Bibliothek:Goethe/Naturwissenschaft/Zur Farbenlehre/XXXIX. Kulmination und Sexualität des Menschen: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Odyssee
(Die Seite wurde neu angelegt: „===XXXIX. Kulmination=== 523. Sie erfolgt bei fortschreitender Steigerung. Das Rote, worin weder Gelb noch Blau zu entdecken ist, macht hier den Zenit. 524.…“)
 
imported>Joachim Stiller
 
Zeile 1: Zeile 1:
===XXXIX. Kulmination===
[[Datei:El primer beso Salvador Viniegra y Lasso de la Vega (1891).jpg|mini|''Der erste Kuss von [[Adam und Eva]]'', Gemälde von [[Salvador Viniegra]], 1891]]
Die '''Sexualität des Menschen''' ist im weitesten Sinne die Gesamtheit der Lebensäußerungen, Verhaltensweisen, [[Emotion]]en und [[Interaktion]]en von Menschen in Bezug auf ihr Geschlecht.


523. Sie erfolgt bei fortschreitender Steigerung. Das Rote, worin weder Gelb noch Blau zu entdecken ist, macht hier den Zenit.
Die [[Humanbiologie]] betrachtet menschliche [[Sexualität]] hinsichtlich ihrer Funktion bei der Neukombination von Erbinformationen im Rahmen der [[Geschlechtliche Fortpflanzung|geschlechtlichen Fortpflanzung]]. Im Zentrum stehen dabei [[menschliche Geschlechtsunterschiede]] zwischen [[Mann]] und [[Frau]]. Im [[Soziobiologie|sozio-]] und [[Verhaltensbiologie|verhaltensbiologischen]] Sinn umfasst die Sexualität des Menschen die Formen dezidiert geschlechtlichen Verhaltens zwischen [[Sexualpartner]]n. Das Sexualverhalten des Menschen hat – wie das vieler Wirbeltiere – über Fortpflanzung und [[Genom]]austausch hinaus zahlreiche Funktionen im Sozialgefüge einer [[Population (Biologie)|Population]].


524. Suchen wir ein auffallendes Beispiel einer Kulmination von der Plusseite her, so finden wir es abermals beim anlaufenden Stahl, welcher bis in den Purpurzenit gelangt und auf diesem Punkte festgehalten werden kann.
Daher befassen sich die meisten [[Humanwissenschaft]]en auch mit dem Thema der menschlichen Sexualität. Besonders psychologische, soziale und kulturelle Faktoren werden dabei als bedeutend für die Sexualität des Menschen betrachtet. Sexualität wird zu den menschlichen [[Grundbedürfnis]]sen gezählt, und zwar sowohl in [[Physiologie|physiologischer]] als auch in sozialer Hinsicht die mit Sexualität verknüpft sind.


525. Sollen wir die vorhin (516) angegebene Terminologie hier anwenden, so würden wir sagen, die erste Säuerung bringe das Gelbe hervor, die Aufsäurung das Gelbrote; hier entstehe ein gewisses Summum, da denn eine Absäurung und endlich eine Entsäurung eintrete.
== Biologische Grundlagen ==
{{Lückenhaft|Die Sexualphysiologie fehlt hier vollständig!}}
[[Datei:Gender symbols side by side.svg|mini|Klassische [[Gender-Symbole|Symbole für ''weiblich'' und ''männlich'']]]]


526. Hohe Punkte von Säuerung bringen eine Purpurfarbe hervor. Gold, aus seiner Auflösung durch Zinnauflösung gefällt, erscheint purpurfarben. Das Oxyd des Arseniks, mit Schwefel verbunden, bringt eine Rubinfarbe hervor.
Die Entwicklung eines durch [[Hormon]]e gesteuerten Systems war ein wichtiger Schritt zur Herausbildung sexueller Verhaltensweisen. Neben der Fortpflanzung mittels Austausch von [[Erbinformation]]en hat geschlechtlicher Verkehr bei höheren Organismen teils auch eine soziale Bedeutung, insbesondere bei den [[Primaten]] (wie dem Menschen und den [[Bonobo]]s).


527. Wiefern aber eine Art von Absäurung bei mancher Kulmination mitwirke, wäre zu untersuchen: denn eine Einwirkung der Alkalien auf das Gelbrote scheint auch die Kulmination hervorzubringen, indem die Farbe gegen das Minus zu in den Zenit genötigt wird.
== Sexualität und Gesellschaft ==


528. Aus dem besten ungarischen Zinnober, welcher das höchste Gelbrot zeigt, bereiten die Holländer eine Farbe, die man Vermillon nennt. Es ist auch nur ein Zinnober, der sich aber der Purpurfarbe nähert, und es läßt sich vermuten, daß man durch Alkalien ihn der Kulmination näherzubringen sucht.
Die Sexualität des Menschen und die [[Sexualmoral]] beeinflussen seine [[Psyche]], seine [[Person|persönliche Entwicklung]], die Formen seines [[Zusammenleben]]s und die gesamte [[Sozialstruktur]], also die [[Kultur]] und [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaft]], in der er lebt. Das Sexualverhalten des Menschen weist eine Vielzahl [[Sexuelle Orientierung|sexueller Orientierungen]] auf. Dazu gehören neben der [[Heterosexualität]], bei der der [[Libido|Sexualtrieb]] auf das andere Geschlecht gerichtet ist, die [[Homosexualität]] und die [[Bisexualität]], bei der sich das Interesse überwiegend oder auch auf das gleiche Geschlecht richtet. Bei der [[Asexualität]] besteht kein Verlangen nach Sex mit dem männlichen oder weiblichen Geschlecht. Die [[Pansexualität]] als [[Begehren]] unabhängig vom Geschlecht ist im queeren Verständnis einzuordnen (siehe [[Queer-Theorie]]).


529. Vegetabilische Säfte sind, auf diese Weise behandelt, ein in die Augen fallendes Beispiel. Kurkuma, Orlean, Saflor und andre, deren färbendes Wesen man mit Weingeist ausgezogen und nun Tinkturen von gelber, gelb- und hyazinthroter Farbe vor sich hat, gehen durch Beimischung von Alkalien in den Zenit, ja drüber hinaus nach dem Blauroten zu.
Da sexuelle Präferenzen und insbesondere deren gesellschaftliche Akzeptanz gesellschaftlichen Veränderungen unterliegen, verschieben sich die Grenzen zwischen gesellschaftlich legitimen, legalen oder als schädlich eingeschätzten sexuellen Verhaltensweisen historisch wie interkulturell. Die Sexualität des Menschen bzw. seine sexuellen Präferenzen manifestieren sich in der [[Pubertät]]. Welche Anteile dieser Präferenzen erlernt oder in den Erbanlagen bereits festgelegt sind, ist Bestandteil des wissenschaftlichen [[Diskurs]]es.


530. Kein Fall einer Kulmination von der Minusseite ist mir im mineralischen und vegetabilischen Reiche bekannt. In dem animalischen ist der Saft der Purpurschnecke merkwürdig, von dessen Steigerung und Kulmination von der Minusseite her wir künftig sprechen werden.
== Geschichte ==
 
=== Vor- und Frühgeschichte ===
[[Datei:VenusWillendorf.jpg|mini|Jungsteinzeitliche [[Venusfigurine]]n wie die Venus von Willendorf gelten als Ausdruck frühen menschlichen Geschlechtsbezugs.]]
Viele archäologische Funde – wie die [[Venus von Willendorf]] – zeugen davon, dass die Beschäftigung mit der Sexualität schon früh Teil der menschlichen Kultur war. Ihr Stellenwert lässt sich an der übergroßen Darstellung und Einfärbung von Geschlechtsteilen der historischen Artefakte erkennen. Vulva- und phallusartige Steinsetzungen können als Zeichen der Verehrung von Geschlechtsorganen interpretiert werden.
 
Eine These ist, dass sich durch die [[Neolithische Revolution]] das Verhältnis des Menschen zur Sexualität geändert haben könnte. Diesem Konzept nach betrachtete der Mann die Sexualität der Frau als zunehmend gefährlich und einer Kontrolle bedürftig. Es wird in diesem Zusammenhang darüber spekuliert, dass die Versorgung und Pflege von Kindern nur dann lohnend sei, wenn es sich um den eigenen, genetisch verwandten Nachwuchs handelt. In diesem Zusammenhang soll der Umstand eine Rolle gespielt haben, dass die Frau eine verdeckte Befruchtung hat: da der Mann nicht im Nachhinein kontrollieren kann, ob er der Erzeuger der Kinder war, fing er an, die weibliche Sexualität mit Tabus und Verboten zu belegen. Nicht erklärt werden kann in dieser naturalistisch-biologistischen Sichtweise, warum auch alle anderen Formen der Sexualität mit Tabus und Verboten verbunden werden.
 
=== Altertum ===
 
In Altertum und Antike ist das Verhältnis zur Sexualität je nach Kultur und Epoche äußerst unterschiedlich. Von einigen Hochkulturen (z. B. Griechenland) ist bekannt, dass [[Prostitution]] und offene Homosexualität in ihnen gesellschaftsfähig waren.
 
=== Mittelalter ===
 
Die Moral der [[Christentum|christlichen Kirche]] ist seit dem [[Mittelalter]] stark sexualfeindlich geprägt; Sexualität sollte ausschließlich der [[Zeugung]] von Kindern dienen. [[Wollust]] wurde den [[Todsünde|Hauptlastern]] zugerechnet, Homosexualität als abartig krankhaft und widernatürlich; vielmehr wurde die rigide Einhaltung der [[Keuschheit]] propagiert und die ''Sexualität'' in den Nimbus des Diabolischen gestellt.
 
=== Frühe Neuzeit ===
 
Während im spätmittelalterlichen Europa und in bestimmten Phasen der frühen Neuzeit – von den mittelalterlichen Badehäusern bis zu den absolutistischen Höfen – recht ungezwungene Sitten herrschten, breiteten sich erst mit dem [[Puritanismus]] und den Moralvorstellungen des viktorianischen England oder wilhelminischen Deutschland repressive Moralvorstellungen aus, mit denen man der Sexualität insgesamt misstrauisch gegenüberstand. Sie wurde z. B. als animalisch, roh und gefährlich angesehen, da sie die Grenzen der [[Vernunft]] zu sprengen drohte. Insbesondere in diesen Zeiten wurde der Frau keine selbstbestimmte Ausübung ihrer Sexualität zugestanden.
 
=== Moderne ===
==== 19. Jahrhundert ====
[[Datei:Gustave Courbet - Le Sommeil (1866), Paris, Petit Palais.jpg|mini|[[Gustave Courbet]]: ''Der Schlaf'', 1866; erotische Darstellungen als Vorläufer von [[Pornografie]]]]
Im 19. Jahrhundert setzte eine massive Sexualerziehung ein, die vor allem an junge Männer adressiert war. In Handbüchern wie ''The Young Man’s Guide'' (William Andrus Alcott, 1833) und ''Lecture to Young Men on Chastity'' ([[Sylvester Graham]], 1834) wurden diese eindringlich vor den vermeintlichen gesundheitsschädlichen Folgen der [[Masturbation]], aber auch vor homosexuellen Handlungen gewarnt.
 
==== Sigmund Freud ====
Von wichtiger wissenschaftsgeschichtlicher Bedeutung ist das Konzept der [[Triebtheorie]], das der Wiener Arzt und Begründer der [[Psychoanalyse]], [[Sigmund Freud]], Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte. Dieses Konzept sah die Psyche und die Entwicklung des Menschen zu einem erheblichen Teil von dem [[Triebtheorie|Sexualtrieb]] bestimmt. Freud beschrieb den Sexualtrieb zwar als biologisch begründet, erforschte ihn aber hauptsächlich in seiner psychologischen Ausprägung.
 
Die psychologische Erscheinungsform des Sexualtriebes bezeichnete er als [[Libido]]. Dieses Konzept spielte in der „klassischen“ Psychoanalyse eine wesentliche Rolle, da man dort annimmt, dass die psychische Entwicklung des Kindes erheblich durch [[Infantile Sexualität nach Freud|seine Sexualität]] beeinflusst wird. Erhebliche Störungen in der psychosexuellen Entwicklung können zu Neurosen und Psychosen führen. Ganz im Gegensatz zu den kirchlichen Kritikern, die in der Entstehungszeit der Psychoanalyse, Freud vorwarfen, er würde [[Pansexualismus]] und [[Unzucht]] fördern und zur Verrohung der Sitten beitragen, sah Freud die reine Anerkennung der individuellen Sexualität als Merkmal für psychische Gesundheit. Hierbei muss die Sexualität nicht ausgelebt werden. Auch wurde Freuds frühes, und später verworfenes, Konzept der [[Katharsis (Psychologie)|Katharsis]] als Aufruf zur sexuellen Aktivität missverstanden. Freud legte durch seine enge Verknüpfung der Sexualität und der psychischen Entwicklung auch den Grundstein zur psychologischen Untersuchung der [[Perversion]]en, die heute als [[Paraphilie]]n bezeichnet werden. Paraphilien bezeichnen sexuelles Verhalten, welches von der Norm abweicht.
 
Mit Freuds [[Psychoanalyse]] entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts neue Vorstellungen der Rolle von Sexualität: Sie sei ein natürlicher Trieb, ihre Auslebung befreiend, notwendig und positiv, ihre Unterdrückung hingegen erzeuge [[Neurose]]n.
 
==== 20. Jahrhundert ====
Nicht nur hinsichtlich Freud gilt das 20. Jahrhundert als das Jahrhundert der sexuellen Revolution(en).<ref>Dagmar Herzog: ''Sexuality in Europe. A Twentieth-Century History''. Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-69143-7; Volkmar Sigusch: ''Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion''. Campus, Frankfurt am Main/New York 2005, ISBN 3-593-37724-1.</ref> So machte etwa zu Beginn des Jahrhunderts [[Magnus Hirschfeld]] in Deutschland durch seine Forderungen nach Straffreiheit für [[Homosexualität|Homosexuelle]] auf sich aufmerksam. Er gründete in Berlin das weltweit erste [[Institut für Sexualwissenschaft]].
 
Im Jahre 1917 hatte [[Richard Oswald]] den [[Aufklärungsfilm]] über [[Sexuell übertragbare Krankheit|Geschlechtskrankheiten]] [[Es werde Licht!|„Es werde Licht!“]] im Auftrag des deutschen Kriegsministeriums gedreht. Allein dieser Film hatte drei Folgen. 1919 brachte Oswald das Problem Homosexualität und Erpressung in einer kriminalistischen Handlung unter: „[[Anders als die Andern (1919)|Anders als die Andern]]“. Weil vom Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] bis 1920 keine Filmzensur in Deutschland existierte, folgte 1919 auf die Welle der „Aufklärungsfilme“ die der eigentlichen „spekulativen Sexfilme“, damals noch „Sittenfilme“ genannt. In den 1960er Jahren wiederholte sich diese kommerziell-gesellschaftliche Entwicklung auf eine ähnliche Weise.
 
Seit den 1930er Jahren ermöglichten [[Antibiotika]] erstmals eine effektive Behandlung übertragbarer Geschlechtskrankheiten, sodass das Argument, sexuelle Freizügigkeit werde mit unheilbarer Krankheit „bestraft“, von nun an immer mehr an Bedeutung verlor.
 
Nach Untersuchungen der US-amerikanischen Historikerin [[Dagmar Herzog]] war die Haltung zur Sexualität während des [[Nationalsozialismus]] nicht etwa durchgehend repressiv, sondern „doppelbödig“ und teilweise liberal<ref>Dagmar Herzog: ''Politisierung der Lust''. Siedler Verlag, München, 2005, ISBN 978-3-88680-831-1.</ref> – bei gleichzeitig starker Repression gegen Minderheiten:
{{Zitat|Kondome waren zugänglich, Vorschläge für bessere Orgasmen präsent, Freude an der Sexualität war erwünscht, die ganze Diskussion war eher sexpositiv eingestellt – für Nichthomosexuelle, Nichtbehinderte, Nichtjuden.|ref=<ref>[http://www.taz.de/pt/2007/01/20/a0036.1/text ''„Die Quellen waren mit Sexualität gesättigt“''] [Interview von Gunter Schmidt mit der Historikerin Dagmar Herzog]. In: ''taz'', 20. Januar 2007, abgerufen am 29. März 2012.</ref>}}
 
In den 1950er Jahren folgte ein Wandel zu einer deutlich konservativeren Einstellung. Bis in die 1960er Jahre hinein blieb eine oftmals als [[Bigotterie|bigott]] angesehene Moral vorherrschend. So galten z.&nbsp;B. Zimmerwirte als [[Kuppelei|Kuppler]], wenn sie unverheirateten Paaren gemeinsame Schlafräume vermittelten. Sexualität war ein [[Tabu]]-Thema, über das in der Öffentlichkeit nicht gesprochen wurde. Erst die Welle der [[Freie Liebe|sexuellen Befreiung]] der [[68er]] führte – zusammen mit der Aufklärungsliteratur (wie der von [[Shere Hite]]) und den Aufklärungsfilmen – zu neuem Nachdenken über die sexuelle Lust.
 
Mit der zunehmenden Enttabuisierung der Sexualität rückte dieses Thema zunehmend in den Blickpunkt der Wissenschaft. [[Alfred Charles Kinsey]] erforschte ab den 1940er Jahren das menschliche Sexualverhalten und stellte seine Erkenntnisse in den sogenannten [[Kinsey-Report]]s dar, die aufgrund ihrer Ergebnisse heftige Kontroversen auslösten. Die Erforschung der Sexualität und auch der sexuellen Störungen, die heute als behandlungsbedürftig angesehen werden, geht vor allem auf die Pioniere [[Masters und Johnson]] zurück, welche sich als Forscherduo der Sexualität widmeten. [[Helen Singer Kaplan]] entwickelte in den 1970er Jahren die [[Sexualtherapie]].
 
==== 21. Jahrhundert ====
In der Gegenwart wird die [[sexuelle Selbstbestimmung]] mehr und mehr zum Leitgedanken der von der [[Sexuelle Revolution|sexuellen Revolution]] veränderten [[Sexualmoral]]. Abweichende [[sexuelle Praktiken]], Beziehungsformen und [[sexuelle Orientierung]]en sind zunehmend sozial akzeptiert oder wenigstens geduldet, solange Einverständnis zwischen den (erwachsenen) Beteiligten besteht, die Vorgaben des Strafrechts eingehalten und keine Dritten potentiell geschädigt oder belästigt werden.
 
== Siehe auch ==
{{Portal|Sexualität}}
* {{WikipediaDE|Sexualität des Menschen}}
* {{WikipediaDE|Arbeiter-Sexualität}}
* {{WikipediaDE|Asexualität}}
* {{WikipediaDE|BDSM}}
* {{WikipediaDE|Empfängnisverhütung}}
* {{WikipediaDE|Hermaphroditismus}}
* {{WikipediaDE|Intersexualität}}
* {{WikipediaDE|Hingabe}}
* {{WikipediaDE|Hominisation}}
* {{WikipediaDE|Körpergeschichte}}
* {{WikipediaDE|Monogamie}}
* {{WikipediaDE|Polyamory}}
* {{WikipediaDE|Polygamie}}
* {{WikipediaDE|Personenstandsgesetz (Deutschland)|Personenstandsgesetz}}
* {{WikipediaDE|Sexualethik}}
* {{WikipediaDE|Sexualkunde}}
* {{WikipediaDE|Sexualpädagogik}}
* {{WikipediaDE|Sexualtheorie}}
* {{WikipediaDE|Sexuelle Aufklärung}}
* {{WikipediaDE|Sexuelle Dysfunktion}}
* {{WikipediaDE|Sexueller Fetischismus}}
* {{WikipediaDE|Sexualtherapie}}
* {{WikipediaDE|Transgender}}
* {{WikipediaDE|Transsexualität}}
* {{WikipediaDE|Triebverzicht}}
 
== Literatur ==
=== Allgemeines ===
* Vern L. Bullough, Bonnie Bullough (Hrsg.): ''Human Sexuality: An Encyclopedia.'' Garland Publishing, New York/London 1994, ISBN 0-8240-7972-8 (Garland Reference Library of Social Science, Vol. 685; [http://www.sexarchive.info/GESUND/ARCHIV/SEN/INDEX.HTM online], hrsg. von Erwin J. Haeberle, 2006).
* Stephan Dressler, Christoph Zink: ''Pschyrembel Wörterbuch Sexualität.'' De Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-016965-7.
* Robert T. Francoeur (Hrsg.): ''The International Encyclopedia of Sexuality.'' Bd. I–IV, The Continuum Publishing Company, New York 1997–2001 ([http://www.sexarchive.info/IES/index.html online]).
* Erwin J. Haeberle: ''Die Sexualität des Menschen. Handbuch und Atlas.'' 2003 ([http://www.sexarchive.info/ATLAS_DE/index.html online]; auch erschienen als: ''dtv-Atlas Sexualität.'' dtv, München 2005, ISBN 3-423-03235-9).
* Max Marcuse (Hrsg.): ''Handwörterbuch der Sexualwissenschaft. Enzyklopädie der natur- und kulturwissenschaftlichen Sexualkunde des Menschen''. Neuausgabe [Nachdruck der 2. Auflage, 1926], de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-017038-8.
* Jan Rutgers: ''Das Sexualleben in seiner biologischen Bedeutung als ein Hauptfaktor zur Lebensenergie….'' Christian Alfred Giesecke, Dresden (A24) 1922.
* Volkmar Sigusch: ''Sexualität.'' In: Eike Bohlken, Christian Thies (Hrsg.): ''Handbuch Anthropologie''. J. B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2009, ISBN 978-3-476-02228-8, S. 411–414.
 
=== Einzelstudien ===
* Magdalena Beljan: ''Rosa Zeiten? Eine Geschichte der Subjektivierung männlicher Homosexualität in den 1970er und 1980er Jahren der BRD''. Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2857-9.
* Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.): ''Sexualität und Kontrazeption aus der Sicht der Jugendlichen und ihrer Eltern. Eine repräsentative Studie im Auftrag der BZgA''. 3. Auflage, BZgA, Köln 2002, ISBN 3-9805282-1-9.
* Wilfried von Bredow, Thomas Noetzel: ''Befreite Sexualität? Streifzüge durch die Sittengeschichte seit der Aufklärung''. Junius Verlag, 1990, ISBN 3-88506-175-9.
* Dagmar Herzog: ''Die Politisierung der Lust. Sexualität in der deutschen Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts''. Siedler, München 2005, ISBN 3-88680-831-9.
* Dagmar Herzog: ''Sexuality in Europe. A Twentieth-Century History''. Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-69143-7 ({{"|Synthese des Forschungsstandes auf höchstem Niveau}}<ref>Norman Domeier: [http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2012-1-231 ''Rezension zu: Herzog, Dagmar: Sexuality in Europe. A Twentieth-Century History. Cambridge 2011'']. In: ''H-Soz-u-Kult'', 29. März 2012, abgerufen am 29. März 2012.</ref>).
* Andreas Krass (Hrsg.): ''Queer denken. Gegen die Ordnung der Sexualität (Queer Studies)''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-12248-7.
* William H. Masters, Virginia E. Johnson, Robert C. Kolodny: ''Liebe und Sexualität''. Neuauflage, Ullstein, Berlin u.&nbsp;a. 1993, ISBN 3-548-35356-8.
* Christiane Pönitzsch: ''Chatten im Netz. Sozialpsychologische Anmerkungen zum Verhältnis von Internet und Sexualität''. Tectum, Marburg 2003, ISBN 3-8288-8540-3.
* Helmut Schelsky: ''Soziologie der Sexualität''. Rowohlt, Hamburg 1955 (21. Aufl. 1977).
 
=== Kulturgeschichte ===
* Philippe Ariès u.&nbsp;a.: ''Die Masken des Begehrens und die Metamorphosen der Sinnlichkeit. Zur Geschichte der Sexualität im Abendland.'' Fischer, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-596-27357-9
* Peter-Paul Bänziger, Magdalena Beljan, Franz X. Eder, Pascal Eitler (Hrsg.): ''Sexuelle Revolution? Zur Geschichte der Sexualität im deutschsprachigen Raum seit den 1960er Jahren''. Transcript Verlag, Bielefeld 2015, ISBN 978-3-8376-2064-1.
* Georges Bataille: ''Tränen des Eros''. Matthes & Seitz, Berlin 2004, ISBN 3-88221-216-0
* Franz X. Eder: ''Kultur der Begierde. Eine Geschichte der Sexualität.'' Beck, München 2002, ISBN 3-406-47593-0 ([http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2003-1-045 Rezension])
* Claudia Bruns, Tilmann Walter (Hrsg.): ''Von Lust und Schmerz. Eine Historische Anthropologie der Sexualität''. Böhlau Verlag, Köln 2004, ISBN 978-3-412-07303-9
* Michel Foucault: ''Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit''. Bd. 1, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-518-28316-2
* Rüdiger Lautmann, Michael Schetsche: ''Sexualität im Denken der Moderne''. In: ''Historisches Wörterbuch der Philosophie'', Bd. 9, Sp. 730–742
* Volkmar Sigusch: ''Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion''. Campus, Frankfurt am Main/New York 2005, ISBN 3-593-37724-1.
 
== Weblinks ==
{{Commonscat|Human sexuality|Sexualität des Menschen|3=S}}
{{Wiktionary|Sexualität}}
{{Wikiquote|Sexualität}}
* [http://www.sexarchive.info/ Magnus-Hirschfeld-Archiv für Sexualwissenschaft] an der Humboldt-Universität zu Berlin.
* Peter-Paul Bänziger, Julia Stegmann:[http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/forum/2010-11-001 Politisierungen und Normalisierung: Sexualitätsgeschichte des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum] H-Soz-u-Kult, 5. November 2010. Umfangreicher Überblick über aktuelle Forschung zum Thema
* Franz X. Eder: [http://wirtges.univie.ac.at/Sexbibl/ ''SexBiblio. Bibliography of the History of Western Sexuality'']. 3. Ausgabe, Wien 2008.
* Karl Pawek: [http://www.geschichte-der-sexualitaet.de/ ''Geschichte der Sexualität''], 2000&nbsp;f.
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
[[Kategorie:Anthropologie]]
[[Kategorie:Psychologie]]
[[Kategorie:Pädagogik]]
[[Kategorie:Soziales Leben]]
[[Kategorie:Alltagskultur]]
[[Kategorie:Fortpflanzung]]
[[Kategorie:Sexualität|!]]
[[Kategorie:Gesundheit]]
[[Kategorie:Geschlecht]]
[[Kategorie:Liebe]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 13. Mai 2018, 16:44 Uhr

Der erste Kuss von Adam und Eva, Gemälde von Salvador Viniegra, 1891

Die Sexualität des Menschen ist im weitesten Sinne die Gesamtheit der Lebensäußerungen, Verhaltensweisen, Emotionen und Interaktionen von Menschen in Bezug auf ihr Geschlecht.

Die Humanbiologie betrachtet menschliche Sexualität hinsichtlich ihrer Funktion bei der Neukombination von Erbinformationen im Rahmen der geschlechtlichen Fortpflanzung. Im Zentrum stehen dabei menschliche Geschlechtsunterschiede zwischen Mann und Frau. Im sozio- und verhaltensbiologischen Sinn umfasst die Sexualität des Menschen die Formen dezidiert geschlechtlichen Verhaltens zwischen Sexualpartnern. Das Sexualverhalten des Menschen hat – wie das vieler Wirbeltiere – über Fortpflanzung und Genomaustausch hinaus zahlreiche Funktionen im Sozialgefüge einer Population.

Daher befassen sich die meisten Humanwissenschaften auch mit dem Thema der menschlichen Sexualität. Besonders psychologische, soziale und kulturelle Faktoren werden dabei als bedeutend für die Sexualität des Menschen betrachtet. Sexualität wird zu den menschlichen Grundbedürfnissen gezählt, und zwar sowohl in physiologischer als auch in sozialer Hinsicht die mit Sexualität verknüpft sind.

Biologische Grundlagen

Vorlage:Lückenhaft

Klassische Symbole für weiblich und männlich

Die Entwicklung eines durch Hormone gesteuerten Systems war ein wichtiger Schritt zur Herausbildung sexueller Verhaltensweisen. Neben der Fortpflanzung mittels Austausch von Erbinformationen hat geschlechtlicher Verkehr bei höheren Organismen teils auch eine soziale Bedeutung, insbesondere bei den Primaten (wie dem Menschen und den Bonobos).

Sexualität und Gesellschaft

Die Sexualität des Menschen und die Sexualmoral beeinflussen seine Psyche, seine persönliche Entwicklung, die Formen seines Zusammenlebens und die gesamte Sozialstruktur, also die Kultur und Gesellschaft, in der er lebt. Das Sexualverhalten des Menschen weist eine Vielzahl sexueller Orientierungen auf. Dazu gehören neben der Heterosexualität, bei der der Sexualtrieb auf das andere Geschlecht gerichtet ist, die Homosexualität und die Bisexualität, bei der sich das Interesse überwiegend oder auch auf das gleiche Geschlecht richtet. Bei der Asexualität besteht kein Verlangen nach Sex mit dem männlichen oder weiblichen Geschlecht. Die Pansexualität als Begehren unabhängig vom Geschlecht ist im queeren Verständnis einzuordnen (siehe Queer-Theorie).

Da sexuelle Präferenzen und insbesondere deren gesellschaftliche Akzeptanz gesellschaftlichen Veränderungen unterliegen, verschieben sich die Grenzen zwischen gesellschaftlich legitimen, legalen oder als schädlich eingeschätzten sexuellen Verhaltensweisen historisch wie interkulturell. Die Sexualität des Menschen bzw. seine sexuellen Präferenzen manifestieren sich in der Pubertät. Welche Anteile dieser Präferenzen erlernt oder in den Erbanlagen bereits festgelegt sind, ist Bestandteil des wissenschaftlichen Diskurses.

Geschichte

Vor- und Frühgeschichte

Jungsteinzeitliche Venusfigurinen wie die Venus von Willendorf gelten als Ausdruck frühen menschlichen Geschlechtsbezugs.

Viele archäologische Funde – wie die Venus von Willendorf – zeugen davon, dass die Beschäftigung mit der Sexualität schon früh Teil der menschlichen Kultur war. Ihr Stellenwert lässt sich an der übergroßen Darstellung und Einfärbung von Geschlechtsteilen der historischen Artefakte erkennen. Vulva- und phallusartige Steinsetzungen können als Zeichen der Verehrung von Geschlechtsorganen interpretiert werden.

Eine These ist, dass sich durch die Neolithische Revolution das Verhältnis des Menschen zur Sexualität geändert haben könnte. Diesem Konzept nach betrachtete der Mann die Sexualität der Frau als zunehmend gefährlich und einer Kontrolle bedürftig. Es wird in diesem Zusammenhang darüber spekuliert, dass die Versorgung und Pflege von Kindern nur dann lohnend sei, wenn es sich um den eigenen, genetisch verwandten Nachwuchs handelt. In diesem Zusammenhang soll der Umstand eine Rolle gespielt haben, dass die Frau eine verdeckte Befruchtung hat: da der Mann nicht im Nachhinein kontrollieren kann, ob er der Erzeuger der Kinder war, fing er an, die weibliche Sexualität mit Tabus und Verboten zu belegen. Nicht erklärt werden kann in dieser naturalistisch-biologistischen Sichtweise, warum auch alle anderen Formen der Sexualität mit Tabus und Verboten verbunden werden.

Altertum

In Altertum und Antike ist das Verhältnis zur Sexualität je nach Kultur und Epoche äußerst unterschiedlich. Von einigen Hochkulturen (z. B. Griechenland) ist bekannt, dass Prostitution und offene Homosexualität in ihnen gesellschaftsfähig waren.

Mittelalter

Die Moral der christlichen Kirche ist seit dem Mittelalter stark sexualfeindlich geprägt; Sexualität sollte ausschließlich der Zeugung von Kindern dienen. Wollust wurde den Hauptlastern zugerechnet, Homosexualität als abartig krankhaft und widernatürlich; vielmehr wurde die rigide Einhaltung der Keuschheit propagiert und die Sexualität in den Nimbus des Diabolischen gestellt.

Frühe Neuzeit

Während im spätmittelalterlichen Europa und in bestimmten Phasen der frühen Neuzeit – von den mittelalterlichen Badehäusern bis zu den absolutistischen Höfen – recht ungezwungene Sitten herrschten, breiteten sich erst mit dem Puritanismus und den Moralvorstellungen des viktorianischen England oder wilhelminischen Deutschland repressive Moralvorstellungen aus, mit denen man der Sexualität insgesamt misstrauisch gegenüberstand. Sie wurde z. B. als animalisch, roh und gefährlich angesehen, da sie die Grenzen der Vernunft zu sprengen drohte. Insbesondere in diesen Zeiten wurde der Frau keine selbstbestimmte Ausübung ihrer Sexualität zugestanden.

Moderne

19. Jahrhundert

Gustave Courbet: Der Schlaf, 1866; erotische Darstellungen als Vorläufer von Pornografie

Im 19. Jahrhundert setzte eine massive Sexualerziehung ein, die vor allem an junge Männer adressiert war. In Handbüchern wie The Young Man’s Guide (William Andrus Alcott, 1833) und Lecture to Young Men on Chastity (Sylvester Graham, 1834) wurden diese eindringlich vor den vermeintlichen gesundheitsschädlichen Folgen der Masturbation, aber auch vor homosexuellen Handlungen gewarnt.

Sigmund Freud

Von wichtiger wissenschaftsgeschichtlicher Bedeutung ist das Konzept der Triebtheorie, das der Wiener Arzt und Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud, Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte. Dieses Konzept sah die Psyche und die Entwicklung des Menschen zu einem erheblichen Teil von dem Sexualtrieb bestimmt. Freud beschrieb den Sexualtrieb zwar als biologisch begründet, erforschte ihn aber hauptsächlich in seiner psychologischen Ausprägung.

Die psychologische Erscheinungsform des Sexualtriebes bezeichnete er als Libido. Dieses Konzept spielte in der „klassischen“ Psychoanalyse eine wesentliche Rolle, da man dort annimmt, dass die psychische Entwicklung des Kindes erheblich durch seine Sexualität beeinflusst wird. Erhebliche Störungen in der psychosexuellen Entwicklung können zu Neurosen und Psychosen führen. Ganz im Gegensatz zu den kirchlichen Kritikern, die in der Entstehungszeit der Psychoanalyse, Freud vorwarfen, er würde Pansexualismus und Unzucht fördern und zur Verrohung der Sitten beitragen, sah Freud die reine Anerkennung der individuellen Sexualität als Merkmal für psychische Gesundheit. Hierbei muss die Sexualität nicht ausgelebt werden. Auch wurde Freuds frühes, und später verworfenes, Konzept der Katharsis als Aufruf zur sexuellen Aktivität missverstanden. Freud legte durch seine enge Verknüpfung der Sexualität und der psychischen Entwicklung auch den Grundstein zur psychologischen Untersuchung der Perversionen, die heute als Paraphilien bezeichnet werden. Paraphilien bezeichnen sexuelles Verhalten, welches von der Norm abweicht.

Mit Freuds Psychoanalyse entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts neue Vorstellungen der Rolle von Sexualität: Sie sei ein natürlicher Trieb, ihre Auslebung befreiend, notwendig und positiv, ihre Unterdrückung hingegen erzeuge Neurosen.

20. Jahrhundert

Nicht nur hinsichtlich Freud gilt das 20. Jahrhundert als das Jahrhundert der sexuellen Revolution(en).[1] So machte etwa zu Beginn des Jahrhunderts Magnus Hirschfeld in Deutschland durch seine Forderungen nach Straffreiheit für Homosexuelle auf sich aufmerksam. Er gründete in Berlin das weltweit erste Institut für Sexualwissenschaft.

Im Jahre 1917 hatte Richard Oswald den Aufklärungsfilm über Geschlechtskrankheiten „Es werde Licht!“ im Auftrag des deutschen Kriegsministeriums gedreht. Allein dieser Film hatte drei Folgen. 1919 brachte Oswald das Problem Homosexualität und Erpressung in einer kriminalistischen Handlung unter: „Anders als die Andern“. Weil vom Ende des Ersten Weltkrieges bis 1920 keine Filmzensur in Deutschland existierte, folgte 1919 auf die Welle der „Aufklärungsfilme“ die der eigentlichen „spekulativen Sexfilme“, damals noch „Sittenfilme“ genannt. In den 1960er Jahren wiederholte sich diese kommerziell-gesellschaftliche Entwicklung auf eine ähnliche Weise.

Seit den 1930er Jahren ermöglichten Antibiotika erstmals eine effektive Behandlung übertragbarer Geschlechtskrankheiten, sodass das Argument, sexuelle Freizügigkeit werde mit unheilbarer Krankheit „bestraft“, von nun an immer mehr an Bedeutung verlor.

Nach Untersuchungen der US-amerikanischen Historikerin Dagmar Herzog war die Haltung zur Sexualität während des Nationalsozialismus nicht etwa durchgehend repressiv, sondern „doppelbödig“ und teilweise liberal[2] – bei gleichzeitig starker Repression gegen Minderheiten:

„Kondome waren zugänglich, Vorschläge für bessere Orgasmen präsent, Freude an der Sexualität war erwünscht, die ganze Diskussion war eher sexpositiv eingestellt – für Nichthomosexuelle, Nichtbehinderte, Nichtjuden.“[3]

In den 1950er Jahren folgte ein Wandel zu einer deutlich konservativeren Einstellung. Bis in die 1960er Jahre hinein blieb eine oftmals als bigott angesehene Moral vorherrschend. So galten z. B. Zimmerwirte als Kuppler, wenn sie unverheirateten Paaren gemeinsame Schlafräume vermittelten. Sexualität war ein Tabu-Thema, über das in der Öffentlichkeit nicht gesprochen wurde. Erst die Welle der sexuellen Befreiung der 68er führte – zusammen mit der Aufklärungsliteratur (wie der von Shere Hite) und den Aufklärungsfilmen – zu neuem Nachdenken über die sexuelle Lust.

Mit der zunehmenden Enttabuisierung der Sexualität rückte dieses Thema zunehmend in den Blickpunkt der Wissenschaft. Alfred Charles Kinsey erforschte ab den 1940er Jahren das menschliche Sexualverhalten und stellte seine Erkenntnisse in den sogenannten Kinsey-Reports dar, die aufgrund ihrer Ergebnisse heftige Kontroversen auslösten. Die Erforschung der Sexualität und auch der sexuellen Störungen, die heute als behandlungsbedürftig angesehen werden, geht vor allem auf die Pioniere Masters und Johnson zurück, welche sich als Forscherduo der Sexualität widmeten. Helen Singer Kaplan entwickelte in den 1970er Jahren die Sexualtherapie.

21. Jahrhundert

In der Gegenwart wird die sexuelle Selbstbestimmung mehr und mehr zum Leitgedanken der von der sexuellen Revolution veränderten Sexualmoral. Abweichende sexuelle Praktiken, Beziehungsformen und sexuelle Orientierungen sind zunehmend sozial akzeptiert oder wenigstens geduldet, solange Einverständnis zwischen den (erwachsenen) Beteiligten besteht, die Vorgaben des Strafrechts eingehalten und keine Dritten potentiell geschädigt oder belästigt werden.

Siehe auch

Portal
Portal
 Wikipedia:Portal: Sexualität – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Sexualität

Literatur

Allgemeines

  • Vern L. Bullough, Bonnie Bullough (Hrsg.): Human Sexuality: An Encyclopedia. Garland Publishing, New York/London 1994, ISBN 0-8240-7972-8 (Garland Reference Library of Social Science, Vol. 685; online, hrsg. von Erwin J. Haeberle, 2006).
  • Stephan Dressler, Christoph Zink: Pschyrembel Wörterbuch Sexualität. De Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-016965-7.
  • Robert T. Francoeur (Hrsg.): The International Encyclopedia of Sexuality. Bd. I–IV, The Continuum Publishing Company, New York 1997–2001 (online).
  • Erwin J. Haeberle: Die Sexualität des Menschen. Handbuch und Atlas. 2003 (online; auch erschienen als: dtv-Atlas Sexualität. dtv, München 2005, ISBN 3-423-03235-9).
  • Max Marcuse (Hrsg.): Handwörterbuch der Sexualwissenschaft. Enzyklopädie der natur- und kulturwissenschaftlichen Sexualkunde des Menschen. Neuausgabe [Nachdruck der 2. Auflage, 1926], de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-017038-8.
  • Jan Rutgers: Das Sexualleben in seiner biologischen Bedeutung als ein Hauptfaktor zur Lebensenergie…. Christian Alfred Giesecke, Dresden (A24) 1922.
  • Volkmar Sigusch: Sexualität. In: Eike Bohlken, Christian Thies (Hrsg.): Handbuch Anthropologie. J. B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2009, ISBN 978-3-476-02228-8, S. 411–414.

Einzelstudien

  • Magdalena Beljan: Rosa Zeiten? Eine Geschichte der Subjektivierung männlicher Homosexualität in den 1970er und 1980er Jahren der BRD. Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2857-9.
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.): Sexualität und Kontrazeption aus der Sicht der Jugendlichen und ihrer Eltern. Eine repräsentative Studie im Auftrag der BZgA. 3. Auflage, BZgA, Köln 2002, ISBN 3-9805282-1-9.
  • Wilfried von Bredow, Thomas Noetzel: Befreite Sexualität? Streifzüge durch die Sittengeschichte seit der Aufklärung. Junius Verlag, 1990, ISBN 3-88506-175-9.
  • Dagmar Herzog: Die Politisierung der Lust. Sexualität in der deutschen Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts. Siedler, München 2005, ISBN 3-88680-831-9.
  • Dagmar Herzog: Sexuality in Europe. A Twentieth-Century History. Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-69143-7 („Synthese des Forschungsstandes auf höchstem Niveau“[4]).
  • Andreas Krass (Hrsg.): Queer denken. Gegen die Ordnung der Sexualität (Queer Studies). Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-12248-7.
  • William H. Masters, Virginia E. Johnson, Robert C. Kolodny: Liebe und Sexualität. Neuauflage, Ullstein, Berlin u. a. 1993, ISBN 3-548-35356-8.
  • Christiane Pönitzsch: Chatten im Netz. Sozialpsychologische Anmerkungen zum Verhältnis von Internet und Sexualität. Tectum, Marburg 2003, ISBN 3-8288-8540-3.
  • Helmut Schelsky: Soziologie der Sexualität. Rowohlt, Hamburg 1955 (21. Aufl. 1977).

Kulturgeschichte

  • Philippe Ariès u. a.: Die Masken des Begehrens und die Metamorphosen der Sinnlichkeit. Zur Geschichte der Sexualität im Abendland. Fischer, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-596-27357-9
  • Peter-Paul Bänziger, Magdalena Beljan, Franz X. Eder, Pascal Eitler (Hrsg.): Sexuelle Revolution? Zur Geschichte der Sexualität im deutschsprachigen Raum seit den 1960er Jahren. Transcript Verlag, Bielefeld 2015, ISBN 978-3-8376-2064-1.
  • Georges Bataille: Tränen des Eros. Matthes & Seitz, Berlin 2004, ISBN 3-88221-216-0
  • Franz X. Eder: Kultur der Begierde. Eine Geschichte der Sexualität. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47593-0 (Rezension)
  • Claudia Bruns, Tilmann Walter (Hrsg.): Von Lust und Schmerz. Eine Historische Anthropologie der Sexualität. Böhlau Verlag, Köln 2004, ISBN 978-3-412-07303-9
  • Michel Foucault: Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit. Bd. 1, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-518-28316-2
  • Rüdiger Lautmann, Michael Schetsche: Sexualität im Denken der Moderne. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 9, Sp. 730–742
  • Volkmar Sigusch: Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion. Campus, Frankfurt am Main/New York 2005, ISBN 3-593-37724-1.

Weblinks

Commons: Sexualität des Menschen - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wiktionary: Sexualität – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikiquote: Sexualität – Zitate

Einzelnachweise

  1. Dagmar Herzog: Sexuality in Europe. A Twentieth-Century History. Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-69143-7; Volkmar Sigusch: Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion. Campus, Frankfurt am Main/New York 2005, ISBN 3-593-37724-1.
  2. Dagmar Herzog: Politisierung der Lust. Siedler Verlag, München, 2005, ISBN 978-3-88680-831-1.
  3. „Die Quellen waren mit Sexualität gesättigt“ [Interview von Gunter Schmidt mit der Historikerin Dagmar Herzog]. In: taz, 20. Januar 2007, abgerufen am 29. März 2012.
  4. Norman Domeier: Rezension zu: Herzog, Dagmar: Sexuality in Europe. A Twentieth-Century History. Cambridge 2011. In: H-Soz-u-Kult, 29. März 2012, abgerufen am 29. März 2012.


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Sexualität des Menschen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.