Dreigliederung des menschlichen Organismus und Charles Darwin: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Steiner Der dreigliedrige Mensch 1.jpg|mini|250px|[[Rudolf Steiner]]: ''Der dreigliedrige Mensch'', Pastell auf Transparentpapier, 12. Juni 1923]]
[[Datei:Charles Darwin portrain by John Collier, 1883 copy.jpg|miniatur| Darwin kurz vor seinem Tod, Porträt von [[Wikipedia:John Collier (Maler)|John Collier]]]]
'''Charles Robert Darwin''' (* [[Wikipedia:12. Februar|12. Februar]] [[Wikipedia:1809|1809]] in [[Wikipedia:Shrewsbury|Shrewsbury]]; † [[Wikipedia:19. April|19. April]] [[Wikipedia:1882|1882]] in [[Wikipedia:Downe|Downe]]) war ein [[Wikipedia:Vereinigtes Königreich|britischer]] [[Naturwissenschaft|Naturforscher]] und wurde für seine grundlegenden Beiträge zur [[Evolution]]stheorie bekannt, die deshalb oft auch schlicht als '''Darwinismus''' bezeichnet wird.


Die '''Dreigliederung des menschlichen Organismus''' ist ein zentrales Prinzip der [[Anthroposophie|anthroposophischen]] [[Menschenkunde]] und wurde von Rudolf Steiner erstmals [[1917]] in seinem Buch «[[Von Seelenrätseln]]» explizit dargestellt.
Die wesentlichen Impulse für seine Forschung bekam Darwin auf der Ende 1831 begonnenen und fast fünf Jahre dauernde Reise mit der [[Wikipedia:HMS Beagle (1820)|HMS ''Beagle'']], über die er 1839 einen ausführlichen Reisebericht veröffentlichte. Bereits [[Wikipedia:1838|1838]] hatte er aufgrund seiner Erfahrungen eine auf [[Wikipedia:Genetische Variabilität|Variation]] und [[Wikipedia:Selektion (Evolution)|natürliche Selektion]] beruhende Theorie über die [[Phylogenese|phylogenetische]] Entwicklung aller [[Organismen]] in ersten Grundzügen entworfen. Darwins Hauptwerk [[Wikipedia:Über die Entstehung der Arten|Über die Entstehung der Arten]] wurde [[Wikipedia:1859|1859]] veröffentlicht, nachdem er bereits ein Jahr zuvor gemeinsam mit [[Alfred Russel Wallace]], der unabhängig von Darwin ähnliche Ideen entwickelt hatte, ein evolutionstheoretische Werk herausgebracht hatte. In dem [[Wikipedia:1871|1871]] veröffentlichten Buch über [[Wikipedia:Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl|Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl]] führte Darwin mit der [[Wikipedia:Sexuelle Selektion|sexuellen Selektion]] einen zusätzlichen Selektionsmechanismus ein, mit dem er die Abstammung des Menschen zu erklären versuchte.


{{GZ|Das Nerven- und Sinnessystem,
== Kampf ums Dasein ==
wie es im Kopfe zentralisiert ist, ist im menschlichen Organismus ein
eigenes, für sich bestehendes, selbständiges Glied. Was als Lungen- und
Herzsystem, als Zirkulationssystem vorliegt, ist wiederum ein für sich
bestehendes, selbständiges Glied. Ebenso das Stoffwechselsystem. Das
Genauere können Sie in meinem Buch «Von Seelenrätseln» nachlesen.
Das ist das Charakteristische im menschlichen Organismus, daß seine
Systeme gerade dadurch ihre rechte Entfaltung und Wirksamkeit entfalten,
daß sie nicht zentralisiert sind, sondern daß sie nebeneinander bestehen
und frei zusammenwirken. Kann man heute nicht einmal in dieser
umfassenden, eindringlichen Weise den menschlichen Organismus begreifen,
so kann man mit der Wissenschaft, die noch nicht reformiert ist,
die aber in geisteswissenschaftlichem Sinne reformiert werden muß, den
sozialen Organismus erst recht nicht verstehen. Man glaubt heute, der
menschliche Organismus ist etwas Zentralisiertes, während er eine Dreigliedrigkeit
ist.|328|21}}


== Die drei Glieder des menschlichen Organismus ==
Im Schlusswort von «Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl» fasst Darwin die Kerngedanken seiner Lehre wie folgt zusammen


Deutlich lassen sich drei sehr unterschiedliche Glieder des [[mensch]]lichen [[Organismus]] unterscheiden:
{{LZ|Es ist anziehend, eine dicht bewachsene Uferstrecke zu betrachten, bedeckt mit blühenden Pflanzen vielerlei Art, mit singenden Vögeln in den Büschen, mit schwärmenden Insecten in der Luft, mit kriechenden Würmern im feuchten Boden, und sich dabei zu überlegen, dass alle diese künstlich gebauten Lebensformen, so abweichend unter sich und in einer so komplizierten Weise von einander abhängig, durch Gesetze hervorgebracht sind, welche noch fort und fort um uns wirken. Diese Gesetze, im weitesten Sinne genommen, heißen: Wachstum mit Fortpflanzung; Vererbung, fast in der Fortpflanzung mit inbegriffen, Variabilität in Folge der indirekten und direkten Wirkungen äußerer Lebensbedingungen und des Gebrauchs oder Nichtgebrauchs; rasche Vermehrung in einem zum Kampf um's Dasein und als Folge dessen zu natürlicher Zuchtwahl führenden Grade, welche letztere wiederum die Divergenz des Charakters und das Erlöschen minder vervollkommneter Formen bedingt. So geht aus dem Kampf der Natur, aus Hunger und Tod unmittelbar die Lösung des höchsten Problems hervor, das wir zu fassen vermögen, die Erzeugung immer höherer und vollkommenerer Tiere. Es ist wahrlich eine grossartige Ansicht, dass der Keim alles Lebens, das uns umgibt, ursprünglich [vom Schöpfer<ref>Der explizite Hinweis auf den Schöpfer wurde von Darwin erst ab der 2. Auflage hinzugefügt.</ref>] nur wenigen oder nur einer einzigen Form eingehaucht wurde, und dass, während unser Planet den strengsten Gesetzen der Schwerkraft folgend sich im Kreise geschwungen, aus so einfachem Anfang sich eine endlose Reihe der schönsten und wundervollsten Formen entwickelt hat und noch immer entwickelt.|Charles Darwin: ''Über die Entstehung der Arten''<ref>Im englischen Original:
:„It is interesting to contemplate an entangled bank, clothed with many plants of many kinds, with birds singing on the bushes, with various insects flitting about, and with worms crawling through the damp earth, and to reflect that these elaborately constructed forms, so different from each other, and dependent on each other in so complex a manner, have all been produced by laws acting around us. These laws, taken in the largest sense, being Growth with Reproduction; Inheritance which is almost implied by reproduction; Variability from the indirect and direct action of the external conditions of life, and from use and disuse; a Ratio of Increase so high as to lead to a Struggle for Life, and as a consequence to Natural Selection, entailing Divergence of Character and the Extinction of less-improved forms. Thus, from the war of nature, from famine and death, the most exalted object which we are capable of conceiving, namely, the production of the higher animals, directly follows. There is grandeur in this view of life, with its several powers, having been originally breathed [by the Creator] into a few forms or into one; and that, whilst this planet has gone cycling on according to the fixed law of gravity, from so simple a beginning endless forms most beautiful and most wonderful have been, and are being, evolved.“ (Charles Darwin: ''The Origin of Species by Means of Natural Selection'')</ref>}}


*[[Nerven-Sinnessystem]]
{{GZ|Der Kampf ums Dasein ist die Losung der Forschung geworden.
*[[Rhythmisches System]]
Und woraus ist dieser Kampf da hineingekommen?
*[[Stoffwechsel-Gliedmassensystem]]
Nicht aus der Natur ist er gekommen. ''Darwin'' selbst, obgleich
er ihn in größerem Stile betrachtet als seine Nachfolger,
hat ihn von einer über die Menschengeschichte sich
verbreitenden Anschauung des ''[[Wikipedia:Thomas Malthus|Malthus]]'' genommen, jener
Anschauung, daß die Erde in einer solchen Progression Nahrungsmittel
hervorbringt, daß diese Zunahme in viel geringerem
Maße steigt als die Zunahme der Bevölkerung. Diejenigen,
welche sich mit diesen Dingen beschäftigt haben,
werden wissen, daß man sagt: Die Zunahme der Nahrungsmittel
steigt im arithmetischen, die Zunahme der Bevölkerung
im geometrischen Verhältnis. Das bedingt einen Kampf
ums Dasein, einen Krieg aller gegen alle. — Davon ausgehend,
hat Darwin auch am Ausgange der Natur den
Kampf ums Dasein angenommen. Und diese Anschauung
entspricht nicht einer bloßen Idee, sondern den modernen
Lebensgestaltungen. Bis in die Verhältnisse des Einzelnen
ist in der Form der allgemeinen wirtschaftlichen Konkurrenz
dieser Kampf ums Dasein zur tatsächlichen Wirklichkeit geworden.
Man hat diesen Daseinskampf in nächster Nähe
gesehen, man hat ihn für etwas Natürliches im Menschenreich
gehalten und dann in die Naturwissenschaft aufgenommen.


Das [[Nerven-Sinnessystem]] ist hauptsächlich im Kopf zentriert und ist das physische Werkzeug für die [[Sinnliche Wahrnehmung|sinnliche Wahrnehmung]], das [[Vorstellen]] und [[Denken]]. Es gibt dem Menschen die Grundlage für sein waches, der [[Sinnliche Welt|sinnlichen Welt]] hingegebenes [[Tagesbewusstsein]].
Von solchen Anschauungen geht ''[[Ernst Haeckel]]'' aus, der
in der kriegerischen Betätigung, im Krieg geradezu einen
Kulturhebel gesehen hat. Der Kampf sei das, was stark
macht, das Schwache soll untergehen, die Kultur fordere,
daß das Schwache untergeht. - Die Nationalökonomie hat
dann diesen Kampf wieder auf die Menschenwelt zurück
angewendet. So haben wir große Theorien innerhalb unserer
Nationalökonomie, innerhalb unserer sozialen Theorien,
welche den Kampf ums Dasein wie etwas ganz Berechtigtes
und von der menschlichen Entwickelung nicht zu Trennendes
ansehen. Man ist in diesen Sachen — nicht vorurteilslos,
sondern mit diesen Prinzipien — weiter zurückgegangen in
die ältesten Zeiten, und da versuchte man das Leben barbarischer
wilder Völkerschaften zu studieren. Man glaubte,
den Menschen in seiner Kulturentwickelung belauschen zu
können und glaubte, da das wildeste Kriegsprinzip zu finden.
''[[Wikipedia:Thomas Henry Huxley|Huxley]]'' hat gesagt: Sehen wir hinaus in die Natur der
Tiere, so gleicht der Kampf ums Dasein einem Gladiatorenkampf,
und das ist Naturgesetz. Und sehen wir von den
höheren Tieren auf die niederen und stellen wir uns ein auf
den bisherigen Gang der Weltentwickelung, so belehrt uns
die Tatsachenwelt überall, daß wir in einem allgemeinen
Kampf ums Dasein leben.|54|41f}}


Das [[Rhythmisches System|Rhythmische System]] umfasst [[Atmung]] und [[Kreislauf]] und ist daher entsprechend im Brustbereich zentriert. Es ist das wesentlichste physische Werkzeug des Gefühlslebens und der im lebendig strömenden Atem tönenden menschlichen Sprache. Jede Stimmungsschwankung, jede Freude, jedes Leid spiegeln sich in einer leise veränderten Atmung und einem sich beschleunigenden oder verzögernden Pulsschlag wider, wie auch jede körperlich bedingte Veränderung in Atmung und Herzrhythmus sogleich auf unser Gefühlsleben zurückschlägt. Allerdings erleben wir diese Gefühle nicht so klar und wach wie das, was wir durch unser Nerven-Sinnessystem erfahren. In unserem [[Gefühl|Gefühlsleben]] träumen wir eigentlich beständig.
=== Das Prinzip der gegenseitigen Hilfe ===


Noch unbewusster bleiben uns die inneren Vorgänge des [[Stoffwechsel-Gliedmassensystem]]s, das grundlegend für die Entfaltung unseres Willens ist. Insbesondere ist auch der aufrechte Gang des Menschen in diesem System begründet. Was tatsächlich in den Tiefen unseres [[Organismus]] vorgeht, wenn wir aufrecht durch die Welt schreiten, oder mit den dadurch freigewordenen Händen willentlich einen Gegenstand ergreifen, entzieht sich weitestgehend unserem Bewusstsein. Gerade darin liegt aber erst die eigentliche Realität des menschlichen Willens, und nicht in der blossen gedanklichen Vorstellung, die ihn begleitet. Im [[Wille]]n schlafen wir eigentlich beständig.
{{GGZ|Schwer könnten wir etwas einwenden, wenn die Tatsachen
in dieser Weise sprächen. Da trat im Jahre 1880 ein merkwürdiger
Mann auf, ein Mann, der einen Vortrag hielt in
der Naturforscherversammlung vom Jahre 1880 in St.Petersburg
in Rußland, einen Vortrag, der für alle diejenigen, die
sich für diese Frage gründlich interessieren, von einer großen
und tiefgehendenBedeutung ist. Dieser Mann ist der Zoologe
''[[Karl Kessler|Keßler]]''<ref>''Karl Keßler'', auch ''Karl Fedorovich Kessler'' (1815-1881), deutsch-russischer Zoologe, formulierte erstmals das ''Prinzip der gegenseitigen Hilfeleistung''</ref>. Er ist bald danach gestorben. Sein Vortrag handelte
über das Prinzip der gegenseitigen Hilfe in der Natur. Für
alle diejenigen, welche solche Dinge ernsthaft anfassen, geht
von der Forschung und wissenschaftlichen Reife, welche damit
angeregt wird, ein ganz neuer Zug aus. Hier wurden
zum erstenmal in der neueren Zeit Tatsachen aus der ganzen
Natur zusammengestellt, die beweisen, daß alle früheren
Theorien über den Kampf ums Dasein mit der Wirklichkeit
nicht übereinstimmen.


Bei den [[Tier]]en, namentlich bei den höheren Tieren, zeichnet sich diese [[Dreigliederung]] des Organismus zwar schon deutlich ab, ist aber nirgends so ausgewogen wie beim Menschen. Nur die fein abgestimmte Harmonie, mit der diese drei Glieder, einander lebendig durchdringend, beim Menschen zusammenwirken, ermöglicht ihm seine [[Aufrechte Haltung|aufrechte Haltung]], die artikulierte Lautsprache und das verstandesmässige Denken.
In diesem Vortrag finden Sie auseinandergesetzt und
durch die Tatsachen bewiesen, daß die tierischen Arten, die
tierischen Gruppen sich nicht entwickeln durch den Kampf
ums Dasein, daß es in Wahrheit einen Kampf ums Dasein
nur ausnahmsweise zwischen zwei Arten gibt, nicht aber in
der Art selbst, deren Individuen sich im Gegenteil Hilfe
leisten, und daß die Arten am dauerhaftesten sind, deren
Individuen am meisten veranlagt sind zu solcher gegenseitigen
Hilfe. Nicht Kampf, sondern gegenseitige Hilfe gewährt
lange Existenz. Dadurch war ein neuer Gesichtspunkt
erreicht. Nur hat es die moderne Forschung zuwege gebracht,
daß durch eine merkwürdige Verkettung von Umständen
eine Persönlichkeit, die für die Gegenwart auf dem
unglaublichsten Standpunkt steht, Fürst ''[[Pjotr Alexejewitsch Kropotkin|Kropotkin]], die
Sache weitergeführt hat. Er hat bei Tieren und Stämmen an
einer Unsumme von festgelegten Tatsachen zeigen können,
welche Bedeutung in der Natur und im Menschenleben dieses
Prinzip der gegenseitigen Hilfe hat. Ich kann jedem
empfehlen, dieses auch in deutscher Übersetzung vorliegende
Buch, übersetzt von Gustav Landauer, zu studieren. Dieses
Buch bringt eine Summe von Begriffen und Vorstellungen
in den Menschen hinein, die eine Schule sind für den Aufstieg
zu einer spirituellen Gesinnung. Nun verstehen wir
aber diese Tatsachen erst dann richtig, wenn wir sie im Sinne
der sogenannten esoterischen Anschauung beleuchten, wenn
wir diese Tatsachen mit den Grundlagen der Geisteswissenschaft
durchdringen. Ich könnte ja schon deutlich sprechende
Beispiele vorführen, allein Sie können sie in dem angeführten
Buche lesen. Das Prinzip der gegenseitigen Hilfeleistung
in der Natur ist: Diejenigen kommen am weitesten, die dieses
Prinzip am meisten ausgeprägt haben. - Die Tatsachen
sprechen also deutlich und werden immer deutlicher für uns
sprechen. In der geisteswissenschaftlichen Anschauung sprechen
wir, wenn wir von einer einzelnen Tierart sprechen,
genau so, wie wir von einem einzelnen Menschen, von der
einzelnen Individualität eines Menschen sprechen. Eine
Tierart ist uns dasselbe auf niederem Gebiete, was auf höherem
Gebiete das einzelne menschliche Individuum ist.|54|43ff}}


{{GZ|Faßt man
== Siehe auch ==
nun zusammen alles dasjenige Seelische, das als Vorstellen
erlebt wird und sucht man nach den leiblichen Vorgängen,
mit denen dieses Seelische in Beziehung zu setzen ist, so findet
man den entsprechenden Zusammenhang, indem man
dabei in weitgehendem Maße den Ergebnissen der gegenwärtigen
physiologischen Psychologie sich anschließen
kann. Die körperlichen Gegenstücke zum Seelischen des
Vorstellens hat man in den Vorgängen des Nervensystems
mit ihrem Auslaufen in die Sinnesorgane einerseits und in
die leibliche Innenorganisation andrerseits zu sehen. So sehr
man vom anthroposophischen Gesichtspunkte aus manches
wird anders zu denken haben, als es die gegenwärtige Wissenschaft
tut: eine Grundlage vorzüglicher Art ist in dieser
Wissenschaft vorhanden. Nicht so steht es, wenn man die
leiblichen Gegenstücke für das Fühlen und Wollen bestimmen
will. In bezug darauf muß man sich innerhalb der Ergebnisse
gegenwärtiger Physiologie erst den richtigen Weg
bahnen. Ist man auf denselben gelangt, so findet man, daß
man wie das Vorstellen zur Nerventätigkeit so das Fühlen
in Beziehung bringen muß zu demjenigen Lebensrhythmus,
der in der Atmungstätigkeit seine Mitte hat und mit ihr zusammenhängt.
Man hat dabei zu berücksichtigen, daß man
zu dem angestrebten Ziele den Atmungsrhythmus mit allem,
was mit ihm zusammenhängt, bis in die äußersten peripherischen
Teile der Organisation verfolgen muß. Um auf
diesem Gebiete zu konkreten Ergebnissen zu gelangen,
müssen die Erfahrungen der physiologischen Forschung in
einer Richtung verfolgt werden, welche heute noch vielfach
ungewohnt ist. Erst wenn man dies vollbringt, werden alle
Widersprüche verschwinden, die sich zunächst ergeben,
wenn Fühlen und Atmungsrhythmus zusammengebracht
werden. Was zunächst zum Widerspruch herausfordert,
wird bei näherem Eingehen zum Beweise für diese Beziehung. Aus dem weiten Gebiet, das hier verfolgt werden
muß, sei nur ein einziges Beispiel herausgehoben. Das Erleben
des Musikalischen beruht auf einem Fühlen. Der Inhalt
des musikalischen Gebildes aber lebt in dem Vorstellen,
das durch die Wahrnehmungen des Gehörs vermittelt wird.
Wodurch entsteht das musikalische Gefühls-Erlebnis?
Die ''Vorstellung'' des Tongebildes, die auf Gehörorgan und
Nervenvorgang beruht, ist noch nicht dieses musikalische
Erlebnis. Das letztere entsteht, indem im Gehirn der Atmungsrhythmus
in seiner Fortsetzung bis in dieses Organ
hinein, sich begegnet mit dem, was durch Ohr und Nervensystem
vollbracht wird. Und die Seele lebt nun nicht in dem
bloß Gehörten und Vorgestellten, sondern sie lebt in dem
Atmungsrhythmus; sie erlebt dasjenige, was im Atmungsrhythmus
ausgelöst wird dadurch, daß gewissermaßen das
im Nervensystem Vorgehende heranstößt an dieses rhythmische
Leben. Man muß nur die Physiologie des Atmungsrhythmus
im rechten Lichte sehen, so wird man umfänglich
zur Anerkennung des Satzes kommen: die Seele erlebt fühlend,
indem sie sich dabei ähnlich auf den Atmungsrhythmus
stützt wie im Vorstellen auf die Nervenvorgänge. -
Und bezüglich des Wollens findet man, daß dieses sich in
ähnlicher Art stützt auf Stoffwechsel Vorgänge. Wieder muß
da in Betracht gezogen werden, was alles an Verzweigungen
und Ausläufern der Stoffwechselvorgänge im ganzen Organismus
in Betracht kommt. Wie dann, wenn etwas «vorgestellt» wird, sich ein Nerven Vorgang abspielt, auf Grund
dessen die Seele sich ihres Vorgestellten bewußt wird, wie
ferner dann, wenn etwas «gefühlt» wird, eine Modifikation
des Atmungsrhythmus verläuft, durch die der Seele ein Gefühl
auflebt: so geht, wenn etwas «gewollt» wird, ein Stoffwechselvorgang vor sich, der die leibliche Grundlage ist für
das als Wollen in der Seele Erlebte. - Nun ist in der Seele ein
vollbewußtes waches Erleben nur für das vom Nervensystem
vermittelte Vorstellen vorhanden. Was durch den Atmungsrhythmus
vermittelt wird, das lebt im gewöhnlichen
Bewußtsein in jener Stärke, welche die Traumvorstellungen
haben. Dazu gehört alles Gefühlsartige, auch alle Affekte,
alle Leidenschaften und so weiter. Das Wollen, das auf StofTwechselvorgänge
gestützt ist, wird in keinem höheren
Grade bewußt erlebt als in jenem ganz dumpfen, der im
Schlafe vorhanden ist. Man wird bei genauer Betrachtung
des hier in Frage Kommenden bemerken, daß man das Wollen
ganz anders erlebt als das Vorstellen. Das letztere erlebt
man wie man etwa eine von Farbe bestrichene Fläche sieht;
das Wollen so, wie eine schwarze Fläche innerhalb eines farbigen
Feldes. Man «sieht» innerhalb der Fläche, auf der
keine Farbe ist, eben deshalb etwas, weil im Gegensatz zu
der Umgebung, von der Farben-Eindrücke ausgehen, von
dieser Fläche keine solchen Eindrücke kommen: man «stellt
das Wollen vor», weil innerhalb der Vorstellungs-Erlebnisse
der Seele an gewissen Stellen sich ein Nicht-Vorstellen
einfügt, das sich in das vollbewußte Erleben hineinstellt
ähnlich wie die im Schlafe zugebrachten Unterbrechungen
des Bewußtseins in den bewußten Lebenslauf. Aus diesen
verschiedenen Arten des bewußten Erlebens ergibt sich die
Mannigfaltigkeit des seelischen Erfahrens in Vorstellen,
Fühlen und Wollen.|21|150ff}}


Sehr ausführlich sprach [[Rudolf Steiner]] in einem in [[Wikipedia:Arnhem|Arnheim]] am 21. Juli 1924 gehaltenen Vortrag über seinen jahrzehntelangen Forschungsweg, der ihn zur Anschauung des dreigliedrigen menschlichen Organismus geführt hat:
* {{WikipediaDE|Charles Darwin}}


{{GZ|Solche Richtlinien zu finden, um die menschliche Organisation nach
== Literatur ==
ihrer Ganzheit, nach ihrer Totalität zu durchschauen, beschäftigte mich
# [[Vittorio Hösle]] (Hrsg.), Christian Illies (Hrsg.): ''Darwinism and Philosophy'', University of Notre Dame 2005, ISBN 978-0268030735
eigentlich, bevor ich überhaupt öffentlich davon gesprochen habe,
#Rudolf Steiner: ''Die Welträtsel und die Anthroposophie'', [[GA 54]] (1983), ISBN 3-7274-0540-6 {{Vorträge|054}}
was etwa im Jahre 1917 geschah, vorher durch dreißig Jahre hindurch.
Als verhältnismäßig junger Mensch, in meinen ersten Zwanzigerjahren,
habe ich mir die Frage vorgelegt: Gibt es eine Möglichkeit, in diese
komplizierte menschliche Organisation mit gewissen Leitlinien einzudringen,
so daß man zu irgendeiner Überschau kommt? Und da stellte
sich heraus - wie gesagt, was ich jetzt kurz auseinandersetze, war eine
Arbeit, mit der ich mich dreißig Jahre befaßt habe -, daß man die
menschliche Gesamtorganisation nach drei Aspekten beurteilen kann,
so daß man unterscheidet: die Nerven-Sinnesorganisation, die rhythmische
Organisation, und die Stoffwechsel-Gliedmaßenorganisation.
Mehr als anderes gehört alles das im menschlichen Organismus zusammen,
was man die Nerven-Sinnesorganisation nennen kann. Und sie
ist wiederum der Träger alles dessen, was man als das Vorstellungsleben
bezeichnen kann. Aber wiederum als in einer gewissen Beziehung
in sich geschlossen erweist sich das, was man die rhythmische
Organisation in der Menschennatur nennen kann: der Atmungsrhythmus,
der Rhythmus des Blutkreislaufes, der Rhythmus, der sich in
Schlafen und Wachen offenbart, und zahlreiches andere, was rhythmisch
im Menschen verläuft. Gerade durch eine sachgemäße, exakte
Unterscheidung der rhythmischen Organisation von der Nerven-Sinnesorganisation
kam ich zunächst darauf, diese Gliederung im Menschen
vorzunehmen. Ich mußte mir damals, vor jetzt fast vierzig Jahren,
wo mehr als heute die prinzipiellen physiologischen Fragen auf den
Menschenherzen lasteten, die Frage vorlegen: Ist es denn möglich nach
der Erscheinung, die sich in der Erfahrung darbietet, so zu sprechen,
daß das gesamte Seelenleben nach Denken, Fühlen und Wollen an das
Nervensystem und Sinnessystem gebunden ist? Es ergab sich für mich
dabei ein unmöglicher Widerspruch: an das Nerven-Sinnessystem sollen
Denken, Fühlen und Wollen gebunden sein? Ich kann heute natürlich
nicht im einzelnen dies ausführen, kann auf alles nur hindeuten;
allein gerade wenn wir ins therapeutische Gebiet kommen, wird sich
uns manches aufhellen. Wenn man zum Beispiel wirklich mit physiologischem
Blick, mit Exaktheit die Wirkungen des Musikalischen auf die
menschliche Organisation studiert; wenn man die enge Gebundenheit
im Erleben des Musikalischen an alles Rhythmische im Menschen kennenlernt,
und wenn man auf der anderen Seite das Seelische im Musikalischen
erfaßt, das Gefühlsmäßige im Erfassen des Melodischen, des
Harmonischen unbefangen studiert, so sagt man sich zunächst: Das
ganze Gefühlsleben des Menschen ist nicht unmittelbar an das Nervensystem
gebunden, sondern es wird erlebt im rhythmischen System;
und nur wenn wir ins Vorstellen heraufheben, was wir zunächst an
Musikalischem unmittelbar im rhythmischen System erleben und was,
indem es dort erlebt wird, Gefühlswelt wird, dann wird die Vorstellung
davon erst vom Nervensystem getragen. Da kommt man darauf,
daß das Nervensystem und das rhythmische System wirklich voneinander
innerlich, organisatorisch voneinander geschieden sind.


Nehmen Sie die gegenwärtige Physiologie mit allem, was sie Ihnen
{{GA}}
bieten kann; nehmen Sie vor allem alles, was sie Ihnen bieten kann
an äußeren Erfahrungen, die Sie mit dem Musikalischen machen können,
und studieren Sie so etwas wie das menschliche Ohr im Wahrnehmen
der Töne, studieren Sie es, dieses Ohr, indem es musikalisch
gegliederte Töne erfaßt, dann werden Sie sich schon sagen: Hörbares,
das heißt sinnlich Wahrnehmbares einer Art, wird zunächst dem rhythmischen
System des Menschen einverleibt, rhythmet herauf in die
Sinnesorganisation, rhythmet heran an das Nervensystem und wird
dann durch das Nervensystem vorgestellt. Unmittelbar steht unser
rhythmisches System mit dem Gefühlsleben in Verbindung, mittelbar
nur das Nervensystem, das der Träger des Denkens ist - der Träger
des Fühlens jedoch nur insofern, als wir uns unserer Gefühle bewußt
werden in Gedanken, und die Gedanken werden dann vom Nervensystem
getragen.
 
Ebenso kommt man weiter, wenn man das Physiologische bis zu
dem treibt, was Stoffwechsel-Gliedmaßensystem ist. Es könnte paradox
erscheinen, daß ich diese zwei Dinge zusammenfasse: Stoffwechsel
und Gliedmaßen; aber Sie brauchen nur zu bedenken, wie alles Motorische,
alles, was in Bewegung ist und mit den Gliedmaßen zusammenhängt,
auf den Stoffwechsel zurückwirkt. Das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem
ist schon ein einheitliches Ganzes. Und wenn man nicht
in konfuser, sondern in exakter Weise die Dinge untersucht, so erweist
sich wiederum, daß das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem der unmittelbare
Träger aller Willenserscheinungen im Menschen ist. Wiederum
ist es so: Wenn das, was im Stoffwechsel-Gliedmaßensystem als dem
Träger der Willenserscheinungen vorgeht, heraufwirkt, heraufkraftet
in das rhythmische System - wir haben in der menschlichen Organisation
unmittelbar den Zusammenhang zwischen Stoffwechselsystem
und rhythmischem System gegeben - , dann geht es ins Gefühl über.
Wir entwickeln unsere Gefühle in unserem Willen, indem unser Wille
sich unmittelbar in den Stoffwechselvorgängen auslebt, unmittelbar.
Wir erleben mittelbar im rhythmischen System fühlend den Willen.
Und wir machen uns Gedanken über das, was wir wollen, indem
Stoffwechselsystem und rhythmisches System heraufkraften in das
Nerven-Sinnessystem.
 
Da schaut man hinein in eine Gliederung des Menschen, die nun
wirklich Leitlinien für ein Durchschauen der menschlichen Organisation
abgibt. Denn durchschaut man das, was im Nerven-Sinnessystem
gegeben ist und vergleicht es mit dem, was im Stoffwechsel-
Gliedmaßensystem gegeben ist - lassen wir zunächst das rhythmische
System zwischendrinnen liegen -, dann findet man einen vollständigen
polarischen Gegensatz nach jeder Richtung: Nerven-Sinnessystem
und Stoffwechsel-Gliedmaßensystem sind polarisch einander entgegengesetzt;
wo das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem aufbaut, da baut
das Nerven-Sinnessystem ab, und umgekehrt. Dieses und vieles andere
erweist sich als polarischer Gegensatz. Erst wenn man in dieser Weise
den menschlichen Organismus durchschaut und dann sieht, wie alles
das, was Ich-Organisation ist, im engeren Sinne gebunden ist an das
Nerven-Sinnessystem; wie alles das, was Äther leib des menschlichen
Organismus ist, gebunden ist im engeren Sinne an das Stoffwechsel-
Gliedmaßensystem; wie alles das, was astralischer Leib ist, gebunden
ist an das rhythmische System; und wie der physische Leib das ganze
durchdringt, aber fortwährend überwunden wird von den drei anderen
Gliedern der menschlichen Organisation, dann lernt man eben auch
in das Normale oder Abnorme, in die sogenannten normalen oder abnormen
Prozesse der menschlichen Organisation hineinschauen.|319|166ff}}
 
== Dreigliederung, nicht Dreiteilung ==
Da es sich um eine [[ganzheit]]liche Drei''gliederung'' und ''nicht'' um eine Drei''teilung'' des Organismus handelt, trägt jedes System auch die jeweils anderen in modifizierter Form in sich. [[Kopf]] und [[Gliedmaßen]] stehen dabei in einem polaren Verhältnis zueinander und der [[Rumpf]] vermittelt zwischen den beiden.
 
=== Kopf ===
{{GZ|Wenn wir diese Dreigliederung des menschlichen Leibes ins Auge
fassen, dann wird es uns ganz besonders deutlich werden, wie das
Haupt, der Kopf des Menschen, ein ganzer Mensch schon ist, ein aus
der Tierreihe heraufgehobener ganzer Mensch.
 
Wir haben am Kopfe den eigentlichen Kopf. Wir haben am Kopf
den Rumpf: das ist alles dasjenige, was zur Nase gehört. Und wir haben
am Kopf den Gliedmaßenteil, der sich in die Leibeshöhle fortsetzt:
das ist alles dasjenige, was den Mund umschließt. So daß wir
am menschlichen Haupte sehen können, wie da der ganze Mensch
leiblich vorhanden ist. Nur ist die Brust des Kopfes schon verkümmert.
Sie ist so verkümmert, daß gewissermaßen alles, was zur Nase gehört,
nur noch undeutlich erkennen läßt, wie es mit dem Lungenartigen
zusammenhängt. Aber es hängt dasjenige, was zur Nase gehört,
mit dem Lungenartigen zusammen. Es ist gewissermaßen diese menschliche
Nase etwas wie eine metamorphosierte Lunge. Sie gestaltet daher
auch den Atmungsprozeß so um, daß sie ihn mehr nach dem Physischen
hin ausbildet. Daß Sie die Lunge vielleicht als weniger geistig
ansehen als die Nase, das ist ein Irrtum. Die Lunge ist kunstvoller gebaut.
Sie ist mehr vom Geistigen, wenigstens vom Seelischen durchdrungen
als die Nase, die eigentlich, wenn man die Sache wirklich
richtig auffaßt, mit einer großen Unverschämtheit sich nach außen hin
in das menschliche Antlitz stellt, während die Lunge ihr Dasein, trotzdem
sie seelischer ist als die Nase, viel keuscher verbirgt.
 
Verwandt mit allem, was dem Stoffwechsel, was der Verdauung
und Ernährung angehört und sich aus den Gliedmaßenkräften in den
Menschen herein fortsetzt, verwandt mit alledem ist dasjenige, was
zum menschlichen Munde gehört, der ja auch seine Verwandtschaft mit
der Ernährung und mit alledem, was zu den menschlichen Gliedmaßen
gehört, nicht verleugnen kann. So ist das Haupt, der Kopf des Menschen
ein ganzer Mensch, bei dem nur das Nichtkopfliche verkümmert
ist. Brust und Unterleib sind am Kopfe, aber sie sind am Kopfe verkümmert.|293|195f|196}}
 
===Brust ===
 
{{GGZ|In der Brust des Menschen ist in der Tat ebensoviel Kopf- wie Gliedmaßennatur.
Gliedmaßennatur und Kopfnatur vermischen sich miteinander
in der Brustnatur. Die Brust hat nach oben hin fortwährend
die Anlage, Kopf zu werden und nach unten hin fortwährend die
Anlage, den entgegengestreckten Gliedmaßen, der Außenwelt, sich
anzuorganisieren, sich anzupassen, also, mit anderen Worten, Gliedmaßennatur
zu werden. Der obere Teil der Brustnatur hat fortwährend
die Tendenz, Kopf zu werden, der untere Teil hat fortwährend
die Tendenz, Gliedmaßenmensch zu werden. Also der obere Teil des
menschlichen Rumpfes will fortwährend Kopf werden, er kann es nur
nicht. Der andere Kopf verhindert ihn daran. Daher bringt er nur fortwährend
ein Abhild des Kopfes hervor, man möchte sagen, etwas, was
ausmacht den Beginn der Kopfbildung. Können wir nicht deutlich erkennen,
wie im oberen Teil der Brustbildung der Ansatz gemacht wird
zur Kopfbildung? Ja, da ist der Kehlkopf da, der ja aus der naiven
Sprache heraus sogar Kehlkopf genannt wird. Der Kehlkopf des Menschen
ist ganz und gar ein verkümmertes Haupt des Menschen, ein
Kopf, der nicht ganz Kopf werden kann und der daher seine Kopfesnatur
auslebt in der menschlichen Sprache. Die menschliche Sprache
ist der fortwährend vom Kehlkopf in der Luft unternommene Versuch,
Kopf zu werden. Wenn der Kehlkopf versucht, der oberste Teil
des Kopfes zu werden, da kommen zum Vorschein diejenigen Laute,
welche deutlich zeigen, daß sie am stärksten von der menschlichen
Natur zurückgehalten werden. Wenn der menschliche Kehlkopf versucht,
Nase zu werden, da kann er nicht Nase werden, weil ihn die
wirklich vorhandene Nase daran verhindert. Aber er bringt hervor
in der Luft den Versuch, Nase zu werden, in den Nasenlauten. Die
vorhandene Nase staut also die Luftnase, die da entstehen will, in den
Nasenlauten. Es ist außerordentlich bedeutungsvoll, wie der Mensch,
indem er spricht, fortwährend in der Luft den Versuch macht, Stücke
von einem Kopf hervorzubringen, und wie sich wiederum diese Stücke
von dem Kopf in welligen Bewegungen fortsetzen, die sich dann stauen
an dem leiblich ausgebildeten Kopf. Da haben Sie dajenige, was die
menschliche Sprache ist.|197f|198}}
 
=== Gliedmaßen ===


{{GZ|Wenn wir im Gegensatz dazu den Gliedmaßenmenschen ansehen,
== Weblinks ==
so ist der in alledem, was er uns äußerlich darbietet, in seiner äußerlichen
{{Commons}}
gestaltlichen Bildung im wesentlichen die Umgestaltung der
{{Wikiquote}}
beiden Kinnladen des Menschen, der oberen und unteren Kinnlade.
{{Wikisource}}
Was unten und oben Ihren Mund einschließt, das ist, nur verkümmert,
* [http://darwin-online.org.uk/ The Complete Work of Charles Darwin Online] – Gesamtedition von Darwins Schriften
dasjenige, was Ihre Beine und Füße und Ihre Arme und Hände sind.|293|196|197}}
* [http://www.darwinproject.ac.uk/ The Darwin Correspondence Project] – Darwins Briefe
* [http://darwinlibrary.amnh.org/ The Darwin Digital Library of Evolution] beim ''American Museum of Natural History''
* {{PGDA|1004}}
* {{PGIA|d#a485}}


{{GGZ|Während der richtige
== Einzelanchweise ==
Kopf des Menschen ein leiblich-materieller Kopf ist, ist der Kopf, der
<references />
zu den Gliedmaßen dazugehört, der geistige Kopf. Aber er wird ein
Stückchen materiell, damit er fortwährend den Menschen verzehren
kann. Und im Tode, wenn der Mensch stirbt, hat er ihn ganz aufgezehrt.
Das ist in der Tat der wunderbare Prozeß, daß unsere Gliedmaßen
so gebaut sind, daß sie uns fortwährend aufessen. Wir schlüpfen
fortwährend mit unserem Organismus in den aufgesperrten Mund
unserer Geistigkeit hinein. Das Geistige verlangt von uns fortwährend
das Opfer unserer Hingabe. Und auch in unserer Leibesgestaltung ist
dieses Opfer unserer Hingabe ausgedrückt. Wir verstehen die menschliche
Gestalt nicht, wenn wir nicht dieses Opfer der Hingabe an den
Geist schon ausgedrückt finden in der Beziehung der menschlichen
Glieder zu dem übrigen menschlichen Leib. So daß wir sagen können:
Kopf- und Gliedmaßennatur des Menschen sind entgegengesetzt, und
die Brust- oder Rumpfnatur des Menschen, die in der Mitte liegt, ist
in gewisser Beziehung dasjenige, was zwischen diesen beiden Gegensätzen
die Waage hält.|293|197|198}}


== Die polare Anordnung der Wesensglieder im dreigliedrigen Organismus ==
[[Kategorie:Naturwissenschaftler]] [[Kategorie:Naturforscher]] [[Kategorie:Evolutionsbiologe]] [[Kategorie:Biologe]] [[Kategorie:Positivist]] [[Kategorie:Engländer]] [[Kategorie:Geboren 1809]] [[Kategorie:Gestorben 1882]] [[Kategorie:Mann]]
 
{{Siehe auch|Wesensglieder}}
 
Das [[Nerven-Sinnessystem]] als [[synthetisches System]] und das [[Gliedmaßen-Stoffwechselsystem]] als [[analytisches System]] stehen strukturell und funktionell im polaren Gegensatz zueinander. Dazwischen steht vermittelnd das [[Rhythmisches System|rhythmische System]]:
 
[[Datei:GA 317 25.6.1924.jpg|thumb|400px|[[GA 317]]: Tafel 1 zum Vortrag vom 25.6.1924 in Dornach)]]
 
{{GZ|Betrachten wir da zunächst den Menschen nach seinen drei Gliedern:
dem Nervensystem, dem rhythmischen System und dem Gliedmaßen-
Stoffwechselsystem. Sehen Sie, das Nerven-Sinnessystem, denken wir
es uns also - wir werden uns verstehen - , denken wir uns dieses Nerven-
Sinnessystem, wie es der Hauptsache nach nur, aber schematisch, im
Kopfe lokalisiert ist, sprechen wir vom Kopfsystem, indem wir vom
Nerven-Sinnessystem sprechen; wir können das beim Kinde um so
mehr, als der aufbauende Teil des Nerven-Sinnessystems vom Kopfe
ausgeht und in den ganzen Organismus hineinwirkt. Dieses System,
dieses Nerven-Sinnessystem ist im Kopfe, im Haupte lokalisiert. Das
ist ein synthetisches System.
 
Es ist synthetisch. Was meine ich damit? Es faßt nämlich alle Tätigkeiten
des Organismus zusammen. Sehen Sie, im Kopfe ist eigentlich
der ganze Mensch in einer gewissen Weise enthalten. Wenn man spricht
von der Lebertätigkeit, und man sollte eigentlich nur von Lebertätigkeit
sprechen - was ich als Leber sehe, ist der fixierte Leberprozeß - , so
ist diese Lebertätigkeit natürlich ganz im unteren Leibe. Aber jedem
solchen Funktionenzusammenhang entspricht einelatigkeit im menschlichen Haupte. Wenn ich das schematisch zeichne (siehe Tafel 1, rechts),
so ist das so: Hier sei die Lebertätigkeit. Dieser Lebertätigkeit entspricht
irgendeine Tätigkeit im menschlichen Kopfe oder Gehirne. Hier im
Unterleib ist die Leber relativ abgesondert von den andern Organen,
von Nieren, Magen und so weiter. Im Gehirn fließt alles ineinander,
da fließt die Lebertätigkeit mit den andern Tätigkeiten zusammen, so
daß der Kopf der große Zusammenfasser ist alles desjenigen, was im
Organismus vor sich geht. Durch diese synthetische Tätigkeit wird ein
Abbauprozeß bewirkt. Es fällt das Substantielle heraus.
 
Genauso wie wir einen synthetischen Prozeß im Haupte haben,
haben wir dann im ganzen übrigen Organismus, besonders im Stoffwechsel-
Gliedmaßensystem, einen analytischen Prozeß. Da wird alles
auseinandergehalten, da wird im Gegensatz zum Kopfe alles auseinandergehalten.
Während im Kopfe die Nierentätigkeit mit der Darmtätigkeit
zusammen vor sich geht, wird im Gegensatz dazu im übrigen
Organismus alles auseinandergehalten, so daß wir also sagen können,
wenn wir weiter schematisch zeichnen, meinetwillen die Lebertätigkeit,
Magentätigkeit, so sind sie hier voneinander abgesondert; im Kopfe
fließen sie ineinander, fließt alles zusammen, da synthetisiert sich alles.
Nun liegt dieses Zusammenfließen - zu gleicher Zeit mit einem fortwährenden
Herausfallen der Substanz, wie wenn es regnete - , nun liegt
diese synthetische Tätigkeit des Kopfes im wesentlichen aller Denktätigkeit
zugrunde. Damit der Mensch denken kann, damit der Mensch
herauskommt und in Tätigkeit kommt, muß dasjenige, was aus dem
Geistig-Seelischen kommt, nach dem Kopfe hin die zusammenfassende
Funktion erhalten, und dadurch die Erbsubstanz synthetisch gliedern.
Dadurch kann dann in der synthetisch gegliederten Erbsubstanz ein
Spiegel gesehen werden. Sie haben also damit folgendes: wenn im
Kopfe das eintritt beim Herunterkommen, daß der Kopf organisiert
synthetisch, so wird der Kopf ein Spiegel, und dadrinnen spiegelt sich
die Außenwelt, und das gibt das Denken, das wir gewöhnlich beobachten.
Wir müssen also unterscheiden zwischen den zwei Denkfunktionen,
derjenigen, die hinter dem Wahrnehmbaren liegt, die das Gehirn aufbaut
- die ist das Bleibende -, und der Denkfunktion, die gar nichts
Wirkliches ist, die nur gespiegelt ist und fortwährend ausgelöscht wird
beim Einschlafen und vergeht, wenn man nicht nachdenkt.
 
Eine andere Partie dessen, was da aus dem Geistig-Seelischen herunterkommt,
baut nun analytisch das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem
auf, baut die Organe auf, die auseinanderfallen, die deutlich unterscheidbare
einzelne Konturen haben. Wenn Sie nun den ganzen Körper
betrachten mit seinen deutlich unterscheidbaren einzelnen Konturen,
so haben wir darinnen Leber, Lunge, Herz und so weiter, mit denen
auch das Gliedmaßen-Stoff Wechselsystem zusammenhängt; das rhythmische
System sieht man nicht, alles, was mit physischer Substanz ausgefüllt
ist, gehört zum Stoffwechsel-Gliedmaßensystem, auch was man
am Gehirn sieht, ist Stoffwechsel. Nun liegt das, was diese einzelnen
analytisch aufgebauten Organe sind, dem gesamten Willensleben des
Menschen zugrunde, wie die synthetische Tätigkeit zugrunde liegt dem
Denken. So liegt all das, was an Organen da ist, zugrunde dem Willensleben.|317|14ff}}
 
[[Datei:GA 317 30.6.1924.jpg|thumb|400px|Die polare Anordnung der Wesensglieder im dreigliedrigen Organismus (Tafel 7 zum Vortrag vom 30.6.1924 in Dornach)]]
 
Die Anordnung der Wesensglieder im [[Kopf]]bereich ist gegensätzlich zur Anordnung im Stoffwechselbereich. Im [[Nerven-Sinnes-System]] liegt das [[Ich]] ganz innen, dann folgt der [[Astralleib]] und die äußere Hülle bilden der [[Ätherleib]] und der [[Physischer Leib|physische Leib]]. Im [[Stoffwechsel-Gliedmaßen-System]] ist es genau umgekehrt - da wendet sich das Ich ganz nach außen und der physische Leib bildet den innersten Kern. Das [[Rhythmisches System|rhythmische System]] vermittelt zwischen diesen beiden polaren Gegensätzen {{Lit|{{G|317|76ff}}}} ([[Heilpädagogischer Kurs]]).
 
{{GZ|Ich möchte, damit
das alles deutlich wird, in der folgenden Zeichnung die Ich-Organisation
immer rot zeichnen. Ich möchte dann die astralische Organisation
mit diesem Violett zeichnen, möchte dann die Ätherorganisation
in diesem Gelb zeichnen, und möchte die physische Organisation
in diesem Weiß zeichnen. Wollen wir also heute dasjenige, was für uns
in Betracht kommt, ganz genau einmal festhalten, wollen wir uns bemühen,
die Sache genau ins Auge zu fassen. Es ist nämlich nicht so in
der menschlichen Organisation, daß wir sagen können: Da ist die Ich-Organisation, da ist die astralische Organisation, da ist die Ätherorganisation
und so weiter -, sondern die Sache ist so: Stellen Sie sich
einmal vor eine Wesenheit, welche so organisiert ist, daß die Ich-Organisation zunächst außen liegt; daß dann weiter nach innen die
Astralorganisation liegt, dann die Ätherorganisation kommt, und dann
die physische Organisation. So daß wir also gewissermaßen hier ein
Wesen haben, das seine Ich-Organisation nach außen präsentiert, weiter
nach innen drängt die Astralorganisation, weiter nach innen die
Ätherorganisation und am weitesten nach innen drängt die physische
Organisation (siehe Tafel 7, Mitte).
 
Stellen wir daneben eine andere Anordnung, wo wir hatten die Ich-
Organisation ganz im Innern, nach außen gewissermaßen strahlend die
Astralorganisation, noch weiter nach außen die Ätherorganisation, und
noch weiter nach außen die physische Organisation (siehe Tafel 7, oben links). Sehen Sie, jetzt haben wir zwei polarisch sozusagen entgegengesetzte
Wesenheiten. Wenn Sie ansehen diese zwei polarisch einander
entgegengesetzten Wesenheiten, so können Sie sich sagen: Die zweite
Wesenheit wird nach außen eine starke physische Organisation zeigen,
in die noch die ätherische Organisation hineinspielt, dann wird mehr
nach innen verschwinden die Astral- und Ich-Organisation. - Nun
kann aber dadurch, daß das so ist, die Konfiguration etwas sich ändern.
Die Konfiguration desjenigen, was ich hier an zweiter Stelle hergezeichnet
habe, kann so sein: wir können die physische Organisation gewissermaßen
nach oben voll ausgebildet haben und nach unten offen, verkümmert.
Wir können dann die ätherische Organisation wiederum
nach unten etwas stärker als die physische Organisation ausgebildet,
aber doch noch verkümmert haben. Wir können die Astralorganisation
schon mehr nach unten ausschweifend haben und die Ich-Organisation
gewissermaßen wie eine Art von Faden nach unten gehend. Denn dasjenige,
was schematisch hier in Kugelform angeordnet ist, kann nämlich
durchaus so erscheinen (siehe Tafel 7, unten links).
 
Nun will ich aber die Sache noch etwas anschaulicher machen, indem
ich diese Ich-Organisation hier Ihnen so zeichne, darauf die Astralorganisation,
die Ätherorganisation und die physische Organisation.
Und jetzt wollen wir anschließen das andere Wesen. Dieses andere
Wesen wollen wir so anschließen, daß wir zunächst die Ich-Organisation,
die hier außen ist, etwas konfiguriert sein lassen; also statt daß
ich einen Kreis gezogen habe, habe ich den Kreis etwas konfiguriert
sein lassen. So ist es ja immer in den Bildsamkeiten des Naturwesens,
des Weltwesens überhaupt, daß dasjenige, was kugelig, was kreisig ist,
sich in verschiedener Weise konfiguriert. Weiter nach innen habe ich
jetzt an die Ich-Organisation anzuschließen die Astralorganisation,
noch weiter nach innen die Ätherorganisation und endlich ganz nach
innen geschlagen die physische Organisation (siehe Tafel 7, rechts).
Und Sie haben das eine, erste Wesen, in den Kopf des Menschen
verwandelt. Sie haben das zweite Wesen in das Stoffwechsel-Gliedmaßenwesen
des Menschen verwandelt. Und, in der Tat, in Wirklichkeit
ist es so, daß wir in der Kopforganisation des Menschen dasjenige
haben, wo das Ich sich im Innern verbirgt, der Astralleib auch noch
verhältnismäßig sich im Innern verbirgt, und nach außen konfiguriert
der physische Leib und der Ätherleib auftreten und die Form geben des
Antlitzes.
 
Dagegen im Stoffwechsel-Gliedmaßensystem haben Sie die Sache
so, daß eigentlich überall außen in der Wärme- und Drucksinnlichkeit
des Organismus, überall außen vibriert das Ich, und vom Ich ausgehend
vibriert nach innen der Astralleib, dann weiter drinnen wird es ätherisch,
und in den Röhrenknochen wird es physisch nach innen.
So daß wir zentrifugal, vom Ich zum physischen Leibe nach außen,
die Anordnung in der Kopforganisation haben, zentripetal, von außen
nach innen, vom Ich bis zum Physischen, die Stoffwechsel-Gliedmaßenorganisation
angeordnet haben. Und fortwährend durcheinanderflutend,
so daß man gar nicht weiß: ist das von außen nach innen oder
von innen nach außen, so ist die Anordnung im rhythmischen System
dazwischen. Das rhythmische System ist halb Kopf, halb Stoffwechsel-Gliedmaßensystem. Wenn wir einatmen, ist es mehr Stoffwechsel-Gliedmaßensystem, wenn wir ausatmen ist es mehr Kopfsystem. So
daß zwischen Systole und Diastole die Sache so verläuft, daß man
sagen kann: Kopfsystem-Gliedmaßensystem &#61; Ausatmung-Einatmung.
Nun sehen Sie also, daß wir, vermittelt durch den mittleren Teil
des rhythmischen Organismus, eigentlich zwei vollständig polarisch
entgegengesetzte Wesenheiten in uns tragen. Was folgt daraus? Daraus
folgt etwas außerordentlich wichtiges.
 
Denken Sie sich, wir nehmen etwas auf durch unseren Kopf, wie bei
der Vermittlung durch die Sprache des andern, nehmen etwas auf mit
dem Kopf, so geht das zunächst in das Ich hinein, in den Astralleib.
Aber die Dinge stehen im Organismus in Wechselwirkung, und in dem
Augenblicke, wo etwas hier angeschlagen wird, durch einen Eindruck
in der einen Ich-Organisation, vibriert das auch in die andere Ich-Organisation, und in dem Augenblick, wo etwas in die eine astralische
Organisation einschlägt, vibriert das auch durch in die andere astralische
Organisation. Wenn das nicht wäre, meine lieben Freunde,
hätten wir kein Gedächtnis, denn alle Eindrücke, die wir von der
Außenwelt bekommen, haben ihre Spiegelbilder in der Stoffwechsel-Gliedmaßenorganisation; und habe ich einen Eindruck von außen, so
verschwindet er von der Kopforganisation, die vom Physischen nach
dem Ich hinein zentripetal angeordnet ist. Das Ich muß sich aufrecht
erhalten, das kann nicht einen einzigen Eindruck stundenlang haben,
sonst würde es identisch werden mit dem Eindruck. Aber unten bleiben
die Eindrücke, und da müssen sie wieder herauf, wenn erinnert wird.|317|76ff}}
 
==Literatur==
* [[Rudolf Steiner]]: ''Von Seelenrätseln'', [[GA 21]] (1983), ISBN 3-7274-0210-5; '''Tb 637''', ISBN 978-3-7274-6370-9 {{Schriften|021}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik'', [[GA 293]] (1992), ISBN 3-7274-2930-5 {{Vorträge|293}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Heilpädagogischer Kurs'', [[GA 317]] (1995), ISBN 3-7274-3171-7 {{Vorträge|317}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die soziale Frage'', [[GA 328]] (1977), ISBN 3-7274-3280-2 {{Vorträge|328}}
* [[Wolfgang Schad]]: ''Säugetiere und Mensch: Ihre Gestaltbiologie in Raum und Zeit'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2012, ISBN 978-3772511509
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/zahlenmystik_dreigliederung_menschlicher_organismus.pdf Die Dreigliederung des menschen Organismus] PDF
* Lothar Vogel: ''Der dreigliedrige Mensch: Morphologische Grundlagen einer allgemeinen Menschenkunde'', 4. Auflage, Verlag am Goetheanum, Dornach 2005, ISBN 978-3723512302
 
{{GA}}
[[Kategorie:Mensch|201]]
[[Kategorie:Grundbegriffe]]  
[[Kategorie:Soziale Dreigliederung|!]]
[[Kategorie:Menschlicher und sozialer Organismus im Vergleich|!]]
[[Kategorie:Dreigliederung des menschlichen Organismus|!]]
[[Kategorie:Anthroposophische Medizin]]  
[[Kategorie:Spirituelle Anthropologie]]
[[Kategorie:Trichotomie]]

Version vom 16. Juli 2018, 06:16 Uhr

Darwin kurz vor seinem Tod, Porträt von John Collier

Charles Robert Darwin (* 12. Februar 1809 in Shrewsbury; † 19. April 1882 in Downe) war ein britischer Naturforscher und wurde für seine grundlegenden Beiträge zur Evolutionstheorie bekannt, die deshalb oft auch schlicht als Darwinismus bezeichnet wird.

Die wesentlichen Impulse für seine Forschung bekam Darwin auf der Ende 1831 begonnenen und fast fünf Jahre dauernde Reise mit der HMS Beagle, über die er 1839 einen ausführlichen Reisebericht veröffentlichte. Bereits 1838 hatte er aufgrund seiner Erfahrungen eine auf Variation und natürliche Selektion beruhende Theorie über die phylogenetische Entwicklung aller Organismen in ersten Grundzügen entworfen. Darwins Hauptwerk Über die Entstehung der Arten wurde 1859 veröffentlicht, nachdem er bereits ein Jahr zuvor gemeinsam mit Alfred Russel Wallace, der unabhängig von Darwin ähnliche Ideen entwickelt hatte, ein evolutionstheoretische Werk herausgebracht hatte. In dem 1871 veröffentlichten Buch über Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl führte Darwin mit der sexuellen Selektion einen zusätzlichen Selektionsmechanismus ein, mit dem er die Abstammung des Menschen zu erklären versuchte.

Kampf ums Dasein

Im Schlusswort von «Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl» fasst Darwin die Kerngedanken seiner Lehre wie folgt zusammen

„Es ist anziehend, eine dicht bewachsene Uferstrecke zu betrachten, bedeckt mit blühenden Pflanzen vielerlei Art, mit singenden Vögeln in den Büschen, mit schwärmenden Insecten in der Luft, mit kriechenden Würmern im feuchten Boden, und sich dabei zu überlegen, dass alle diese künstlich gebauten Lebensformen, so abweichend unter sich und in einer so komplizierten Weise von einander abhängig, durch Gesetze hervorgebracht sind, welche noch fort und fort um uns wirken. Diese Gesetze, im weitesten Sinne genommen, heißen: Wachstum mit Fortpflanzung; Vererbung, fast in der Fortpflanzung mit inbegriffen, Variabilität in Folge der indirekten und direkten Wirkungen äußerer Lebensbedingungen und des Gebrauchs oder Nichtgebrauchs; rasche Vermehrung in einem zum Kampf um's Dasein und als Folge dessen zu natürlicher Zuchtwahl führenden Grade, welche letztere wiederum die Divergenz des Charakters und das Erlöschen minder vervollkommneter Formen bedingt. So geht aus dem Kampf der Natur, aus Hunger und Tod unmittelbar die Lösung des höchsten Problems hervor, das wir zu fassen vermögen, die Erzeugung immer höherer und vollkommenerer Tiere. Es ist wahrlich eine grossartige Ansicht, dass der Keim alles Lebens, das uns umgibt, ursprünglich [vom Schöpfer[1]] nur wenigen oder nur einer einzigen Form eingehaucht wurde, und dass, während unser Planet den strengsten Gesetzen der Schwerkraft folgend sich im Kreise geschwungen, aus so einfachem Anfang sich eine endlose Reihe der schönsten und wundervollsten Formen entwickelt hat und noch immer entwickelt.“ (Lit.: Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten[2])

„Der Kampf ums Dasein ist die Losung der Forschung geworden. Und woraus ist dieser Kampf da hineingekommen? Nicht aus der Natur ist er gekommen. Darwin selbst, obgleich er ihn in größerem Stile betrachtet als seine Nachfolger, hat ihn von einer über die Menschengeschichte sich verbreitenden Anschauung des Malthus genommen, jener Anschauung, daß die Erde in einer solchen Progression Nahrungsmittel hervorbringt, daß diese Zunahme in viel geringerem Maße steigt als die Zunahme der Bevölkerung. Diejenigen, welche sich mit diesen Dingen beschäftigt haben, werden wissen, daß man sagt: Die Zunahme der Nahrungsmittel steigt im arithmetischen, die Zunahme der Bevölkerung im geometrischen Verhältnis. Das bedingt einen Kampf ums Dasein, einen Krieg aller gegen alle. — Davon ausgehend, hat Darwin auch am Ausgange der Natur den Kampf ums Dasein angenommen. Und diese Anschauung entspricht nicht einer bloßen Idee, sondern den modernen Lebensgestaltungen. Bis in die Verhältnisse des Einzelnen ist in der Form der allgemeinen wirtschaftlichen Konkurrenz dieser Kampf ums Dasein zur tatsächlichen Wirklichkeit geworden. Man hat diesen Daseinskampf in nächster Nähe gesehen, man hat ihn für etwas Natürliches im Menschenreich gehalten und dann in die Naturwissenschaft aufgenommen.

Von solchen Anschauungen geht Ernst Haeckel aus, der in der kriegerischen Betätigung, im Krieg geradezu einen Kulturhebel gesehen hat. Der Kampf sei das, was stark macht, das Schwache soll untergehen, die Kultur fordere, daß das Schwache untergeht. - Die Nationalökonomie hat dann diesen Kampf wieder auf die Menschenwelt zurück angewendet. So haben wir große Theorien innerhalb unserer Nationalökonomie, innerhalb unserer sozialen Theorien, welche den Kampf ums Dasein wie etwas ganz Berechtigtes und von der menschlichen Entwickelung nicht zu Trennendes ansehen. Man ist in diesen Sachen — nicht vorurteilslos, sondern mit diesen Prinzipien — weiter zurückgegangen in die ältesten Zeiten, und da versuchte man das Leben barbarischer wilder Völkerschaften zu studieren. Man glaubte, den Menschen in seiner Kulturentwickelung belauschen zu können und glaubte, da das wildeste Kriegsprinzip zu finden. Huxley hat gesagt: Sehen wir hinaus in die Natur der Tiere, so gleicht der Kampf ums Dasein einem Gladiatorenkampf, und das ist Naturgesetz. Und sehen wir von den höheren Tieren auf die niederen und stellen wir uns ein auf den bisherigen Gang der Weltentwickelung, so belehrt uns die Tatsachenwelt überall, daß wir in einem allgemeinen Kampf ums Dasein leben.“ (Lit.:GA 54, S. 41f)

Das Prinzip der gegenseitigen Hilfe

„Schwer könnten wir etwas einwenden, wenn die Tatsachen in dieser Weise sprächen. Da trat im Jahre 1880 ein merkwürdiger Mann auf, ein Mann, der einen Vortrag hielt in der Naturforscherversammlung vom Jahre 1880 in St.Petersburg in Rußland, einen Vortrag, der für alle diejenigen, die sich für diese Frage gründlich interessieren, von einer großen und tiefgehendenBedeutung ist. Dieser Mann ist der Zoologe Keßler[3]. Er ist bald danach gestorben. Sein Vortrag handelte über das Prinzip der gegenseitigen Hilfe in der Natur. Für alle diejenigen, welche solche Dinge ernsthaft anfassen, geht von der Forschung und wissenschaftlichen Reife, welche damit angeregt wird, ein ganz neuer Zug aus. Hier wurden zum erstenmal in der neueren Zeit Tatsachen aus der ganzen Natur zusammengestellt, die beweisen, daß alle früheren Theorien über den Kampf ums Dasein mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmen.

In diesem Vortrag finden Sie auseinandergesetzt und durch die Tatsachen bewiesen, daß die tierischen Arten, die tierischen Gruppen sich nicht entwickeln durch den Kampf ums Dasein, daß es in Wahrheit einen Kampf ums Dasein nur ausnahmsweise zwischen zwei Arten gibt, nicht aber in der Art selbst, deren Individuen sich im Gegenteil Hilfe leisten, und daß die Arten am dauerhaftesten sind, deren Individuen am meisten veranlagt sind zu solcher gegenseitigen Hilfe. Nicht Kampf, sondern gegenseitige Hilfe gewährt lange Existenz. Dadurch war ein neuer Gesichtspunkt erreicht. Nur hat es die moderne Forschung zuwege gebracht, daß durch eine merkwürdige Verkettung von Umständen eine Persönlichkeit, die für die Gegenwart auf dem unglaublichsten Standpunkt steht, Fürst Kropotkin, die Sache weitergeführt hat. Er hat bei Tieren und Stämmen an einer Unsumme von festgelegten Tatsachen zeigen können, welche Bedeutung in der Natur und im Menschenleben dieses Prinzip der gegenseitigen Hilfe hat. Ich kann jedem empfehlen, dieses auch in deutscher Übersetzung vorliegende Buch, übersetzt von Gustav Landauer, zu studieren. Dieses Buch bringt eine Summe von Begriffen und Vorstellungen in den Menschen hinein, die eine Schule sind für den Aufstieg zu einer spirituellen Gesinnung. Nun verstehen wir aber diese Tatsachen erst dann richtig, wenn wir sie im Sinne der sogenannten esoterischen Anschauung beleuchten, wenn wir diese Tatsachen mit den Grundlagen der Geisteswissenschaft durchdringen. Ich könnte ja schon deutlich sprechende Beispiele vorführen, allein Sie können sie in dem angeführten Buche lesen. Das Prinzip der gegenseitigen Hilfeleistung in der Natur ist: Diejenigen kommen am weitesten, die dieses Prinzip am meisten ausgeprägt haben. - Die Tatsachen sprechen also deutlich und werden immer deutlicher für uns sprechen. In der geisteswissenschaftlichen Anschauung sprechen wir, wenn wir von einer einzelnen Tierart sprechen, genau so, wie wir von einem einzelnen Menschen, von der einzelnen Individualität eines Menschen sprechen. Eine Tierart ist uns dasselbe auf niederem Gebiete, was auf höherem Gebiete das einzelne menschliche Individuum ist.“ (S. 43ff)

Siehe auch

Literatur

  1. Vittorio Hösle (Hrsg.), Christian Illies (Hrsg.): Darwinism and Philosophy, University of Notre Dame 2005, ISBN 978-0268030735
  2. Rudolf Steiner: Die Welträtsel und die Anthroposophie, GA 54 (1983), ISBN 3-7274-0540-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Commons: Charles Darwin - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikisource: Charles Darwin – Quellen und Volltexte

Einzelanchweise

  1. Der explizite Hinweis auf den Schöpfer wurde von Darwin erst ab der 2. Auflage hinzugefügt.
  2. Im englischen Original:
    „It is interesting to contemplate an entangled bank, clothed with many plants of many kinds, with birds singing on the bushes, with various insects flitting about, and with worms crawling through the damp earth, and to reflect that these elaborately constructed forms, so different from each other, and dependent on each other in so complex a manner, have all been produced by laws acting around us. These laws, taken in the largest sense, being Growth with Reproduction; Inheritance which is almost implied by reproduction; Variability from the indirect and direct action of the external conditions of life, and from use and disuse; a Ratio of Increase so high as to lead to a Struggle for Life, and as a consequence to Natural Selection, entailing Divergence of Character and the Extinction of less-improved forms. Thus, from the war of nature, from famine and death, the most exalted object which we are capable of conceiving, namely, the production of the higher animals, directly follows. There is grandeur in this view of life, with its several powers, having been originally breathed [by the Creator] into a few forms or into one; and that, whilst this planet has gone cycling on according to the fixed law of gravity, from so simple a beginning endless forms most beautiful and most wonderful have been, and are being, evolved.“ (Charles Darwin: The Origin of Species by Means of Natural Selection)
  3. Karl Keßler, auch Karl Fedorovich Kessler (1815-1881), deutsch-russischer Zoologe, formulierte erstmals das Prinzip der gegenseitigen Hilfeleistung