Arbeit und Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Unterschied zwischen den Seiten

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Das '''Netzwerkdurchsetzungsgesetz''' (NetzDG, Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken) ist ein Gesetz, das sich gegen [[Hetze#Hetze_im_politisch-gesellschaftlichen_Sinn|Hetze]] und gefälschte Meldungen ([[Fake News]]) in [[Soziales Netzwerk (Internet)|Sozialen Netzwerken]] richten soll. Es enthält auch eine Änderung des [[Telemediengesetz]]es, das nicht nur soziale Netzwerke betrifft. Der Bundestag nahm das Gesetz im Juni 2017 an.


Der [[Begriff]] der menschlichen '''Arbeit''' umfasst ganz allgemein alle zielgerichteten, zweckgebundenen [[mensch]]lichen Tätigkeiten, deren Sinn sich nicht in der Tätigkeit selbst erschöpft, und unterscheidet sich dadurch vom [[Spiel]], bei dem eine solche zielgerichtete Zweckorientierung nicht vorliegt. Volkswirtschaftlich gesehen ist eine menschliche Tätigkeit darüber hinaus nur insofern als Arbeit aufzufassen, als das [[Produkt]] der menschlichen Tätigkeit, bestimmte ''eigene'' (Selbstversorgung) oder ''fremde'' menschliche Bedürfnisse befriedigen kann. Erst durch die Konsumfähigkeit des Produkts ergibt sich der volkswirtschaftliche Wert der Arbeit.
[[Reporter ohne Grenzen]] und andere Kritiker sprachen von einem „Schnellschuss“, der „das Grundrecht auf [[Pressefreiheit|Presse-]] und [[Meinungsfreiheit]] massiv beschädigen könnte.“ Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit von Beiträgen würden privatisiert.<ref>{{Literatur|Titel=Warnung vor Schnellschuss - Reporter ohne Grenzen für Informationsfreiheit|Sammelwerk=Reporter ohne Grenzen für Informationsfreiheit|Datum=2017-05-19|Online=https://www.reporter-ohne-grenzen.de/presse/pressemitteilungen/meldung/warnung-vor-schnellschuss/|Abruf=2017-05-19}}</ref><ref>{{Internetquelle|url=https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Stellungnahmen/2017/Downloads/04192017_Stellungnahme_RoG_RefE_NetzDG.pdf;jsessionid=8B2C65D85BF900C88BA64C17A999D437.1_cid324?__blob=publicationFile&v=2|titel=Regierungsentwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG)|autor=|hrsg=Reporter ohne Grenzen|werk=|datum=2017-05-19|sprache=de|zugriff=2017-05-19}}</ref> Der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit kritisierte, das geplante Gesetz gefährde die Menschenrechte.<ref>{{Literatur|Titel=UN-Sonderberichterstatter: Netzwerkdurchsetzungsgesetz verstößt gegen Menschenrechte|Sammelwerk=netzpolitik.org|Datum=2017-06-09|Online=https://netzpolitik.org/2017/un-sonderberichterstatter-netzwerkdurchsetzungsgesetz-verstoesst-gegen-menschenrechte/|Abruf=2017-06-16}}</ref> Bei einer Anhörung im Bundestag hielten fast alle Experten den Entwurf für verfassungswidrig.


== Der volkswirtschaftliche Begriff der Arbeit ==  
== Hintergrund ==
2015 wurde vom [[Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz]] eine Arbeitsgruppe zum Umgang mit strafbaren Inhalten in sozialen Netzwerken gebildet. Einige Netzwerke gaben Selbstverpflichtungen ab, die nach Ansicht des Ministeriums jedoch nicht ausreichten.


<div style="margin-left:20px">
Justizminister [[Heiko Maas]] argumentierte, eine Auswertung der Rechtspraxis bei der Löschung strafbarer Inhalte in sozialen Netzwerken im Januar/Februar 2017 durch jugendschutz.net habe ergeben, dass Löschungen von Hasskommentaren nur unzureichend erfolgten, und forderte, den Druck auf die Netzwerke weiter zu erhöhen. Um die Unternehmen noch stärker in die Pflicht zu nehmen, brauche man gesetzliche Regelungen. Zwar würden bei [[Youtube]] 90 Prozent der strafbaren Inhalte gelöscht, bei [[Facebook]] jedoch nur 39 Prozent und bei [[Twitter]] nur ein Prozent. Außerdem habe man schlechte Erfahrungen mit Falschmeldungen (Fake News) im US-Wahlkampf 2016 gemacht.<ref>[https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_NetzDG.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Gesetzesentwurf NetzDG], BMJV</ref><ref>{{Internetquelle|url=https://www.bmjv.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/03142017_Monitoring_SozialeNetzwerke.html|titel=Pressemitteilungen {{!}} Löschung von strafbaren Hasskommentaren durch soziale Netzwerke weiterhin nicht ausreichend|sprache=de|zugriff=2017-05-30}}</ref>  
"Ein Begriff der Arbeit ist sehr leicht zu bilden im volkswirtschaftlichen Sinn. Er liegt dann vor, wenn man ein Naturprodukt vor sich hat, das durch menschliche Tätigkeit verändert worden ist mit dem Zweck, konsumiert zu werden. Es muß wenigstens konsumfähig gemacht werden, denn dann hat es den Wert." {{Lit|{{G|341|59f}}}}  
</div>


== Der philosophische Begriff der Arbeit ==
Die Studie wurde von dem Münchner Professor für [[Medienrecht]] Marc Liesching als „Bewertung von Rechtslaien“ eingestuft.<ref>{{Internetquelle|url=https://www.heise.de/newsticker/meldung/Zweifel-an-der-Studie-zum-Netzwerkdurchsetzungsgesetz-Bewertungen-von-Rechtslaien-3727979.html|titel=Zweifel an der Studie zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz: "Bewertungen von Rechtslaien"|autor=heise online|zugriff=2017-05-30}}</ref>


Der philosophische Begriff der Arbeit bezieht sich auf das [[Autonomie|autonome]] [[Eigenverantwortung|eigenverantwortliche]] [[Bewusstsein|bewusste]] [[schöpferisch]]e [[Tun]] des Menschen, das keine geregelten Arbeitszeiten kennt, und ein entsprechendes Maß an [[Muße]], d.h. an [[Freiheit|frei]] und [[individuell]] gestaltbarer Zeit, voraussetzt. Die philosophische Arbeit fällt nicht in den Bereich des Wirtschaftslebens, sondern in den des [[Geistesleben]]s und liefert auch nicht primär ein konsumfähiges „Produkt“, ist also nicht als Arbeit im volkswirtschaftlichen Sinn aufzufassen, liefert aber die notwendigen [[geist]]igen Impulse, die auch die Weiterentwicklung des Wirstschaftslebens fördern.
== Gesetzesentwurf ==
Im Frühjahr 2017 stellte Maas den Entwurf für ein ''Netzwerkdurchsetzungsgesetz'' (NetzDG) vor. Nach Darstellung der Bundesregierung sollen die sozialen Netzwerke damit gezwungen werden, [[Hassrede]] konsequenter zu entfernen. Der Entwurf wurde von Interessenverbänden, Bürgerrechtlern, Juristen und Datenschützern scharf kritisiert.<ref>Tagesschau.de, [https://www.tagesschau.de/inland/faq-hasskommentare-101.html Was brächte das Gesetz gegen Hasspostings?], 19.05.2017</ref>


== Arbeit und Kulturentwicklung ==
Der Gesetzesentwurf bezog sich auf kommerzielle soziale Netzwerke im Internet mit mindestens 2 Millionen Mitgliedern, nicht auf journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote. Anbieter werden verpflichtet, ein transparentes Verfahren zum Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte einzurichten, und einer Berichts- und Dokumentationspflicht unterworfen. Sie müssen Beschwerden unverzüglich prüfen, „offensichtlich rechtswidrige“ Inhalte innerhalb von 24 Stunden löschen, nach Prüfung jeden rechtswidrigen Inhalt innerhalb von 7 Tagen löschen und den Zugriff darauf sperren. Beschwerdeführer und Nutzer sind über die getroffenen Entscheidungen unverzüglich zu informieren. Der gelöschte Inhalt muss zu Beweiszwecken mindestens zehn Wochen gespeichert werden. Verstöße gelten als Ordnungswidrigkeiten, für die empfindliche Bußgelder vorgesehen sind (bis zu 50 Millionen Euro). Außerdem müssen Anbieter einen [[Zustellungsbevollmächtigter|Zustellungsbevollmächtigten]] im Inland angeben, sowohl gegenüber Behörden als auch für [[Privatrecht|zivilrechtliche]] Verfahren. Von den sozialen Netzwerken wird weiterhin ein halbjährlicher Bericht über erhaltene Beschwerden und deren Umgang mit diesen erwartet.<ref name=guard>{{cite web|title=Germany approves plans to fine social media firms up to €50m|url=https://www.theguardian.com/media/2017/jun/30/germany-approves-plans-to-fine-social-media-firms-up-to-50m|publisher=The Guardian|accessdate=2017-06-30|date=2017-06-30}}</ref>


[[Rudolf Steiner]] hat deutlich gemacht, dass sich das Verhältnis des Menschen zur äußeren Arbeit im Laufe der Kulturentwicklung bedeutsam gewandelt hat und noch weiter wandeln wird:
Der Entwurf enthielt auch eine Änderung des Paragraphen 14 (Absatz 2) des [[Telemediengesetz]]es, der die Herausgabe der Stammdaten von Nutzern betrifft. Schon zuvor war dieser Paragraph dahingehend geändert worden, dass die Herausgabe nicht nur in Fragen der öffentlichen Sicherheit, sondern auch der Verletzung geistigen Eigentums möglich war,<ref>[https://www.gesetze-im-internet.de/tmg/__14.html Telemediengesetz, Paragraph 14]</ref> was zu massiver Kritik führte, da unter anderem Abmahnungswellen befürchtet wurden. Der Gesetzesentwurf sah eine Herausgabe von Daten nicht mehr nur zur „Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum“, sondern auch „anderer absolut geschützter Rechte“ vor. Das Telemediengesetz gilt für weitaus mehr Dienste als nur soziale Netzwerke.


<div style="margin-left:20px;">
Das Gesetz soll es ermöglichen, gegenüber Online-Plattformen leichter und schneller [[Persönlichkeitsrecht (Deutschland)|Persönlichkeits-]] und [[Eigentum]]srechte durchzusetzen. So soll jeder, der rechtliche Ansprüche gegenüber einem Nutzer geltend machen will, die Herausgabe von [[Stammdaten]] verlangen können, aus denen die Identität des Anspruchsgegners hervorgeht. Wenn sich „beispielsweise eine Person oder eine Firma durch einen Kommentar in einem Internetforum beleidigt oder unangemessen kritisiert fühlt, könnte sie künftig nicht nur vom Forenbetreiber die Löschung des Kommentars fordern, sondern auch die Herausgabe von Stammdaten, um den Urheber etwa abmahnen und eine Unterlassungserklärung verlangen zu können“. Dies würde nach Ansicht der Kritiker neben sozialen Netzwerken auch Plattformen wie [[Amazon]] oder [[Ebay]] betreffen. Wer dort eine schlechte Bewertung abgebe, muss laut IT-Anwalt Joerg Heidrich mit „teuren Anwaltsbriefen rechnen“. De facto würde der Entwurf nach Ansicht von Netzaktivisten „zum Ende der Anonymität im Internet“ führen. Kritiker sahen „übereinstimmend ein verfassungs- und europarechtswidriges Zensurinstrument“, das zu einer „regelrechten Löschorgie“ bei Anbietern führen werde.<ref>Friedhelm Greis: [http://www.zeit.de/digital/internet/2017-03/hate-speech-heiko-maas-netzwerkdurchsetzungsgesetz-entwurf-erweitert/komplettansicht ''Heiko Maas verschlimmbessert seinen Gesetzentwurf''], Die Zeit, 29. März 2017.</ref><ref>https://www.heise.de/newsticker/meldung/Neuer-Entwurf-des-Netzwerkdurchsetzungsgesetzes-Frontalangriff-auf-das-Vertrauen-im-Internet-3668533.html</ref><ref>https://www.heise.de/newsticker/meldung/Ende-der-Anonymitaet-im-Netz-Maas-verschaerft-Gesetzesentwurf-gegen-Hate-Speech-3668265.html</ref>
"In der vierten Unterrasse ([[griechisch-römische Kulturepoche]]) wurde die Arbeit als Tribut geleistet (Sklavenarbeit).
In der fünften Unterrasse (unsere gegenwärtige [[germanisch-angelsächsische Kulturepoche]]) wird die Arbeit als Ware geleistet (verkauft).
In der sechsten Unterrasse ([[slawische Kulturepoche]]) wird die Arbeit als Opfer geleistet (freie Arbeit).


Die wirtschaftliche Existenz wird dann getrennt sein von der Arbeit; es wird kein Eigentum mehr geben, alles ist Gemeingut. Man arbeitet dann nicht mehr für seine eigene Existenz, sondern leistet alles als absolutes Opfer für die Menschheit." {{lit|{{G|93a|231}}}}
== Beratung und Verabschiedung ==
</div>
Am 19. Mai 2017 brachte Maas den „Gesetzentwurf gegen Hass und Hetze im Internet“ im [[Deutscher Bundestag|Bundestag]] ein. Bei der ersten Lesung zeigte sich, dass der Entwurf auch innerhalb von CDU/CSU und SPD umstritten war. [[Petra Sitte]] (Linkspartei) warnte vor einem schweren Kollateralschaden für die Meinungsfreiheit. [[Konstantin von Notz]] (Die Grünen) warnte davor, die großen Netzwerkanbieter in eine Richterrolle zu drängen.<ref>Heise.de, [https://www.heise.de/newsticker/meldung/Netzwerkdurchsetzungsgesetz-Kritik-und-Korrekturbereitschaft-im-Bundestag-3718401.html Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Kritik und Korrekturbereitschaft im Bundestag], 19.05.2017</ref> Die [[Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages|Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages]] äußerten in einem Gutachten Bedenken, dass der Gesetzentwurf gegen die [[Grundgesetz|Verfassung]] und gegen Europarecht verstoße.<ref>Legal Tribune Online, [http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/wissenschaftlicher-dienst-netzdg-maas-gutachten-rechtswidrig/ Wis­sen­schaft­li­cher Dienst zwei­felt an NetzDG], 06.06.2017</ref><ref>Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: [https://www.bundestag.de/blob/510514/eefb7cf92dee88ec74ce8e796e9bc25c/wd-10-037-17-pdf-data.pdf ''Entwurf eines Netzwerkdurchsetzungsgesetzes: Vereinbarkeit mit der Meinungsfreiheit''] (pdf-Datei), WD 10 - 3000 - 037/17, 12. Juni 2017.</ref>  


(siehe dazu auch -> [[Soziales Hauptgesetz]])
Bei einer Anhörung zum Gesetzentwurf im [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestag]] brachten acht von zehn geladenen Experten erhebliche Bedenken zum Ausdruck. Die meisten sahen eine Gefahr für die Meinungsfreiheit. Der Leiter des [[Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht]] der [[Westfälische Wilhelms-Universität|Universität Münster]] [[Bernd Holznagel]] erklärte, um hohen Bußgeldzahlungen zu entgehen, könnten die Netzwerke dazu neigen, auch legale Beiträge zu löschen. Der Entwurf sei verfassungswidrig und würde einer Überprüfung durch das [[Bundesverfassungsgericht]] nicht standhalten. Der Geschäftsführer von [[Reporter ohne Grenzen]] Christian Mihr warnte, die Methoden erinnerten an autokratische Staaten und das Gesetz schaffe die Gefahr des Missbrauchs. Auch totalitäre Regierungen würden die Debatte in Deutschland derzeit mit Interesse verfolgen, um sich an dem Entwurf zu orientieren. Man dürfe keinen Präzedenzfall für [[Zensur im Internet|Zensur]] schaffen.<ref name="Rasche">Henning Rasche: [http://www.rp-online.de/digitales/internet/anhoerung-zum-netzwerkdurchsetzungsgesetz-alle-gegen-heiko-maas-aid-1.6893527 ''Alle gegen Heiko Maas''], Rheinische Post online, 19. Juni 2017.</ref><ref>Fabian Reinbold: [http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/heiko-maas-facebook-gesetz-muss-schrumpfen-a-1152991.html ''Maas' Facebook-Gesetz muss schrumpfen''], Spiegel online, 19. Juni 2017.</ref>


== Überarbeitung ==
Vertreter der Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD nahmen daraufhin Änderungen am Entwurf vor. Danach muss der von Netzwerkbetreibern zu benennende Zustellungsbevollmächtigte in Deutschland in einer Frist von 48 Stunden Auskunft erteilen, wenn sich Behörden wegen illegaler Inhalte bei ihm melden. Zusätzlich wurde eine Möglichkeit vorgesehen, Entscheidung in schwierigen Fällen einem „unabhängigen Gremium“ zu überlassen, das dem Bundesamt für Justiz untersteht. Einzelheiten zu Ausgestaltung und Besetzung dieses Gremium blieben jedoch unklar. Die umstrittenen Löschfristen von 24 Stunden bzw. sieben Tagen und die Strafandrohung von bis zu 50 Millionen Euro blieben bestehen.<ref>[http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/heiko-maas-bundestag-beschliesst-facebook-gesetz-a-1155192.html ''Bundestag verabschiedet umstrittenes Facebook-Gesetz''], Spiegel online, 30. Juni 2017.</ref>


{{Zitat|Ist man bei der Arbeit mit dem ''ganzen'' Menschen, so kommt Überarbeitung fast nicht in Betracht. Die Arbeit muss aber eine nutzbringende sein. Schaden ist jede unfruchtbare Arbeit.|Leipzig|12. Oktober 1907 (Fragenbeantwortung; nicht veröffentlicht) [http://www.steiner-klartext.net/pdfs/19071012b-01-01.pdf]}}
Der Bundestag verabschiedete den geänderten Entwurf am 30. Juni 2017 mit einer Mehrheit aus Stimmen der Regierungsfraktionen gegen die Stimmen der [[Die Linke|Linken]] und eine Stimme aus der Unionsfraktion bei Enthaltung von [[Bündnis 90/Die Grünen]].<ref>{{Literatur|Autor=Peter Stützle|Titel=Deutscher Bundestag - Bundestag beschließt Gesetz gegen strafbare Inhalte im Internet|Sammelwerk=Deutscher Bundestag|Online=https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2017/kw26-de-netzwerkdurchsetzungsgesetz/513398|Abruf=2017-06-30}}</ref>


== Arbeit ist ein Recht und nicht eine Ware ==
== Kritik ==


Im gesunden [[Sozialer Organismus|sozialen Organismus]] darf die Arbeit nicht mehr zur Ware werden, sondern muss den Charakter eines [[Recht]]es bekommt, das im [[Rechtsleben]] verankert ist und nicht im [[Wirtschaftsleben]]. Wenn die Arbeitskraft als Ware angesehen wird, so ist das eine heute nicht mehr berechtigte Erbschaft, die auf die Leibeigenschaft des Mittelalters und auf das Sklavenwesen des Altertums zurückführen ist. [[Zwangsarbeit]] jeglicher Form ist Ausdruck ungesunder sozialer Verhältnisse. Solche ungesunden Verhältnisse liegen auch vor, wenn nicht jeder wirtschaftlichen Leistung eine gleichwertige Gegenleistung entspricht. Real gesehen kann Arbeit im sozialen Zusammenhang nicht durch [[Geld]], sondern nur wieder durch Arbeit abgegolten werden.
=== Experten und Journalisten ===
Auch IT-Experten der SPD bezeichneten die geplanten Regelungen als „Zensurinfrastruktur“. [[Matthias Spielkamp]] von ''[[Reporter ohne Grenzen]]'' nannte den Entwurf „beschämend“.<ref>http://www.heute.de/spd-naher-verein-d64-kritisiert-gesetz-von-heiko-maas-gegen-hasskommentare-scharf-46780030.html</ref><ref>https://netzpolitik.org/2017/hate-speech-gesetz-schon-ausgeweitet-bevor-es-in-kraft-tritt/</ref> [[Harald Martenstein]] von der Zeitung ''[[Der Tagesspiegel]]'' bezeichnete ihn als „Erdoganismus in Reinkultur“<ref>http://www.tagesspiegel.de/politik/gesetzentwurf-von-heiko-maas-erdoganismus-in-reinkultur/19537970.html</ref> und erklärte, der Gesetzesentwurf lese sich so, als „stamme er aus dem Roman [[1984 (Roman)|1984]]“, er sei ein „Angriff auf das Prinzip der Gewaltenteilung“. [[Burkhard Müller-Ullrich]] schrieb: „Minister Maas geht es ganz offensichtlich nicht um Hass und Hetze allgemein, sondern um das Mundtotmachen seiner politischen Gegner.“<ref>Burkhard Müller-Ullrich: [http://www.achgut.com/artikel/ministerbesuch_im_zensur-sweat-shop ''Ministerbesuch im Zensur-Sweat-Shop''], [[Achse des Guten]], 15. Juni 2017.</ref>


<div style="margin-left:20px">
Experten erwarten, dass die kurzen und starren Löschfristen sowie die hohe Bußgeldandrohung dazu führen würde, dass die Netzwerke Beiträge im Zweifelsfall lieber entfernen, auch wenn die grundrechtlich garantierte [[Meinungsfreiheit]] eine kontextbezogene Abwägung erfordern würde, etwa bei der Abgrenzung zwischen verbotener Beleidigung und erlaubter Satire.<ref>Tagesschau.de, [https://www.tagesschau.de/inland/faq-hasskommentare-101.html Was brächte das Gesetz gegen Hasspostings?], 19.05.2017</ref> Im April 2017 schloss sich ein Bündnis aus Wirtschaftsverbänden, Netzpolitikern, Bürgerrechtlern, Wissenschaftlern und Juristen zusammen, um gegen das Gesetz zu protestieren. In einem [[Manifest]] warnten sie vor „katastrophalen Folgen für die Meinungsfreiheit“.<ref>http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/heiko-maas-wirtschaft-und-netzszene-protestieren-gegen-hassrede-gesetz-a-1142861.html</ref><ref>http://www.tagesspiegel.de/politik/debatte-um-hatespeech-deklaration-fuer-die-meinungsfreiheit-gegen-gesetz-von-heiko-maas/19658306.html</ref><ref>http://www.zeit.de/digital/internet/2017-04/heiko-maas-netzdg-allianz-meinungsfreiheit</ref>
"Der Mensch muß essen, und was gegessen
wird, das muß von irgendwelchen Menschen erarbeitet werden.
Der Mensch muß sich kleiden. Dasjenige, was er anzieht, müssen
Leute erarbeiten. Damit ich einen Rock anziehen kann oder ein Beinkleid,
müssen Menschen stundenlang ihre Arbeitskraft verwenden, um
das zustandezubringen. Die arbeiten für mich. Davon lebe ich, nicht
von meinem Gelde. Mein Geld hat keinen andern Wert, als daß es mir
die Macht gibt, des andern Arbeit zu benützen. Und so wie die sozialen
Verhältnisse heute liegen, fängt man erst an, Interesse für seine Mitmenschen
zu haben, wenn man sich diese Frage in der entsprechenden
Weise beantwortet, wenn man im Geiste sieht: Soundso viele Menschen
müssen soundso viele Stunden arbeiten, damit ich in der sozialen
Struktur drinnen leben kann. Nicht darum handelt es sich, daß man
sich selber wohltut, indem man sich sagt: Ich liebe die Menschen. -
Man liebt nicht die Menschen, wenn man glaubt, man lebe von seinem
Gelde, und sich nicht im geringsten vorstellt, wie die Menschen für
einen arbeiten, damit man nur des Lebens Minimum überhaupt hat.


Aber dieser Gedanke: Soundso viel Leute arbeiten, damit man des
=== Rudolf Steiners Prophetie ===
Lebens Minimum hat -, der ist ja untrennbar von dem anderen Gedanken,
daß man das wiederum der Sozietät zurückgeben muß, nicht
durch Geld, sondern wiederum durch Arbeit, was für einen gearbeitet
wird. Und erst, wenn man sich verpflichtet fühlt, das Quantum von
Arbeit, das für einen geleistet wird, auch wiederum zurückzuarbeiten
in irgendeiner Form, erst dann hat man Interesse für seine Mitmenschen.
Daß man seinen Mitmenschen sein Geld gibt, das bedeutet
nur, daß man die Mitmenschen am Gängelbande, am Sklavenbande
führen kann, sie zwingen kann, daß sie für einen arbeiten. Können Sie
sich aus Ihrer Erfahrung nicht selbst die Antwort geben auf die Frage:
Wie viele Menschen bedenken, daß Geld nur eine Anweisung auf
menschliche Arbeitskraft, daß Geld nur ein Machtmittel ist? Wie viele
Menschen sehen im Geiste, daß sie gar nicht da sein könnten in dieser
physischen Welt, ohne daß sie der Arbeit der anderen Menschen das,
was sie selbst beanspruchen für ihr Leben, verdanken? - Sich verschuldet
fühlen der Gesellschaft, in der man drinnen lebt, das ist der
Beginn jenes Interesses, das verlangt werden muß für eine gesunde
soziale Gestaltung." {{Lit|{{G|186|45f|46}}}}
</div>


Gefordert ist eine solidarische, sozial gerechte, auf Leistung und Gegenleistung beruhende Gestaltung der Arbeitswelt. Das "Recht auf Arbeit" wird in einigen Verfassungen europäischer Länder als Staatsziel aufgeführt. Nur selten jedoch werden daraus auch praktische Konsequenzen gezogen, wie in den meisten skandinavischen Ländern, durch die dortige Etablierung eines starken Sozialstaats. In Deutschland hingegen wurde mit der Einführung von "[[Wikipedia:Hartz-Konzept#Hartz IV|Hartz IV]]" im Jahre 2005 eine allgemeine Arbeitspflicht ([[Zwangsarbeit]]) begründet, die zu einem drastischen Sozialabbau beigetragen hat, wenngleich hierdurch die Zahl der Arbeitslosen auch stark reduziert werden konnte, was vor allem durch die besondere Förderung von [[Wikipedia:Leiharbeit|Leiharbeit]] und weiteren prekären Beschäftigungsverhältnissen erreicht wurde. Im Zuge dieser gesetzlichen Maßnahmen wurden die Grundrechte (-> [[Wikipedia:Grundgesetz|Grundgesetz]]) der arbeitsuchenden Menschen weiter ausgehöhlt und stehen heute oft nur noch auf dem Papier.  
“Es wird nicht lange dauern, wenn man das Jahr 2000 geschrieben haben wird, da wird nicht ein direktes, aber eine Art von Verbot für alles Denken von Amerika ausgehen, ein Gesetz, welches den Zweck haben wird, alles individuelle Denken zu unterdrücken.(Rudolf Steiner, GA 167, Vortrag vom 4. April 1916).


{{GZ|... wer in den Geist meines Buches
Das "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" gibt Facebook nun freie Hand für jegliche Zensur. - Beachte: Der deutsche Justizminister hat die amerikanische Agenda dabei selbst geschaffen.
«[[Die Kernpunkte der Sozialen Frage]]» eindringt, der wird sehen,
daß dasjenige, was nun wirklich jedem einigermaßen menschlich
denkenden Menschen - das sage ich hier ganz unverblümt - als das
Scheußlichste erscheinen muß, ein bürokratisch angeordneter
Arbeitszwang, daß der in der Zukunft [in einem dreigegliederten
sozialen Organismus] wegfallen kann. Natürlich ist ja jeder aus den
sozialen Verhältnissen heraus gezwungen zu arbeiten, und man hat
nur die Wahl, entweder zu verhungern oder zu arbeiten. Einen
anderen Arbeitszwang als den, der sich auf diese Weise aus den
Verhältnissen ergibt, kann es nicht geben [in einer sozialen Ordnung],
in der doch die Freiheit des menschlichen Wesens eine
Grundbedingung ist.|337a|78}}


(siehe dazu auch -> [[Warencharakter der menschlichen Arbeit]])
=== Soziale Netzwerke ===
Facebook hält den NetzDG-Entwurf für mit dem [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|deutschen Grundgesetz]] unvereinbar. In einer Ende Mai 2017 an den Deutschen Bundestag übermittelten Stellungnahme erklärte das Unternehmen: „Der Rechtsstaat darf die eigenen Versäumnisse und die Verantwortung nicht auf private Unternehmen abwälzen. Die Verhinderung und Bekämpfung von Hate Speech und Falschmeldungen ist eine öffentliche Aufgabe, der sich der Staat nicht entziehen darf.“ Facebook forderte in der Stellungnahme eine europäische Lösung und warnt vor einem „nationalen Alleingang“. In der Stellungnahme hieß es: „Die Höhe der Bußgelder steht außer Verhältnis zu dem sanktionierten Verhalten“. Der Branchenverband [[Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien|Bitkom]] hatte in einer Studie Kosten von rund 530 Millionen Euro pro Jahr errechnet, die Facebook und andere soziale Netzwerke tragen müssten. Facebook hält diese Zahlen für „realistisch“.<ref>http://www.wiwo.de/politik/deutschland/widerstand-gegen-facebook-gesetz-facebook-attackiert-heiko-maas/19861686.html</ref>


== Arbeitsteilung ==
=== Vereinte Nationen ===
[[Arbeitsteilung| ''Siehe auch --> Hauptartikel Arbeitsteilung'']]


Die menschliche Arbeit ist im Zuge der Kulturentwicklung von der bloßen Selbstversorgung zur weitreichenden Arbeitsteilung vorangeschritten:
Der Sonderbeauftragte der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] für den Schutz der Meinungsfreiheit David Kaye kritisierte im Juni 2017 die geplanten Regelungen in einer Stellungnahme an die Bundesregierung scharf. Sie würden weit über das Ziel hinausschießen und Plattformbetreibern zu große Verantwortlichkeiten aufbürden. Ferner seien sie mit internationalen Menschenrechtserklärungen wie dem [[Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte|Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte]] nicht vereinbar.


<div style="margin-left:20px">
Online-Anbieter müssten Informationen teils aufgrund „vager und mehrdeutiger“ Kriterien löschen. Viele Informationen seien nur aus dem Zusammenhang heraus zu verstehen, den Plattformen nicht selbst bewerten könnten. Durch hohe Bußgelddrohungen und kurze Prüffristen würden Betreiber geradezu genötigt, auch potenziell rechtmäßige Inhalte zu löschen, was zu unangemessenen Eingriffen in Meinungsfreiheit und Privatsphäre führen würde, über die mindestens Gerichte oder unabhängige Institutionen entscheiden müssten. Nach Artikel 19 des [[Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte|Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte]] muss jede Entscheidung über Einschränkungen der Meinungsfreiheit von einer Organisation getroffen werden, die unabhängig von politischen, kommerziellen oder anderen unerwünschten Einflüssen ist, dies ist bei Netzwerkprovidern nicht der Fall.
"Arbeitsteilung bewirkt in einer richtigen Weise die Verbilligung der Produkte. Tendenzen gegen die Arbeitsteilung (durch Selbstversorgung) wirken umgekehrt die Produkte verteuernd." {{Lit|{{G|340|52}}}}
</div>


<div style="margin-left:20px">
Bedenken äußerte Kaye auch hinsichtlich der Regelung, dass umstrittene strafbewehrte Inhalte und die zugehörigen Nutzerinformationen für unbestimmte Zeit gespeichert und dokumentiert werden müssten, was die staatliche Überwachung Betroffener erleichtere, und des zivilrechtlichen Anspruchs auf Herausgabe von Bestandsdaten zu IP-Adressen ohne richterliche Anordnung. Der Beauftragte bat die Bundesregierung um Stellungnahme binnen 60 Tagen.<ref>[[Stefan Krempl]]: [https://www.heise.de/newsticker/meldung/Netzwerkdurchsetzungsgesetz-UN-Beauftragter-sieht-Anonymitaet-gefaehrdet-3739692.html ''Netzwerkdurchsetzungsgesetz: UN-Beauftragter sieht Anonymität gefährdet''], heise online, 9. Juni 2017.</ref><ref>Golem, [https://www.golem.de/news/zensur-netzwerkdurchsetzungsgesetz-verstoesst-gegen-menschenrechte-1706-128290.html Netzwerkdurchsetzungsgesetz verstößt gegen Menschenrechte]</ref><ref>FAZ, [http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/justizminister-maas-mangelt-es-an-erfolgen-15052658.html Die SPD braucht einen Erfolg für Maas], 10.06.2017</ref>
"Man spricht viel von der modernen Arbeitsteilung, von deren Wirkung als Zeitersparnis, Warenvollkommenheit, Warenaustausch und so weiter; aber man berücksichtigt wenig, wie sie das Verhältnis des einzelnen Menschen zu seiner Arbeitsleistung beeinflusst. Wer in einem auf Arbeitsteilung eingestellten sozialen Organismus arbeitet, der erwirbt eigentlich niemals sein Einkommen selbst, sondern er erwirbt es durch die Arbeit aller am sozialen Organismus Beteiligten. Ein Schneider, der sich zum Eigengebrauch einen Rock macht, setzt diesen Rock zu sich nicht in dasselbe Verhältnis wie ein Mensch, der in primitiven Zuständen noch alles zu seinem Lebensunterhalte Notwendige selbst zu besorgen hat. Er macht sich den Rock, um für andere Kleider machen zu können; und der Wert des Rockes für ihn hängt ganz von den Leistungen der andern ab. Der Rock ist eigentlich Produktionsmittel. Mancher wird sagen, das sei eine Begriffsspalterei. Sobald er auf die Wertbildung der Waren im Wirtschaftskreislauf sieht, wird er diese Meinung nicht mehr haben können. Dann wird er sehen, dass man in einem Wirtschaftsorganismus, der auf Arbeitsteilung beruht, gar nicht für sich arbeiten kann. Man kann nur für andere arbeiten, und andere für sich arbeiten lassen. Man kann ebensowenig für sich arbeiten, wie man sich selbst aufessen kann. Aber man kann Einrichtungen herstellen, welche dem Wesen der Arbeitsteilung widersprechen. Das geschieht, wenn die Gütererzeugung nur darauf eingestellt wird, dem einzelnen Menschen als Eigentum zu überliefern, was er doch nur durch seine Stellung im sozialen Organismus als Leistung erzeugen kann. Die Arbeitsteilung drängt den sozialen Organismus dazu, dass der einzelne Mensch in ihm lebt nach den Verhältnissen des Gesamtorganismus; sie schließt wirtschaftlich den Egoismus aus. Ist dann dieser Egoismus doch vorhanden in Form von Klassenvorrechten und dergleichen, so entsteht ein sozial unhaltbarer Zustand, der zu Erschütterungen des sozialen Organismus führt. In solchen Zuständen leben wir gegenwärtig." {{Lit|{{G|23|133f}}}}
</div>


== Gemeinsames Geistesleben eines Betriebs ==
== Weblinks ==
* [http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/123/1812356.pdf Entwurf des NetzDG aus dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz vom 16. Mai 2017. Dieser Entwurf wurde dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt. (pdf)]
* [https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_NetzDG.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Entwurf des NetzDG aus dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz vom 5. April 2017 (pdf)]


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== Einzelnachweise ==
"Das Kapital ist der Geist des
<references />
Wirtschaftslebens. Und ein großer Teil der Schäden unserer heutigen
Zeit beruht darauf, daß die Kapitalverwaltung, die Kapitalfruktifizierung
dem Geistesleben entzogen ist. Darum handelt es sich gerade,
daß das Verhältnis, sagen wir, des körperlich Arbeitenden zu dem mit
Hilfe des Kapitals Organisierenden, ebenso behandelt werden kann
im gesunden sozialen Organismus als ein bloßes, auf gegenseitigem
Verständnis ruhendes Vertrauensverhältnis, wie zürn Beispiel die
Wahl der freien Schule. Im gesunden sozialen Organismus kann gar
nicht jene Abschließung zwischen dem Unternehmer und dem Arbeiter
weiter bestehen...


Es muß als eine Notwendigkeit angesehen werden, daß ebenso wie
[[Kategorie:Rechtsquelle (Deutschland)]]
an der Maschine gearbeitet wird, ebenso regelmäßig in Besprechungsstunden
[[Kategorie:Politik (Deutschland)]]
zwischen dem Unternehmer und dem Arbeiter die geschäftlichen
[[Kategorie:Zensur]]
Verhältnisse besprochen werden, so daß der Arbeiter fortdauernd
[[Kategorie:Internet]]
ganz genau den Überblick hat über dasjenige, was geschieht -
das ist es, was für die Zukunft angestrebt werden muß - und daß der
Unternehmer wiederum jederzeit genötigt ist, sich völlig zu decouvrieren
vor dem Arbeiter und mit ihm alle Einzelheiten zu besprechen,
so daß ein gemeinsames Geistesleben die Fabrik, die Unternehmung
umschließt. Darauf kommt es an. Denn ist es erst möglich, daß
sich jenes Verhältnis herausstellt, auf Grund dessen der Arbeiter sich
sagt: Ja, der ist ja ebenso notwendig wie ich, denn was soll meine
Arbeit im gesellschaftlichen Organismus, wenn der nicht da ist? Der
stellt meine Arbeit an den richtigen Platz. - Aber der Unternehmer
wird auch genötigt sein, diese Arbeit wirklich an den richtigen Platz
zu stellen und ihm das seinige zukommen zu lassen, denn alles wird
durchschaubar sein." {{Lit|{{G|189|133f}}}}
</div>


== Ein sozial verträglicher Begriff der menschlichen [[Arbeit]] ==
{{Rechtshinweis}}


=== Die unsinnige Unterteilung in sensorische und motorische Nerven ===
{{Wikipedia}}
 
Ein sozial verträglicher [[Begriff]] der menschlichen Arbeit lässt sich nur finden, wenn die unsinnige Unterteilung in motorische und sensorische [[Nerven]] aufgegeben wird; in Wahrheit sind alle Nerven sensorisch. Die [[Wille]]nstätigkeit des [[Mensch]]en ist nicht durch die motorischen Nerven bedingt, sondern durch ein unmittelbares Zusammensein der [[Seele]] mit der Außenwelt. Die sogenannten motorischen Nerven dienen nur der Wahrnehmung der dadurch entstehenden Bewegung:
 
<div style="margin-left:20px">
"Woher rühren denn die falschen Begriffe
über die Arbeit? - Wer richtige Begriffe über die sogenannten motorischen
Nerven hat, der wird sicher auch bald zu richtigen Begriffen über
die Funktion der Arbeit im sozialen Organismus kommen. Wer nämlich
einsieht, daß es keine motorischen Nerven gibt, sondern daß die sogenannten
motorischen Nerven nur Empfindungsnerven für die Natur
des betreffenden Gliedes sind, auf das der Wille seine Kraft überträgt,
der wird finden, wie stark jeder Willensimpuls schon dadurch, daß er
ein solcher ist, in der Arbeit zum Ausdruck kommt, wie stark er in der
Außenwelt steht. Dadurch aber, durch einen wirklichen Begriff des
Willens und der Beziehung des Willens zum menschlichen Organismus,
wird er eine wirkliche Unterlage bekommen, die Verwandtschaft einzusehen
zwischen Wille und Arbeit. Dadurch aber wird er auch zu richtigen
sozialen Begriffen, zu richtigen sozialen Vorstellungen und auch
Empfindungen über eine solche Idee kommen. Man kann sagen: Wie
der Mensch sozial denkt, das ist in vieler Beziehung abhängig davon, ob
er gewisse Naturbegriffe in richtiger oder unrichtiger Weise entwickeln
kann. Man muß sich klar sein darüber, daß derjenige, der da meint, im
Menschen selber seien motorische Nerven die Erreger des Willens, niemals
eigentlich einen wirklichen Zusammenhang herausfinden kann
zwischen dem Erreger der Arbeit, dem Willen, und der Funktion der
Arbeit im sozialen Organismus." {{Lit|{{G|332a|145}}}}
</div>
 
<div style="margin-left:20px">
"Kein Mensch kann in irgendeiner Sozialwissenschaft ein richtiges
Verständnis des Menschen für sein Verhältnis zur Arbeit gewinnen,
der auf der vertrackten Unterscheidung zwischen sensitiven und
motorischen Nerven seine Begriffe, seine Vorstellungen aufbaut. Denn
man wird stets kuriose Begriffe von dem bekommen, was menschliche
Arbeit in Wirklichkeit ist, wenn man einerseits fragt: Was geht
eigentlich im Menschen vor, wenn er arbeitet, wenn er seine Muskeln
in Bewegung bringt? - und andererseits keine Ahnung davon hat,
daß dieses In-Bewegung-Bringen der Muskeln nicht auf den sogenannten
motorischen Nerven beruht, sondern auf dem unmittelbaren
Zusammensein der Seele mit der Außenwelt [...]
 
Wenn ich mit einer Maschine in Berührung komme, muß ich als
ganzer Mensch mit ihr in Berührung kommen; da muß ich ein Verhältnis
herstellen vor allen Dingen zwischen meinen Muskeln und
dieser Maschine. Dieses Verhältnis ist dasjenige, worauf des Menschen
Arbeit wirklich beruht. Auf dieses Verhältnis kommt es an, wenn man
die Arbeit sozial werten will, auf das ganz besondere Verhältnis des
Menschen zu der Arbeitsgrundlage.
 
Mit was für einem Arbeitsbegriff arbeiten wir denn heute? Das, was
im Menschen vorgeht, wenn er, wie man sagt, arbeitet, das ist nicht
verschieden, ob er nun an einer Maschine sich abmüht, ob er Holz
hackt, oder ob er zu seinem Vergnügen Sport treibt. Er kann sich
geradeso mit dem Sportvergnügen abnützen, er kann ebensoviel
Arbeitskraft konsumieren bei dem sozial überflüssigen Sport wie bei
dem sozial nützlichen Holzhacken. Und die Illusion über den Unterschied
zwischen motorischen und sensitiven Nerven ist es, die psychologisch
die Menschen ablenkt davon, auch einen wirklichen Arbeitsbegriff
zu erfassen, der nur erfaßt werden kann, wenn man den Menschen
nicht darnach betrachtet, wie er sich abnützt, sondern darnach,
wie er sich in ein Verhältnis stellt zur sozialen Umgebung. Ich glaube
Ihnen, daß Sie davon noch keinen deutlichen Begriff bekommen
haben, weil die Begriffe, die man heute von diesen Dingen erhalten
kann, so verkehrt sind durch unser Schulwesen, daß es erst einige
Zeit dauern wird, bis man den Übergang von dem sozial unsinnigen
Arbeitsbegriff, von dem wahnsinnigen wissenschaftlichen Begriff der
Unterscheidung der sensitiven und motorischen Nerven, finden wird.
Aber in diesen Dingen liegt zugleich der Grund dafür, warum wir so
unpraktisch denken. Denn wie kann eine Menschheit praktisch über
das Praktische denken, die sich der wahnsinnigen Vorstellung hingibt:
in unserem Inneren waltet ein Telegraphenapparat, und die
Drähte gehen hin zu irgend etwas im Gehirn und werden dort umgeschaltet
in andere Drähte, sensitive und motorische Nerven? Von
unserer, einem verkehrten Schulwesen entspringenden Unwissenschaft,
an die das breite Publikum, verführt durch die Zeitungspest,
glaubt, geht aus das Unvermögen, wirklich sozial zu denken." {{Lit|{{G|192|154f}}}}
</div>
 
==Literatur==
#Rudolf Steiner: ''Die Kernpunkte der Sozialen Frage'', [[GA 23]] (1976) {{Schriften|023}}
#Rudolf Steiner: ''Grundelemente der Esoterik'', [[GA 93a]] (1972) {{Vorträge|093a}}
#Rudolf Steiner: ''Die soziale Frage als Bewußtseinsfrage'', [[GA 189]] (1980), ISBN 3-7274-1890-7 {{Vorträge|189}}
#Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fragen'', [[GA 192]] (1991), ISBN 3-7274-1920-2 {{Vorträge|192}}
#Rudolf Steiner: ''Soziale Zukunft'', [[GA 332a]] (1977), ISBN 3-7274-3325-6 {{Vorträge|332a}}
#Rudolf Steiner: ''Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis. Band I: Frage- und Studienabende des Bundes für Dreigliederung des sozialen Organismus in Stuttgart'', [[GA 337a]] (1999), ISBN 3-7274-3371-X {{Vorträge|337a}}
#Rudolf Steiner: ''Nationalökonomischer Kurs'', [[GA 340]] (2002) {{Vorträge|340}}
#Rudolf Steiner: ''Nationalökonomisches Seminar'', [[GA 341]] (1986) {{Vorträge|341}}
#Franziska Reif/Tobias Prüwer: ''A wie asozial. So demontiert Hartz IV den Sozialstaat'', Tectum Vlg., Marburg 2014
 
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Version vom 3. Juli 2017, 03:59 Uhr

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG, Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken) ist ein Gesetz, das sich gegen Hetze und gefälschte Meldungen (Fake News) in Sozialen Netzwerken richten soll. Es enthält auch eine Änderung des Telemediengesetzes, das nicht nur soziale Netzwerke betrifft. Der Bundestag nahm das Gesetz im Juni 2017 an.

Reporter ohne Grenzen und andere Kritiker sprachen von einem „Schnellschuss“, der „das Grundrecht auf Presse- und Meinungsfreiheit massiv beschädigen könnte.“ Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit von Beiträgen würden privatisiert.[1][2] Der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit kritisierte, das geplante Gesetz gefährde die Menschenrechte.[3] Bei einer Anhörung im Bundestag hielten fast alle Experten den Entwurf für verfassungswidrig.

Hintergrund

2015 wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eine Arbeitsgruppe zum Umgang mit strafbaren Inhalten in sozialen Netzwerken gebildet. Einige Netzwerke gaben Selbstverpflichtungen ab, die nach Ansicht des Ministeriums jedoch nicht ausreichten.

Justizminister Heiko Maas argumentierte, eine Auswertung der Rechtspraxis bei der Löschung strafbarer Inhalte in sozialen Netzwerken im Januar/Februar 2017 durch jugendschutz.net habe ergeben, dass Löschungen von Hasskommentaren nur unzureichend erfolgten, und forderte, den Druck auf die Netzwerke weiter zu erhöhen. Um die Unternehmen noch stärker in die Pflicht zu nehmen, brauche man gesetzliche Regelungen. Zwar würden bei Youtube 90 Prozent der strafbaren Inhalte gelöscht, bei Facebook jedoch nur 39 Prozent und bei Twitter nur ein Prozent. Außerdem habe man schlechte Erfahrungen mit Falschmeldungen (Fake News) im US-Wahlkampf 2016 gemacht.[4][5]

Die Studie wurde von dem Münchner Professor für Medienrecht Marc Liesching als „Bewertung von Rechtslaien“ eingestuft.[6]

Gesetzesentwurf

Im Frühjahr 2017 stellte Maas den Entwurf für ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) vor. Nach Darstellung der Bundesregierung sollen die sozialen Netzwerke damit gezwungen werden, Hassrede konsequenter zu entfernen. Der Entwurf wurde von Interessenverbänden, Bürgerrechtlern, Juristen und Datenschützern scharf kritisiert.[7]

Der Gesetzesentwurf bezog sich auf kommerzielle soziale Netzwerke im Internet mit mindestens 2 Millionen Mitgliedern, nicht auf journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote. Anbieter werden verpflichtet, ein transparentes Verfahren zum Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte einzurichten, und einer Berichts- und Dokumentationspflicht unterworfen. Sie müssen Beschwerden unverzüglich prüfen, „offensichtlich rechtswidrige“ Inhalte innerhalb von 24 Stunden löschen, nach Prüfung jeden rechtswidrigen Inhalt innerhalb von 7 Tagen löschen und den Zugriff darauf sperren. Beschwerdeführer und Nutzer sind über die getroffenen Entscheidungen unverzüglich zu informieren. Der gelöschte Inhalt muss zu Beweiszwecken mindestens zehn Wochen gespeichert werden. Verstöße gelten als Ordnungswidrigkeiten, für die empfindliche Bußgelder vorgesehen sind (bis zu 50 Millionen Euro). Außerdem müssen Anbieter einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland angeben, sowohl gegenüber Behörden als auch für zivilrechtliche Verfahren. Von den sozialen Netzwerken wird weiterhin ein halbjährlicher Bericht über erhaltene Beschwerden und deren Umgang mit diesen erwartet.[8]

Der Entwurf enthielt auch eine Änderung des Paragraphen 14 (Absatz 2) des Telemediengesetzes, der die Herausgabe der Stammdaten von Nutzern betrifft. Schon zuvor war dieser Paragraph dahingehend geändert worden, dass die Herausgabe nicht nur in Fragen der öffentlichen Sicherheit, sondern auch der Verletzung geistigen Eigentums möglich war,[9] was zu massiver Kritik führte, da unter anderem Abmahnungswellen befürchtet wurden. Der Gesetzesentwurf sah eine Herausgabe von Daten nicht mehr nur zur „Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum“, sondern auch „anderer absolut geschützter Rechte“ vor. Das Telemediengesetz gilt für weitaus mehr Dienste als nur soziale Netzwerke.

Das Gesetz soll es ermöglichen, gegenüber Online-Plattformen leichter und schneller Persönlichkeits- und Eigentumsrechte durchzusetzen. So soll jeder, der rechtliche Ansprüche gegenüber einem Nutzer geltend machen will, die Herausgabe von Stammdaten verlangen können, aus denen die Identität des Anspruchsgegners hervorgeht. Wenn sich „beispielsweise eine Person oder eine Firma durch einen Kommentar in einem Internetforum beleidigt oder unangemessen kritisiert fühlt, könnte sie künftig nicht nur vom Forenbetreiber die Löschung des Kommentars fordern, sondern auch die Herausgabe von Stammdaten, um den Urheber etwa abmahnen und eine Unterlassungserklärung verlangen zu können“. Dies würde nach Ansicht der Kritiker neben sozialen Netzwerken auch Plattformen wie Amazon oder Ebay betreffen. Wer dort eine schlechte Bewertung abgebe, muss laut IT-Anwalt Joerg Heidrich mit „teuren Anwaltsbriefen rechnen“. De facto würde der Entwurf nach Ansicht von Netzaktivisten „zum Ende der Anonymität im Internet“ führen. Kritiker sahen „übereinstimmend ein verfassungs- und europarechtswidriges Zensurinstrument“, das zu einer „regelrechten Löschorgie“ bei Anbietern führen werde.[10][11][12]

Beratung und Verabschiedung

Am 19. Mai 2017 brachte Maas den „Gesetzentwurf gegen Hass und Hetze im Internet“ im Bundestag ein. Bei der ersten Lesung zeigte sich, dass der Entwurf auch innerhalb von CDU/CSU und SPD umstritten war. Petra Sitte (Linkspartei) warnte vor einem schweren Kollateralschaden für die Meinungsfreiheit. Konstantin von Notz (Die Grünen) warnte davor, die großen Netzwerkanbieter in eine Richterrolle zu drängen.[13] Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages äußerten in einem Gutachten Bedenken, dass der Gesetzentwurf gegen die Verfassung und gegen Europarecht verstoße.[14][15]

Bei einer Anhörung zum Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag brachten acht von zehn geladenen Experten erhebliche Bedenken zum Ausdruck. Die meisten sahen eine Gefahr für die Meinungsfreiheit. Der Leiter des Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht der Universität Münster Bernd Holznagel erklärte, um hohen Bußgeldzahlungen zu entgehen, könnten die Netzwerke dazu neigen, auch legale Beiträge zu löschen. Der Entwurf sei verfassungswidrig und würde einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhalten. Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen Christian Mihr warnte, die Methoden erinnerten an autokratische Staaten und das Gesetz schaffe die Gefahr des Missbrauchs. Auch totalitäre Regierungen würden die Debatte in Deutschland derzeit mit Interesse verfolgen, um sich an dem Entwurf zu orientieren. Man dürfe keinen Präzedenzfall für Zensur schaffen.[16][17]

Vertreter der Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD nahmen daraufhin Änderungen am Entwurf vor. Danach muss der von Netzwerkbetreibern zu benennende Zustellungsbevollmächtigte in Deutschland in einer Frist von 48 Stunden Auskunft erteilen, wenn sich Behörden wegen illegaler Inhalte bei ihm melden. Zusätzlich wurde eine Möglichkeit vorgesehen, Entscheidung in schwierigen Fällen einem „unabhängigen Gremium“ zu überlassen, das dem Bundesamt für Justiz untersteht. Einzelheiten zu Ausgestaltung und Besetzung dieses Gremium blieben jedoch unklar. Die umstrittenen Löschfristen von 24 Stunden bzw. sieben Tagen und die Strafandrohung von bis zu 50 Millionen Euro blieben bestehen.[18]

Der Bundestag verabschiedete den geänderten Entwurf am 30. Juni 2017 mit einer Mehrheit aus Stimmen der Regierungsfraktionen gegen die Stimmen der Linken und eine Stimme aus der Unionsfraktion bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen.[19]

Kritik

Experten und Journalisten

Auch IT-Experten der SPD bezeichneten die geplanten Regelungen als „Zensurinfrastruktur“. Matthias Spielkamp von Reporter ohne Grenzen nannte den Entwurf „beschämend“.[20][21] Harald Martenstein von der Zeitung Der Tagesspiegel bezeichnete ihn als „Erdoganismus in Reinkultur“[22] und erklärte, der Gesetzesentwurf lese sich so, als „stamme er aus dem Roman 1984“, er sei ein „Angriff auf das Prinzip der Gewaltenteilung“. Burkhard Müller-Ullrich schrieb: „Minister Maas geht es ganz offensichtlich nicht um Hass und Hetze allgemein, sondern um das Mundtotmachen seiner politischen Gegner.“[23]

Experten erwarten, dass die kurzen und starren Löschfristen sowie die hohe Bußgeldandrohung dazu führen würde, dass die Netzwerke Beiträge im Zweifelsfall lieber entfernen, auch wenn die grundrechtlich garantierte Meinungsfreiheit eine kontextbezogene Abwägung erfordern würde, etwa bei der Abgrenzung zwischen verbotener Beleidigung und erlaubter Satire.[24] Im April 2017 schloss sich ein Bündnis aus Wirtschaftsverbänden, Netzpolitikern, Bürgerrechtlern, Wissenschaftlern und Juristen zusammen, um gegen das Gesetz zu protestieren. In einem Manifest warnten sie vor „katastrophalen Folgen für die Meinungsfreiheit“.[25][26][27]

Rudolf Steiners Prophetie

“Es wird nicht lange dauern, wenn man das Jahr 2000 geschrieben haben wird, da wird nicht ein direktes, aber eine Art von Verbot für alles Denken von Amerika ausgehen, ein Gesetz, welches den Zweck haben wird, alles individuelle Denken zu unterdrücken.” (Rudolf Steiner, GA 167, Vortrag vom 4. April 1916).

Das "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" gibt Facebook nun freie Hand für jegliche Zensur. - Beachte: Der deutsche Justizminister hat die amerikanische Agenda dabei selbst geschaffen.

Soziale Netzwerke

Facebook hält den NetzDG-Entwurf für mit dem deutschen Grundgesetz unvereinbar. In einer Ende Mai 2017 an den Deutschen Bundestag übermittelten Stellungnahme erklärte das Unternehmen: „Der Rechtsstaat darf die eigenen Versäumnisse und die Verantwortung nicht auf private Unternehmen abwälzen. Die Verhinderung und Bekämpfung von Hate Speech und Falschmeldungen ist eine öffentliche Aufgabe, der sich der Staat nicht entziehen darf.“ Facebook forderte in der Stellungnahme eine europäische Lösung und warnt vor einem „nationalen Alleingang“. In der Stellungnahme hieß es: „Die Höhe der Bußgelder steht außer Verhältnis zu dem sanktionierten Verhalten“. Der Branchenverband Bitkom hatte in einer Studie Kosten von rund 530 Millionen Euro pro Jahr errechnet, die Facebook und andere soziale Netzwerke tragen müssten. Facebook hält diese Zahlen für „realistisch“.[28]

Vereinte Nationen

Der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen für den Schutz der Meinungsfreiheit David Kaye kritisierte im Juni 2017 die geplanten Regelungen in einer Stellungnahme an die Bundesregierung scharf. Sie würden weit über das Ziel hinausschießen und Plattformbetreibern zu große Verantwortlichkeiten aufbürden. Ferner seien sie mit internationalen Menschenrechtserklärungen wie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte nicht vereinbar.

Online-Anbieter müssten Informationen teils aufgrund „vager und mehrdeutiger“ Kriterien löschen. Viele Informationen seien nur aus dem Zusammenhang heraus zu verstehen, den Plattformen nicht selbst bewerten könnten. Durch hohe Bußgelddrohungen und kurze Prüffristen würden Betreiber geradezu genötigt, auch potenziell rechtmäßige Inhalte zu löschen, was zu unangemessenen Eingriffen in Meinungsfreiheit und Privatsphäre führen würde, über die mindestens Gerichte oder unabhängige Institutionen entscheiden müssten. Nach Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte muss jede Entscheidung über Einschränkungen der Meinungsfreiheit von einer Organisation getroffen werden, die unabhängig von politischen, kommerziellen oder anderen unerwünschten Einflüssen ist, dies ist bei Netzwerkprovidern nicht der Fall.

Bedenken äußerte Kaye auch hinsichtlich der Regelung, dass umstrittene strafbewehrte Inhalte und die zugehörigen Nutzerinformationen für unbestimmte Zeit gespeichert und dokumentiert werden müssten, was die staatliche Überwachung Betroffener erleichtere, und des zivilrechtlichen Anspruchs auf Herausgabe von Bestandsdaten zu IP-Adressen ohne richterliche Anordnung. Der Beauftragte bat die Bundesregierung um Stellungnahme binnen 60 Tagen.[29][30][31]

Weblinks

Einzelnachweise

  1.  Warnung vor Schnellschuss - Reporter ohne Grenzen für Informationsfreiheit. In: Reporter ohne Grenzen für Informationsfreiheit. 19. Mai 2017 (https://www.reporter-ohne-grenzen.de/presse/pressemitteilungen/meldung/warnung-vor-schnellschuss/).
  2. Regierungsentwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG). Reporter ohne Grenzen, 19. Mai 2017, abgerufen am 19. Mai 2017.
  3.  UN-Sonderberichterstatter: Netzwerkdurchsetzungsgesetz verstößt gegen Menschenrechte. In: netzpolitik.org. 9. Juni 2017 (https://netzpolitik.org/2017/un-sonderberichterstatter-netzwerkdurchsetzungsgesetz-verstoesst-gegen-menschenrechte/).
  4. Gesetzesentwurf NetzDG, BMJV
  5. Pressemitteilungen | Löschung von strafbaren Hasskommentaren durch soziale Netzwerke weiterhin nicht ausreichend. Abgerufen am 30. Mai 2017.
  6. heise online: Zweifel an der Studie zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz: "Bewertungen von Rechtslaien". Abgerufen am 30. Mai 2017.
  7. Tagesschau.de, Was brächte das Gesetz gegen Hasspostings?, 19.05.2017
  8. Germany approves plans to fine social media firms up to €50m. The Guardian (30. Juni 2017). Abgerufen am 30. Juni 2017.
  9. Telemediengesetz, Paragraph 14
  10. Friedhelm Greis: Heiko Maas verschlimmbessert seinen Gesetzentwurf, Die Zeit, 29. März 2017.
  11. https://www.heise.de/newsticker/meldung/Neuer-Entwurf-des-Netzwerkdurchsetzungsgesetzes-Frontalangriff-auf-das-Vertrauen-im-Internet-3668533.html
  12. https://www.heise.de/newsticker/meldung/Ende-der-Anonymitaet-im-Netz-Maas-verschaerft-Gesetzesentwurf-gegen-Hate-Speech-3668265.html
  13. Heise.de, Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Kritik und Korrekturbereitschaft im Bundestag, 19.05.2017
  14. Legal Tribune Online, Wis­sen­schaft­li­cher Dienst zwei­felt an NetzDG, 06.06.2017
  15. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Entwurf eines Netzwerkdurchsetzungsgesetzes: Vereinbarkeit mit der Meinungsfreiheit (pdf-Datei), WD 10 - 3000 - 037/17, 12. Juni 2017.
  16. Henning Rasche: Alle gegen Heiko Maas, Rheinische Post online, 19. Juni 2017.
  17. Fabian Reinbold: Maas' Facebook-Gesetz muss schrumpfen, Spiegel online, 19. Juni 2017.
  18. Bundestag verabschiedet umstrittenes Facebook-Gesetz, Spiegel online, 30. Juni 2017.
  19.  Peter Stützle: Deutscher Bundestag - Bundestag beschließt Gesetz gegen strafbare Inhalte im Internet. In: Deutscher Bundestag. (https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2017/kw26-de-netzwerkdurchsetzungsgesetz/513398).
  20. http://www.heute.de/spd-naher-verein-d64-kritisiert-gesetz-von-heiko-maas-gegen-hasskommentare-scharf-46780030.html
  21. https://netzpolitik.org/2017/hate-speech-gesetz-schon-ausgeweitet-bevor-es-in-kraft-tritt/
  22. http://www.tagesspiegel.de/politik/gesetzentwurf-von-heiko-maas-erdoganismus-in-reinkultur/19537970.html
  23. Burkhard Müller-Ullrich: Ministerbesuch im Zensur-Sweat-Shop, Achse des Guten, 15. Juni 2017.
  24. Tagesschau.de, Was brächte das Gesetz gegen Hasspostings?, 19.05.2017
  25. http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/heiko-maas-wirtschaft-und-netzszene-protestieren-gegen-hassrede-gesetz-a-1142861.html
  26. http://www.tagesspiegel.de/politik/debatte-um-hatespeech-deklaration-fuer-die-meinungsfreiheit-gegen-gesetz-von-heiko-maas/19658306.html
  27. http://www.zeit.de/digital/internet/2017-04/heiko-maas-netzdg-allianz-meinungsfreiheit
  28. http://www.wiwo.de/politik/deutschland/widerstand-gegen-facebook-gesetz-facebook-attackiert-heiko-maas/19861686.html
  29. Stefan Krempl: Netzwerkdurchsetzungsgesetz: UN-Beauftragter sieht Anonymität gefährdet, heise online, 9. Juni 2017.
  30. Golem, Netzwerkdurchsetzungsgesetz verstößt gegen Menschenrechte
  31. FAZ, Die SPD braucht einen Erfolg für Maas, 10.06.2017
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