Wesensglieder der Toten

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Die Wesensglieder der Toten (siehe auch → Wesensglieder) sind anders geartet als die des irdisch verkörperten Menschen. Die niederen Wesensglieder, die das menschliche Ich während des Erdenlebens umhüllen, werden nach dem Tod schrittweise abgelegt. Unmittelbar mit dem Tod wird der physische Leib abgestreift. Zwei bis drei Tage nach dem Tod, während denen der Tote sein vergangenes Erdenleben in einem großen Lebenspanorama überschaut, wird auch der Ätherleib bis auf einen kleinen Rest der allgemeinen Ätherwelt übergeben. In der darauf folgenden Läuterungszeit im Kamaloka, die etwa ein Drittel des letzten Erdenlebens ausmacht, und dem sich daran anschließenden Aufstieg bis zur Sonnensphäre, wird der größte Teil des Astralleibes der allgemeinen Astralwelt übergeben. Damit werden aber auch die seelischen Wesensglieder abgestreift, die der Mensch im Erdenleben aufgebaut hat - die Empfindungsseele, die Verstandes- oder Gemütsseele und auch der größte Teil der Bewusstseinsseele, soweit diese noch kein klares Bewusstsein für die geistige, sondern nur für die sinnliche Welt entwickelt hat.

Wenn der Mensch im Leben zwischen Tod und neuer Geburt von der Astralwelt in die eigentliche geistige Welt, in das Devachan, übertritt, ist das Ich das unterste Wesensglied des Toten.

Indem der Mensch nach dem Tod stufenweise seine niederen Wesensglieder ablegt, wird er ebenso stufenweise von höheren geistigen Wesensgliedern umhüllt, die ihm von der geistigen Welt verliehen werden. Nachdem der Tote den Ätherleib abgelegt hat, wird er von einer Art Geistselbst umhüllt, das aber noch nicht jenes Geistselbst ist, das sich der Mensch später im Laufe der Weltentwicklung durch seine eigene Ich-Tätigkeit erwerben wird. Um Verwechslungen auszuschließen, hat Rudolf Steiner dafür auch den Ausdruck Seelenselbst gebraucht. Dieses dem Toten verliehene Geistselbst gibt ihm eine Art Triebkraft, durch die er während der Läuterungszeit sein vergangenes Erdenleben vom Tod bis zur Geburt zurückerleben kann.

Nach dem Kamaloka wird der Tote auch von Lebensgeist umhüllt, den Rudolf Streiner, wieder um Verwechslungen auszuschließen, auch als Lebensseele oder Seelenleben bezeichnet hat. Dieser Lebensgeist führt uns herum in der geistigen Welt, und zwar so, dass wir im rhythmischen Wechsel immer wieder die selben geistigen Orte besuchen, aus denen wir die geistigen Kräfte schöpfen können, die wir für unser nächstes Erdenleben brauchen.

Zuletzt werden wir auch noch mit einem Seelenmenschen umkleidet, der dem Geistesmenschen entspricht, den wir aus eigener Kraft aber erst auf dem künftigen Vulkan entwickelt haben werden.

Da der Mensch gegenwärtig sein Ich nur dadurch entwickelt, dass er umgestaltend an seinen irdischen Wesensgliedern arbeitet, diese ihm aber im nachtodlichen Leben fehlen, so ist eine weitere Entwicklung des Ich im rein geistigen Dasein vorerst nicht möglich. Allerdings reift alles das, was wir im Erdenleben geistig erstrebt haben, auf dem nachtodlichen Weg durch die geistige Welt erst vollends aus und kann von da aus inspirierend auf die auf Erden lebenden Menschen wirken. Das gibt dem irdisch verkörperten Dasein seine ganz besondere Bedeutung, und der Mensch wird solange immer wieder zu einer neuen irdischen Verkörperung heruntersteigen, solange diese Bedingungen gegeben sind.

„Wenn man die Vorgänge, die nun der Mensch bewußt durchlebt, nachdem er durch die Pforte des Todes gegangen ist, sich richtig verständnisvoll vor die Seele rücken will, so muß man das folgende berücksichtigen. Die Götter, das heißt die geistigen Wesen, welchen wir begegnen - ich möchte sagen aus den verwandelten, metamorphosierten Sternen - , die leben in einer ganz anderen kosmischen Richtung als wir Erdenmenschen während unseres Erdendaseins. Ich sage damit eine sehr bedeutsame Wahrheit über die geistigen Welten, eine Wahrheit, die nur gewöhnlich selbst da, wo mehr theoretisch und weniger anschaulich von den geistigen Welten die Rede ist, nicht berücksichtigt wird. Wir Erdenmenschen tragen in unserem Erdendasein dann, wenn wir bewußt sind, einen physischen und einen ätherischen Leib an uns. Dieser physische und dieser ätherische Leib sind so eingerichtet, daß wir unser Erleben so haben, daß wir von dem Früheren zu dem Späteren leben, daß wir uns also in der Zeit in einer gewissen Strömung befinden. Ich will diese Strömung mit einer roten Pfeillinie bezeichnen (siehe Schema a). Das ist die Eigentümlichkeit unseres physischen und Ätherleibes, daß sie im Kosmos diese Richtung haben (roter Pfeil von links nach rechts). Wenn dieses (siehe Schema b) unser physischer Leib ist (Kreis rot) und dieses unser Atherleib (Kreis gelb), so bewegen sich physischer Leib und Atherleib in dieser Richtung (Pfeil b von links nach rechts). Und unser ganzes Erleben in der Welt geschieht, sofern wir Menschenwesen sind, in dieser Richtung.

Zeichnung aus GA 227, S. 210
Zeichnung aus GA 227, S. 210

Diejenigen Wesenheiten, denen wir begegnen, wenn wir in das Dasein hinaufrücken zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, wo wir das Erleben realisieren, was wir hier während des Schlafes im Bilde erleben, bewegen sich in der entgegengesetzten Richtung. Sie kommen uns fortwährend entgegen. So daß im Verhältnis zu dem, was wir im Erdenleben die Zeit nennen, wir sagen müssen: Die Götter tragen Geistleiber an sich, meinetwillen Lichtleiber, mit denen sie sich aber von der fernsten Zukunft gegen die Vergangenheit hinbewegen. So daß also die Götter sich in dieser Richtung bewegen (Pfeil von rechts nach links, Schema c).

Zeichnung aus GA 227, S. 210
Zeichnung aus GA 227, S. 210

Und wenn wir in die Zeit eintreten, die wir verbringen zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, so nehmen wir ebenso, wie wir hier auf Erden aus den physischen Substanzen unseren physischen Leib annehmen, beim Durchgange durch die Zeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt die göttlichen Leiber an. Wir umkleiden uns da mit den göttlichen Leibern; wir umkleiden uns da mit dem göttlichen Leibe desjenigen, was ich in meiner «Theosophie» den Geistesmenschen und den Lebensgeist genannt habe. So daß also wir selber, indem wir durch die Pforte des Todes treten, anlegen einen Lebensgeist (weiß) und einen Geistesmenschen (grün), aber dadurch die umgekehrte Richtung im Weltenall bekommen und nach dem Tode zunächst unser Leben zurückleben bis zu der Geburt, beziehungsweise bis zur Empfängnis hin.“ (Lit.:GA 227, S. 209ff)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die Verbindung zwischen Lebenden und Toten, GA 168 (1984), Zweiter Vortrag, Kassel, 18. Februar 1916 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Erdensterben und Weltenleben. Anthroposophische Lebensgaben. Bewußtseinsnotwendigkeiten für Gegenwart und Zukunft., GA 181 (1967), Zehnter Vortrag, 2. April 1918 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Initiations-Erkenntnis, GA 227 (2000), ISBN 3-7274-2271-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
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Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.