Fibonacci-Folge und Jerry Fodor: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Jerry Fodor in 2007.jpg|mini|hochkant|Jerry Fodor (2007)]]
Die '''Fibonacci-Folge''' ist die unendliche [[Folge (Mathematik)|Folge]] von [[Natürliche Zahl|natürlichen Zahlen]], die (ursprünglich) mit zweimal der Zahl 1 beginnt oder (häufig, in moderner Schreibweise) zusätzlich mit einer führenden Zahl 0 versehen ist.<ref name=OESI2C>{{OEIS|A000045}}</ref> Im Anschluss ergibt jeweils die Summe zweier aufeinanderfolgender Zahlen die unmittelbar danach folgende Zahl:
{|
| [[Datei:Fibonacci sequence - optional starting with zero.jpg|links|0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, …]]
|}
Die darin enthaltenen Zahlen heißen '''Fibonacci-Zahlen.''' Benannt ist die Folge nach [[Leonardo Fibonacci]], der damit im Jahr 1202 das Wachstum einer Kaninchenpopulation beschrieb. Die Folge war aber schon in der Antike sowohl den [[Antikes Griechenland|Griechen]] als auch den [[Indien|Indern]] bekannt.<ref>{{Cite journal |first=Parmanand |last=Singh |title=The So-called Fibonacci numbers in ancient and medieval India |journal=Historia Mathematica |volume=12 |issue=3 |pages=229–244 |year=1985 |doi=10.1016/0315-0860(85)90021-7}}</ref>


Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Fibonacci-Folge auch noch zahlreiche andere [[#Fibonacci-Folgen in der Natur|Wachstumsvorgänge der Pflanzen]] beschreibt. Es scheint, als sei sie eine Art Wachstumsmuster in der Natur.<ref name=GoSecEu>Ruben Stelzner (in Zusammenarbeit mit Wolfgang Schad): ''[http://www.golden-section.eu/kapitel5.html Der Goldene Schnitt. Das Mysterium der Schönheit.]'' In: ''golden-section.eu.'' Abgerufen am 26. Oktober 2015.</ref>
'''Jerry Alan Fodor''' (* [[22. April]] [[1935]] in New York City; † [[29. November]] [[2017]]<ref>[https://www.lrb.co.uk/blog/2017/11/30/the-editors/jerry-fodor-1935-2017/ ''Jerry Fodor 1935-2017''], London Review of Books, abgerufen am 30. November 2017</ref>) war ein amerikanischer [[Philosoph]] und [[Kognitionswissenschaft]]ler. Er lehrte an der Rutgers University in New Jersey.


Die Fibonacci-Zahlen weisen einige bemerkenswerte mathematische Besonderheiten auf:
== Leben ==
* Aufgrund der [[#Beziehungen zwischen den Folgegliedern|Beziehung zur vorherigen und zur folgenden Zahl]] scheint Wachstum in der Natur einem Additionsgesetz zu folgen.
Fodor studierte von 1952 bis 1961 an der Columbia University, der Princeton University und der Oxford University. 1956 erhielt er seinen Bachelor mit summa cum laude an der Columbia University, wo er zusammen mit Sidney Morgenbesser studierte, 1960 erlangte er unter der Leitung von [[Hilary Putnam]] einen PhD in Philosophy an der Princeton University.
* Die Fibonacci-Folge steht in einem unmittelbaren [[#Verwandtschaft mit dem Goldenen Schnitt|Zusammenhang zum Goldenen Schnitt]]. Je weiter man in der Folge fortschreitet, desto mehr nähert sich der [[Quotient]] aufeinanderfolgender Zahlen dem [[Goldener Schnitt|Goldenen Schnitt]] (1,618033…) an (beispielsweise 13:8=1,6250; 21:13≈1,6154; 34:21≈1,6190; 55:34≈1,6176; etc).
* Diese Annäherung ist alternierend, d.&nbsp;h. die Quotienten sind abwechselnd kleiner und größer als der Goldene Schnitt.<ref name=GoSecEu />


== Definition der Fibonacci-Folge ==
Von 1961 bis 1986 war er Professor für Philosophie am Massachusetts Institute of Technology. Von 1986 bis 1988 lehrte er am Graduate Center der City University of New York. Seit 1988 lehrt Fodor an der Rutgers University.


Die Fibonacci-Folge <math>f_1,\,f_2,\,f_3,\ldots</math> ist durch das [[Rekursion|rekursive]] Bildungsgesetz
1987 wurde Fodor in die American Academy of Arts and Sciences gewählt, 1993 wurde er mit dem Jean-Nicod-Preis ausgezeichnet.


: <math>f_n = f_{n-1} + f_{n-2}</math> &nbsp; für <math>n > 2</math>
Fodor war mit der Linguistin Janet Dean Fodor (* 1942) verheiratet.


mit den Anfangswerten
== Die repräsentationale Theorie des Geistes ==
[[Datei:Phrenologychart.png|mini|In der Phrenologie sieht Fodor einen Vorläufer seiner These der Modularität des Geistes]]
Fodor hat – unter Zuhilfenahme verschiedener Elemente aus der [[Philosophie des Geistes]] und den Kognitionswissenschaften – eine komplexe Theorie des Geistes entwickelt, die er selbst „repräsentational“ nennt. Ausgangspunkt dieser Theorie ist eine Analogie zum Computer: Computer haben nicht nur eine [[Hardware]]ebene, sondern auch eine [[Software]]ebene. Obwohl die Software [[Ontologie|ontologisch]] abhängig ist, ist sie doch in dem Sinne unabhängig, dass man sie genau beschreiben kann, ohne ihre [[Implementierung]] zu kennen. Fodors These ist nun, dass sich Geist und Gehirn zueinander verhalten, wie Software und Hardware. Der Geist lässt sich durch die Kognitionswissenschaften auf einer abstrakten Ebene beschreiben, ohne dass dabei eine Beschreibung des Gehirns nötig wäre.


: <math>f_1 = f_2 = 1</math>
Zu Fodors repräsentationaler Theorie des Geistes gehört auch die Annahme einer [[Sprache des Geistes]] ''(language of thought)'': Der Geist arbeite mit mentalen Repräsentationen, die nach einer mentalen [[Syntax]] zu [[Gedanke]]n zusammengesetzt werden. Fodor nennt die hypothetische Sprache des Geistes auch „Mentalesisch“ ''(mentalese)''.


definiert. Das bedeutet in Worten:
An Fodors repräsentationaler Theorie des Geistes ist in den letzten Jahrzehnten viel Kritik geäußert worden. So wird argumentiert, dass mit dem [[Konnektionismus]] ein realistischeres [[Modell]] des Geistes entwickelt worden sei, das auf eine Trennung zwischen Software- und Hardwareebene verzichte: [[Künstliches neuronales Netz|Künstliche neuronale Netze]] können kognitive Fähigkeiten simulieren, ohne dass sie explizite [[Repräsentation (Psychologie)|Repräsentationen]] oder eine Syntax haben. Fodor meinte hingegen, dass solche Systeme charakteristische Fähigkeiten des Menschen grundsätzlich nicht simulieren könnten.


* Für die beiden ersten Zahlen wird der Wert ''eins'' vorgegeben.
== Intentionalität ==
* Jede weitere Zahl ist die Summe ihrer beiden Vorgänger in der Folge.
Gedanken haben eine [[Eigenschaft]], die sie in naturwissenschaftlichen Ansätzen schwer erklärbar machen: Ein Gedanke bezieht sich auf einen [[Sachverhalt]] und ist daher wahrheitswertfähig. Der Gedanke, dass [[Herodot]] ein Historiker war, bezieht sich etwa auf den Sachverhalt, dass Herodot ein Historiker war und ist wahr. In der Philosophie wird diese Eigenschaft von Gedanken "[[Intentionalität]]" genannt. Sie erscheint als problematisch, weil gar nicht klar ist, wie sich ein neuronaler Prozess auf einen Sachverhalt beziehen kann. Folglich ist auch nicht klar, wie ein neuronaler Prozess wahr oder falsch sein kann. Neuronale Prozesse scheinen doch einfach nur nach [[Physikalisches Gesetz|Naturgesetzen]] zu „geschehen“.


Daraus ergibt sich:
Fodor versucht nun die Intentionalität – und damit Bezugnahme und Wahrheitswertfähigkeit – durch eine [[Kausalität|kausale]] Beziehung zu erklären. Wird ein Zustand X immer von Ys verursacht, so repräsentiert X auch Y. Damit bezieht sich X auf Y. Wird X allerdings von einem Z verursacht, das kein Y ist, so haben wir es mit einer Fehlrepräsentation zu tun und X ist falsch.


:{| class="wikitable" style="text-align:right"
== Modularität ==
! n
Mit der These der [[Modularität des Geistes]] ''(modularity of mind)'' hat Fodor einen Beitrag zur konkreten kognitionswissenschaftlichen Forschung geleistet. Fodor geht von einer modularen Struktur des Geistes aus, worunter er nicht nur die Zuordnung von geistigen Fähigkeiten zu abgrenzbaren neuronalen Strukturen versteht. Vielmehr geht er davon aus, dass sich auf einer abstrakten Ebene einzelne relativ unabhängige Systeme beschreiben lassen.
! ''f''<sub>n</sub>
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|}


Aus der Forderung, dass die Rekursion
Diese Systeme – die Module – sind nach Fodor durch eine Reihe von Merkmalen gekennzeichnet. Sie sollen jeweils auf einen spezifischen [[Input]] zugeschnitten sein, untereinander nicht oder wenig [[interagieren]] und nicht der bewussten Kontrolle unterstehen. Dafür sollen die Module schnell und parallel arbeiten. Fodor geht zudem davon aus, dass die Module in abgrenzbaren Regionen des Gehirns lokalisiert sind.


: <math>f_n = f_{n-1} + f_{n-2}</math>
Fodor sieht seine Modularitätsthese auch in der Tradition der [[Phrenologie]]. Während jedoch die Phrenologie sich nicht durchsetzen konnte und zunehmend eine [[Pseudowissenschaft]] wurde, wird heute sehr erfolgreich mit der Modularitätsthese gearbeitet. So wird etwa in der [[Neurolinguistik|Neuro-]] und [[Patholinguistik]] nach einzelnen Modulen gesucht. Die Annahme ist, dass Module als autonome Systeme unabhängig voneinander gestört sein können. Findet man, dass zwei Fähigkeiten a und b unabhängig voneinander ausfallen können, so kann man davon ausgehen, dass diese Fähigkeiten zum Teil auf der Arbeit von verschiedenen Modulen basieren.


auch für ganze Zahlen <math>n \leq 2</math> gelten soll, erhält man eine eindeutige Fortsetzung auf den Index 0 und auf negative Indizes. Es gilt:
== Evolution ==
2010 veröffentlichte Fodor zusammen mit Massimo Piattelli-Palmarini das Buch ''What Darwin Got Wrong'', in dem das Prinzip der [[Natürliche Selektion|Natürlichen Selektion]] als Mechanismus der [[Evolution]] in Frage gestellt wird. Mit einer Weiterentwicklung des [[Spandrel (Biologie)|Spandrel]]-Konzeptes argumentierend, kommen die Autoren zum Schluss, dass Darwins Theorie der Natürlichen Selektion „leer“ sei.<ref>[http://www.nybooks.com/articles/archives/2010/may/27/not-so-natural-selection/ “Darwin’s theory of selection is empty”, zitiert nach Buchbesprechung von Richard C. Lewontin]</ref> In der folgenden öffentlichen Debatte wurden die kontroversen Thesen besonders von Evolutionsbiologen scharf kritisiert<ref>[[Douglas J. Futuyma]]: [http://www.sciencemag.org/cgi/content/full/328/5979/692 ''Two Critics Without a Clue''. Science Nr. 328 (2010)]</ref>, es gab aber auch positive Reaktionen, etwa von der Philosophin [[Mary Midgley]].<ref>[https://www.theguardian.com/books/2010/feb/06/what-darwin-got-wrong Buchbesprechung von Mary Midgley]</ref>


: <math>f_0 = 0</math>
== Jerry Fodor und Noam Chomsky{{Anker|Jerry Fodor und Noam Chomsky}} ==
: <math>f_{-n} = (-1)^{n+1} f_n</math> für alle <math>n > 0</math>
Jerry Fodor und [[Noam Chomsky]] haben ihre Vorstellungen vom Zusammenhang zwischen Sprache und Denken und den Prozessen beim [[Spracherwerb]] in gegenseitiger Beeinflussung entwickelt.


Die so erweiterte Fibonacci-Folge lautet dann
=== Semantische Theorie und Transformationsgrammatik{{Anker|Semantische Theorie und Transformationsgrammatik}} ===
{{Siehe auch|Jerrold Katz#Die Semantische Theorie|Jerrold Katz, Abschnitt: Die Semantische Theorie}}


: <math>\ldots,\;-8,\;5,\;-3,\;2,\;-1,\;1,\;0,\;1,\;1,\;2,\;3,\;5,\;8,\;\ldots</math>
Als Ergänzung zu Chomskys früher Version der ([[Generative Transformationsgrammatik|Generativen Transformationsgrammatik]]) entwarf Fodor zusammen mit dem Linguisten Jerrold Katz eine semantische Theorie.<ref>Jerrold Katz and Jerry Fodor: The Structure of a Semantic Theorie. In: Language 39, S. 170–210, 1963.</ref>


Darüber hinaus ist eine [[Verallgemeinerte Fibonacci-Folge|Verallgemeinerung der Fibonacci-Zahlen]] auf [[komplexe Zahl]]en, [[proendliche Zahl]]en<ref>Hendrik Lenstra: [http://www.math.leidenuniv.nl/~hwl/papers/fibo.pdf ''Profinite Fibonacci numbers''.] (PDF)</ref> und auf [[Vektorraum|Vektorräume]] möglich.
Chomskys “Syntactic-Structures” - Version<ref>Noam Chomsky: Syntactic Structures. The Hague: Mouton 1957.</ref> analysiert zwar die [[grammatik]]alischen Kategorien und Relationen des Satzes, bezieht jedoch nicht die Wortbedeutung mit ein. Das wurde in der wissenschaftlichen Diskussion kritisiert. Als Reaktion darauf entwickelten Katz und Fodor die Theorie der semantischen Komponente. Dieses Modell integrierte Chomsky in seine neue Fassung der TG, die Standardtheorie.<ref>Noam Chomsky: Aspects of the Theory of Syntax. Cambridge: The MIT Press, 1965.</ref><ref>Noam Chomsky: Aspekte der Syntaxtheorie (Übersetzung von: Aspects of the Theory of Syntax, 1965). Frankfurt 1969.</ref>


== Eigenschaften ==
Grundlage dieses Konzepts sind Fodors [[Sprachphilosophie|sprachphilosophische]] und [[kognition]]swissenschaftliche Ansichten: Er geht von dem Bezug eines Gedankens auf einen Sachverhalt (intentional attitudes) aus<ref>J. Fodor: Propositional Attitudes 1978.</ref> und nimmt an, dass das System der [[Sprache]] und der [[Logik]] in gleicher Weise auf das [[Denken]] zutrifft.<ref>J. Fodor: "Systematicity". Journal of Philosophy (93): 591–614. 1996.</ref><ref>J. Fodor: A Theory of Content and Other Essays. The MIT Press 1990.</ref> Erstens lasse sich nämlich durch kausale Abfolgen überprüfen, ob der objektive Sinngehalt, der [[Proposition (Linguistik)|propositionale]] Kern der Aussage, entweder wahr oder falsch ist. Zweitens treffe die kombinatorische Struktur der Sprache auch auf das Denken zu und folglich könne man eine Sprache des Denkens annehmen.<ref>J. Fodor: RePresentations. Philosophical Essays on the Foundations of Cognitive Science. Mass.: The MIT Press 1978.</ref> Im Unterschied zu [[Pragmatik (Linguistik)|pragmatischen]] Ansätzen ist in Fodors Untersuchungsfeld nicht der Sprachgebrauch der Ausgangspunkt, sondern die formallogische Struktur der [[Begriff]]e im menschlichen Bewusstsein. Daraus folgt, dass ein Ausdruck seine Bedeutung erst im Zusammenhang mit dem mentalen Apparat erhält.


=== Beziehungen zwischen den Folgegliedern ===
Für die Erarbeitung ihrer Semantischen Interpretation, die eine Modellierung der Ableitungsregeln für die Spracherzeugung zum Ziel hat, beziehen sich Fodor/Katz auf Chomskys Theorie der TG.<ref>Noam Chomsky: Reflections on Language. New York: Pantheon Books, 1975.</ref> Entsprechend der Sprache hat das System des Geistes – als kognitiver Apparat – die Fähigkeiten der Produktivität bzw. Kreativität sowie der [[Kompositionalität]]: Der Mensch kann aus den vorgegebenen Bausteinen „Oliver“ „liebt“ „Laura“ Sätze bilden mit verschiedenen Subjekten und Objekten. Das setzt voraus, dass die Wortketten in ihre Bestandteile zerlegbar (dekomponierbar) sind.<ref>J. Fodor: Connectionism and cognitive architecture: A critical analysis. Cognition (1-2): 3–71. 1988.</ref> Der Regelapparat orientiert sich - sowohl in den frühen Modellen der Transformationsgrammatik Chomskys als auch in der Interpretativen Semantik - an der Syntax.
[[Identitätsgleichung|Identitäten]]:
* <math>f_{m+n} = f_{n+1} \; f_m + f_n \; f_{m-1}</math>
* <math>f_{m+n} = f_n\; L_m + (-1)^{m+1} \; f_{n-m}</math> mit der [[Lucas-Folge]] <math>L_m=f_{m+1}+\;f_{m-1}=\Phi^m+\Psi^m</math>, insbesondere:
* <math>f_{2n} = f_n\; L_n = f_n\; (f_{n+1}+f_{n-1})</math>
* <math>f_{2n+1} = f_n^2 + f_{n+1}^2</math>
* <math>f_{n}^2 - f_{n+k} \; f_{n-k}=(-1)^{n-k} f_{k}^2</math> (Identität von [[Eugène Charles Catalan|Catalan]])
* <math>f_{n+1} \; f_{n-1} - f_{n}^2=(-1)^{n} </math> (Identität von [[Giovanni Domenico Cassini|Cassini]], Spezialfall der Catalan-Identität)
* <math>f_{m} \; f_{n+1} - f_{n} \; f_{m+1}=(-1)^{n} f_{m-n} </math> (Identität von [[Philbert Maurice d’Ocagne|d’Ocagne]])


[[Teilbarkeit]]:
Wie Chomsky (in den ersten Versionen der TG) ist Fodor der Auffassung, dass das menschliche [[Gehirn]] ähnlich arbeitet wie ein [[Computer]] und dass die Prozesse in [[Mathematik|mathematischen]] [[Formel]]n notierbar sind<ref>J. Fodor: The Language of Thought. Harvard University Press 1975.</ref>. So kann man versuchen, durch kausale Abfolgen und Regeln diese Sprache – und damit den Prozess der Spracherzeugung und des Verstehens – nachzubilden und eine [[Universalsprache]] zu modellieren. Dabei werden – in der [[Informatik]] verwendete – mathematische Symbole der [[Graphentheorie]] in Verbindung mit [[Algorithmus|Algorithmen]] eingesetzt. Chomsky verzichtete allerdings – nach Kritik bezüglich der Eignung für die Modellierbarkeit kognitiver Prozesse - in seinen späteren Grammatiktheorien wie „Government and Binding“ (GB, 1981) und „Minimalistisches Programm“ (MP, 1992) auf eine mathematische [[Formalisierung]].
* <math>\operatorname{ggT}(f_m,f_n)=f_{\operatorname{ggT}(m,n)}</math>
* Je zwei benachbarte Fibonaccizahlen sind teilerfremd, d.&nbsp;h. <math>\operatorname{ggT}(f_n,f_{n+1})=1</math>.
* <math>m\mid n\Rightarrow f_m\mid f_n</math>; für <math>m>2</math> gilt auch die Umkehrung. Insbesondere kann <math>f_n</math> für <math>n>4</math> nur dann eine [[Primzahl]] sein, wenn <math>n</math> eine Primzahl ist.
* <math>2 \mid f_n \Leftrightarrow 3 \mid n</math> (Genau jede dritte Fibonacci-Zahl ist durch 2 teilbar.)
* <math>3 \mid f_n \Leftrightarrow 4 \mid n</math> (Genau jede vierte Fibonacci-Zahl ist durch 3 teilbar.)
* <math>4 \mid f_n \Leftrightarrow 6 \mid n</math> (Genau jede sechste Fibonacci-Zahl ist durch 4 teilbar.)
* <math>5 \mid f_n \Leftrightarrow 5 \mid n</math> (Genau jede fünfte Fibonacci-Zahl ist durch 5 teilbar.)
* <math>7 \mid f_n \Leftrightarrow 8 \mid n</math> (Genau jede achte Fibonacci-Zahl ist durch 7 teilbar.)
* <math>16 \mid f_n \Leftrightarrow 12 \mid n</math> (Genau jede zwölfte Fibonacci-Zahl ist durch 16 teilbar.)<ref>Nicolai N. Vorobiev: ''Fibonacci Numbers.'' Birkhäuser, Basel 2002. ISBN 3-7643-6135-2. S.&nbsp;59, [http://books.google.de/books?id=uVE_LiXbSpoC&pg=PA59#v=onepage&q&f=false Online-Version].</ref>
:Für die Teilbarkeit durch Primzahlen <math>p</math> gilt unter Verwendung des [[Quadratischer Rest#Legendre- und Jacobi-Symbol|Jacobi-Symbols]]:
* <math>p \mid f_{p-1} \Leftrightarrow \left(\frac{5}{p}\right)=1</math>
* <math>p \mid f_{p+1} \Leftrightarrow \left(\frac{5}{p}\right)=-1</math><ref>[http://sternenreise.com/Verschiedenes/Fibonacci-Teilbarkeit.pdf PDF.] Bei: ''sternenreise.com.''</ref>


[[Reihe (Mathematik)|Reihen]]:
=== Chomskys und Fodors Vorstellungen der angeborenen Modularität des Geistes{{Anker|Chomskys und Fodors Vorstellung der angeborenen Modularität des Geistes}} ===
* <math>\sum_{i=0}^{n} f_i = f_{n+2}-1</math>
* <math>\sum_{i=1}^{2n} (-1)^{i-1} \; f_i = -f_{2n-1}+1</math>
* <math>\sum_{i=1}^{2n+1} (-1)^{i-1} \; f_i = f_{2n}+1</math>
* <math>\sum_{i=1}^{n} f_i^2 = f_n \; f_{n+1}</math>
* <math>\sum_{i=1}^{n} f_{2i-1} = f_{2n}</math>
* <math>\sum_{i=1}^{n} f_{2i} = f_{2n+1}-1</math>


Es gibt noch zahlreiche weitere derartige Formeln.
→ Siehe auch: [[Interpretative Semantik#The Linguistics Wars - Lakoff gegen Chomsky|Interpretative Semantik: The Linguistics Wars - Lakoff gegen Chomsky]]


=== Verwandtschaft mit dem Goldenen Schnitt ===
In ihren Auseinandersetzungen mit der [[Behaviorismus|behavioristischen]] Interpretation geistiger Prozesse<ref>B. F. Skinner: Verbal Behavior. Prentice Hall, Englewood Cliffs, N.J. (1957) 1985.</ref> – wie des Lernens – vertreten Chomsky und Fodor eine [[Nativismus (Psychologie)|nativistische]] Vorstellung, d.&nbsp;h. dass viele kognitive Funktionen und Begriffe angeboren sind, so auch die Fähigkeit, eine Sprache zu erlernen.<ref>Francesco Ferretti: Jerry A. Fodor: Mente e Linguaggio. Rome: Editori Laterza 2001.</ref> Diese geistigen Strukturen werden durch [[Modul (Kognitionswissenschaften)|Module]] im Gehirn organisiert<ref>J. Fodor: The Modularity of Mind: An Essay on Faculty Psychology, MIT Press 1983.</ref>. Eines dieser spezialisierten Subsysteme, welches die Universalsprache enthält und den Spracherwerbmechanismus steuert, nennt Chomsky „[[Language Acquisition Device]]“ (LAD)<ref>Noam Chomsky: Probleme sprachlichen Wissens. Beltz Athenäum, Weinheim 1996.</ref>. Fodor ordnet die Sprachzentren einzelnen abgegrenzten Gehirnregionen ([[Phrenologie]]) zu, die nur begrenzt miteinander kooperieren und deren neuronale Vernetzungen nach einem computerähnlichen Prinzip mit Input und Output arbeiten. [[Konnektivismus|Konnektivistische]] Modelle lehnt er ab.<ref>J. Fodor: ''Connectionism and cognitive architecture: A critical analysis.'' Cognition (1-2): 3–7, 1988.</ref>
Wie von [[Johannes Kepler]] festgestellt wurde, nähert sich der [[Quotient]] zweier aufeinander folgender Fibonacci-Zahlen dem [[Goldener Schnitt|Goldenen Schnitt]] <math>\Phi</math> an. Dies folgt unmittelbar aus der [[Fibonacci-Folge#Näherungsformel für große Zahlen|Näherungsformel]] für große <math>n:</math>


:<math>\lim_{n \to \infty}\frac {f_{n+1}}{f_n} = \lim_{n \to \infty}{\Phi^{n+1}\over\Phi^n} = \Phi \approx 1{,}618\ldots</math>
Chomsky kritisierte bereits 1959<ref>Noam Chomsky: A Review of B.F. Skinner’s Verbal Behavior Language, 35: 26–58, 1959.</ref> die behavioristische Lernpsychologie, die mit dem Reiz-Reaktions-Muster das Verhalten der Lebewesen erklärt, die verursachenden geistigen Mechanismen jedoch kaum untersucht. Auch das Phänomen „Sprache“ wird als sprachliches „Verhalten“ verstanden und das Erlernen funktioniert nach dem Prinzip der Verstärkung und kann – ähnlich der Dressur eines Tieres – gelenkt werden: Die erfolgreiche Anwendung (Erfolgserlebnis = Belohnung) der Wörter und Sätze steigert das natürliche Lernverhalten des Kindes (operative [[Konditionierung]]). Mit den behavioristischen Prinzipien, dass allein Interaktionen mit der Umwelt und die biologischen Verstärker für den Spracherwerb von Bedeutung sind, wurden zahlreiche Sprachprogramme entwickelt. Deren Autoren bestreiten Chomskys und Fodors These, die sprachspezifischen kognitiven Regelapparate seien angeboren.<ref>Steven C. Hayes u. a. (Hrsg.): Relational Frame Theory: A Post-Skinnerian Account of Human Language and Cognition, Plenum Press, 2001.</ref>


Diese Quotienten zweier aufeinanderfolgender Fibonacci-Zahlen haben eine bemerkenswerte [[Kettenbruch]]darstellung:
Chomsky interessierte sich in seiner Forschung – im Gegensatz zu den Behavioristen – für die im Gehirn ablaufenden Prozesse. Seine aus der ''cartesianischen Linguistik'' <ref>Chomsky, Noam: ''Cartesianische Linguistik. Ein Kapitel in der Geschichte des Rationalismus''. Tübingen 1971. Übersetzung (R. Kruse) von Chomsky, Noam: ''Cartesian linguistics: a chapter in the history of rationalist thought''. University Press of America, Lanham, Maryland 1965. Reprint: University Press, Cambridge 2009.</ref> resultierende Leitidee ist, dass die Natur dem hypothetischen Spielraum des Kinds beim Erlernen seiner Muttersprache enge Grenzen setzt. Folglich sieht er – wie Fodor – den Spracherwerb im Prinzip als einen vorprogrammiert ablaufenden Vorgang an, der mit dem 5. Lebensjahr im Wesentlichen abgeschlossen ist. Chomsky stellt sich diesen Prozess wie einen Menüplan mit Wahlmöglichkeiten vor: Das menschliche Gehirn ist ausgestattet mit einem Satz von Auswahlmöglichkeiten. Das Kind wählt die richtige Lösung, indem es die Sprache der Eltern – in Verbindung mit der Situation – als Maßstab benutzt.<ref>Marc C. Baker: The Atoms of Language: The Mind's Hidden Rules of Grammar. New York: Basic Books, 2001.</ref>
:<math>\frac{1}{1} = 1 \qquad \frac{2}{1} = 1+\frac{1}{1} \qquad \frac{3}{2} = 1+\frac{1}{1+ \frac{1}{1}} \qquad \frac{5}{3} = 1+\frac{1}{1+ \frac{1}{1+ \frac{1}{1}}} \qquad \frac{8}{5} = 1+\frac{1}{1+ \frac{1}{1+ \frac{1}{1+ \frac{1}{1}}}}</math>


Da diese Quotienten im Grenzwert gegen den goldenen Schnitt konvergieren, lässt sich dieser als der unendliche Kettenbruch
Um seine Hypothese der angeborenen Begriffe zu stützen, erweitert Fodor Chomskys Kritik am „language learning“ um Aspekte des Denkens.<ref>Jerry Fodor: The Language of Thought. Harvard University Press 1975.</ref> Er setzt sich mit Chomsky-Kritikern auseinander, welche die Unverträglichkeit zwischen LAD und der evolutionären Entwicklung betonen. Diese sieht eine stufenweise Anpassung des menschlichen Gehirns vor und kein plötzliches Auftauchen eines kompletten Satzes dualer Parameter, die das ganze Spektrum der Grammatikmöglichkeiten modellieren. Fodor dagegen bemängelt auf der Grundlage von LOT an den Sprach-Programmen, die sich an der Evolutionstheorie <ref>J. Fodor u.&nbsp;a.: What Darwin Got Wrong. Farrar, Straus and Giroux, 2010.</ref> orientierten, deren Auffassung einer schrittweisen Aneignung der Begriffe auf getrennten unterschiedlichen Schwierigkeitsniveaus. Seine kognitionswissenschaftliche Argumentation greift die Problematik der Entwicklungssprünge auf: Die Idee der Hierarchie ist nur gerechtfertigt, wenn ein Kind auf der ersten Stufe dieses Prozesses einen Begriff der zweiten lernen muss, der nicht mit irgendeinem der ersten Stufe übereinstimmt, sonst gäbe es keinen Unterschied zwischen beiden Stufen. Ein Kind kann sich jedoch nicht Begriffe der zweiten Stufe vorstellen, wenn es nicht mit den Begriffen der ersten Stufe vertraut ist. In diesem Fall müssten sich die Begriffe der höheren auf solche der niederen Stufe zurückführen lassen, d.&nbsp;h. zur Begriffserweiterung sind Projektionen und Festigungen zwischen beiden Teilbereichen Voraussetzung. Fodor fasst seine Bewertung des Modells zusammen: Im ersten Fall gibt es keinen Unterschied zwischen den Stufen und ein wirkliches Lernen findet nicht statt. Im zweiten Fall kann das Kind die Begriffe der höheren Stufe nicht erfassen, weil sie keinen Bezug zum bisher Gelernten haben. Er folgert aus dieser Argumentation, dass Begriffe angeboren sein müssen, um Lernen zu ermöglichen. Fodor demonstriert die Funktionsweise seiner Hypothese am Beispiel „AIRPLANE“ (Die Großschreibung der abstrakten Begriffe dient der Unterscheidung von „Entitäten“ wie konkreten Gegenständen, Eigenschaften, Namen usw.), für dessen Verständnis recht komplexe Terme Voraussetzung seien, die bereits bei der Geburt im Sprachzentrum vorhanden sind, wie „FLYING“ und „MACHINE“.<ref>Jerry Fodor (mit E. Lepore): Holism: A Shopper's Guide, Blackwell, 1992.</ref> Ähnlich wie Chomsky sieht er nur Sprachprogramme als sinnvoll an, welche die Rahmenbedingungen der menschlichen Biologie berücksichtigen.<ref>N. Chomsky: Reflections on Language. New York: Pantheon Books, 1975.</ref>
:<math>\Phi = 1+\cfrac{1}{1+ \cfrac{1}{1+ \cfrac{1}{1+ \cfrac{1}{1+\dotsb}}}}</math>
darstellen.


Die Zahl <math>\Phi</math> ist [[irrationale Zahl|irrational]]. Das bedeutet, dass sie sich nicht durch ein Verhältnis zweier ganzer Zahlen darstellen lässt. Am besten lässt sich <math>\Phi</math> durch Quotienten zweier aufeinanderfolgender Fibonacci-Zahlen approximieren. Dies gilt auch für verallgemeinerte Fibonaccifolgen, bei denen <math>f_0</math> und <math>f_1</math> beliebige natürliche Zahlen annehmen.
=== Kritik{{Anker|Kritik}} ===


=== Zeckendorf-Theorem ===
[[Jerrold Katz#Diskussion]]
Das nach [[Edouard Zeckendorf]] benannte Zeckendorf-Theorem besagt, dass jede natürliche Zahl <math>n > 0</math> eindeutig als Summe voneinander verschiedener, nicht direkt aufeinanderfolgender Fibonacci-Zahlen geschrieben werden kann. Das heißt, es gibt für jedes <math>n \in \mathbb{N}, n > 0</math> eine eindeutige Darstellung der Form


:<math>n = \sum_{i=2}^{k} c_i f_i</math> mit <math>c_i\in \{0, 1\}</math> und <math>c_ic_{i+1}=0</math> für alle <math>i</math>.
→ [[Interpretative Semantik|The Linguistics Wars - Lakoff gegen Chomsky]]


Die entstehende Folge <math>(c)_i</math> von Nullen und Einsen wird Zeckendorf-Sequenz genannt. Da aufeinanderfolgende Fibonacci-Zahlen ausgeschlossen sind, können keine zwei Einsen in einer Zeckendorf-Sequenz unmittelbar hintereinander stehen.
→ [[Francisco Varela|Francisco Varela: Der Baum der Erkenntnis]]


Allgemeiner ist die verwandte Aussage, dass sich jede ''ganze'' Zahl ''z'' eindeutig als Summe verschiedener, nicht direkt aufeinanderfolgender ''negaFibonacci''-Zahlen (<math>f_{-k}</math> mit <math>k\geq 1</math>) darstellen lässt:
Chomskys und v.&nbsp;a. Fodors Theorien der angeborenen Sprachstrukturen wurden seit ihren Veröffentlichungen wegen ihrer sozial- und bildungspolitischen Brisanz intensiv diskutiert. Beide Autoren und ihre Anhänger griffen immer wieder in die Auseinandersetzungen ein.<ref>Stephen Crain, Stephen u.&nbsp;a.: An Introduction to Linguistic Theory and Language Acquisition. Oxford: Blackwell, 1999.</ref>
:<math>z = \sum_{i=1}^{k} c_i f_{-i}</math> mit <math>c_i\in \{0, 1\}</math> und <math>c_ic_{i+1}=0</math> für alle <math>i</math>.
In den letzten Jahren dominierte in der öffentlichen Kontroverse über ererbtes oder in der Sozialisation entwickeltes Sprachvermögen jedoch eine Mehrheitsmeinung, die einen gewissen Kompromiss darstellt: Es gibt einen Konsens, dass die Sprache sich durch ihre Anwendung im sozialen Umfeld des Kindes entwickelt, indem Lernmechanismen genutzt werden, die Teil eines allgemeinen angeborenen Apparates der Sprach-lern-fähigkeit sind.<ref>E. Bates u. a.: Innateness and emergentism. A companion to cognitive science (Oxford / Basil Blackwell): 590–601, 1998.</ref><ref>[[Michael Tomasello|M. Tomasello]]: Origins of Human communication, MIT Press, 2008.</ref><ref>William O’Grady: Innateness, universal grammar, and emergentism. Lingua. 118 (4): 620–631, 2008.</ref>
So wäre zum Beispiel <math>-2 = f_{-1} + f_{-4} = 1-3</math> als Binärsequenz <code>1001</code> darstellbar.<ref>{{Literatur |Autor=Donald E. Knuth |Titel=The Art Of Computer Programming Vol. IV}}</ref>
 
== Zu weiteren Themen siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Fibonacci-Folge}}
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Fibonacci-Folge}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* John H. Conway, Richard K. Guy: ''The Book of Numbers.'' Copernicus NY 1996, ISBN 0-387-97993-X.
* mit [[Massimo Piattelli-Palmarini]]: ''What Darwin Got Wrong'', Farrar, Straus and Giroux, 2010, ISBN 978-0-374-28879-2
* Richard A. Dunlap: ''The Golden Ratio and Fibonacci Numbers.'' 2. Auflage. World Scientific, Singapur, 1999, ISBN 981-02-3264-0.
* ''LOT 2: The Language of Thought Revisited'', Oxford University Press, 2008
* Huberta Lausch: ''Fibonacci und die Folge(n).'' Oldenbourg 2010, ISBN 978-3-486-58910-8.
* ''Hume Variations'', Oxford University Press, 2003, ISBN 0199287333.
* Paulo Ribenboim: ''The New Book of Prime Number Records.'' Springer-Verlag 1996, ISBN 0-387-94457-5.
* ''The Compositionality Papers '', (with E. Lepore), Oxford University Press 2002, ISBN 0199252165.
* [http://www.fq.math.ca/list-of-issues.html ''The Fibonacci Quarterly.''] Seit 1963 vierteljährlich erscheinende Zeitschrift, die sich der Fibonacci- und verwandten Folgen widmet.
* ''The Mind Doesn't Work That Way: The Scope and Limits of Computational Psychology'', MIT Press, 2000, ISBN 0262561468.
* ''In Critical Condition'', MIT Press, 1998, ISBN 026256128X.
* ''Concepts: Where Cognitive Science Went Wrong'', (The 1996 John Locke Lectures), Oxford University Press, 1998, ISBN 0198236360.
* ''The Elm and the Expert, Mentalese and its Semantics'', (The 1993 Jean Nicod Lectures), MIT Press, 1994, ISBN 0262560933.
* ''Holism: A Consumer Update'', (ed. with E. Lepore), Grazer Philosophische Studien, Vol 46. Rodopi, Amsterdam, 1993, ISBN 9051837135.
* ''Holism: A Shopper's Guide'', (with E. Lepore), Blackwell, 1992, ISBN 0631181938.
* ''A Theory of Content and Other Essays'', MIT Press, 1990, ISBN 0262560690.
* ''Psychosemantics: The Problem of Meaning in the Philosophy of Mind'', MIT Press, 1987, ISBN 0262560526.
* ''The Modularity of Mind: An Essay on Faculty Psychology'', MIT Press, 1983, ISBN 0262560259.
* ''Representations: Essays on the Foundations of Cognitive Science'', Harvard Press (UK) and MIT Press (US), 1979, ISBN 0262560275.
* ''The Language of Thought'', Harvard University Press, 1975, ISBN 0674510305.
* ''The Psychology of Language'', with T. Bever and M. Garrett, McGraw Hill, 1974, ISBN 0394306635.
* ''Psychological Explanation'', Random House, 1968, ISBN 0070214123.
* ''The Structure of Language'', with Jerrold Katz (eds.), Prentice Hall, 1964, ISBN 0138547033.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wikibooks|Algorithmensammlung: Zahlentheorie: Fibonacci-Folge}}
* [http://ruccs.rutgers.edu/faculty/Fodor/cv.html Jerry Fodor's Homepage]
{{Commonscat|Fibonacci numbers}}
* {{IEP|http://www.iep.utm.edu/fodor/|Jerry A. Fodor (1935 – )|Bradley Rives}}
* [http://www.ijon.de/mathe/fibonacci/index.html Fibonacci-Zahlen] – sehr ausführliche Seite mit weiterführenden Themen
* [http://www.mcs.surrey.ac.uk/Personal/R.Knott/Fibonacci/fib.html Fibonacci Numbers and the Golden Section] (englisch)
* [http://chorgiessen.altervista.org/jab/goldfibo/goldfibo.pdf Fibonacci und der Goldene Schnitt] (PDF; 1,22 MB)
* Video: [https://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/mathematik-zum-anfassen/mathematik-zum-anfassen-fibonacci-zahlen100.html Die Fibonacci-Zahlen] (aus der Fernsehsendung ''Mathematik zum Anfassen'' des Senders BR-alpha) von Albrecht Beutelspacher
* [http://milan.milanovic.org/math/ Fibonacci Numbers and the Pascal Triangle] (englisch, deutsch, serbisch)


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


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Version vom 4. November 2018, 19:47 Uhr

Jerry Fodor (2007)

Jerry Alan Fodor (* 22. April 1935 in New York City; † 29. November 2017[1]) war ein amerikanischer Philosoph und Kognitionswissenschaftler. Er lehrte an der Rutgers University in New Jersey.

Leben

Fodor studierte von 1952 bis 1961 an der Columbia University, der Princeton University und der Oxford University. 1956 erhielt er seinen Bachelor mit summa cum laude an der Columbia University, wo er zusammen mit Sidney Morgenbesser studierte, 1960 erlangte er unter der Leitung von Hilary Putnam einen PhD in Philosophy an der Princeton University.

Von 1961 bis 1986 war er Professor für Philosophie am Massachusetts Institute of Technology. Von 1986 bis 1988 lehrte er am Graduate Center der City University of New York. Seit 1988 lehrt Fodor an der Rutgers University.

1987 wurde Fodor in die American Academy of Arts and Sciences gewählt, 1993 wurde er mit dem Jean-Nicod-Preis ausgezeichnet.

Fodor war mit der Linguistin Janet Dean Fodor (* 1942) verheiratet.

Die repräsentationale Theorie des Geistes

In der Phrenologie sieht Fodor einen Vorläufer seiner These der Modularität des Geistes

Fodor hat – unter Zuhilfenahme verschiedener Elemente aus der Philosophie des Geistes und den Kognitionswissenschaften – eine komplexe Theorie des Geistes entwickelt, die er selbst „repräsentational“ nennt. Ausgangspunkt dieser Theorie ist eine Analogie zum Computer: Computer haben nicht nur eine Hardwareebene, sondern auch eine Softwareebene. Obwohl die Software ontologisch abhängig ist, ist sie doch in dem Sinne unabhängig, dass man sie genau beschreiben kann, ohne ihre Implementierung zu kennen. Fodors These ist nun, dass sich Geist und Gehirn zueinander verhalten, wie Software und Hardware. Der Geist lässt sich durch die Kognitionswissenschaften auf einer abstrakten Ebene beschreiben, ohne dass dabei eine Beschreibung des Gehirns nötig wäre.

Zu Fodors repräsentationaler Theorie des Geistes gehört auch die Annahme einer Sprache des Geistes (language of thought): Der Geist arbeite mit mentalen Repräsentationen, die nach einer mentalen Syntax zu Gedanken zusammengesetzt werden. Fodor nennt die hypothetische Sprache des Geistes auch „Mentalesisch“ (mentalese).

An Fodors repräsentationaler Theorie des Geistes ist in den letzten Jahrzehnten viel Kritik geäußert worden. So wird argumentiert, dass mit dem Konnektionismus ein realistischeres Modell des Geistes entwickelt worden sei, das auf eine Trennung zwischen Software- und Hardwareebene verzichte: Künstliche neuronale Netze können kognitive Fähigkeiten simulieren, ohne dass sie explizite Repräsentationen oder eine Syntax haben. Fodor meinte hingegen, dass solche Systeme charakteristische Fähigkeiten des Menschen grundsätzlich nicht simulieren könnten.

Intentionalität

Gedanken haben eine Eigenschaft, die sie in naturwissenschaftlichen Ansätzen schwer erklärbar machen: Ein Gedanke bezieht sich auf einen Sachverhalt und ist daher wahrheitswertfähig. Der Gedanke, dass Herodot ein Historiker war, bezieht sich etwa auf den Sachverhalt, dass Herodot ein Historiker war und ist wahr. In der Philosophie wird diese Eigenschaft von Gedanken "Intentionalität" genannt. Sie erscheint als problematisch, weil gar nicht klar ist, wie sich ein neuronaler Prozess auf einen Sachverhalt beziehen kann. Folglich ist auch nicht klar, wie ein neuronaler Prozess wahr oder falsch sein kann. Neuronale Prozesse scheinen doch einfach nur nach Naturgesetzen zu „geschehen“.

Fodor versucht nun die Intentionalität – und damit Bezugnahme und Wahrheitswertfähigkeit – durch eine kausale Beziehung zu erklären. Wird ein Zustand X immer von Ys verursacht, so repräsentiert X auch Y. Damit bezieht sich X auf Y. Wird X allerdings von einem Z verursacht, das kein Y ist, so haben wir es mit einer Fehlrepräsentation zu tun und X ist falsch.

Modularität

Mit der These der Modularität des Geistes (modularity of mind) hat Fodor einen Beitrag zur konkreten kognitionswissenschaftlichen Forschung geleistet. Fodor geht von einer modularen Struktur des Geistes aus, worunter er nicht nur die Zuordnung von geistigen Fähigkeiten zu abgrenzbaren neuronalen Strukturen versteht. Vielmehr geht er davon aus, dass sich auf einer abstrakten Ebene einzelne relativ unabhängige Systeme beschreiben lassen.

Diese Systeme – die Module – sind nach Fodor durch eine Reihe von Merkmalen gekennzeichnet. Sie sollen jeweils auf einen spezifischen Input zugeschnitten sein, untereinander nicht oder wenig interagieren und nicht der bewussten Kontrolle unterstehen. Dafür sollen die Module schnell und parallel arbeiten. Fodor geht zudem davon aus, dass die Module in abgrenzbaren Regionen des Gehirns lokalisiert sind.

Fodor sieht seine Modularitätsthese auch in der Tradition der Phrenologie. Während jedoch die Phrenologie sich nicht durchsetzen konnte und zunehmend eine Pseudowissenschaft wurde, wird heute sehr erfolgreich mit der Modularitätsthese gearbeitet. So wird etwa in der Neuro- und Patholinguistik nach einzelnen Modulen gesucht. Die Annahme ist, dass Module als autonome Systeme unabhängig voneinander gestört sein können. Findet man, dass zwei Fähigkeiten a und b unabhängig voneinander ausfallen können, so kann man davon ausgehen, dass diese Fähigkeiten zum Teil auf der Arbeit von verschiedenen Modulen basieren.

Evolution

2010 veröffentlichte Fodor zusammen mit Massimo Piattelli-Palmarini das Buch What Darwin Got Wrong, in dem das Prinzip der Natürlichen Selektion als Mechanismus der Evolution in Frage gestellt wird. Mit einer Weiterentwicklung des Spandrel-Konzeptes argumentierend, kommen die Autoren zum Schluss, dass Darwins Theorie der Natürlichen Selektion „leer“ sei.[2] In der folgenden öffentlichen Debatte wurden die kontroversen Thesen besonders von Evolutionsbiologen scharf kritisiert[3], es gab aber auch positive Reaktionen, etwa von der Philosophin Mary Midgley.[4]

Jerry Fodor und Noam Chomsky

Jerry Fodor und Noam Chomsky haben ihre Vorstellungen vom Zusammenhang zwischen Sprache und Denken und den Prozessen beim Spracherwerb in gegenseitiger Beeinflussung entwickelt.

Semantische Theorie und Transformationsgrammatik

Als Ergänzung zu Chomskys früher Version der (Generativen Transformationsgrammatik) entwarf Fodor zusammen mit dem Linguisten Jerrold Katz eine semantische Theorie.[5]

Chomskys “Syntactic-Structures” - Version[6] analysiert zwar die grammatikalischen Kategorien und Relationen des Satzes, bezieht jedoch nicht die Wortbedeutung mit ein. Das wurde in der wissenschaftlichen Diskussion kritisiert. Als Reaktion darauf entwickelten Katz und Fodor die Theorie der semantischen Komponente. Dieses Modell integrierte Chomsky in seine neue Fassung der TG, die Standardtheorie.[7][8]

Grundlage dieses Konzepts sind Fodors sprachphilosophische und kognitionswissenschaftliche Ansichten: Er geht von dem Bezug eines Gedankens auf einen Sachverhalt (intentional attitudes) aus[9] und nimmt an, dass das System der Sprache und der Logik in gleicher Weise auf das Denken zutrifft.[10][11] Erstens lasse sich nämlich durch kausale Abfolgen überprüfen, ob der objektive Sinngehalt, der propositionale Kern der Aussage, entweder wahr oder falsch ist. Zweitens treffe die kombinatorische Struktur der Sprache auch auf das Denken zu und folglich könne man eine Sprache des Denkens annehmen.[12] Im Unterschied zu pragmatischen Ansätzen ist in Fodors Untersuchungsfeld nicht der Sprachgebrauch der Ausgangspunkt, sondern die formallogische Struktur der Begriffe im menschlichen Bewusstsein. Daraus folgt, dass ein Ausdruck seine Bedeutung erst im Zusammenhang mit dem mentalen Apparat erhält.

Für die Erarbeitung ihrer Semantischen Interpretation, die eine Modellierung der Ableitungsregeln für die Spracherzeugung zum Ziel hat, beziehen sich Fodor/Katz auf Chomskys Theorie der TG.[13] Entsprechend der Sprache hat das System des Geistes – als kognitiver Apparat – die Fähigkeiten der Produktivität bzw. Kreativität sowie der Kompositionalität: Der Mensch kann aus den vorgegebenen Bausteinen „Oliver“ „liebt“ „Laura“ Sätze bilden mit verschiedenen Subjekten und Objekten. Das setzt voraus, dass die Wortketten in ihre Bestandteile zerlegbar (dekomponierbar) sind.[14] Der Regelapparat orientiert sich - sowohl in den frühen Modellen der Transformationsgrammatik Chomskys als auch in der Interpretativen Semantik - an der Syntax.

Wie Chomsky (in den ersten Versionen der TG) ist Fodor der Auffassung, dass das menschliche Gehirn ähnlich arbeitet wie ein Computer und dass die Prozesse in mathematischen Formeln notierbar sind[15]. So kann man versuchen, durch kausale Abfolgen und Regeln diese Sprache – und damit den Prozess der Spracherzeugung und des Verstehens – nachzubilden und eine Universalsprache zu modellieren. Dabei werden – in der Informatik verwendete – mathematische Symbole der Graphentheorie in Verbindung mit Algorithmen eingesetzt. Chomsky verzichtete allerdings – nach Kritik bezüglich der Eignung für die Modellierbarkeit kognitiver Prozesse - in seinen späteren Grammatiktheorien wie „Government and Binding“ (GB, 1981) und „Minimalistisches Programm“ (MP, 1992) auf eine mathematische Formalisierung.

Chomskys und Fodors Vorstellungen der angeborenen Modularität des Geistes

→ Siehe auch: Interpretative Semantik: The Linguistics Wars - Lakoff gegen Chomsky

In ihren Auseinandersetzungen mit der behavioristischen Interpretation geistiger Prozesse[16] – wie des Lernens – vertreten Chomsky und Fodor eine nativistische Vorstellung, d. h. dass viele kognitive Funktionen und Begriffe angeboren sind, so auch die Fähigkeit, eine Sprache zu erlernen.[17] Diese geistigen Strukturen werden durch Module im Gehirn organisiert[18]. Eines dieser spezialisierten Subsysteme, welches die Universalsprache enthält und den Spracherwerbmechanismus steuert, nennt Chomsky „Language Acquisition Device“ (LAD)[19]. Fodor ordnet die Sprachzentren einzelnen abgegrenzten Gehirnregionen (Phrenologie) zu, die nur begrenzt miteinander kooperieren und deren neuronale Vernetzungen nach einem computerähnlichen Prinzip mit Input und Output arbeiten. Konnektivistische Modelle lehnt er ab.[20]

Chomsky kritisierte bereits 1959[21] die behavioristische Lernpsychologie, die mit dem Reiz-Reaktions-Muster das Verhalten der Lebewesen erklärt, die verursachenden geistigen Mechanismen jedoch kaum untersucht. Auch das Phänomen „Sprache“ wird als sprachliches „Verhalten“ verstanden und das Erlernen funktioniert nach dem Prinzip der Verstärkung und kann – ähnlich der Dressur eines Tieres – gelenkt werden: Die erfolgreiche Anwendung (Erfolgserlebnis = Belohnung) der Wörter und Sätze steigert das natürliche Lernverhalten des Kindes (operative Konditionierung). Mit den behavioristischen Prinzipien, dass allein Interaktionen mit der Umwelt und die biologischen Verstärker für den Spracherwerb von Bedeutung sind, wurden zahlreiche Sprachprogramme entwickelt. Deren Autoren bestreiten Chomskys und Fodors These, die sprachspezifischen kognitiven Regelapparate seien angeboren.[22]

Chomsky interessierte sich in seiner Forschung – im Gegensatz zu den Behavioristen – für die im Gehirn ablaufenden Prozesse. Seine aus der cartesianischen Linguistik [23] resultierende Leitidee ist, dass die Natur dem hypothetischen Spielraum des Kinds beim Erlernen seiner Muttersprache enge Grenzen setzt. Folglich sieht er – wie Fodor – den Spracherwerb im Prinzip als einen vorprogrammiert ablaufenden Vorgang an, der mit dem 5. Lebensjahr im Wesentlichen abgeschlossen ist. Chomsky stellt sich diesen Prozess wie einen Menüplan mit Wahlmöglichkeiten vor: Das menschliche Gehirn ist ausgestattet mit einem Satz von Auswahlmöglichkeiten. Das Kind wählt die richtige Lösung, indem es die Sprache der Eltern – in Verbindung mit der Situation – als Maßstab benutzt.[24]

Um seine Hypothese der angeborenen Begriffe zu stützen, erweitert Fodor Chomskys Kritik am „language learning“ um Aspekte des Denkens.[25] Er setzt sich mit Chomsky-Kritikern auseinander, welche die Unverträglichkeit zwischen LAD und der evolutionären Entwicklung betonen. Diese sieht eine stufenweise Anpassung des menschlichen Gehirns vor und kein plötzliches Auftauchen eines kompletten Satzes dualer Parameter, die das ganze Spektrum der Grammatikmöglichkeiten modellieren. Fodor dagegen bemängelt auf der Grundlage von LOT an den Sprach-Programmen, die sich an der Evolutionstheorie [26] orientierten, deren Auffassung einer schrittweisen Aneignung der Begriffe auf getrennten unterschiedlichen Schwierigkeitsniveaus. Seine kognitionswissenschaftliche Argumentation greift die Problematik der Entwicklungssprünge auf: Die Idee der Hierarchie ist nur gerechtfertigt, wenn ein Kind auf der ersten Stufe dieses Prozesses einen Begriff der zweiten lernen muss, der nicht mit irgendeinem der ersten Stufe übereinstimmt, sonst gäbe es keinen Unterschied zwischen beiden Stufen. Ein Kind kann sich jedoch nicht Begriffe der zweiten Stufe vorstellen, wenn es nicht mit den Begriffen der ersten Stufe vertraut ist. In diesem Fall müssten sich die Begriffe der höheren auf solche der niederen Stufe zurückführen lassen, d. h. zur Begriffserweiterung sind Projektionen und Festigungen zwischen beiden Teilbereichen Voraussetzung. Fodor fasst seine Bewertung des Modells zusammen: Im ersten Fall gibt es keinen Unterschied zwischen den Stufen und ein wirkliches Lernen findet nicht statt. Im zweiten Fall kann das Kind die Begriffe der höheren Stufe nicht erfassen, weil sie keinen Bezug zum bisher Gelernten haben. Er folgert aus dieser Argumentation, dass Begriffe angeboren sein müssen, um Lernen zu ermöglichen. Fodor demonstriert die Funktionsweise seiner Hypothese am Beispiel „AIRPLANE“ (Die Großschreibung der abstrakten Begriffe dient der Unterscheidung von „Entitäten“ wie konkreten Gegenständen, Eigenschaften, Namen usw.), für dessen Verständnis recht komplexe Terme Voraussetzung seien, die bereits bei der Geburt im Sprachzentrum vorhanden sind, wie „FLYING“ und „MACHINE“.[27] Ähnlich wie Chomsky sieht er nur Sprachprogramme als sinnvoll an, welche die Rahmenbedingungen der menschlichen Biologie berücksichtigen.[28]

Kritik

Jerrold Katz#Diskussion

The Linguistics Wars - Lakoff gegen Chomsky

Francisco Varela: Der Baum der Erkenntnis

Chomskys und v. a. Fodors Theorien der angeborenen Sprachstrukturen wurden seit ihren Veröffentlichungen wegen ihrer sozial- und bildungspolitischen Brisanz intensiv diskutiert. Beide Autoren und ihre Anhänger griffen immer wieder in die Auseinandersetzungen ein.[29] In den letzten Jahren dominierte in der öffentlichen Kontroverse über ererbtes oder in der Sozialisation entwickeltes Sprachvermögen jedoch eine Mehrheitsmeinung, die einen gewissen Kompromiss darstellt: Es gibt einen Konsens, dass die Sprache sich durch ihre Anwendung im sozialen Umfeld des Kindes entwickelt, indem Lernmechanismen genutzt werden, die Teil eines allgemeinen angeborenen Apparates der Sprach-lern-fähigkeit sind.[30][31][32]

Literatur

  • mit Massimo Piattelli-Palmarini: What Darwin Got Wrong, Farrar, Straus and Giroux, 2010, ISBN 978-0-374-28879-2
  • LOT 2: The Language of Thought Revisited, Oxford University Press, 2008
  • Hume Variations, Oxford University Press, 2003, ISBN 0199287333.
  • The Compositionality Papers , (with E. Lepore), Oxford University Press 2002, ISBN 0199252165.
  • The Mind Doesn't Work That Way: The Scope and Limits of Computational Psychology, MIT Press, 2000, ISBN 0262561468.
  • In Critical Condition, MIT Press, 1998, ISBN 026256128X.
  • Concepts: Where Cognitive Science Went Wrong, (The 1996 John Locke Lectures), Oxford University Press, 1998, ISBN 0198236360.
  • The Elm and the Expert, Mentalese and its Semantics, (The 1993 Jean Nicod Lectures), MIT Press, 1994, ISBN 0262560933.
  • Holism: A Consumer Update, (ed. with E. Lepore), Grazer Philosophische Studien, Vol 46. Rodopi, Amsterdam, 1993, ISBN 9051837135.
  • Holism: A Shopper's Guide, (with E. Lepore), Blackwell, 1992, ISBN 0631181938.
  • A Theory of Content and Other Essays, MIT Press, 1990, ISBN 0262560690.
  • Psychosemantics: The Problem of Meaning in the Philosophy of Mind, MIT Press, 1987, ISBN 0262560526.
  • The Modularity of Mind: An Essay on Faculty Psychology, MIT Press, 1983, ISBN 0262560259.
  • Representations: Essays on the Foundations of Cognitive Science, Harvard Press (UK) and MIT Press (US), 1979, ISBN 0262560275.
  • The Language of Thought, Harvard University Press, 1975, ISBN 0674510305.
  • The Psychology of Language, with T. Bever and M. Garrett, McGraw Hill, 1974, ISBN 0394306635.
  • Psychological Explanation, Random House, 1968, ISBN 0070214123.
  • The Structure of Language, with Jerrold Katz (eds.), Prentice Hall, 1964, ISBN 0138547033.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jerry Fodor 1935-2017, London Review of Books, abgerufen am 30. November 2017
  2. “Darwin’s theory of selection is empty”, zitiert nach Buchbesprechung von Richard C. Lewontin
  3. Douglas J. Futuyma: Two Critics Without a Clue. Science Nr. 328 (2010)
  4. Buchbesprechung von Mary Midgley
  5. Jerrold Katz and Jerry Fodor: The Structure of a Semantic Theorie. In: Language 39, S. 170–210, 1963.
  6. Noam Chomsky: Syntactic Structures. The Hague: Mouton 1957.
  7. Noam Chomsky: Aspects of the Theory of Syntax. Cambridge: The MIT Press, 1965.
  8. Noam Chomsky: Aspekte der Syntaxtheorie (Übersetzung von: Aspects of the Theory of Syntax, 1965). Frankfurt 1969.
  9. J. Fodor: Propositional Attitudes 1978.
  10. J. Fodor: "Systematicity". Journal of Philosophy (93): 591–614. 1996.
  11. J. Fodor: A Theory of Content and Other Essays. The MIT Press 1990.
  12. J. Fodor: RePresentations. Philosophical Essays on the Foundations of Cognitive Science. Mass.: The MIT Press 1978.
  13. Noam Chomsky: Reflections on Language. New York: Pantheon Books, 1975.
  14. J. Fodor: Connectionism and cognitive architecture: A critical analysis. Cognition (1-2): 3–71. 1988.
  15. J. Fodor: The Language of Thought. Harvard University Press 1975.
  16. B. F. Skinner: Verbal Behavior. Prentice Hall, Englewood Cliffs, N.J. (1957) 1985.
  17. Francesco Ferretti: Jerry A. Fodor: Mente e Linguaggio. Rome: Editori Laterza 2001.
  18. J. Fodor: The Modularity of Mind: An Essay on Faculty Psychology, MIT Press 1983.
  19. Noam Chomsky: Probleme sprachlichen Wissens. Beltz Athenäum, Weinheim 1996.
  20. J. Fodor: Connectionism and cognitive architecture: A critical analysis. Cognition (1-2): 3–7, 1988.
  21. Noam Chomsky: A Review of B.F. Skinner’s Verbal Behavior Language, 35: 26–58, 1959.
  22. Steven C. Hayes u. a. (Hrsg.): Relational Frame Theory: A Post-Skinnerian Account of Human Language and Cognition, Plenum Press, 2001.
  23. Chomsky, Noam: Cartesianische Linguistik. Ein Kapitel in der Geschichte des Rationalismus. Tübingen 1971. Übersetzung (R. Kruse) von Chomsky, Noam: Cartesian linguistics: a chapter in the history of rationalist thought. University Press of America, Lanham, Maryland 1965. Reprint: University Press, Cambridge 2009.
  24. Marc C. Baker: The Atoms of Language: The Mind's Hidden Rules of Grammar. New York: Basic Books, 2001.
  25. Jerry Fodor: The Language of Thought. Harvard University Press 1975.
  26. J. Fodor u. a.: What Darwin Got Wrong. Farrar, Straus and Giroux, 2010.
  27. Jerry Fodor (mit E. Lepore): Holism: A Shopper's Guide, Blackwell, 1992.
  28. N. Chomsky: Reflections on Language. New York: Pantheon Books, 1975.
  29. Stephen Crain, Stephen u. a.: An Introduction to Linguistic Theory and Language Acquisition. Oxford: Blackwell, 1999.
  30. E. Bates u. a.: Innateness and emergentism. A companion to cognitive science (Oxford / Basil Blackwell): 590–601, 1998.
  31. M. Tomasello: Origins of Human communication, MIT Press, 2008.
  32. William O’Grady: Innateness, universal grammar, and emergentism. Lingua. 118 (4): 620–631, 2008.


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