Sinneswahrnehmung und Staatstheorie: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Sinneswahrnehmung''' oder '''Sensation''' (von {{FrS|''sensation''}} „'''Sinneseindruck'''“, {{EnS|''sensation''}}; aus [[lat.]] ''sensus'' [[Gefühl]], [[Verstand]] bzw. ''sentire'' „[[Empfindung|empfinden]], fühlen, mit den [[Sinne]]n wahrnehmen“) ist ein spezieller Fall der [[Wahrnehmung]] überhaupt. Umgangssprachlich wird mit dem Wort „Sensation“ auch ein aufsehenerregendes, emotional miterlebtes Ereignis bezeichnet.
Eine '''Staatstheorie''' oder '''Staatsphilosophie''' behandelt mögliche Definitionen, Entstehung, [[Staatsform|Formen]], Aufgaben und [[Staatsziel|Ziele]] des [[Staat]]es sowie dessen institutionelle, soziale, ethische und juristische Bedingungen und Grenzen.
Als Teilgebiet der [[Politische Philosophie|Politischen Philosophie]] und Konkretion der [[Allgemeine Staatslehre|Allgemeinen Staatslehre]] berühren Staatstheorien deshalb oftmals Fragestellungen, die  mehrere [[Einzelwissenschaft]]en gleichzeitig betreffen, darunter: die [[Philosophie]], die [[Theologie]], die [[Politikwissenschaft]], die  [[Rechtswissenschaft]], die [[Soziologie]] und die [[Volkswirtschaftslehre]].


In seiner [[Sinneslehre]] hat [[Rudolf Steiner]] zwölf [[physisch]]e [[Sinne]] unterschieden, durch die wir die [[sinnliche Welt]] wahrnehmen. Am Zustandekommen der Sinneswahrnehmung sind aber nicht nur Vorgänge der sinnlichen Welt, sondern auch solche höherer Welten wesentlich mitbeteiligt. Und entsprechend ist beim [[Mensch]]en nicht nur der [[Physischer Leib|physische Leib]] tätig, sondern auch die höheren [[Wesensglieder]] wirken mit, wie es Rudolf Steiner am [[Farbwahrnehmungsprozeß]] exemplarisch gezeigt hat.
== Überblick ==
Eine Staatstheorie kann von sehr verschiedenen Ansätzen ausgehen:
* von historischen oder vorhandenen Staatssystemen, die sie beschreibt, legitimiert oder kritisiert
* vom Ideal einer politischen Ordnung, etwa einer [[Utopie|Staatsutopie]]
* von ökonomischen oder politisch-sozialen Machtstrukturen
* von einer Idee der „Sittlichkeit“ ([[Ethik]]), daraus abgeleitet u. a. die [[Menschenrecht]]e und die [[Gewaltenteilung]]
* von einer vorgegebenen, sei es „göttlichen“, naturgesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Ordnung.
Je nach Epoche und Theorieansatz können Akteure der Staatstheorie sein:
* der „[[Souverän]],
* der Staat als abstraktes Wesen selbst,
* ein „[[Staatsvolk]]“,
* der einzelne Mensch,
* die [[Klasse (Soziologie)|soziale Klasse]] oder
* die Gesamtheit der handelnden [[Wirtschaftssubjekt]]e.
Diese Subjekte sind zugleich auch Objekte der Staatstheorien, sofern Freiheit und Ordnung im Konstrukt des Staates auf irgendeine Weise miteinander ausgeglichen werden (sollen): z. B. als Machtstaat, [[Rechtsstaat]], „[[Wohlfahrtsstaat]]“ oder „[[Klassenlose Gesellschaft]]“. Gegenstand der Reflexion sind ebenso die Abgrenzung und Zuordnung verschiedener Staatsaufgaben und Staatsgewalten – z. B. [[Legislative]], [[Exekutive]] und [[Judikative]] – wie der mögliche und wirkliche „Interessenausgleich“ verschiedener Gruppen, die im Staat zusammengefasst existieren.


== Sinneswahrnehmung und Ideenwelt ==
Man kann Staatstheorien historisch verschiedenen Gesellschaftsformen zuordnen und sie daraus ableiten. Sie reagierten je nach [[Zeitalter|Epoche]] auf unterschiedliche Bedürfnisse und partikulare oder allgemeine Interessen. Eine Möglichkeit, ihre Vielfalt begrifflich zu ordnen, ist die Frage nach dem ihnen zugrunde liegenden „Menschenbild“ (vgl. [[Philosophische Anthropologie]]): Wird der Mensch als prinzipiell „gut“ gedacht, liegt eine Staatstheorie nahe, welche auf möglichst weitgehende demokratische Teilhabe, soziale Gleichheit und Herrschaftsminderung ausgerichtet ist. Wird der Mensch hingegen als prinzipiell gewalttätig, machtstrebend, „böse“ oder wegen seiner prinzipiellen Unbestimmtheit potenziell „gefährlich“ gesehen, liegt eine Staatstheorie nahe, die eine freiheitsbegrenzende Machtausübung staatlicher Autorität legitimiert.


Die sinnliche Wahrnehmung löscht alle [[nichtsinnlich]]en, [[idee]]llen Inhalte aus. Diese können nur durch das [[Denken]] - und im erweiterten Sinn durch die [[Geistesschau]] - erfasst werden und geben erst zusammen mit der [[Wahrnehmung]] die ganze [[Wirklichkeit]].
Auch in ihrer Herangehensweise unterscheiden sich die Ansätze: Eine Rechtstheorie geht z. B. eher [[normativ]] und [[deduktiv]] vor, während eine soziologische Theorie zuvor die Interessengruppen [[empirisch]] und [[Deskription|deskriptiv]] analysiert.


{{GZ|Die sinnliche Wahrnehmung
== Griechisch-römische Staatstheorien der Antike ==
schaltet alles Nichtsinnliche von den Dingen aus. Die Dinge
Staatstheorien aus der Zeit des [[Antikes Griechenland|antiken Griechenlands]] beziehen sich nicht auf einen Staat im heutigen Sinn einer [[Gebietskörperschaft]], sondern auf den Personalverband einer [[Polis]] (Stadtstaat). Auch dauerhaft Zugezogene (sog. [[Metöke]]n) besaßen in der jeweiligen Polis keine [[Bürgerrecht]]e und somit kein [[Wahlrecht]].
werden durch sie alles dessen entkleidet, was an ihnen nichtsinnlich
ist. Schreite ich dann zu dem geistigen, dem ideellen
Inhalt fort, so stelle ich nur dasjenige wieder her, was
die sinnliche Wahrnehmung an den Dingen ausgelöscht
hat. Somit zeigt mir die sinnliche Wahrnehmung nicht das
tiefste Wesen der Dinge; sie trennt mich vielmehr von diesem
Wesen. Die geistige, ideelle Erfassung verbindet mich
aber wieder mit diesem Wesen. Sie zeigt mir, daß die Dinge
in ihrem Innern genau von demselben geistigen Wesen
sind, wie ich selbst. Die Grenze zwischen mir und der Außenwelt
fällt durch die geistige Erfassung der Welt dahin.
Ich bin von der Außenwelt getrennt, insofern ich ein sinnliches
Ding unter sinnlichen Dingen bin. Mein Auge und
die Farbe sind zwei verschiedene Wesenheiten. Mein Gehirn
und die Pflanze sind zweierlei. Aber der ideelle Inhalt
der Pflanze und der Farbe gehören mit dem ideellen Inhalt
meines Gehirns und des Auges einer einheitlichen ideellen
Wesenheit an.|7|43}}


Bei der Sinneswahrnehmung strömt in die Sinne zunächst [[Äther]]isches von außen ein, das durch die von innen aufsteigende abstrakte [[Ideen]]welt abgetötet wird und dadurch nur abgeschattet als [[physische Welt]] erscheint. Diese von innen aufsteigende Ideenwelt ist, wie schon [[Platon]] richtig bemerkt hatte, der Schattenwurf unserer vorgeburtlichen [[Existenz]]:
Erst im Reich [[Alexander der Große|Alexanders des Großen]], in den Reichen seiner Nachfolger ([[Diadochen]]) sowie im [[Römisches Reich|Römischen]] und [[Byzantinisches Reich|Byzantinischen Reich]] entwickelt sich ein „Staat“ im Sinne eines einheitlich verfassten und regierten Gebietes: sei es wie schon in den älteren Großreichen [[Ägypten]]s und [[Mesopotamien]]s als [[Monarchie]] mit antiker „Gottkönigs“-Ideologie, sei es als Repräsentation der Bürgerschaft durch Staatsorgane wie den römischen [[Senat]]. Aber auch diese Staatsform entsprach noch nicht dem neuzeitlichen Staat, weil sie bestimmte Teile der Bevölkerung prinzipiell von jeder politischen Teilhabe ausschloss.


[[Bild:Abtoetung_des_Aetherischen.gif|thumb|243px|Abtötung des von außen einströmenden Ätherischen durch die von innen aufsteigende abstrakte Ideenwelt]]
Doch schon der griechische [[Historiker]] [[Herodot]] ("Vater der Geschichtsschreibung") bemerkte in seiner [[Verfassungsdebatte]], dass auf der Masse des [[Volk]]es der ganze Staat ruhe (Herodot, 3,80-84).
{{GZ|Machen wir uns klar: Wir lassen im wachenden Zustande niemals diese Welt nur in uns einströmen. Wenn wir auch ein nur wenig aktives Denken in Ideen entwickeln, so bringen wir doch gewissermaßen aus dem Inneren heraus diesen auf uns einstürmenden Tönen, Farben, Gerüchen, Geschmäcken, überhaupt allen Sinnesqualitäten, den aus unserem Inneren aufsteigenden Gegenstoß der Ideenwelt entgegen. Und wer nun wiederum nicht nach der abstrakten Wortpsychologie der Gegenwart denkt, sondern wer wirklich beobachten gelernt hat, der kann sich fragen: Wie begegnen sich in unseren Sinnesorganen die von außen einstürmenden Wahrnehmungsinhalte und der Gegenstoß von innen, die Ideenwelt? - Sehen Sie, wenn wir bloß hingegeben wären an die Welt der Wahrnehmungen, dann lebten wir eigentlich als Menschen in unserem ätherischen Leibe und mit dem ätherischen Leibe in einer ätherischen Welt. Sie brauchen sich nur vorzustellen, wie Sie, hingegeben durch die Augen an die Farbenwelt, in einer wogenden, ätherisch wogenden Farbenwelt leben würden, wie Sie, hingegeben durch Ihre Ohren an die tönende Welt, in einem wogenden Tonmeer leben würden, das allerdings nicht ätherisch zunächst ist, aber es würde ätherisch sein, wenn Sie nicht den Gegenstoß durch die Ideen liefern würden. Nämlich so, wie die Töne zunächst für uns Menschen sind, so sind sie das Ätherische. Wir schwimmen im Luftmeere und dadurch im verdichteten Ätherischen. Es ist also Ätherisches, das nur bis zur Luft materiell verdichtet ist; die Töne sind nur der luftförmig-materielle Ausdruck wiederum vom Ätherischen. Und so ist es mit den Wärmequalitäten, mit den Geschmacks-, mit den Geruchsqualitäten, mit allen Sinnesqualitäten. Denken Sie sich also weg den Gegenstoß der Ideenwelt von innen, denken Sie sich, Sie lebten in einem ätherischen Meere als ätherische Wesenheit, Sie würden niemals zu jener menschlichen Konsistenz kommen, mit der Sie eigentlich zwischen Geburt und Tod in der Welt dastehen. Wodurch nur können Sie zu dieser Konsistenz kommen? Dadurch, daß Sie darauf hinorganisiert sind, dieses Ätherische abzutöten, abzulähmen. Und wodurch lähmen wir es ab? Wodurch töten wir es ab? Durch den Gegenstoß der Ideen! Es ist wirklich so: Es käme gewissermaßen von außen her - wenn ich schematisch zeichnen soll - die Welt des Wahrnehmungsinhaltes in lebendiger Ätherität (rot), und wir würden als ätherische Wesen schwimmen in lebendiger Ätherität, wenn wir nicht hineinsenden würden von innen den Gegenstoß der Ideenwelt (blau), die so, wie sie zwischen Geburt und Tod Ideenwelt ist, das Ätherische ertötet und uns die Welt als physische Welt erscheinen läßt. Wir hätten eine ätherische Welt um uns, wenn wir nicht durch die Ideenwelt ertöteten dieses Ätherische, es herunterbrächten zur physischen Gestaltlichkeit. Die Ideenwelt, so wie wir sie als Mensch haben, sie verbindet sich in unseren Gesamtorganen mit den Sinnesqualitäten, lähmt diese Sinnesqualitäten ab und bringt sie herunter bis zu dem, was wir eben als physische Welt erleben...


Also wir haben auf der einen Seite diesen Tatbestand, daß wir durch die Ideenwelt herabdämpfen das ätherische Gewoge der Sinnesqualitäten. Womit hängt das nun im weiteren zusammen? Es hängt im weiteren damit zusammen, daß unsere Ideenwelt, die wir als Mensch zwischen Geburt und Tod erleben als von innen aufsteigend, nicht in ihrer wahren Gestalt erscheint. Das können die Menschen nicht durchschauen, daß sie an den Ideen so, wie man sie erlebt als Mensch im physischen Leibe, nicht die wahre Gestalt dieser Ideen haben. Die Menschen sind noch so grob organisiert in der gegenwärtigen Zivilisation, daß sie gar nicht darauf kommen, sich zum Beispiel einmal zu sagen: Du fährst aus dem Schlafe auf, du hast einen ganzen Traum erlebt, der dir symbolisch ausgedrückt hat, was draußen auf der Straße «Feurio!» schreit. - Man erlebt symbolisch etwas, was draußen ganz anders ist. Was wir in den Ideen haben, ist eben sehr verschieden von dieser Ausbildung eines äußeren Ereignisses in der Traumphantasie; aber in der Ideenwelt haben wir dennoch auch etwas, was nichts anderes ist als das Hereinscheinen einer ganz anderen Welt. Und welche Welt ist es? Davon haben wir oftmals gesprochen. Es ist die Welt, die der Mensch durchgemacht hat vor der Geburt, oder sagen wir vor der Empfängnis. Das ist dasjenige, was hier im Leben abgeschattet ist bis zur abstrakten Ideenwelt, konkret erlebt. Zwischen dem Tod und einer neuen Geburt leben wir in der Realität dessen, was hier in der Ideenwelt nur in diesen Schattenbildern der Begriffe, der Vorstellungen, der Ideen vorhanden ist. So wie die äußere Welt in den Traum hereinscheint, so scheint die vorgeburtliche Welt herein in unsere Welt zwischen Geburt und Tod, indem sie nachwirkt in der Bildung von Ideen. Aber während alles lebt in dem, was die Ideen sind zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, während da das, was in der Ideenwelt real ist, unsere eigene Wesenheit berührt, während wir da, indem wir uns selber berühren, unser ideelles Substantielles berühren, so wie wir jetzt unseren physischen Leib berühren, schattet sich herein in dieses irdische Leben von dieser Substantialität der Ideenwelt nur dasjenige, wovon wir nicht einmal wissen, daß wir aus ihm im Irdischen die Realität des eigenen Ich schöpfen. Aber wir verwenden diesen Schatten unserer geistigen Existenz dazu, um uns gerade die Existenz auf Erden möglich zu machen. Was geben uns denn die Götter mit, indem sie durch die Geburt uns hereinsenden in diese Welt? Sie geben uns mit das Schattenbild jener Existenz, die wir haben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Dieses Schattenbild sind die Ideen, und diese Ideen dienen uns hier, um überhaupt physisch Mensch zu werden, sonst würden wir als ätherische Wesen im ätherischen Meer schwimmen. Wir töten ab das ätherische Leben mit den Schattenbildern unseres Lebens zwischen dem Tod und einer neuen Geburt.|198|217ff}}
[[Bild:Plato-raphael.jpg|mini|[[Platon]] (hier gemalt von [[Raffael]]) beschrieb in seinem Werk ''[[Politeia]]'' seine Vorstellung eines Idealstaates.]]
[[Platon]] baute in seinem Werk ''[[Politeia]]'' den [[Ideal (Philosophie)|Idealstaat]] analog zur [[Seele]] des Menschen auf. Die drei Stände entsprechen dabei jeweils einem der drei Seelenteile:
* Die Philosophen (Regenten) entsprechen der Vernunft und bilden somit den ''Lehrstand'',
* die Wächter (Verteidigung nach außen und innen) dem Mut; der ''Wehrstand'',
* der dritte Stand, der ''Nährstand'' (Bauern und Handwerker) spiegelt die [[Triebtheorie|Triebe]].
Ein Mensch sei dann glücklich, wenn seine drei Seelenteile sich in Harmonie, im Gleichgewicht befänden: So sei auch ein Staat dann gerecht, wenn die drei Stände im Einklang lebten. Als beste Verfassungen bezeichnete Platon die gemäßigte [[Aristokratie]] und die konstitutionelle Monarchie, als zweitbeste die [[Nomokratie]] (Herrschaft der Gesetze). Bei Platon findet sich auch die Auffassung eines [[Kreislauf der Verfassungen|Verfassungskreislaufs]], einer zeitlichen Aufeinanderfolge verschiedener Staatsformen.


== Phantome der Sinnesempfindungen ==
Sein Schüler [[Aristoteles]] unterschied in seinem Werk ''[[Politik (Aristoteles)|Politik]]'' sechs [[Staatsform]]en:
* Monarchie (Alleinherrschaft),
* Aristokratie (Herrschaft der Besten)
* [[Politie]] (Herrschaft der vernünftigen Gesellschaftsmitglieder).
Diese drei Formen hätten das Allgemeinwohl im Auge und seien daher gut. Ihre „entarteten“ Gegenstücke seien
* [[Tyrannis]],
* [[Oligarchie]] und
* [[Demokratie]]; sie wird zur Unterscheidung vom heutigen Demokratiebegriff häufig auch [[Ochlokratie]] genannt.
Auch Aristoteles glaubte an einen Kreislauf der Verfassungen: Eine gute Staatsform neige zur „Entartung“, aus dieser „entarteten Form“ gehe dann die nächste gute Form hervor usw. Demokratie verstand er als Herrschaft der unorganisierten Masse der Armen, die nicht das Wohl der Allgemeinheit, sondern nur das eigene Wohl anstreben könnten. Er lehnte aber eine gemäßigte Form von Volksherrschaft nicht strikt ab, wie etwa noch sein Lehrer Platon dies tat, sondern plädierte für eine [[Mischverfassung]] zwischen Demokratie und Oligarchie, die er auch als ''Politie'' bezeichnet.


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Auch [[Marcus Tullius Cicero|Cicero]] suchte in seinem Werk ''[[De re publica]]'' die optimale Staatsverfassung und übertrug dabei Einsichten von Aristoteles und dem Geschichtsschreiber [[Polybios]] auf die [[römische Republik]]. Cicero deutete das römische System als adäquate Verwirklichung der Mischverfassung mit den [[Konsul (Antike)|Konsuln]] als monarchischem, dem [[Senat]] als aristokratischem und der [[Volksversammlung]] als demokratischem Element.
"Etwas höchst Eigentümliches
zeigt sich, wenn man den Wahrnehmungsvorgang hellseherisch
beobachtet. Sagen wir, irgend etwas wirke auf unser Auge, wir
nehmen Licht oder Farbe wahr, wir haben also in unserem Bewußtsein
die Empfindung des Lichtes oder der Farbe: das Merkwürdige,
was man nun entdeckt durch die Geistesforschung, ist, daß im Menschenwesen
nicht nur dieses Licht und diese Farbe auftreten, sondern
daß da wie im Gefolge von Licht und Farbe gleichzeitig mit unserer
Empfindung von Licht- und Farbenbildern, man möchte sagen, eine
Art von Licht- oder Farbenleichnam in uns auftritt. Unser Auge veranlaßt
uns, daß wir die Licht- und Farbenempfindung haben. Man
könnte also sagen: das Licht strömt zu und bereitet uns die Lichtempfindung,
aber tiefer in unser Wesen hineinschauend, entdecken
wir, daß, während in unserem Bewußtsein das Licht sitzt, unser Menschenwesen
durchzogen wird von etwas, was in diesem Menschenwesen
sterben muß, damit wir die Lichtempfindung haben können.
Keine Wahrnehmung, keine Empfindung von außen können wir
haben, ohne daß sich gleichsam durchdrückt durch diese Empfindung
eine Art Leichenbildung, die wie im Gefolge dieser Empfindung auftritt.
Geistesforschung muß eben sagen: Da schaue ich mir den Menschen
an, ich weiß, jetzt empfindet er rot. Ich sehe aber, daß dieses
Rot, das in seinem Bewußtsein lebt, von sich gleichsam etwas ausgießt,
sein ganzes Wesen, insofern es in seine Haut und in die Grenzen
seines Ätherleibes eingeflossen ist, durchdringt mit etwas, was wie
der Leichnam der Farbe ist, was etwas ertötet in dem Menschen. Denken
Sie nur einmal, daß wir eigentlich immer, indem wir der physischen
Welt gegenüberstehen und unsere Sinnesorgane offen haben, die
Leichname aller unserer Wahrnehmungen wie Phantome, aber wirksame
Phantome, in uns aufnehmen. Immer stirbt etwas in uns, indem
wir die Außenwelt wahrnehmen. Es ist das ein höchst eigentümliches
Phänomen. Und der Geistesforscher muß sich fragen: Ja, was geschieht
denn da? Was ist denn die Ursache von diesem höchst eigenartigen
Phänomen?


Da muß man betrachten, wie es sich eigentlich mit dem verhält,
In der [[Römische Kaiserzeit|römischen Kaiserzeit]] beruhte der Staat hingegen auf der faktisch unbegrenzten Macht des Monarchen ([[Prinzipat]]), jedenfalls solange dessen [[Römische Legion|Armee]] diese stützte. Dies zeichnete sich schon in den [[Hellenismus|hellenistischen]] Monarchien ab, die ihre Legitimation teilweise aus [[Alter Orient|altorientalischen Quellen]] speisten.
was da wie Licht an uns heranstürmt. Dieses Licht hat eben vieles
hinter sich. Es ist gleichsam das, was das Licht offenbart, nur der
Vorposten desjenigen, was an uns heranstürmt. Hinter dem Licht
steht allerdings nicht jene Wellenbewegung, von der die äußere Physik
phantasiert, sondern hinter dem Licht, hinter allen Wahrnehmungen,
hinter allen Eindrücken steht zunächst das, was wir nur erfassen,
wenn wir geisteswissenschaftlich die Welt anschauen durch Imaginationen,
durch schöpferische Bilder. In dem Augenblick, wo wir alles
sehen würden, alles wahrnehmen würden, was in dem Licht oder in
dem Tone oder in der Wärme lebt, würden wir hinter dem, was uns
zum Bewußtsein kommt, die schöpferische Imagination wahrnehmen
und in dieser sich wieder offenbarend die Inspiration, und in dieser
die Intuition. Es ist dasjenige, was uns zum Bewußtsein kommt als
Licht- und Tonempfindung, gleichsam die oberste Schicht, gleichsam
nur der Schaum dessen, was an uns heranschwingt, aber es lebt darin,
was, wenn es uns zum Bewußtsein käme, zur Imagination, Inspiration,
Intuition in uns werden könnte.


Also eigentlich haben wir nur ein Viertel von dem, was an uns
== Theologische Staatstheorien ==
heranstürmt, wirklich in der Wahrnehmung gegeben, die anderen
=== Christentum ===
drei Viertel dringen in uns ein, ohne daß es uns zum Bewußtsein
{{Hauptartikel|Kirche und Staat}}
kommt. Während wir also dastehen und eine Farbenempfindung
haben, dringen, gleichsam durch die Fläche der Farbenempfindung,
die schöpferische Imagination, die Inspiration, die Intuition in uns
ein, versenken sich in uns. Wenn wir sie näher untersuchen, diese drei
letzteren Eindringlinge, so finden wir, daß, wenn diese Imagination,
Inspiration, Intuition so, wie sie sich durch die Sinnesempfindung
in unseren Organismus hereindrängen wollen, wirklich in diesen hereinkämen,
sie so wirken würden, daß sie auch noch während der Zeit
unseres physischen Erdendaseins zwischen Geburt und Tod eine
solche Vergeistigung in uns hervorrufen würden, wie ich sie gestern
angedeutet habe als ein mögliches Ergebnis der Verführung Luzifers.
Es würden diese Imagination, Inspiration, Intuition so auf uns wirken,
daß wir den Drang bekämen, alles, alles liegen zu lassen, was
noch an Anlagen für unser Streben nach fernen Zukünften, zum
Menschenideal, in uns vorhanden ist, und wir würden uns vergeistigen
wollen mit all dem, wie wir sind. Wir würden geistige Wesenheiten
werden wollen auf dem Vollkommenheitsgrade, den wir bis
dahin erlangt haben durch unser Vorleben. Wir würden uns gewissermaßen
sagen: Mensch zu werden, das ist uns eine zu große Anstrengung,
da müßten wir noch einen schwierigen Weg in die Zukunft
gehen. Wir lassen das, was noch an Möglichkeiten zum Menschen
hin in uns liegt. Wir werden lieber ein Engel mit all den Unvollkommenheiten,
die wir an uns tragen, denn da kommen wir in die
geistige Welt unmittelbar hinauf, da vergeistigen wir unser Wesen.
Wir werden dann allerdings unvollkommener, als wir nach unseren
Anlagen werden könnten im Kosmos, aber wir werden eben geistige,
engelartige Wesen.


Da ersehen Sie wiederum an einem Beispiel, wie wichtig das ist,
Seit den [[Christenverfolgungen im Römischen Reich]] gewann das [[Christentum]] zunehmend Einfluss auf europäische Staatstheorien. Es verstärkte seit der [[Konstantinische Wende|konstantinischen Wende]] (325) und nachdem es zur einzigen [[Staatsreligion]] geworden war (380-390) die Alleinherrschaft des römischen [[Kaiser]]s, indem es sie als unaufgebbar für die [[Erlösung]] im Jenseits absegnete.
was man nennt: die Schwelle der geistigen Welt, und wie wichtig die
Wesenheit ist, die man den Hüter der Schwelle nennt. Denn da steht
er schon an dem Punkt, von dem ich eben jetzt gesprochen habe. Er
läßt in unser Bewußtsein nur die Empfindung selber herein und läßt
nicht dasjenige hereinkommen, was als Imagination, als Inspiration,
als Intuition, wenn es in unser Bewußtsein eintreten würde, einen
unmittelbaren Drang nach Vergeistigung, so wie wir sind, mit Verzicht
auf alles folgende Menschheitsleben in uns erzeugen würde. Das
muß uns verhüllt werden, davor wird die Türe unseres Bewußtseins
zugeschlossen, aber in unsere Wesenheit dringt es ein. Und indem es
in unsere Wesenheit eindringt, ohne daß wir es mit dem Lichte unseres
Bewußtseins durchleuchten können, indem wir es hinuntersteigen lassen
müssen in die finsteren Untergründe unseres Unterbewußtseins,
kommen die geistigen Wesenheiten, deren Gegner Luzifer ist, von der
anderen Seite in unser Wesen herein, und es entsteht jetzt in uns der
Kampf zwischen Luzifer, der seine Imagination, Inspiration, Intuition
hereinsendet, und denjenigen geistigen Wesenheiten, deren Gegner
Luzifer ist. Diesen Kampf würden wir immer schauen bei jeder Empfindung,
bei jeder Wahrnehmung, wenn nicht für das äußere Wahrnehmen
die Schwelle der geistigen Welt gesetzt wäre, der gegenüber
sich nur der hellseherische Blick nicht verschließt.


Daraus ersehen Sie, was sich eigentlich alles abspielt in dem Inneren
Diese heilsgeschichtliche Dimension des Kaisertums wirkte im [[Mittelalter]] nach: Die ihrerseits zentralistisch und monarchistisch organisierte Kirche bestimmte die Weltanschauung und Religionspolitik des [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches]] im Westen wie auch des Byzantinischen Reiches im Osten (siehe [[Cäsaropapismus]]).
der Menschennatur. Das Ergebnis dieses Kampfes, der sich da abspielt,
ist das, was ich als eine Art von Leichnam, von partiellem
Leichnam in uns charakterisiert habe. Dieser Leichnam ist der Ausdruck
für das, was in uns ganz materiell werden muß, wie ein mineralischer
Einschluß, damit wir nicht in die Lage kommen, es zu vergeistigen.
Würde sich dieser Leichnam durch den Kampf von Luzifer
und seinen Gegnern nicht ausbilden, so würden wir statt dieses
Leichnams das Ergebnis der Imagination, Inspiration und Intuition
in uns haben, und wir würden unmittelbar in die geistige Welt aufsteigen.
Dieser Leichnam bildet das Schwergewicht, durch das uns
die guten geistigen Wesenheiten, deren Gegner Luzifer ist, in der physischen
Welt zunächst erhalten, so erhalten, daß wir darin gleichsam
verhüllt haben, was als Drang in uns entstehen müßte nach Vergeistigung,
damit wir anstreben nach dieser Verhüllung das wirkliche Ideal
der menschlichen Natur, all die Entfaltung der Anlagen, die in uns
sein können. Dadurch, daß also dieser Einschluß, gleichsam dieses
Leichnamphantom sich in uns bildet, daß wir, indem wir wahrnehmen,
uns immer sozusagen durchdringen mit etwas, was zu gleicher Zeit
Leichnam ist, dadurch ertöten wir in uns während des Wahrnehmens
dieses immer aufsteigende Drängen nach Vergeistigung. Und während
sich dieser Einschluß bildet, entsteht das, was ich öfter angedeutet
habe und was wichtig ist, daß man es einsieht in seiner ganzen Bedeutung.
Sehen Sie, wenn Sie in einen Spiegel hineinschauen, so haben Sie
eine Glasscheibe vor sich, aber durch diese Scheibe würden Sie
hindurchschauen, wenn sie nicht mit einem Spiegelbelage belegt wäre.
Dadurch, daß die Glasscheibe einen Spiegelbelag hat, spiegelt sich,
was vor dem Spiegel ist. Wenn Sie vor Ihrem physischen Körper so
stehen würden, daß Sie erleben würden, wie außer den Wahrnehmungen
auch die Imaginationen, Inspirationen, Intuitionen hineingehen,
dann würden Sie durch den physischen Leib hindurchschauen, und
Sie würden ein solches Gefühl erleben, daß Sie sich etwa sagen würden:
Ich will mit diesem physischen Leibe nichts zu tun haben, ich
beachte ihn gar nicht, sondern ich erhebe mich, so wie ich bin, in die
geistige Welt. Wirklich, es stünde der physische Leib vor Ihnen wie
der Glasspiegel, der keinen Belag hat. Aber nun ist der physische
Leib durchdrungen mit diesem Leichnam. Das ist wie der Belag des
Spiegels. Und jetzt spiegelt sich alles das, was darauf fällt, aber eben
nur so, wie wir es in den Sinneswahrnehmungen haben. Dadurch
entstehen die Sinneswahrnehmungen." {{Lit|{{G|153|107ff}}}}
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== Sinneswahrnehmung und Nerventätigkeit ==
Die [[Scholastik]] formulierte ausgehend von den Entwürfen [[Augustin von Hippo|Augustins]] (''De Civitate Dei'', um 420) und [[Thomas von Aquin]]s (''Summa theologica'', um 1265) eine differenzierte, am Zusammenwirken von Glaube und Vernunft orientierte Staatstheorie aus, in der das [[Naturrecht]] den Bezugspunkt bildet.


Damit die Sinneswahrnehmung zum bewussten seelischen Erleben werden kann, wird ein Teil der in die [[Sinnesorgane]] einströmenden [[Astralwelt|elementarischen (astralen) Welt]] von den Sinnesorganen aufgehalten und in unser [[Bewusstsein]] heraufgespiegelt. Die Welt offenbart sich uns dadurch in Form der für jedes Sinnesorgan spezifischen [[Sinnesqualitäten]].  
Die [[Zwei-Reiche-Lehre]] [[Martin Luther]]s begründete erstmals die strikte Trennung von kirchlicher und politischer Macht. Die [[Reformation]] begünstigte jedoch die Bildung von Landeskirchenregimenten, später von [[Absolutismus]] und [[Nationalstaat]]en, teilweise mit konfessionellen Nationalkirchen.


Der andere Teil der astralen Welt, der ungehindert durch die Sinnesorgane hindurchströmt, baut die Sinnesorgane auf. Erst dort, wo die Sinnesorgane in die Sinnesnerven übergehen, werden die astralen Kräfte vollkommen aufgehalten. Von hier an strömen nur mehr die Kräfte der noch höheren [[Geistige Welt|geistigen Welten]] durch.  
Erst die [[Französische Revolution]] setzte die Idee der [[Trennung von Kirche und Staat]] durch und initiierte damit in ganz Europa ein Staatsverständnis, das sich an innerweltlichen Sachaufgaben, [[Rechtsstaat|Rechtsstaatlichkeit]] und eher an demokratischer Staatskontrolle als an Machterhalt orientierte. Gegenreaktionen wie die [[Heilige Allianz]], die preußisch-konservative christliche Monarchie oder der [[Kulturkampf]] des politischen [[Katholizismus]] scheiterten langfristig.


Die Kräfte der [[Unteres Devachan|unteren geistigen Welt]] bauen den [[Nerven|Nerv]] bzw. überhaupt das ganze [[Nervensystem]], das nach kosmischen Gesetzmäßigkeiten ausgestaltet wird, auf. Die 12 Paar [[Gehirnnerven]] entsprechen dem Jahreslauf der [[Sonne]] durch den Tierkreis. Und hierin ist auch die Zwölfzahl der physischen Sinnesorgane begründet. Die 31 Paar [[Wikipedia:Spinalnerv|Rückenmarksnerven]] spiegeln, mit einer gewissen Abweichung, den Mondumlauf wider. Diese Abweichung (die siderische Umlaufzeit des Mondes beträgt etwa 27,3 Tage, die synodische Umlaufzeit von Neumond zu Neumond ungefähr 29,5 Tage) ist für den Menschen höchst bedeutsam, denn er kann sich dadurch bis zu einem gewissen Grad von den kosmischen Verhältnissen emanzipieren.  
Aus den Erfahrungen mit dem [[Totalitarismus]] heraus bejahen und unterstützen heutige Kirchen Europas den weltanschaulich neutralen Rechtsstaat, der seinerseits die [[Glaubensfreiheit]] und das [[Widerstandsrecht]] garantiert und schützt.


Ein Teil der Strömungen der unteren geistigen Welt werden dort, wo der Nerv in das [[Gehirn]] übergeht, in das Bewusstsein gespiegelt, wodurch wir befähigt werden, die der Wahrnehmungswelt zugrunde liegenden [[Naturgesetz]]e zu erkennen.
=== Islam ===
Im [[Islam]] bilden der [[Koran]] und die politische Philosophie [[Mohammed (Prophet)|Mohammeds]] die Grundlage aller Politik. Diese fordern eine an koranischen Prinzipien orientierte Gesellschaftsform, wobei Religion und [[Wissenschaft]] sowie Religion (siehe auch [[Staatsreligion]]) und Politik als untrennbar gedacht sind. Dies führt zu einer stark religiös geprägten Vorstellung vom Staat. Einige islamische Länder verankern die [[Schari'a]] in ihrer Verfassung: Diese setzt Gottes im Koran und in der [[Sunna]] offenbarten Willen für alle Lebensbereiche voraus, den die Gelehrten im Konsens auslegen und durch Rechtsprechung aktualisieren ([[Idschma]]). Dies führt zu [[Theokratie|theokratischen]], von religiösen Autoritäten gelenkten Staatsformen.


Weiter gehen noch die Kräfte der [[Oberes Devachan|höheren geistigen Welt]], der [[Vernunftwelt]]. Sie gehen großteils in das Gehirn hinein und bauen es auf. Was von diesen Kräften ins Bewusstsein reflektiert wird, gibt uns unser inneres geistiges Leben, unsere [[Vernunft]].
Nach neueren theologischen Positionen im Islam schließt der Koran die Möglichkeit, Staat und Religion zu trennen, jedoch nicht aus. Dabei wird auf Aussagen verwiesen, wonach die Nationen „die besten unter ihnen zu ihrer Führung“ auswählen sollen. Diese Aussage beinhalte die [[Volkssouveränität]]. Dennoch soll sich die Regierung eines islamischen Staates, gleich welcher Regierungsform sie zuzuordnen ist, an den Prinzipien des Korans orientieren. Dazu gehört nach Auffassung liberaler Muslime die [[Glaubensfreiheit]] (''la ikrah fi'd-din'': „Es soll kein Zwang sein im Glauben“), [[Meinungsfreiheit]] und die unveräußerlichen Menschenrechte.


Die Kräfte noch höherer übersinnlicher Welten durchströmen den Menschen, aber sie können von ihm normalerweise nicht aufgehalten werden. Sie wirken daher weder organbildend, noch findet sich in unserem wachen Bewusstsein der Schatten ihrer Tätigkeit. Nur durch [[Schulungsweg|geistige Schulung]] können die Kräfte der [[Urbilderwelt]] ([[Buddhiplan]]) aufgehalten werden und unsere geistigen Wahrnehmungsorgane ausbilden. Was von diesen Kräften der Urbilderwelt ins Bewusstseingespiegelt wird, gibt uns die Möglichkeit von der Sinneswahrnehmung zur ersten Stufe der geistigen Wahrnehmung, der [[Imagination]], überzugehen. Durch die Imagination lernen wir die astrale Welt in ihrer wahren Gestalt kennen, die sich in der Sinneswahrnehmung nur in der sinnlichen Abschattung offenbart.
Die ''[[Islamischer Staat (Theorie)|Theorie eines islamischen Staates]]'' ist ein Konzept, welches seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine große Rolle im islamischen politischen Denken spielt.


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== Neuzeitliche Staatstheorien ==
"Wir wollen uns die Frage vorlegen: Wodurch kommt es zustande, daß wir im Aufwachen plötzlich um uns herum die Sinneswahrnehmungen haben, Farben, Töne, Lichteindrücke und andere Sinneswahrnehmungen? - Wir wollen das einmal in bezug auf eine bestimmte Farbe ins Auge fassen. Nehmen wir an, wir sehen am Morgen, wenn wir aufwachen, auf eine blaue Fläche. Wir haben also als ersten Sinneseindruck die Farbe Blau. Wie kommt das zustande? Über die Art, wie das geschieht, ist nämlich das gewöhnliche, normale Bewußtsein des Menschen ganz im unklaren; es stellt sich die Sache ganz verkehrt vor. Dieser Sinneseindruck kommt dadurch zustande, daß, indem das Ich hereingeht aus dem Makrokosmos in den Mikrokosmos, zunächst etwas wie ein Hindernis da ist für das Hereinströmen all der Kräfte, die da draußen in der geistigen Welt sind, ein Hindernis da ist zunächst für alles dasjenige, was wir nennen die elementarische Welt. Also dasjenige, was wir gestern und vorgestern als die elementarische Welt charakterisiert haben, das ist etwas, was zunächst aufgehalten wird. Nicht ganz wird es aufgehalten, aber so wird es aufgehalten, daß nur ein Teil der elementarischen Welt eigentlich einströmt. Wenn wir eine Fläche mit blauer Farbe vor uns haben, dann ist das so, daß durch diese Fläche hindurch, die wir als blaues Farbenbild vor uns haben, hindurchströmen alle die Kräfte aus den höheren Welten, die wir beschrieben haben, mit Ausnahme eines Teiles der elementarischen Welt. Dasjenige, was da zurückgehalten wird von der elementarischen Welt, das ist so, daß es dem Menschen zum Bewußtsein kommt wie ein Spiegelbild, wie eine Rückstrahlung, und diese Rückstrahlung ist eben die blaue Farbe. Alles, was wir gestern beschrieben haben von den Elementen des Feuers, der Luft, des Wassers und der Erde als der elementarischen Welt angehörig, das strömt hindurch. Es strömt durch das Auge alles das ein, was es an Elementen in der Welt gibt, mit Ausnahme dessen, was wir gerade sehen. Dadurch kommt also die Sinneswahrnehmung zustande, daß unser Auge zurückhält aus der elementarischen Welt das Licht, daß unser Ohr zurückhält aus der elementarischen Welt den Ton, daß unsere übrige Organisation zurückhält zum Beispiel einen Teil der Wärme und so weiter. Was nicht zurückgehalten wird, das strömt ein.
=== Machtstaatstheorien ===
[[Niccolò Machiavelli]] begründete in seinem Werk ''Il Principe'' („[[Der Fürst]]“) die Idee des ''Machtstaats'' und leitete sie aus der Herrschaft der „Starken“ ab. Die Herrschaft der "Starken" setze sich empirisch wie ein Naturgesetz in der Geschichte durch und beruhe wesentlich auf der Zustimmung der „Schwachen“:
{{Zitat|Ein Fürst braucht nur zu siegen und seine Herrschaft zu behaupten, so werden seine Mittel immer für ehrenvoll gehalten und von jedem gepriesen werden. Denn der Pöbel ist immer eingenommen vom Augenschein und vom Erfolg, und in der Welt gibt es nur Pöbel; die wenigsten halten stand, wenn sie nicht genügend Rückhalt finden.}}
Daraus folgerte Machiavelli den Machterhalt des Herrschenden als notwendige [[Staatsräson]] für den Bestand des Staates und erhob ihn zur [[Maxime]] politischen Handelns überhaupt. Er begründete die Staatsmacht also letztlich nur aus sich selbst heraus.


Nun können Sie das ergänzen, was wir in den vorhergehenden Vorträgen gesagt haben. Wir haben gesagt: Das Auge wird am Licht für das Licht gebildet. Wenn das Auge das Licht wahrnimmt, so wird es natürlich nicht von dem gebildet, was gesehen wird, sondern von demjenigen, was es hineinläßt, und das ist ein Teil der elementarischen Welt. So daß wir also sagen können (es wird gezeichnet): Wenn hier all die Kräfte aus den übersinnlichen Welten einströmen, werden hier gewisse Kräfte im Auge zurückgehalten, und analog ist es bei den anderen Sinnen. Was nicht hineinströmt in uns selber, was zurückgehalten wird, das ist die Summe unserer Sinneswahrnehmungen. Wir sehen, hören und so weiter also das, was wir nicht in uns selber hineinlassen. Dasjenige aber, was wir in uns hineinlassen, das ist das, was die physische Organisation, zum Beispiel des Auges, gebildet hat. Also gewisse Kräfte halten wir zurück, gewisse Kräfte lassen wir durch. Diejenigen Kräfte, die wir durchlassen, sind Kräfte der elementarischen Welt, die bilden unser Auge; so daß wir, wenn wir unseren Augapfel ansehen, sagen können: In der elementarischen Welt, die wir gerade nicht sehen, weil sie durchgelassen wird, haben wir zugleich dasjenige, was unseren Sinn des Auges bildet; auch unsere anderen Sinne werden auf dieselbe Weise aus der elementarischen Welt heraus gebildet. So sind wir als Sinneswesen aus der elementarischen Welt heraus gebildet. Die elementarische Welt, die wir sehen, wenn wir uns dazu fähig machen, in sie hineinzuschauen, die bildet uns unsere Sinne.
[[Jean Bodin]] führte in seinem Werk ''Les six livres de la Republique'' („Sechs Bücher über den Staat“) die Idee der [[Souveränität]] ein: Das Gemeinwesen werde durch eine oberste Gewalt und Vernunft gelenkt, eine beständige und unbedingte Gewalt über alle Bürger, mit dem Recht, Gesetze zu geben oder aufzuheben. Der souveräne Staat sei dabei keiner anderen irdischen Instanz gegenüber verantwortlich – er sei jedoch an das göttliche Recht oder [[Naturrecht]] gebunden, das in den [[Scholastik|scholastischen]] Diskussionen des Mittelalters definiert wurde.


Da aber, wo der Sinn nach innen begrenzt ist, an der Hinterwand des Auges, da befindet sich gleichsam ein zweiter Spiegel, da fließen in uns hinein alle anderen Kräfte aus einer weiteren Welt, außer denen, die widergespiegelt werden. Ich sage «gleichsam», aber es ist das eine völlige Erklärung. An der Hinterwand des Auges werden zurückgehalten und widergespiegelt die elementarischen Kräfte selber; dadurch hören sie auf zu wirken, und es strömen dahinter nur noch die Kräfte der geistigen Welt durch, und das sind diejenigen Kräfte, die uns zum Beispiel unseren Sehnerv bilden. Ebenso wie das Auge den Sehnerv hat durch das Einströmen der geistigen Welt, ebenso hat das Ohr den Hörnerv durch das Einströmen der geistigen Welt und so weiter. Unser gesamtes Nervensystem wird somit aus der geistigen Welt heraus gebildet. Aus ihr heraus strömen uns diejenigen Kräfte und Wesenheiten zu, die die Bildner unseres Nervensystems sind. Und unsere Nerven sind so angeordnet wie die Gesetze der Planetenwelt draußen; denn die Planetenwelt haben wir gleichsam wie den äußeren Ausdruck einer Art Uhr auffassen können für das, was da als geistige Tatsachen und geistige Wesenheiten wirkt.
=== Vertragstheorien ===
[[Vertragstheorie]]n verstehen den Staat von einer fiktiven ''Rechtsvereinbarung'' her. Ausgangspunkt ist die Beschreibung eines [[Naturzustand]]es, in dem es noch keinen Staat gibt. Nach griechisch-antiken Vorläufern wie dem [[Sophistik|Sophismus]] haben besonders [[Johannes Althusius]], [[Hugo Grotius]] und [[Thomas Hobbes]] solche Staatstheorien entworfen. Dabei flossen auch Elemente der Machtstaatstheorien mit ein.


Nun wäre es naheliegend, daß wir uns fragten: Wenn das der Fall sein sollte, wenn da wirklich an unseren Nerven diese Welt wirken würde, welche sich ausdrückt in äußeren Zeichen in unserem Planetensystem, dann müßte unserem Nervensystem etwas zugrunde liegen an Regelmäßigkeit, was entsprechen würde dem äußeren Sonnensystem. Wir müßten gleichsam in unserem Nervensystem eine Art inneren Sonnensystems haben. Denn es sind, wenn wir durch die elementarische Welt hindurchgegangen sind, die Kräfte der geistigen Welt, die sich ausdrücken im Planeten-Sonnensystem. Die Kräfte aus der Himmelswelt strömen herein und organisieren unser Nervensystem. Versuchen wir einmal, uns zu fragen, ob denn nun wirklich unser Nervensystem sich ausnimmt wie eine Art Spiegelbild dessen, was draußen im Makrokosmos sich ausdrückt in den Planeten und Tierkreisbildern.
Thomas Hobbes leitete den Gesellschaftsvertrag in seinem Buch ''[[Leviathan (Thomas Hobbes)|Leviathan]]'' aus dem Naturzustand des [[Krieg]]es aller gegen alle ab (''[[bellum omnium contra omnes]]''); geschichtlicher Hintergrund war der konfessionelle Bürgerkrieg in [[England]] und [[Schottland]] und die Auseinandersetzung zwischen König und Parlament. In diesem Naturzustand herrschen Konkurrenz, Misstrauen und Ruhmessucht. In dieser Phase sind die Menschen zu keinen Leistungen fähig, da sie einander fürchten. Die menschliche Vernunft entwickelt mehrere Lehrsätze („Naturgesetze“), um diesen Naturzustand zu überwinden. Aus der Vernunft heraus entsteht freiwillig ein Vertrag von jedem Menschen mit jedem Menschen. Darin verpflichten sie sich, ihre persönliche Freiheit zu beschränken und gewisse Rechte auf einen Souverän zu übertragen.
Sie geben dem Staat das unumschränkte [[Gewaltmonopol des Staates|Gewaltmonopol]], damit er die Allgemeinheit nach innen und außen vor gewaltsamen Übergriffen schütze. Entscheidend ist dabei, dass dieser Souverän nicht einen Vertrag mit den Menschen geschlossen hat. Seine Struktur ist nicht rechtlich kodifiziert, sondern autoritär und absolutistisch. Der Fürst oder eine Aristokratie oder eine Versammlung als übergeordnete ''persona civilis'' verkörpert die Ordnung. Nicht seine unumschränkte Gewaltanwendung bricht den Gesellschaftsvertrag, sondern der Einzelne, der sich gegen ihn auflehnt. Der Herrscher selbst ist nicht an seine Gesetze gebunden, er spricht Recht; da der Vertrag auf Unterwerfung beruht, enthält er keinerlei herrschaftsbegrenzende Elemente. Er kann nur dann aufgekündigt werden, wenn der Herrscher die Sicherheit des Volkes nicht mehr gewährleisten kann. Die vorausgesetzte Zustimmung der [[Individuum|Individuen]] legitimiert hier also die absolute Herrschaft eines [[Souverän]]s, wie sie zu Hobbes' Zeit in Frankreich üblich war („L´état c'est moi“).


Nun, Sie wissen alle, daß unsere Zeit geregelt wird durch die Stellung der Erde zur Sonne und durch den Durchgang der Sonne im Jahreslauf durch die zwölf Tierkreisbilder. Scheinbar wandert die Sonne während eines Jahres durch die zwölf Tierkreisbilder. Das ist eine Haupteinteilung des Jahres, die Einteilung in zwölf Monate, bewirkt durch die Gesetzmäßigkeit, welche im Sonnensystem zwischen Planeten und Tierkreisbildern herrscht. Die Zahl Zwölf ist eine solche Zahl, welche die Gesetzmäßigkeit dieser Stellungen und Bewegungen ausdrückt. Wir haben zwölf Monate im Jahr, und wir haben für die Monate, welche die längsten sind, die Zahl Einunddreißig, einunddreißig Tage. Das ist wiederum etwas, was herausgeholt ist aus der Stellung unserer Himmelskörper zueinander, wiederum etwas, was zusammenhängt mit unserem Zeitsystem. Die längsten Monate haben einunddreißig Tage, die anderen dreißig Tage und der Monat Februar achtundzwanzig oder neunundzwanzig Tage. Hier herrscht eine gewisse Unregelmäßigkeit, aber diese Unregelmäßigkeit hat ihre guten Gründe. Wir können uns nur hier nicht besonders darauf einlassen.
[[Bild:John Locke.jpg|mini|John Locke schlug vor, die [[Staatsgewalt]] in [[Legislative]] und [[Exekutive]] aufzuteilen, um Machtmissbrauch zu verhindern.]]
[[John Locke]]s Vertragstheorie dagegen war [[Aufklärung|aufklärerisch]] [[Liberalismus|liberal]] geprägt. Der Naturzustand, den er beschrieb, war durch [[Freiheit]] und [[Gleichheit]] gekennzeichnet. Dennoch führe die Regellosigkeit auch zu Instabilität. Die geringe Sicherheit des Lebens, der Freiheit und des [[Eigentum]]s im Naturzustand sei der Grund der Einigung auf ein Gewaltmonopol gewesen. Diese [[Staatsgewalt]] sei jedoch – anders als bei Hobbes – geteilt in Exekutive und Legislative, um dem Machtmissbrauch entgegenzuwirken. Lockes Gewaltenteilungslehre fehlte noch die selbstständige Judikative; er prägte jedoch in diesem Zusammenhang den Begriff der ''[[Checks and Balances]]'', der von den Autoren der [[Federalist Papers]] aufgegriffen wurde. [[Charles de Secondat, Baron de Montesquieu|Montesquieu]] entwickelt dann im ''[[Vom Geist der Gesetze|Esprit des lois]]'' eine entfaltete Lehre von der Gewaltenteilung, in der die Judikative die entscheidende Rolle spielt.


Versuchen wir einmal, diese merkwürdige Zeiteinteilung da draußen in der großen Weltenuhr uns vor die Seele zu führen und uns zu sagen: Wenn nun wirklich dasjenige, was dieser großen Welt des Kosmos zugrunde liegt, auch die Bildungskräfte für unser Nervensystem liefert, dann müßten sich die Zahlen im Nervensystem spiegeln. - Nun, wir haben zwölf Paar Gehirnnerven und einunddreißig Paar Rückenmarksnerven, das heißt, es spiegeln sich tatsächlich die kosmischen Gesetzmäßigkeiten, die beherrscht werden durch die Zahl Zwölf und die Zahl Einunddreißig, in unserem Nervensystem.
[[Jean-Jacques Rousseau]] vertrat demgegenüber eine [[Radikaldemokratie|radikaldemokratische]] Staatstheorie, die nicht das Bestehende rechtfertigen, sondern dem menschlichen Wesen gemäß sein will und auf die Identität von Herrschenden und Beherrschten setzt. Wie Locke sah er den Naturzustand durch Freiheit und Gleichheit gekennzeichnet. Deren Verlust erfolgte laut Rousseau nicht freiwillig, sondern durch äußere Einflüsse, und mündete in das Zwischenstadium der [[Vergesellschaftung]]. Der künftige Gesellschaftsvertrag soll nun die unwiederbringliche natürliche Freiheit auf einer höheren Stufe als gesellschaftliche Freiheit wiederherstellen. Er soll also die menschlichen Grundeigenschaften nicht begrenzen und aufgeben, sondern als „Grundrechte“ bewahren und verteidigen. Darum fragte Rousseau ([[Contrat social]] II, 15):


Und daß eine gewisse Unregelmäßigkeit herrscht, ist deshalb, weil der Mensch ein selbständiges Wesen werden soll durch sein Nervensystem und weil er unabhängig werden soll von dem, was äußerlich im Räume sich abspielt. Der Mensch hat seine einunddreißig Rückenmarksnervenpaare. Ebenso wie sich die Zwölfzahl der Monate nach dem Durchgang der Sonne durch den Tierkreis regelt, so müßte sich die Zahl der Tage im Monat eigentlich nach dem Mond richten; das würde nur Achtundzwanzig Tage ergeben. Und wenn wir nicht drei Nervenpaare sozusagen im Überfluß hätten, wodurch wir uns als freie Menschen unabhängig machen können, so würden wir auch tatsächlich der Zahl Achtundzwanzig unterworfen sein. Damit sehen Sie in ein tiefes Geheimnis hinein, in einen wunderbaren Zusammenhang zwischen dem, was da draußen in den großen Symbolen des Raumes sich ausdrückt, die eine Abspiegelung sind von Wesenheiten und Wirksamkeiten in der geistigen Welt, und dem, was wir in unserem Nervensystem haben.
{{Zitat|Wie findet man eine Gesellschaftsform, die jedes Glied verteidigt und schützt und in der jeder Einzelne, obgleich er sich mit allen vereint, dennoch nur sich selbst gehorcht und so frei bleibt wie bisher?'}}


Nun kommen wir zu dem dritten Teil der Spiegelung. Unser Nervensystem wird also aufgebaut von der geistigen Welt. Da, wo jeder Nerv einmündet in das Gehirn oder in das Rückenmark, bei dieser Einmündungsstelle findet wieder eine Spiegelung statt. Da wird zurückgehalten die geistige Welt, und hindurch dringt jetzt das, was wir in der Vernunftwelt kennengelernt haben: die Kräfte der Hierarchien; und es baut uns die Vernunftwelt dasjenige auf, was hinter den Nerven liegt, unser Gehirn und Rückenmark; so daß wir in Gehirn und Rückenmark das Resultat all der Tätigkeit haben, die zuletzt herrührt aus der Vernunftwelt. Derjenige, der hellseherisch überschaut die geistige Welt, findet auch in den kleinsten Widerspiegelungen im Gehirn und in dem Nervensystem genaue Abbilder der großen Weltenvorgänge.
Damit ist das Grundproblem der [[Demokratie]] formuliert: Die Autonomie des Einzelnen wird nicht als Gegensatz und potenzielle Bedrohung der Staatssouveränität betrachtet, sondern als ihre unaufhebbare Voraussetzung. Ihr Schutz ist somit die wesentliche Staatsaufgabe. Wie aber können freie Individuen eine allgemeingültige Ordnung herstellen?


Ganz durch uns durch aber geht, ohne daß wir sie aufhalten können, dasjenige, was wir die Urbilderwelt nennen, die Welt der geistigen Urbilder der Dinge. Wodurch können wir denn im gewöhnlichen Leben ein Bewußtsein von irgend etwas haben? Dadurch, daß wir es aufhalten können. Wir bekommen ein Bewußtsein von einem Teil der elementarischen Welt, indem wir einen Teil der elementarischen Welt aufhalten. Wir sind selber ein Produkt dieser elementarischen Welt in unseren Sinnesorganen. Wir werden uns unserer Sinne bewußt, indem wir einen Teil der elementarischen Welt aufhalten. Wir sind ein Produkt der geistigen Welt in unseren Nerven. Wenn wir uns unserer Nerven bewußt werden, werden wir uns in gewisser Weise der geistigen Welt bewußt, natürlich nur in Abbildern, indem wir einen Teil der geistigen Welt aufhalten. Was kennt denn der Mensch von der elementarischen Welt? Er kennt von der elementarischen Welt dasjenige, was ihm durch die Sinne widergespiegelt wird. Und was kennt der Mensch von der geistigen Welt? Er kennt das, was ihm seine Nerven widerspiegeln, das ist das, was man gewöhnlich die Naturgesetze nennt. Die Naturgesetze sind nichts anderes als ein Schattenbild, ein abgeschwächtes Spiegelbild der geistigen Welt. Und das, was der Mensch als sein inneres geistiges Leben, als seine Vernunft kennt, das ist ein abgeschwächtes Spiegelbild der äußeren Vernunftwelt. Was man in unserer Sprache Intellekt, Verstand nennt, das ist ein Abbild der Vernunftwelt, aber ein schwaches, schattenhaftes Abbild.
Die Lösung sah Rousseau in der [[Volkssouveränität]]: Nur als souverän entscheidende Gesamtheit könne jeder Bürger (''citoyen'') seine Freiheit bewahren, also nur durch politisch gleichberechtigte Partizipation an allen Entscheidungen. Der Gemeinwille könne nicht delegiert werden, sondern müsse von möglichst vielen, tendenziell allen Bürgern getragen werden, um allgemeingültig sein zu können. Der rechtmäßige Staat könne nur auf dem Gesamtbeschluss aller Bürger beruhen.
[[Bild:Jean-Jacques Rousseau (painted portrait).jpg|mini|Jean-Jacques Rousseau fordert die Demokratie durch Mehrheitsentscheide]]
Da dieser real so gut wie nie erreichbar sei, führte Rousseau das [[Mehrheitsprinzip]] als Annäherung an das Staatsideal ein. Nach Vertragsschluss verbleibe die Souveränität beim Volk. Sie könne nicht auf Repräsentanten oder [[Institution]]en übertragen werden. Die Bürger sollen ihren Willen nicht an die Allgemeinheit abtreten, sondern ihn möglichst weitgehend einbringen.


Was müßten wir also können, müssen wir uns jetzt fragen, wenn wir in die Lage kommen wollten, mehr zu sehen als das, was wir eben angeführt haben? Wenn wir mehr sehen wollten, so müßten wir in der Lage sein, mehr aufzuhalten. Wollten wir einen Einfluß erleiden von der Urbilderwelt, dann müßten wir die Urbilderwelt in irgendeiner Weise aufhalten können. Wir können nur dadurch physische Sinnesorgane haben, daß wir die elementarische Welt in uns einlassen und sie dann aufhalten. Dadurch bildet sich zum Beispiel unser Auge. Wir können ein Nervensystem nur dadurch haben, daß wir die geistige Welt einlassen in uns und dann aufhalten. Wir können nur dadurch eine Denkkraft haben, daß wir die Vernunftwelt einlassen und dann aufhalten. Dadurch bildet sich unser Gehirn. Sollen sich noch höhere Organe bilden, dann müssen wir die Möglichkeit haben, eine weitere, eine noch höhere Welt aufzuhalten. Wir müssen ihr etwas entgegenschicken können, wie wir in unserem Gehirn der Vernunftwelt dasjenige entgegenschicken, was sie aufhält, damit sie sich spiegelt. Der Mensch muß also etwas tun, wenn er sich höherentwickeln will. Der Mensch muß etwas tun, um eine höhere Welt aufhalten zu können, um aus ihr Kräfte zu bekommen, die sonst einfach durch ihn durchgehen. Denn die Kräfte der Urbilderwelt gehen einfach durch ihn durch. Er muß nun selber einen Spiegelungsapparat schaffen. In dem Sinn, wie das der heutige Mensch kann und soll, schafft einen solchen Spiegelungsapparat die geisteswissenschaftliche Methode, welche in der Bearbeitung der Seele behufs der Erkenntnis der höheren Welten ausgeht von der sogenannten imaginativen Erkenntnis. Was der Mensch gewöhnlich erkennt, das ist die äußere physische Welt.
Wie bei der Freiheit des Einzelnen eine ''soziale'' Ordnung erreichbar ist, konnte Rousseau nach Ansicht vieler Kritiker nicht überzeugend beantworten. Denn sie erfordere – so postulierte besonders [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel]] (s.&nbsp;u.) – eine „objektivierte“ Wertordnung, die nicht vom wechselhaften Abstimmungsverhalten der Mehrheiten abhängen dürfe. Eine solche freiwillige Selbstbegrenzung enthielte jedoch einen Widerspruch zur Volkssouveränität, nämlich ihre partielle Begrenzung. Ohne diese konnte die Vertragstheorie sowohl für idealistische als auch für marxistische Staatstheoretiker nicht zureichend den notwendigen Übergang von der Freiheit des Einzelnen zum dauerhaften Gesellschaftsvertrag begründen.


Wenn der Mensch zu höherer Erkenntnis gelangen will, dann muß er also etwas tun, um sich zunächst höhere Organe zu schaffen. Er muß eine höhere Welt, als die Vernunftwelt ist, in sich zum Stillstand bringen, und das geschieht dadurch, daß der Mensch eine neue Tätigkeit ausführt. Sie können leicht begreifen, daß es unmöglich ist, mit demjenigen, was der Mensch im normalen Bewußtsein ausführt, zu höherer Erkenntnis zu kommen, denn was der Mensch im normalen Bewußtsein ausführt, erschöpft sich in dem, was wir angeführt haben. Der Mensch muß also etwas tun, um in sich eine neue Tätigkeit auszubilden, die nun sich der Urbilderwelt entgegenstellen und sie aufhalten kann. Das geschieht auf die Weise, daß der Mensch zum Beispiel lernt, solche inneren Erlebnisse durchzumachen, die nicht zu den gewöhnlichen Bewußtseinserlebnissen gehören. Und ein solches inneres Erlebnis, das ja eine Art typischen Erlebnisses ist, finden Sie beschrieben in meiner «Geheimwissenschaft» in dem Aufbau der Vorstellung des Rosenkreuzes." {{Lit|{{G|119|196ff}}}}
Nach einer vorübergehenden Abkehr von der Vertragstheorie im 19. Jahrhundert erlebte diese im 20. Jahrhundert durch [[John Rawls]]' Werk „''[[A Theory of Justice]]''“ eine Renaissance. Rawls führte in seiner Gesellschaftsvertragstheorie des [[Egalitärer Liberalismus|egalitären Liberalismus]] den fiktiven [[Schleier des Nichtwissens]] ein. Mit dem Vertragsschluss legen die Individuen fest, wie die Gerechtigkeit in der künftigen Gesellschaft aussehen soll. Der Schleier des Nichtwissens verhindere nun, dass die Individuen bei Vertragsschluss ihre spätere [[Sozialstruktur|gesellschaftliche Stellung]] und ihre natürlichen Begabungen oder Fähigkeiten kennen. Diese [[Objektivität]] schließe [[Utilitarismus|utilitaristisches]] Handeln der einzelnen Individuen bei Vertragsschluss aus und führe somit zu einer gerechten Übereinkunft.
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=== Idealistische Staatstheorien ===
In den [[Idealismus (Philosophie)|idealistischen]] Staatstheorien wurde der Staat wie in den Vertragstheorien als Konsens autonomer Individuen betrachtet. Vorausgesetzt wurde ihre „Sittlichkeit“, die eine Unterscheidung zwischen „gut“ und „böse“ ermögliche. Die aufgeklärte Ethik appellierte daher nicht nur an formale Entscheidungsfreiheit, sondern auch an die inhaltliche Einsicht in die Notwendigkeit eines vernünftigen, das Allgemeinwohl erstrebenden Verhaltens.
 
[[Immanuel Kant]] verband dabei liberale und demokratische Ideen. Der Staat sei gerechtfertigt, wenn jedes Individuum sich durch seine theoretische Zustimmungsmöglichkeit als Miturheber von Recht und Staat fühlen könne (''Rechtslehre'' §47):
 
{{Zitat|Der Akt, wodurch sich das Volk selbst zu einem Staat konstituiert, eigentlich aber nur die Idee desselben, nach der die Rechtmäßigkeit desselben allein gedacht werden kann, ist der ursprüngliche Kontrakt, nach welchem alle (omnes et singuli) im Volk ihre äußere Freiheit aufgeben, um sie als Glieder eines gemeinen Wesens, d. h. des Volkes als Staat betrachtet (universi) sofort wieder aufzunehmen.}}
 
Die Reflexion des „guten Willens“ zeige dem Einzelnen den Staat als Produkt seines eigenen Willens und ziele auf Übereinstimmung der Gesamtheit des Volkes. Der Staat solle das Zusammenleben der Menschen so gut wie nur möglich organisieren, damit jeder die Tätigkeit auszuüben vermöge, die er am besten kann: Sein Zweck sei der Ausgleich von Freiheit und Ordnung, Einzelinteressen und Allgemeininteresse, zu denen die Entfaltung der individuellen Fähigkeiten gehöre.
 
Warum die einmal getroffene (fiktive) Zustimmung zum Staat jedoch nicht revidierbar sein soll, bleibt bei Kant offen. Hier folgerte z. B. [[Johann Gottlieb Fichte]], dass der Einzelne kraft seiner Entscheidungsfreiheit den Staatsvertrag jederzeit wieder kündigen und aus dem Gemeinwesen austreten könne, sodass gegenseitige Rechte und Pflichten entfielen. Damit ist eine freie Wahl verschiedener Staatsformen ebenso denkbar wie der Zerfall des Konsenses über eine gemeinsame Ordnung, also „[[Anarchie]]“ und Rückfall in den „[[Krieg]] aller gegen alle“. Hier wird das Problem berührt, dass die gesellschaftliche Organisationsform und die Institutionen den Rechten und Pflichten der Bürger Rückhalt und Kontinuität verleihen sollen.
 
[[Bild:G.W.F. Hegel (by Sichling, after Sebbers).jpg|mini|150px|Georg Wilhelm Friedrich Hegel]]
[[Georg Wilhelm Friedrich Hegel|Hegel]] knüpfte an [[Platon]] und [[Aristoteles]] an, indem er die sittliche Existenz des Menschen nur im Staat als verwirklicht ansah. Er würdigte den Idealismus Rousseaus und Kants, die die Freiheit des Einzelnen und damit den Geist zur Grundlage allen Rechts und Gestaltung des Zusammenlebens gemacht hätten, zeigte in seiner ''Rechtsphilosophie'' aber als Schwachpunkt der Vertragstheorie, dass sie den Staat nur aus der Summe der Einzelinteressen abgeleitet habe, in denen jeder Bürger „sich selbst Zweck“ sei. Der Staat sei für ihn nur aus der Not und dem abstrakten Verstand geboren, damit aber der Beliebigkeit und tendenziell der Zerstörung anheimgegeben. Dagegen müsse der Staat als identisch mit der „absoluten Autorität und Majestät“ begriffen werden: als Verkörperung eines objektiven Willens, der „das an sich in seinem Begriffe Vernünftige ist, ob es vom Einzelnen erkannt und in seinem Belieben gewollt werde oder nicht […].“
 
Damit wollte Hegel die individuelle Freiheit nicht erneut in einem Absolutismus aufheben: Der Staat ist für ihn keine Naturgegebenheit, sondern ein Freiheitsideal, das sich tendenziell in der Welt realisiert. Er suchte eine Synthese aus geordneter Polis, die das Einzelleben umfasst und bestimmt (Antike) und persönlicher Entfaltung, die durch den unendlichen Wert des Individuums begründet ist (Christentum). Dieses Ideal fand Hegel im (preußischen) Staat verwirklicht:
 
{{Zitat|Der Staat ist die Wirklichkeit der konkreten Freiheit; die konkrete Freiheit aber besteht darin, dass die persönliche Einzelheit und deren besondere Interessen sowohl ihre vollständige Entwicklung und die Anerkennung ihres Rechts für sich […] haben, als sie durch sich selbst in das Interesse des Allgemeinen […] übergehen […] und zwar als ihren eigenen substantiellen Geist anerkennen und für dasselbe als ihren Endzweck tätig sind, so dass weder das Allgemeine ohne das besondere Interesse, Wissen und Wollen gelte und vollbracht werde, noch dass die Individuen bloß für das Letztere als Privatpersonen leben, und nicht zugleich in und für das Allgemeine wollen und dieses Zwecks bewusste Wirksamkeit haben.}}
 
=== Der Wohlfahrtsstaat ===
Von einem Wohlfahrtsstaat wird dann gesprochen, wenn die Soziale Sicherung nicht allein auf bedürftige Gruppen ausgerichtet ist, sondern auf die Bevölkerungsmehrheit. Die meisten Staaten entwickelten sich zwischen den 1920er und 1960er Jahren zu Wohlfahrtsstaaten.<ref>Carsten G. Ullrich, Soziologie des Wohlfahrtsstaates, Campus Verlag, Frankfurt, 2005, ISBN 3-593-37893-0, S. 17</ref>
 
Der Entwicklung zum Wohlfahrtsstaat liegen die gesellschaftlichen Umwälzungen im Zeitalter der [[Industrialisierung]] zugrunde. Mit Durchsetzung der industriellen Produktionsweise sah sich die Bevölkerungsgruppe der Arbeiter neuen Risiken wie Invalidität (durch Arbeitsunfall) und Arbeitslosigkeit ausgesetzt. Andere Risiken wie Krankheit und Alter waren nicht neu, die überkommenen Hilfssysteme wie beispielsweise die Großfamilie verloren jedoch durch erforderliche berufliche Mobilität an Bedeutung oder wurden wie im Falle des [[Zunftwesen]]s im 19. Jahrhundert abgeschafft.<ref name="wohlfahrtsstaates2005">Carsten G. Ullrich, Soziologie des Wohlfahrtsstaates, Campus Verlag, Frankfurt, 2005, ISBN 3-593-37893-0, S. 23</ref> Als wichtigste politische Voraussetzung gilt das Aufkommen von [[Gewerkschaft]]en und sozialistischen Parteien, die von den Herrschenden als eine Bedrohung angesehen wurden. Man wollte einerseits bestimmten Interessen der Arbeiter entgegenkommen und andererseits soziale Konflikte mit der aufstrebenden Arbeiterschaft befrieden. Eine kulturelle Voraussetzung war die Veränderung der sozialen Deutungsmuster. Aus der Aufklärung stammte die Idee, dass die Lebensverhältnisse weder gottgegeben noch naturgesetzlich seien. Im 19. Jahrhundert setzte sich allmählich die Vorstellung durch, dass der Staat das geeignete Instrument zur Bewältigung komplexer kollektiver Aufgaben sei.<ref name="wohlfahrtsstaates2005"/>
 
Die Grundstruktur des deutschen Wohlfahrtsstaates wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit Einführung der damals bedeutendsten Sozialversicherungen ([[Gesetzliche Rentenversicherung (Deutschland)|Rentenversicherung]], [[Gesetzliche Krankenversicherung|Krankenversicherung]] und [[Gesetzliche Unfallversicherung in Deutschland|Unfallversicherung]])  im Rahmen der [[Otto von Bismarck|Bismarckschen]] Sozialreformen geschaffen. Zu Anfang wurde aber nur die Fabrikarbeiterschaft von den Sozialversicherungen erfasst. Weitere Schutzbedürftige wie Landbevölkerung, Angestellte und gewerbliche Arbeiter wurden erst nach und nach erfasst. Erst seit Ende der 1960er Jahre kann von einem voll entwickelten Wohlfahrtsstaat gesprochen werden.<ref>Carsten G. Ullrich, Soziologie des Wohlfahrtsstaates, Campus Verlag, Frankfurt, 2005, ISBN 3-593-37893-0, S. 25</ref>
 
Liberale kritisieren dieses [[Staatsmodell]]: Die Institutionalisierung und Bürokratisierung der Hilfeleistungen führe zwangsläufig zu Unfreiheit, entmündige den Menschen und gebe der Staatsverwaltung zu viel Macht. Sie verfestige wechselseitige Anspruchs- und Erfüllungshaltungen bei den Hilfeempfängern und dem Gesetzgeber, schwäche damit ihre Verantwortung für die Gesamtgesellschaft und höhle so die Demokratie aus. Oft wurden direkte Entwicklungslinien von der „Wohlfahrtsdiktatur“ zum totalitären [[Faschismus]] oder [[Stalinismus]] gezogen. Dem stellten einige Kritiker schon vor 1900 den [[Minimalstaat]] gegenüber, der nur noch für die [[Innere Sicherheit|innere]] und [[äußere Sicherheit]] zuständig ist und den [[Freie Marktwirtschaft|freien Markt]] nicht durch [[Wirtschaftspolitik|Wirtschafts-]] oder [[Sozialpolitik]] beeinflussen sollte ([[Laissez-faire]]). Ihre Gegner bezeichneten diese Vorstellung als [[Nachtwächterstaat]].
 
=== Sozialistische Staatstheorien ===
Der Sozialismus strebt die [[Verstaatlichung|Vergesellschaftung]] beziehungsweise [[Verstaatlichung]] der [[Produktionsmittel]] an, um so das [[Kapitalismus|kapitalistische]] Wirtschaftssystem zu überwinden. Welche Rolle der Staat dabei spielen kann und soll, wird in den sozialistischen Richtungen sehr unterschiedlich beantwortet.
 
[[Bild:Karl Marx.jpg|mini|Karl Marx]]
[[Karl Marx]] betrachtete den real existierenden Staat als Ausdruck von Klassenherrschaft. Erst nach erfolgreicher internationaler Revolution der Arbeiterklasse sei ein Staat ([[Diktatur des Proletariats]]) denkbar, der dem Allgemeinwohl dient. Im [[Kommunismus]] sei dann eine [[klassenlose Gesellschaft]] erreicht, die jeden Staat überflüssig mache und absterben lasse (siehe [[Marxismus]]).
 
[[Lenin]] entwarf einerseits eine Theorie der Revolution „von den schwächsten Gliedern“ des Kapitalismus aus, verbunden mit dem Konzept einer Kaderpartei. Andererseits betonte er den Begriff der Diktatur des Proletariats und die Vormachtstellung der Partei. Die Revolution erfolge in Form der Übernahme der Staatsmacht durch die von den Arbeiterräten getragene proletarische Elite: Der Aufbau des Sozialismus werde dann durch eine zentrale Verwaltung und Planung aller gesellschaftlichen Bedürfnisse ermöglicht. Lenins Vorbild war dabei der preußische [[Beamtenstaat]] (siehe [[Leninismus]]).
 
Unter [[Josef Stalin|Stalin]] wurden Theorien von Marx und Lenin zu einem „[[Marxismus-Leninismus]]“ zusammengeschweißt. Dieser diente als Staatsideologie zur Legitimation einer zentralistischen Ein-Parteien-Diktatur mit bürokratisch-feudalistischen Zügen und sollte eine autoritäre Führungsrolle der [[Sowjetunion]] in der kommunistischen Bewegung begründen. Der Kern dieser Staatstheorie war die Gleichsetzung von Proletariat (Volk) mit Einheitspartei und Staat, so dass die Gewaltenteilung durch eine zentrale Lenkung aller Gesellschaftsbereiche von oben nach unten aufgehoben wurde (siehe [[Stalinismus]]).
 
[[Leo Trotzki]], Organisator der [[Oktoberrevolution]], Begründer und Führer der [[Rote Armee|Roten Armee]] im [[Russischer Bürgerkrieg|russischen Bürgerkrieg]], hatte Stalins Diktatur seine [[Theorie der permanenten Revolution]] entgegengestellt. Er versuchte, die nationale Begrenzung und Erstarrung des Kommunismus mit der Fortsetzung der Weltrevolution in entwickelten Industriestaaten wie auch vom Weltmarkt abhängigen Ländern der „Peripherie“ zu überwinden. Dabei erhielten die Ideen der Arbeiterselbstverwaltung und des Internationalismus wieder einen höheren Stellenwert (siehe [[Trotzkismus]]).
 
[[Mao Zedong]] hatte ähnlich wie Lenin eine [[Revolutionstheorie]] entworfen und erfolgreich praktiziert, in der das „Landproletariat“ – die Bauern – eine zentrale Rolle spielten. Der Maoismus berief sich dabei neben Marx und Engels ausdrücklich auch auf Lenin und Stalin. Die bürokratisch-feudalistische Ein-Parteien-Diktatur war in der Volksrepublik China trotz interner Flügelkämpfe, ökonomischer Liberalisierung und Annäherung an den Kapitalismus noch rigider als in der früheren Sowjetunion (siehe [[Maoismus]]).
 
Dagegen galt der Vielvölkerstaat [[Jugoslawien]] unter [[Josip Broz Tito]] als eine von der Sowjetunion unabhängige Form des Sozialismus, die eine staatliche Lenkung der Ökonomie mit einer privatisierten Landwirtschaft und außenpolitischen [[Blockfreiheit]] zu vereinen versuchte (siehe [[Titoismus]]).
 
Die führenden Vertreter des [[Spartakusbund]]es, [[Karl Liebknecht]] und [[Rosa Luxemburg]], bewahrten seit 1914 den Karl Marx verpflichteten Internationalismus: Eine Sozialrevolution könne nur auf der Basis von wirksamer praktischer Solidarität aller Arbeiterparteien Erfolg haben. Sie erwarteten und befürworteten infolge des Weltkriegs eine kommunistische [[Weltrevolution]] anstelle einer parlamentarischen Realisierung von sozialer Gerechtigkeit, lehnten aber Lenins Konzept einer Kaderpartei zur Eroberung der Staatsmacht ab. Rosa Luxemburg hatte in ihrem posthum veröffentlichten Werk „Die russische Revolution“ die Oktoberrevolution zwar begrüßt, Lenins Tendenz zur Ein-Parteien-Diktatur unter Ausschluss der Arbeiterselbstverwaltung und Meinungsvielfalt aber scharf kritisiert. Eine neue sozialistische Staatstheorie entwarf sie nicht, betonte aber die Spontaneität des Proletariats als Impuls für ständige Neubesinnung der Linksparteien. Die Vergesellschaftung der Produktionsmittel solle sich politisch in Form einer [[Räterepublik]] (Basisdemokratie) abbilden, um den Sozialismus vor zentralistischer Erstarrung und reformistischen Abirrungen zu schützen.
 
In Abgrenzung zum Stalinismus suchte der westeuropäische [[Eurokommunismus]] einen parlamentarischen Weg zum Sozialismus und strebte eine dezentrale Mischökonomie ohne zentrale Planung an: z. B. [[Antonio Gramsci]], [[Louis Althusser]] und [[Nicos Poulantzas]].
 
=== Reformistische Staatstheorie ===
In der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] vereinten sich seit ihrer Gründung verschiedene Strömungen: eine eher marxistische, vertreten durch [[August Bebel]] und [[Wilhelm Liebknecht]] sowie eine gewerkschaftlich-pragmatische, vertreten durch [[Ferdinand Lassalle]]. Der von [[Eduard Bernstein]] theoretisch begründete [[Reformismus]] wurde seit etwa 1900 zu ihrem gemeinsamen Konzept, während das Programm weiterhin eine revolutionäre Überwindung von Klassenherrschaft als Ziel vorgab. Die sozialen Probleme sollten durch demokratische [[Reform]]en im Rahmen der bestehenden Klassengesellschaft allmählich gemildert und schließlich gelöst werden. Dies schloss die teilweise Verstaatlichung der Produktionsmittel im Rahmen einer liberalen Demokratie ein.
 
1959 verzichtete das [[Godesberger Programm]] der SPD auch offiziell auf viele der alten marxistischen Forderungen, um aus der Klassenpartei eine parlamentarisch erfolgreiche [[Volkspartei (Deutschland)|Volkspartei]] zu machen. Damit wurde ein Bekenntnis zur sozialen [[Marktwirtschaft]] abgelegt und somit Produktionsmittel als privates Eigentum akzeptiert. Weitere Forderungen im Programm sind der Rechtsstaat und die freie Entfaltung des Menschen durch und mit sozialen Absicherungen im Sozialstaat.
 
=== Anarchistische Staatskritik ===
In der Kritik des [[Anarchismus]] an allen Staatsmodellen, die es abzuschaffen gelte, spiegelt sich eine negative Staatstheorie. Jede unfreiwillige [[Autorität]] im Allgemeinen und staatliche Herrschaft im Besonderen sollen aufgehoben werden. Freiheit, [[Autonomie]] und [[Selbstverwaltung]] der Individuen stehen im Mittelpunkt, Zwang wird abgelehnt, nicht jedoch die Selbstverteidigung bei Angriffen. Dabei gibt es verschiedene Nuancen:
 
* [[Mutualismus (Ökonomie)|Mutualistischer]] Anarchismus ([[Pierre-Joseph Proudhon]])
* [[Kollektivistischer Anarchismus]] ([[Michail Alexandrowitsch Bakunin]])<br />Eine Form des Anarchismus, die u. a. die Abschaffung herkömmlicher Eigentumsansprüche propagiert.
* [[Kommunistischer Anarchismus]] ([[Pjotr Alexejewitsch Kropotkin|Peter Alexejewitsch Kropotkin]])<br />Ziel dabei ist eine staatenlose Gesellschaft auf der Grundlage [[Gegenseitige Hilfe|gegenseitiger Hilfe]].
 
Die Entscheidungsfindung vollzieht sich auf der untersten Ebene, ohne irgendwelche [[Hierarchie]]n oder Zwangsordnungen. Das heißt, die [[Gemeinde|Kommunen]] sind [[Selbstverwaltung|selbstverwaltet]]. Die Entscheidungen werden also in freiwilliger und gleichberechtigter Übereinkunft aller Bürger eines einzelnen kleineren Gebiets getroffen, das umfasst auch die kommunalen Wirtschaftsbetriebe.
Die dezentralisierten Kommunen föderieren sich wiederum mit anderen Kommunen um übergeordnete Aufgaben zu koordinieren und sich untereinander auszutauschen.
 
=== Libertaristische Staatskritik ===
Aus Sicht des [[Libertarismus]] ist der Staat ein illegitimer freiheitsverkürzender Zwangsapparat. Eine freie, auf Verträge zwischen Individuen gestützte Ordnung des Gemeinwesens sei die einzig legitime.
 
Der Libertarismus stützt sich – wie der [[Anarchokapitalismus]] – stärker als die (sonstige) anarchistische Staatskritik auf wirtschaftswissenschaftliche Erwägungen. Er lehnt beispielsweise [[Marktversagen]] als Legitimation staatlichen Handelns ab und sieht in staatlichen Regulierungen ungerechtfertigte Begünstigungen einzelner wirtschaftlicher Akteure.
 
Das Misstrauen gegenüber staatlichen Regelungen wird oft historisch begründet. So sei sowohl die [[Staatsentstehung|Entstehung des Staates]] im Ganzen als auch die Entstehung des Wohlfahrtsstaates macht- und interessengeleitet gewesen. Libertäre weisen darauf hin, dass alle [[Sozialversicherung]]en aus freiwilligen Selbsthilfe-Organisationen entstanden seien.<ref>Stefan Blankertz: ''Kritische Einführung in die Ökonomie des Sozialstaates.'' 2005, S. 130 ([http://docs.mises.de/Blankertz/Blankertz_Oekonomie_Sozialstaat.pdf PDF; 329 KB])</ref>
 
== Gegenwärtige staatstheoretische Debatte ==
Bezugspunkt für die gegenwärtige staatstheoretische Debatte sind insbesondere die Staatslehren der Weimarer Republik, namentlich von [[Hans Kelsen]], [[Carl Schmitt]], [[Hermann Heller (Jurist)|Hermann Heller]] und [[Rudolf Smend (Rechtswissenschaftler)|Rudolf Smend]]. Alle bildeten einflussreiche Schulen oder Denkrichtungen und wirken weiter auf die heutige Staatsdiskussion. Prägenden Einfluss auf die Weimarer Staatsdiskussion, die mit dem [[Methodenstreit der Weimarer Staatsrechtslehre]] einherging, hatte wiederum die „[[Allgemeine Staatslehre]]“ (1900) von [[Georg Jellinek]]. In ihr entwickelt er eine Drei-Elemente-Lehre, nach der zur Anerkennung eines Staates als Völkerrechtssubjekt die drei Merkmale „Staatsgebiet“, „Staatsvolk“ und „Staatsgewalt“ erforderlich seien (siehe [[Völkerrecht]]). Zudem spaltete Jellinek die Staatslehre in eine Allgemeine Soziallehre und eine Allgemeine Staatslehre.
 
=== Juristischer und „soziologischer“ Staatsbegriff in der Weimarer Republik ===
Für den [[Neukantianismus|Neukantianianer]] Hans Kelsen und seine „[[Reine Rechtslehre]]“ war der Staat etwas rein Juristisches, also normativ Geltendes. Er sei nicht irgendeine Realität oder ein Gedachtes neben oder außer der Rechtsordnung, sondern nichts als ebendiese Rechtsordnung selbst. Der Staat ist somit also weder Urheber noch Quelle der Rechtsordnung. Solche Vorstellungen waren für Kelsen „Personifikationen“ und „Hypostatisierungen“. Für ihn war der Staat vielmehr ein System von Zurechnungen auf einen letzten Zurechnungspunkt und eine letzte [[Grundnorm]]. Der Staat ist für diese rein juristische Betrachtung also identisch mit seiner Verfassung, er bleibt frei von allem Soziologischen.
 
Carl Schmitt dagegen interessierte sich für die, wie er es nannte, „soziologische“ Frage, wie sich der Staat als „politische Einheit eines Volkes“ konstituiere. Die Leistung eines Staates als „maßgebende politische Einheit“ war für ihn daher, innerhalb seines Territoriums eine vollständige Befriedung herbeizuführen und dadurch eine Situation zu schaffen, in der [[Rechtsnorm]]en gelten können. Der Staat sei dabei aber grundsätzlich dem „Politischen“ nachgeordnet: „Der Begriff des Staates setzt den Begriff des Politischen voraus“. Der Staatsbegriff könne demnach nicht länger die fundamentale Kategorie bilden, denn er leiste nicht mehr, was er leisten soll, nämlich die politische Einheit zu bezeichnen. An diese Stelle trete das Politische, dessen Begriff nicht mehr vom Staatsbegriff gewonnen werden könne, hervor.
 
Daraus ergeben sich neue Perspektiven. In der [[Zeit des Nationalsozialismus]] eröffneten sich für Schmitt etwa jenseits des Staates neuartige „Großräume“, die die „Überwindung des alten, zentralen Staatsbegriffs“ forderten. Auch weiche das Politische auf nichtstaatliche Akteure aus, z. B. den [[Partisan]]en als irregulären, nichtstaatlichen Kombattanten, dessen absolute Feinderklärung mit dem Versuch des klassischen [[Völkerrecht]]s nicht mehr vereinbar sei, ihn in die Sphäre des [[Öffentliches Recht|öffentlichen Rechts]] zu integrieren. Dabei blieb Schmitts Staatsbegriff aber letztlich immer noch auf einen von oben und außen kommenden statischen Staatswillen bezogen, der jedoch durch den Bezug auf die politische Einheit des Volkes auf ein Element von unten verwies und damit potenziell auf die Dynamik der modernen [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaft]]. Indem die Demokratie den Gegensatz von [[Staat und Gesellschaft]] aufhebt, werde der Staat nämlich „Selbstorganisation“ der Gesellschaft. Die Gleichung ''staatlich = politisch'' stimme nicht mehr, weil nun alle bisher nur staatlichen Angelegenheiten gesellschaftlich und alle bisher allein gesellschaftlichen Angelegenheiten staatlich werden. Damit wurde der Staat für Schmitt zwangsläufig zum „[[Totaler Staat|totalen Staat]]“, der potenziell jedes Sachgebiet ergreift – auch und insbesondere die Sphäre der [[Wirtschaft]]. Damit nimmt Schmitt eine Entwicklungsdynamik moderner Gesellschaften in den Blick, die nur noch begrenzt von staatlichen und rechtlichen Instanzen beherrscht wird: „Die Epoche der Staatlichkeit geht zu Ende. […] Der Staat als das Modell der politischen Einheit, der Staat als Träger […] des Monopols der politischen Entscheidung […] wird entthront“. Die „soziologische“ Frage nach dem Zustandekommen einer „politischen Einheit“ führte Schmitt dabei auf das Gebiet des „Politischen“ – also der Assoziation und Dissoziation von Menschen – und auf diesem Weg letztlich über den Staat hinaus.
 
Auch Hermann Heller bezog sich in seiner „Staatslehre“ (1934) auf soziologische Momente, wenn er die „Wirklichkeit des Staates“ betonte. Für ihn war der Staat eine „in der gesellschaftlichen Wirklichkeit tätige Einheit“, die nicht losgelöst von der jeweiligen Wirklichkeit existiert, sondern sich stets aus der sich verändernden Realität formen und rechtfertigen muss. Der Staat als politische Einheit lasse sich nicht mit der „Gesellschaft“ identifizieren. Staat sei notwendig „organisierte“ Einheit, die durch entsprechende [[Institution]]en ihre Gestalt und Handlungsfähigkeit erhalte. Da das Gesetz der Organisation das grundlegende Bildungsgesetz des Staates sei, sei die Einheit des Staates immer nur als Ergebnis bewusster Einheitsbildung, statt als Organisation zu begreifen. Um seine Funktionen erfüllen zu können, bedürfe der Staat einer organisatorischen Machtentfaltung. Der Staatswille wird durch staatliche Organe als „[[Herrschaft]]“ vermittelt, nicht durch beliebig handelnde gesellschaftliche Kräfte. Die ihn permanent gestaltenden Kräfte machen die „Wirklichkeit des Staates“ aus. Diese Kräfte, [[Partei]]en, Gruppen und [[Verband (Recht)|Verbände]], sind dabei als konkrete Strukturen die Voraussetzung für den demokratischen Prozess. Diese Strukturen sind jedoch wiederum auf Voraussetzungen angewiesen, nämlich auf eine „politische Wertgemeinschaft“ und eine „soziale [[Homogenität]]“. Ohne ein Mindestmaß sozialer Homogenität sei staatliche Einheitsbildung nicht möglich. Hierin liegt die Grundlage dessen, was Heller erstmals als „[[Sozialer Rechtsstaat|sozialen Rechtsstaat]]“ bezeichnete.
 
Der vierte staatstheoretische Entwurf aus der Gruppe der bedeutenden Weimarer Staatsrechtler ist die [[Integrationslehre]] [[Rudolf Smend (Rechtswissenschaftler)|Rudolf Smends]]. Smend wurde der „Geisteswissenschaftlichen Schule“ der Staatstheorie zugerechnet, die sich mit einem soziologischen Staatsbegriff gegen Rechtspositivismus und Formalismus wandte. Smend verstand den Staat als „geistige Realität“, dessen „Lebensprozess“ auf einem „dynamisch-dialektischen Charakter“ beruhe. Dieses dynamische Staatsverständnis spiegelt sich auch darin wider, dass die staatlichen Organe und Gewalten nicht als Substanzen ruhender Art, sondern als bewegende Kräfte verstanden werden. Der Staat ist nur, weil und sofern er dauerhaft integriert. Er lebt nur in diesem Prozess beständiger Erneuerung, dauernden Neuerlebtwerdens. Er lebt gewissermaßen von einem [[Plebiszit]], das sich jeden Tag wiederholt.
 
Die [[Verfassung]] als die gesetzliche Normierung einzelner Seiten dieses Prozesses stellt die Aufgabe solcher Einheitsbildung. Smend entwickelte 1928 in seinem Hauptwerk „Verfassung und Verfassungsrecht“ eine Lehre der Integrationsmöglichkeiten von Bürgern in den Staat. Die wesentliche Leistung des Staates sei es, eben jene Integration herzustellen und aufrechtzuerhalten. Hierbei unterschied Smend drei wesentliche Integrationstypen. Als erste nannte er die „persönliche Integration“ eines legitimen Monarchen, der den „geschichtlichen Bestand staatlicher Gemeinschaftswerte“ symbolisiere. Den zweiten Typus bezeichnete er als „funktionale Integration“, bei dem bestimmte Werte die [[Herrschaft]] begründeten, nämlich ''irrationale, die ihr [[Legitimität]] geben'', und ''rationale, die sie vor allem als [[Verwaltung]] rechtfertigen''.
 
Als dritten Typus meinte Smend eine Sphäre der „sachlichen Integration“ ausmachen zu können, die sich vor allem auf „[[Symbol]]e“ und „Raum“ als Integrationsfaktoren stützt. Die Fülle des staatlichen Gehalts sei vom Einzelnen nicht mehr fassbar, weshalb sie durch Symbole und auf die Vertretung der Gesamtheit hin ausgerichtete Vorgänge [[Repräsentation|repräsentiert]] werden müsse. So werde die die Integrationswirkung des Staates intensiv, nicht extensiv erlebbar. Geschichte sei dabei einer der wirkmächtigsten Faktoren staatlicher Integrationsfähigkeit, da sie das Fließende und nicht das Statische verdeutliche. Noch wichtiger sei nur das Staatsgebiet, durch das ''der Staat seine wesentlichste Konkretisierung erfährt'', so dass es ''an erster Stelle unter den sachlichen Integrationsfaktoren'' stehe. Zeit und Raum stellen nach Smend demnach zwei der wichtigsten Größen bei der sachlichen Integration dar.
 
=== Soziologische Theorie/Machttheorie ===
Der Staat wird als logische Folge der Ausübung von [[Macht]] beziehungsweise [[Herrschaft]] gesehen. Gemäß der 1909 von [[Franz Oppenheimer|Oppenheimer]] formulierten soziologischen Staatsidee ist der Staat ursprünglich „eine gesellschaftliche Einrichtung, die von einer siegreichen Menschengruppe einer besiegten Menschengruppe aufgezwungen wurde mit dem einzigen Zwecke, die Herrschaft der ersten über die letzten zu regeln und gegen innere Aufstände und äußere Angriffe zu sichern.“ Nachdem [[Niccolò Machiavelli|Machiavelli]] schon im 16. Jahrhundert in seinem Werk [[Der Fürst|''Il Principe'']] Herrschaftsformen, -erwerb und -erhalt untersucht hatte, steht heute [[Max Weber]]s [[Herrschaftssoziologie]] im Mittelpunkt. Weber begreift die Ausübung von Macht und Herrschaft im Hinblick auf einen subjektiven Handlungssinn. Sein Hauptinteresse galt der Beziehung zwischen Herrschenden und Beherrschten, dem Konkurrenzkampf um politische Ämter und dem Handeln politischer [[Elite]]n. Für Weber (Wirtschaft und Gesellschaft, 1922) definiert sich der Staat als diejenige menschliche Gemeinschaft, welche innerhalb eines bestimmten Gebietes das Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit für sich mit Erfolg beansprucht. Weber unterscheidet drei [[Idealtypus|Idealtypen]] von [[Legitimität|legitimer]] Herrschaft nach der Art ihres Legitimationsglaubens:
* ''[[Rationalität|rationale]] bzw. [[Legalität|legale]] Herrschaft'' kraft gesetzter Ordnung (z. B. [[Bürokratie]]),
* ''[[tradition]]ale Herrschaft'' kraft Glaubens an die Heiligkeit der von jeher vorhandenen Ordnungen und Herrengewalten (z. B. [[Patriarchat (Soziologie)|Patriarchat]], [[Feudalismus]]) und
* ''charismatische Herrschaft'' kraft affektueller Hingabe an die Person des Herrn und ihre Gnadengaben ([[Charisma]]) (z. B. [[Prophet]]en), die sich stets in eine rationale oder traditionale Herrschaft versachlicht.
 
[[Niklas Luhmann]] greift in seinem Werk ''[[Legitimation durch Verfahren]]'' den Gedanken der Legitimität [[indiz]]ierenden Legalität des Typus der legalen Herrschaft auf. In ''Macht'' (1975) verwendet er den Begriff „Staat“ in Anführungszeichen. Und in ''Die Politik der Gesellschaft'' (2000) definiert Luhmann den Begriff als eine „semantische Einrichtung“: Der Staat ist kein politisches System, sondern die Organisation eines politischen Systems zur [[Autopoiesis|Selbstbeschreibung]] dieses politischen Systems.
 
[[Jürgen Habermas]] bemerkte zur legalen Herrschaft, dass, wenn man für einen wirksamen Legitimitätsglauben einen Wahrheitsbezug voraussetzt, bei ihr das Verfahren der Ordnungssetzung nicht als solches Legitimation erzeugen könne, sondern dass auch das Ordnungssetzungsverfahren selbst unter Legitimationszwang stehe. Es müssten daher zusätzlich [[Argument]]e für die legitimierende Kraft des Ordnungssetzungsverfahrens angegeben werden, z. B. die in einer [[Verfassung]] festgeschriebenen Regeln und [[Zuständigkeit|Kompetenzen]] diesbezüglich.
 
{{Siehe auch|Diskurstheorie des Rechts#Normbegründung durch Diskurs|titel1=Diskurstheorie des Rechts}}
 
[[Hermann Lübbe]] wendet hiergegen wiederum ein, dass zwischen argumentativer Norm''begründung'' und [[Dezisionismus|dezisionistischer]] Norm''durchsetzung'' zu unterscheiden sei (womit er eher Norm''setzung'' gemeint haben dürfte). In der [[parlament]]arischen Debatte komme es zu Legitimation durch Abstimmung.
 
Im Gegensatz zu Weber begreift [[Michel Foucault]] die Ausübung von Macht und Herrschaft als [[Subjekt (Philosophie)|subjektlose]] Strategie. In seiner Machttheorie geht er von einem strategisch-produktiven Machtbegriff aus und setzt Macht und [[Wissen]] in Beziehung zueinander.
 
Relativ spät, das heißt intensiv erst seit Ende der 1980er und Beginn der 90er Jahre, wurden auch von feministischer Seite beziehungsweise der [[Geschlechterforschung]] (''[[gender studies]]'') Staat und [[Demokratie]] kritisch auf Macht und Herrschaft untersucht, vorher war eine kritische Staatstheorie quasi eine Leerstelle des [[Feminismus]] der Frauenbewegung. Ziel einer feministischen Konzeptualisierung von Staatlichkeit ist die Sichtbarmachung des „Geschlechts des Staates“ und daraus hervorgehend die [[Dekonstruktion]] der staatlich-institutionellen Strukturen und Mechanismen, die die hierarchische Zweigeschlechtlichkeit aufrechterhielten. Der Staat wird als Verdichtung der vorhandenen sozialen Widersprüche erkannt: die strukturelle Männlichkeit seiner Institutionen („[[Männerbund]]“), seiner Interessen und seiner organisationellen Regeln, Werte, Normen und Strukturen würden durch die sozial- und staatskritische Geschlechterforschung aufgedeckt und kritisiert. (Sauer 2003)
 
Die liberal-feministische Richtung hingegen bezieht sich positiv auf den Staat, der als neutraler Vermittler die unterschiedlichen Interessen vertreten solle. Mit Blick auf die skandinavischen [[Wohlfahrtsstaat]]en fehle es ihm demnach lediglich an frauenfördernden Mechanismen. Das dem Staat zugrunde liegende männliche Familienernährermodell und die daraus resultierende doppelte [[Vergesellschaftung]] von Frauen wird dabei selten hinterfragt. (Sauer 2003)
 
=== Demokratietheorie ===
 
''siehe Hauptartikel:'' [[Demokratietheorie]]
 
Die heute in [[Deutschland]] gültige repräsentative Demokratie hat etwa [[Bruno Schmidt-Bleibtreu]] u. a. in seinem [[Grundgesetz-Kommentar|Kommentar]] zum [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]] definiert:
{{Zitat|Demokratie besteht erstens darin, dass grundsätzlich das Volk selbst die Staatsfunktionen ausübt, wobei allerdings aus praktischen Notwendigkeiten heraus niemals sämtliche Volksangehörigen und nicht einmal alle erwachsenen Angehörigen dieses Volkes die Herrschaft ausüben können, sondern immer nur eine möglichst große Zahl von ihnen, also die Mehrheit.
 
Zweitens erfolgt diese Herrschaftsausübung der Mehrheit heute meistens nicht unmittelbar, also nicht durch direkte Entscheidung über die Regierungs- und Gesetzgebungsakte im Wege einer Volksabstimmung, sondern sie vollzieht sich regelmäßig […] durch die Wahl einer Volksvertretung, der Legislative, die ihrerseits wieder regelmäßig durch Wahl die Regierung, die Exekutive, bestellt.
 
Endlich gehört zum Begriff der Demokratie, dass diese durch Wahlen erfolgende Bestellung der Staatsorgane auf Zeit, wenn nicht sogar auf Abruf, erfolgt sowie dass die Wahlen frei sind und auf Gleichheit des Wahlrechtes für alle erwachsenen Staatsbürger beruhen.}}
 
Diese Merkmale nehmen die von den Philosophen der [[Aufklärung]] – vor allem [[John Locke|Locke]], [[Charles de Secondat, Baron de Montesquieu|Montesquieu]], [[Jean-Jacques Rousseau|Rousseau]] und [[Immanuel Kant|Kant]] – begründete Menschenrechts-, Rechtsstaats- und Demokratietradition auf und verankern sie verfassungsrechtlich:
* [[Volkssouveränität]],
* [[Mehrheitsprinzip]],
* [[Parlamentarismus]],
* [[Gewaltenteilung]],
* [[Rechtsstaat]]lichkeit besonders im Blick auf [[Menschenwürde]], [[Meinungsfreiheit]] und von da aus geheimes, gleiches und freies [[Wahlrecht]],
* weltanschauliche Neutralität,
* [[Pluralismus (Politik)|Meinungs- und Parteienpluralismus]].
 
Das Grundgesetz will Konstruktionsprinzipien der [[Weimarer Verfassung]] vermeiden, die der Parlamentarische Rat als Fehlentwicklungen betrachtete. So waren [[Grundrechte]] in der Weimarer Verfassung nicht grundsätzlich [[Exemtion|exemiert]], also der Staatsgewalt vorgeordnet, sondern wurden – in Form von Abwehrrechten gegen den Staat – als Gewährung des Staates an die Bürger aufgefasst. Die Grundrechte waren durch eine qualifizierte Mehrheit „unabhängig von der Tragweite“, wie der führende Verfassungskommentar formulierte, veränderbar. Zugleich verzichtete die Weimarer Verfassung auf ein unveränderliches Staatsziel, weshalb Kritiker monierten, sie verhalte sich „neutral“ zu jeder beliebigen politischen Zielsetzung. Im Grundgesetz wird demgegenüber die „unantastbare Menschenwürde“ als positiv qualifizierter Grund und Inhalt der Demokratie aufgefasst, der alle weiteren Grundrechte und Einzelgesetze tragen und durchdringen soll. Darum sind die Grundrechte selbst unabdingbar und stehen keiner Mehrheitsentscheidung zur Disposition. Die so verstandene „[[wehrhafte Demokratie]]“ soll nicht beliebige politische Ziele erlauben, sondern Parteien und Staatsorganen absolute Grenzen setzen.
 
Diese Auffassung von Demokratie hat sich in den meisten westlich orientierten Staaten der Gegenwart – vor allem in [[Europa]] und Nordamerika – durchgesetzt. Sie beansprucht eine allgemeine Wertgrundlage, die [[Menschenrechte]], als Basis aller Rechtsstaatlichkeit. In der [[UN-Charta]] werden diese darüber hinaus als universale Basis der Völkerbeziehungen proklamiert. Rechtsstaatliche Demokratie gilt nach westlichem Verständnis daher tendenziell als allgemeingültiges Staatsmodell. Sie unterliegt aber schon innerhalb demokratisch verfasster Gesellschaften wie auch zwischen verschiedenen Völkern, Kulturen und Staatsformen ständiger Neubewertung und Neudefinition.
 
== Siehe auch ==
{{Wiktionary|Staatsphilosophie}}
* [[Staatssoziologie]]
* [[Politische Theorie]]
* [[Staatsableitung]]


== Literatur ==
== Literatur ==
=== Klassische Werke ===
* [[Platon]]: ''[[Politeia]]''
** ''Der Staat.'' ISBN 3-15-008205-6
* [[Aristoteles]]: ''[[Politik (Aristoteles)|Politik]]''
** ''Die politischen Dinge.'' ISBN 3-15-008522-5
* [[Marcus Tullius Cicero|Cicero]]: ''[[De re publica]].'' 54 bis 51 v. Chr.
** ''Vom Gemeinwesen.'' ISBN 3-15-009909-9
* [[Augustinus von Hippo|Augustinus]]: ''[[De civitate Dei]].'' Um 420
** ''Vom Gottesstaat.'' ISBN 3-423-30123-6
* [[Thomas von Aquin]]: ''[[De regimine principum]]''
** ''Über die Herrschaft der Fürsten.'' ISBN 3-15-009326-0
* ders.: ''[[Summa theologica]].'' 1265 oder 1266 bis 1273
** ''Summe der Theologie''
* [[Dante Alighieri]]: ''[[De Monarchia]]'' Um 1316
** ''Über die Monarchie''
* [[Marsilius von Padua]]: ''[[Defensor Pacis]].'' 1324
** ''Verteidiger des Friedens''
* [[Nikolaus von Kues]]: ''[[De concordantia catholica]].'' 1433/34
** ''Über die allgemeine Eintracht''
* [[Niccolò Machiavelli]]: ''[[Der Fürst|Il Principe]].'' 1513
** ''Der Fürst.'' ISBN 3-15-001219-8
* [[Martin Luther]]: ''Von weltlicher Obrigkeit.'' 1520.
* [[Jean Bodin]]: ''Les six livres de la Republique.'' 1576
** ''Sechs Bücher über den Staat.'' ISBN 3-15-009812-2
* [[Thomas Hobbes]]: ''[[Leviathan (Thomas Hobbes)|Leviathan]].'' 1651
** ''Leviathan.'' ISBN 3-15-008348-6
* [[John Locke]]: ''Two Treatises of Government''
** ''Zwei Abhandlungen über die Regierung.'' ISBN 3-15-009691-X
* [[Montesquieu]]: ''De l’esprit des lois.'' 1748
** ''Vom Geist der Gesetze.'' ISBN 3-15-008953-0
* [[Jean-Jacques Rousseau]]: ''Du Contrat social.'' 1762
** ''[http://www.textlog.de/rousseau_vertrag.html Der Gesellschaftsvertrag oder die Grundsätze des Staatsrechts].'' 1880
* [[Pierre-Joseph Proudhon]]: ''Système des contradictions économiques ou Philosophie de la misère.'' 1846
** ''System der ökonomischen Widersprüche oder Philosophie des Elends.'' Kramer, Berlin 2003, ISBN 3-87956-281-4
* Marx/Engels: ''[[Manifest der Kommunistischen Partei|Kommunistisches Manifest]].'' 1848; ISBN 3-88619-322-5
* [[Karl Marx]]: ''[[Zur Judenfrage]].'' 1843; MEW Bd. 1
* [[Friedrich Engels]]: ''[[Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats]]'', 1884
* [[Michail Alexandrowitsch Bakunin|Michail Bakunin]]: Государственность и анархия (Gosudarstvennost i anarchija). 1873
** ''Staatlichkeit und Anarchie.'' ISBN 3-87956-233-4
* [[Pjotr Alexejewitsch Kropotkin|Pjotr Kropotkin]]: ''La conquête du pain.'' 1892
** ''Die Eroberung des Brotes.'' ISBN 3-922209-08-4
* ders.: ''Mutual Aid: A Factor of Evolution.'' 1902
** ''Gegenseitige Hilfe.'' ISBN 3-900434-27-1
* [[Georg Jellinek]]: ''Allgemeine Staatslehre.'' 1900
* [[Franz Oppenheimer]]: ''[http://www.franz-oppenheimer.de/staat0.htm Der Staat].''
* [[Lenin]]: ''[http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1917/staatrev/index.htm Staat und Revolution].'' 1917
* [[Max Weber]]: ''[[Wirtschaft und Gesellschaft]].'' 1922; ISBN 3-16-147749-9 ([http://www.textlog.de/weber_wirtschaft.html Onlinetext])
* [[Hans Kelsen]]: ''Allgemeine Staatslehre.'' 1925
* [[Carl Schmitt]]: ''Verfassungslehre.'' 1928
* [[Jewgeni Bronislawowitsch Paschukanis|Eugen Paschukanis]]: ''Allgemeine Rechtslehre und Marxismus.'' 1929.
* [[Karl Barth]]: ''Christengemeinde und Bürgergemeinde'', 1946.
* [[John Rawls]]: ''[[A Theory of Justice]].'' 1971
** ''Eine Theorie der Gerechtigkeit.'' ISBN 3-518-06737-0
* [[Nicos Poulantzas]]: ''L’état, le pouvoir, le socialisme.'' 1977
* [[Reinhold Zippelius]]: ''Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft'', 17. Auflage, C.H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-71296-8.
=== Weitere Literatur ===
* Andreas Anter, Wilhelm Bleek: ''Staatskonzepte: Die Theorien der bundesdeutschen Politikwissenschaft.'' Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2013, ISBN 3-593398-958.
* Lars Bretthauer, Alexander Gallas, [[John Kannankulam]], Ingo Stützle (Hrsg.): ''Poulantzas lesen. Zur Aktualität marxistischer Staatstheorie.'' VSA, Hamburg 2006, ISBN 3-89965-177-4 ([http://www.vsa-verlag.de/uploads/media/VSA_Poulantzas_lesen.pdf Einleitung])
* Alex Talbot Coram: ''State, Anarchy, Collective Decisions – Some Applications of Game Theory to Political Economy.'' 2001 (Staat vs. Anarchie aus spieltheoretischer Sicht).
* Alex Demirović: ''Nicos Poulantzas: Aktualität und Probleme materialistischer Staatstheorie.'' Westfälisches Dampfboot, Münster 2007, ISBN 3-89691-622-X [http://poulantzas-lesen.de/wp/?p=31 (Rezension von B. Opratko)]
* Joachim Hirsch: ''Materialistische Staatstheorie. Transformationsprozesse des kapitalistischen Staatensystems.'' VSA-Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-89965-144-8.
* Joachim Hirsch: ''Der nationale Wettbewerbsstaat. Staat, Demokratie und Politik im globalen Kapitalismus'', Berlin/Rotterdam 1995, ISBN 3-89408-049-3.
* Walter Kreck: ''Grundfragen christlicher Ethik.'' Kaiser, München 1975, ISBN 3-459-01019-3.
* Martin Kriele: ''Einführung in die Staatslehre. Die geschichtlichen Legitimitätsgrundlagen des demokratischen Verfassungsstaates.'' 6. überarbeitet und erweiterte Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2003, ISBN 3-17-018163-7.
* Birgit Sauer: ''Staat, Demokratie und Geschlecht – aktuelle Debatten.'' In: ''gender…politik…online.'' August 2003 ([http://web.fu-berlin.de/gpo/pdf/birgit_sauer/birgit_sauer.pdf PDF; 420 KB])
* Rüdiger Voigt, Ulrich Weiß (Hrsg.): ''Handbuch Staatsdenker''.  Franz Steiner Verlag, Stuttgart: 2010. ISBN 978-3-515-09511-2.
* Rüdiger Voigt (Hrsg.): ''Staatsdenken. Zum Stand der Staatstheorie heute''. Nomos, Baden-Baden 2016, ISBN 978-3-8487-0958-8.
* Jens Wissel & Stefanie Wöhl (Hrsg.): ''Staatstheorie vor neuen Herausforderungen. Analyse und Kritik.'' Westfälisches Dampfboot, Münster 2008, ISBN 978-3-89691-747-8 [http://kuepeli.wordpress.com/2009/03/19/buchrezension-staatstheorie-vor-neuen-herausforderungen/ (Rezension von I. Küpeli)]
* ''Staatstheorie. Politischer Überbau, Ideologie, autoritärer Etatismus.'' VSA-Verlag, Hamburg 1978, ISBN 3-87975-161-7
* Reinhold Zippelius: ''Geschichte der Staatsideen.'' 10. Auflage. Beck, München, 2003, ISBN 3-406-49494-3.
== Einzelnachweise ==
<references />


*Rudolf Steiner: ''Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung'', [[GA 7]] (1990), ISBN 3-7274-0070-6; '''Tb 623''', ISBN 978-3-7274-6230-6 {{Schriften|007}}
[[Kategorie:Politikwissenschaft]]
*Steiner, Rudolf: ''Schriften. Kritische Ausgabe (SKA)''. Band 5: Schriften über Mystik, Mysterienwesen und Religionsgeschichte<br>''Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung'' – ''Das Christentum als mystische Tatsache und die Mysterien des Altertums''. Herausgegeben und kommentiert von [[Christian Clement]]. Frommann-Holzboog Verlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-7728-2635-1
[[Kategorie:Politische Philosophie]]
*Rudolf Steiner: ''Makrokosmos und Mikrokosmos'', [[GA 119]] (1988), Achter Vortrag, Wien, 28. März 1910
[[Kategorie:Staatsphilosophie]]
*Rudolf Steiner: ''Inneres Wesen des Menschen und Leben zwischen Tod und neuer Geburt'', [[GA 153]] (1997), ISBN 3-7274-1530-4 {{Vorträge|153}}
[[Kategorie:Staat]]
*Rudolf Steiner: ''Heilfaktoren für den sozialen Organismus'', [[GA 198]] (1984), Dreizehnter Vortrag, Dornach, 10. Juli 1920


[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Sinne|301]]
{{Wikipedia}}

Version vom 24. Februar 2018, 13:54 Uhr

Eine Staatstheorie oder Staatsphilosophie behandelt mögliche Definitionen, Entstehung, Formen, Aufgaben und Ziele des Staates sowie dessen institutionelle, soziale, ethische und juristische Bedingungen und Grenzen. Als Teilgebiet der Politischen Philosophie und Konkretion der Allgemeinen Staatslehre berühren Staatstheorien deshalb oftmals Fragestellungen, die mehrere Einzelwissenschaften gleichzeitig betreffen, darunter: die Philosophie, die Theologie, die Politikwissenschaft, die Rechtswissenschaft, die Soziologie und die Volkswirtschaftslehre.

Überblick

Eine Staatstheorie kann von sehr verschiedenen Ansätzen ausgehen:

  • von historischen oder vorhandenen Staatssystemen, die sie beschreibt, legitimiert oder kritisiert
  • vom Ideal einer politischen Ordnung, etwa einer Staatsutopie
  • von ökonomischen oder politisch-sozialen Machtstrukturen
  • von einer Idee der „Sittlichkeit“ (Ethik), daraus abgeleitet u. a. die Menschenrechte und die Gewaltenteilung
  • von einer vorgegebenen, sei es „göttlichen“, naturgesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Ordnung.

Je nach Epoche und Theorieansatz können Akteure der Staatstheorie sein:

Diese Subjekte sind zugleich auch Objekte der Staatstheorien, sofern Freiheit und Ordnung im Konstrukt des Staates auf irgendeine Weise miteinander ausgeglichen werden (sollen): z. B. als Machtstaat, Rechtsstaat, „Wohlfahrtsstaat“ oder „Klassenlose Gesellschaft“. Gegenstand der Reflexion sind ebenso die Abgrenzung und Zuordnung verschiedener Staatsaufgaben und Staatsgewalten – z. B. Legislative, Exekutive und Judikative – wie der mögliche und wirkliche „Interessenausgleich“ verschiedener Gruppen, die im Staat zusammengefasst existieren.

Man kann Staatstheorien historisch verschiedenen Gesellschaftsformen zuordnen und sie daraus ableiten. Sie reagierten je nach Epoche auf unterschiedliche Bedürfnisse und partikulare oder allgemeine Interessen. Eine Möglichkeit, ihre Vielfalt begrifflich zu ordnen, ist die Frage nach dem ihnen zugrunde liegenden „Menschenbild“ (vgl. Philosophische Anthropologie): Wird der Mensch als prinzipiell „gut“ gedacht, liegt eine Staatstheorie nahe, welche auf möglichst weitgehende demokratische Teilhabe, soziale Gleichheit und Herrschaftsminderung ausgerichtet ist. Wird der Mensch hingegen als prinzipiell gewalttätig, machtstrebend, „böse“ oder wegen seiner prinzipiellen Unbestimmtheit potenziell „gefährlich“ gesehen, liegt eine Staatstheorie nahe, die eine freiheitsbegrenzende Machtausübung staatlicher Autorität legitimiert.

Auch in ihrer Herangehensweise unterscheiden sich die Ansätze: Eine Rechtstheorie geht z. B. eher normativ und deduktiv vor, während eine soziologische Theorie zuvor die Interessengruppen empirisch und deskriptiv analysiert.

Griechisch-römische Staatstheorien der Antike

Staatstheorien aus der Zeit des antiken Griechenlands beziehen sich nicht auf einen Staat im heutigen Sinn einer Gebietskörperschaft, sondern auf den Personalverband einer Polis (Stadtstaat). Auch dauerhaft Zugezogene (sog. Metöken) besaßen in der jeweiligen Polis keine Bürgerrechte und somit kein Wahlrecht.

Erst im Reich Alexanders des Großen, in den Reichen seiner Nachfolger (Diadochen) sowie im Römischen und Byzantinischen Reich entwickelt sich ein „Staat“ im Sinne eines einheitlich verfassten und regierten Gebietes: sei es wie schon in den älteren Großreichen Ägyptens und Mesopotamiens als Monarchie mit antiker „Gottkönigs“-Ideologie, sei es als Repräsentation der Bürgerschaft durch Staatsorgane wie den römischen Senat. Aber auch diese Staatsform entsprach noch nicht dem neuzeitlichen Staat, weil sie bestimmte Teile der Bevölkerung prinzipiell von jeder politischen Teilhabe ausschloss.

Doch schon der griechische Historiker Herodot ("Vater der Geschichtsschreibung") bemerkte in seiner Verfassungsdebatte, dass auf der Masse des Volkes der ganze Staat ruhe (Herodot, 3,80-84).

Platon (hier gemalt von Raffael) beschrieb in seinem Werk Politeia seine Vorstellung eines Idealstaates.

Platon baute in seinem Werk Politeia den Idealstaat analog zur Seele des Menschen auf. Die drei Stände entsprechen dabei jeweils einem der drei Seelenteile:

  • Die Philosophen (Regenten) entsprechen der Vernunft und bilden somit den Lehrstand,
  • die Wächter (Verteidigung nach außen und innen) dem Mut; der Wehrstand,
  • der dritte Stand, der Nährstand (Bauern und Handwerker) spiegelt die Triebe.

Ein Mensch sei dann glücklich, wenn seine drei Seelenteile sich in Harmonie, im Gleichgewicht befänden: So sei auch ein Staat dann gerecht, wenn die drei Stände im Einklang lebten. Als beste Verfassungen bezeichnete Platon die gemäßigte Aristokratie und die konstitutionelle Monarchie, als zweitbeste die Nomokratie (Herrschaft der Gesetze). Bei Platon findet sich auch die Auffassung eines Verfassungskreislaufs, einer zeitlichen Aufeinanderfolge verschiedener Staatsformen.

Sein Schüler Aristoteles unterschied in seinem Werk Politik sechs Staatsformen:

  • Monarchie (Alleinherrschaft),
  • Aristokratie (Herrschaft der Besten)
  • Politie (Herrschaft der vernünftigen Gesellschaftsmitglieder).

Diese drei Formen hätten das Allgemeinwohl im Auge und seien daher gut. Ihre „entarteten“ Gegenstücke seien

Auch Aristoteles glaubte an einen Kreislauf der Verfassungen: Eine gute Staatsform neige zur „Entartung“, aus dieser „entarteten Form“ gehe dann die nächste gute Form hervor usw. Demokratie verstand er als Herrschaft der unorganisierten Masse der Armen, die nicht das Wohl der Allgemeinheit, sondern nur das eigene Wohl anstreben könnten. Er lehnte aber eine gemäßigte Form von Volksherrschaft nicht strikt ab, wie etwa noch sein Lehrer Platon dies tat, sondern plädierte für eine Mischverfassung zwischen Demokratie und Oligarchie, die er auch als Politie bezeichnet.

Auch Cicero suchte in seinem Werk De re publica die optimale Staatsverfassung und übertrug dabei Einsichten von Aristoteles und dem Geschichtsschreiber Polybios auf die römische Republik. Cicero deutete das römische System als adäquate Verwirklichung der Mischverfassung mit den Konsuln als monarchischem, dem Senat als aristokratischem und der Volksversammlung als demokratischem Element.

In der römischen Kaiserzeit beruhte der Staat hingegen auf der faktisch unbegrenzten Macht des Monarchen (Prinzipat), jedenfalls solange dessen Armee diese stützte. Dies zeichnete sich schon in den hellenistischen Monarchien ab, die ihre Legitimation teilweise aus altorientalischen Quellen speisten.

Theologische Staatstheorien

Christentum

Seit den Christenverfolgungen im Römischen Reich gewann das Christentum zunehmend Einfluss auf europäische Staatstheorien. Es verstärkte seit der konstantinischen Wende (325) und nachdem es zur einzigen Staatsreligion geworden war (380-390) die Alleinherrschaft des römischen Kaisers, indem es sie als unaufgebbar für die Erlösung im Jenseits absegnete.

Diese heilsgeschichtliche Dimension des Kaisertums wirkte im Mittelalter nach: Die ihrerseits zentralistisch und monarchistisch organisierte Kirche bestimmte die Weltanschauung und Religionspolitik des Heiligen Römischen Reiches im Westen wie auch des Byzantinischen Reiches im Osten (siehe Cäsaropapismus).

Die Scholastik formulierte ausgehend von den Entwürfen Augustins (De Civitate Dei, um 420) und Thomas von Aquins (Summa theologica, um 1265) eine differenzierte, am Zusammenwirken von Glaube und Vernunft orientierte Staatstheorie aus, in der das Naturrecht den Bezugspunkt bildet.

Die Zwei-Reiche-Lehre Martin Luthers begründete erstmals die strikte Trennung von kirchlicher und politischer Macht. Die Reformation begünstigte jedoch die Bildung von Landeskirchenregimenten, später von Absolutismus und Nationalstaaten, teilweise mit konfessionellen Nationalkirchen.

Erst die Französische Revolution setzte die Idee der Trennung von Kirche und Staat durch und initiierte damit in ganz Europa ein Staatsverständnis, das sich an innerweltlichen Sachaufgaben, Rechtsstaatlichkeit und eher an demokratischer Staatskontrolle als an Machterhalt orientierte. Gegenreaktionen wie die Heilige Allianz, die preußisch-konservative christliche Monarchie oder der Kulturkampf des politischen Katholizismus scheiterten langfristig.

Aus den Erfahrungen mit dem Totalitarismus heraus bejahen und unterstützen heutige Kirchen Europas den weltanschaulich neutralen Rechtsstaat, der seinerseits die Glaubensfreiheit und das Widerstandsrecht garantiert und schützt.

Islam

Im Islam bilden der Koran und die politische Philosophie Mohammeds die Grundlage aller Politik. Diese fordern eine an koranischen Prinzipien orientierte Gesellschaftsform, wobei Religion und Wissenschaft sowie Religion (siehe auch Staatsreligion) und Politik als untrennbar gedacht sind. Dies führt zu einer stark religiös geprägten Vorstellung vom Staat. Einige islamische Länder verankern die Schari'a in ihrer Verfassung: Diese setzt Gottes im Koran und in der Sunna offenbarten Willen für alle Lebensbereiche voraus, den die Gelehrten im Konsens auslegen und durch Rechtsprechung aktualisieren (Idschma). Dies führt zu theokratischen, von religiösen Autoritäten gelenkten Staatsformen.

Nach neueren theologischen Positionen im Islam schließt der Koran die Möglichkeit, Staat und Religion zu trennen, jedoch nicht aus. Dabei wird auf Aussagen verwiesen, wonach die Nationen „die besten unter ihnen zu ihrer Führung“ auswählen sollen. Diese Aussage beinhalte die Volkssouveränität. Dennoch soll sich die Regierung eines islamischen Staates, gleich welcher Regierungsform sie zuzuordnen ist, an den Prinzipien des Korans orientieren. Dazu gehört nach Auffassung liberaler Muslime die Glaubensfreiheit (la ikrah fi'd-din: „Es soll kein Zwang sein im Glauben“), Meinungsfreiheit und die unveräußerlichen Menschenrechte.

Die Theorie eines islamischen Staates ist ein Konzept, welches seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine große Rolle im islamischen politischen Denken spielt.

Neuzeitliche Staatstheorien

Machtstaatstheorien

Niccolò Machiavelli begründete in seinem Werk Il Principe („Der Fürst“) die Idee des Machtstaats und leitete sie aus der Herrschaft der „Starken“ ab. Die Herrschaft der "Starken" setze sich empirisch wie ein Naturgesetz in der Geschichte durch und beruhe wesentlich auf der Zustimmung der „Schwachen“:

„Ein Fürst braucht nur zu siegen und seine Herrschaft zu behaupten, so werden seine Mittel immer für ehrenvoll gehalten und von jedem gepriesen werden. Denn der Pöbel ist immer eingenommen vom Augenschein und vom Erfolg, und in der Welt gibt es nur Pöbel; die wenigsten halten stand, wenn sie nicht genügend Rückhalt finden.“

Daraus folgerte Machiavelli den Machterhalt des Herrschenden als notwendige Staatsräson für den Bestand des Staates und erhob ihn zur Maxime politischen Handelns überhaupt. Er begründete die Staatsmacht also letztlich nur aus sich selbst heraus.

Jean Bodin führte in seinem Werk Les six livres de la Republique („Sechs Bücher über den Staat“) die Idee der Souveränität ein: Das Gemeinwesen werde durch eine oberste Gewalt und Vernunft gelenkt, eine beständige und unbedingte Gewalt über alle Bürger, mit dem Recht, Gesetze zu geben oder aufzuheben. Der souveräne Staat sei dabei keiner anderen irdischen Instanz gegenüber verantwortlich – er sei jedoch an das göttliche Recht oder Naturrecht gebunden, das in den scholastischen Diskussionen des Mittelalters definiert wurde.

Vertragstheorien

Vertragstheorien verstehen den Staat von einer fiktiven Rechtsvereinbarung her. Ausgangspunkt ist die Beschreibung eines Naturzustandes, in dem es noch keinen Staat gibt. Nach griechisch-antiken Vorläufern wie dem Sophismus haben besonders Johannes Althusius, Hugo Grotius und Thomas Hobbes solche Staatstheorien entworfen. Dabei flossen auch Elemente der Machtstaatstheorien mit ein.

Thomas Hobbes leitete den Gesellschaftsvertrag in seinem Buch Leviathan aus dem Naturzustand des Krieges aller gegen alle ab (bellum omnium contra omnes); geschichtlicher Hintergrund war der konfessionelle Bürgerkrieg in England und Schottland und die Auseinandersetzung zwischen König und Parlament. In diesem Naturzustand herrschen Konkurrenz, Misstrauen und Ruhmessucht. In dieser Phase sind die Menschen zu keinen Leistungen fähig, da sie einander fürchten. Die menschliche Vernunft entwickelt mehrere Lehrsätze („Naturgesetze“), um diesen Naturzustand zu überwinden. Aus der Vernunft heraus entsteht freiwillig ein Vertrag von jedem Menschen mit jedem Menschen. Darin verpflichten sie sich, ihre persönliche Freiheit zu beschränken und gewisse Rechte auf einen Souverän zu übertragen. Sie geben dem Staat das unumschränkte Gewaltmonopol, damit er die Allgemeinheit nach innen und außen vor gewaltsamen Übergriffen schütze. Entscheidend ist dabei, dass dieser Souverän nicht einen Vertrag mit den Menschen geschlossen hat. Seine Struktur ist nicht rechtlich kodifiziert, sondern autoritär und absolutistisch. Der Fürst oder eine Aristokratie oder eine Versammlung als übergeordnete persona civilis verkörpert die Ordnung. Nicht seine unumschränkte Gewaltanwendung bricht den Gesellschaftsvertrag, sondern der Einzelne, der sich gegen ihn auflehnt. Der Herrscher selbst ist nicht an seine Gesetze gebunden, er spricht Recht; da der Vertrag auf Unterwerfung beruht, enthält er keinerlei herrschaftsbegrenzende Elemente. Er kann nur dann aufgekündigt werden, wenn der Herrscher die Sicherheit des Volkes nicht mehr gewährleisten kann. Die vorausgesetzte Zustimmung der Individuen legitimiert hier also die absolute Herrschaft eines Souveräns, wie sie zu Hobbes' Zeit in Frankreich üblich war („L´état c'est moi“).

John Locke schlug vor, die Staatsgewalt in Legislative und Exekutive aufzuteilen, um Machtmissbrauch zu verhindern.

John Lockes Vertragstheorie dagegen war aufklärerisch liberal geprägt. Der Naturzustand, den er beschrieb, war durch Freiheit und Gleichheit gekennzeichnet. Dennoch führe die Regellosigkeit auch zu Instabilität. Die geringe Sicherheit des Lebens, der Freiheit und des Eigentums im Naturzustand sei der Grund der Einigung auf ein Gewaltmonopol gewesen. Diese Staatsgewalt sei jedoch – anders als bei Hobbes – geteilt in Exekutive und Legislative, um dem Machtmissbrauch entgegenzuwirken. Lockes Gewaltenteilungslehre fehlte noch die selbstständige Judikative; er prägte jedoch in diesem Zusammenhang den Begriff der Checks and Balances, der von den Autoren der Federalist Papers aufgegriffen wurde. Montesquieu entwickelt dann im Esprit des lois eine entfaltete Lehre von der Gewaltenteilung, in der die Judikative die entscheidende Rolle spielt.

Jean-Jacques Rousseau vertrat demgegenüber eine radikaldemokratische Staatstheorie, die nicht das Bestehende rechtfertigen, sondern dem menschlichen Wesen gemäß sein will und auf die Identität von Herrschenden und Beherrschten setzt. Wie Locke sah er den Naturzustand durch Freiheit und Gleichheit gekennzeichnet. Deren Verlust erfolgte laut Rousseau nicht freiwillig, sondern durch äußere Einflüsse, und mündete in das Zwischenstadium der Vergesellschaftung. Der künftige Gesellschaftsvertrag soll nun die unwiederbringliche natürliche Freiheit auf einer höheren Stufe als gesellschaftliche Freiheit wiederherstellen. Er soll also die menschlichen Grundeigenschaften nicht begrenzen und aufgeben, sondern als „Grundrechte“ bewahren und verteidigen. Darum fragte Rousseau (Contrat social II, 15):

„Wie findet man eine Gesellschaftsform, die jedes Glied verteidigt und schützt und in der jeder Einzelne, obgleich er sich mit allen vereint, dennoch nur sich selbst gehorcht und so frei bleibt wie bisher?'“

Damit ist das Grundproblem der Demokratie formuliert: Die Autonomie des Einzelnen wird nicht als Gegensatz und potenzielle Bedrohung der Staatssouveränität betrachtet, sondern als ihre unaufhebbare Voraussetzung. Ihr Schutz ist somit die wesentliche Staatsaufgabe. Wie aber können freie Individuen eine allgemeingültige Ordnung herstellen?

Die Lösung sah Rousseau in der Volkssouveränität: Nur als souverän entscheidende Gesamtheit könne jeder Bürger (citoyen) seine Freiheit bewahren, also nur durch politisch gleichberechtigte Partizipation an allen Entscheidungen. Der Gemeinwille könne nicht delegiert werden, sondern müsse von möglichst vielen, tendenziell allen Bürgern getragen werden, um allgemeingültig sein zu können. Der rechtmäßige Staat könne nur auf dem Gesamtbeschluss aller Bürger beruhen.

Jean-Jacques Rousseau fordert die Demokratie durch Mehrheitsentscheide

Da dieser real so gut wie nie erreichbar sei, führte Rousseau das Mehrheitsprinzip als Annäherung an das Staatsideal ein. Nach Vertragsschluss verbleibe die Souveränität beim Volk. Sie könne nicht auf Repräsentanten oder Institutionen übertragen werden. Die Bürger sollen ihren Willen nicht an die Allgemeinheit abtreten, sondern ihn möglichst weitgehend einbringen.

Wie bei der Freiheit des Einzelnen eine soziale Ordnung erreichbar ist, konnte Rousseau nach Ansicht vieler Kritiker nicht überzeugend beantworten. Denn sie erfordere – so postulierte besonders Georg Wilhelm Friedrich Hegel (s. u.) – eine „objektivierte“ Wertordnung, die nicht vom wechselhaften Abstimmungsverhalten der Mehrheiten abhängen dürfe. Eine solche freiwillige Selbstbegrenzung enthielte jedoch einen Widerspruch zur Volkssouveränität, nämlich ihre partielle Begrenzung. Ohne diese konnte die Vertragstheorie sowohl für idealistische als auch für marxistische Staatstheoretiker nicht zureichend den notwendigen Übergang von der Freiheit des Einzelnen zum dauerhaften Gesellschaftsvertrag begründen.

Nach einer vorübergehenden Abkehr von der Vertragstheorie im 19. Jahrhundert erlebte diese im 20. Jahrhundert durch John Rawls' Werk „A Theory of Justice“ eine Renaissance. Rawls führte in seiner Gesellschaftsvertragstheorie des egalitären Liberalismus den fiktiven Schleier des Nichtwissens ein. Mit dem Vertragsschluss legen die Individuen fest, wie die Gerechtigkeit in der künftigen Gesellschaft aussehen soll. Der Schleier des Nichtwissens verhindere nun, dass die Individuen bei Vertragsschluss ihre spätere gesellschaftliche Stellung und ihre natürlichen Begabungen oder Fähigkeiten kennen. Diese Objektivität schließe utilitaristisches Handeln der einzelnen Individuen bei Vertragsschluss aus und führe somit zu einer gerechten Übereinkunft.

Idealistische Staatstheorien

In den idealistischen Staatstheorien wurde der Staat wie in den Vertragstheorien als Konsens autonomer Individuen betrachtet. Vorausgesetzt wurde ihre „Sittlichkeit“, die eine Unterscheidung zwischen „gut“ und „böse“ ermögliche. Die aufgeklärte Ethik appellierte daher nicht nur an formale Entscheidungsfreiheit, sondern auch an die inhaltliche Einsicht in die Notwendigkeit eines vernünftigen, das Allgemeinwohl erstrebenden Verhaltens.

Immanuel Kant verband dabei liberale und demokratische Ideen. Der Staat sei gerechtfertigt, wenn jedes Individuum sich durch seine theoretische Zustimmungsmöglichkeit als Miturheber von Recht und Staat fühlen könne (Rechtslehre §47):

„Der Akt, wodurch sich das Volk selbst zu einem Staat konstituiert, eigentlich aber nur die Idee desselben, nach der die Rechtmäßigkeit desselben allein gedacht werden kann, ist der ursprüngliche Kontrakt, nach welchem alle (omnes et singuli) im Volk ihre äußere Freiheit aufgeben, um sie als Glieder eines gemeinen Wesens, d. h. des Volkes als Staat betrachtet (universi) sofort wieder aufzunehmen.“

Die Reflexion des „guten Willens“ zeige dem Einzelnen den Staat als Produkt seines eigenen Willens und ziele auf Übereinstimmung der Gesamtheit des Volkes. Der Staat solle das Zusammenleben der Menschen so gut wie nur möglich organisieren, damit jeder die Tätigkeit auszuüben vermöge, die er am besten kann: Sein Zweck sei der Ausgleich von Freiheit und Ordnung, Einzelinteressen und Allgemeininteresse, zu denen die Entfaltung der individuellen Fähigkeiten gehöre.

Warum die einmal getroffene (fiktive) Zustimmung zum Staat jedoch nicht revidierbar sein soll, bleibt bei Kant offen. Hier folgerte z. B. Johann Gottlieb Fichte, dass der Einzelne kraft seiner Entscheidungsfreiheit den Staatsvertrag jederzeit wieder kündigen und aus dem Gemeinwesen austreten könne, sodass gegenseitige Rechte und Pflichten entfielen. Damit ist eine freie Wahl verschiedener Staatsformen ebenso denkbar wie der Zerfall des Konsenses über eine gemeinsame Ordnung, also „Anarchie“ und Rückfall in den „Krieg aller gegen alle“. Hier wird das Problem berührt, dass die gesellschaftliche Organisationsform und die Institutionen den Rechten und Pflichten der Bürger Rückhalt und Kontinuität verleihen sollen.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Hegel knüpfte an Platon und Aristoteles an, indem er die sittliche Existenz des Menschen nur im Staat als verwirklicht ansah. Er würdigte den Idealismus Rousseaus und Kants, die die Freiheit des Einzelnen und damit den Geist zur Grundlage allen Rechts und Gestaltung des Zusammenlebens gemacht hätten, zeigte in seiner Rechtsphilosophie aber als Schwachpunkt der Vertragstheorie, dass sie den Staat nur aus der Summe der Einzelinteressen abgeleitet habe, in denen jeder Bürger „sich selbst Zweck“ sei. Der Staat sei für ihn nur aus der Not und dem abstrakten Verstand geboren, damit aber der Beliebigkeit und tendenziell der Zerstörung anheimgegeben. Dagegen müsse der Staat als identisch mit der „absoluten Autorität und Majestät“ begriffen werden: als Verkörperung eines objektiven Willens, der „das an sich in seinem Begriffe Vernünftige ist, ob es vom Einzelnen erkannt und in seinem Belieben gewollt werde oder nicht […].“

Damit wollte Hegel die individuelle Freiheit nicht erneut in einem Absolutismus aufheben: Der Staat ist für ihn keine Naturgegebenheit, sondern ein Freiheitsideal, das sich tendenziell in der Welt realisiert. Er suchte eine Synthese aus geordneter Polis, die das Einzelleben umfasst und bestimmt (Antike) und persönlicher Entfaltung, die durch den unendlichen Wert des Individuums begründet ist (Christentum). Dieses Ideal fand Hegel im (preußischen) Staat verwirklicht:

„Der Staat ist die Wirklichkeit der konkreten Freiheit; die konkrete Freiheit aber besteht darin, dass die persönliche Einzelheit und deren besondere Interessen sowohl ihre vollständige Entwicklung und die Anerkennung ihres Rechts für sich […] haben, als sie durch sich selbst in das Interesse des Allgemeinen […] übergehen […] und zwar als ihren eigenen substantiellen Geist anerkennen und für dasselbe als ihren Endzweck tätig sind, so dass weder das Allgemeine ohne das besondere Interesse, Wissen und Wollen gelte und vollbracht werde, noch dass die Individuen bloß für das Letztere als Privatpersonen leben, und nicht zugleich in und für das Allgemeine wollen und dieses Zwecks bewusste Wirksamkeit haben.“

Der Wohlfahrtsstaat

Von einem Wohlfahrtsstaat wird dann gesprochen, wenn die Soziale Sicherung nicht allein auf bedürftige Gruppen ausgerichtet ist, sondern auf die Bevölkerungsmehrheit. Die meisten Staaten entwickelten sich zwischen den 1920er und 1960er Jahren zu Wohlfahrtsstaaten.[1]

Der Entwicklung zum Wohlfahrtsstaat liegen die gesellschaftlichen Umwälzungen im Zeitalter der Industrialisierung zugrunde. Mit Durchsetzung der industriellen Produktionsweise sah sich die Bevölkerungsgruppe der Arbeiter neuen Risiken wie Invalidität (durch Arbeitsunfall) und Arbeitslosigkeit ausgesetzt. Andere Risiken wie Krankheit und Alter waren nicht neu, die überkommenen Hilfssysteme wie beispielsweise die Großfamilie verloren jedoch durch erforderliche berufliche Mobilität an Bedeutung oder wurden wie im Falle des Zunftwesens im 19. Jahrhundert abgeschafft.[2] Als wichtigste politische Voraussetzung gilt das Aufkommen von Gewerkschaften und sozialistischen Parteien, die von den Herrschenden als eine Bedrohung angesehen wurden. Man wollte einerseits bestimmten Interessen der Arbeiter entgegenkommen und andererseits soziale Konflikte mit der aufstrebenden Arbeiterschaft befrieden. Eine kulturelle Voraussetzung war die Veränderung der sozialen Deutungsmuster. Aus der Aufklärung stammte die Idee, dass die Lebensverhältnisse weder gottgegeben noch naturgesetzlich seien. Im 19. Jahrhundert setzte sich allmählich die Vorstellung durch, dass der Staat das geeignete Instrument zur Bewältigung komplexer kollektiver Aufgaben sei.[2]

Die Grundstruktur des deutschen Wohlfahrtsstaates wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit Einführung der damals bedeutendsten Sozialversicherungen (Rentenversicherung, Krankenversicherung und Unfallversicherung) im Rahmen der Bismarckschen Sozialreformen geschaffen. Zu Anfang wurde aber nur die Fabrikarbeiterschaft von den Sozialversicherungen erfasst. Weitere Schutzbedürftige wie Landbevölkerung, Angestellte und gewerbliche Arbeiter wurden erst nach und nach erfasst. Erst seit Ende der 1960er Jahre kann von einem voll entwickelten Wohlfahrtsstaat gesprochen werden.[3]

Liberale kritisieren dieses Staatsmodell: Die Institutionalisierung und Bürokratisierung der Hilfeleistungen führe zwangsläufig zu Unfreiheit, entmündige den Menschen und gebe der Staatsverwaltung zu viel Macht. Sie verfestige wechselseitige Anspruchs- und Erfüllungshaltungen bei den Hilfeempfängern und dem Gesetzgeber, schwäche damit ihre Verantwortung für die Gesamtgesellschaft und höhle so die Demokratie aus. Oft wurden direkte Entwicklungslinien von der „Wohlfahrtsdiktatur“ zum totalitären Faschismus oder Stalinismus gezogen. Dem stellten einige Kritiker schon vor 1900 den Minimalstaat gegenüber, der nur noch für die innere und äußere Sicherheit zuständig ist und den freien Markt nicht durch Wirtschafts- oder Sozialpolitik beeinflussen sollte (Laissez-faire). Ihre Gegner bezeichneten diese Vorstellung als Nachtwächterstaat.

Sozialistische Staatstheorien

Der Sozialismus strebt die Vergesellschaftung beziehungsweise Verstaatlichung der Produktionsmittel an, um so das kapitalistische Wirtschaftssystem zu überwinden. Welche Rolle der Staat dabei spielen kann und soll, wird in den sozialistischen Richtungen sehr unterschiedlich beantwortet.

Karl Marx

Karl Marx betrachtete den real existierenden Staat als Ausdruck von Klassenherrschaft. Erst nach erfolgreicher internationaler Revolution der Arbeiterklasse sei ein Staat (Diktatur des Proletariats) denkbar, der dem Allgemeinwohl dient. Im Kommunismus sei dann eine klassenlose Gesellschaft erreicht, die jeden Staat überflüssig mache und absterben lasse (siehe Marxismus).

Lenin entwarf einerseits eine Theorie der Revolution „von den schwächsten Gliedern“ des Kapitalismus aus, verbunden mit dem Konzept einer Kaderpartei. Andererseits betonte er den Begriff der Diktatur des Proletariats und die Vormachtstellung der Partei. Die Revolution erfolge in Form der Übernahme der Staatsmacht durch die von den Arbeiterräten getragene proletarische Elite: Der Aufbau des Sozialismus werde dann durch eine zentrale Verwaltung und Planung aller gesellschaftlichen Bedürfnisse ermöglicht. Lenins Vorbild war dabei der preußische Beamtenstaat (siehe Leninismus).

Unter Stalin wurden Theorien von Marx und Lenin zu einem „Marxismus-Leninismus“ zusammengeschweißt. Dieser diente als Staatsideologie zur Legitimation einer zentralistischen Ein-Parteien-Diktatur mit bürokratisch-feudalistischen Zügen und sollte eine autoritäre Führungsrolle der Sowjetunion in der kommunistischen Bewegung begründen. Der Kern dieser Staatstheorie war die Gleichsetzung von Proletariat (Volk) mit Einheitspartei und Staat, so dass die Gewaltenteilung durch eine zentrale Lenkung aller Gesellschaftsbereiche von oben nach unten aufgehoben wurde (siehe Stalinismus).

Leo Trotzki, Organisator der Oktoberrevolution, Begründer und Führer der Roten Armee im russischen Bürgerkrieg, hatte Stalins Diktatur seine Theorie der permanenten Revolution entgegengestellt. Er versuchte, die nationale Begrenzung und Erstarrung des Kommunismus mit der Fortsetzung der Weltrevolution in entwickelten Industriestaaten wie auch vom Weltmarkt abhängigen Ländern der „Peripherie“ zu überwinden. Dabei erhielten die Ideen der Arbeiterselbstverwaltung und des Internationalismus wieder einen höheren Stellenwert (siehe Trotzkismus).

Mao Zedong hatte ähnlich wie Lenin eine Revolutionstheorie entworfen und erfolgreich praktiziert, in der das „Landproletariat“ – die Bauern – eine zentrale Rolle spielten. Der Maoismus berief sich dabei neben Marx und Engels ausdrücklich auch auf Lenin und Stalin. Die bürokratisch-feudalistische Ein-Parteien-Diktatur war in der Volksrepublik China trotz interner Flügelkämpfe, ökonomischer Liberalisierung und Annäherung an den Kapitalismus noch rigider als in der früheren Sowjetunion (siehe Maoismus).

Dagegen galt der Vielvölkerstaat Jugoslawien unter Josip Broz Tito als eine von der Sowjetunion unabhängige Form des Sozialismus, die eine staatliche Lenkung der Ökonomie mit einer privatisierten Landwirtschaft und außenpolitischen Blockfreiheit zu vereinen versuchte (siehe Titoismus).

Die führenden Vertreter des Spartakusbundes, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, bewahrten seit 1914 den Karl Marx verpflichteten Internationalismus: Eine Sozialrevolution könne nur auf der Basis von wirksamer praktischer Solidarität aller Arbeiterparteien Erfolg haben. Sie erwarteten und befürworteten infolge des Weltkriegs eine kommunistische Weltrevolution anstelle einer parlamentarischen Realisierung von sozialer Gerechtigkeit, lehnten aber Lenins Konzept einer Kaderpartei zur Eroberung der Staatsmacht ab. Rosa Luxemburg hatte in ihrem posthum veröffentlichten Werk „Die russische Revolution“ die Oktoberrevolution zwar begrüßt, Lenins Tendenz zur Ein-Parteien-Diktatur unter Ausschluss der Arbeiterselbstverwaltung und Meinungsvielfalt aber scharf kritisiert. Eine neue sozialistische Staatstheorie entwarf sie nicht, betonte aber die Spontaneität des Proletariats als Impuls für ständige Neubesinnung der Linksparteien. Die Vergesellschaftung der Produktionsmittel solle sich politisch in Form einer Räterepublik (Basisdemokratie) abbilden, um den Sozialismus vor zentralistischer Erstarrung und reformistischen Abirrungen zu schützen.

In Abgrenzung zum Stalinismus suchte der westeuropäische Eurokommunismus einen parlamentarischen Weg zum Sozialismus und strebte eine dezentrale Mischökonomie ohne zentrale Planung an: z. B. Antonio Gramsci, Louis Althusser und Nicos Poulantzas.

Reformistische Staatstheorie

In der SPD vereinten sich seit ihrer Gründung verschiedene Strömungen: eine eher marxistische, vertreten durch August Bebel und Wilhelm Liebknecht sowie eine gewerkschaftlich-pragmatische, vertreten durch Ferdinand Lassalle. Der von Eduard Bernstein theoretisch begründete Reformismus wurde seit etwa 1900 zu ihrem gemeinsamen Konzept, während das Programm weiterhin eine revolutionäre Überwindung von Klassenherrschaft als Ziel vorgab. Die sozialen Probleme sollten durch demokratische Reformen im Rahmen der bestehenden Klassengesellschaft allmählich gemildert und schließlich gelöst werden. Dies schloss die teilweise Verstaatlichung der Produktionsmittel im Rahmen einer liberalen Demokratie ein.

1959 verzichtete das Godesberger Programm der SPD auch offiziell auf viele der alten marxistischen Forderungen, um aus der Klassenpartei eine parlamentarisch erfolgreiche Volkspartei zu machen. Damit wurde ein Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft abgelegt und somit Produktionsmittel als privates Eigentum akzeptiert. Weitere Forderungen im Programm sind der Rechtsstaat und die freie Entfaltung des Menschen durch und mit sozialen Absicherungen im Sozialstaat.

Anarchistische Staatskritik

In der Kritik des Anarchismus an allen Staatsmodellen, die es abzuschaffen gelte, spiegelt sich eine negative Staatstheorie. Jede unfreiwillige Autorität im Allgemeinen und staatliche Herrschaft im Besonderen sollen aufgehoben werden. Freiheit, Autonomie und Selbstverwaltung der Individuen stehen im Mittelpunkt, Zwang wird abgelehnt, nicht jedoch die Selbstverteidigung bei Angriffen. Dabei gibt es verschiedene Nuancen:

Die Entscheidungsfindung vollzieht sich auf der untersten Ebene, ohne irgendwelche Hierarchien oder Zwangsordnungen. Das heißt, die Kommunen sind selbstverwaltet. Die Entscheidungen werden also in freiwilliger und gleichberechtigter Übereinkunft aller Bürger eines einzelnen kleineren Gebiets getroffen, das umfasst auch die kommunalen Wirtschaftsbetriebe. Die dezentralisierten Kommunen föderieren sich wiederum mit anderen Kommunen um übergeordnete Aufgaben zu koordinieren und sich untereinander auszutauschen.

Libertaristische Staatskritik

Aus Sicht des Libertarismus ist der Staat ein illegitimer freiheitsverkürzender Zwangsapparat. Eine freie, auf Verträge zwischen Individuen gestützte Ordnung des Gemeinwesens sei die einzig legitime.

Der Libertarismus stützt sich – wie der Anarchokapitalismus – stärker als die (sonstige) anarchistische Staatskritik auf wirtschaftswissenschaftliche Erwägungen. Er lehnt beispielsweise Marktversagen als Legitimation staatlichen Handelns ab und sieht in staatlichen Regulierungen ungerechtfertigte Begünstigungen einzelner wirtschaftlicher Akteure.

Das Misstrauen gegenüber staatlichen Regelungen wird oft historisch begründet. So sei sowohl die Entstehung des Staates im Ganzen als auch die Entstehung des Wohlfahrtsstaates macht- und interessengeleitet gewesen. Libertäre weisen darauf hin, dass alle Sozialversicherungen aus freiwilligen Selbsthilfe-Organisationen entstanden seien.[4]

Gegenwärtige staatstheoretische Debatte

Bezugspunkt für die gegenwärtige staatstheoretische Debatte sind insbesondere die Staatslehren der Weimarer Republik, namentlich von Hans Kelsen, Carl Schmitt, Hermann Heller und Rudolf Smend. Alle bildeten einflussreiche Schulen oder Denkrichtungen und wirken weiter auf die heutige Staatsdiskussion. Prägenden Einfluss auf die Weimarer Staatsdiskussion, die mit dem Methodenstreit der Weimarer Staatsrechtslehre einherging, hatte wiederum die „Allgemeine Staatslehre“ (1900) von Georg Jellinek. In ihr entwickelt er eine Drei-Elemente-Lehre, nach der zur Anerkennung eines Staates als Völkerrechtssubjekt die drei Merkmale „Staatsgebiet“, „Staatsvolk“ und „Staatsgewalt“ erforderlich seien (siehe Völkerrecht). Zudem spaltete Jellinek die Staatslehre in eine Allgemeine Soziallehre und eine Allgemeine Staatslehre.

Juristischer und „soziologischer“ Staatsbegriff in der Weimarer Republik

Für den Neukantianianer Hans Kelsen und seine „Reine Rechtslehre“ war der Staat etwas rein Juristisches, also normativ Geltendes. Er sei nicht irgendeine Realität oder ein Gedachtes neben oder außer der Rechtsordnung, sondern nichts als ebendiese Rechtsordnung selbst. Der Staat ist somit also weder Urheber noch Quelle der Rechtsordnung. Solche Vorstellungen waren für Kelsen „Personifikationen“ und „Hypostatisierungen“. Für ihn war der Staat vielmehr ein System von Zurechnungen auf einen letzten Zurechnungspunkt und eine letzte Grundnorm. Der Staat ist für diese rein juristische Betrachtung also identisch mit seiner Verfassung, er bleibt frei von allem Soziologischen.

Carl Schmitt dagegen interessierte sich für die, wie er es nannte, „soziologische“ Frage, wie sich der Staat als „politische Einheit eines Volkes“ konstituiere. Die Leistung eines Staates als „maßgebende politische Einheit“ war für ihn daher, innerhalb seines Territoriums eine vollständige Befriedung herbeizuführen und dadurch eine Situation zu schaffen, in der Rechtsnormen gelten können. Der Staat sei dabei aber grundsätzlich dem „Politischen“ nachgeordnet: „Der Begriff des Staates setzt den Begriff des Politischen voraus“. Der Staatsbegriff könne demnach nicht länger die fundamentale Kategorie bilden, denn er leiste nicht mehr, was er leisten soll, nämlich die politische Einheit zu bezeichnen. An diese Stelle trete das Politische, dessen Begriff nicht mehr vom Staatsbegriff gewonnen werden könne, hervor.

Daraus ergeben sich neue Perspektiven. In der Zeit des Nationalsozialismus eröffneten sich für Schmitt etwa jenseits des Staates neuartige „Großräume“, die die „Überwindung des alten, zentralen Staatsbegriffs“ forderten. Auch weiche das Politische auf nichtstaatliche Akteure aus, z. B. den Partisanen als irregulären, nichtstaatlichen Kombattanten, dessen absolute Feinderklärung mit dem Versuch des klassischen Völkerrechts nicht mehr vereinbar sei, ihn in die Sphäre des öffentlichen Rechts zu integrieren. Dabei blieb Schmitts Staatsbegriff aber letztlich immer noch auf einen von oben und außen kommenden statischen Staatswillen bezogen, der jedoch durch den Bezug auf die politische Einheit des Volkes auf ein Element von unten verwies und damit potenziell auf die Dynamik der modernen Gesellschaft. Indem die Demokratie den Gegensatz von Staat und Gesellschaft aufhebt, werde der Staat nämlich „Selbstorganisation“ der Gesellschaft. Die Gleichung staatlich = politisch stimme nicht mehr, weil nun alle bisher nur staatlichen Angelegenheiten gesellschaftlich und alle bisher allein gesellschaftlichen Angelegenheiten staatlich werden. Damit wurde der Staat für Schmitt zwangsläufig zum „totalen Staat“, der potenziell jedes Sachgebiet ergreift – auch und insbesondere die Sphäre der Wirtschaft. Damit nimmt Schmitt eine Entwicklungsdynamik moderner Gesellschaften in den Blick, die nur noch begrenzt von staatlichen und rechtlichen Instanzen beherrscht wird: „Die Epoche der Staatlichkeit geht zu Ende. […] Der Staat als das Modell der politischen Einheit, der Staat als Träger […] des Monopols der politischen Entscheidung […] wird entthront“. Die „soziologische“ Frage nach dem Zustandekommen einer „politischen Einheit“ führte Schmitt dabei auf das Gebiet des „Politischen“ – also der Assoziation und Dissoziation von Menschen – und auf diesem Weg letztlich über den Staat hinaus.

Auch Hermann Heller bezog sich in seiner „Staatslehre“ (1934) auf soziologische Momente, wenn er die „Wirklichkeit des Staates“ betonte. Für ihn war der Staat eine „in der gesellschaftlichen Wirklichkeit tätige Einheit“, die nicht losgelöst von der jeweiligen Wirklichkeit existiert, sondern sich stets aus der sich verändernden Realität formen und rechtfertigen muss. Der Staat als politische Einheit lasse sich nicht mit der „Gesellschaft“ identifizieren. Staat sei notwendig „organisierte“ Einheit, die durch entsprechende Institutionen ihre Gestalt und Handlungsfähigkeit erhalte. Da das Gesetz der Organisation das grundlegende Bildungsgesetz des Staates sei, sei die Einheit des Staates immer nur als Ergebnis bewusster Einheitsbildung, statt als Organisation zu begreifen. Um seine Funktionen erfüllen zu können, bedürfe der Staat einer organisatorischen Machtentfaltung. Der Staatswille wird durch staatliche Organe als „Herrschaft“ vermittelt, nicht durch beliebig handelnde gesellschaftliche Kräfte. Die ihn permanent gestaltenden Kräfte machen die „Wirklichkeit des Staates“ aus. Diese Kräfte, Parteien, Gruppen und Verbände, sind dabei als konkrete Strukturen die Voraussetzung für den demokratischen Prozess. Diese Strukturen sind jedoch wiederum auf Voraussetzungen angewiesen, nämlich auf eine „politische Wertgemeinschaft“ und eine „soziale Homogenität“. Ohne ein Mindestmaß sozialer Homogenität sei staatliche Einheitsbildung nicht möglich. Hierin liegt die Grundlage dessen, was Heller erstmals als „sozialen Rechtsstaat“ bezeichnete.

Der vierte staatstheoretische Entwurf aus der Gruppe der bedeutenden Weimarer Staatsrechtler ist die Integrationslehre Rudolf Smends. Smend wurde der „Geisteswissenschaftlichen Schule“ der Staatstheorie zugerechnet, die sich mit einem soziologischen Staatsbegriff gegen Rechtspositivismus und Formalismus wandte. Smend verstand den Staat als „geistige Realität“, dessen „Lebensprozess“ auf einem „dynamisch-dialektischen Charakter“ beruhe. Dieses dynamische Staatsverständnis spiegelt sich auch darin wider, dass die staatlichen Organe und Gewalten nicht als Substanzen ruhender Art, sondern als bewegende Kräfte verstanden werden. Der Staat ist nur, weil und sofern er dauerhaft integriert. Er lebt nur in diesem Prozess beständiger Erneuerung, dauernden Neuerlebtwerdens. Er lebt gewissermaßen von einem Plebiszit, das sich jeden Tag wiederholt.

Die Verfassung als die gesetzliche Normierung einzelner Seiten dieses Prozesses stellt die Aufgabe solcher Einheitsbildung. Smend entwickelte 1928 in seinem Hauptwerk „Verfassung und Verfassungsrecht“ eine Lehre der Integrationsmöglichkeiten von Bürgern in den Staat. Die wesentliche Leistung des Staates sei es, eben jene Integration herzustellen und aufrechtzuerhalten. Hierbei unterschied Smend drei wesentliche Integrationstypen. Als erste nannte er die „persönliche Integration“ eines legitimen Monarchen, der den „geschichtlichen Bestand staatlicher Gemeinschaftswerte“ symbolisiere. Den zweiten Typus bezeichnete er als „funktionale Integration“, bei dem bestimmte Werte die Herrschaft begründeten, nämlich irrationale, die ihr Legitimität geben, und rationale, die sie vor allem als Verwaltung rechtfertigen.

Als dritten Typus meinte Smend eine Sphäre der „sachlichen Integration“ ausmachen zu können, die sich vor allem auf „Symbole“ und „Raum“ als Integrationsfaktoren stützt. Die Fülle des staatlichen Gehalts sei vom Einzelnen nicht mehr fassbar, weshalb sie durch Symbole und auf die Vertretung der Gesamtheit hin ausgerichtete Vorgänge repräsentiert werden müsse. So werde die die Integrationswirkung des Staates intensiv, nicht extensiv erlebbar. Geschichte sei dabei einer der wirkmächtigsten Faktoren staatlicher Integrationsfähigkeit, da sie das Fließende und nicht das Statische verdeutliche. Noch wichtiger sei nur das Staatsgebiet, durch das der Staat seine wesentlichste Konkretisierung erfährt, so dass es an erster Stelle unter den sachlichen Integrationsfaktoren stehe. Zeit und Raum stellen nach Smend demnach zwei der wichtigsten Größen bei der sachlichen Integration dar.

Soziologische Theorie/Machttheorie

Der Staat wird als logische Folge der Ausübung von Macht beziehungsweise Herrschaft gesehen. Gemäß der 1909 von Oppenheimer formulierten soziologischen Staatsidee ist der Staat ursprünglich „eine gesellschaftliche Einrichtung, die von einer siegreichen Menschengruppe einer besiegten Menschengruppe aufgezwungen wurde mit dem einzigen Zwecke, die Herrschaft der ersten über die letzten zu regeln und gegen innere Aufstände und äußere Angriffe zu sichern.“ Nachdem Machiavelli schon im 16. Jahrhundert in seinem Werk Il Principe Herrschaftsformen, -erwerb und -erhalt untersucht hatte, steht heute Max Webers Herrschaftssoziologie im Mittelpunkt. Weber begreift die Ausübung von Macht und Herrschaft im Hinblick auf einen subjektiven Handlungssinn. Sein Hauptinteresse galt der Beziehung zwischen Herrschenden und Beherrschten, dem Konkurrenzkampf um politische Ämter und dem Handeln politischer Eliten. Für Weber (Wirtschaft und Gesellschaft, 1922) definiert sich der Staat als diejenige menschliche Gemeinschaft, welche innerhalb eines bestimmten Gebietes das Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit für sich mit Erfolg beansprucht. Weber unterscheidet drei Idealtypen von legitimer Herrschaft nach der Art ihres Legitimationsglaubens:

  • rationale bzw. legale Herrschaft kraft gesetzter Ordnung (z. B. Bürokratie),
  • traditionale Herrschaft kraft Glaubens an die Heiligkeit der von jeher vorhandenen Ordnungen und Herrengewalten (z. B. Patriarchat, Feudalismus) und
  • charismatische Herrschaft kraft affektueller Hingabe an die Person des Herrn und ihre Gnadengaben (Charisma) (z. B. Propheten), die sich stets in eine rationale oder traditionale Herrschaft versachlicht.

Niklas Luhmann greift in seinem Werk Legitimation durch Verfahren den Gedanken der Legitimität indizierenden Legalität des Typus der legalen Herrschaft auf. In Macht (1975) verwendet er den Begriff „Staat“ in Anführungszeichen. Und in Die Politik der Gesellschaft (2000) definiert Luhmann den Begriff als eine „semantische Einrichtung“: Der Staat ist kein politisches System, sondern die Organisation eines politischen Systems zur Selbstbeschreibung dieses politischen Systems.

Jürgen Habermas bemerkte zur legalen Herrschaft, dass, wenn man für einen wirksamen Legitimitätsglauben einen Wahrheitsbezug voraussetzt, bei ihr das Verfahren der Ordnungssetzung nicht als solches Legitimation erzeugen könne, sondern dass auch das Ordnungssetzungsverfahren selbst unter Legitimationszwang stehe. Es müssten daher zusätzlich Argumente für die legitimierende Kraft des Ordnungssetzungsverfahrens angegeben werden, z. B. die in einer Verfassung festgeschriebenen Regeln und Kompetenzen diesbezüglich.


Hermann Lübbe wendet hiergegen wiederum ein, dass zwischen argumentativer Normbegründung und dezisionistischer Normdurchsetzung zu unterscheiden sei (womit er eher Normsetzung gemeint haben dürfte). In der parlamentarischen Debatte komme es zu Legitimation durch Abstimmung.

Im Gegensatz zu Weber begreift Michel Foucault die Ausübung von Macht und Herrschaft als subjektlose Strategie. In seiner Machttheorie geht er von einem strategisch-produktiven Machtbegriff aus und setzt Macht und Wissen in Beziehung zueinander.

Relativ spät, das heißt intensiv erst seit Ende der 1980er und Beginn der 90er Jahre, wurden auch von feministischer Seite beziehungsweise der Geschlechterforschung (gender studies) Staat und Demokratie kritisch auf Macht und Herrschaft untersucht, vorher war eine kritische Staatstheorie quasi eine Leerstelle des Feminismus der Frauenbewegung. Ziel einer feministischen Konzeptualisierung von Staatlichkeit ist die Sichtbarmachung des „Geschlechts des Staates“ und daraus hervorgehend die Dekonstruktion der staatlich-institutionellen Strukturen und Mechanismen, die die hierarchische Zweigeschlechtlichkeit aufrechterhielten. Der Staat wird als Verdichtung der vorhandenen sozialen Widersprüche erkannt: die strukturelle Männlichkeit seiner Institutionen („Männerbund“), seiner Interessen und seiner organisationellen Regeln, Werte, Normen und Strukturen würden durch die sozial- und staatskritische Geschlechterforschung aufgedeckt und kritisiert. (Sauer 2003)

Die liberal-feministische Richtung hingegen bezieht sich positiv auf den Staat, der als neutraler Vermittler die unterschiedlichen Interessen vertreten solle. Mit Blick auf die skandinavischen Wohlfahrtsstaaten fehle es ihm demnach lediglich an frauenfördernden Mechanismen. Das dem Staat zugrunde liegende männliche Familienernährermodell und die daraus resultierende doppelte Vergesellschaftung von Frauen wird dabei selten hinterfragt. (Sauer 2003)

Demokratietheorie

siehe Hauptartikel: Demokratietheorie

Die heute in Deutschland gültige repräsentative Demokratie hat etwa Bruno Schmidt-Bleibtreu u. a. in seinem Kommentar zum Grundgesetz definiert:

„Demokratie besteht erstens darin, dass grundsätzlich das Volk selbst die Staatsfunktionen ausübt, wobei allerdings aus praktischen Notwendigkeiten heraus niemals sämtliche Volksangehörigen und nicht einmal alle erwachsenen Angehörigen dieses Volkes die Herrschaft ausüben können, sondern immer nur eine möglichst große Zahl von ihnen, also die Mehrheit.

Zweitens erfolgt diese Herrschaftsausübung der Mehrheit heute meistens nicht unmittelbar, also nicht durch direkte Entscheidung über die Regierungs- und Gesetzgebungsakte im Wege einer Volksabstimmung, sondern sie vollzieht sich regelmäßig […] durch die Wahl einer Volksvertretung, der Legislative, die ihrerseits wieder regelmäßig durch Wahl die Regierung, die Exekutive, bestellt.

Endlich gehört zum Begriff der Demokratie, dass diese durch Wahlen erfolgende Bestellung der Staatsorgane auf Zeit, wenn nicht sogar auf Abruf, erfolgt sowie dass die Wahlen frei sind und auf Gleichheit des Wahlrechtes für alle erwachsenen Staatsbürger beruhen.“

Diese Merkmale nehmen die von den Philosophen der Aufklärung – vor allem Locke, Montesquieu, Rousseau und Kant – begründete Menschenrechts-, Rechtsstaats- und Demokratietradition auf und verankern sie verfassungsrechtlich:

Das Grundgesetz will Konstruktionsprinzipien der Weimarer Verfassung vermeiden, die der Parlamentarische Rat als Fehlentwicklungen betrachtete. So waren Grundrechte in der Weimarer Verfassung nicht grundsätzlich exemiert, also der Staatsgewalt vorgeordnet, sondern wurden – in Form von Abwehrrechten gegen den Staat – als Gewährung des Staates an die Bürger aufgefasst. Die Grundrechte waren durch eine qualifizierte Mehrheit „unabhängig von der Tragweite“, wie der führende Verfassungskommentar formulierte, veränderbar. Zugleich verzichtete die Weimarer Verfassung auf ein unveränderliches Staatsziel, weshalb Kritiker monierten, sie verhalte sich „neutral“ zu jeder beliebigen politischen Zielsetzung. Im Grundgesetz wird demgegenüber die „unantastbare Menschenwürde“ als positiv qualifizierter Grund und Inhalt der Demokratie aufgefasst, der alle weiteren Grundrechte und Einzelgesetze tragen und durchdringen soll. Darum sind die Grundrechte selbst unabdingbar und stehen keiner Mehrheitsentscheidung zur Disposition. Die so verstandene „wehrhafte Demokratie“ soll nicht beliebige politische Ziele erlauben, sondern Parteien und Staatsorganen absolute Grenzen setzen.

Diese Auffassung von Demokratie hat sich in den meisten westlich orientierten Staaten der Gegenwart – vor allem in Europa und Nordamerika – durchgesetzt. Sie beansprucht eine allgemeine Wertgrundlage, die Menschenrechte, als Basis aller Rechtsstaatlichkeit. In der UN-Charta werden diese darüber hinaus als universale Basis der Völkerbeziehungen proklamiert. Rechtsstaatliche Demokratie gilt nach westlichem Verständnis daher tendenziell als allgemeingültiges Staatsmodell. Sie unterliegt aber schon innerhalb demokratisch verfasster Gesellschaften wie auch zwischen verschiedenen Völkern, Kulturen und Staatsformen ständiger Neubewertung und Neudefinition.

Siehe auch

 Wiktionary: Staatsphilosophie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

Klassische Werke

Weitere Literatur

  • Andreas Anter, Wilhelm Bleek: Staatskonzepte: Die Theorien der bundesdeutschen Politikwissenschaft. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2013, ISBN 3-593398-958.
  • Lars Bretthauer, Alexander Gallas, John Kannankulam, Ingo Stützle (Hrsg.): Poulantzas lesen. Zur Aktualität marxistischer Staatstheorie. VSA, Hamburg 2006, ISBN 3-89965-177-4 (Einleitung)
  • Alex Talbot Coram: State, Anarchy, Collective Decisions – Some Applications of Game Theory to Political Economy. 2001 (Staat vs. Anarchie aus spieltheoretischer Sicht).
  • Alex Demirović: Nicos Poulantzas: Aktualität und Probleme materialistischer Staatstheorie. Westfälisches Dampfboot, Münster 2007, ISBN 3-89691-622-X (Rezension von B. Opratko)
  • Joachim Hirsch: Materialistische Staatstheorie. Transformationsprozesse des kapitalistischen Staatensystems. VSA-Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-89965-144-8.
  • Joachim Hirsch: Der nationale Wettbewerbsstaat. Staat, Demokratie und Politik im globalen Kapitalismus, Berlin/Rotterdam 1995, ISBN 3-89408-049-3.
  • Walter Kreck: Grundfragen christlicher Ethik. Kaiser, München 1975, ISBN 3-459-01019-3.
  • Martin Kriele: Einführung in die Staatslehre. Die geschichtlichen Legitimitätsgrundlagen des demokratischen Verfassungsstaates. 6. überarbeitet und erweiterte Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2003, ISBN 3-17-018163-7.
  • Birgit Sauer: Staat, Demokratie und Geschlecht – aktuelle Debatten. In: gender…politik…online. August 2003 (PDF; 420 KB)
  • Rüdiger Voigt, Ulrich Weiß (Hrsg.): Handbuch Staatsdenker. Franz Steiner Verlag, Stuttgart: 2010. ISBN 978-3-515-09511-2.
  • Rüdiger Voigt (Hrsg.): Staatsdenken. Zum Stand der Staatstheorie heute. Nomos, Baden-Baden 2016, ISBN 978-3-8487-0958-8.
  • Jens Wissel & Stefanie Wöhl (Hrsg.): Staatstheorie vor neuen Herausforderungen. Analyse und Kritik. Westfälisches Dampfboot, Münster 2008, ISBN 978-3-89691-747-8 (Rezension von I. Küpeli)
  • Staatstheorie. Politischer Überbau, Ideologie, autoritärer Etatismus. VSA-Verlag, Hamburg 1978, ISBN 3-87975-161-7
  • Reinhold Zippelius: Geschichte der Staatsideen. 10. Auflage. Beck, München, 2003, ISBN 3-406-49494-3.

Einzelnachweise

  1. Carsten G. Ullrich, Soziologie des Wohlfahrtsstaates, Campus Verlag, Frankfurt, 2005, ISBN 3-593-37893-0, S. 17
  2. 2,0 2,1 Carsten G. Ullrich, Soziologie des Wohlfahrtsstaates, Campus Verlag, Frankfurt, 2005, ISBN 3-593-37893-0, S. 23
  3. Carsten G. Ullrich, Soziologie des Wohlfahrtsstaates, Campus Verlag, Frankfurt, 2005, ISBN 3-593-37893-0, S. 25
  4. Stefan Blankertz: Kritische Einführung in die Ökonomie des Sozialstaates. 2005, S. 130 (PDF; 329 KB)


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