Goldenes Vlies

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Jason bringt Pelias das Goldene Vlies

Das Goldene Vlies war nach der griechischen Mythologie das Fell des goldenen Widders Chrysomeles, der fliegen und sprechen konnte. Es ist ein Bild für die ursprüngliche Reinheit des Astralleibs, die mit dem Einzug des Ich und dem damit verbundenen Egoismus verloren ging. In diesem Sinn verwendeten auch die Alchemisten das Symbol des Goldenen Vlieses.

Mythos

Der boiotische König Athamas war seiner Frau Nephele fremd geworden und hatte sich Ino, die Tochter des Kadmos, als neue Frau genommen. Ino hasste ihre Stiefkinder, Helle und insbesondere den Thronanwärter Phrixos, da sie einen eigenen Sohn haben wollte, der das königliche Erbe antreten sollte.

Nephele merkte, dass ihre Kinder wegen der Eifersucht der Stiefmutter in Gefahr schwebten und erbat die Hilfe der Götter, worauf Hermes Chrysomeles zu ihr sandte. Der Widder nahm die Kinder auf seinen Rücken und trug sie fort. Er stieg in die Luft und flog nach Osten. Als er die Meerenge überquerte, die Europa und Asien trennt, rutschte Helle von seinem Rücken und fiel ins Wasser, das nach ihr Hellespont (Meer der Helle) benannt wurde. Der Widder setzte Phrixos sicher in Kolchis ab, einem Land am Schwarzen Meer, das von König Aietes regiert wurde.

Dort wurde er gastlich empfangen, und aus Dankbarkeit, dass die Götter sein Leben bewahrt hatten, opferte man Chrysomeles im Tempel des Zeus. Phrixos gab dann Aietes das wertvolle Goldene Vlies, der es im heiligen Hain des Gottes Ares aufhängte und von einem Drachen bewachen ließ, der niemals schlief.

Später raubten die Argonauten unter Führung Jasons und mit Hilfe der Medea, Tochter des Aietes, das Vlies des Chrysomeles, das von einem schiffsgroßen Drachen bewacht wurde, und brachten es nach Iolkos, wo es dem Pelias übergeben wurde (Homer: Odyssee 12,70). Geschichten, die den weiteren Verbleib des Vlies beschreiben, sind nicht bekannt.

Der geistige Hintergrund

Mit der luziferischen Versuchung und dem dadurch bedingten Sündenfall ging die ursprüngliche Reinheit des Astralleibs verloren. Die bis dahin noch flüssige Erde verdichtete sich bis zum festen Zustand. Mit der Vertreibung aus dem Paradies betrat der Mensch die feste Erde und nun erst konnte er das Ich in sich aufnehmen - damit begann aber auch der Egoismus den Astralleib zu trüben. Damit musste auch das alte Hellsehen allmählich verschwinden bzw. in den unbewussten Tiefen des Astralleibs versinken, in der Sage dadurch ausgedrückt, dass Helle ins Meer stürzt. Mit der aufkommenden griechisch-lateinischen Zeit, dem Widder-Zeitalter, erwachte dafür die Verstandesseele.

„Phrixus und seine Schwester Helle, die Kinder eines böotischen Königs, litten viel von ihrer Stiefmutter. Die Götter sandten ihnen einen Widder mit einem goldenen Fell (Vlies), der sie durch die Lüfte davontrug. Als sie über die Meerenge zwischen Europa und Asien kamen, ertrank Helle. Die Meerenge heißt daher Hellespont. Phrixus gelangte zum Könige von Kolchis, am östlichen Ufer des Schwarzen Meeres. Er opferte den Widder den Göttern und schenkte das Vlies dem Könige Aetes. Dieser ließ es in einem Haine aufhängen und von einem furchtbaren Drachen bewachen. Der griechische Held Jason unternahm es, im Verein mit andern Helden, Herakles, Theseus, Orpheus, das Vlies aus Kolchis zu holen. Es wurden ihm behufs Erlangung des Schatzes von Aetes schwere Arbeiten aufgetragen. Aber Medea, die zauberkundige Tochter des Königs, unterstützte ihn. Er bändigte zwei feuerschnaubende Stiere, er pflügte einen Acker und säte Drachenzähne, so daß geharnischte Männer aus der Erde hervorwuchsen. Auf Medeas Rat warf er einen Stein unter die Männer, worauf sie sich gegenseitig mordeten. Durch ein Zaubermittel der Medea schläfert Jason den Drachen ein und kann dann das Vlies gewinnen. Er tritt mit demselben die Rückfahrt nach Griechenland an. Medea begleitet ihn als seine Gattin. Der König eilt den Flüchtenden nach. Medea tötet, um ihn aufzuhalten, ihr Brüderchen Absyrtus und streut die Glieder ins Meer. Aetes wird durch das Einsammeln aufgehalten. So konnten die beiden mit dem Vlies Jasons Heimat erreichen. - Jede einzelne Tatsache fordert da eine tiefere Sinnerklärung heraus. Das Vlies ist etwas, das zum Menschen gehört, das ihm unendlich wertvoll ist; das in der Vorzeit von ihm getrennt worden ist und dessen Wiedererlangung an die Überwindung furchtbarer Mächte geknüpft ist. So ist es mit dem Ewigen in der Menschenseele. Es gehört zum Menschen. Aber dieser findet sich getrennt von ihm. Seine niedere Natur trennt ihn davon. Nur wenn er diese überwindet, einschläfert, dann kann er es wieder erlangen. Es ist ihm möglich, wenn ihm das eigene Bewußtsein (Medea) mit seiner Zauberkraft zu Hilfe kommt. Für Jason wird Medea, was für Sokrates die Diotime, als Lehrmeisterin der Liebe, wurde (vgl. S. 71). Die eigene Weisheit des Menschen hat die Zauberkraft, um das Göttliche nach Überwindung des Vergänglichen zu erlangen. Aus der niederen Natur kann nur ein Menschlich-Niederes hervorgehen, die geharnischten Männer, die durch die Kraft des Geistigen, den Rat der Medea, überwunden werden. Auch wenn der Mensch schon sein Ewiges, das Vlies, gefunden hat, ist er noch nicht in Sicherheit. Er muß einen Teil seines Bewußtseins (Absyrtus) opfern. Dies fordert die Sinnenwelt, die wir nur als eine mannigfaltige (zerstückelte) begreifen können. Man konnte für alles dieses noch tiefer in die Schilderung der hinter den Bildern liegenden geistigen Vorgänge eingehen; doch sollte hier nur das Prinzip der Mythenbildung angedeutet werden.“ (Lit.:GA 8, S. 85ff)

„Rein und hell war der Astralleib und umfloß dasjenige, was als physischer und Ätherleib als Anlage da war. Mit dem Eintritt des Ich aber war der Egoismus hineingetreten, und verdunkelt war der Astralleib geworden, verloren war der reine Goldfluß des Astralleibes, immer mehr war er verloren bis der Mensch heruntergestiegen war auf den tiefsten Punkt des physischen Planes in der griechisch-lateinischen Zeit. Da mußten die Menschen daran denken, wieder zu gewinnen den reinen Fluß des Astralleibes, und es entstand in den Eleusinischen Mysterien dasjenige, was man nannte: das Suchen nach der ursprünglichen Reinheit des Astralleibes. Den Astralleib wieder in seinem ursprünglich reinen Goldfluß herzustellen, das wollten die Eleusinischen Mysterien, das wollten auch die Ägypter. Das Suchen nach dem goldenen Fluß war eine der Proben der ägyptischen Einweihungen: und das ist uns erhalten in der wunderbaren Sage des Aufsuchens des Goldenen Vlieses durch Jason und die Argonauten. Als die unteren Organe noch in ihrer Form den Kähnen[1] glichen, da hatte der astralische Leib in der Wassererde noch den goldenen Glanz. Das Suchen nach diesem Astralleib ist dargestellt in dem Argonautenzug. Der Argonautenzug hat wirklich stattgefunden, geradeso wie der trojanische Krieg.“ (Lit.:GA 106, S. 139)

„Wenn Sie die Kulturen unserer fünften Wurzelrasse betrachten, jene, welche die alte Vedenkultur, dann diejenigen, welche die uralte persische, die chaldäisch-ägyptische Kultur begründet haben, so werden Sie finden, daß selbst noch in den Epochen, die die Druidenkultur hervorgebracht haben, eine objektive, nüchterne Wissenschaft eigentlich nicht vorhanden war. Diese tauchte erst auf, als die vierte Kulturepoche immer mehr und mehr heraufdämmerte. Den Beginn der vierten Kulturepoche wird man etwa im 8. Jahrhundert vor Christi Geburt verzeichnen können. Damit dämmerte eine von allem übrigen menschlichen Gemütsinhalt abgesonderte, objektive Wissenschaft herauf. Ein chaldäischer Priester, der Astronomie getrieben hat, hat noch die Absichten der Weltregierung zu ergründen versucht. Ebenso war es bei den Priestern der Ägypter und den Druidenpriestern; sie suchten Einsichten zu erhalten in die Absichten des Weltenlenkers. Eine reine Verstandeswissenschaft dämmerte erst in Griechenland herauf. Diese Verstandeswissenschaft, die sich nach und nach vorbereitet hat und durch den Einfluß der genannten Wesenheiten heraufkam, aber mit der anderen menschlichen Tätigkeit verknüpft war, wurde vollständig entfesselt in der vierten Kulturperiode der fünften Wurzelrasse. Die Eingeweihten, die unterwiesen wurden in den Mysterien der damaligen Zeit, empfanden die Urweisheit, die dem Menschengeschlecht früher zuteil geworden war, gegenüber der äußeren Weisheit als etwas Verlorenes, das erst wieder gesucht werden mußte. Es hat einen Zeitpunkt gegeben, in dem diese erstorbene Weisheit sich abgesondert hat von der umfassenden Urweisheit. Diesen Zeitpunkt, in dem diese nüchterne, trockene Weisheit sich abgesondert hat von der umfassenden Urweisheit, hat man dadurch bezeichnet, daß man sagte: Etwa im 8. Jahrhundert vor Christus ist die Sonne durch den Frühlingspunkt im Widder durchgegangen. Dieser Durchgang der Sonne durch den Widder ist die Wiederholung eines vor Jahrtausenden stattgefundenen früheren Durchgangs durch dasselbe Zeichen. Die Sonne rückt ja bekanntlich durch den ganzen Tierkreis, durch die Tierkreisbilder Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau und so weiter, so daß sie schon viele Male durch den Widder hindurchgegangen ist. Das letzte Mal war sie durch den Widder durchgegangen, als der Mensch noch die Vereinigung von Liebe und Erkenntnis und damit die Urweisheit besaß. Diese Urweisheit war nun verlorengegangen und hatte einer äußerlichen Verstandeskultur Platz gemacht. Diesen ganzen Vorgang in seiner okkulten Bedeutung drückte der griechische Mysterienpriester aus durch den ungeheuer tiefen Mythos von der Argonauten- Sage, in welcher der Widder das Sinnbild der Vereinigung von Liebe und Erkenntnis darstellt.

Halten wir uns den ganzen Mythos erst einmal vor Augen. Es wird uns erzählt, daß Phrixos und Helle viel zu leiden hatten von ihrer bösen Stiefmutter Ino. Deshalb erschien dem Phrixos seine göttliche Mutter Nephele und riet ihm, mit der Schwester zu entfliehen. Sie gab ihm auch einen großen Widder mit einem goldenen Vlies, mit dem sie über das Meer reiten sollten. Helle sei dann abgestürzt und im Meer ertrunken, das danach den Namen Hellespont erhielt; Phrixos dagegen sei mit dem Widder nach Kolchis gekommen. Dort soll er den Widder dem Zeus geopfert und das Fell dem König Aietes gegeben haben, der es an einer Eiche vor einer Höhle aufgehängt habe. Später machte sich der griechische Held Jason gemeinsam mit den bedeutendsten der damaligen griechischen Eingeweihten — Orpheus, Theseus, Herakles und anderen - auf, um das Widderfell von den barbarischen Völkern in Kolchis wieder zurückzuholen. Dadurch, daß er die jüngste Tochter des Königs Aietes, Medea, für sich gewann, wurde es ihm möglich, das Widderfell wieder nach Griechenland zurückzubringen. Er mußte zuerst zwei feuerschnaubende Stiere besiegen. Weiterhin mußte er Drachenzähne ausstreuen; aus den Drachenzähnen wuchsen geharnischte Männer hervor, welche in Streit kamen. Durch Medea wurde er befähigt, diesen Streit zu schlichten. Sie war es auch, die Jason ermöglichte, das Widderfell zu nehmen und mit ihm und ihr die Heimreise nach Griechenland anzutreten. Medea hatte, um ihren Vater zu täuschen, ihren Bruder mitgenommen, ihn getötet und zerstückelt ins Meer geworfen. Während der jammernde Vater die Glieder sammelte, konnten sie die Flucht nach Griechenland fortsetzen.

Im 8. und 9. Jahrhundert vor Christi Geburt, also am Eingang der griechischen Kulturperiode, wurde die okkulte Bedeutung dieser Sage den griechischen Geheimschülern gelehrt. Diese okkulte Bedeutung liegt in der Mitteilung, daß diejenigen Wesenheiten, welche sich der trockenen, nüchternen Intelligenz der Menschen bedienen, von diesem Zeitpunkt an eine besondere Bedeutung erlangten. Die Sehnsucht nach der Urkultur, welche einmal bestanden hatte, als die Sonne zum vorletztenmal durch den Widder gegangen war, erwachte jetzt wieder. Daß das Zwillingspaar Phrixos und Helle vom Widder nach Kolchis gebracht wurde, heißt nichts anderes, als daß eine vorhergehende Unterrasse, die persisch-iranische mit ihrer Zwillingsnatur - sie haben unter dem Zeichen des Guten und Bösen, Ormuzd und Ahriman, gestanden -, die Verbindung von Erkenntnis und Liebe wiedergewinnen will. Die vorhergehende Unterrasse hatte dieses in verborgene Gebiete getragen. Früher, in der atlantischen Zeit, war dieses Fell, diese Weisheit, Gemeingut der menschlichen Kultur gewesen, dann war es in ferne Geheimschulen getragen worden. Es muß zurückgeholt werden. So sehen wir ausgedrückt in der Argonauten-Sage die Begründung der Geheimschulen in Griechenland.“ (Lit.:GA 92, S. 73ff)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Die Erdentwicklung stand damals unter dem Sternzeichen der Fische


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