelle selbst näher zu untersuchen, und nicht etwa z.B. Auswirkungen von Gesamtangebot einer Ware oder nachgefragtem Bedarf. Diese gehören zu den Faktoren, die auf die Urzelle einwirken, und erst über diese Einwirkung einen Einfluß auf den Preis einer Ware haben können.  


Solange dies aber erst im Werden ist, gerät das Individuum durch seine Vereinzelung auch in scharfen Gegensatz zur menschlichen, sozialen Umwelt, es entsteht der moderne Gegensatz von Individuum und Gesellschaft.  
Genauso hat die Bewertung einer Leistung in ihrer Inanspruchnahme zunächst keine Bedeutung für den Preis, da dieser sich aus Bedarf und Zeitbedarf für die Hervorbringung der Leistung ergibt. Wenn durch die Fähigkeit des Leistungserbringers die benötigte Zeit für die Produktion sich verringert, dann wird dadurch eine Ware nicht teurer, sondern billiger.  


Auch wenn das einzelne Ich zum Kulturträger wird, kann es sich als ein solcher nur in einer sozialen Umgebung entfalten, bedarf es der Entgegennahme von Kultur durch andere Individuen, die als Familie und weitere Lebensumkreise weiter den sozialen Aspekt des Kulturellen vertreten, der über Sozialisation, Erziehung und Bildung den einzelnen Menschen überhaupt nur erst befähigt, die eigenen kulturellen Kräfte auszubilden ([[wikipedia:Enkulturation|Enkulturation]]).
=== Bedarf ===
Der Bedarf besteht nicht nur in dem, was der Leistungserbringer für seinen Lebensunterhalt benötigt, sondern es gehört dazu auch der Unterhalt der Angehörigen, der abhängigen Familie. Man macht  sich die Dimension dieser Preiskomponente nicht richtig klar, wenn man unter Mißachtung des Prinzips der Urzelle z.B. Krankenversicherung auf den Preis fiktiv aufschlägt, gewissermaßen, nachdem er schon der Urzelle entsprungen ist, ihn im Nachherein manipuliert. Der Aufpreis für eine Krankenversicherung kann nur ein Äquivalent sein für dasjenige am Bedarf, was für den Leistungserbringer wegen Krankheitsmöglichkeit veranschlagt werden muß.


=== Die allgemeine Kultur in ihrem Verhältnis zu ihren Ausprägungen ===
Desgleichen entsteht auch die Preiskomponente für die Alterssicherung in der Urzelle selbst, und wird nicht im nachherein aufgeschlagen. In einer unentwickelten Wirtschaft gehören zur Familie auch die Kranken und Alten. Der Leistungserbringer muß für seine Ware einen Preis erhalten, der nicht nur die Kinder, sondern auch die nicht mehr tätigen Großeltern, ''sowie auch den beschäftigten Auszubildenden'', und z.B. einen behinderten Onkel, der mit in der Familie lebt, ernähren kann.


Politik und Wirtschaft sowie auch die moderne Wissenschaft sind unter diesem Gesichtspunkt kulturelle Vemögen, Techniken und Lebensweisen. Kultur i.e.S. wie Religion und Kunst, und gesellschaftliche Ordnungen wie die Staaten können insofern auch kein ideologischer [[wikipedia:Basis und Überbau|Überbau]] der Organisiertheit einer letztlich lediglich für ihre Existenz wirtschaftenden Menschengemeinschaft  sein, als das Wirtschaften nur ein Teilgebiet des kulturellen Lebens des Menschen ist. Es ist aber wohl schon denkbar, daß sich menschliche Kultur auf das Wirtschaften um des Überlebens willen, oder um raffinierter Konsumbedürfnisse willen, reduziert. Es wäre dann alle übrige Kultur darauf bezogen, durch solche Reduktion bestimmt, und dann auch wieder in solcher Verarmung reproduktiv hervorgebracht. Das Wechsel- und Bedingungsverhältnis zwischen vorgegebener, traditioneller Kultur und ihrer Reproduktion und kreativen Weitergestaltung bleibt aber auch dabei bestehen.  
Arbeiten im wirtschaftlichen Sinne (d.h. für familienfremden Bedarf) in solch einer Lebens- bzw. Hausgemeinschaft zwei Personen, dann erhöht sich dadurch selbstverständlich keineswegs der Bedarf für den Lebensunterhalt dieser Familie, abgesehen von den direkt produktionsbezogenen Bedarfen<ref>Wenn Kinder da sind, kann dazu auch die Beschäftigung einer Haushaltshilfe und/oder die Kosten für eine Kindertagestätte gehören.</ref>. Wenn die Partnerin eines Schusters Kleider herstellt, und die Familie daher nicht nur Schuhe produziert, sondern Schuhe ''und'' Kleider, sind dadurch die Preise für Schuhe und Kleider verbilligt.


{{GZ|Dann ist man so weit, daß man nun auseinandersetzen
Ein differenzierter Bedarf, wie [[Wolfgang Latrille]] ihn vorschlägt, macht allerdings dann Sinn, wenn man bedenkt, dass der gebildetere Angestellte andere kulturelle und bildungsmäßige Interessen hat, als der vergleichsweise ungebildete angelernte Arbeiter. Zudem benötigt der qualifizierte Angestellte, über seinen Beruf hinaus auch einen Mehr-Bedarf für die notwendige Fortbildung und die Erlangung beruflicher und allgemeiner Information (z.B. durch Zeitungen und Zeitschriften).
kann, wie das geistige Leben wiederum Realität gewinnen
<ref><<Ein wesentlicher Reformvorschlag, den auch Katja
muß, weil es ja zur Ideologie wirklich geworden ist. Wenn
Kipping (MdB) kürzlich ins Gespräch brachte, enthält
man vom Geiste nur Ideen hat, nicht den Zusammenhang mit dem
eine Begrenzung der Ungleichheit bei Einkommen:
wirklichen geistigen Sein und Wesen, dann ist es eben eine Ideologie.
“Die Höchsteinkommen sollen für die gleiche volle
So bekommt man von da aus die Brücke zu dem Gebiet, auf dem man
Arbeitszeit nicht mehr als das Zehnfache des
eine Vorstellung hervorrufen kann von der Realität des geistigen Lebens.
gesetzlichen Mindestlohns betragen dürfen –
Und dann wird es einem möglich, darauf hinzuweisen, wie das
oberhalb dieser Grenze würde ein
geistige Leben eben eine in sich geschlossene Realität, nicht ein Produkt
Einkommenssteuersatz von hundert Prozent greifen.
des wirtschaftlichen Lebens, nicht eine bloße Ideologie ist, sondern
Derzeit liegt das Verhältnis zwischen Höchst- und
ein in sich selbst gegründetes Reales ist. (...) Wenn das geistige Leben nur eine Ideologie ist, so strömen eben
Mindesteinkommen in Österreich beim Faktor 800, in
diese Ideen herauf aus dem wirtschaftlichen Leben. Da muß man sie
Deutschland beim Faktor 5000 und in den USA beim
organisieren, da muß man ihnen eine künstliche Wirksamkeit und Organisation
Faktor 350000.“>>. Zitiert nach [[Michael Heinen-Anders]], Dem Teufel auf der Spur..., BOD, Norderstedt 2012, S. 24</ref>
verschaffen. Das hat ja auch der Staat getan. In dem Zeitalter,
wo das geistige Leben in Ideologie verdunstete, hat der Staat es
in die Hand genommen, um der Sache wenigstens die Realität, die man
nicht in der geistigen Welt selber erlebt hat, zu geben.|339|60f}}


Kultur kann nur aus Kultur kommen, sie kann nicht aus etwas kulturfremden entstehen, außer aus ihrem Gegensatz der Natur. Im Rahmen einer naturalistischen Betrachtung ist das kulturelle Leben Überbau des natürlichen Lebens des Menschen. Nur in dem besonderen Fall, wo man das menschliche Wirtschaften als ein rein natürliches ansehen wollte, könnte man die menschliche Kultur dem Wirtschaften des Menschen entspringen lassen.
=== Zeitbedarf ===
Gemäß diesem Konzept der wirtschaftlichen Urzelle ist der Preis einer Ware umso höher, je mehr Zeit für ihre Produktion benötigt wird. Dafür ist es zunächst unerheblich, ob durch andere Produzenten die Ware billiger produziert werden kann, weil sie weniger Zeit dafür benötigen. Wenn der Schuster für ein paar Schuhe eine Woche benötigt, wird der Preis für ''diese'' paar Schuhe dem Bedarf für eine Woche Lebensunterhalt entsprechen müssen. Dabei ist es völlig egal, ob andere Schuster für das betreffende Wirtschaftsgebiet Schuhe gleicher Qualität an einem Tag schaffen können. Wenn man nun meint, ein Preis für die Schuhe, der 1 Woche Lebensunterhalt entspricht, sei zu hoch, worauf könnte sich so ein Urteil gründen?


Den nur natürlichen Menschen, also eine tierische Vorform, wenn man Menschwerdung mit dem Entstehen menschlicher Kultur gleichsetzt, gab es nach anthroposophischer Auffassung jedoch so nicht, daß aus ihm das Kulturelle, und das heißt dann auch das Geistige, hätte entstehen können. Der Mensch wird als ein geistiges Wesen verstanden, das sich mit natürlichen (letztlich auch geistigen Ursprungs) Menschenformen verbindet. Es sollen demnach auch die kulturellen Fähigkeiten des Menschen aus seiner geistigen Präexistenz stammen. Auch bei solcher Sichtweise bedarf es aber der Berücksichtigung der vorgegebenen Kultur: Das menschliche Wesen inkarniert sich nicht nur in einen natürlichen Körper, sondern auch in eine bereits bestehende Erdenkultur hinein. Nur in und an dieser kann er seine mitgebrachte kulturelle Kreativität entfalten. Diese den Menschen umgebende Kultur wird zwar durch einzelne Menschen und deren Produktionen vertreten, diese zusammen jedoch machen das Soziale des Kulturellen aus, dem sich der einzelne Mensch gegenüber sieht, und mit dem er als ein sozialer Mensch in Interaktion tritt.
Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, hat sich aber strikt am Prinzip der Urzelle zu orientieren, und nicht etwa an der Beobachtung, daß die Nachfrage nach preisgünstigen Schuhen höher ist als diejenige nach teuren.


{{GZ|Das Geistesleben aber ist, wenn man ihm gegenübersteht
Ein Grund dafür, daß der Schuster eine ganze Woche für ein paar Schuhe benötigt, könnte sein, daß der Schuster in Teilzeit arbeitet. Er arbeitet z.B. nicht wie die anderen Schuster "Vollzeit", angenommen 40 Stunde die Woche, sondern nur ein 1/7 davon, ca. 6 Stunden die Woche.  
als einem Elemente, das auf sich selbst gebaut ist, ein sehr strenges
Element, ein Element, demgegenüber man fortwährend seine Freiheit
bewahren muß, das deshalb nicht anders als auch in der Freiheit organisiert
werden darf. Lassen Sie einmal eine Generation ihr Geistesleben
freier entfalten und dann dieses Geistesleben organisieren, wie sie
es will: es ist die reinste Sklaverei für die nächstfolgende Generation.
Das Geistesleben muß wirklich, nicht etwa bloß der Theorie nach, sondern
dem Leben nach, frei sein. Die Menschen, die darinnenstehen,
müssen die Freiheit erleben. Das Geistesleben wird zur großen Tyrannei,
wenn es überhaupt auf der Erde sich ausbreitet, denn ohne daß
eine Organisation eintritt, kann es sich nicht ausbreiten, und wenn eine
Organisation eintritt, wird sogleich die Organisation zur Tyrannin.
Daher muß fortwährend in Freiheit, in lebendiger Freiheit gekämpft
werden gegen die Tyrannis, zu der das Geistesleben selber neigt.|339|72}}


Dies gilt nicht nur für das Geistesleben, die Kultursphäre i.e.S. des sozialen Organismus, die hier von Rudolf Steiner angesprochen ist, sondern für das Kulturelle im allgemeinen: Es liegt in ihm etwas, was für den einzelnen Menschen in seiner Vorgegebenheit etwas hat wie der Zwangscharakter von Naturgegebenheiten. Das ist insbesondere natürlich der Fall für die Traditionen und Kulturschöpfungen, die das Ergebnis des kulturellen Lebens früherer Generationen sind. Diese sollen offenbar für das "freie" Geistesleben so in Wandelbarkeit gehalten werden, daß Freiheit weiterhin möglich ist, und damit dann auch die kreative Weiter- und Neugestaltung des kulturellen Lebens inkl. dem rechtlich-politischen und wirtschaftlichen Leben.
Fall 1.
Die übrigen 6/7 verwendet der Schuster auf ein anderes Produktionsgebiet, er ist nämlich auch Schneider. Als Schneider arbeitet er ca. 34 Stunden die Woche.


=== Zivilgesellschaft ( I ) ===
Fall 2.
{{LZ|Zweitens scheint die Unterscheidung der Zivilgesellschaft sowohl von der wirtschaftlichen als auch von der politischen Gesellschaft zu fordern, dass diese Kategorie irgendwie alle Phänomene der Gesellschaft, die nicht direkt mit Staat und Wirtschaft verbunden sind, mit einbeziehen sollte. Aber das ist nur der Fall, soweit wir Beziehungen aus bewusster Vereinigung, Selbstorganisation und organisierter Kommunikation ins Auge fassen. Die Zivilgesellschaft stellt in der Tat nur eine Dimension der soziologischen Welt der Normen, Rollen, Praktiken, Beziehungen, Kompetenzen und Formen der Abhängigkeit dar, oder einen besonderen Blickwinkel auf die Welt aus der Sicht des sich bewussten Verbindens und des Verbandslebens. Ein Weg sich diese Begrenztheit innerhalb des ganzen Konzeptes zu erklären, ist, es von einer sozio-kulturellen Lebenswelt zu unterscheiden, welche als die umfassendere Kategorie des 'Sozialen' die Zivilgesellschaft mit einbezieht. Demgemäß bezieht sich Zivilgesellschaft auf die Strukturen der Sozialisation, Vereinigung und organisierten Kommunikationsformen dieser Lebenswelt, insoweit als diese institutionalisiert sind oder sich im Prozess der Institutionalisierung befinden.|Cohen und Arato 1994, S. S.IX-X, zitiert nach Perlas 2000}}
Da der Schuster im fortgeschrittenen Alter ist, etwas altersschwach, kann er nicht mehr so schnell arbeiten wie in den besten Jahren. Er braucht die doppelte Zeit wie früher, arbeitet aber weiterhein "Vollzeit".


Mit Formulierungen wie "irgendwie alle Phänomene der Gesellschaft, die nicht direkt mit Staat und Wirtschaft verbunden sind" wird hier versucht, Zivilgesellschaft in Abgrenzung von Staat und Wirtschaft zu bestimmen, als eine Restkategorie. Dies ist nicht unüblich, da Kultur, wenn sie nicht eben alles Menschliche umfassen soll, das nicht natürlich ist, äußerst schwer zu definieren ist. Man gewinnt dadurch allerdings keine klare, eigenständige Auffassung einer Bestimmung von Zivilgesellschaft oder Kultur aus sich selbst heraus. Die nähere Bestimmung von Zivilgesellschaft als Institution innerhalb der allgemeinen, sozio-kulturellen Lebenswelt hilft da auch nicht weiter, sofern auch diese Lebenswelt nur eine Restkategorie sein sollte. Meint Lebenswelt aber das umfassende kulturelle Leben, das Wirtschaft und Staat einschließt, liegt die Zuordnung des zivilgesellschaftlichen zur kulturellen Sphäre des sozialen Organismus nicht ohne weiteres nahe. Zivilgesellschaft könnte auch als eine Art Gegenkultur verstanden werden, die ein politisch-rechtlich und wirtschaftlich anderes Leben mit einschließt.
Fall 3.
Da der Schuster im fortgeschrittenen Alter ist, etwas altersschwach, kann er nicht mehr 8 Stunden pro Tag arbeiten, er arbeitet 5 Tage á 4 Stunden, "Teilzeit", aber so schnell wie früher. Das Paar Schuhe ist nach einer Woche fertig wie in Fall 2.


Die Ursachen für solche Unklarheit liegen darin, implizit Kultur doch wieder als Überbau aufzufassen, nicht so wie Marx als Überbau der Wirtschaft, sondern als Überbau von Wirtschaft und Staat. Mithin sind so Kultur und Zivilgesellschaft implizit als Ideologie aufgefaßt. Man kommt nur dann zu einem adäquaten Verständnis von Kultur, Lebenswelt, freiem Geistesleben und Zivilgesellschaft, wenn man sie aus sich selbst heraus bestimmt zunächst im Sinne des umfassenden Kulturellen, und von daher versteht, wie innerhalb dieses sich Staat und Wirtschaft als eigenständige Bereiche ausgrenzen und dadurch die Kultur selbst auch neue Bestimmung erhält, eine Einschränkung, und auch eine neue Qualität.
Fall 4.
Der Schuster ist jung und arbeitet auch am Wochenende sowie abends, insgesamt 100 Stunden die Woche. Das paar Schuhe ist gleichwohl erst in einer Woche fertig, da der Schuster das Produktionsverfahren ''während der Produktion der Schuhe'' optimiert.


=== Lebenswelt ===
Fall 5.
Der Lebensweltbegriff hat den Vorzug, auf die doch etwas problematische Unterscheidung von Natur und Kultur verzichten zu können. Lebenswelten haben auch die Tiere. Sie ist die Umwelt, wie sie jeweils zu ihnen paßt, aus der Perpektive, wie sie sie selbst wahrnehmen, und sich in ihr orientieren und leben können. Was die Tiere selbst zur Gestaltung ihrer Lebenswelt beitragen, wie ein geordnetes Zusammenleben im Bienenstock, oder das Errichten von kunstvollen Bauten, um darin zu wohnen, kann man als selbstgestaltete Lebenswelt auch bei den Tieren Kultur nennen.
Der Schuster benötigt 3,5 Tage für die Produktion der Schuhe. In den übrigen 3,5 Tagen widmet er sich der Aufgabe, das Produktionsverfahren zu optimieren, produziert in dieser halben Woche also keine Schuhe.


Ein Kulturbegriff im Unterschied zum Begriff des Natürlichen würde auch das Innehaben eines Begriffs der Natur voraussetzen. Solch ein Begriff, könnte der Mensch ihn fassen, wäre aber selbst schon eine kulturelle Leistung. Der Mensch ist mit seinem besonderen Vermögen, mag man es Kultur nennen oder nicht, mit dem er über die Tiere hinaus ist, in seinem Selbstverständnis bereits kreativ tätig, eine Unterscheidung zwischen seinem natürlichen und kulturell-geistigen Dasein ist selbst bereits eine solche kreative Leistung. Sein Menschsein ist ''gelebte'' Kultur.
Fall 6.
Der Schuster arbeitet nicht wie gewöhnlich 40 Stunden die Woche, sondern eine Zeitlang 80 Stunden die Woche, und lagert die zusätzlich produzierten Schuhe. Nach einem Jahr stehen 52 paar Schuhe im Lager. Im folgenden Jahr läßt er die 52 Paar von einem Händler abholen, und widmet sich ausschließlich der Kindererziehung, sowie Renovierung der Privatwohnung und dergleichen.


==== Husserls Lebensweltbegriff ====
Fall 7.
Ein Begriff der Lebenswelt wurde auch schon vor Husserl verwendet, er bekommt jedoch durch Husserl nicht nur für die phänomenologische Philosophie allein, sondern für die neuere Geistesgeschichte allgemein eine besondere Stellung, als Husserl einer der letzten ist (innerhalb des etablierten akademischen Diskurses), der noch an einer bewußtseinsphilosophischen, "egologischen" erkenntnistheoretischen Position festhält.
Wie 6, jedoch ohne private Haushaltsproduktion, und statt dessen 1 Jahr "[[wikipedia:Sabbatical|Sabbatical]]".


{{LZ|Im
Fall 8.
Rückblick können wir feststellen, daß in der Philosophie des 20. Jahrhunderts drei
Wie 7, jedoch anstatt 80 Stunden, arbeitet der Schuster nur 40 Stunden, es gibt also keine zusätzlichen 52 Paar, die ein Händler abholen kann. Trotzdem gönnt sich der Schuster ein Jahr sabattical.  
Philosophien dominierten: die Sprachphilosophie in der heute weitverzweigten und
dominierenden analytischen Philosophie ([[Frege]], Russell, [[Wittgenstein]], Carnap u.a.),
Husserls Phänomenologie in der „Phänomenologischen Schule“ und Soziologie und
Heideggers Fundamentalontologie in der Philosophischen Hermeneutik. Gemeinsam
ist den Hauptrichtungen der Philosophie in diesem Jahrhundert, daß sie die Erkenntnistheorie
nicht mehr cartesianisch und mentalistisch konstruieren. Paradigmatisch
wurde diese Umorientierung in der Erkenntnistheorie von Wittgenstein, Frege folgend,
in seinem „Tractatus“ lakonisch formuliert: „Das denkende, vorstellende Subjekt
gibt es nicht“. Husserl nimmt zwar eine Sonderstellung ein, da seine Egologie und
Erkenntnistheorie cartesianisch orientiert ist. Mit der Hinwendung zur Lebensweltanalyse
gibt er auch eine Antwort auf die Konstruktionsprobleme des modernen
Mentalismus. Die Dekonstruktion des erkennenden Ichs (transzendentalen Bewußtseins)
hat sich in der Philosophie, Wissenschaftstheorie und Soziologie des 20. Jahrhunderts
durchgesetzt. Dies gilt sowohl für den radikalen Konstruktivismus, die
allgemeine und die soziologische Systemtheorie [[Luhmann]]s aber auch für die konstruktive
Philosophie von Lorenzen, den sogenannten „Erlangener Konstruktivismus“
und seine heutigen Vertreter. Belegen läßt sich das Ende der Bewußtseinsphilosophie
aber auch in der Erkenntnistheorie ohne erkennendes Subjekt von Popper, dem
erkenntnistheoretischen Naturalismus von Quine und Davidson, der sprachtheoretischen
Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie von Essler (W.K.) und in der Organtheorie
der Sprache von Chomsky.|Preyer/Peter/Ulfig, S. 8f.}}


Bevor auf den Husserlschen Lebensweltbegriff näher eingeganen wird, sei Husserls Schüler [[Alfred Schütz]] erwähnt, der von Husserls phänomenologischen Ansatz ausgehend eine phänomenologische Soziologie entwickelt hat, unter Außerachtlassung allerdings des transzendentallogischen und idealistischen Aspekts bei Husserl. Für Schütz, der die Arbeiten Husserls zur Konstitution der Intersubjektivität, die aus dem Nachlaß Husserls herausgegeben wurden, noch nicht kannte, waren Husserls ihm vorliegende Untersuchungen, wie sich aus dem subjektiv idealistischen Zugang zur Erkenntnis die Intersubjektivität bzw. Objektivität der Welt ergeben soll, nicht schlüssig.  
Fall 9.
Der Schuster hat einen Sohn, der im Betrieb mitarbeitet, der aber, obwohl fleißig, nicht sonderlich befähigt ist, sodaß ein Teil der Schuhe mit Fehlern behaftet sind, die in der Folge zum Schuster zwecks Reparatur zurückgebracht werden.


Wie soll es möglich sein, aus der egologischen Erkenntnis heraus, in der sich die Objektivität einer vom Ich unabhängigen Welt erweisen soll, die Existenz der anderen Menschen, der anderen Iche zu begreifen, die für den egologischen Standpunkt zunächst Vorkommnisse, Phänomene in einer Welt sind, deren Wirklichkeit sich dem egologischen Subjekt konstitutiv herstellt? Wie kann ich davon wissen, daß die anderen Iche real existierende sind, trotzdem ihre Wirklichkeit von dem subjektiven Erkenntnisprozeß, dem Weltaufbau in meinem Bewußtsein abhängt? Schütz sieht die Lösungsversuche Husserls für dieses sogenannte "Intersubjektivitätsproblem" als gescheitert an und entschließt sich, von vorherein eine gemeinsam, sozial konstituierte Welt vorauszusetzen.  
=== Leistung ===
Der oben angegebene Fall 9 ist von besonderem Interesse, weil an ihm deutlich wird, daß der Preis der Schuhe einmal vom Bedarf abhängt (denn durch die Zugehörigkeit des minderbefähigten Sohnes zur Familiengemeinschaft muß der Preis der Schuhe höher sein), als auch von der Leistung, die sich aus angewendeter Fähigkeit ergibt (die Minderleistung des Sohnes führt dazu, daß der Schuster generell seine Schuhe etwas teurer machen muß.)


Mit Schütz beginnt in der Soziologie eine phänomenologische Theorie- und Forschungsrichtung, die von einer sozial, intersubjetiv konstituierten Welt, die als gegeben hingenommen wird, ausgeht, und nicht von subjektiven "Bewußtseinsleistungen", die diese Welt erst erscheinen lassen, als unabhängig vom Bewußtsein existierend. Die Voraussetzungen einer objektiven Gegebenheit von Welt (wie diese Gegebenheit ''als'' eine objektive für das subjektive Bewußtsein möglich ist) werden nicht weiter untersucht, die reale, objektive Existenz der Welt wird als Ausgangspunkt einer gemeinsamen, intersubjektiven Erkenntnisleistung der Menschen, die sich diese Welt erkenntnismäßig erschließen, gesetzt.
Man könnte dies auf die Formel bringen, daß Bedarf und Leistung sich gegenseitig aufheben. Je höher die Leistung, desto geringer fällt der Bedarf aus. Nimmt man den Bedarf für den Lebensunterhalt für konstant an, ergibt sich ein Überschuß, wenn die Leistung höher ausfällt. Dies führt zur Bildung von [[Kapital]]. Die im Fall 6 aufgelagerten 52 paar Schuhe sind solches Kapital. Im Fall 4 kommt es durch die Verbesserung des Produktionsverfahrens zur Kapitalbildung. Im Fall 5 an sich genauso, jedoch wird es durch entsprechend höheren Bedarf wieder aufgebraucht, was in Fall 4 nicht der Fall ist.


Objektiv ist in dem Zusammenhang gleichbedeutend mit "Intersubjektivität", da diese Intersubjektivtät der Erkenntnis der Beleg dafür ist, daß die Welt in ihrem jeweiligen Sosein nicht nur für das Bewußtsein eines jeweiligen einzelnen Ich wirklich da ist, sondern eben für alle, für die anderen Iche auch. Diese gemeinsame Welt, die die Menschen erkennen, sich gegenseitig bestätigend und korrigierend, in ihrem Sosein erfahren und in ihrem Handeln beeinflussen und umwandeln, ist die Lebenswelt.  
Man kann bei solchen Überschüssen, die das Wort Leistung im eigentlichen Sinne erst verdienen (Überschuß-Leistung = Leistung - Bedarf) noch nicht von der Produktivkraft des Kapitals als solcher sprechen, denn dieses wird zunächst nur erst gebildet. Ist aber das bessere Produktionsverfahren für Schuhe erst einmal etabliert, generiert es dauerhaft (Überschuß-)Leistungen. Dies sind dann Leistungen des Kapitals, und nicht etwa die des Schusters, dessen Leistungen diesbezüglich mit Fertigstellung des Produktionsverfahrens abgeschlossen sind.


Diese Lebenswelt ist in ihrer objektiven Gegebenheit von Alfred Schütz vorausgesetzt, in ihrem jeweiligen Sosein aber abhängig gedacht von der Art, wie sie von den Menschen aufgefaßt wird. Diese Auffassung ist grundlegend immer schon eine gemeinsame, und nur deshalb ist auch eine Verständigung der Menschen untereinander über die Dinge der Welt möglich, und gemeinsames, koordiniertes Handeln.  
=== Preis ===
==== Lohn und Preis im kapitalistischen System ====
Die Eigentümer eines typischen kapitalistischen Wirtschaftsbetriebes betrachten das Kapital, das aus Überschuß-Leistungen von Mitarbeitern gebildet wird, als ihr Eigentum, und verwenden es mit privater Verfügungsgewalt, soweit keine rechtlichen Einschränkungen gegeben sind. Soweit die Gewinne nicht als Investition im Betrieb bleiben, können sie den Eigentümern als Einkommen zukommen, oder sonstwie verwendet werden (Gründen einer Stiftung, Parteispenden, Förderung der Kunst etc). Auch der Staat bezieht zwangsweise aus solchen Überschüssen Gelder.


{{LZ|Die Wissenschaften, die menschliches Handeln und Denken deuten und erklären wollen,
Entgegengesteuert wird dem in der etablierten Wirtschaftsordnung durch das Spiel von Angebot und Nachfrage in Verbindung mit dem Konkurrenzkampf. Der Versuch, am Markt zu bestehen, führt (zumindest im Ideal-Modell des vollkommenenen Marktes) dazu, daß die eigenen Produkte möglichst billig abgegeben werden, um die Konkurrenz zu unterbieten.  
müssen mit einer Beschreibung der Grundstrukturen der vorwissenschaftlichen, für den - in der natürlichen
Einstellung verharrenden - Menschen selbstverständlichen Wirklichkeit beginnen. Diese
Wirklichkeit ist die alltägliche Lebenswelt. Sie ist der Wirklichkeitsbereich, an der der Mensch in
unausweichlicher, regelmäßiger Wiederkehr teilnimmt. Die alltägliche Lebenswelt ist die Wirklichkeitsregion,
in die der Mensch eingreifen und die er verändern kann, indem er in ihr durch die
Vermittlung seines Leibes wirkt. Zugleich beschränken die in diesem Bereich vorfindlichen
Gegenständlichkeiten und Ereignisse, einschließlich des Handelns und der Handlungsergebnisse
anderer Menschen, seine freien Handlungsmöglichkeiten. Sie setzen ihm zu überwindende Widerstände
wie auch unüberwindliche Schranken entgegen. Ferner kann sich der Mensch nur innerhalb
dieses Bereichs mit seinen Mitmenschen verständigen, und nur in ihm kann er mit ihnen zusammenwirken.
Nur in der alltäglichen Lebenswelt kann sich eine gemeinsame kommunikative
Umwelt konstituieren. Die Lebenswelt des Alltags ist folglich die vornehmliche und ausgezeichnete
Wirklichkeit des Menschen. Unter alltäglicher Lebenswelt soll jener Wirklichkeitsbereich
verstanden werden, den der wache und normale Erwachsene in der Einstellung des gesunden
Menschenverstandes als schlicht gegeben vorfindet. Mit schlicht gegeben bezeichnen wir alles,
was wir als fraglos erleben, jeden Sachverhalt, der uns bis auf weiteres unproblematisch ist.|Schütz und Luckmann: Strukturen der Lebenswelt, Frankfurt 1979, S. 25}}


Von diesem phänomenologischen Ansatz aus entwickelt sich dann, von Peter L. Berger und Thomas Luckmann weiter ausgebaut, die Lehre von der "[[wikipedia:Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit|gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit]]", und der [[wikipedia:Sozialkonstruktivismus|Sozialkonstruktivismus]] überhaupt. Auch [[Habermas]] geht von diesem Ansatz aus, wobei bei ihm die sprachliche Verfaßtheit der Erkenntnis und der Wirklichkeit eine spezifische Relevanz bekommt.
Durch solche Verbilligung der Waren fließt Kapital an die Konsumenten ab. Auf der anderen Seite fließt Kapital ab durch bessere Bezahlung der Mitarbeiter. Würden diese entsprechend ihrer Leistung bezahlt, entstünde im Unternehmen deswegen keinerlei Kapital. Es wird also im Interesse der Eigentümer, oder gemäß anderen wirtschaftlichen Gesichtspunkten, dem Mitarbeiter nicht die volle Leistung entgolten. Dennoch gilt die Regel, daß je höher die (Überschuß-)Leistung, ein Mitarbeiter umso besser bezahlt wird. Man denkt sich die Arbeit auch als durch Angebot und Nachfrage geregelt, und ein Mitarbeiter hat einen "Preis", nämlich den, den ein anderes Unternehmen bereit wäre zu zahlen, um den Mitarbeiter für sich zu gewinnen.


{{LZ|Sinnverstehen ist ... eine solipsistisch undurchführbare, weil kommunikative Erfahrung. Das
Aus diesem Konglomerat von Fakten, Werten, Einstellungen und rechtlichen Regelungen ergibt sich die Vorstellung vom Lohn gemäß Leistung, bzw. die Idee der Beteiligung der Mitarbeiter am Überschuß der Leistungen je nach ihrem "Verdienst", und ihre erzwungene Umsetzung. Im Idealmodell der "freien Marktwirtschaft" führt dies zu optimaler [[wikipedia:Allokation (Wirtschaftswissenschaft)|Allokation]], gerechten, angemessenen Preisen für Waren, und gerechten, angemessenen Einkommen.
Verstehen einer symbolischen Äußerung erfordert grundsätzlich die Teilnahme an einem Prozeß
der Verständigung. Bedeutungen, ob sie nun in Handlungen, Institutionen, Arbeitsprodukten,
Worten, Kooperationszusammenhängen oder Dokumenten verkörpert sind, können nur von
innen erschlossen werden. Die symbolisch vorstrukturierte Wirklichkeit bildet ein Universum,
das gegenüber den Blicken eines kommunikationsunfähigen Beobachters hermetisch
verschlossen, eben unverständlich bleiben müßte. Die Lebenswelt öffnet sich nur einem Subjekt,
das von seiner Sprach- und Handlungskompetenz Gebrauch macht. Es verschafft sich dadurch
Zugang, daß es an den Kommunikationen der Angehörigen mindestens virtuell teilnimmt und so
selber zu einem mindestens potentiellen Angehörigen wird.|Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns I, Frankfurt 1981, S. 165f.}}


Dies richtet sich insbesondere, abgesehen davon, daß es die Position Jürgen Habermas' beschreibt, gegen Husserl (Vorwurf des [[wikipedia:Solipsismus|Solipsismus]]), aber auch Schütz geht noch von der Erkenntnisfähigkeit des einzelnen Menschen aus.
Man muß daher die Entlohnung nach Leistung als Bestandteil eines Wirtschaftens innerhalb eines solchen kapitalistischen Systems ansehen, in dem die Preisbildung durch das Spiel von Angebot und Nachfrage auf den Märkten geregelt wird. Im Interesse des eigenen Profits bzw. aus wirtschaftlicher Überlebensnotwendigkeit sucht man Preise und Löhne zu manipulieren, um über den Bedarf hinaus zu konsumieren, um besser dazustehen als die Konkurrenz, oder um für die Zukunft vorzusorgen.


Das eigentlich Geistige in der kreativen Erkenntnisleistung der Menschen, die sich ihre Kultur, ihre Lebenswelt selbst schaffen, und dem Husserl noch auf der Spur war, ist in dieser Konstitutionslehre des Sozialen und Kulturellen im Ausgang von Schütz verloren gegangen. Das Hervorgehen aus den Erkenntnisleistungen des Bewußtseins wird, wenn überhaupt noch hinterfragt, nur noch als ein Vorgang ''in'' der Welt, nicht mehr als ein idealer, der Welt zunächst ''vorgängiger'' Prozeß aufgefaßt, aus dem Welt schließlich resultiert.<ref>Dieser Dualismus zwischen dem Idealen, des denkenden Egos und dem Realen, der objektiven, realen Welt, wird als "Cartesianismus" bezeichnet, weil er paradigmatisch auf Descartes zurückgeht. Man will in den modernen Verständnissen von Erkenntnis, wie in dem angeführten Zitat von Preyer/Peter/Ulfig erläutert, diesen Dualismus zugunsten eines Monismus überwunden haben, welcher allerdings ein materialistischer ist. Darauf wird noch zurückzukommen sein, wenn Husserls Versuche, den letztlich unschlüssigen Cartesianismus zu überwinden, bei Festhalten am Idealismus, mit Rudolf Steiners Erkenntnistheorie, die von Eduard von Hartmann bekanntlich als "erkenntnistheoretischer Monismus" bezeichnet wurde, verglichen wird, und auch die Verschränkung von Erkenntnistheorie und Ontologie (man unterscheidet analytisch zwischen erkenntnistheoretischem und ontologischem Idealismus bzw. Dualismus und Monismus) Thema werden muß.</ref>
==== Lohn und Preis gemäß der wirtschaftlichen Urzelle ====
===== Einkommen und Warenpreise =====
In einer assoziativen Wirtschaft gemäß der Dreigliederungsidee des sozialen Organismus gibt es Arbeitslohn im Sinne einer preismäßigen Bezahlung des Einkaufs von Arbeit als Produktionsfaktor nicht mehr. Gegen die Weiterverwendung der Bezeichnung "Lohn" für das Einkommen, das ein am Wirtschaftsleben teilnehmender Produzent, oder auch "Gehalt", erhält, spricht aber nichts, soweit man sich darüber klar ist, daß darunter keine bezahlten Preise zu verstehen sind.


Die geistige Verfaßtheit der Lebenswelt ist heute gemeinhin vergessen, in den gängigen Theorien über das Kulturelle und Soziale wird meist, explizit oder implizit, die herrschende darwinistische Evolutionstheorie vorausgesetzt, mit ihrem Ableger der [[wikipedia:evolutionäre Erkenntnistheorie|evolutionistischen Erkenntnistheorie]]. Mit einem Verständnis von Lebenswelt und Kreativität, das letztlich auf darwinistischen Ansichten gründet, läßt sich nicht verstehen, was Rudolf Steiner unter einem "freien Geistesleben" begriffen wissen wollte.  
Wenn man an einem "Leistungslohn" festhalten will, dann kann das nur dadurch möglich sein, daß man den über den eigentlichen Bedarf hinausgehenden Betrag als eine Zahlung ansieht, die aus anderen Gründen gezahlt wird, ''nicht'' für eine erbrachte Leistung. Man muß sich dann aber darüber im Klaren sein, daß solche Zahlungen dazu führen, daß andernorts weniger Geld da ist.


Um das Verhältnis dieses Konzeptes Rudolf Steiners von freiem Geistesleben zu heute gängigen Auffassungen von Kultur und Lebenswelt zu verstehen, muß auf den Ursprung dieser Auffassungen bei Husserl zurückgegangen werden, der bekanntlich noch an einem idealistischen Verständnis von Erkenntnis festhielt, gleichwohl aber die Lebenswelt auch als etwas zu fassen suchte, was diesem Erkennen des Menschen als einem idealen Bewußtseinsprozeß, ''geschichtlich'' vorliegt.
Genauer ist zu untersuchen, inwieweit solche monetären Rückübertragungen der Leistungsüberschüsse von Mitarbeitern sich auf die Preisbildung auswirken, bzw. wie Verfälschungen der Preise durch solche Kapitalübertragungen vermieden werden können.


Damit sind zwei erste Merkmale angesprochen, durch die die Lebenswelt im Sinne Husserls charakterisiert ist: Ihre Konstitution durch ein transzendentales Subjekt und ihre zeitliche Geschichtlichkeit. Die Konstitution durch das transzendentale Subjekt ist nicht mißzuverstehen als eine Konstitution von Welt durch ein empirisches, zeitliches Subjekt. Dieses empirische Subjekt bzw. viele derselben sind bereits Resultate von Bewußtseinsleistungen des transzendentalen Ego, die den empirischen (faktischen) Gegebenheiten vorausliegen (vorausliegen nicht im zeitlichen Sinne<ref>Es ist dies analog dem Steinerschen Diktum "Das Denken ist ''jenseits'' von Subjekt und Objekt" (GA 4) zu verstehen.</ref>). Andererseits sind die empirischen Gegebenheiten, die stattgehabten Konstitutionsleistungen, aus denen die empirische Lebenswelt als von subjektiver Konstitutionsleistung unabhängig (gedacht) objektiv aufgebaut ist, als tatsächlich ''in der Zeit'' schon gegebene vorauszusetzen, die die weiteren, daran anschließenden Konstitutionsleistungen des transzendentalen Ego nur erst ermöglichen. <!--In diesem Sinne sieht Husserl die Lebenswelt als den "Boden" an, auf dem das je aktuelle Erkenntnisgeschehen und soziale Handeln stattfindet.-->
Generell ist mit solchen Übertragungen natürlich eine Verteuerung der Waren verbunden. Das ist aber auch sonst der Fall, wenn ein gebildetes Kapital nicht in niedrigere Preise abfließt, und insofern eigentlich unproblematisch. Es besteht jedoch die Besonderheit, daß durch solche höheren Einkommen als der Bedarf die Überschußleistungen von produzierenden Mitarbeitern wieder (teilweise) rückgängig gemacht werden. Es wird dadurch dem jeweiligen Betrieb und allgemein dem Wirtschaftsleben genau dort Kapital entzogen, wo es gebildet wird. Die Produktionsleistung eines Mitarbeiters wird durch seine Bezahlung über den Bedarf des Lebensunterhalts hinaus aus dem Wirtschaftsleben wieder hinausgestoßen.  


===== Welt als Boden =====
Auf der anderen Seite hat ein Mitarbeiter, dem ein solches über seinen Bedarf hinausgehendes Einkommen zukommt, einen monetären Kontozuwachs. Dieses Geld ist da dann zunächst einmal nicht wirtschaftendes Kapital, sondern aus dem Wirtschaftsleben herausgefallen. Es wurde dem Betrieb aus Gründen entzogen, die keine wirtschaftlichen sein können.  
{{LZ|Husserls Behauptung lautet aber, das Auftreten der Gegenstände für uns setze die Habe der Welt voraus. Diese These bedarf also eines eigenen Nachweises.
Husserl führt ihn mit folgender Überlegung: In unserem alltäglichen Leben kehrt ständig eine Überzeugung wieder, die Überzeugung, daß ein bestimmter Gegenstand existiert und diese oder jene Beschaffenheiten aufweist. Gleichermaßen ist uns aber auch die Erfahrung vertraut, daß solche Überzeugungen sich von Fall zu Fall als unhaltbar erweisen. Alle solchen „Enttäuschungs“- Erlebnisse haben nun eine Eigentümlichkeit: In ihnen verlieren zwar einzelne Gegenstände, die uns jeweils als existierend und als so und so seiend gelten, diese ihre „Seinsgeltung“; aber die Korrektur unseres Erfahrungszusammenhangs, die wir mit der „Durchstreichung“ einer Seinsgeltung vornehmen müssen, führt nie zu einem völligen Abbrechen der Erfahrung von Existenz und Beschaffenheit, also nie zu einem völligen Nichts, sondern immer nur zu einem: „nicht so, sondern anders“. Ein Zusammenhang der Erfahrbarkeit bleibt erhalten, und damit zeigt sich: Von allen Enttäuschungen und Durchstreichungen hinsichtlich der einzelnen Gegenstände bleibt eine Grundüberzeugung unberührt: der Glaube, daß der Gesamtzusammenhang der Erfahrbarkeit, in den wir alle Gegenstände einordnen, Bestand hat (vgl. 464). Die Welt ist nicht die Summe aller Gegenstände, sondern dieser Gesamtzusammenhang. Als das ist sie, wie Husserl das ausdrückt, der Boden, auf den wir alle Gegenstände stellen. Dieser Weltboden bleibt durch alle Modifikationen der Einzelerfahrung mit Gegenständen hindurch erhalten. Die Seinsgeltung der Gegenstände besitzt immer nur vorläufigen Charakter. Die Welt hingegen hat für uns „Endgeltung“; sie bleibt stillschweigend jederzeit als seiend vorausgesetzt. Dies nennt Husserl die „Generalthesis der natürlichen Einstellung“ oder auch einfacher den „Weltglauben“ (vgl. 112). Die natürliche Einstellung läßt sich in diesem Sinne kennzeichnen als die weltgläubige, oder wie Husserl sagt: „mundane“, Einstellung.
Dieser Aufweis zeigt in einer ersten und vorläufigen Weise: Der Weltglaube ist bei jeder Gegenstandshabe vorausgesetzt. Also ist die Welt das Korrelat der natürlichen Einstellung. Damit tritt neben die erste Grundbestimmung der natürlichen Einstellung, die Subjektvergessenheit, eine zweite: die Weltgläubigkeit oder „Mundanität“.|Held, S. 82}}


===== Welt als Horizont =====
Man muß daher zunächst ganz allgemein einen gewissen Schaden konstatieren, den die Wirtschaft erleidet (inwieweit dieser Vorgang ein vertretbarer ist, durch einen später eintretenden kompensatorischen Prozeß, hängt dann von der Verwendung des Zahlbetrages durch den Mitarbeiter ab). Aber wie wirkt sich dieser wirtschaftsfremde Zahlvorgang auf die Preisbildung aus?
{{LZ|Es liegt in meiner Entscheidungsvollmacht, in welchen Erscheinungsweisen ich mir den Gegenstand zur Gegebenheit bringe. Die Erscheinungsweisen sind Möglichkeiten meines freien subjektiven Vollzugs, sie sind – wie Husserl dies ausdrückt – meine „Vermöglichkeiten“, d. h., sie sind Weisen meines Erfahren-Könnens. Weil mein Vermögen, die Einstellungen bzw. Perspektiven zu wechseln, frei ist, ist es nicht daran gebunden, sich dabei jeweils ausschließlich auf einen Gegenstand zu beziehen, und normalerweise wird es sich diese Bindung auch nicht auferlegen, es wird vielmehr von Gegenstand zu Gegenstand schweifen oder mehr oder weniger komplexe Zusammenhänge von Gegenständen erfassen. Allerdings wird dies in einer geregelten Weise vor sich gehen. Die Vermöglichkeiten, die sich in meinem gerade aktuellen Erlebnis eines Gegenstandes oder Gegenstandszusammenhangs eröffnen, werden auf andere daran anschließende Erscheinungsweisen anderer Gegenstände verweisen. Indem mir dieser Tisch beispielsweise als etwas bewußt ist, was in einem Raum steht, ist damit unthematisch schon die Möglichkeit vorgezeichnet, die Aufmerksamkeit der Frage zuzuwenden, wie man aus diesem Raum hinausgehen oder hinausschauen kann. Diese Vermöglichkeiten implizieren ihrerseits etwa den unthematischen Verweis auf das Haus, in dem sich dieser Raum befindet, auf die Stadt, in der das Haus steht, usw.
Das unthematische Bewußtsein der Gegebenheitsweisen erweist sich damit bei genügend konkreter Betrachtung als das Bewußtsein von einem umfassenden Verweisungszusammenhang, mit dem wir unthematisch in der Weise vertraut sind, daß wir über Vermöglichkeiten verfügen, die bereitliegen und geweckt werden können. Diesen in den Gegebenheitsweisen bewußten Verweisungszusammenhang nennt Husserl Horizont und das Vermöglichkeitsbewußtsein, in dem der Horizont als weckbarer Zusammenhang gegenwärtig ist, Horizontbewußtsein (vgl. 152, 160 f, 165, 267)1 In jedem Erlebnis-von-etwas eröffnen sich Horizonte, aber diese Horizonte bestehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind im konkreten Erlebniszusammenhang durch Verweisungsverhältnisse aufeinander beziehbar. Der eine und einzige umfassende Zusammenhang der Beziehbarkeit aller Horizonte aufeinander hat selbst den Charakter des Horizonts. Dieser Universalhorizont (147) ist nichts anderes als die Welt.|Held, S. 88}}


===== Welt als Boden und Horizont =====
Man hat gewöhnlich bei solcher Praxis im Unternehmen eine Hierarchie vorliegen, die durchaus auch gewollt sein kann. Je höher die Befähigung eines Mitarbeiters, desto mehr Befugnisse, auch Weisungsbefugnisse, wird man ihm im Betrieb übertragen. Es ist damit ein gewisser Status, eine Reputation usw. verbunden, die sich auch im Gehalt spiegelt. Die Vorstandssekretärin wird besser bezahlt als der Lagerarbeiter an der Rampe. Die Überprüfung, welchen Anteil der einzelne Mitarbeiter am Unternehmenserfolg hat, wird dabei üblicherweise gar nicht erst versucht.
{{LZ|Damit konkretisiert sich der Gedanke der Generalthesis und die Behauptung, die Welt sei in allen einzelnen Gegenstandserfahrungen vorausgesetzt. Der Weltboden, den wir mit keinem Durchstreichungs- oder Enttäuschungserlebnis verlassen können, ist die Welt als der eine Universalhorizont.|Held, S. 88}}


{{LZ|Welt ''als'' Welt, d. h. als der immer schon vertraute, weil in seiner Seinsgeltung niemals gefährdete, Boden ist die Urvorgegebenheit, die vor allem aktiven Intendieren bloß hinzunehmen ist. Demgemäß hat das philosophiemotivierende Erlebnis nicht den Charakter des aktiven Sich-Richtens-auf, sondern den des hinnehmenden Empfangens.|Held, S. 91f.}}
Will man die Preise aus der Urzelle hervorgehen lassen, wäre es aber dann doch genauer zu untersuchen, welchen Leistungsbeitrag der einzelne Mitarbeiter erbringt. Lagerarbeitern will man aber von vornherein gar nicht erst im erörterten Sinne besondere Extrazahlungen zukommen lassen. Diese werden umso mehr gewährt, je höher die Position im Unternehmen ist. Denn nur ''das'' kann sich ein Unternehmen leisten. Würden Extrazahlungen auf alle Mitarbeiter ausgedehnt, wie sie an den angeblich besonders befähigten und außerordentliche Leistungen erbringenden Vorstand gezahlt werden, könnte der Betrieb nicht weiter funktionieren.


Der [[Intentionalität]] als ein "aktives sich Richten auf", der aktiven Zuwendung zu einem Gegenständlichen, ein zuvor Ungegenständliches zum Gegenständlichen erhebend, liegt das Erlebnis eines passiven, hinnehmenden Empfangens von Welt als Urvorgegebenheit vor.
Wie will man die richtige Höhe solcher wirtschaftsfremden Zahlungen, die man dem Vorstand, Abteilungsleitern usw. gewährt, bestimmen können? Dies ist in keiner Weise möglich, da es nur Zahlungen aus den Überschüssen des Unternehmens sein können, nicht jedoch Zahlungen, die sich aus der Urzelle heraus ergeben. Diese hat gar nicht die Möglichkeit, einen Leistungslohn zu fixieren, sondern kann sich nur danach richten, was ein Mitarbeiter an Bedarf für Lebensunterhalt hat.


{{LZ|Deshalb ist die vorgegenständliche Bewußtwerdung der Welt meins die ebenso vorgegenständliche Bewußtwerdung meiner selbst als desjenigen, der für den Fortgang der Welterfahrung im Ergreifen bestimmter Vermöglichkeiten frei verantwortlich ist. Eine solche Bewußtwerdung von Welt und Ich in einer vor-gegenständlichen Einheit beider vollzieht sich aber in den Daseinslagen, die wir Stimmungen nennen.
In willkürlicher Weise wird einigen Mitarbeitern mehr gezahlt, als sie zum Unterhalt benötigen, und das Geld wird aus dem allgemeinen Gewinn des Unternehmens genommen. Durch solchen Vorgang ist der Betrieb nicht mehr in der Lage, aus seinem Wirtschaften heraus gerechte Preise für seine Waren zu bestimmen. Die Preise müssen nicht nur höher sein, sondern sie sind geradezu willkürlich erhöht, je nach dem, was sich der Vorstand usw. an Extrazahlungen zukommmen lassen zu können meint. Die Preisbildung durch die Urzelle ist auf Betriebsebene in dem gleichen Sinne ausgehebelt oder jedenfalls gestört, wie sie durch einen nicht leistungsbereiten, faulen Mitarbeiter in der Urzelle direkt gestört wird.  


Das Spezifische der Gestimmtheitslage des Staunens zeigt sich bei Beachtung zweier weiterer Bedingungen. Die Überwindung der Subjektvergessenheit muß erstens von der natürlichen Einstellung her und für diese den Charakter des vollkommen Unerwartbaren, absolut Überraschenden haben; denn das wesentliche Merkmal dieser Einstellung ist ihre Subjektvergessenheit. Weil in der philosophiemotivierenden Gestimmtheit Ich und Welt in einer Einheit bewußt werden, muß dieser Überraschungscharakter zweitens auch an der Weise hervortreten, wie hier Welt vorgegenständlich als Welt erlebt wird. Für die natürliche Einstellung ist die Welt in ihrer Unthematizität das völlig Vertraute, der in seiner Existenz niemals fragliche Totalhorizont, der in seiner Tragfähigkeit für jegliche Erfahrung unerschütterliche Boden. Die Überraschung aller Überraschungen kann nur die Erfahrung sein, daß dieses ganz und gar Vertraute sich plötzlich als etwas Unvertrautes, Rätselhaftes erweist, als etwas, das in seinem Daß fraglich erscheint.|Held, S. 92}}
Ein Unternehmen, das die beschriebenen Extrazahlungen<ref>Zu den betriebs- und wirtschaftsfremden Extrazahlungen sind nicht Zahlungen zu rechnen, die wegen Sonderbedarfe z.B. wegen besonders anstrengender Arbeit gezahlt werden, wenn die Folgen von Überbeanspruchung der Mitarbeiter oder seine Familie selbst zu tragen hat. (Wie z.B. Kosten für eine Haushaltshilfe oder die Kosten für teure Kuraufenthalte wegen Erschöpfungszuständen, die aus eigener Tasche gezahlt werden müssen.)</ref> an Mitarbeiter tätigt, arbeitet nicht ordentlich, genauso wie ein fauler Mitarbeiter nicht ordentlich arbeitet. Solche faulen Wirtschaftsbetriebe müssen in ihrer Minderleistung, die aus den beschriebenen, wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Rückübertragungen resultieren, durch die allgemeine Wirtschaft mitgetragen werden. Es sind Betriebe, die sich erlauben, willkürlich Kapital der Wirtschaft zu entziehen, und nach Gutdünken versuchen, diese Beträge auf die Preise aufzuschlagen.  


{{LZ|Wie ist dieses Erlebnis wiederum von der natürlichen Einstellung her möglich? Wenn im Staunen die Welt in einer nicht-interessehaft-aktiven, sprachlosen Schau erscheint, dann muß sich diese Weise der Welthabe irgendwie schon im Weltbezug der natürlichen Einstellung vorbereiten, sonst könnte sie nicht im Akt des Staunens aufbrechen. Die interessefrei-anschauende Haltung der [[Epoché]] muß schon im natürlichen Weltverhältnis vorgebildet sein. Diese Konsequenz wird für den Begriff der '''Lebenswelt''' bedeutsam werden.|Held, S. 93}}
Da solche Unternehmen, die nicht die Einkommen nach Bedarf herausgeben, ihre Preise willkürlich setzen müssen, können die entsprechenden Preissignale von den Assoziationen, die die Preisverhältnisse zwischen den Waren überwachen und regelnd eingreifen, nicht richtig eingeschätzt werden. Je mehr solcher faulen Unternehmen in einem Wirtschaftsgebiet tätig sind, desto schwieriger wird es für die assoziative Wirtschaft insgesamt, für gerechte Preise zu sorgen<ref>Näheres zur Rolle der Assoziationen im Hinblick auf Preisbildung und Preisbestimmung sowie generell zur Problematik solcher Wirtschaftssteuerung siehe [[Assoziation (Wirtschaft)]]. Ein fiktives Beispiel: Angenommen, ein Betrieb stellt Lederschuhe her und beschäftigt ausschließlich alleinstehende Menschen ohne Familienanhang. Ein anderer Betrieb stellt Gummistiefel her, und beschäftigt ausschließlich Mitarbeiter, die Familie haben, z.B. alle haben vier Kinder. Die Folge davon ist, daß die Gummistiefel im Verhältnis zu den Lederschuhen zu teuer sein werden, andere Preisfaktoren außenvor gelassen. Die Assoziationen haben in solchen Fällen die Aufgabe, darauf hinzuwirken, daß sich das Preisverhältnis zwischen Lederschuhen und Gummistiefeln verbessert, z.B. indem Mitarbeiter aus der Gummistiefelfabrik veranlaßt werden, zur Schuhfirma zu wechseln, und umgekehrt. Wenn das nicht in ausreichendem Maße möglich ist, müssen Transferzahlungen z.B. stattfinden, oder andere Maßnahmen, etwa Zusammenlegung der beiden Betriebe. Denn selbstverständlich haben die Mitarbeiter mit Familie einen erheblich größeren Bedarf und müssen entsprechend Einkommen beziehen, daran läßt sich direkt nichts ändern. Ähnliches ergibt sich bei zwei Firmen, die gleiche Produkte herstellen oder der Substitutionsgrad der Produkte hoch ist, und die Preise zu stark differieren. Weitere Beispiele siehe unter [[Assoziation (Wirtschaft)]].</ref>.


===== Weltbegriff der modernen Wissenschaft =====
Nun hat allerdings Rudolf Steiner selbst Überlegungen angestellt, die auf eine Orientierung des Einkommens an der erbrachten Leistung (im Sinne des "Wertschöpfungsbeitrags", wie es Strawe formuliert) hinauslaufen könnten (vgl. dazu den genannten Aufsatz von Strawe).  
{{LZ|Durch die Vergessenheit der Welt-Unthematizität als solcher kommt die Welt nur als Inbegriff von Gegenständen und nicht in ihrem Horizontcharakter, d. h. nicht als Wie des Erscheinens-von-Gegenständen, zum Vorschein. Nur wenn Welt als Horizont gedacht wird, kann aber das Subjekt als der Vollzieher dieses Erscheinens bewußt werden. Geschieht dies nicht, vergißt sich das Vollzugs-Ich an die von ihm thematisierten Gegenstände. So entsteht mit der Verberuflichung der philosophisch-wissenschaftlichen Welterkenntnis und der damit einhergehenden ersten Institutionalisierung eines Forschens aus theoretischer Neugier eine neue Subjektvergessenheit in der Hingabe an die Objekte der Forschung. Husserl nennt diese innerhalb des philosophisch-wissenschaftlichen Denkens selbst angesiedelte Subjektvergessenheit „Objektivismus“ (vgl. 339).
Zufolge dieses Objektivismus erscheint nun als Gegenstand der philosophisch-wissenschaftlichen Erkenntnis, griechisch gesprochen der epistéme, nicht mehr dieselbe Welt wie die der natürlichen Einstellung, nur in anderer Einstellung betrachtet, sondern eine andere Welt. Die epistéme erklärt gegen die natürliche Einstellung: Die Welt, mit der es der Mensch vor dem Eintritt in das philosophisch-wissenschaftliche Denken im alltäglichen Leben zu tun hat, ist nicht die wahre Welt, die wahre Welt ist die von der Wissenschaft erkannte. (...) Aber auch der Kernbereich des Denkens, der auf das Ganze schlechthin gerichtet bleibt, die Philosophie, verfällt weitgehend dem Objektivismus (vgl. 194f.).|Held, S. 96f.}}


{{LZ|Dieser ganze Vorgang läßt sich leicht mit klassischen Beispielen illustrieren, wobei der Unterschied von antiker und moderner Wissenschaft in diesem Stadium der Überlegungen noch außer Betracht bleiben kann. Die antike Wissenschaft zeigt nur deutlicher, wie sich der objektivistische Abfall vom Ursprung, durch den sich das wissenschaftliche Denken von der eigentlichen Philosophie abspaltet, noch innerhalb der Einheit von philosophischer und wissenschaftlicher ''episteme'' abspielt. Wenn Platon etwa eine wahre Welt der Ideen oder Demokrit eine wahre Welt der Atome der Welt, wie sie uns unmittelbar alltäglich erscheint, entgegenstellen, so kann Husserl darin Bestätigungen für seine Interpretation der inneren Entwicklung des philosophisch-wissenschaftlichen Denkens erblicken. Ein klassisches Beispiel für die moderne Wissenschaft wäre die [[Sinnesqualitäten|Lehre von den primären und sekundären Qualitäten]], die Husserl schon in den ''Ideen I'', also 23 Jahre vor der ''Krisis'' kritisiert hatte.1 Die Wissenschaft, in diesem Falle die neuzeitliche Physik, erklärt, unterstützt durch erkenntnistheoretische und ontologische Argumente der Philosophie: Die Dinge erscheinen uns zwar außerwissenschaftlich z. B. als farbig, aber diese Erscheinungsweise ist sekundär, in ihr kommt nur etwas Anderes, Primäres zum Vorschein, nämlich gewisse mathematisch bestimmbare Verhältnisse im atomaren Bereich. Dieser Bereich ist die wahre Welt.|Held, S. 97}}
<div style="margin-left:20px">
"Durch soziale Einrichtungen, die in der Richtung des hier
Dargestellten liegen, wird der Boden geschaffen für ein
wirklich freies Vertragsverhältnis zwischen Arbeitleiter und
Arbeitleister. Und dieses Verhältnis wird sich beziehen nicht
auf einen Tausch von Ware (beziehungsweise Geld) für
Arbeitskraft, sondern auf die Festsetzung des Anteiles, den
eine jede der beiden Personen hat, welche die Ware gemeinsam
zustande bringen." {{Lit|{{G|023|99}}}} (Festsetzung des Anteiles kann sich sowohl auf die Bedarfsanteile gemäß Urzelle, als auch auf die Leistungsanteile am gemeinsamen Produkt (Gewinnanteil) beziehen.)
</div>


{{LZ|[Das philosophisch-wissenschaftliche Welterkennen] verkennt, daß der Grund der Unterscheidung seiner selbst von der alltäglichen Erkenntnis in der Weise des Vollzugs der Einstellung ''zur'' Welt und nicht auf Seiten der Welt zu suchen ist.|Held, S. 98}}
Dies setzt allerdings zunächst einmal voraus, daß die Leistungsanteile, die in einer gemeinsam erbrachten Produktion enthalten sind, auch zugerechnet werden könnten. Aber auch wenn das möglich sein sollte, widerspricht es dem Prinzip der Urzelle, nämlich eine Leistung entsprechend so zu bezahlen, daß sie vom Mitarbeiter erneut erbracht werden kann, d.h. gemäß Deckung seines Bedarfs. Das Einkommen gemäß einem Wertschöpfungsbeitrag zu geben, steht dazu im Widerspruch. Wenn es aber möglich wäre, gemäß Wertschöpfungsbeitrag zu zahlen, würde dies notwendig kompensatorisch zu den höheren Einkommen für Mehrleister, ein geringeres Einkommen für Minderleister bedingen. Die Preise, die das Unternehmen bei einer solchen internen Verteilung für seine Waren festsetzen muß, stimmen dann mit den Preisen, die sich aus der Einkommensgabe nach Bedarf ergeben, überein, worauf auch Strawes Argumentation und die anderer Vertreter einer Leistungskomponente des Einkommens hinausläuft.  


===== [Induktivität] =====
Es ist jedoch schwer zu sehen, wie bei Zugrundelegung solcher Wertschöpfungsbeiträge die Preisbildung noch funktionieren soll, da ja die Bestimmung der Wertschöpfung und der jeweiligen Mitarbeiteranteile die Preise, die die richtigen für die Waren sind, schon voraussetzt.


===== Die Lebenswelt als die anschauliche Welt =====
Da kommt wieder die Vorstellung in die Überlegungen hinein, daß ein Unternehmen am Markt einen Gewinn erziele, und das Erträgnis dann an die Mitarbeiter verteilt würde. Das Unternehmen hätte sich also vom Markt die Preise bestimmen lassen (Rückfall in die Angebot/Nachfrage-Steuerung). Man kann dies nur als eine logische Inkonsequenz ansehen, wenn es nicht gar bei näherer Untersuchung dem Prinzip der Urzelle als Preisbildner fundamental widerspricht und damit auch der assoziativen Wirtschaft.
{{LZ|Mit der Philosophie als der Thematisierung der prinzipiell jeglicher Thematisierung entzogenen Welt ''in'' ihrer Unthematizität kommt in das Erkennen eine Unanschaulichkeit, die die Unanschaulichkeit aller in der natürlichen Einstellung möglichen Induktionen in einer von dieser Einstellung her niemals zu ahnenden Weise übersteigt. Diese philosophische Unanschaulichkeit steigert sich in der neuzeitlichen Wissenschaft, die sich auf die Welt in ihrer alle Grenzen des praxisleitenden Horizontbewußtseins sprengenden Unendlichkeit richtet, ins Extrem. Den so im Superlativ seiner Unanschaulichkeit thematisierten Universalhorizont nennt Husserl, wie erwähnt, „die Welt als unendliche Idee“ (499).|Held, S.}}


{{LZ|So liegen die bewußtseinsgeschichtlichen Wurzeln der Mathematisierung der Naturerkenntnis in der natürlichen Induktivität mit ihrer Tendenz auf Unanschaulichkeit. Die Mathematisierung der Erkenntnis der vorgefundenen Welt vollzieht sich konkret so, daß die auf der Induktivität beruhenden praxisleitenden téchnai sich idealisieren. Die höchste Steigerung dieses Prozesses ist die zur „bloßen téchne“ gewordene und auf die Welt als unendliche Idee gerichtete mathematisierte neuzeitliche Wissenschaft.|Held, S.}}
Abgesehen davon, daß gezahlte Leistungseinkommen nicht so recht zur Urzelle passen wollen, sich aus ihr nicht ableiten lassen, was darauf hindeutet, daß es sich um nicht wirtschaftsbedingte Zahlungen handelt, entsprechen sie bzw. der über den Bedarf hinaus wegen Leistung gezahlte Betrag dem von Rudolf Steiner kritisierten [[Selbstversorgerprinzip]], wie sich leicht zeigen ließe, und widersprechen darüber hinaus dem Gebot der Trennung von Arbeit und Einkommen ([[Soziales Hauptgesetz]]). Vgl. auch {{G|340|98}}: "Und wir dürfen nicht sagen, dass da unmittelbar im Arbeitsverhältnis ein Mehrwert entstünde." Woraus sich eindeutig ergibt, daß ein Leistungsüberschuß ''nicht'' bezahlt werden kann. Man kann da nur in die Richtung überlegen, ob nicht die angestellten Arbeiter in gewissen Hinsichten Mitunternehmer sind, sich selbst gewissermaßen im Betrieb angestellt haben. Ist man der Auffassung, der Unternehmer könne über den Betriebsgewinn als Eigentümer der durch den Betrieb realisierten Werte verfügen, indem er sich die entsprechenden Beträge auf sein privates Konto auszahlen läßt, würden dann Arbeitern als Mitunternehmern ebenso entprechende Gewinnbeträge auf ihr privates Konto transferiert werden können, entsprechend den zustehenden Anteilen am Betriebsgewinn. Man muß solche Zahlungen aus dem Gewinn dann aber strikt unterscheiden von allem, was in der Urzelle an Preisbildung vorgeht und in Bedarfseinkommen resultiert. Und es ist ''jeder'' der Wirtschaft entzogene Betriebsgewinn ein Störfaktor für die Preisbildung, was schon implizit angedeutet wurde, andernorts aber noch näher ausgeführt werden wird. Indem man die Mitarbeiter zu Mitunternehmern macht, wird eine schlechte Sache, nämlich Gewinnausschüttung, nicht besser. Noch nicht einmal den guten Aspekt der gerechteren Verteilung kann man darin sehen, da sich ein Maß der gerechten Zuteilung nicht finden lassen wird. Ist ein auszuschüttender Gewinn gegeben, scheint ein gleicher Anteil für jeden Mitarbeiter inkl. dem Unternehmer selbst das einzig moralisch vertretbare zu sein. Das Problem, daß der Gewinn der Wirtschaft entzogen wird und nicht für Investitionen zur Verfügung steht, ist damit nicht gelöst, und dieses läßt sich nur dadurch lösen, daß eben ''kein'' Gewinn ausgeschüttet wird, denn es ist nicht möglich, betriebswirtschaftlich eine richtige Höhe zu bestimmen, bzw. sie kann betriebswirtschaftlich nur Null sein</ref>Da in einer assoziativen Wirtschaft die Mitarbeiter von sich aus die ihnen mögliche optimale Leistung erbringen, wären monetäre Leistungsanreize aus betriebswirtschaftlicher Sicht Verschwendung.</ref>. Volkswirtschaftlich darf sie nur Null sein, weil sonst die Waren des Betriebes überteuert sind, es sei denn, sie würde von den Assoziationen gewährt. Den Betrieben nach gewissen Gesichtspunkten gewährte Quoten von ihrem Gewinn zur Auszahlung auf private Konten könnte ein gangbarer Weg sein, solche Ausschüttungen in die Preisbildung zu integrieren, wie ja auch sonst auf die Preise so einiges wird aufgeschlagen werden müssen. Solche wirtschaftsfremden Vorgänge müssen aber insbesondere in ihrer Höhe der Willkür von Betriebseigentümern entzogen bleiben, da Kapital ausschließlich im Interesse des Gemeinwohls zu verwenden ist.


{{LZ|Sofern der Wissenschaftler als Vollzieher einer unanschaulichen Erkenntnispraxis unaufhebbar in der Situation steht, sich auf anschauliche Gegebenheiten verlassen zu müssen, bildet der in diesen Gegebenheitsweisen bewußte Horizont von Anschaulichkeit den Boden, auf dem er bei seinen Forschungen steht. In diesem Sinne ist die Lebenswelt der „Anschauungsboden“, wie Husserl sagt. Obwohl der neuzeitliche Forscher es mit einer Welt zu tun hat, die in ihrer Unendlichkeit alle Anschauungshorizonte der natürlichen Erkenntnispraxis transzendiert, bleibt doch seine auf diese Unendlichkeit bezogene methodisierte Erkenntnispraxis eingebettet in eine Erkenntnispraxis, die noch immer und unaufhebbar auf eine Welt bezogen ist, die in Anschauungshorizonten außerwissenschaftlicher Praxis erscheint. Diese Welt ist die '''Lebenswelt''' (vgl. 130ff.).|Held, S.}}
Der Ansatz, die Angestellten zu Mitunternehmern und eventuell auch Miteigentümern zu machen, führt dann weiter in die Richtung, auf die Unterscheidung zwischen Unternehmer und Arbeiter ganz zu verzichten. Dies löste auch das Problem des Wertetausches im Betrieb und die im Grunde unplausible Lösung Steiners für diesen, der Arbeiter verkaufe zwar nicht seine Arbeitskraft, sondern das Produkt derselben an den Unternehmer. Will man die Kritik zurückweisen können, wo denn da praktisch der Unterschied sei, wird es wohl darauf hinaus laufen zuzugestehen, daß es da um eine reichlich fiktive Sache geht, weshalb es auch noch keinem Dreigliederer bisher gelungen ist, diesen fiktiven Wertetausch zu beziffern, ohne Arbeit dann implizit doch wieder zur Ware zu machen.  


===== Wandlung und Bereicherung durch Urstiftungen und Sedimentierung =====
Die Ursachen dieser Schwierigkeiten liegen wohl in dem eigentumsrechtlichen Unternehmer-Arbeiter-Verhältnis, das Steiner nicht damit aus der Welt geschafft hat, daß er die Umbenennung in Arbeitsleiter und Arbeitsleister vorschlug. Aus diesem rechtlichen Verhältnis quillt der Warencharakter der Arbeit heraus, und das läßt sich nicht mit fiktiven Überlegungen aus der Welt schaffen. Das Unternehmer-Arbeiterverhältnis im eigentumsrechtlichen Sinne wäre abzuschaffen, und daraus ergäbe sich dann der Wegfall des Warencharakters der Arbeit von allein, könnte man als These aufstellen. (Vgl. auch FN 9).
====== [Urstiftung] ======


====== Sedimentierung ======
Der Zusammenfall von Unternehmer und Arbeiter in eine Person ist bei den Solo-Unternehmern, d.h. Unternehmern ohne Angestellte, exemplarisch gegeben. Besonders aufschlußreich dürfte der Charakter von [[Dienstleistung]]en sein, die, je nachdem, besondere Aspekte des Warencharakters (bzw. des Nichtgegebenseins desselben) von Arbeit bzw. deren Produkten beleuchten. Vgl. auch [[wikipedia:Freier Mitarbeiter|Freier Mitarbeiter]], [[wikipedia:Subunternehmer|Subunternehmer]] und [[wikipedia:Scheinselbständigkeit|Scheinselbständigkeit]].
{{LZ|Entsprechend geht es uns aber auch mit den Gegenständen, die uns nur deswegen zur Verfügung stehen, weil wir unsere unanschauliche Kenntnis der mathematisierten Natur zur industriellen Anfertigung technischer Produkte benutzt haben. Wir betätigen den Lichtschalter und knipsen das Fernsehgerät an, und wir ergreifen diese Verhaltensmöglichkeiten, ohne eigens thematisieren zu müssen, was diese Gegenstände eigentlich, d. h. wissenschaftlich-technisch gesehen, sind. Dies ist im Prinzip deshalb möglich, weil alle Resultate von entperspektivierender, anschauungstranszendierender Gegenstandsantizipation im Zusammenhang des Weltglaubens der natürlichen Einstellung und damit auch alle durch die höchste Idealisierungsstufe gewonnenen Gegenstände in den Fundus der unthematisch horizonthaft vorgegebenen Möglichkeiten unserer Praxis absinken. Sie „sedimentieren“ sich, wie Husserl sagt. Das durch Entperspektivierung Erworbene aller Idealisierungsstufen reperspektiviert sich gewissermaßen und wird zum Bestandteil der Welt, die in den Anschauungshorizonten unserer außerwissenschaftlichen Praxis erscheint (vgl. 133f.). Husserl bezeichnet diesen Prozeß in der ''Krisis'' als ein „Einströmen“ in die Lebenswelt (vgl. 115, 141 Anm., 213, 466).|Held, S.}}


{{LZ|Freilich hat der Weltbegriff nun eine wesentliche Bereicherung gegenüber seiner früheren Fassung erfahren: Die Welt der natürlichen Einstellung ist nun eine Welt, die sich geschichtlich durch die in ihr stattfindende Praxis und ihre Sedimentierungen, durch das Einströmen, anreichert. Es ist die konkrete geschichtliche Welt. In diese sich geschichtlich fortentwickelnde Welt der natürlichen Einstellung gehen auch die Resultate des philosophisch-wissenschaftlichen Denkens, das sich über die erste natürliche Einstellung erhebt, ein (vgl. 176).|Held, S.}}
Da es hier lediglich darum geht, das Nichtzusammenpassen von Leistungseinkommen und Bedarfseinkommen gemäß Urzelle und die Folgen für die Preisbildung zu erörten, kann das Thema [[Warencharakter der menschlichen Arbeit|Warencharakter der Arbeit]] hier nicht weiter verfolgt werden. Es ist aber z.B. wohl nicht allzu weit hergeholt, daß, wenn denn tatsächlich der Arbeiter dem Unternehmer sein Arbeitsprodukt verkauft, daß in diesem Arbeitsprodukt auch die Weisungsbefugnis und Befehlsgewalt, also ein Recht, enthalten sein müßte, denn der Arbeitgeber bezahlt den Arbeiter insbesondere auch dafür, ihn kommandieren zu dürfen. In diesem Sich-Kommandierenlassen liegt eine Leistung des Arbeiters. Arbeiter, die sich nicht darauf verstehen, werden entlassen bzw. gar nicht erst eingestellt. Aber wie kann diese Leistung eine Ware sein? Deshalb scheint der Versuch, das Arbeitsverhältnis im Betrieb so darzustellen, daß der Arbeiter sein Produkt verkaufe, nicht tragfähig zu sein, es sei denn, man wollte so etwas wie die Bereitschaft, sich kommandieren zu lassen, als Ware, bzw. Dienstleistung ansehen.


{{LZ|Wie verhält sich dieser konkret geschichtliche umfassende Lebensweltbegriff zum Kontrastbegriff von Lebenswelt als Anschauungsboden? Liegt in diesem Doppelsinn des Lebensweltbegriffes (vgl. 134, 462) ein Widerspruch, wie viele Husserl-Interpreten bis heute meinen? (...) Jegliche an irgendwelchen Gegenständen interessierte Praxis hat die Lebenswelt zu ihrem Universalhorizont und bewegt sich als so verstandene „lebensweltliche Praxis“ immer in der Spannung zwischen zwei Seiten. Die eine Seite ist das unthematische Verfügen über einen unthematischen Horizont der Vertrautheit, der uns die Gegenstände als unmittelbar anschaulich gegeben erscheinen läßt. Diese Seite des umfassend geschichtlich konkreten Lebensweltbegriffs kann man als Lebenswelt im engeren Sinne, d. h. als Anschauungsboden, fassen. Die andere Seite der lebensweltlichen Praxis ist das antizipativ-induktiv-entperspektivierende Überschreiten der Lebenswelt im engeren Sinne. Indem sich aber jegliches Überschreiten auch reperspektiviert, stellt sich Lebenswelt als Anschauungsboden immer wieder her und behält so konstant ihren Charakter (vgl. 51).1
===== Einkommen und Bedarf =====
Die Preisbildung in der Urzelle geschieht gemäß der Bedarfe, für die Einkommen gegeben wird. Dadurch, daß für die Bedürfnisse ein Einkommen gegeben wird, können Leistungen erbracht werden. Bei den Überschußleistungen handelt es sich um die eigentliche Wertschöpfung, Kapitalbildung. Diese Leistungen liegen den Preisen zugrunde. Sie können daher nicht umgekehrt durch vorausgesetzte Preise bestimmt werden, wie sie Vertreter eines Leistungslohns annehmen müssen.  


So treffen auf die Lebenswelt gleichermaßen die folgenden, nur dem ersten Anschein nach einander widersprechenden Bestimmungen zu:
Dies gilt auch für die interne Verteilung innerhalb eines Unternehmens. Wenn der Gesamtleistungsbetrag eines Unternehmen nicht via erzielte Preise von außen bestimmt sein soll, dann ist auch die interne Verteilung in keiner Weise durch Leistungsbeiträge bestimmt, sondern ausschließlich durch den von den Mitarbeitern geltend gemachten Bedarf. Einen nicht vorhandenen Kuchen kann man nicht in berechtigte Anteile aufteilen<ref>Angenommen, man wolle den "berechtigten" Anteil eines Designers bestimmen, der einen Gebrauchsgegenstand äußerlich hinsichtlich Formschönheit usw. gestaltet hat: Es geht ohnehin nicht, aber ohne den Preis schon zu kennen, ist die Bewertung des Anteils des Designers erst recht nicht möglich. Wenn die Ware zum Flop wird, wird dann im nachherein möglicherweise auch die Designerleistung als mit verantwortlich dafür angesehen werden müssen. Es ist daher ausgeschlossen, die (Leistungs-)Anteile zu bestimmen, bevor überhaupt ein Preis gebildet ist. Man kann feststellen, wie lange der Designer für den Entwurf und die Umsetzung gebraucht hat, und ''danach'', d.h. Bedarfsanteil, den Anteil am Produkt bestimmen.</ref>. Eine Einkommensdifferenzierung innerhalb des Unternehmens, die sich nicht an den Bedarfen orientiert ist nur möglich, wenn die Warenpreise bereits gegeben sind. Die Warenpreise sollen sich ja aber gerade erst aus dem ergeben, was die Mitarbeiter an Einkommen benötigen, (um es zu wiederholen, was das Prinzip der wirtschaftlichen Urzelle ausmacht, das von Rudolf Steiner klar definiert ist und an dem es nichts rum zu interpretieren gibt).
#Sie ist die Anschauungswelt.  
#Sie ist Horizont jeder, auch der anschauungstranszendierenden Praxis.  
#Sie ist geschichtlich wandelbar (nämlich sofern sie für eine jeweilige Entperspektivierung in geschichtlicher Praxis den vorgegebenen unthematischen Anschauungshorizont bildet).  
#Sie ist übergeschichtlich verharrend (nämlich sofern die thematischen Erwerbe in die Unthematizität der Anschauungswelt zurückströmen).|Held, S. , Formatierung vom Original abweichend}}


{{LZ|Ein erstes Mißverständnis konnte deswegen entstehen, weil man übersah, daß nicht „die Welt“, das Unanschauliche schlechthin, in der Weise der Anschauung begegnen kann, sondern nur Gegenstände in der Welt. Beachtet man dies nicht, so muß die Rede von der Anschauungswelt so klingen, als handele es sich bei dieser „Welt“ um den Inbegriff derjenigen Gegenstände, die uns im Unterschied zu irgendwelchen anderen Gegenständen anschaulich gegeben sind. Aber „Welt“ bei Husserl meint nicht einen Inbegriff von Gegenständen, sondern das subjekt-relative Wie des Erscheinens von Gegenständen, nämlich den Universalhorizont. Wenn Lebenswelt als Anschauungswelt bezeichnet wird, dann zielt die Kennzeichnung „Anschauungs-“ nicht auf einen bestimmten Teilbereich von Gegenständen ab, sondern nur auf eine Weise des subjekt-relativen Erscheinens von Gegenständen überhaupt.|Held, S.}}
Eine Einkommensdifferenzierung nach Leistung ist daher ein sekundäres Spätphänomen, das jedenfalls für die erste Einrichtung einer assozitiven Wirtschaft mit dem Ziel von gerechten Warenpreisen zunächst erstmal gar keine Rolle spielt<ref>Man findet denn auch solche betriebsinterne Einkommensdifferenzierung typischerweise in Neugründungen alternativer Betriebe kaum. Es ist mehr ein Phänomen älterer und gewachsener Betriebe, wohl vornehmlich aus organisations- und kontrollpolitischen Gründen. Man muß dabei im übrigen auch die unterschiedliche Lebenssituation derjenigen bedenken, die als Familienmitglieder von dem Einkommen eines Einkommensbeziehers mitleben. Die Kinder von einkommensschwachen Ernährern können schließlich nichts dafür, daß dieser nur eine Minderleistung in seiner Firma erbringt.</ref>.


{{LZ|Ein zweites Mißverständnis geht mit dem ersten Hand in Hand. Wenn Lebenswelt in ihrem „Kern“ als Bereich der anschauungsgegebenen Gegenstände aufgefaßt wird, liegt es nahe, diesen Gegenstandsbereich mit dem der wahrnehmbaren Dinge zu identifizieren. Aber das Anschauen, das die lebensweltliche Erkenntnispraxis charakterisiert und das sich schon in den natürlichen Vorgestalten der theoretischen Neugier vorbereitet, ist nicht dasselbe wie sinnliche Wahrnehmung, obwohl es vielfach bei Husserl so klingt (vgl. etwa besonders deutlich 453). Zur Lebenswelt als Anschauungshorizont gehören reperspektivierte Erwerbe anschauungstranszendierender Erkenntnispraxis, z. B. Lichtschalter. Ich kann sagen: der Lichtschalter ist mir anschaulich gegeben, wenn ich dabei unter Anschaulichkeit unmittelbare Bekanntheit im Gegensatz zur Vermitteltheit des antizipativ entperspektivierenden Erkennens verstehe. Das heißt, der Lichtschalter ist mir anschaulich gegeben, sofern ich ihn ohne Reflexion über sein Funktionieren benutzen kann, aber nicht, sofern mir das, was er ist, ausschließlich durch meine sinnliche Wahrnehmung gegeben wäre. Durch bloße Wahrnehmung weiß ich nicht, was der Lichtschalter ist.1|Held, S.}}
Ein anderes, fundamentaleres Problem ist die nähere, konkrete Bestimmung der Bedarfe der Mitarbeiter, da jedenfalls zunächst die Einkommen sich ausschließlich an diesen orientieren müssen, bis überhaupt erstmal Preise für die Waren da sind. Wenn die Preise, die gemäß gegebener Einkommen für Bedarfe genommen werden müssen, zu hoch sind, so ist das zwar eine unangenehme Sache, aber daraus ergibt sich doch nicht, daß sich die Bedarfe ändern, daß ein geringeres Einkommen für die Leistungserbringungen benötigt wird, oder etwa doch? Ändern sich die Bedürfnisse der Mitarbeiter, weil sich die Waren eines Betriebes wegen ihrer hohen Preise nicht oder schlecht verkaufen? Sind die Bedürfnisse variabel, je nach dem, was an Einkommen da ist? Der Lagerarbeiter von der Rampe fügt sich in eine bescheidene Lebenshaltung, während der Vorstandschef sich an einen großzügigen Lebenstil gewöhnt, euphemistisch als Repräsentationsaufwand bemäntelt, zu dem dann auch ein größerer Wagen gehört als derjenige, den der Lagerarbeiter fährt.  


{{LZ|Auch ein drittes Mißverständnis entsteht dadurch, daß die Verwendung des Anschauungsbegriffs dazu verleiten kann, Lebenswelt als den Gesamtbereich der wahrnehmbaren Gegenstände aufzufassen. Bei Husserl selbst findet sich die Behauptung, durch die Mathematisierung der Naturerkenntnis sei über die Lebenswelt als Anschauungswelt ein „ldeenkleid“ (51f.) gebreitet worden, und ähnliche Wendungen (vgl. etwa 136). Im Lichte der besagten Auffassung war es beinahe unvermeidlich, dies so zu verstehen, als ob Husserl damit den Wahrheitsanspruch der Wissenschaft umkehren wolle und behaupte: die anschauliche Lebenswelt ist die „wahre Welt“; die unanschauliche Welt der Wissenschaft hingegen ist eine bloße Vorstellungswelt. (So klingt es auch bei Husserl selbst: 51 f). Man sieht sofort: mit einer solchen Umstülpung der traditionell metaphysischen Rangordnung von sinnlich-wahrnehmbarem und unsinnlich-idealem Sein würde Husserl genau in die Mundanität zurückfallen, die er der Wissenschaft zum Vorwurf macht; denn jede Behauptung einer wahren Welt in Konkurrenz zu einer anderen setzt den ungebrochenen Weltglauben voraus.
Das Problem der gerechten, richtigen Warenpreise wandelt sich in das Problem der Anerkennung geltend gemachter Bedürfnisse der Leistungserbringer. Hier tun sich Abgründe auf, die an dem Prinzip der Urzelle als Preisbildner zweifeln lassen, und es resultiert aus den Schwierigkeiten der Bedarfsbestimmung, bzw. der Schwierigkeit, geltend gemachte Bedarfe auch anzuerkennen (anerkennen zu können), auch die Tendenz, in die Auffassung, daß die Märkte mit dem Spiel von Angebot und Nachfrage letztlich doch die Preise diktieren, zurückzufallen, da sich daraus natürlich ein wohlfeiles Argument gegen scheinbar überzogene Gehaltsforderungen gewinnen läßt. Und was in keiner Weise etwas anderes ist, als an der Auffassung, Arbeit werde als Ware bezahlt, festzuhalten.
Alle diese Mißverständnisse lassen sich von vornherein vermeiden, wenn man den Begriff von Lebenswelt als Anschauungswelt nicht isoliert. „Anschauungswelt“ bezeichnet nur die eine Seite der konkret geschichtlichen Lebenswelt, die nichts anderes ist als der um die Bestimmung des Einströmens erweiterte Universalhorizont der natürlichen Einstellung.|Held, S.}}


===== [Heimwelt und Fremdwelt] =====
Ein nicht unüblicher Versuch, diesen Schwierigkeiten auszuweichen, anstatt sie zu lösen, besteht darin, die Behauptung aufzustellen (und dann entsprechend zu handeln), daß sich die Sachlage in der Tat so darstelle, allerdings weil die assoziative Wirtschaft noch nicht (vollständig) realisiert wäre. Man habe sich daher zunächst weiterhin mit dem Preisdiktat der Märkte abzufinden.
===== [Erkenntnispraxis als Lebensweltgeschehen] =====


=== [Der Begriff des "freien Geisteslebens" im Kontext des Husserlschen Lebensweltbegriffs] ===
Wenn dies so wäre, würde dann aber eine evolutive Entwicklung des heutigen Kapitalismus hin zu einer assoziativen Wirtschaft ausgeschlossen sein, wenn diese sich aus den Urzellen des Wirtschaftslebens, wie dargestellt, aufbauen soll.


=== Habermas' Lebensweltbegriff ===
== Die Polarität von Haushalt und Markt und die Urzelle ==
==== Kolonisierung der Lebenswelt ====
An dem Konzept der Urzelle, wie zunächst dargestellt, fällt auf die Außenvorlassung des [[Markt]]es und die Einbeziehung des Einkommens für die Familie, für diejenigen, deren Lebensunterhalt von dem Einkommen des Leistungserbringers mit abhängt.
{{LZ|Die Verständigungen und die Handlungen in den lebensweltlichen Interaktionen bergen Risiken. Zu ihrer Entlastung bringt die Alltagswelt im Zuge der immer komplexeren gesellschaftlichen Differenzierungsprozesse Systeme hervor wie das Rechtssystem, die staatliche Administration oder die Ökonomie. Diese Systeme trennen sich von der Lebenswelt ab, sie verselbständigen und reproduzieren sich unabhängig von Subjekten. Sie wirken zugleich machtvoll über die zentralen Steuerungsmedien Macht und Geld auf den Alltag der Subjekte zurück.


Die Systeme sind nicht verhandelbar und regulieren sich selbst. In ihrer Wirkung sind sie ambivalent. Sie entlasten die alltäglichen Routinehandlungen, zugleich aber verselbständigen sie sich, sie beherrschen die lebensweltlichen Lebens- und Kommunikationsprozesse und dringen tief in sie ein. Diese Einwirkung der Systeme auf die Lebenswelt hat Habermas als die Kolonialisierung der Lebenswelt bezeichnet. Sie kann zur Verdinglichung kommunikativer Beziehungen führen, zur Entfremdung und Verunsicherung kollektiver Identitäten (Habermas, 1984b, 566). Sie führt zu einer wachsenden Vorherrschaft der Marktgesetzlichkeiten der Ökonomie und der Macht des Rechts, des Staates und der Administration über die subjektive Alltagswelt. Was Habermas in den 1980er Jahren andeutet, wird inzwischen immer stärker sichtbar: Die Systeme bleiben in sich relativ stabil und werden im Krisenfall immer neu gestützt, während die Krisensymptome in die Lebenswelt zurückverlagert und privatisiert werden.|Stefanie Klein, 2016, [https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/100199]}}
Die Dimension des Familienanhangs, die Veranschlagung des Bedarfes im Grunde für einen ganzen, mehr oder weniger beliebig großen privaten (nicht der eigentlichen Wirtschaft zugehörigen) Haushalt läßt sich nicht runterbrechen auf eine pauschale Gewährung etwa eines Kinderzuschlags oder dergleichen. Die Dimension des Haushalts ist wie die Dimension des Marktes als ein Faktor anzusehen, der auf die Preisbildung in der Urzelle einwirkt. Da sich letztlich ja aber sowohl Haushalt als auch Markt aus der "Ur"zelle erst entwickeln, kann man auch von den beiden Polen Haushalt und Markt der Urzelle sprechen.


Hinsichtlich der Entlastungsfunktion und der Verselbständigung entspricht der hier zugrundegelegte Systembegriff demjenigen [[Parsons]]' und [[Luhmann]]s. Macht und Geld sind bei Luhmann die den systemkonstituierenden Codes Regieren/Nichtregieren (Politik) bzw. Zahlen/Nichtzahlen (Wirtschaft) zugeordneten generalisierten Kommunikationsmedien.
Es wäre gemäß solcher Auffassung ganz falsch, einer Bedarfskomponente, wie sie sich in der Urzelle bildet, einen Marktpreis als Korrektiv entgegen zu setzen. Man hat es vielmehr mit einer Polarität zu tun. Sowohl die Haushaltskomponente eines Warenpreises als auch die Marktkomponente bilden sich aus der Urzelle heraus, Haushalt und Markt sind Entwicklungen der Urzelle und wirken auf diese zurück.


Im Unterschied zu Luhmann verneint Habermas jedoch die selbstreferentielle, [[Autopoiesis|autopoietische]] Geschlossenheit sozialer Systeme:
=== Die Dimension des Marktes ===
<div style="margin-left:20px">
"Man produziert
immer mehr und mehr darauf los, man gründet Fabriken, man fragt
nicht: Wieviel wird gebraucht? - wie es einmal der Fall war, als es
Schneider im Dorf gab, die nur dann einen Anzug machten, wenn er
bestellt wurde. Da war es der Konsument, der angab, wieviel erzeugt
werden soll, jetzt wird für den Markt produziert, die Waren werden
zusammengestapelt, soviel als nur möglich. Die Produktion arbeitet
ganz nach dem Prinzip, nach dem die Natur schafft. Die Natur wird
in die soziale Ordnung hinein fortgesetzt. Das wird zunächst immer
mehr überhandnehmen. Aber hier betreten wir das Feld des Materiellen.
Im äußeren Leben hat das geistige Gesetz, weil es eben für die
geistige Welt gilt, keine Anwendung, und es entsteht etwas sehr Merkwürdiges.
Da wir unter uns sind, können wir ja solche Dinge sagen.
Die Welt freilich wird uns heute darin kein Verständnis entgegenbringen.
Es wird also heute für den Markt ohne Rücksicht auf den Konsum
produziert, nicht im Sinne dessen, was in meinem Aufsatz «Geisteswissenschaft
und soziale Frage»<ref>1905/06, enthalten in [[GA 34]].</ref> ausgeführt worden ist, sondern man
stapelt in den Lagerhäusern und durch die Geldmärkte alles zusammen,
was produziert wird, und dann wartet man, wieviel gekauft wird.
Diese Tendenz wird immer größer werden, bis sie sich - wenn ich
jetzt das Folgende sagen werde, werden Sie finden, warum - in sich
selber vernichten wird. Es entsteht dadurch, daß diese Art von Produktion
im sozialen Leben eintritt, im sozialen Zusammenhang der
Menschen auf der Erde genau dasselbe, was im Organismus entsteht,
wenn so ein Karzinom entsteht."  {{G|153|174}} (1914)
</div>


{{LZ|Mit ''System'' bezeichnet Habermas eine Struktur, die mit der Entstehung des Kapitalismus Kontur erhält. Die Durchsetzung eines Marktsystems und einer flächendeckenden politischen Administration veränderte kulturelle Rahmenbedingungen nachhaltig (...). Institutionen und Mechanismen systemischer Integration entwickeln sich aus der Lebenswelt heraus, da hier ihre Grundlagen für die Ausdifferenzierung verankert sind: etwa die absolute Verbindlichkeit vertraglicher Abmachungen oder die Legitimität politisch administrativer Ordnungsleistungen unabhängig von den Amtsinhabenden (vgl. Habermas 1981, Bd.2: 227 f.) Gesellschaft kann aus der Beobachtungsperspektive Unbeteiligter nur als System von Handlungen begriffen werden  (vgl. ebd.: 179). Und je mehr sich die systemischen Mechanismen der Gesellschaft ausbreiten, desto nötiger wird eine Beobachtungsperspektive, um die aus der Sicht der Teilnehmenden "kontraintuitiven Aspekte" (Habermas 1981, Bd.2: 447, 461) der Vergesellschaftung sichtbar zu machen. Um beschreiben zu können, wie sich die Sicht auf die Gesellschaft aus der Perspektive der systemischen Integration darstellt, bedient sich Habermas Überlegungen zur Theorie sozialer Systeme. Sie geht davon aus, dass sich soziale Systeme als Systeme in Umwelten begreifen lassen. Wenngleich Habermas systemtheoretische Anleihen in seinem Gesellschaftsmodell beherbergt, begreift er Politik und Recht nicht als selbstreferentielle, autopoietisch geschlossene Systeme, weil sie sonst ihren komplexen Anforderungen nicht nachkommen könnten (vgl. Habermas 1998: 427). Damit bleiben, so Habermas, Politiksystem und Rechtssystem resonanzfähig für Problemlagen, die in lebensweltlichen Zusammenhängen auftauchen und über eine kritische Öffentlichkeit zur Artikulation kommen.|Malte Ebner von Eschenbach: Intermediarität: Lernen in der Zivilgesellschaft. Eine Lanze für den Widerstand, 2014, S. 48}}<ref>Seite 48 - 55: [https://books.google.de/books?id=dbbnCQAAQBAJ&pg=PA49]</ref>
Ein [[Handel]], der Austausch zweier Güter mit ihren [[Wert (Wirtschaft)|Werten]], ist noch kein Markt. Ein Minimalmarkt ist erst gegeben, wenn es mindestens zwei Güter auf der einen Seite gibt, gegenüber dem einen Gut auf der anderen Seite bzw. einem [[Geld]]betrag, der für einen bestimmten wirtschaftlichen Wert steht<ref>Das Alternativgut muß nur imaginiert sein, in einem anvisierten Austausch von zwei Gütern, bzw. Geld und Gut, der nicht zustande kommt, liegt das marktmäßige insofern schon, als das Geld für ein anderes Gut zurückbehalten wird.</ref>. Es wird gewählt, für welches Gut das Geld gegeben wird, darin besteht das marktmäßige. Weiterhin wird das eine Gut nicht gekauft, es bleibt liegen. Ein großer Markt hat notwendigerweise eine große Menge solcher liegenden Güter, die nicht unmittelbar getauscht werden, sondern darauf warten. Auf der anderen Seite gibt es Geld, das nicht unmittelbar sofort ausgegeben wird. Man hat es also mit einer Aufstauung von Waren zu tun, der Warenfluß vom Produzenten zum Konsumenten ist gestockt.


Die Idee der sozialen Dreigliederung verneint den Fatalismus verselbständigter Systeme, denen die Menschen ausgeliefert wären. Gleichwohl muß die schon sehr weit gehende Verselbständigung i.S. von kaum noch möglicher vernünftiger Steuerbarkeit als ein empirisches Faktum konstatiert werden. Soll die Steuerbarkeit zurückgewonnen werden, spielt für das Gelingen der Rückerorberung der Gestaltungshoheit des Menschen auch eine Rolle, wie solche angeblich verselbständigten Systeme ''aufgefaßt'' werden, welchen "Begriff" man von ihnen hat. Der Systembegriff, wie er sich aus der Idee der sozialen Dreigliederung ergibt, ist nicht ein solcher, wie ihn Luhmann oder Habermas ihren gesellschaftstheoretischen Überlegungen zugrunde legen. (Freilich gibt es in der Dreigliederungsliteratur auch die unreflektierte Gleichsetzung, schon anfänglich bei [[Diether Lauenstein]]). Zumal das "Freie Geistesleben" und in ihm das Bildungs"system" ist nicht faßbar mit den Mitteln der luhmannschen Systemtheorie, wie es z.B. Dirk Baecker in seinem Aufsatz in der Tageszeitung (taz) (s. [[Niklas Luhmann#cite_note-7]]) glauben machen will.  
Gemäß den Prinzipien der assoziativen Wirtschaft werden auf den Märkten die Preise der Waren nicht verhandelt, sondern sie sind bereits mit ihren schon ermittelten Werten gegeben (vorbehaltlich einer von den Assoziationen zu veranlassenden Korrektur). Für einen Geldbetrag wird eine Ware ausgewählt, die andere bleibt liegen. In diesem Liegenbleiben der Waren (bzw. dem Liegenbleiben des Geldes bei gesuchten, fehlenden Waren) muß man den Einfluß der Märkte auf die Preisbildung suchen, nicht in dem Austausch zweier gehandelter Güter. Denn deren Wert ist bereits betragsmäßig gegeben, wird nur jetzt realisiert, und ändert sich keineswegs, z.B. falls der Händler den Käufer übervorteilt.


Wie die oben angeführten Zitate Rudolf Steiners zum freien Geistesleben zeigen, ist für das freie Geistesleben, für die Freiheit desselben, geradezu konstitutiv, ''nicht'' zu einem System sich zu bilden, sondern die Tendenz zur Systembildung permament zu bekämpfen. Gerade hieraus, aus der erfolgreichen Bekämpfung des Systemischen gewinnt das freie Geistesleben seine kulturelle Gestaltungs- und Neuerungskraft.  
Gemäß dem gängigen Modell von der Preisbildung durch Angebot und Nachfrage würde die Übervorteilung des Kunden, durch den der Händler einen höheren Preis erzielt als gerechtfertigt ist, tendentiell zu einer generellen Preiserhöhung der entsprechenden Ware führen. Umgekehrt führt eine unangemessene Vergünstigung, um einen konkurrierenden Händler auszustechen, tendentiell zu einer generellen Preissenkung. Eine solche Betrachtungsweise der Preisbildung ist in einer assoziativen Wirtschaft nicht möglich.  


Und die Freiheit des Geisteslebens, eben kein System im kritisierten Sinne zu sein, - dies ist dann auch die Voraussetzung dafür, daß kulturelle Gestaltungs- und Neuerungskraft in den Systemen von Politik und Wirtschaft zur Entfaltung kommen können, um diese zu verbessern, d.h. menschengemäßer zu gestalten.
<div style="margin-left:20px">
"In der primitiven Wirtschaft ist die Dorfwirtschaft die einzige Wirtschaftsform.
Dann geht es über zu den Märkten. Diese Benennungen
sind volkswirtschaftlich viel richtiger, als man denkt. Solange der
Markt da ist und Dörfer darum herum, so lange bedeutet der Markt,
auch wenn er unter dem Prinzip von Angebot und Nachfrage steht,
etwas wirtschaftlich viel weniger Schädliches - wenn nicht eben
Halunken da sind, was eine persönliche Sache ist -, als wenn die
Stadtwirtschaft dazukommt. Durch diese wird das gesamte Verhältnis
zwischen Produzenten und Konsumenten radikal geändert. Dann
haben wir nicht mehr Dörfer, die von selbst ihren Markt regulieren,
sondern dann haben wir allen Möglichkeiten Tür und Tor geöffnet,
welche bestehen, wenn das Verhältnis zwischen Konsumenten
und Produzenten kein klares mehr ist, wenn es sich vermischt." {{G|341|46}}
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Sagen wir, irgendein Handwerker verfertigt irgend etwas in einem Dorf und er wird krank. Er wird, sagen wir, unter gewissen Verhältnissen, wenn er an einen ungeschickten Arzt kommt, drei Wochen im Bett liegen müssen und seine Dinge nicht verfertigen können. Da wird er den volkswirtschaftlichen Prozess sehr wesentlich stören; denn es werden durch drei Wochen hindurch, wenn der Betreffende, sagen wir, Schuhe verfertigt hat, die Schuhe nicht auf den Markt gebracht werden - Markt im weitesten Sinne verstanden. Nehmen wir aber an, er kommt an einen sehr geschickten Arzt, der ihn in acht Tagen gesund macht, so dass er nach acht Tagen wieder arbeiten kann, dann können Sie die Frage in ernsthaftem Sinn entscheiden: Wer hat denn dann durch diese vierzehn Tage hindurch die Schuhe fabriziert? Der Schuhmacher oder der Arzt? Eigentlich hat der Arzt die Schuhe fabriziert." {{G|340|85}}f.
</div>


Vor diesem Hintergrund verdient nähere Aufmerksamkeit, was Habermas unter der Lebenswelt-Kolonisierungstendenz der verselbständigten Systeme Politik, Recht und Wirtschaft versteht, und wie solchen Kolonisierungsentwicklungen seiner Ansicht nach zu begegnen sei.
<div style="margin-left:20px">
"Da gibt es eine Tatsache, die spielt sich ab unmittelbar auf dem Markt bei Verkauf und Kauf, wenn ich dasjenige, was ich bekomme, gleich bezahle. Es kommt nicht einmal darauf an, dass ich es gleich mit Geld bezahle, ich kann es auch noch, wenn es Tauschhandel ist, mit der entsprechenden Ware bezahlen, die der Betreffende annehmen will. Es kommt darauf an, dass ich zunächst gleich bezahle, das heißt überhaupt zahle. Und jetzt haben wir wieder nötig, an dieser Stelle (siehe Zeichnung 4) von der gewöhnlichen trivialen Betrachtung zur volkswirtschaftlichen Betrachtung überzugehen. Es spielen nämlich in der Volkswirtschaft die einzelnen Begriffe fortwährend ineinander, und die Gesamterscheinung, die Gesamttatsache, ergibt sich aus dem Zusammenspiel der verschiedensten Faktoren. Sie können sagen: Es wäre ja auch denkbar, dass durch irgendeine Maßregel überhaupt niemand gleich bezahlen würde - dann gäbe es das Gleichzahlen nicht. Man würde also immer erst, sagen wir, nach einem Monat zahlen oder nach irgendeiner Zeit. Ja, es handelt sich nur darum, dass man dann in einer ganz falschen Begriffsbildung drinnen ist, wenn man sagt: Heute übergibt mir jemand einen Anzug und ich bezahle ihn nach einem Monat. Ich bezahle eben nach einem Monat nicht mehr diesen Anzug allein, sondern ich bezahle dann in diesem Moment etwas anderes: ich bezahle dasjenige, was unter Umständen durch eine Steigerung oder Erniedrigung der Preise etwas anderes ist, ich bezahle ein Ideelles dazu. Also der Begriff des A-tempo-Zahlens, der muss durchaus da sein, und der ist beim einfachen Kauf da. Und etwas wird eine Ware des Marktes dadurch, dass ich es gleich bezahle."
</div>


Dazu ist zunächst der Habermas'sche Lebensweltbegriff näher zu erläutern und mit dem Begriff Husserls von Lebenswelt zu kontrastieren, mit dem schließlichen Ziel, einen Begriff des "freien Geisteslebens" sowie auch von "Zivilgesellschaft" im Kontext der habermas'schen Theorie zu entwickeln. Dabei wird sich dann zeigen, bis zu welchem Grade eine Übereinstimmung von einer sektoralen oder funktionalen Dreigliederung, wie sich sich in Anlehnung an Habermas gewinnen läßt, und wie sie Theoretiker der Zivilgesellschaft wie z.B. Cohen und Arato zugrunde legen, mit der Dreigliederungsidee Rudolf Steiners, anzunehmen möglich ist.
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"Wert in der Volkswirtschaft kann ja nur entstehen - das haben wir schon ersehen können - im Austausch der Erzeugnisse, im Austausch der Waren oder überhaupt volkswirtschaftlicher Erzeugnisse. Auf eine andere Weise kann Wert nicht entstehen. Aber Sie können leicht einsehen : Wenn nur auf diese Weise Wert entstehen kann, und wenn der Preis des Wertes so zustande kommen will, wie ich das gestern auseinandergesetzt habe, dass berücksichtigt werden soll, wie für jemand, der ein Erzeugnis hervorgebracht hat, ein solcher Gegenwert für das Erzeugnis erhältlich sein soll, dass er die Bedürfnisse befriedigen kann, die er hat, um ein gleiches Erzeugnis wieder herzustellen - wenn das möglich sein soll, so müssen ja die Erzeugnisse sich gegenseitig bewerten. Und schließlich ist es ja nicht schwer, einzusehen, dass im volkswirtschaftlichen Prozess sich die Erzeugnisse gegenseitig bewerten. Es wird nur kaschiert dadurch, dass das Geld zwischen dasjenige tritt, was ausgetauscht wird. Aber das ist nicht das Bedeutsame an der Sache. An dem Geld hätten wir nicht das geringste Interesse, wenn es nicht das Austauschen der Erzeugnisse förderte, bequemer machte und auch verbilligte. Wir hätten Geld nicht nötig, wenn es nicht so wäre, dass derjenige, der ein Erzeugnis auf den Markt liefert - unter dem Einfluss der Arbeitsteilung -, zunächst sich nicht abmühen will, um dasjenige, was er braucht, da zu holen, wo es vorhanden ist, sondern eben Geld dafür nimmt, um dann sich wiederum in der entsprechenden Weise zu versorgen. Wir können also sagen: In Wirklichkeit ist es die gegenseitige Spannung, welche zwischen den Erzeugnissen eintritt im volkswirtschaftlichen Prozess, die mit der Preiserzeugung zu tun haben muss."


Nur aus solcher genauen Untersuchung auch der Unterschiede in den Auffassungen, was Lebenswelt, Kultur, Zivilgesellschaft und freies Geistesleben sei, läßt sich bestimmen, was orientiert an den Großtheorien jeweils konkrete Beiträge zum Verständnis der Situation und ihrer praktischen Umgestaltung zum Besseren hin sein können.
"Betrachten wir von diesem Gesichtspunkt aus einmal das sogenannte Lohnverhältnis, das Arbeitsverhältnis. Wir können nämlich gar nicht Arbeit gegen irgend etwas austauschen, weil es zwischen Arbeit und irgend etwas eigentlich keine gegenseitige Bewertungsmöglichkeit gibt. Wir können uns einbilden - und die Einbildung realisieren, indem wir eben das Lohnverhältnis eintreten lassen -, dass wir die Arbeit bezahlen; in Wirklichkeit tun wir es nicht. Was in Wirklichkeit geschieht, ist etwas ganz anderes. Was in Wirklichkeit geschieht, ist dieses: dass auch im Arbeits- oder Lohnverhältnis Werte ausgetauscht werden. Der Arbeiter erzeugt unmittelbar etwas, der Arbeiter liefert ein Erzeugnis; und dieses Erzeugnis kauft ihm in Wirklichkeit der Unternehmer ab. Der Unternehmer bezahlt tatsächlich bis zum letzten Heller die Erzeugnisse, die ihm die Arbeiter liefern - wir müssen schon die Dinge in der richtigen Weise anschauen -, er kauft die Erzeugnisse dem Arbeiter ab."
{{G|340|97}}f.
</div>


==== Differenz zum Husserlschen Lebensweltbegriff ====
So problematisch solche Auffassung der Leistungserbringung im Betrieb auch sein mag (das ist in diesem Zusammenhang nicht weiter zu erörtern)<ref>Eine alternative Auffassung, die aber hier nicht näher geprüft werden soll, könnte darin bestehen, einen durchlaufenden Posten wie die heutige Mehrwertsteuer, in variabler Höhe, anzunehmen, der aber nicht an den Staat abgeführt wird, sondern individuell nach dem Bedarf auf die beteiligten Haushalte aufgeteilt wird. Monetär kommt es auf das gleiche hinaus, vermutlich auch dem tatsächlichen Vorgang nach. Einen Wertetausch welcher Art auch immer muß es dabei anscheinend geben, da die Warenpreise, die der Betrieb erzielt, nicht unmittelbar direkt auf die Haushaltseinkommen abgebildet werden können.</ref>: man hat bei diesem Werteaustausch zwischen betriebsinternem Produkt und entsprechendem Einkommenswert keinen Marktprozeß, denn gemäß obiger Definition des Marktes fehlt die Wahlmöglichkeit, die Aufstauung, sowie die von Steiner angeführte Unmittelbarkeit (Sofortzahlung), wie sie für den Markt gilt.
{{LZ|Habermas (1981) gibt im Rahmen seiner "Theorie des kommunikativen Handelns" (TkH) folgende vorläufige Defintion von Lebenswelt:


"Kommunikativ handelnde Subjekte verständigen sich stets im Horizont einer Lebenswelt. Ihre Lebenswelt baut sich aus mehr oder weniger diffusen, stets unproblematischen Hintergrundüberzeugungen auf [... und] dient als Quelle für Situationsdefinitionen (TkH 1, S. 107)".  
Unter Berücksichtigung auch des haushaltsinternen Werteaustausches, wie von Steiner in dem Beispiel des kranken Schusters erläutert, der von seiner Krankheit je nach Leistung des Arztes früher oder später kuriert wird, gibt es dann drei Orte eines volkswirtschaftlichen Werteaustausches: haushaltsintern, betriebsintern und marktintern.


Losgelöst von dem bei Husserl für den Lebensweltbegriff (zunächst) konstitutiven Gegensatz 'Wissenschaft - Lebenswelt' beginnt Habermas seine Analyse bei der ''Funktion der Lebenswelt für die Kommunikation''. Dieser Unterschied war eine der Quellen für Mißverständnisse und Kritik der Habermas'schen Begriffswahl. In den nachfolgenden Überlegungen wird darum nicht von einer semantischen Identität der Lebensweltbegriffe bei Husserl und Habermas auszugehen sein (...).
Es ist leicht zu sehen, daß sollen die haushaltsinternen Vorgänge nicht zu den eigentlich wirtschaftlichen gerechnet werden, auch das Marktgeschehen aus dem Gebiet des Wirtschaftens im engeren Sinne herausfallen muß. Auf dem Markt wird nicht mehr gewirtschaftet, sondern nur noch getauscht.


[Es sind] (...) zwei Momente hervorzuheben, die (...) als konstitutiv erscheinen. Zum einen gilt es, "Lebenswelt im Bild des Horizonts zu verstehen. Jeder Situation als einem aktualisiert relevanten Ausschnitt der Lebenswelt wird "eine Grenze [zugewiesen], die jederzeit überschritten werden kann" (TkH 2, S. 188). Abhängig vom Standort verschiebt sich der Horizont und kann, "wenn man sich in einer unebenen Landschaft bewegt, expandieren oder schrumpfen" (TkH 2, S. 188). Im Bild des Horizonts wird die Relativität des Verstehens zwischen kommunikativ handelnden Subjekten thematisiert. Anders als bei Husserl wird die Horizontmetapher nicht im Bereich der Wissenschaftstheorie entfaltet, sondern im Bereich der (Alltags-)Kommunikation. Durch diese Übertragung in ein neues Problemfeld  wird auch die Weiterverwendung des Horizontbildes insofern fraglich, als die Bedingungen, Implikation und Konsequenzen nicht explizit gemacht werden. Zum zweiten diskutiert Habermas diese Metapher als Gegebenheit einer intersubjektiven (kommunikativen) Situation und nicht - wie Husserl - ausgehend vom Standpunkt eines Subjekts. Es ist nicht abzuschätzen, ob oder in welcher Weise sich die Semantik durch diesen zweifachen Kontextunterschied verändert, weswegen eine Parallelisierung mit Husserl unangebracht scheint.
==== Markt und Händlertum ====
Der Handel, das Händlertum, ist der Marktsphäre zuzurechnen und ist nicht als produktiver Beruf im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen. Ob Handel eine Dienstleistung im üblichen Sinne ist, darüber sei hier nichts ausgemacht. Er ist jedenfalls dazu da, das Liegenbleiben der Waren zu bekämpfen. Er transportiert die Waren von Ort zu Ort, um die Übergaben zwischen Produzenten und Konsumenten zu ermöglichen. Lagerung kann als ein zeitlicher Übergabeprozeß angesehen werden. Ein Produkt kann nicht immer genau dann fertig sein, wenn es auch gebraucht werden kann. All diese händlerischen Tätigkeiten und weitere wie das Maklertum etc. verursachen eine Menge Kosten, die gewissermaßen den Bedarf des Marktes darstellen und auf die Preise aufgeschlagen werden müssen. Dies ist für die Wirtschaft insgesamt nötig. Die Waren würden sonst liegen bleiben und könnten nicht verkauft werden, die erwirtschafteten Werte würden sich nicht realisieren lassen. <!--Der Bedarf, den das Marktmanagement an Einkommen hat, muß dem entsprechen, was auf die Preise ab Werk noch aufgeschlagen wird, andernfalls würden Handelsgewinne aus der Wirtschaft abfließen.-->


Zum zweiten wird der Begriff der Lebenswelt als "unproblematische Hintergrundüberzeugungen" vorgestellt, als ein "Reservoir von Selbstverständlichkeiten" (TkH 2, S. 189), das die Kommunikationsteilnehmer für ihre kooperativen Deutungsprozesse benutzen. In dieser 'Reservoir-Funktion' ist die Lebenswelt notwendige Bedingung dafür, daß Verständigung mit und in der Sprache gelingt.  
Trotz des Aufschlags auf die Preise, der wegen des Bedarfs des Marktes gemacht werden muß, führt das Marktgeschehen zu einer Verbilligung der Waren. Der Aufschlag ist viel geringer als das, was die Wirtschaft durch den Markt spart. In dieser Verbilligung hat man den Einfluß des Marktes auf die Preisbildung zu sehen. Je besser der Markt funktioniert, desto geringere Warenpreise. Die Verbilligung ist jedoch nicht für alle Waren gleichmäßig. Für einzelne Waren kann es auch zu einer Verteuerung kommen. Wobei Verbilligung oder Verteuerung nicht immer auch in entsprechenden Preisänderungen und schließlich erzielten Preisen zum Ausdruck kommen.  


"Die Lebenswelt speichert die vorgetane Interpretationsarbeit vorangegangener Generationen; sie ist das konservative Gegengewicht gegen das Dissenzrisiko, das mit jedem aktuellen Verständigungsvorgang entsteht (TkH 1, S. 107)."
Im schließlich erzielten Preis sollten eigentlich präzise die enthaltenen Bedarfe aller am Warenherstellungsprozeß mit ihren Arbeitern und Arbeiterinnen beteiligten Haushalte (die Unternehmer hier eingerechnet als Arbeiter, die Haushalte versorgen), zuzüglich Aufschläge wie Steuern etc. enthalten sein, und abzüglich der Verbilligung durch die Marktprozesse. In den wenigsten Fällen werden die von den Assoziationen vorgegebenen Warenpreise dem exakt entsprechen können, auch wenn sie noch so gut, informiert durch Produzenten, Händler und Konsumenten, ihre Entscheidungen fällen. Notwendig wird es Abweichungen der tatsächlich realisierten Marktpreise von den vorgegebenen Preisen geben müssen. Diese Preissignale werden beobachtet und das fließt in die weitere Preisfeststellung oder auch in Einwirkungsversuche auf die Preisbildungsprozesse ein.


Hier kündigt sich an, daß die Lebenswelt im Vergleich mit den übrigen drei Welten (subjektive, objektive und soziale Welt) eine Sonderstellung einnimmt. Sie ist für
Eine Schwierigkeit besteht jedoch darin, daß mit diesen Abweichungen sich auch die Bedarfe der Haushalte ändern. Denn wenn für eine Ware, z.B. Benzin, die Preise stark unter die Veranschlagung sinken, dann sinken auch die Bedarfe der Haushalte, es wurde also zuviel Einkommen gezahlt. Generell stimmt aber zumindest idealerweise die auf den Märkten erzielte Preissumme mit der Einkommenssumme der Haushalte überein. Die Marktpreise sind daher nur die Kehrseite der Bedarfseinkommen, die Gesamtsumme ist die der Einkommen, die nach dem, was die Haushalte auf den Märkten gemäß ihrem Bedarf einkaufen, bestimmt sind.


"die Verständigung als solche konstitutiv [...], während die formalen Weltbegriffe ein Bezugssystem für das, worüber Verständigung möglich ist, bilden: Sprecher und Hörer verständigen sich aus ihrer gemeinsamen Lebenswelt heraus über etwas in der objektiven, sozialen oder [/und] subjektiven Welt" (TkH 2, S. 192)
Die Betriebe, wie Raffenerien oder Tankstellen, die direkt an der Produktion von Benzin beteiligt sind, sind vom Fallen des Benzinpreises in besonderer Weise betroffen. Werden tatsächlich die kritisierten Gewinnausschüttungen getätigt, sind diese natürlich zuerst zu kürzen. Dann aber und wenn sonst keine Einsparungen möglich sind, kommt der Betrieb unter Druck, die Haushaltseinkommmen zu kürzen. Dies ist aber eigentlich nicht möglich, da diese sich am Bedarf orientieren, und auch müssen.


Diesen Lebensweltbegriff erkennt Habermas im Zuge seiner weiteren Überlegungen zur Nutzbarmachung dieses Konzepts für seine Theorie als "kulturalistisch" (TkH 2, S. 203) verkürzt, da er - wie weitere genaue Analysen zeigen - "''auch'' aus individuellen Fertigkeiten, dem intuitiven Wissen, ''wie'' man mit einer Situation fertig wird, und aus sozial eingelebten Praktiken, dem intuitiven Wissen, ''worauf'' man sich in einer Situation verlassen kann" (TkH 2, S. 205), besteht.|Muckel, Petra; Grubitzsch, Siegfried: Untersuchungen zum Begriff der "Lebenswelt", 1993, S. 126ff., in: Psychologie und Gesellschaftskritik, 17 (1993), 3/4, S. 119-139, {{VT16|http://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/24952}}}}
Solch ein Preisverfall einer Ware sollte eigentlich gar nicht eintreten, aber man mag sich Gründe vorstellen, die auch in einer gesunden Wirtschaft vorkommen. Die Assoziationen haben hier einzugreifen, und können, solange der Preis für Benzin selbst nicht wieder normalisiert werden kann, Ausgleichszahlungen an die betroffenen Betriebe zahlen, damit die Haushaltseinkommen weiterhin gedeckt sind. (Solche Ausgleichszahlungen werden aus einer allgemeinen Abgabe auf alle Preise finanziert.)


(Daher die Ergänzung des nur Kulturellen durch die Aspekte oder Komponenten des individuellen (persönlichen), und des sozialen (gesellschaftlichen), wie weiter unten angeführt. Lebenswelt ist insofern mehr als Kultur, diese aber in einem bestimmten, eingeschränkten Sinne definiert.)
Eine dauerhafte Senkung des Benzinpreises sollte es eigentlich nicht geben, es sei denn, eine Verringerung und schließlich sogar tendentiell das ganze Wegfallen des Bedarfes liegt vor. Dies kann dann zu solchen Maßnahmen wie Betriebsschließungen und dergleichen führen, wodurch sich der Preis für Benzin dann wieder erhöht.


Nach einer kritischen Diskussion des Habermas'schen Lebensweltkonzeptes kommen die Autoren u.a. zu folgendem Resultat:
Funktioniert der Markt nicht richtig, können, abgesehen von den Maßnahmen der Assoziationen, die Betriebe selbst Marktmanagementfunktionen übernehmen oder unterstützend zuarbeiten. Das ist zwar weniger effizient, aber besser, als wenn der Absatz ins Stocken gerät oder gar ganz zum Erliegen kommt.


{{LZ|(...) Habermas übernimmt einen Teil des Husserlschen Vokabulars ("Lebenswelt", "Horizont"), macht aber die durchaus vorhandenen Unterschiede in Semantik, Ansatzpunkt und Funktion nicht deutlich. (...) Die Tatsache, daß auch Habermas sich des Lebensweltbegriffs bedient, ihn aber selbständig und in lediglich loser Anbindung an Husserl verwendet, scheint für das weitere Schicksal dieses Begriffs charakteristisch: Als nicht streng definierter Terminus weckt er unterschiedliche (positive) Assoziationen und wird zu einer Quelle von Mißverständnissen.|e.d., S. 129}}
=== Die Dimension des Haushalts ===
Eine grundsätzliche Frage ist es, welchen Wert es hat, daß die Haushaltseinkommen von den Betrieben gezahlt werden, in denen die Arbeiter und Arbeiterinnen, die den Haushalten zugehören, tätig sind, wenn es sich bei den gezahlten Einkommen nicht um Lohn handelt, mit dem eingekaufte Arbeit entgolten wird. Die Zusammengehörigkeit von beruflicher Tätigkeit und einem Einkommen gemäß Haushaltsbedarf muß einen ökonomischen Sinn haben, auch wenn sich dieser nicht monetär ausdrücken läßt.


Man könnte ja sonst die Haushaltseinkommen nicht ''vor'' dem Wirtschaften geben, sondern ''im Nachherein'' auf die Warenpreise pauschal aufschlagen. In der Tat gibt es solche Aufschläge auf die Preise im nachherein auch, die in Haushaltseinkommen einfließen. Die Frage ist anscheinend nicht ganz einfach zu beantworten, oder wie könnte es sonst so viele Befürworter eines bedingungslosen [[Grundeinkommen]]s geben? Solch ein Einkommen würde aus Preisaufschlägen auf Waren gezahlt werden, wie auch natürlich die heutigen Sozialleistungen von Staats wegen, und sich von den Haushaltseinkommen, wie sie in einer assoziativen Wirtschaft ''vor'' dem Wirtschaften gezahlt werden sollen, fundamental unterscheiden. Welches ist der ''ökonomisch'' wesentliche Unterschied?


{{LZ|Jürgen Habermas übernimmt drei wesentliche Charakteristika des Lebensweltkonzeptes von Schütz: Er versteht Lebenswelt ebenfalls als Realität, die den erlebenden Subjekten fraglos gegeben ist, so dass sie gar nicht problematisiert werden, sondern allenfalls zusammenbrechen kann. Ihre Gemeinsamkeit liegt jedem möglichen Dissens voraus, sie kann nicht in intersubjektiv geteiltem Wissen kontrovers werden, sondern höchstens zerfallen. Die Grenzen der Lebenswelt sind zudem unüberschreitbar, auch in wechselnden Situationen. Sie bilden einen grundsätzlich unerschöpflichen Kontext (vgl. Habermas 1981 II, S. 198–202). Habermas kritisiert aber die phänomenologischen Auffassungen von Lebenswelt aus einer kommunikationstheoretischen Position. Die Analyse von Schütz´ setzte bei den Kategorien des subjektiven Erlebens an, bei subjektiven Bewusstseinsstrukturen. Habermas ersetzt diese subjektive Perspektive nun durch die Teilnehmerperspektive. Er verweist auf eine immanente und allgemeine Rationalität der Lebensweltstrukturen, ein sprachliches Regelungswissen als universelle Gattungskompetenz und als Erfahrungsapriori. Lebenswelt ist bei ihm eine durch kommunikatives Handeln erfahrbare Wirklichkeit, ein von Akteuren bewohnter Kommunikationsraum der symbolischen Reproduktion (Privatsphäre und Öffentlichkeit). Diese wird durch die moderne Gesellschaft ausdifferenziert, genauso wie ein grenzerhaltendes System, verstanden als den Bereich der materiellen gesellschaftlichen Reproduktion durch Arbeit (Wirtschaft und Politik). Diese doppelte Ausdifferenzierung von Lebenswelt und System beschreibt er als wesentliches Kennzeichen der modernen Gesellschaft (vgl. Habermas 1981 I, S. 533). Beiden Bereichen ordnet Habermas bestimmte Handlungstypen zu; dem Bereich des Systems die strategisch bzw. zweckorientierten Typen: „teleologisches Handeln“, „normatives Handeln“ und „dramaturgisches Handeln“, der Lebenswelt den Typus „kommunikatives Handeln“ (vgl. Habermas 1981 I, S. 126 ff). Das kommunikative Handeln stellt eine gerichtete Suchbewegung dar, die auf Verständigung zielt, angetrieben durch die Geltungsansprüche Wahrheit, Richtigkeit, Wahrhaftigkeit, Verständlichkeit (vgl. Habermas 1981 I, S. 196 ff).
Welchen ''ökonomischen'' Unterschied macht es, um ein prominentes Beispiel zu nehmen, wenn ein Kindergeld nicht aus Preisaufschlägen ''nach'' dem Wirtschaften gezahlt wird (via Steuern oder Sozialkasse), sondern in den Haushaltsbedarf integriert ist und als Bedarfseinkommen von den Betrieben gezahlt wird?


Die Lebenswelt selbst ist eine kommunikativ und intersubjektiv erzeugte Realität (was Habermas über Mead<ref>George Herbert Mead</ref> begründet) (vgl. Habermas 1981 II, S. 208). Ihre Bestandteile sind jene symbolischen Gegenstände, die Menschen hervorbringen, indem sie sprechen und handeln: „angefangen von den unmittelbaren Äußerungen (Sprechhandlungen, Zwecktätigkeiten, Kooperationen) über die Sedimente dieser Äußerungen (wie Texte, Überlieferungen, Dokumente, Kunstwerke, Theorien, Gegenstände der materiellen Kultur, Güter, Techniken usw.) bis zu den indirekt hervorgebrachten, organisationsfähigen und sich selbst stabilisierenden Gebilden (Institutionen, gesellschaftlichen Systemen und Persönlichkeitsstrukturen)“ (Habermas 1981 I, S. 159). Durch kommunikatives Handeln werden die strukturellen Komponenten der Lebenswelt reproduziert, nämlich Kultur (durch Verständigung), Gesellschaft (durch Handlungskoordinierung) und Persönlichkeit (durch Sozialisation).|aus: Matthias Nauerth: Verstehen in der Sozialen Arbeit, 2016}}
Bei Zugrundelegung der heute noch herrschenden Auffassung, Arbeit werde als Ware eingekauft, ist die Frage leicht zu beantworten, da Elternteile mit Kindern für den Betrieb teurer wären, als alleinstehende Singles, und Betriebe daher Zurückhaltung übten, wenn ein Familienvater mit 16 Kindern um Anstellung nachsucht.  


Die zahlreichen Aspekte dieser Lebensweltkonzeption werden nur sehr selektiv im Hinblick auf den Vergleich mit Husserls Lebensweltverständnis und dem Verständnis von Kultur und freiem Geistesleben im Sinne der sozialen Dreigliederung ins einzelne gehend betrachtet werden können.  
Nur wenn der Familienvater ein Gehalt fordert, das dem entspricht, was sich der Betrieb als Vorteil, monetär berechnet, von seiner Einstellung verspricht (nach Möglichkeit wird weniger als dieser Vorteil gezahlt), kann er den Job erhalten. Gleichwohl sollen von staatswegen die Kinder nicht verhungern, und es wird der Lebensunterhalt dann z.T. aus der Staatskasse gezahlt, d.h. aus Geldern, die den Betrieben ''nach'' dem Wirtschaften abgezogen werden. Zum Teil mag die Finanzierung eines solchen kinderreichen Haushalts auch durch Gewinnbeteiligungen möglich sein, nicht notwendigerweise durch solche am eigenen Unternehmen, es können auch Aktien anderer Unternehmen sein, oder durch private Armutsfürsorge.


Beachtenswert ist zunächst die Ansicht Habermas, daß sich die Lebenswelt, im Zuge der Entwicklung der Gesellschaft zu einer funktional differenzierten Ordnung, selbst auch ausdifferenziert, wenn auch nicht zu einem "System". Sie bleibt jedoch nicht das, was sie war, bevor aus ihr heraus sich die Systeme von Politik und Wirtschaft ausdifferenzierten. Gleichwohl bleibt die Lebenwelt weiter aber auch diejenige Welt, aus der heraus solche Lebensweltstrukturen in Reaktion auf die Ausdifferenzierung von Funktionsystemen entstehen. Hieraus ergibt sich ein Ansatzpunkt des Vergleichs, weil dem analog eine Differenz zwischen dem Kulturellen im Allgemeinen und dem freien Geistesleben im Sinne der Dreigliederung besteht. Auch das freie Geistesleben, - wenn es zwar nicht mit dem, was Habermas unter modern strukturierter, ausdifferenzierter Lebenswelt i.e.S. versteht, identisch ist - ist gegenüber dem umfassenden Kulturellen, der Lebenswelt als Totalität, etwas Besonderes, indem es von Politik bzw. Recht und Staat sowie der Wirtschaft abgegrenzt ist.
Man geht also von einer monetär berechenbaren Arbeitsleistung aus, und nur die kann der Betrieb selbst auch zahlen. Das übrige, was zur Finanzierung besonderer dadurch nicht gedeckter Haushaltsbedarfe notwendig ist, muß von woanders her kommen, gleichwohl aber erwirtschaftet sein. Der Betrieb, der den Familienvater beschäftigt, beteiligt sich schon daran mit den ihm auferlegten allgemeinen Steuern und Sozialabgaben, aber andere, ertragreichere Unternehmen schießen einen größeren Teil zu (entsprechende Gewinnbesteuerung vorausgesetzt).


(siehe auch [[Lebenswelt#Habermas]]).
Man glaubt nach der herrschenden ökonomischen Theorie, auf solche Art Arbeitskraft optimal zu allokieren. Die optimale Allokation würde gestört, wenn der Familienvater nicht ausschließlich aufgrund seiner monetär kalkulierten Leistung an den richtigen Platz in einem Betrieb käme. Gleiche Arbeit kann nur gleich bezahlt werden, sonst käme die gesamte Betriebsrechnung durcheinander. Daher kann ein Familienvater mit 16 Kindern grundsätzlich nicht besser bezahlt werden, als eine alleinstehende Person, wenn die Arbeitsleistung die gleiche ist.


===== Rationalisierung und Differenzierung der Lebenswelt =====
Auch wenn man diese Auffassung für falsch hält, so ist sie doch aus ihren Voraussetzungen logisch und entbehrt nicht ökonomischer Plausibilität.  
Weder die Lebenswelt, noch ihre modernen drei Komponenten (Bereiche): Kultur, Gesellschaft und Persönlichkeit können als Systeme angesehen werden. Im Zuge des modernen allgemeinen Rationalisierungsprozesses haben sich die drei Bereiche ausdifferenziert. Durch den modernen Prozeß der Rationalisierung kommt es nach Habermas also nicht zu einer funktionalen Differenzierung eines Systems "Gesellschaft" oder eines umfassenden Sozialsystems in verschiedene Subsysteme wie Wirtschaft, Politik und Kultur. Vielmehr geschieht in der umfassenden Totalität der Lebenswelt ein Differenzierungsprozeß, durch den sich einmal Politik (administrative Verwaltung) und Wirtschaft als eigenständige Systeme ausdifferenzieren, und andererseits die Lebenswelt eine innere Differenzierung erfährt.  


{{LZ|Die Lebenswelt ist verzweigt in die Komponenten Kultur, Gesellschaft und Persönlichkeit, die über das gemeinsame Medium der Sprache ineinander verschränkt sind. (...) Die Ausdifferenzierung dieser drei Komponenten ist das historische Ergebnis eines universalhistorischen Prozesses der „Rationalisierung der Lebenswelt“. (...)
Die assoziative Wirtschaft sieht Arbeit jedoch nicht als Ware an und macht darüber hinaus geltend, daß dies allgemein gelten solle, bzw. ein menschenrechtliches Faktum ist. Die Bedarfe für die Haushaltseinkommen werden entsprechend nicht als Lohn aufgefaßt, in monetärer Hinsicht ist die Arbeit im Betrieb von der Betriebsrechnung abgekoppelt und kann nicht als Kosten in den Betriebsbilanzen auftauchen. Was in den Bilanzen als Posten steht, sind die gezahlten Haushaltseinkommen, und die wirken sich auf die Warenpreise aus, die genommen werden müssen.  


Dieser Prozess impliziert: die Überwindung eines (konfusen) magischen Denkens (Rationalisierung des Wertverständnisses) und damit die „Dreiteilung“ der Welt in eine objektive, soziale und subjektive (Denaturalisierung der sozialen Welt, Desozialisierung der natürlichen Welt); das Aufbrechen unhinterfragbarer Traditionen und somit die Erweiterung des Spielraums für kommunikative Verständigungsprozesse; die Auffächerung von Deutungsproblemen in Probleme der Wahrheit, der Richtigkeit und der Wahrhaftigkeit. (...)
Würde der Unterhalt für die 16 Kinder nicht vom Betrieb bezahlt, sondern von staatswegen aus allgemeinen Aufschlägen, würde sich die Betriebsbilanz positiver darstellen, die Warenpreise niedriger ausfallen. Warum trotzdem die Haushalte nach Bedarf bezahlen, und dann sich z.B. im Nachherein von einer Ausgleichskasse der Assoziationen Zuschüsse zahlen lassen, wegen der vielen Familienväter im Betrieb? Worin besteht der ''ökonomische'' Sinn der ''vollen'' Haushaltsbedarfszahlungen ''vor'' dem Wirtschaften?


[Die Lebenswelt] fängt das im kommunikativen Handeln dauerpräsente Dissensrisiko auf, indem sie einen „breiten und unerschütterlichen, aus der Tiefe herausragenden Fels konsentierter Deutungsmuster, Loyalitäten und Fertigkeiten“ (86) birgt.|Peter Schallberger [http://www.peterschallberger.ch/downloads/downloads/klassiker_files/HabermasHandeln.pdf]; Formatierung geändert}}
Ein volkswirtschaftlicher Grund wurde bereits genannt: Da gemäß dem Prinzip der Urzelle die gerechten Preise für Waren sich aus dem zusammensetzen, was die an ihrem Zustandekommen beteiligten Arbeiter (inkl. Unternehmer) mit ihren jeweiligen Haushalten an Lebensunterhalt benötigen, um die Waren erneut produzieren zu können, würde eine (Mit-)finanzierung im Nachherein über eine pauschale, wirtschaftsweite Abgabe notwendigerweise zu ungerechten, zu hohen oder zu niedrigen Preisen der Waren der jeweiligen Betriebe führen. Man muß dabei bedenken, daß es für die meisten Waren, bis sie zum Konsum kommen, eine lange Produktionskette gibt, an der unzählige Betriebe beteiligt sind. Werden jetzt Haushalte mit zu groß für die jeweiligen Betriebe erscheinenden Bedarfen betriebsextern bezuschußt, kommen aus all diesen Betrieben in der Produktionskette nicht mehr die richtigen Preise heraus. Auch wenn die Assoziationen im Interesse gleicher Preise für bestimmte Güter auf regional zu bestimmenden Gebieten im nachherein für Ausgleiche sorgen, damit für die gleiche Ware keine unterschiedlichen Preise bestehen, müssen dort für solchen Ausgleich die richtigen Preise, wie sie aus den Betrieben "herauskommen", erstmal da sein. Werden sie im vornherein manipuliert durch betriebsexterne Zahlungen in die Haushalte hinein, sodaß diese dann gegenüber den Betrieben einen geringeren Bedarf geltend machen müssen, ist das Prinzip der Urzelle ausgehebelt und es ist dann nicht absehbar, wie man auf künstliche Weise sich dann mit Manipulationen den gerechten Preisen dann noch soll annähern können, da man sie nicht kennt.<ref>Wie sich leicht zeigen ließe, führte dies mit notwendiger Konsequenz dazu, sich an Preisen zu orientieren zu müssen, wie sie sich aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ergeben, und die assoziative Wirtschaft bliebe wegen Mißachtung des Urzellenprinzips im Anfang stecken und käme nicht raus aus dem Kapitalismus.</ref>


==== Die Bedeutung der Sprache für Freiheit und Mündigkeit ====
Eine andere Frage als diese volkswirtschaftliche ist der betriebswirtschaftliche Aspekt an der Sache. Unter dem Thema Dimension des Haushalts soll jedoch nun erstmal untersucht werden, ob es für die ''Haushalte'' bzw. die Arbeiter und Arbeiterinnen einen Unterschied macht, woher das Geld für den Lebensunterhalt kommt.
{{LZ|In einer Reihe von Briefen an Adorno aus dem Jahr 1941 reflektiert er [Horkheimer] über das Verhältnis von Vernunft und Sprache und stellt konkret die Frage, ob die Sprache einen transzendentalen Status habe, also mehr sei als ein Medium zur Beschreibung der Welt. Für seine sprachphilosophische Intuition fand er damals klare Worte: "Die Rede an einen richten, heißt im Grunde, ihn als mögliches Mitglied des zukünftigen Vereins freier Menschen anerkennen. Rede setzt eine gemeinsame Beziehung zur Wahrheit, daher die innerste Bejahung der fremden Existenz die angeredet wird, ja eigentlich aller Existenzen ihren Möglichkeiten nach." Und nun, fast 25 Jahre später, formuliert Habermas in seiner Antrittsvorlesung einen Satz, der nicht nur sein zukünftiges Forschungsprogramm in nuce enthält, sondern mit dem er unwissentlich (denn er kannte den Briefwechsel damals noch nicht) jenen Faden aufnimmt, den Horkheimer damals gesponnen hat: "Das, was uns aus Natur heraushebt, ist [...] der einzige Sachverhalt, den wir seiner Natur nach kennen können: ''die Sprache''. Mit ihrer Struktur ist [[wikipedia:Mündigkeit (Philosophie)|Mündigkeit]] ''für uns'' gesetzt."|Stefan Müller-Doohm: Jürgen Habermas. Eine Biographie, S. 128f.}}


==== Habermas Auffassung des "Geistigen" ====
Natürlich ist es jeweils eine individuelle Angelegenheit, über die nur durch Befragung etwas ausgemacht werden kann. Die Hauptsache für jeden Haushalt wird aber wohl meist sein, daß überhaupt genug Geld da ist, egal von woher. Es könnte also auch [[Schenkungsgeld]] sein. Die Haushalte in gewissen Hinsichten als Organe oder Zellen des [[Geistesleben]]s anzusehen, liegt ohnehin nahe.
{{LZ|Habermas glaubt, dass das Gehirn durch den objektiven Geist programmiert wird,
im Sinne einer »[[wikipedia:Mentale Verursachung|mentalen Verursachung]]«. Allerdings dürfen wir
dabei nicht von einem individuellen Geist im Sinne einer aristotelischen
Substanz, einer für sich bestehenden geistigen Entität
ausgehen, in Wirklichkeit existiert Geist »nur dank seiner Verkörperung
in akustisch oder optisch wahrnehmbaren materiellen
Zeichensubstraten, also in beobachtbaren Handlungen und
kommunikativen Äußerungen, in symbolischen Gegenständen
oder Artefakten.«


Objektiver Geist existiert in der Form lebensweltlicher Symbolsysteme.
Wenn man davon ausgeht, daß Zahlungen ''nach'' dem Wirtschaften in die Haushalte hinein eigentlich nur Schenkungsgeld sein können, die Zahlungen ''vor'' dem Wirtschaften jedoch immer [[Kaufgeld]] sind, gäbe es eine interessante Lösungsmöglichkeit für das Problem unterschiedlich großer Famlienhaushalte: Sie könnten zum Teil durch Schenkungsgeld finanziert werden.  
Diese prägen, z.B. auf Wegen des Spracherwerbs, die
Bedeutungssysteme der einzelnen Gehirne und aus dieser Wechselwirkung
bildet sich »subjektiver Geist« bzw. Ich-Bewusstsein
des einzelnen Menschen. Für Habermas ist es nicht eine »Bewusstseinsmonade«, welche das Gehirn programmiert, sondern
»eine in Zeichen materialisierte Schicht von intersubjektiv geteilten,
grammatisch geregelten Sinnzusammenhängen«. Diese geben dem Gehirn auf den Wegen kommunikativer Prozesse bestimmte
Prägungen. Dadurch hat das individuelle Gehirn »Anschluss
an die Programme von Gesellschaft und Kultur.« In dem
so erschlossenen intersubjektiven »Raum der Gründe« strukturiert
und bildet sich im Laufe der Sozialisation das bewusste
Urteilen und Handeln des Individuums und damit das Freiheitsbewusstsein
heraus.


Das Ich ist für Habermas keine Illusion. Aber es geht hervor aus
Alternativ könnten es Zahlungen sein, die aus der Ersparnis durch das Marktmanagement kommen. Denn diese Ersparnis ist nicht dem Wirtschaften in den Betrieben zuzurechnen, wie oben dargestellt. Im Unterschied zu den Schenkungsgeldern, die von den Betrieben erwirtschaftet werden, hätte man einen Teil der Haushaltseinkommen aus einer anderen "Wertquelle" zu bewerkstelligen, die jedoch ziffernmäßig in der Buchrechnung so nicht auftaucht. Es ist in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung so, als hätten die Betriebe selbst das erwirtschaftet, was aus der Ersparnis des Marktmanagements kommt. Aus dieser Wertquelle könnten die Gelder geschöpft werden, um einen Teil der Haushaltseinkommen zu finanzieren. Denn da es ein Kreislauf ist, könnte man das Marktmanagement auch als eine Verlängerung der Haushalte ansehen. Man würde die Haushaltsdimension das komplette Marktgeschehen umfassen lassen, und die Wertaustauschgrenze direkt an die Betriebe (Waren ab Werk, wie man es nennt), heranschieben. (In solcher Sichtweise hätte man eine metamorphosierte [[Selbstversorgung]] der Haushalte, die aber durch ihre Integration in die Volkswirtschaft als Marktmanagement unschädlich gemacht ist.)
einer Wechselwirkung zwischen sozialen Zeichensystemen und
individuellem Gehirn: »Im Ichbewusstsein reflektiert sich gleichsam
der Anschluss des individuellen Gehirns an kulturelle Programme.«


Habermas gelingt es in seiner Rede einmal mehr, anhand einer
Dann hätte man eine Art Anspruch für die Haushalte auf die Gelder begründet, und diese müßten nicht um Schenkungsgelder bitten.
zentralen anthropologischen Fragestellung, Grenzen einseitig vergegenständlichender
Begriffsbildung deutlich zu machen. Seine
Gedanken gehören für mich mit Abstand zu dem Besten, was über
Perspektiven der Neurobiologie zu lesen ist. Deutlich wird: der
Mensch verliert sich selbst aus dem Auge, wenn er dem Gehirn
einfach die grammatische Rolle zuschreibt, die bisher das »Ich«
innehatte. Das Ich-Bewusstsein, das sich im lebensweltlichen
»Raum der Gründe« konstituiert, ist für Habermas nicht ohne
weiteres hintergehbar. Überzeugend weist er nach, dass die Frage
nach der menschlichen Freiheit aus einer naturalistisch-objektbezogenen
Perspektive allein nicht beantwortet werden kann.


Er geht so weit, eine Prägung des Gehirns durch den objektiven
Sowohl diese als auch die Lösung via Schenkungsgelder würde jedoch an der Grundformel der Urzelle, wie sie Steiner konzipiert hatte, eine Modifikation vornehmen müssen: Es müßte davon abgekommen werden, daß der richtige Preis, der aus der Urzelle entsteht, sich zwingend 1:1 mit dem Bedarf des im Grunde ''beliebig'' großen Haushaltes, der zu einem Leistungserbringer gehört, ändert. Der richtige Preis in der Urzelle würde sich nunmehr ergeben aus dem Bedarf der Haushalte abzüglich des Betrages, den die Haushalte nicht benötigen, da sie von woanders her auch Einkommen beziehen, betriebsfremdes Einkommen.
Geist einzuräumen. Dabei ist zu bedenken, dass objektiver Geist
für Habermas eine kollektive Größe ist, keine individuelle. Ausdrücklich
lehnt er die Existenz individueller Substanzen ab. Iche
existieren für ihn als Momente der Wechselwirkung lebensweltlicher
Kommunikationsprozesse mit einzelnen Gehirnen. Hier liegen
Stärken und Schwächen der Argumentation dicht beieinander.
Habermas vermag wie kaum ein anderer, die gesellschaftlich-soziale Realität der Vernunft zu sehen und zu beschreiben.
Er denkt das Ich-Bewusstsein als Resultat einer Wechselwirkung
von vergesellschafteter Vernunft und Gehirn. Damit riskiert er,
das Ich zum »Epiphänomen« sozialer Verständigungsprozesse
herabzustufen. Deshalb ist auch die von ihm vorgeschlagene
»naturgeschichtliche Einheit« der beiden Erklärungsperspektiven
für das Ich nicht gänzlich einholbar. Ein immanenter Zugang zur
Entstehungsgeschichte dieser Differenz, ein bewusster Weg zu
dem gemeinsamen Ursprung der Natur- und Kulturseite der
Welt, bleibt letztlich ausgeblendet.|Ralf Gleide, Hinter dem Rücken des Subjektes.
Zu einem Essay von Jürgen Habermas über Bewusstsein und Freiheit, Die Drei, 1/2005, S. 47ff. (Bezug auf eine Preisrede (Kyoto-Preis) von Jürgen Habermas, die dem Essay "Um uns als Selbsttäuscher zu entlarven, bedarf es mehr" zugrundeliegt (hieraus die Zitate), abgedruckt in der FAZ Nr.267, 15.11.2004, S.35-36)}}


=== Der Begriff des "freien Geisteslebens" im Kontext des Habermas'schen Lebensweltbegriffs ===
==== Hausarbeit und Erziehungsarbeit ====
{{LZ|Erkennt man jedoch keine andere Wahrheit als wirklich an denn die ''intersubjektive'', aus einem 'kritischen Diskurs' hervorgegangene, kann man auch dem einzelnen Individuum keinen eigenen, d.h. dialogunabhängigen Zugang zur Wahrheit zuerkennen. Damit negiert man eigentlich die fundamentale Grundlage und das Wesen des ''Geisteslebens'': die selbständige Erkenntnis, Einsicht und Überzeugung des einzelnen. Für die Sozialphilosophie hat dies die folgenreiche Konsequenz, daß auch das Geistesleben ''politisiert wird'', daß es verstanden wird, als ob es rechtlich-politisches Leben sei und dadurch in seiner Eigenart verkannt wird.
Ist die Haus- und Erziehungsarbeit in ihrem Lebensunterhalt abhängig von dem Einkommen eines "Haushaltsvorstands", der auswärts in einem Betrieb arbeitet und ''deshalb'' ein Einkommen für sich und für "die Seinen", seine "abhängigen", seinem oder ihrem Familien"anhang" erhält, so kann diese Abhängigkeit der Haushaltsmitglieder von dem- oder derjenigen, dem oder der das Einkommen auf das Konto gezahlt wird, auch manche weniger schöne Züge aufweisen.


Von Habermas' Standpunkt aus kann so die Meinung und Überzeugung des einzelnen letztlich nicht als Erkenntnis einer autonomen Individualität verstanden werden, sondern stellt sich als ''selbst'' aus einem gesellschaftlichen Prozeß hervorgegangen dar. Denn obwohl er, wie wir bereits unterstrichen haben, die Unabhängigkeit des 'Privatbereichs' im Verhältnis zur politischen Sphäre betont, sieht er den 'Privatbereich' als basierend auf ''inter''subjektivem - und damit typisch politischem - Dialog. (...) Damit überträgt Habermas die Prinzipien des politischen Lebens (tendenziell) auf das ''ganze'' Gesellschaftsleben: Dialog, Diskurs und Konsensus werden als Grundprinzipien der Gesellschaftsordnung generell angesehen.|Hegge, S. 187f.}}
== Siehe auch ==
 
[[Preisbildung]]
Zweierlei wird von Hjalmar Hegge behauptet. Einmal sei ein freies Geistesleben als eine besondere Sphäre der Gesellschaft nur unter Voraussetzung individueller Erkenntnisfähigkeit möglich. Und zweitens sei ein dialogischer intersubjektiver Prozeß der Erkenntnis politischer Art und gehöre daher ins politische Leben, d.h. in die entsprechende Gesellschaftsphäre. Es liege daher in der Konzeption von Jürgen Habermas, zumindest tendenziell, eine Politisierung des freien Geisteslebens, bzw. eine Auffassung desselben als politisch vor.
 
Aber ist nicht z.B. das Erziehungswesen ein eminent dialgisches und intersubjektives? Kann denn ein Kind für sich allein eine autonome Erkenntnisfähigkeit erlangen ohne den sprachlichen Austausch mit seiner menschlichen Umgebung, den Eltern, Lehrern usw.? Und ist nicht das autonome Erkenntnisvermögen auch bei Erwachsenen intern ein dialogisches? Der Erkennende, auch wenn er allein denkt, spricht mit sich selbst. Dieses Mit-sich-selbst-sprechen hat nach Habermas immer zumindest einen "virtuellen" Gesprächspartner, es ist eine innere Verdoppelung in einem fiktiven Dialog. Die These Hegges würde auch implizieren, daß Denken ohne Sprache bzw. sprechen ablaufen könne. Auch wenn Denken ohne Sprache möglich sein sollte, kann man denn die Sprachfreiheit des Denkens zur Voraussetzung eines "freien Geisteslebens" machen? Zumindest für die durchschnittliche Alltagspraxis muß doch angenommen werden, daß das Denken der Individuen durch Sprache geleitet ist. Denken und inneres Sprechen sind dabei praktisch dasselbe. Sprechen aber ist an sich seinem Wesen nach Ansprechen, ein Gegenüber, einen anderen Menschen ansprechen. In der Sprache und im Sprechen liegt die gegenseitige Anerkennung der Menschen als Menschen begründet. So strittig solche erkenntistheoretischen oder sprachphilosophischen Annahmen sein mögen, inwiefern soll das alles Politik sein, nur weil Dialog, Diskurs und die Suche nach Konsens eine große Bedeutung haben?
 
Auch wenn man zugestehen wollte, daß das politische Denken und handeln seinen Ursprung in der Lebenswelt resp. dem Geistesleben hat: Ist es darum schon gleich in seinem Enspringen der Rechtsphäre der Gesellschaft zuzuordnen? Muß nicht, damit etwas "tendenziell" Politisches (Hegge spricht von der Tendenz zum Politischen) auch wirklich ins Rechtsleben, in die eigentliche Politik einzuordnen ist, noch weiteres gegeben sein?
 
Aber Hjalmar Hegge spricht indirekt auch die Frage der Grenzziehung an, wie denn das freie Geistesleben von dem Rechts- oder politischen Leben geschieden sei. Soll dies an dem Unterschied zwischen autonomer subjektiver Erkenntnis und intersubjekivem Erkenntnisprozeß ausgemacht sein? Das ist nicht möglich anzunehmen, denn das freie Geistesleben ist ein Teil von ''Gesellschaft''. Zwar sind gemäß der anthroposophischen Auffassung Erkennen und Kreativität individelle Vermögen des einzelnen. Im freien Geistesleben geht es aber nicht nur um solche Fähigkeiten der Einzelnen. Es geht auch und gerade besonders um Dialog und Diskurs, um den ''Austausch'' von meinetwegen einsam gewonnener Intuitionen. Ist denn das Kunstwerk des Malers eines, wenn es niemand, kein anderer Mensch anschaut? Welchen Wert haben für das freie Geistesleben Gedanken, wenn sie nicht von anderen gehört werden, nicht nur vom Hervorbringer?


Das mittlere Glied des sozialen Organismus: Das Rechtsleben, bzw. das politische Leben oder das Staatliche, kann hier kein Thema sein. Die Abgrenzung zum freien Geistesleben muß jedoch erörtert werden. Sie ist nur scheinbar eine klare. Schlagwörter wie Freiheit vs. Gleicheit verdecken mehr, als daß sie die Abgrenzung deutlich sichtbar machen. Ein Problem dabei ist, daß Rechtsleben, Politik und Staat im Konzept der sozialen Dreigliederung in gewissen Hinsichten das gleiche sein sollen, sich aber doch auch unterscheiden. Im Zentrum steht jedoch das Rechtliche. Auch von daher ist die Argumentation Hegges fragwürdig. "Politik" läßt sich dem Prinzip der Gleichheit nicht ohne weiteres zuordnen. Auch der Staat als Verwaltung eines Territoriums läßt sich schwierig mit dem Gleichheitsprinzip in Verbindung bringen. Der Rechtsstaat ist zudem ein ''modernes'' Staatswesen. Im Sinne der Dreigliederung ist der Staat reiner Rechtsstaat, wenn sich die drei Glieder in richtiger Weise getrennt haben. Die Frage ist daher, ob nicht das Politische den mittleren Bereich besonders charakterisiert, wenn die drei Glieder nicht ordentlich getrennt und in richtiger Beziehung stehen. So gibt es denn auch Wirtschaftspolitik und Kulturpolitik. Der reine Rechtsstaat beschränkt sich auf das Rechtsleben, und ist unpolitisch. Politk trägt das Wollen von Individuen und Gruppen in den Staat hinein: Er soll die Gesetze entsprechend diesem Wollen gestalten. Von daher ist es nachvollziehbar, daß politische Intentionen auch aus dem Geistesleben heraus kommen. Auch die Wirtschaft betätigt sich politisch, will sie Einfluß nehmen auf die Rechtsordnung.
[[Assoziation (Wirtschaft)]]


== Nachweise, Anmerkungen ==
== Nachweise, Anmerkungen ==
<references />
<references/>
 
== Literatur ==
== Siehe auch ==
#Rudolf Steiner: ''Betriebsräte und Sozialisierung'', [[GA 331]] (1989), ISBN 3-7274-3310-8 {{Vorträge|331}}
*[[Kultur]]
#Rudolf Steiner: ''Gedankenfreiheit und soziale Kräfte'', [[GA 333]] (1985), ISBN 3-7274-3330-2 {{Vorträge|333}}
*[[Lebenswelt]]
#Rudolf Steiner: ''Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis. Band I: Frage- und Studienabende des Bundes für Dreigliederung des sozialen Organismus in Stuttgart'', [[GA 337a]] (1999), ISBN 3-7274-3371-X {{Vorträge|337a}}
*[[Zivilgesellschaft]]
#Walter Kugler u.a.: ''Alle Macht den Räten? Rudolf Steiner und die Betriebsrätebewegung 1919. Vorträge, Berichte, Dokumente'', Zusammengestellt und kommentiert von Walter Kugler, Rudolf-Steiner-Nachlaßverwaltung, [[Beiträge]] zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe Nr. 103, 1989, [http://fvn-archiv.net/PDF/Beitraege/BE-103-1989.pdf pdf]
 
#Wolfgang Latrille: ''Assoziative Wirtschaft. Ein Weg zur sozialen Neugestaltung.'' Die pragmatischen Aspekte der sozialen Dreigliederung. Stuttgart 1985
==Literatur==
*Rudolf Steiner: ''Die Kernpunkte der Sozialen Frage'', [[GA 23]] (1976) {{Schriften|023}}
*[[Nicanor Perlas|Perlas, Nicanor]]: ''Die Globalisierung gestalten. Zivilgesellschaft, Kulturkraft und Dreigliederung'', mit einem Vorwort von Ernst Ulrich von Weizsäcker, Info3-Verlag, 2000, ISBN 3924391262, [http://www.dreigliederung.de/nicanorperlas/ Inhaltsangabe und Rezension]
*[[Karl Heyer|Heyer, Karl]]: ''Freies Geistesleben (I)'', in: Beiträge zur Dreigliederung, Anthroposophie und Kunst, Nr. 40/41 (Sommer 1994), S. 7 - 13, [http://www.agraffenverlag.ch/wp-content/uploads/2015/03/Beitr%C3%A4ge-zur-Dreigliederung-Anthroposophie-und-Kunst-Heft-Nr.-40-41-%C2%A9-Lohengrin-Verlag.pdf PDF]
*[[Karl Heyer|Heyer, Karl]]: ''Freies Geistesleben (II)'', in: Beiträge zur Dreigliederung, Anthroposophie und Kunst, Nr. 42 (Winter 1994/95), S. 9 - 22, [http://www.agraffenverlag.ch/wp-content/uploads/2015/03/Beitr%C3%A4ge-zur-Dreigliederung-Anthroposophie-und-Kunst-Heft-Nr.-42-%C2%A9-Lohengrin-Verlag.pdf PDF]
*[[Christoph Strawe|Strawe, Christoph]]: ''Freiheit: Gestaltungsprinzip des geistig-kulturellen Lebens'', I. Teil: Zur Begriffsbestimmung des Geisteslebens (Rundbr. 3/03), II. Teil: Freiheit und Selbstverwaltung (Rundbr. 4/03), 2003 [http://www.sozialimpulse.de/fileadmin/sozialimpulse/pdf/Freiheit_Kulturleben.pdf Teil 1 PDF] [http://www.sozialimpulse.de/fileadmin/sozialimpulse/pdf/Freiheit_Selbstverwaltung.pdf Teil 2 PDF]
*Brunner, Thomas: ''Der Begriff "Zivilgesellschaft" und Rudolf Steiners Begriff "freies Geistesleben"'', 2001, [http://www.dreigliederung.de/essays/2001-06-002.html Text]
*Bracher, Andreas: ''Was hat die Dreigliederung Markt / Staat / "Bürgergesellschaft" mit der Dreigliederung im Sinne Steiners zu tun?'', 1999, [http://www.dreigliederung.de/essays/1999-12-001.html Text]
*Thomas Meyer: ''Dreigliederung und Civil Society. Ist die Civil Society die Verwirklichung des freien Geisteslebens? Überlegungen zu Thesen von Nicanor Perlas'', 1999, [http://www.dreigliederung.de/essays/1999-12-002.html Text]
*Harrie Salman, Christoph Strawe, Nicanor Perlas, Wilhelm Neurohr u.a.: ''Trisektorale Partnerschaft, Zivilgesellschaft und Dreigliederung'', Rundbrief Dreigliederung Nr. 1 / 2001, [http://www.sozialimpulse.de/fileadmin/sozialimpulse/pdf/Trisektorale_Partnerschaft_Zivilgesellschaft_und_Dreigliederung.pdf PDF]
*Kafi, Bijan: ''Anthroposophie und Zivilgesellschaft'', in: Die Drei, 5/2011, [http://www.steinerforschungstage.net/wp-content/uploads/2011/11/06-Kafi-Zivilgesellschaft.pdf PDF]
 
=== Weitere Literatur ===
*[https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/100199 Stephanie Klein: Lebenswelt - Artikel im Lexikon www.bibelwissenschaft] (''Gut verständliche Erläuterung, die allerdings den transzendentalen Aspekt bei Husserl außen vor läßt. Kleins Erläuterung des Habermas'schen Lebensweltbegriffs läßt verstehen, wie Lebenswelt als der Kulturbereich (im Sinne umfassender Kultur) begriffen werden kann, aus dem sich Systeme wie Politik und Wirtschaft ausdifferenziert haben'')
* [[wikipedia:Klaus Held|Klaus Held]]: ''Husserls neue Einführung in die Philosophie: Der Begriff der Lebenswelt'', in: Carl Friedrich Gethmann (Hg.), Lebenswelt und Wissenschaft. Studien zum Verhältnis von Phänomenologie und Wissenschaftstheorie. Bonn [Bouvier Verlag] 1991, S. 79-113, ISBN 3-416-01995-4
*Sebatian Luft: ''Faktizität und Geschichtlichkeit als Konstituentien der Lebenswelt in Husserls Spätphilosophie'', in: Phänomenologische Forschungen 2005, Felix Meiner Verlag 2005, ISSN 0342-8117 {{VT16|http://academic.mu.edu/phil/lufts/documents/Faktizitaet_Geschichtlichkeit.pdf}}
 
=== Zitierte Literatur ===
* Gerhard Preyer / Georg Peter / Alexander Ulfig (Hrsg.): ''Protosoziologie im Kontext. »Lebenswelt« und »System« in Philosophie und Soziologie'', Königshausen u. Neumann 1996, , ISBN 3826012488, [http://www.protosociology.de/Download/pik-e.pdf Inhaltsangabe], Online-Ausgabe Humanities-Online 2000: [https://ssl.humanities-online.de/download/Preyer_PIK_ccl.pdf PDF] (Alternative Bezugsquelle: [https://core.ac.uk/download/pdf/14500908.pdf])
*Jean L. Cohen and [[wikipedia:Andrew Arato|Andrew Arato]]: ''Civil Society and Political Theoriy'', (Studies in contemporary German social thought), The MIT Press, Cambridge, Massachusetts, and London, England, 1994 (1992), ISBN 0-262-53121-6 (P), [https://books.google.de/books?id=gPvk-eE7t0IC&pg=PR5&lpg=PP1&focus=viewport&hl=de Inhaltsverzeichnis (google-view)]


== Weblinks ==
{{GA}}
*[http://www.nzz.ch/meinung/debatte/die-tyrannei-der-kreativitaet-1.18695374 Jeder Mensch ein Künstler? Die Tyrannei der Kreativität (nzz online 2016)]
[[Kategorie:Wirtschaft]][[Kategorie:Arbeit]][[Kategorie:Soziales Leben]][[Kategorie:Geld]]
*[http://www.zeit.de/2009/51/Habermas-Tomasello Jürgen Habermas: Es beginnt mit dem Zeigefinger. Der Verhaltensforscher Michael Tomasello hat ein bahnbrechendes Buch über »Die Ursprünge der menschlichen Kommunikation« geschrieben (Rezension, Die Zeit, 10. Dezember 2009)]
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Version vom 6. Januar 2016, 12:34 Uhr

Die Urzelle des Wirtschaftslebens spricht sich nach Rudolf Steiner dadurch aus, dass jeder Mensch im Wirtschaftsleben in der Lage sein muss, für dasjenige, was er hervorbringt, so viel einzutauschen, dass er von dem Eingetauschten seine Bedürfnisse befriedigen kann, bis er ein gleiches Produkt wie das hervorgebrachte wieder hervorbringen kann. Daraus ergibt sich der in einer assoziativen Wirtsschaft festzulegende Preis für das Produkt. Eingerechnet muss dabei auch alles dasjenige werden, was abgegeben werden muss für jene, die nicht unmittelbar in der Gegenwart wirtschaftlich produktiv tätig sein können, z.B. für die Kinder und ihre Erziehung, für die Alten, Armen und Kranken usw.

Die Urzelle der assoziativen Wirtschaft

" . . . In das Wirtschaftsleben hat sich hineingeschlichen dadurch gerade, daß der moderne Kapitalismus mit seiner Sehnsucht nach der Rente, der Konkurrenz des Kapitals, das Auf-den-Markt-werfen und Regeln nach Angehot und Nachfrage - es hat sich in dieses Wirtschaftsleben hineingeschlichen eine Verwaltungsart eben durch den Kapitalismus, die durch die Natur des Wirtschaftslebens nicht notwendig in diesem Wirtschaftsleben stehen muß. Denn was braucht man in diesem Wirtschaftsleben? Man braucht den Boden mit seiner Möglichkeit, Produkte für den Menschen hervorzubringen; man braucht im industriellen Wirtschaftsleben die Produktionsmittel; man braucht den Arbeiter an den Produktionsmitteln, den Handarbeiter auf der einen Seite, den geistigen Arbeiter auf der anderen Seite. Einzelne Menschen haben immer eingesehen, daß ein Wirtschaftsleben in sich vollendet ist, welches hat den Boden, welches hat den physischen und den geistigen Arbeiter. Deshalb haben stärkere Denker des Wirtschaftslebens, einer sogar, der in der Lage war, ein preußischer Minister zu werden, das Wort ausgesprochen: «Das Kapital ist das fünfte Rad am Wagen des Wirtschaftslebens.» Man kann sich nicht wegdenken aus dem Wirtschaftsleben den geistigen Verwalter der Produktionsmittel und des Bodens, man kann sich nicht wegdenken den physischen Arbeiter, man kann sich wegdenken, ohne daß die Wirtschaft gestört wird, das Wirken des Kapitals. Daß das eine volkswirtschaftliche Wahrheit ist, das empfindet der heutige Proletarier; er empfindet es durch das, was ihm das Wirtschaftsleben an Leib und Seele bringt. Was ist in einem Wirtschaftsleben drinnen, in dem wirklich nur dasjenige herrscht, was ich eben angeführt habe? Arbeit, geistige und physische und dasjenige, was die Produktionsmittel und der Boden liefern. Die Leistung entsteht, die notwendig macht im menschlichen Leben Gegenleistung, und es entsteht das Urgebilde des Wirtschaftslebens. Dieses Urgebilde des Wirtschaftslebens heute reinlich herauszuarbeiten, das ist vonnöten, damit soziale Erkenntnis möglich werde. Tritt der Mensch ein in das Wirtschaftsleben - er muß produzieren für sich und für die anderen Menschen. Das ist der Maßstab, daß er in seinen Leistungen sich und die anderen Menschen wirtschaftlich halten kann. Das ist die große Frage, so einfach sie klingt, für alles Wirtschaftsleben. Die große Frage für alles Wirtschaftsleben ist diese: Ich muß imstande sein, innerhalb des Wirtschaftslebens, welcher Art der Hervorbringung ich mich auch hingebe: - ich muß imstande sein, für dasjenige, was ich hervorbringe, so viel einzutauschen aus der übrigen Wirtschaft heraus, daß ich meine Bedürfnisse des Lebens aus dem Eingetauschten befriedigen kann, bis ich imstande bin, eine gleiche Produktion wie das Hervorgebrachte wieder hervorzubringen. Eingerechnet muß werden in dasjenige, was da in Betracht kommt, ich möchte sagen, als das Atom des Wirtschaftslebens, als das Urelement des Wirtschaftslebens, - eingerechnet muß werden alles dasjenige, was ich abgeben muß für die, welche nicht unmittelbar in der Gegenwart produktiv tätig sein können; eingerechnet muß werden alles dasjenige, was für die Kinder, für ihre Erziehung usw. notwendig ist; eingerechnet muß werden die Quote, die ich für Arme, Kranke, Witwen, als Altersunterstützung zu geben habe. Das alles ist einzurechnen in diese Urzelle des Wirtschaftslebens, die sich eben dadurch ausspricht, daß jeder Mensch im Wirtschaftsleben in die Lage kommen muß, für dasjenige, was er hervorbringt, so viel einzutauschen, daß er von dem Eingetauschten seine Bedürfnisse befriedigen kann, bis er ein gleiches Produkt wie das hervorgebrachte wieder hervorbringt. Man sieht es aber dieser Urzelle des Wirtschaftslebens an, daß sie nur geregelt werden kann, wenn sie in dem Kreislauf des Wirtschaftslebens nichts anderes drinnen hat, als die Leistungen selber; wenn man nichts anderes im Kreislauf des Wirtschaftslebens hat als dasjenige, was der einzelne arbeitet als seine Leistung, und was die anderen mit ihm als ihre Leistungen eintauschen können. Innerhalb dieses Kreislaufes des Wirtschaftslebens hat nicht Ort und Stelle all dasjenige, was man nennen kann «Kapital»; das dringt nur ein, um dieses Wirtschaftsleben zu stören und diesen Wirtschaftsprozeß zu verunreinigen. Der Wirtschaftsprozeß wird nur reinlich, wenn in ihm der durch das Leben aus seiner Urzelle des Wirtschaftslebens heraus gebotene Wertausgleich der Güter stattfinden kann..." (Aus einem Vortrag von Rudolf Steiner, Tübingen, 2. Juni 1919, zitiert nach Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Beiträge 103, S. 18f)

Aus dem Prinzip dieser Urzelle, wie sie Rudolf Steiner hier charakterisiert, ergibt sich keine Einkommensdifferenzierung wegen unterschiedlicher Leistungen aufgrund von Befähigung. Eine bessere Bezahlung eines besonders fähigen Mitarbeiters würde zu privater Kapitalbildung in der Hand dieses Mitarbeiters führen, wenn er es nicht einfach nur verschwendet für Luxusreisen usw. Er erhielte mehr für seine Arbeit, als er benötigt. Diese Kapitalweggabe aufgrund der Überbezahlung bedeutete auf der anderen Seite aber eine Verteuerung der Ware. Solche Kapitalbildung ginge daher zu Lasten der Gemeinschaft, und hat im eigentlichen Wirtschaftsprozeß aus der Urzelle heraus nichts zu suchen. Man staunt daher, daß z.B. Wolfgang Latrille eine Einkommensdifferenzierung von bis zu 1:10 vorschlägt[1]. Man kann solche Vorschläge nur als einen Rückfall in die Entgeltungsvorstellung bezeichnen, nach der ein Mitarbeiter danach bezahlt wird, was er dem Unternehmen wert ist, insofern seine Fähigkeiten knapp sind. Um einen fähigen Mitarbeiter nicht zu verlieren, zahlt man ihm mehr, als er für seinen Bedarf benötigt: Dadurch verteuern sich die Waren, die das Unternehmen anbietet, und auf der anderen Seite wird das Bankkonto des fähigen Mitarbeiters fetter: Das ist ein Vorgang, der zu falschen Preisen führt und das Wirtschaftsleben wenn nicht schädigt, so doch belastet.

„Dasjenige, was man heute ein Existenzminimum nennt, das ist noch immer auf das Lohnverhältnis hin gedacht. Diese Art des Denkens, die wird beim selbständigen Wirtschaftsleben nicht in derselben Weise stattfinden können. Da wird die Frage reinlich aus dem Wirtschaftsleben heraus gestellt werden müssen. Diese Frage wird sich dann so stellen, daß der Mensch, indem er irgendeine Leistung vollbringt, indem er irgend etwas hervorbringt, für diese Leistung so viel an anderen Menschheitsleistungen durch Austausch wird zu bekommen haben, als er nötig hat, um seine Bedürfnisse und die Bedürfnisse derjenigen, die zu ihm gehören, zu befriedigen, bis er ein neues, gleichartiges Produkt hervorgebracht hat. Dabei muß nur in Anrechnung kommen all das, was der Mensch für seine Familie an Arbeit und dergleichen zu leisten hat. Dann wird man eine gewisse, ich möchte sagen Urzelle des Wirtschaftslebens finden. Und dasjenige, was diese Urzelle des Wirtschaftslebens zu dem machen wird, was eben den Menschen seine Bedürfnisse wird befriedigen lassen, bis er ein gleichartiges, neues Produkt hervorbringt, das gilt für alle Zweige des geistigen und materiellen Lebens. Das wird so zu ordnen sein, daß die Assoziationen, die Koalitionen, die Genossenschaften von der Art, wie ich sie vorhin dargestellt habe, zu sorgen haben werden, daß diese Urzelle des Wirtschaftslebens bestehen kann. Das heißt, daß ein jegliches Produkt im Vergleich mit anderen Produkten denjenigen Wert hat, der gleichkommt den anderen Produkten, die man braucht zu Befriedigung der Bedürfnisse bis zur Herstellung eines neuen, gleichartigen Produkts. Daß diese Urzelle des Wirtschaftslebens heute noch nicht besteht, das beruht eben darauf, daß im Angebot und Nachfrage des heutigen Marktes zusammenfließen Arbeit, Ware und Recht und daß diese drei Gebiete in der Zukunft getrennt werden müssen im dreigeteilten, gesunden sozialen Organismus.“ (Lit.:GA 337a, S. 82f)

„Und gleichsam die Urzelle dieses Wirtschaftslebens, das nur auf Sachkenntnis und Fachtüchtigkeit gegründet sein soll, die Preisbildung, wie wird sie sich vollziehen müssen? Nicht durch den Zufall des sogenannten freien Marktes, wie es bisher in der Volkswirtschaft und in der Weltwirtschaft der Fall war! So wird sie sich vollziehen müssen, daß auf dem Boden von Assoziationen, die sachgemäß zwischen den einzelnen Produktionszweigen und den Konsumgenossenschaften entstehen, durch Menschen, die sachkundig und fachtüchtig aus diesen Genossenschaften hervorgehen, organisch das erreicht werde, vernünftig erreicht werde, was heute krisenhaft der Zufall des Marktes hervorbringt. Es wird in der Zukunft, wenn die Feststellung von Art und Charakter der menschlichen Arbeitskraft in den Rechtsstaat fällt, ungefähr innerhalb des Wirtschaftslebens sich zutragen müssen, daß der Mensch für irgend etwas, was er arbeitend vollbringt, so viel an Austauschwerten erhält, daß er seine Bedürfnisse dadurch befriedigen kann, bis er ein gleiches Produkt wieder hervorgebracht hat.“ (Lit.:GA 333, S. 85f)

„Sehen Sie, bei der heutigen Struktur der Gesellschaft läßt sich eigentlich gar nicht anders produzieren als im Hinblick auf den Profit. Das Prinzip, zu produzieren, um zu konsumieren, das muß erst geschaffen werden! Und von diesem Prinzip wird wiederum abhängen, ob in einer entsprechenden Weise Wege für eine Güterverteilung gefunden werden können. Es wird viel davon abhängen, daß man über einen großen Bereich hin, ich möchte sagen, eine wirtschaftliche Urzelle findet. Diese wirtschaftliche Urzelle - ich möchte wenigstens mit ein paar Worten kurz von ihr sprechen -, worin besteht sie denn? Geht man nicht vom Produzieren, sondern vom Konsumieren, von der Befriedigung der Bedürfnisse aus, so handelt es sich darum, daß wir erst zu einem praktikablen Ergebnis dessen kommen müssen, was im Sinne der Bedürfnisbefriedigung zu einer sachgemäßen Preisbildung führt. Das geschieht nämlich heute in anarchisch- chaotischer Weise durch Angebot und Nachfrage, und da steckt viel drinnen von der Unmöglichkeit, heute überhaupt zu etwas zu kommen. Mit der Formel von Angebot und Nachfrage wird man nicht zu dem Ziel kommen, zu produzieren, um zu konsumieren. Nicht wahr, um zu dem Ziel zu gelangen, ist es notwendig, daß das, was ich produziere, im Vergleich zu anderen Gütern so viel wert sein muß, daß ich dafür eintauschen kann, ganz gleich, wie sich der Tausch gestaltet, alle diejenigen Güter, die meine Bedürfnisse befriedigen bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich ein gleiches Produkt wie jetzt hervorgebracht habe. Dabei muß dann alles das mit eingerechnet werden, was man als Beitrag zu leisten hat für diejenigen, die zur Zeit nicht unmittelbar selbst produzieren können, also für Kinder, die erzogen werden müssen, für Arbeitsunfähige und so weiter. Wovon man also ausgehen muß, das ist, sich klar zu werden über diese wirtschaftliche Urzelle. Erst dadurch wird es möglich, auf wirtschaftlichem Boden eine gerechte Preisbildung zu erreichen, so daß man dann in der Zukunft nicht wiederum, wenn man auf der einen Seite mehr verdient, auf der anderen Seite mehr ausgeben muß, weil die Dinge selbstverständlich unter dem Einfluß des Mehrverdienstes teurer werden.“ (Lit.:GA 331, S. 128f)

Die praktischen Erfahrungen mit den Urzellen und den Preisen, die sich bilden, würden dann auch eine Pauschalisierung ermöglichen, was ein Mensch generell durchschnittlich bei gegebenen Wirtschaftsverhältnissen an Einkommen benötigt, um seinen Bedarf zu decken:

„Daß aber ein wirklich auf sich selbst gestelltes Wirtschaftsleben erst recht sorgen kann für Witwen und Waisen und so weiter, das habe ich in meinem Buche «Die Kernpunkte der Sozialen Frage» des breiteren ausgeführt. Ich habe es sogar vorhin schon angedeutet, daß eingerechnet werden muß in die wirtschaftliche Urzelle dasjenige, was ein jeder als Quote beizusteuern hat zu dem, was Witwen und Waisen, überhaupt sonstige nicht arbeitsfähige Menschen - wie in meinem Buche ausgeführt ist, auch für die Kinder, für die ich das Erziehungsrecht in Anspruch nehme -, zu bekommen haben. Der Maßstab dafür wird sich ergeben einfach aus der Lebenshaltung der übrigen Personen. Da man mit der wirtschaftlichen Urzelle einen Maßstab hat für die Lebenshaltung einer Person nach dem bestehenden wirtschaftlichen Gesamtwohlstande, so ist damit zu gleicher Zeit auch die Möglichkeit gegeben, einen Maßstab zu schaffen für das Leben derjenigen, die wirklich nicht arbeiten können.“ (Lit.:GA 337a, S. 91)

Es ist nicht ganz klar, ob Steiner hier mit dem Maßstab der Lebenshaltung "einer" Person, den Bedarf der einen leistungerbringenden Person für sich allein, im Unterschied zum Famlienbedarf verstehen will, oder einen durchschnittlichen Familienbedarf. Sollen die Preise sich nicht aus Angebot und Nachfrage ergeben, sondern entsprechend den Bedarfen sich bilden, wird für die Regelung allerdings dann eine gewisse Pauschalierung notwendig werden, die von Steiner hier angedeutet ist. Es könnte da dann auch unterschiedliche Einkommensstufen oder -klassen geben. Eine unterschiedliche Entlohnung aufgrund unterschiedlicher Befähigung und daher anderem Leistungsausmaß läßt sich daraus jedoch nicht ableiten.

Komponenten von Bedarf, Zeitbedarf, Leistung und Preis

Gemäß dem Konzept der Urzelle hat man zum Verständnis der Entstehung der Preise zunächst diese Urzelle selbst näher zu untersuchen, und nicht etwa z.B. Auswirkungen von Gesamtangebot einer Ware oder nachgefragtem Bedarf. Diese gehören zu den Faktoren, die auf die Urzelle einwirken, und erst über diese Einwirkung einen Einfluß auf den Preis einer Ware haben können.

Genauso hat die Bewertung einer Leistung in ihrer Inanspruchnahme zunächst keine Bedeutung für den Preis, da dieser sich aus Bedarf und Zeitbedarf für die Hervorbringung der Leistung ergibt. Wenn durch die Fähigkeit des Leistungserbringers die benötigte Zeit für die Produktion sich verringert, dann wird dadurch eine Ware nicht teurer, sondern billiger.

Bedarf

Der Bedarf besteht nicht nur in dem, was der Leistungserbringer für seinen Lebensunterhalt benötigt, sondern es gehört dazu auch der Unterhalt der Angehörigen, der abhängigen Familie. Man macht sich die Dimension dieser Preiskomponente nicht richtig klar, wenn man unter Mißachtung des Prinzips der Urzelle z.B. Krankenversicherung auf den Preis fiktiv aufschlägt, gewissermaßen, nachdem er schon der Urzelle entsprungen ist, ihn im Nachherein manipuliert. Der Aufpreis für eine Krankenversicherung kann nur ein Äquivalent sein für dasjenige am Bedarf, was für den Leistungserbringer wegen Krankheitsmöglichkeit veranschlagt werden muß.

Desgleichen entsteht auch die Preiskomponente für die Alterssicherung in der Urzelle selbst, und wird nicht im nachherein aufgeschlagen. In einer unentwickelten Wirtschaft gehören zur Familie auch die Kranken und Alten. Der Leistungserbringer muß für seine Ware einen Preis erhalten, der nicht nur die Kinder, sondern auch die nicht mehr tätigen Großeltern, sowie auch den beschäftigten Auszubildenden, und z.B. einen behinderten Onkel, der mit in der Familie lebt, ernähren kann.

Arbeiten im wirtschaftlichen Sinne (d.h. für familienfremden Bedarf) in solch einer Lebens- bzw. Hausgemeinschaft zwei Personen, dann erhöht sich dadurch selbstverständlich keineswegs der Bedarf für den Lebensunterhalt dieser Familie, abgesehen von den direkt produktionsbezogenen Bedarfen[2]. Wenn die Partnerin eines Schusters Kleider herstellt, und die Familie daher nicht nur Schuhe produziert, sondern Schuhe und Kleider, sind dadurch die Preise für Schuhe und Kleider verbilligt.

Ein differenzierter Bedarf, wie Wolfgang Latrille ihn vorschlägt, macht allerdings dann Sinn, wenn man bedenkt, dass der gebildetere Angestellte andere kulturelle und bildungsmäßige Interessen hat, als der vergleichsweise ungebildete angelernte Arbeiter. Zudem benötigt der qualifizierte Angestellte, über seinen Beruf hinaus auch einen Mehr-Bedarf für die notwendige Fortbildung und die Erlangung beruflicher und allgemeiner Information (z.B. durch Zeitungen und Zeitschriften). [3]

Zeitbedarf

Gemäß diesem Konzept der wirtschaftlichen Urzelle ist der Preis einer Ware umso höher, je mehr Zeit für ihre Produktion benötigt wird. Dafür ist es zunächst unerheblich, ob durch andere Produzenten die Ware billiger produziert werden kann, weil sie weniger Zeit dafür benötigen. Wenn der Schuster für ein paar Schuhe eine Woche benötigt, wird der Preis für diese paar Schuhe dem Bedarf für eine Woche Lebensunterhalt entsprechen müssen. Dabei ist es völlig egal, ob andere Schuster für das betreffende Wirtschaftsgebiet Schuhe gleicher Qualität an einem Tag schaffen können. Wenn man nun meint, ein Preis für die Schuhe, der 1 Woche Lebensunterhalt entspricht, sei zu hoch, worauf könnte sich so ein Urteil gründen?

Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, hat sich aber strikt am Prinzip der Urzelle zu orientieren, und nicht etwa an der Beobachtung, daß die Nachfrage nach preisgünstigen Schuhen höher ist als diejenige nach teuren.

Ein Grund dafür, daß der Schuster eine ganze Woche für ein paar Schuhe benötigt, könnte sein, daß der Schuster in Teilzeit arbeitet. Er arbeitet z.B. nicht wie die anderen Schuster "Vollzeit", angenommen 40 Stunde die Woche, sondern nur ein 1/7 davon, ca. 6 Stunden die Woche.

Fall 1. Die übrigen 6/7 verwendet der Schuster auf ein anderes Produktionsgebiet, er ist nämlich auch Schneider. Als Schneider arbeitet er ca. 34 Stunden die Woche.

Fall 2. Da der Schuster im fortgeschrittenen Alter ist, etwas altersschwach, kann er nicht mehr so schnell arbeiten wie in den besten Jahren. Er braucht die doppelte Zeit wie früher, arbeitet aber weiterhein "Vollzeit".

Fall 3. Da der Schuster im fortgeschrittenen Alter ist, etwas altersschwach, kann er nicht mehr 8 Stunden pro Tag arbeiten, er arbeitet 5 Tage á 4 Stunden, "Teilzeit", aber so schnell wie früher. Das Paar Schuhe ist nach einer Woche fertig wie in Fall 2.

Fall 4. Der Schuster ist jung und arbeitet auch am Wochenende sowie abends, insgesamt 100 Stunden die Woche. Das paar Schuhe ist gleichwohl erst in einer Woche fertig, da der Schuster das Produktionsverfahren während der Produktion der Schuhe optimiert.

Fall 5. Der Schuster benötigt 3,5 Tage für die Produktion der Schuhe. In den übrigen 3,5 Tagen widmet er sich der Aufgabe, das Produktionsverfahren zu optimieren, produziert in dieser halben Woche also keine Schuhe.

Fall 6. Der Schuster arbeitet nicht wie gewöhnlich 40 Stunden die Woche, sondern eine Zeitlang 80 Stunden die Woche, und lagert die zusätzlich produzierten Schuhe. Nach einem Jahr stehen 52 paar Schuhe im Lager. Im folgenden Jahr läßt er die 52 Paar von einem Händler abholen, und widmet sich ausschließlich der Kindererziehung, sowie Renovierung der Privatwohnung und dergleichen.

Fall 7. Wie 6, jedoch ohne private Haushaltsproduktion, und statt dessen 1 Jahr "Sabbatical".

Fall 8. Wie 7, jedoch anstatt 80 Stunden, arbeitet der Schuster nur 40 Stunden, es gibt also keine zusätzlichen 52 Paar, die ein Händler abholen kann. Trotzdem gönnt sich der Schuster ein Jahr sabattical.

Fall 9. Der Schuster hat einen Sohn, der im Betrieb mitarbeitet, der aber, obwohl fleißig, nicht sonderlich befähigt ist, sodaß ein Teil der Schuhe mit Fehlern behaftet sind, die in der Folge zum Schuster zwecks Reparatur zurückgebracht werden.

Leistung

Der oben angegebene Fall 9 ist von besonderem Interesse, weil an ihm deutlich wird, daß der Preis der Schuhe einmal vom Bedarf abhängt (denn durch die Zugehörigkeit des minderbefähigten Sohnes zur Familiengemeinschaft muß der Preis der Schuhe höher sein), als auch von der Leistung, die sich aus angewendeter Fähigkeit ergibt (die Minderleistung des Sohnes führt dazu, daß der Schuster generell seine Schuhe etwas teurer machen muß.)

Man könnte dies auf die Formel bringen, daß Bedarf und Leistung sich gegenseitig aufheben. Je höher die Leistung, desto geringer fällt der Bedarf aus. Nimmt man den Bedarf für den Lebensunterhalt für konstant an, ergibt sich ein Überschuß, wenn die Leistung höher ausfällt. Dies führt zur Bildung von Kapital. Die im Fall 6 aufgelagerten 52 paar Schuhe sind solches Kapital. Im Fall 4 kommt es durch die Verbesserung des Produktionsverfahrens zur Kapitalbildung. Im Fall 5 an sich genauso, jedoch wird es durch entsprechend höheren Bedarf wieder aufgebraucht, was in Fall 4 nicht der Fall ist.

Man kann bei solchen Überschüssen, die das Wort Leistung im eigentlichen Sinne erst verdienen (Überschuß-Leistung = Leistung - Bedarf) noch nicht von der Produktivkraft des Kapitals als solcher sprechen, denn dieses wird zunächst nur erst gebildet. Ist aber das bessere Produktionsverfahren für Schuhe erst einmal etabliert, generiert es dauerhaft (Überschuß-)Leistungen. Dies sind dann Leistungen des Kapitals, und nicht etwa die des Schusters, dessen Leistungen diesbezüglich mit Fertigstellung des Produktionsverfahrens abgeschlossen sind.

Preis

Lohn und Preis im kapitalistischen System

Die Eigentümer eines typischen kapitalistischen Wirtschaftsbetriebes betrachten das Kapital, das aus Überschuß-Leistungen von Mitarbeitern gebildet wird, als ihr Eigentum, und verwenden es mit privater Verfügungsgewalt, soweit keine rechtlichen Einschränkungen gegeben sind. Soweit die Gewinne nicht als Investition im Betrieb bleiben, können sie den Eigentümern als Einkommen zukommen, oder sonstwie verwendet werden (Gründen einer Stiftung, Parteispenden, Förderung der Kunst etc). Auch der Staat bezieht zwangsweise aus solchen Überschüssen Gelder.

Entgegengesteuert wird dem in der etablierten Wirtschaftsordnung durch das Spiel von Angebot und Nachfrage in Verbindung mit dem Konkurrenzkampf. Der Versuch, am Markt zu bestehen, führt (zumindest im Ideal-Modell des vollkommenenen Marktes) dazu, daß die eigenen Produkte möglichst billig abgegeben werden, um die Konkurrenz zu unterbieten.

Durch solche Verbilligung der Waren fließt Kapital an die Konsumenten ab. Auf der anderen Seite fließt Kapital ab durch bessere Bezahlung der Mitarbeiter. Würden diese entsprechend ihrer Leistung bezahlt, entstünde im Unternehmen deswegen keinerlei Kapital. Es wird also im Interesse der Eigentümer, oder gemäß anderen wirtschaftlichen Gesichtspunkten, dem Mitarbeiter nicht die volle Leistung entgolten. Dennoch gilt die Regel, daß je höher die (Überschuß-)Leistung, ein Mitarbeiter umso besser bezahlt wird. Man denkt sich die Arbeit auch als durch Angebot und Nachfrage geregelt, und ein Mitarbeiter hat einen "Preis", nämlich den, den ein anderes Unternehmen bereit wäre zu zahlen, um den Mitarbeiter für sich zu gewinnen.

Aus diesem Konglomerat von Fakten, Werten, Einstellungen und rechtlichen Regelungen ergibt sich die Vorstellung vom Lohn gemäß Leistung, bzw. die Idee der Beteiligung der Mitarbeiter am Überschuß der Leistungen je nach ihrem "Verdienst", und ihre erzwungene Umsetzung. Im Idealmodell der "freien Marktwirtschaft" führt dies zu optimaler Allokation, gerechten, angemessenen Preisen für Waren, und gerechten, angemessenen Einkommen.

Man muß daher die Entlohnung nach Leistung als Bestandteil eines Wirtschaftens innerhalb eines solchen kapitalistischen Systems ansehen, in dem die Preisbildung durch das Spiel von Angebot und Nachfrage auf den Märkten geregelt wird. Im Interesse des eigenen Profits bzw. aus wirtschaftlicher Überlebensnotwendigkeit sucht man Preise und Löhne zu manipulieren, um über den Bedarf hinaus zu konsumieren, um besser dazustehen als die Konkurrenz, oder um für die Zukunft vorzusorgen.

Lohn und Preis gemäß der wirtschaftlichen Urzelle

Einkommen und Warenpreise

In einer assoziativen Wirtschaft gemäß der Dreigliederungsidee des sozialen Organismus gibt es Arbeitslohn im Sinne einer preismäßigen Bezahlung des Einkaufs von Arbeit als Produktionsfaktor nicht mehr. Gegen die Weiterverwendung der Bezeichnung "Lohn" für das Einkommen, das ein am Wirtschaftsleben teilnehmender Produzent, oder auch "Gehalt", erhält, spricht aber nichts, soweit man sich darüber klar ist, daß darunter keine bezahlten Preise zu verstehen sind.

Wenn man an einem "Leistungslohn" festhalten will, dann kann das nur dadurch möglich sein, daß man den über den eigentlichen Bedarf hinausgehenden Betrag als eine Zahlung ansieht, die aus anderen Gründen gezahlt wird, nicht für eine erbrachte Leistung. Man muß sich dann aber darüber im Klaren sein, daß solche Zahlungen dazu führen, daß andernorts weniger Geld da ist.

Genauer ist zu untersuchen, inwieweit solche monetären Rückübertragungen der Leistungsüberschüsse von Mitarbeitern sich auf die Preisbildung auswirken, bzw. wie Verfälschungen der Preise durch solche Kapitalübertragungen vermieden werden können.

Generell ist mit solchen Übertragungen natürlich eine Verteuerung der Waren verbunden. Das ist aber auch sonst der Fall, wenn ein gebildetes Kapital nicht in niedrigere Preise abfließt, und insofern eigentlich unproblematisch. Es besteht jedoch die Besonderheit, daß durch solche höheren Einkommen als der Bedarf die Überschußleistungen von produzierenden Mitarbeitern wieder (teilweise) rückgängig gemacht werden. Es wird dadurch dem jeweiligen Betrieb und allgemein dem Wirtschaftsleben genau dort Kapital entzogen, wo es gebildet wird. Die Produktionsleistung eines Mitarbeiters wird durch seine Bezahlung über den Bedarf des Lebensunterhalts hinaus aus dem Wirtschaftsleben wieder hinausgestoßen.

Auf der anderen Seite hat ein Mitarbeiter, dem ein solches über seinen Bedarf hinausgehendes Einkommen zukommt, einen monetären Kontozuwachs. Dieses Geld ist da dann zunächst einmal nicht wirtschaftendes Kapital, sondern aus dem Wirtschaftsleben herausgefallen. Es wurde dem Betrieb aus Gründen entzogen, die keine wirtschaftlichen sein können.

Man muß daher zunächst ganz allgemein einen gewissen Schaden konstatieren, den die Wirtschaft erleidet (inwieweit dieser Vorgang ein vertretbarer ist, durch einen später eintretenden kompensatorischen Prozeß, hängt dann von der Verwendung des Zahlbetrages durch den Mitarbeiter ab). Aber wie wirkt sich dieser wirtschaftsfremde Zahlvorgang auf die Preisbildung aus?

Man hat gewöhnlich bei solcher Praxis im Unternehmen eine Hierarchie vorliegen, die durchaus auch gewollt sein kann. Je höher die Befähigung eines Mitarbeiters, desto mehr Befugnisse, auch Weisungsbefugnisse, wird man ihm im Betrieb übertragen. Es ist damit ein gewisser Status, eine Reputation usw. verbunden, die sich auch im Gehalt spiegelt. Die Vorstandssekretärin wird besser bezahlt als der Lagerarbeiter an der Rampe. Die Überprüfung, welchen Anteil der einzelne Mitarbeiter am Unternehmenserfolg hat, wird dabei üblicherweise gar nicht erst versucht.

Will man die Preise aus der Urzelle hervorgehen lassen, wäre es aber dann doch genauer zu untersuchen, welchen Leistungsbeitrag der einzelne Mitarbeiter erbringt. Lagerarbeitern will man aber von vornherein gar nicht erst im erörterten Sinne besondere Extrazahlungen zukommen lassen. Diese werden umso mehr gewährt, je höher die Position im Unternehmen ist. Denn nur das kann sich ein Unternehmen leisten. Würden Extrazahlungen auf alle Mitarbeiter ausgedehnt, wie sie an den angeblich besonders befähigten und außerordentliche Leistungen erbringenden Vorstand gezahlt werden, könnte der Betrieb nicht weiter funktionieren.

Wie will man die richtige Höhe solcher wirtschaftsfremden Zahlungen, die man dem Vorstand, Abteilungsleitern usw. gewährt, bestimmen können? Dies ist in keiner Weise möglich, da es nur Zahlungen aus den Überschüssen des Unternehmens sein können, nicht jedoch Zahlungen, die sich aus der Urzelle heraus ergeben. Diese hat gar nicht die Möglichkeit, einen Leistungslohn zu fixieren, sondern kann sich nur danach richten, was ein Mitarbeiter an Bedarf für Lebensunterhalt hat.

In willkürlicher Weise wird einigen Mitarbeitern mehr gezahlt, als sie zum Unterhalt benötigen, und das Geld wird aus dem allgemeinen Gewinn des Unternehmens genommen. Durch solchen Vorgang ist der Betrieb nicht mehr in der Lage, aus seinem Wirtschaften heraus gerechte Preise für seine Waren zu bestimmen. Die Preise müssen nicht nur höher sein, sondern sie sind geradezu willkürlich erhöht, je nach dem, was sich der Vorstand usw. an Extrazahlungen zukommmen lassen zu können meint. Die Preisbildung durch die Urzelle ist auf Betriebsebene in dem gleichen Sinne ausgehebelt oder jedenfalls gestört, wie sie durch einen nicht leistungsbereiten, faulen Mitarbeiter in der Urzelle direkt gestört wird.

Ein Unternehmen, das die beschriebenen Extrazahlungen[4] an Mitarbeiter tätigt, arbeitet nicht ordentlich, genauso wie ein fauler Mitarbeiter nicht ordentlich arbeitet. Solche faulen Wirtschaftsbetriebe müssen in ihrer Minderleistung, die aus den beschriebenen, wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Rückübertragungen resultieren, durch die allgemeine Wirtschaft mitgetragen werden. Es sind Betriebe, die sich erlauben, willkürlich Kapital der Wirtschaft zu entziehen, und nach Gutdünken versuchen, diese Beträge auf die Preise aufzuschlagen.

Da solche Unternehmen, die nicht die Einkommen nach Bedarf herausgeben, ihre Preise willkürlich setzen müssen, können die entsprechenden Preissignale von den Assoziationen, die die Preisverhältnisse zwischen den Waren überwachen und regelnd eingreifen, nicht richtig eingeschätzt werden. Je mehr solcher faulen Unternehmen in einem Wirtschaftsgebiet tätig sind, desto schwieriger wird es für die assoziative Wirtschaft insgesamt, für gerechte Preise zu sorgen[5].

Nun hat allerdings Rudolf Steiner selbst Überlegungen angestellt, die auf eine Orientierung des Einkommens an der erbrachten Leistung (im Sinne des "Wertschöpfungsbeitrags", wie es Strawe formuliert) hinauslaufen könnten (vgl. dazu den genannten Aufsatz von Strawe).

"Durch soziale Einrichtungen, die in der Richtung des hier Dargestellten liegen, wird der Boden geschaffen für ein wirklich freies Vertragsverhältnis zwischen Arbeitleiter und Arbeitleister. Und dieses Verhältnis wird sich beziehen nicht auf einen Tausch von Ware (beziehungsweise Geld) für Arbeitskraft, sondern auf die Festsetzung des Anteiles, den eine jede der beiden Personen hat, welche die Ware gemeinsam zustande bringen." (Lit.: GA 023, S. 99) (Festsetzung des Anteiles kann sich sowohl auf die Bedarfsanteile gemäß Urzelle, als auch auf die Leistungsanteile am gemeinsamen Produkt (Gewinnanteil) beziehen.)

Dies setzt allerdings zunächst einmal voraus, daß die Leistungsanteile, die in einer gemeinsam erbrachten Produktion enthalten sind, auch zugerechnet werden könnten. Aber auch wenn das möglich sein sollte, widerspricht es dem Prinzip der Urzelle, nämlich eine Leistung entsprechend so zu bezahlen, daß sie vom Mitarbeiter erneut erbracht werden kann, d.h. gemäß Deckung seines Bedarfs. Das Einkommen gemäß einem Wertschöpfungsbeitrag zu geben, steht dazu im Widerspruch. Wenn es aber möglich wäre, gemäß Wertschöpfungsbeitrag zu zahlen, würde dies notwendig kompensatorisch zu den höheren Einkommen für Mehrleister, ein geringeres Einkommen für Minderleister bedingen. Die Preise, die das Unternehmen bei einer solchen internen Verteilung für seine Waren festsetzen muß, stimmen dann mit den Preisen, die sich aus der Einkommensgabe nach Bedarf ergeben, überein, worauf auch Strawes Argumentation und die anderer Vertreter einer Leistungskomponente des Einkommens hinausläuft.

Es ist jedoch schwer zu sehen, wie bei Zugrundelegung solcher Wertschöpfungsbeiträge die Preisbildung noch funktionieren soll, da ja die Bestimmung der Wertschöpfung und der jeweiligen Mitarbeiteranteile die Preise, die die richtigen für die Waren sind, schon voraussetzt.

Da kommt wieder die Vorstellung in die Überlegungen hinein, daß ein Unternehmen am Markt einen Gewinn erziele, und das Erträgnis dann an die Mitarbeiter verteilt würde. Das Unternehmen hätte sich also vom Markt die Preise bestimmen lassen (Rückfall in die Angebot/Nachfrage-Steuerung). Man kann dies nur als eine logische Inkonsequenz ansehen, wenn es nicht gar bei näherer Untersuchung dem Prinzip der Urzelle als Preisbildner fundamental widerspricht und damit auch der assoziativen Wirtschaft.

Abgesehen davon, daß gezahlte Leistungseinkommen nicht so recht zur Urzelle passen wollen, sich aus ihr nicht ableiten lassen, was darauf hindeutet, daß es sich um nicht wirtschaftsbedingte Zahlungen handelt, entsprechen sie bzw. der über den Bedarf hinaus wegen Leistung gezahlte Betrag dem von Rudolf Steiner kritisierten Selbstversorgerprinzip, wie sich leicht zeigen ließe, und widersprechen darüber hinaus dem Gebot der Trennung von Arbeit und Einkommen (Soziales Hauptgesetz). Vgl. auch GA 340, S. 98: "Und wir dürfen nicht sagen, dass da unmittelbar im Arbeitsverhältnis ein Mehrwert entstünde." Woraus sich eindeutig ergibt, daß ein Leistungsüberschuß nicht bezahlt werden kann. Man kann da nur in die Richtung überlegen, ob nicht die angestellten Arbeiter in gewissen Hinsichten Mitunternehmer sind, sich selbst gewissermaßen im Betrieb angestellt haben. Ist man der Auffassung, der Unternehmer könne über den Betriebsgewinn als Eigentümer der durch den Betrieb realisierten Werte verfügen, indem er sich die entsprechenden Beträge auf sein privates Konto auszahlen läßt, würden dann Arbeitern als Mitunternehmern ebenso entprechende Gewinnbeträge auf ihr privates Konto transferiert werden können, entsprechend den zustehenden Anteilen am Betriebsgewinn. Man muß solche Zahlungen aus dem Gewinn dann aber strikt unterscheiden von allem, was in der Urzelle an Preisbildung vorgeht und in Bedarfseinkommen resultiert. Und es ist jeder der Wirtschaft entzogene Betriebsgewinn ein Störfaktor für die Preisbildung, was schon implizit angedeutet wurde, andernorts aber noch näher ausgeführt werden wird. Indem man die Mitarbeiter zu Mitunternehmern macht, wird eine schlechte Sache, nämlich Gewinnausschüttung, nicht besser. Noch nicht einmal den guten Aspekt der gerechteren Verteilung kann man darin sehen, da sich ein Maß der gerechten Zuteilung nicht finden lassen wird. Ist ein auszuschüttender Gewinn gegeben, scheint ein gleicher Anteil für jeden Mitarbeiter inkl. dem Unternehmer selbst das einzig moralisch vertretbare zu sein. Das Problem, daß der Gewinn der Wirtschaft entzogen wird und nicht für Investitionen zur Verfügung steht, ist damit nicht gelöst, und dieses läßt sich nur dadurch lösen, daß eben kein Gewinn ausgeschüttet wird, denn es ist nicht möglich, betriebswirtschaftlich eine richtige Höhe zu bestimmen, bzw. sie kann betriebswirtschaftlich nur Null sein</ref>Da in einer assoziativen Wirtschaft die Mitarbeiter von sich aus die ihnen mögliche optimale Leistung erbringen, wären monetäre Leistungsanreize aus betriebswirtschaftlicher Sicht Verschwendung.</ref>. Volkswirtschaftlich darf sie nur Null sein, weil sonst die Waren des Betriebes überteuert sind, es sei denn, sie würde von den Assoziationen gewährt. Den Betrieben nach gewissen Gesichtspunkten gewährte Quoten von ihrem Gewinn zur Auszahlung auf private Konten könnte ein gangbarer Weg sein, solche Ausschüttungen in die Preisbildung zu integrieren, wie ja auch sonst auf die Preise so einiges wird aufgeschlagen werden müssen. Solche wirtschaftsfremden Vorgänge müssen aber insbesondere in ihrer Höhe der Willkür von Betriebseigentümern entzogen bleiben, da Kapital ausschließlich im Interesse des Gemeinwohls zu verwenden ist.

Der Ansatz, die Angestellten zu Mitunternehmern und eventuell auch Miteigentümern zu machen, führt dann weiter in die Richtung, auf die Unterscheidung zwischen Unternehmer und Arbeiter ganz zu verzichten. Dies löste auch das Problem des Wertetausches im Betrieb und die im Grunde unplausible Lösung Steiners für diesen, der Arbeiter verkaufe zwar nicht seine Arbeitskraft, sondern das Produkt derselben an den Unternehmer. Will man die Kritik zurückweisen können, wo denn da praktisch der Unterschied sei, wird es wohl darauf hinaus laufen zuzugestehen, daß es da um eine reichlich fiktive Sache geht, weshalb es auch noch keinem Dreigliederer bisher gelungen ist, diesen fiktiven Wertetausch zu beziffern, ohne Arbeit dann implizit doch wieder zur Ware zu machen.

Die Ursachen dieser Schwierigkeiten liegen wohl in dem eigentumsrechtlichen Unternehmer-Arbeiter-Verhältnis, das Steiner nicht damit aus der Welt geschafft hat, daß er die Umbenennung in Arbeitsleiter und Arbeitsleister vorschlug. Aus diesem rechtlichen Verhältnis quillt der Warencharakter der Arbeit heraus, und das läßt sich nicht mit fiktiven Überlegungen aus der Welt schaffen. Das Unternehmer-Arbeiterverhältnis im eigentumsrechtlichen Sinne wäre abzuschaffen, und daraus ergäbe sich dann der Wegfall des Warencharakters der Arbeit von allein, könnte man als These aufstellen. (Vgl. auch FN 9).

Der Zusammenfall von Unternehmer und Arbeiter in eine Person ist bei den Solo-Unternehmern, d.h. Unternehmern ohne Angestellte, exemplarisch gegeben. Besonders aufschlußreich dürfte der Charakter von Dienstleistungen sein, die, je nachdem, besondere Aspekte des Warencharakters (bzw. des Nichtgegebenseins desselben) von Arbeit bzw. deren Produkten beleuchten. Vgl. auch Freier Mitarbeiter, Subunternehmer und Scheinselbständigkeit.

Da es hier lediglich darum geht, das Nichtzusammenpassen von Leistungseinkommen und Bedarfseinkommen gemäß Urzelle und die Folgen für die Preisbildung zu erörten, kann das Thema Warencharakter der Arbeit hier nicht weiter verfolgt werden. Es ist aber z.B. wohl nicht allzu weit hergeholt, daß, wenn denn tatsächlich der Arbeiter dem Unternehmer sein Arbeitsprodukt verkauft, daß in diesem Arbeitsprodukt auch die Weisungsbefugnis und Befehlsgewalt, also ein Recht, enthalten sein müßte, denn der Arbeitgeber bezahlt den Arbeiter insbesondere auch dafür, ihn kommandieren zu dürfen. In diesem Sich-Kommandierenlassen liegt eine Leistung des Arbeiters. Arbeiter, die sich nicht darauf verstehen, werden entlassen bzw. gar nicht erst eingestellt. Aber wie kann diese Leistung eine Ware sein? Deshalb scheint der Versuch, das Arbeitsverhältnis im Betrieb so darzustellen, daß der Arbeiter sein Produkt verkaufe, nicht tragfähig zu sein, es sei denn, man wollte so etwas wie die Bereitschaft, sich kommandieren zu lassen, als Ware, bzw. Dienstleistung ansehen.

Einkommen und Bedarf

Die Preisbildung in der Urzelle geschieht gemäß der Bedarfe, für die Einkommen gegeben wird. Dadurch, daß für die Bedürfnisse ein Einkommen gegeben wird, können Leistungen erbracht werden. Bei den Überschußleistungen handelt es sich um die eigentliche Wertschöpfung, Kapitalbildung. Diese Leistungen liegen den Preisen zugrunde. Sie können daher nicht umgekehrt durch vorausgesetzte Preise bestimmt werden, wie sie Vertreter eines Leistungslohns annehmen müssen.

Dies gilt auch für die interne Verteilung innerhalb eines Unternehmens. Wenn der Gesamtleistungsbetrag eines Unternehmen nicht via erzielte Preise von außen bestimmt sein soll, dann ist auch die interne Verteilung in keiner Weise durch Leistungsbeiträge bestimmt, sondern ausschließlich durch den von den Mitarbeitern geltend gemachten Bedarf. Einen nicht vorhandenen Kuchen kann man nicht in berechtigte Anteile aufteilen[6]. Eine Einkommensdifferenzierung innerhalb des Unternehmens, die sich nicht an den Bedarfen orientiert ist nur möglich, wenn die Warenpreise bereits gegeben sind. Die Warenpreise sollen sich ja aber gerade erst aus dem ergeben, was die Mitarbeiter an Einkommen benötigen, (um es zu wiederholen, was das Prinzip der wirtschaftlichen Urzelle ausmacht, das von Rudolf Steiner klar definiert ist und an dem es nichts rum zu interpretieren gibt).

Eine Einkommensdifferenzierung nach Leistung ist daher ein sekundäres Spätphänomen, das jedenfalls für die erste Einrichtung einer assozitiven Wirtschaft mit dem Ziel von gerechten Warenpreisen zunächst erstmal gar keine Rolle spielt[7].

Ein anderes, fundamentaleres Problem ist die nähere, konkrete Bestimmung der Bedarfe der Mitarbeiter, da jedenfalls zunächst die Einkommen sich ausschließlich an diesen orientieren müssen, bis überhaupt erstmal Preise für die Waren da sind. Wenn die Preise, die gemäß gegebener Einkommen für Bedarfe genommen werden müssen, zu hoch sind, so ist das zwar eine unangenehme Sache, aber daraus ergibt sich doch nicht, daß sich die Bedarfe ändern, daß ein geringeres Einkommen für die Leistungserbringungen benötigt wird, oder etwa doch? Ändern sich die Bedürfnisse der Mitarbeiter, weil sich die Waren eines Betriebes wegen ihrer hohen Preise nicht oder schlecht verkaufen? Sind die Bedürfnisse variabel, je nach dem, was an Einkommen da ist? Der Lagerarbeiter von der Rampe fügt sich in eine bescheidene Lebenshaltung, während der Vorstandschef sich an einen großzügigen Lebenstil gewöhnt, euphemistisch als Repräsentationsaufwand bemäntelt, zu dem dann auch ein größerer Wagen gehört als derjenige, den der Lagerarbeiter fährt.

Das Problem der gerechten, richtigen Warenpreise wandelt sich in das Problem der Anerkennung geltend gemachter Bedürfnisse der Leistungserbringer. Hier tun sich Abgründe auf, die an dem Prinzip der Urzelle als Preisbildner zweifeln lassen, und es resultiert aus den Schwierigkeiten der Bedarfsbestimmung, bzw. der Schwierigkeit, geltend gemachte Bedarfe auch anzuerkennen (anerkennen zu können), auch die Tendenz, in die Auffassung, daß die Märkte mit dem Spiel von Angebot und Nachfrage letztlich doch die Preise diktieren, zurückzufallen, da sich daraus natürlich ein wohlfeiles Argument gegen scheinbar überzogene Gehaltsforderungen gewinnen läßt. Und was in keiner Weise etwas anderes ist, als an der Auffassung, Arbeit werde als Ware bezahlt, festzuhalten.

Ein nicht unüblicher Versuch, diesen Schwierigkeiten auszuweichen, anstatt sie zu lösen, besteht darin, die Behauptung aufzustellen (und dann entsprechend zu handeln), daß sich die Sachlage in der Tat so darstelle, allerdings weil die assoziative Wirtschaft noch nicht (vollständig) realisiert wäre. Man habe sich daher zunächst weiterhin mit dem Preisdiktat der Märkte abzufinden.

Wenn dies so wäre, würde dann aber eine evolutive Entwicklung des heutigen Kapitalismus hin zu einer assoziativen Wirtschaft ausgeschlossen sein, wenn diese sich aus den Urzellen des Wirtschaftslebens, wie dargestellt, aufbauen soll.

Die Polarität von Haushalt und Markt und die Urzelle

An dem Konzept der Urzelle, wie zunächst dargestellt, fällt auf die Außenvorlassung des Marktes und die Einbeziehung des Einkommens für die Familie, für diejenigen, deren Lebensunterhalt von dem Einkommen des Leistungserbringers mit abhängt.

Die Dimension des Familienanhangs, die Veranschlagung des Bedarfes im Grunde für einen ganzen, mehr oder weniger beliebig großen privaten (nicht der eigentlichen Wirtschaft zugehörigen) Haushalt läßt sich nicht runterbrechen auf eine pauschale Gewährung etwa eines Kinderzuschlags oder dergleichen. Die Dimension des Haushalts ist wie die Dimension des Marktes als ein Faktor anzusehen, der auf die Preisbildung in der Urzelle einwirkt. Da sich letztlich ja aber sowohl Haushalt als auch Markt aus der "Ur"zelle erst entwickeln, kann man auch von den beiden Polen Haushalt und Markt der Urzelle sprechen.

Es wäre gemäß solcher Auffassung ganz falsch, einer Bedarfskomponente, wie sie sich in der Urzelle bildet, einen Marktpreis als Korrektiv entgegen zu setzen. Man hat es vielmehr mit einer Polarität zu tun. Sowohl die Haushaltskomponente eines Warenpreises als auch die Marktkomponente bilden sich aus der Urzelle heraus, Haushalt und Markt sind Entwicklungen der Urzelle und wirken auf diese zurück.

Die Dimension des Marktes

"Man produziert immer mehr und mehr darauf los, man gründet Fabriken, man fragt nicht: Wieviel wird gebraucht? - wie es einmal der Fall war, als es Schneider im Dorf gab, die nur dann einen Anzug machten, wenn er bestellt wurde. Da war es der Konsument, der angab, wieviel erzeugt werden soll, jetzt wird für den Markt produziert, die Waren werden zusammengestapelt, soviel als nur möglich. Die Produktion arbeitet ganz nach dem Prinzip, nach dem die Natur schafft. Die Natur wird in die soziale Ordnung hinein fortgesetzt. Das wird zunächst immer mehr überhandnehmen. Aber hier betreten wir das Feld des Materiellen. Im äußeren Leben hat das geistige Gesetz, weil es eben für die geistige Welt gilt, keine Anwendung, und es entsteht etwas sehr Merkwürdiges. Da wir unter uns sind, können wir ja solche Dinge sagen. Die Welt freilich wird uns heute darin kein Verständnis entgegenbringen. Es wird also heute für den Markt ohne Rücksicht auf den Konsum produziert, nicht im Sinne dessen, was in meinem Aufsatz «Geisteswissenschaft und soziale Frage»[8] ausgeführt worden ist, sondern man stapelt in den Lagerhäusern und durch die Geldmärkte alles zusammen, was produziert wird, und dann wartet man, wieviel gekauft wird. Diese Tendenz wird immer größer werden, bis sie sich - wenn ich jetzt das Folgende sagen werde, werden Sie finden, warum - in sich selber vernichten wird. Es entsteht dadurch, daß diese Art von Produktion im sozialen Leben eintritt, im sozialen Zusammenhang der Menschen auf der Erde genau dasselbe, was im Organismus entsteht, wenn so ein Karzinom entsteht." GA 153, S. 174 (1914)

Ein Handel, der Austausch zweier Güter mit ihren Werten, ist noch kein Markt. Ein Minimalmarkt ist erst gegeben, wenn es mindestens zwei Güter auf der einen Seite gibt, gegenüber dem einen Gut auf der anderen Seite bzw. einem Geldbetrag, der für einen bestimmten wirtschaftlichen Wert steht[9]. Es wird gewählt, für welches Gut das Geld gegeben wird, darin besteht das marktmäßige. Weiterhin wird das eine Gut nicht gekauft, es bleibt liegen. Ein großer Markt hat notwendigerweise eine große Menge solcher liegenden Güter, die nicht unmittelbar getauscht werden, sondern darauf warten. Auf der anderen Seite gibt es Geld, das nicht unmittelbar sofort ausgegeben wird. Man hat es also mit einer Aufstauung von Waren zu tun, der Warenfluß vom Produzenten zum Konsumenten ist gestockt.

Gemäß den Prinzipien der assoziativen Wirtschaft werden auf den Märkten die Preise der Waren nicht verhandelt, sondern sie sind bereits mit ihren schon ermittelten Werten gegeben (vorbehaltlich einer von den Assoziationen zu veranlassenden Korrektur). Für einen Geldbetrag wird eine Ware ausgewählt, die andere bleibt liegen. In diesem Liegenbleiben der Waren (bzw. dem Liegenbleiben des Geldes bei gesuchten, fehlenden Waren) muß man den Einfluß der Märkte auf die Preisbildung suchen, nicht in dem Austausch zweier gehandelter Güter. Denn deren Wert ist bereits betragsmäßig gegeben, wird nur jetzt realisiert, und ändert sich keineswegs, z.B. falls der Händler den Käufer übervorteilt.

Gemäß dem gängigen Modell von der Preisbildung durch Angebot und Nachfrage würde die Übervorteilung des Kunden, durch den der Händler einen höheren Preis erzielt als gerechtfertigt ist, tendentiell zu einer generellen Preiserhöhung der entsprechenden Ware führen. Umgekehrt führt eine unangemessene Vergünstigung, um einen konkurrierenden Händler auszustechen, tendentiell zu einer generellen Preissenkung. Eine solche Betrachtungsweise der Preisbildung ist in einer assoziativen Wirtschaft nicht möglich.

"In der primitiven Wirtschaft ist die Dorfwirtschaft die einzige Wirtschaftsform. Dann geht es über zu den Märkten. Diese Benennungen sind volkswirtschaftlich viel richtiger, als man denkt. Solange der Markt da ist und Dörfer darum herum, so lange bedeutet der Markt, auch wenn er unter dem Prinzip von Angebot und Nachfrage steht, etwas wirtschaftlich viel weniger Schädliches - wenn nicht eben Halunken da sind, was eine persönliche Sache ist -, als wenn die Stadtwirtschaft dazukommt. Durch diese wird das gesamte Verhältnis zwischen Produzenten und Konsumenten radikal geändert. Dann haben wir nicht mehr Dörfer, die von selbst ihren Markt regulieren, sondern dann haben wir allen Möglichkeiten Tür und Tor geöffnet, welche bestehen, wenn das Verhältnis zwischen Konsumenten und Produzenten kein klares mehr ist, wenn es sich vermischt." GA 341, S. 46

"Sagen wir, irgendein Handwerker verfertigt irgend etwas in einem Dorf und er wird krank. Er wird, sagen wir, unter gewissen Verhältnissen, wenn er an einen ungeschickten Arzt kommt, drei Wochen im Bett liegen müssen und seine Dinge nicht verfertigen können. Da wird er den volkswirtschaftlichen Prozess sehr wesentlich stören; denn es werden durch drei Wochen hindurch, wenn der Betreffende, sagen wir, Schuhe verfertigt hat, die Schuhe nicht auf den Markt gebracht werden - Markt im weitesten Sinne verstanden. Nehmen wir aber an, er kommt an einen sehr geschickten Arzt, der ihn in acht Tagen gesund macht, so dass er nach acht Tagen wieder arbeiten kann, dann können Sie die Frage in ernsthaftem Sinn entscheiden: Wer hat denn dann durch diese vierzehn Tage hindurch die Schuhe fabriziert? Der Schuhmacher oder der Arzt? Eigentlich hat der Arzt die Schuhe fabriziert." GA 340, S. 85f.

"Da gibt es eine Tatsache, die spielt sich ab unmittelbar auf dem Markt bei Verkauf und Kauf, wenn ich dasjenige, was ich bekomme, gleich bezahle. Es kommt nicht einmal darauf an, dass ich es gleich mit Geld bezahle, ich kann es auch noch, wenn es Tauschhandel ist, mit der entsprechenden Ware bezahlen, die der Betreffende annehmen will. Es kommt darauf an, dass ich zunächst gleich bezahle, das heißt überhaupt zahle. Und jetzt haben wir wieder nötig, an dieser Stelle (siehe Zeichnung 4) von der gewöhnlichen trivialen Betrachtung zur volkswirtschaftlichen Betrachtung überzugehen. Es spielen nämlich in der Volkswirtschaft die einzelnen Begriffe fortwährend ineinander, und die Gesamterscheinung, die Gesamttatsache, ergibt sich aus dem Zusammenspiel der verschiedensten Faktoren. Sie können sagen: Es wäre ja auch denkbar, dass durch irgendeine Maßregel überhaupt niemand gleich bezahlen würde - dann gäbe es das Gleichzahlen nicht. Man würde also immer erst, sagen wir, nach einem Monat zahlen oder nach irgendeiner Zeit. Ja, es handelt sich nur darum, dass man dann in einer ganz falschen Begriffsbildung drinnen ist, wenn man sagt: Heute übergibt mir jemand einen Anzug und ich bezahle ihn nach einem Monat. Ich bezahle eben nach einem Monat nicht mehr diesen Anzug allein, sondern ich bezahle dann in diesem Moment etwas anderes: ich bezahle dasjenige, was unter Umständen durch eine Steigerung oder Erniedrigung der Preise etwas anderes ist, ich bezahle ein Ideelles dazu. Also der Begriff des A-tempo-Zahlens, der muss durchaus da sein, und der ist beim einfachen Kauf da. Und etwas wird eine Ware des Marktes dadurch, dass ich es gleich bezahle."

"Wert in der Volkswirtschaft kann ja nur entstehen - das haben wir schon ersehen können - im Austausch der Erzeugnisse, im Austausch der Waren oder überhaupt volkswirtschaftlicher Erzeugnisse. Auf eine andere Weise kann Wert nicht entstehen. Aber Sie können leicht einsehen : Wenn nur auf diese Weise Wert entstehen kann, und wenn der Preis des Wertes so zustande kommen will, wie ich das gestern auseinandergesetzt habe, dass berücksichtigt werden soll, wie für jemand, der ein Erzeugnis hervorgebracht hat, ein solcher Gegenwert für das Erzeugnis erhältlich sein soll, dass er die Bedürfnisse befriedigen kann, die er hat, um ein gleiches Erzeugnis wieder herzustellen - wenn das möglich sein soll, so müssen ja die Erzeugnisse sich gegenseitig bewerten. Und schließlich ist es ja nicht schwer, einzusehen, dass im volkswirtschaftlichen Prozess sich die Erzeugnisse gegenseitig bewerten. Es wird nur kaschiert dadurch, dass das Geld zwischen dasjenige tritt, was ausgetauscht wird. Aber das ist nicht das Bedeutsame an der Sache. An dem Geld hätten wir nicht das geringste Interesse, wenn es nicht das Austauschen der Erzeugnisse förderte, bequemer machte und auch verbilligte. Wir hätten Geld nicht nötig, wenn es nicht so wäre, dass derjenige, der ein Erzeugnis auf den Markt liefert - unter dem Einfluss der Arbeitsteilung -, zunächst sich nicht abmühen will, um dasjenige, was er braucht, da zu holen, wo es vorhanden ist, sondern eben Geld dafür nimmt, um dann sich wiederum in der entsprechenden Weise zu versorgen. Wir können also sagen: In Wirklichkeit ist es die gegenseitige Spannung, welche zwischen den Erzeugnissen eintritt im volkswirtschaftlichen Prozess, die mit der Preiserzeugung zu tun haben muss."

"Betrachten wir von diesem Gesichtspunkt aus einmal das sogenannte Lohnverhältnis, das Arbeitsverhältnis. Wir können nämlich gar nicht Arbeit gegen irgend etwas austauschen, weil es zwischen Arbeit und irgend etwas eigentlich keine gegenseitige Bewertungsmöglichkeit gibt. Wir können uns einbilden - und die Einbildung realisieren, indem wir eben das Lohnverhältnis eintreten lassen -, dass wir die Arbeit bezahlen; in Wirklichkeit tun wir es nicht. Was in Wirklichkeit geschieht, ist etwas ganz anderes. Was in Wirklichkeit geschieht, ist dieses: dass auch im Arbeits- oder Lohnverhältnis Werte ausgetauscht werden. Der Arbeiter erzeugt unmittelbar etwas, der Arbeiter liefert ein Erzeugnis; und dieses Erzeugnis kauft ihm in Wirklichkeit der Unternehmer ab. Der Unternehmer bezahlt tatsächlich bis zum letzten Heller die Erzeugnisse, die ihm die Arbeiter liefern - wir müssen schon die Dinge in der richtigen Weise anschauen -, er kauft die Erzeugnisse dem Arbeiter ab." GA 340, S. 97f.

So problematisch solche Auffassung der Leistungserbringung im Betrieb auch sein mag (das ist in diesem Zusammenhang nicht weiter zu erörtern)[10]: man hat bei diesem Werteaustausch zwischen betriebsinternem Produkt und entsprechendem Einkommenswert keinen Marktprozeß, denn gemäß obiger Definition des Marktes fehlt die Wahlmöglichkeit, die Aufstauung, sowie die von Steiner angeführte Unmittelbarkeit (Sofortzahlung), wie sie für den Markt gilt.

Unter Berücksichtigung auch des haushaltsinternen Werteaustausches, wie von Steiner in dem Beispiel des kranken Schusters erläutert, der von seiner Krankheit je nach Leistung des Arztes früher oder später kuriert wird, gibt es dann drei Orte eines volkswirtschaftlichen Werteaustausches: haushaltsintern, betriebsintern und marktintern.

Es ist leicht zu sehen, daß sollen die haushaltsinternen Vorgänge nicht zu den eigentlich wirtschaftlichen gerechnet werden, auch das Marktgeschehen aus dem Gebiet des Wirtschaftens im engeren Sinne herausfallen muß. Auf dem Markt wird nicht mehr gewirtschaftet, sondern nur noch getauscht.

Markt und Händlertum

Der Handel, das Händlertum, ist der Marktsphäre zuzurechnen und ist nicht als produktiver Beruf im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen. Ob Handel eine Dienstleistung im üblichen Sinne ist, darüber sei hier nichts ausgemacht. Er ist jedenfalls dazu da, das Liegenbleiben der Waren zu bekämpfen. Er transportiert die Waren von Ort zu Ort, um die Übergaben zwischen Produzenten und Konsumenten zu ermöglichen. Lagerung kann als ein zeitlicher Übergabeprozeß angesehen werden. Ein Produkt kann nicht immer genau dann fertig sein, wenn es auch gebraucht werden kann. All diese händlerischen Tätigkeiten und weitere wie das Maklertum etc. verursachen eine Menge Kosten, die gewissermaßen den Bedarf des Marktes darstellen und auf die Preise aufgeschlagen werden müssen. Dies ist für die Wirtschaft insgesamt nötig. Die Waren würden sonst liegen bleiben und könnten nicht verkauft werden, die erwirtschafteten Werte würden sich nicht realisieren lassen.

Trotz des Aufschlags auf die Preise, der wegen des Bedarfs des Marktes gemacht werden muß, führt das Marktgeschehen zu einer Verbilligung der Waren. Der Aufschlag ist viel geringer als das, was die Wirtschaft durch den Markt spart. In dieser Verbilligung hat man den Einfluß des Marktes auf die Preisbildung zu sehen. Je besser der Markt funktioniert, desto geringere Warenpreise. Die Verbilligung ist jedoch nicht für alle Waren gleichmäßig. Für einzelne Waren kann es auch zu einer Verteuerung kommen. Wobei Verbilligung oder Verteuerung nicht immer auch in entsprechenden Preisänderungen und schließlich erzielten Preisen zum Ausdruck kommen.

Im schließlich erzielten Preis sollten eigentlich präzise die enthaltenen Bedarfe aller am Warenherstellungsprozeß mit ihren Arbeitern und Arbeiterinnen beteiligten Haushalte (die Unternehmer hier eingerechnet als Arbeiter, die Haushalte versorgen), zuzüglich Aufschläge wie Steuern etc. enthalten sein, und abzüglich der Verbilligung durch die Marktprozesse. In den wenigsten Fällen werden die von den Assoziationen vorgegebenen Warenpreise dem exakt entsprechen können, auch wenn sie noch so gut, informiert durch Produzenten, Händler und Konsumenten, ihre Entscheidungen fällen. Notwendig wird es Abweichungen der tatsächlich realisierten Marktpreise von den vorgegebenen Preisen geben müssen. Diese Preissignale werden beobachtet und das fließt in die weitere Preisfeststellung oder auch in Einwirkungsversuche auf die Preisbildungsprozesse ein.

Eine Schwierigkeit besteht jedoch darin, daß mit diesen Abweichungen sich auch die Bedarfe der Haushalte ändern. Denn wenn für eine Ware, z.B. Benzin, die Preise stark unter die Veranschlagung sinken, dann sinken auch die Bedarfe der Haushalte, es wurde also zuviel Einkommen gezahlt. Generell stimmt aber zumindest idealerweise die auf den Märkten erzielte Preissumme mit der Einkommenssumme der Haushalte überein. Die Marktpreise sind daher nur die Kehrseite der Bedarfseinkommen, die Gesamtsumme ist die der Einkommen, die nach dem, was die Haushalte auf den Märkten gemäß ihrem Bedarf einkaufen, bestimmt sind.

Die Betriebe, wie Raffenerien oder Tankstellen, die direkt an der Produktion von Benzin beteiligt sind, sind vom Fallen des Benzinpreises in besonderer Weise betroffen. Werden tatsächlich die kritisierten Gewinnausschüttungen getätigt, sind diese natürlich zuerst zu kürzen. Dann aber und wenn sonst keine Einsparungen möglich sind, kommt der Betrieb unter Druck, die Haushaltseinkommmen zu kürzen. Dies ist aber eigentlich nicht möglich, da diese sich am Bedarf orientieren, und auch müssen.

Solch ein Preisverfall einer Ware sollte eigentlich gar nicht eintreten, aber man mag sich Gründe vorstellen, die auch in einer gesunden Wirtschaft vorkommen. Die Assoziationen haben hier einzugreifen, und können, solange der Preis für Benzin selbst nicht wieder normalisiert werden kann, Ausgleichszahlungen an die betroffenen Betriebe zahlen, damit die Haushaltseinkommen weiterhin gedeckt sind. (Solche Ausgleichszahlungen werden aus einer allgemeinen Abgabe auf alle Preise finanziert.)

Eine dauerhafte Senkung des Benzinpreises sollte es eigentlich nicht geben, es sei denn, eine Verringerung und schließlich sogar tendentiell das ganze Wegfallen des Bedarfes liegt vor. Dies kann dann zu solchen Maßnahmen wie Betriebsschließungen und dergleichen führen, wodurch sich der Preis für Benzin dann wieder erhöht.

Funktioniert der Markt nicht richtig, können, abgesehen von den Maßnahmen der Assoziationen, die Betriebe selbst Marktmanagementfunktionen übernehmen oder unterstützend zuarbeiten. Das ist zwar weniger effizient, aber besser, als wenn der Absatz ins Stocken gerät oder gar ganz zum Erliegen kommt.

Die Dimension des Haushalts

Eine grundsätzliche Frage ist es, welchen Wert es hat, daß die Haushaltseinkommen von den Betrieben gezahlt werden, in denen die Arbeiter und Arbeiterinnen, die den Haushalten zugehören, tätig sind, wenn es sich bei den gezahlten Einkommen nicht um Lohn handelt, mit dem eingekaufte Arbeit entgolten wird. Die Zusammengehörigkeit von beruflicher Tätigkeit und einem Einkommen gemäß Haushaltsbedarf muß einen ökonomischen Sinn haben, auch wenn sich dieser nicht monetär ausdrücken läßt.

Man könnte ja sonst die Haushaltseinkommen nicht vor dem Wirtschaften geben, sondern im Nachherein auf die Warenpreise pauschal aufschlagen. In der Tat gibt es solche Aufschläge auf die Preise im nachherein auch, die in Haushaltseinkommen einfließen. Die Frage ist anscheinend nicht ganz einfach zu beantworten, oder wie könnte es sonst so viele Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens geben? Solch ein Einkommen würde aus Preisaufschlägen auf Waren gezahlt werden, wie auch natürlich die heutigen Sozialleistungen von Staats wegen, und sich von den Haushaltseinkommen, wie sie in einer assoziativen Wirtschaft vor dem Wirtschaften gezahlt werden sollen, fundamental unterscheiden. Welches ist der ökonomisch wesentliche Unterschied?

Welchen ökonomischen Unterschied macht es, um ein prominentes Beispiel zu nehmen, wenn ein Kindergeld nicht aus Preisaufschlägen nach dem Wirtschaften gezahlt wird (via Steuern oder Sozialkasse), sondern in den Haushaltsbedarf integriert ist und als Bedarfseinkommen von den Betrieben gezahlt wird?

Bei Zugrundelegung der heute noch herrschenden Auffassung, Arbeit werde als Ware eingekauft, ist die Frage leicht zu beantworten, da Elternteile mit Kindern für den Betrieb teurer wären, als alleinstehende Singles, und Betriebe daher Zurückhaltung übten, wenn ein Familienvater mit 16 Kindern um Anstellung nachsucht.

Nur wenn der Familienvater ein Gehalt fordert, das dem entspricht, was sich der Betrieb als Vorteil, monetär berechnet, von seiner Einstellung verspricht (nach Möglichkeit wird weniger als dieser Vorteil gezahlt), kann er den Job erhalten. Gleichwohl sollen von staatswegen die Kinder nicht verhungern, und es wird der Lebensunterhalt dann z.T. aus der Staatskasse gezahlt, d.h. aus Geldern, die den Betrieben nach dem Wirtschaften abgezogen werden. Zum Teil mag die Finanzierung eines solchen kinderreichen Haushalts auch durch Gewinnbeteiligungen möglich sein, nicht notwendigerweise durch solche am eigenen Unternehmen, es können auch Aktien anderer Unternehmen sein, oder durch private Armutsfürsorge.

Man geht also von einer monetär berechenbaren Arbeitsleistung aus, und nur die kann der Betrieb selbst auch zahlen. Das übrige, was zur Finanzierung besonderer dadurch nicht gedeckter Haushaltsbedarfe notwendig ist, muß von woanders her kommen, gleichwohl aber erwirtschaftet sein. Der Betrieb, der den Familienvater beschäftigt, beteiligt sich schon daran mit den ihm auferlegten allgemeinen Steuern und Sozialabgaben, aber andere, ertragreichere Unternehmen schießen einen größeren Teil zu (entsprechende Gewinnbesteuerung vorausgesetzt).

Man glaubt nach der herrschenden ökonomischen Theorie, auf solche Art Arbeitskraft optimal zu allokieren. Die optimale Allokation würde gestört, wenn der Familienvater nicht ausschließlich aufgrund seiner monetär kalkulierten Leistung an den richtigen Platz in einem Betrieb käme. Gleiche Arbeit kann nur gleich bezahlt werden, sonst käme die gesamte Betriebsrechnung durcheinander. Daher kann ein Familienvater mit 16 Kindern grundsätzlich nicht besser bezahlt werden, als eine alleinstehende Person, wenn die Arbeitsleistung die gleiche ist.

Auch wenn man diese Auffassung für falsch hält, so ist sie doch aus ihren Voraussetzungen logisch und entbehrt nicht ökonomischer Plausibilität.

Die assoziative Wirtschaft sieht Arbeit jedoch nicht als Ware an und macht darüber hinaus geltend, daß dies allgemein gelten solle, bzw. ein menschenrechtliches Faktum ist. Die Bedarfe für die Haushaltseinkommen werden entsprechend nicht als Lohn aufgefaßt, in monetärer Hinsicht ist die Arbeit im Betrieb von der Betriebsrechnung abgekoppelt und kann nicht als Kosten in den Betriebsbilanzen auftauchen. Was in den Bilanzen als Posten steht, sind die gezahlten Haushaltseinkommen, und die wirken sich auf die Warenpreise aus, die genommen werden müssen.

Würde der Unterhalt für die 16 Kinder nicht vom Betrieb bezahlt, sondern von staatswegen aus allgemeinen Aufschlägen, würde sich die Betriebsbilanz positiver darstellen, die Warenpreise niedriger ausfallen. Warum trotzdem die Haushalte nach Bedarf bezahlen, und dann sich z.B. im Nachherein von einer Ausgleichskasse der Assoziationen Zuschüsse zahlen lassen, wegen der vielen Familienväter im Betrieb? Worin besteht der ökonomische Sinn der vollen Haushaltsbedarfszahlungen vor dem Wirtschaften?

Ein volkswirtschaftlicher Grund wurde bereits genannt: Da gemäß dem Prinzip der Urzelle die gerechten Preise für Waren sich aus dem zusammensetzen, was die an ihrem Zustandekommen beteiligten Arbeiter (inkl. Unternehmer) mit ihren jeweiligen Haushalten an Lebensunterhalt benötigen, um die Waren erneut produzieren zu können, würde eine (Mit-)finanzierung im Nachherein über eine pauschale, wirtschaftsweite Abgabe notwendigerweise zu ungerechten, zu hohen oder zu niedrigen Preisen der Waren der jeweiligen Betriebe führen. Man muß dabei bedenken, daß es für die meisten Waren, bis sie zum Konsum kommen, eine lange Produktionskette gibt, an der unzählige Betriebe beteiligt sind. Werden jetzt Haushalte mit zu groß für die jeweiligen Betriebe erscheinenden Bedarfen betriebsextern bezuschußt, kommen aus all diesen Betrieben in der Produktionskette nicht mehr die richtigen Preise heraus. Auch wenn die Assoziationen im Interesse gleicher Preise für bestimmte Güter auf regional zu bestimmenden Gebieten im nachherein für Ausgleiche sorgen, damit für die gleiche Ware keine unterschiedlichen Preise bestehen, müssen dort für solchen Ausgleich die richtigen Preise, wie sie aus den Betrieben "herauskommen", erstmal da sein. Werden sie im vornherein manipuliert durch betriebsexterne Zahlungen in die Haushalte hinein, sodaß diese dann gegenüber den Betrieben einen geringeren Bedarf geltend machen müssen, ist das Prinzip der Urzelle ausgehebelt und es ist dann nicht absehbar, wie man auf künstliche Weise sich dann mit Manipulationen den gerechten Preisen dann noch soll annähern können, da man sie nicht kennt.[11]

Eine andere Frage als diese volkswirtschaftliche ist der betriebswirtschaftliche Aspekt an der Sache. Unter dem Thema Dimension des Haushalts soll jedoch nun erstmal untersucht werden, ob es für die Haushalte bzw. die Arbeiter und Arbeiterinnen einen Unterschied macht, woher das Geld für den Lebensunterhalt kommt.

Natürlich ist es jeweils eine individuelle Angelegenheit, über die nur durch Befragung etwas ausgemacht werden kann. Die Hauptsache für jeden Haushalt wird aber wohl meist sein, daß überhaupt genug Geld da ist, egal von woher. Es könnte also auch Schenkungsgeld sein. Die Haushalte in gewissen Hinsichten als Organe oder Zellen des Geisteslebens anzusehen, liegt ohnehin nahe.

Wenn man davon ausgeht, daß Zahlungen nach dem Wirtschaften in die Haushalte hinein eigentlich nur Schenkungsgeld sein können, die Zahlungen vor dem Wirtschaften jedoch immer Kaufgeld sind, gäbe es eine interessante Lösungsmöglichkeit für das Problem unterschiedlich großer Famlienhaushalte: Sie könnten zum Teil durch Schenkungsgeld finanziert werden.

Alternativ könnten es Zahlungen sein, die aus der Ersparnis durch das Marktmanagement kommen. Denn diese Ersparnis ist nicht dem Wirtschaften in den Betrieben zuzurechnen, wie oben dargestellt. Im Unterschied zu den Schenkungsgeldern, die von den Betrieben erwirtschaftet werden, hätte man einen Teil der Haushaltseinkommen aus einer anderen "Wertquelle" zu bewerkstelligen, die jedoch ziffernmäßig in der Buchrechnung so nicht auftaucht. Es ist in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung so, als hätten die Betriebe selbst das erwirtschaftet, was aus der Ersparnis des Marktmanagements kommt. Aus dieser Wertquelle könnten die Gelder geschöpft werden, um einen Teil der Haushaltseinkommen zu finanzieren. Denn da es ein Kreislauf ist, könnte man das Marktmanagement auch als eine Verlängerung der Haushalte ansehen. Man würde die Haushaltsdimension das komplette Marktgeschehen umfassen lassen, und die Wertaustauschgrenze direkt an die Betriebe (Waren ab Werk, wie man es nennt), heranschieben. (In solcher Sichtweise hätte man eine metamorphosierte Selbstversorgung der Haushalte, die aber durch ihre Integration in die Volkswirtschaft als Marktmanagement unschädlich gemacht ist.)

Dann hätte man eine Art Anspruch für die Haushalte auf die Gelder begründet, und diese müßten nicht um Schenkungsgelder bitten.

Sowohl diese als auch die Lösung via Schenkungsgelder würde jedoch an der Grundformel der Urzelle, wie sie Steiner konzipiert hatte, eine Modifikation vornehmen müssen: Es müßte davon abgekommen werden, daß der richtige Preis, der aus der Urzelle entsteht, sich zwingend 1:1 mit dem Bedarf des im Grunde beliebig großen Haushaltes, der zu einem Leistungserbringer gehört, ändert. Der richtige Preis in der Urzelle würde sich nunmehr ergeben aus dem Bedarf der Haushalte abzüglich des Betrages, den die Haushalte nicht benötigen, da sie von woanders her auch Einkommen beziehen, betriebsfremdes Einkommen.

Hausarbeit und Erziehungsarbeit

Ist die Haus- und Erziehungsarbeit in ihrem Lebensunterhalt abhängig von dem Einkommen eines "Haushaltsvorstands", der auswärts in einem Betrieb arbeitet und deshalb ein Einkommen für sich und für "die Seinen", seine "abhängigen", seinem oder ihrem Familien"anhang" erhält, so kann diese Abhängigkeit der Haushaltsmitglieder von dem- oder derjenigen, dem oder der das Einkommen auf das Konto gezahlt wird, auch manche weniger schöne Züge aufweisen.

Siehe auch

Preisbildung

Assoziation (Wirtschaft)

Nachweise, Anmerkungen

  1. Christoph Strawe: Bedürfnislohn oder Leistungslohn? Zur Auflösung einer falschen Fragestellung, Rundbrief Dreigliederung des sozialen Organismus, Nr. 1, 1994, S. 9, PDF
  2. Wenn Kinder da sind, kann dazu auch die Beschäftigung einer Haushaltshilfe und/oder die Kosten für eine Kindertagestätte gehören.
  3. <<Ein wesentlicher Reformvorschlag, den auch Katja Kipping (MdB) kürzlich ins Gespräch brachte, enthält eine Begrenzung der Ungleichheit bei Einkommen: “Die Höchsteinkommen sollen für die gleiche volle Arbeitszeit nicht mehr als das Zehnfache des gesetzlichen Mindestlohns betragen dürfen – oberhalb dieser Grenze würde ein Einkommenssteuersatz von hundert Prozent greifen. Derzeit liegt das Verhältnis zwischen Höchst- und Mindesteinkommen in Österreich beim Faktor 800, in Deutschland beim Faktor 5000 und in den USA beim Faktor 350000.“>>. Zitiert nach Michael Heinen-Anders, Dem Teufel auf der Spur..., BOD, Norderstedt 2012, S. 24
  4. Zu den betriebs- und wirtschaftsfremden Extrazahlungen sind nicht Zahlungen zu rechnen, die wegen Sonderbedarfe z.B. wegen besonders anstrengender Arbeit gezahlt werden, wenn die Folgen von Überbeanspruchung der Mitarbeiter oder seine Familie selbst zu tragen hat. (Wie z.B. Kosten für eine Haushaltshilfe oder die Kosten für teure Kuraufenthalte wegen Erschöpfungszuständen, die aus eigener Tasche gezahlt werden müssen.)
  5. Näheres zur Rolle der Assoziationen im Hinblick auf Preisbildung und Preisbestimmung sowie generell zur Problematik solcher Wirtschaftssteuerung siehe Assoziation (Wirtschaft). Ein fiktives Beispiel: Angenommen, ein Betrieb stellt Lederschuhe her und beschäftigt ausschließlich alleinstehende Menschen ohne Familienanhang. Ein anderer Betrieb stellt Gummistiefel her, und beschäftigt ausschließlich Mitarbeiter, die Familie haben, z.B. alle haben vier Kinder. Die Folge davon ist, daß die Gummistiefel im Verhältnis zu den Lederschuhen zu teuer sein werden, andere Preisfaktoren außenvor gelassen. Die Assoziationen haben in solchen Fällen die Aufgabe, darauf hinzuwirken, daß sich das Preisverhältnis zwischen Lederschuhen und Gummistiefeln verbessert, z.B. indem Mitarbeiter aus der Gummistiefelfabrik veranlaßt werden, zur Schuhfirma zu wechseln, und umgekehrt. Wenn das nicht in ausreichendem Maße möglich ist, müssen Transferzahlungen z.B. stattfinden, oder andere Maßnahmen, etwa Zusammenlegung der beiden Betriebe. Denn selbstverständlich haben die Mitarbeiter mit Familie einen erheblich größeren Bedarf und müssen entsprechend Einkommen beziehen, daran läßt sich direkt nichts ändern. Ähnliches ergibt sich bei zwei Firmen, die gleiche Produkte herstellen oder der Substitutionsgrad der Produkte hoch ist, und die Preise zu stark differieren. Weitere Beispiele siehe unter Assoziation (Wirtschaft).
  6. Angenommen, man wolle den "berechtigten" Anteil eines Designers bestimmen, der einen Gebrauchsgegenstand äußerlich hinsichtlich Formschönheit usw. gestaltet hat: Es geht ohnehin nicht, aber ohne den Preis schon zu kennen, ist die Bewertung des Anteils des Designers erst recht nicht möglich. Wenn die Ware zum Flop wird, wird dann im nachherein möglicherweise auch die Designerleistung als mit verantwortlich dafür angesehen werden müssen. Es ist daher ausgeschlossen, die (Leistungs-)Anteile zu bestimmen, bevor überhaupt ein Preis gebildet ist. Man kann feststellen, wie lange der Designer für den Entwurf und die Umsetzung gebraucht hat, und danach, d.h. Bedarfsanteil, den Anteil am Produkt bestimmen.
  7. Man findet denn auch solche betriebsinterne Einkommensdifferenzierung typischerweise in Neugründungen alternativer Betriebe kaum. Es ist mehr ein Phänomen älterer und gewachsener Betriebe, wohl vornehmlich aus organisations- und kontrollpolitischen Gründen. Man muß dabei im übrigen auch die unterschiedliche Lebenssituation derjenigen bedenken, die als Familienmitglieder von dem Einkommen eines Einkommensbeziehers mitleben. Die Kinder von einkommensschwachen Ernährern können schließlich nichts dafür, daß dieser nur eine Minderleistung in seiner Firma erbringt.
  8. 1905/06, enthalten in GA 34.
  9. Das Alternativgut muß nur imaginiert sein, in einem anvisierten Austausch von zwei Gütern, bzw. Geld und Gut, der nicht zustande kommt, liegt das marktmäßige insofern schon, als das Geld für ein anderes Gut zurückbehalten wird.
  10. Eine alternative Auffassung, die aber hier nicht näher geprüft werden soll, könnte darin bestehen, einen durchlaufenden Posten wie die heutige Mehrwertsteuer, in variabler Höhe, anzunehmen, der aber nicht an den Staat abgeführt wird, sondern individuell nach dem Bedarf auf die beteiligten Haushalte aufgeteilt wird. Monetär kommt es auf das gleiche hinaus, vermutlich auch dem tatsächlichen Vorgang nach. Einen Wertetausch welcher Art auch immer muß es dabei anscheinend geben, da die Warenpreise, die der Betrieb erzielt, nicht unmittelbar direkt auf die Haushaltseinkommen abgebildet werden können.
  11. Wie sich leicht zeigen ließe, führte dies mit notwendiger Konsequenz dazu, sich an Preisen zu orientieren zu müssen, wie sie sich aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ergeben, und die assoziative Wirtschaft bliebe wegen Mißachtung des Urzellenprinzips im Anfang stecken und käme nicht raus aus dem Kapitalismus.

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Betriebsräte und Sozialisierung, GA 331 (1989), ISBN 3-7274-3310-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Gedankenfreiheit und soziale Kräfte, GA 333 (1985), ISBN 3-7274-3330-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis. Band I: Frage- und Studienabende des Bundes für Dreigliederung des sozialen Organismus in Stuttgart, GA 337a (1999), ISBN 3-7274-3371-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Walter Kugler u.a.: Alle Macht den Räten? Rudolf Steiner und die Betriebsrätebewegung 1919. Vorträge, Berichte, Dokumente, Zusammengestellt und kommentiert von Walter Kugler, Rudolf-Steiner-Nachlaßverwaltung, Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe Nr. 103, 1989, pdf
  5. Wolfgang Latrille: Assoziative Wirtschaft. Ein Weg zur sozialen Neugestaltung. Die pragmatischen Aspekte der sozialen Dreigliederung. Stuttgart 1985
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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