Universalienproblem und Kategorie (Philosophie): Unterschied zwischen den Seiten

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Das '''Universalienproblem''' (auch: '''Universalienstreit''', '''Universalienfrage''', '''Nominalismusstreit''', selten auch '''Realienstreit''') betrifft die Frage, ob es Allgemeinbegriffe wirklich gibt oder ob sie menschliche Konstruktionen sind.  
Unter '''Kategorien''' ({{elS|κατηγορία}} ''{{lang|el-Latn|kategoria}}'' u. a. ‚Anklage‘, später ‚Eigenschaft‘, ‚Aussage‘ oder ‚[[Prädikat (Logik)|Prädikat]]‘) versteht man in der [[Logik]] Grundbegriffe, innerhalb der [[Ontologie]] und [[Metaphysik]] Grundmerkmale des [[Sein (Philosophie)|Seienden]]. Da das Verb ''{{lang|el-Latn|kategorein}}'' ins Lateinische übersetzt ''{{lang|la|praedicare}}'' lautet, heißen Kategorien insbesondere im [[Mittelalter]] auch ''[[w:Prädikamente|Prädikamente]]''. Bei Kant sind Kategorien [[a priori|apriorische]] [[Denken|Denkformen]] und somit die Grundvoraussetzung für alle Erfahrungen. Im 20. Jahrhundert werden die Kategorien als offene Begriffssysteme zur Strukturierung der erfahrbaren Welt aufgefasst und ausgearbeitet. Philosophische Kategorien sind insofern absolut, als sie sich nicht auf andere allgemeinere Begriffe zurückführen lassen. Alle Wissenschaften haben ihr Kategoriegefüge. In der Physik sind solche Kategorien z. B. die sieben [[Basisgröße]]n.


Als [[Universalien]] werden [[Allgemeinbegriffe]] wie beispielsweise „Mensch“ und „Menschheit“ oder mathematische [[Entität]]en wie „Zahl“, „Relation“ und „Klasse“ bezeichnet. In der [[Philosophie]] wird seit der [[Antike]] eine grundlegende Diskussion darüber geführt, ob man Universalien eine [[Ontologie|ontologische]] [[Existenz]] beimessen kann oder ob es sich um rein verstandesmäßige [[Begriffsbildung]]en handelt. Diese Kontroverse fand in der mittelalterlichen [[Scholastik]] einen Höhepunkt und reicht bis in die Gegenwart.
== Platon ==
Das Grundproblem der Kategorien ist das der Ordnung und der Hierarchie des [[Sein|Seienden]]. Im Anschluss an das [[Parmenides|parmenideische]] und [[Heraklit|heraklitische]] Denken steht bei [[Platon]] die Frage nach dem, was das Seiende ist und welche Art von [[Sein (Philosophie)|Sein]] ihm zukommt, im Vordergrund. Die Frage lautet also, was es eigentlich heißt, wenn wir sagen, etwas „ist“. Diese für das alltägliche Denken ungewohnte Frage erweist sich als eine der schwierigsten Grundfragen der Philosophie bzw. der [[Ontologie]].


== Grundproblem ==
Konsequent befragt, stellen wir dabei fest, dass die wenig reflektierten alltäglichen Aussagen über die Welt und ihren Charakter bei genauerem Nachdenken oft nicht zu halten sind. Da wir aber trotz aller philosophischen Ungewissheit über die letzten Fragen doch [[Erkenntnis]] über Sachverhalte und Dinge erlangen können, lässt er in seinen [[Platonischer Dialog|platonischen Dialogen]] [[Sokrates]] die Frage nach den Strukturen unserer Erkenntnis stellen. Auffällig dabei ist, dass wir trotz aller Mannigfaltigkeit von Dingen und Sachverhalten offenbar etwas Allgemeines und Identisches innerhalb der Welt erfassen können.


{{Zitat|Der Zentralgedanke des Mittelalters, gleichsam das unsichtbare Motto, das
Die Grundlage für diese Fähigkeit ist für Platon die Teilhabe an unveränderlichen [[Idee]]n, die wie Vorlagen für die einzelnen, konkreten Dinge zu verstehen sind, denen diese „nachgebildet“ sind. So nimmt etwa ein konkreter Tisch an der Idee eines Tisches bzw. einer ‚Tischhaftigkeit‘ teil und ist dieser Idee durch die Hand des Tischlers nachempfunden. Der Begriff der Idee ist dabei von dem griechischen Wort ''idein'', sehen, als Substantiv abgeleitet. Doch die Ideen können nur durch das Denken erkannt werden.<ref>Gernot Böhme: ''Platons theoretische Philosophie'', Metzler Lizenzausgabe, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Stuttgart 2000, S.&nbsp;9.</ref>
über ihm schwebt, lautet: ''universalia sunt realia''; nur die Ideen sind wirklich.
Der große „Universalienstreit“, der fast das ganze Mittelalter erfüllt, geht niemals
um den eigentlichen Grundsatz, sondern nur um dessen Formulierungen. Es
gab bekanntlich drei Richtungen, die einander in der Herrschaft ablösten. Der
„extreme Realismus" behauptet: ''universalia sunt ante rem'', das heißt: sie gehen
den konkreten Dingen vorher, und zwar sowohl dem Range nach wie als Ursache;
der „gemäßigte Realismus" erklärt: ''universalia sunt in re'', das heißt: sie sind
in den Dingen als deren wahres Wesen enthalten; der „Nominalismus" stellt den
Grundsatz auf: ''universalia sunt post rem'': sie sind aus den Dingen abgezogen, also
bloße Verstandesschöpfungen, und er bedeutet daher in der Tat eine Auflösung
des Realismus: seine Herrschaft gehört aber, wie wir später sehen werden, nicht
mehr dem eigentlichen Mittelalter an.|[[Wikipedia:Egon Fridell|Egon Fridell]]|''Kulturgeschichte der Neuzeit'', Band 1, S. 77|ref=<sup>[http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Geschichte/Egon%20Friedell/Egon-Friedell-Kulturgeschichte-der-Neuzeit-BAND-1.pdf#page=69&view=Fit]</sup>}}


[[Begriff|Begriffe]] haben die Funktion, Gegenstände, Vorgänge oder Eigenschaften zu kennzeichnen. Sie tragen eine [[Bedeutung (Sprachphilosophie)|Bedeutung]], und jedermann wird anerkennen, dass der Satz „Die Rose ist rot.“ auf [[Wahrheit]] überprüft werden kann, also sinnvoll ist. Sowohl „Rose“ als auch „ist rot“ (sogenannte [[Prädikat (Logik)|Prädikatsausdrücke]]) können auf mehrere Gegenstände bezogen werden. Allgemeine Anwendbarkeit gilt für alle Begriffe mit Ausnahme von [[Name]]n, die ein Besonderes, ein [[Individuum]], vom Allgemeinen unterscheiden sollen.
Im Dialog [[Sophistes]] stellt Platon fünf oberste Gattungen oder Metaideen vor. Diese sind inhaltlich nicht mit anderen Begriffen verknüpfbar und stellen deshalb die ursprünglichen Prinzipien des Seins dar, weil sie nicht auf andere zurückführbar sind. Er entwickelte in diesem Dialog die erste Kategorienstruktur zur Beschreibung des Seins in der antiken Philosophie.<ref>Platon. Sophistes. Text und Kommentar von Christian Iber, Frankfurt 2007, 289.</ref> Diese Begriffe sind das Seiende, Ruhe und Bewegung sowie Selbigkeit und Verschiedenheit. Die Gemeinschaft dieser Begriffe liegt in ihrem Anteil am Sein, während sie untereinander gänzlich verschieden sind. Keiner der Begriffe ist in einem anderen enthalten.


Wenn man an die Herstellung eines Tellers denkt, so kann man sich einen Gegenstand aus Porzellan, Keramik, Glas oder Metall vorstellen. Er kann kreisförmig, eckig oder oval sein. Diese Merkmale bestimmen die konkrete Gestalt eines singulären Tellers. Um einen Teller produzieren zu können, muss man aber vorher schon die Vorstellung von der Funktion und den Prinzipien eines Tellers haben. Man muss die Idee vom [[Wesen (Philosophie)|Wesen]] eines Tellers kennen.
== Aristoteles ==
[[Aristoteles]] folgt Platon in weiten Teilen, allerdings räumt er dem Begriff der ''[[ousia]]'' ([[Wesen (Philosophie)|Wesen]], [[Substanz]]) eine besondere Bedeutung ein. Im [[Phaidon]] hatte Platon über die ''ousia'' ausgesagt, sie sei das, ''was ein jegliches Seiendes als es selbst ist'' (Phaidon 65d-e; 75d). Diese Merkmalsbestimmung übernimmt Aristoteles, allerdings verschärft er ihre Bedeutung: die Frage nach dem ''Was ist alles Wesen?'', womit das einzelne Wesen einer Sache gemeint ist, wendet sich in die nach Aristoteles philosophische Grundfrage: ''Was ist das Wesen selbst?''


Ausgangspunkt der Debatte über die Universalien ist die [[Ideenlehre]] [[Platon]]s, der z.&nbsp;B. im ''[[Phaidon]]'' die These vertrat, dass [[Idee]]n eine eigenständige Existenz haben. Als Universalien wurden im Lauf der Auseinandersetzungen sehr unterschiedliche gedankliche Prinzipien gekennzeichnet. Neben den angesprochenen Ideen Platons waren dies vor allem [[Regel]]n, [[Tugend]]en, [[Transzendentalien]], [[Kategorie (Philosophie)|Kategorien]] oder [[Wert]]e. Die Position, die von der [[Existenz]] solcher abstrakter Entitäten ausgeht, wird [[Realismus (Philosophie)|Realismus]] genannt.
Aristoteles gilt als Begründer der „Kategorienlehre“ im engeren Sinne, die unter anderem in der Schrift ''[[Kategorien|Die Kategorien]]'' abgehandelt wird (deren Titel aber nicht von Aristoteles selbst stammt). Hier (Kat.&nbsp;4, 1b&nbsp;25) unterscheidet Aristoteles zehn Kategorien (in Klammern zunächst kursiv der griechische Ausdruck, dann die von Aristoteles an dieser Stelle gegebenen Beispiele):
# [[Substanz]] (''ousia'', ein Mensch, Pferd),
# [[Quantität]] (''poson'', ein zwei (drei) Ellen Langes),
# [[Eigenschaft|Qualität]] (''poion'', ein Weißes, ein der Grammatik Kundiges),
# [[Relation]] (''pros ti'', ein Doppeltes, ein Halbes, Größeres),
# [[Raum (Physik)|Wo]] (''pou'', auf dem Markt, im Lyzeum),
# [[Zeit|Wann]] (''pote'', gestern, voriges Jahr),
# [[Situation|Lage]] (''keisthai'', er liegt, sitzt),
# [[Besitz|Haben]] (''echein'', er ist beschuht, bewaffnet),
# [[Handeln|Tun]] (''poiein'', er schneidet, brennt),
# [[Leid]]en (''paschein'', er wird geschnitten, gebrannt).


Die Vertreter der Gegenposition, des ''Nominalismus'' (lateinisch ''nomen'' = Name), sind der grundsätzlichen Auffassung, dass alle Allgemeinbegriffe gedankliche [[Abstraktion]]en sind, die als Bezeichnungen von Menschen gebildet werden. Sie würden demnach nicht von der Idee eines Tellers reden, sondern den Begriff „Teller“ als Namen für eine Gruppe von Gegenständen auffassen. Realität kommt nach Auffassung von Nominalisten nur den Einzeldingen zu.  
Dieselben Kategorien (allerdings ohne Beispiele) nennt Aristoteles in [[Topik (Aristoteles)|Top.]] I&nbsp;9 (103b&nbsp;20). An anderen Stellen zählt Aristoteles weniger Kategorien auf ([[Analytica posteriora|Analyt. post.]] I&nbsp;22, 83a&nbsp;21; 83b&nbsp;16; [[Physik (Aristoteles)|Phys.]] V&nbsp;1, 225b&nbsp;6, [[Metaphysik (Aristoteles)|Met.]] V&nbsp;7, 1017a&nbsp;24ff).


Die Frage nach der Wirklichkeit der Universalien wurde schon im [[Wikipedia:3. Jahrhundert|3. Jahrhundert]] von [[Wikipedia:Porphyrios|Porphyrios]] in seiner im Mittelalter viel gelesenen Einleitung („[[Wikipedia:Isagoge|Isagoge]]“) zur [[Kategorien]]-Schrift des [[Aristoteles]] thematisiert, aber ausdrücklich weder nach der einen oder anderen Richtung entschieden.
Aristoteles stellt die erste Kategorie, die Substanz, den übrigen, den [[Akzidenz (Philosophie)|Akzidenzien]], gegenüber (z.&nbsp;B. in Analyt.&nbsp;post. I&nbsp;22, 83a&nbsp;25). Diese Unterscheidung ergibt sich dadurch, dass die Substanz selbstständig [[Existenz|existiert]], während es die Akzidenzien nur mit einer Substanz geben kann. So kann beispielsweise Sokrates ohne seinen Bart existieren, aber der Bart kann nicht ohne Sokrates existieren. Dadurch ist es möglich zu erklären, warum beispielsweise eine Person, die sich im Laufe der Zeit verändert, also akzidentelle Veränderungen erfährt, dennoch substanziell dieselbe Person bleibt. Sokrates kann also seinen Bart abnehmen und doch weiterhin Sokrates bleiben.


{{Zitat|Was, um gleich mit diesem anzufangen, bei den Gattungen und Arten die Frage angeht, ob sie
Innerhalb der Substanz unterscheidet Aristoteles nochmals zwischen erster und zweiter Substanz (vgl. Kat.&nbsp;5, 2a&nbsp;25). Die erste Substanz ist dabei das [[Individuum]], also z.&nbsp;B. Sokrates, die zweite Substanz ist die [[Begriff (Philosophie) #Gattungsbegriff/Artbegriff|Art]] des Individuums, also z.&nbsp;B. Mensch. Das Verhältnis von Individuum und Art wird im [[Mittelalter]] im [[Universalienproblem|Universalienstreit]] thematisiert: Hier geht es um die Frage, ob Arten auch unabhängig von Individuen existieren.
etwas Wirkliches sind oder nur auf unseren Vorstellungen beruhen, und ob sie, wenn
Wirkliches, körperlich oder unkörperlich sind, endlich, ob sie getrennt für sich oder in und an
dem Sinnlichen auftretend, so lehne ich es ab, hiervon zu reden, da eine solche Untersuchung
sehr tief geht und eine umfangreichere Erörterung fordert, als sie hier angestellt werden kann.|Porphyrios|''Isagoge'' 1}}


Da der Nominalismus der historisch neuere Standpunkt ist, entstand im Mittelalter dafür die Bezeichnung ''Via moderna'', während die entgegengesetzte Position ''Via antiqua'' genannt wird.
Bedeutende Kommentare zu Aristoteles verfassten u.&nbsp;a.
* [[Lukios]] und [[Klaudios Nikostratos]] (2. Jahrhundert n.&nbsp;Chr.)
* [[Plotin]] (205–270), [[Porphyrios]] und [[Dexippos (Philosoph)|Dexippos]] (3. bzw. 4. Jhdt).


Im christlichen und islamischen [[Monotheismus]] des [[Mittelalter]]s spitzte sich das Universalienproblem zu. Dabei muss man bedenken, dass es sich nicht um eine vom Alltag losgelöste „rein philosophische“ Problematik handelte, sondern dass es um sehr konkrete Fragen der Machtkonzentration und ihrer Legitimierung ging, wenn zum Beispiel über die Einheit der [[Dreifaltigkeit]] diskutiert wurde. Wenn Verallgemeinerungen wirklich sind, haben sie eine viel größere Autorität, als wenn sie von Interpretationen abhängen. Die zunehmende Abkehr vom Realismus im Lauf des [[Wikipedia:Spätmittelalter|Spätmittelalter]]s bedeutete zugleich eine [[Wikipedia:Emanzipation|Emanzipation]] von Autoritäten, die das Göttliche für sich in Anspruch nehmen. In diesem Sinne förderte der Nominalismus die Naturwissenschaften und den [[Wikipedia:Säkularisierung|säkularen]] Staat.
Für die Tradierung war lange die Schrift [[Categoriae decem]], auch ''Paraphrasis Themistiana'' genannt, bedeutend, eine lateinische Zusammenfassung der Kategorienschrift des Aristoteles.


Das Grundproblem wird in abgewandelter Form auch in der Gegenwart erörtert. So beschäftigt sich die [[Sprachphilosophie]] mit der Frage, ob Eigenschaften („Röte“) und Klassen („Lebewesen“) ontologisch eigenständig sind. Im Bereich der [[Wikipedia:Philosophie der Mathematik|Philosophie der Mathematik]] wird darüber diskutiert, ob logische Klassen, Zahlen, Funktionen eine eigenständige Existenz haben. Die Ansicht, die dem zustimmt, wird auch als [[Platonismus]] beziehungsweise [[Wikipedia:Semantischer Realismus|Semantischer Realismus]] bezeichnet. Abgelehnt wird diese Sicht von Vertretern der [[Wikipedia:Konstruktive Mathematik|konstruktiven Mathematik]] und des [[Wikipedia:Intuitionismus|Intuitionismus]]. Während [[Charles S. Peirce|Peirce]], [[Edmund Husserl|Husserl]], [[Bertrand Russell|Russell]] und in der jüngeren Zeit [[David Armstrong]] einen Universalienrealismus vertraten, zählen [[Ludwig Wittgenstein|Wittgenstein]], [[Rudolf Carnap|Carnap]], [[Willard Van Orman Quine|Quine]], [[Wikipedia:Peter Strawson|Strawson]], [[Wikipedia:Nelson Goodman|Nelson Goodman]] oder [[Wikipedia:Wilfrid Sellars|Wilfrid Sellars]] zu den Vertretern eines Nominalismus. Der zeitgenössische Soziologe [[Wikipedia:Pierre Bourdieu|Pierre Bourdieu]] nimmt Aspekte des Realismus und des Nominalismus in seine Theorie auf und versucht, beide Anschauungen miteinander zu verbinden.
== Stoa ==
Während Aristoteles untersucht hatte, in welcher Weise Aussagen über etwas Seiendes möglich sind, war das Interesse der [[Stoa|Stoiker]] darauf gerichtet, Einteilungen für die realen Objekte zu finden. Sie unterschieden deshalb – erstmals bei [[Chrysippos von Soli]] bezeugt –  vier „Gattungen des Seienden“: Das Substrat als die Substanz, die allen Dingen als Stoff zugrunde liegt ([[Hypokeimenon]]), die an das Substrat gebundene Eigenschaft, die zum Wesen des Einzeldings gehört und in ihm konkret wird (Poion), das an die jeweilige Situation gebundene Sichverhalten (Pos echon) sowie Eigenschaften, die sich nur aus der Relation zu anderem Sichverhalten ergeben, wie etwa Vater und Sohn oder rechts und links oder die sich gegenseitig stützenden Steine eines Torbogens (Pros ti pos echon).<ref>Max Pohlenz: ''Die Stoa. Geschichte einer Bewegung.'' Vandenhoeck & Rupprecht [1959]. (7. Auflage. Göttingen 2009, S. 69–70).</ref> Wie bei allen anderen philosophischen Richtungen sind die Kategorien und ihr Verhältnis zueinander auch hier Ausdruck der inneren Ordnung des Kosmos.


== Begriff der Universalien ==
== Thomas von Aquin ==
Schon die Bestimmung des Begriffs der Universalien ist problematisch. Allgemeinbegriffe wie Röte oder Lebewesen beziehen sich auf mehrere Gegenstände. Will man zum Beispiel die Zahl [[Kreiszahl|Pi]] mit erfassen, ist es besser, von [[abstrakt]]en (abstrakt nicht im Sinne von Abstrahiertheit, Abgezogenheit) Gegenständen zu sprechen.  
Auch [[Thomas von Aquin]] unterscheidet zwischen Substanz und Akzidenz und steht damit, wie überhaupt die [[Philosophie des Mittelalters|mittelalterliche Philosophie]], in der Tradition des Aristoteles. Außerdem ist für Thomas aber die Verbindung von Philosophie und [[Theologie]] ein zentraler Aspekt.


Als Kriterien für Universalien kann man nennen:
In diesem Zusammenhang rückt vor allem das [[Gott|Göttliche]] in den Blick. Wie sollte das göttliche Sein unter den Vorstellungen des Aristoteles zu verstehen sein? Aristoteles selbst sprach von einem „unbewegten Beweger“, was jedoch der [[Christentum|christlichen]] [[Offenbarung]] mit ihrem personalisierten Gottesbild widerspricht. Thomas steht deshalb vor der Aufgabe, die christliche Gottesvorstellung mit den ontologischen Begriffen des Aristoteles zu vereinen und miteinander zu versöhnen. Zentrale Begriffe sind hier [[Wesen (Philosophie)|Wesen]] und [[Sein (Philosophie)|Sein]], [[Möglichkeit|Mögliches]] und [[Wirklichkeit|Wirkliches]] sowie [[Form (Philosophie)|Form]] und [[Materie (Philosophie)|Materie]].
* Zeitunabhängigkeit
* reine Begrifflichkeit
* fehlende Wahrnehmbarkeit
* fehlende [[Kausalität|kausale]] Wirkung
Keines der Kriterien reicht alleine, um Universalien zu bestimmen. Ob man auf einzelne Kriterien verzichten kann, ist nicht eindeutig geklärt. Dabei gibt es Begriffe, die mehrere Elemente einer Klasse bezeichnen (Mensch), und solche, die der Bezeichnung einer Klasse selbst dienen (Menschheit). Die Begriffe „Mensch“ wie „Menschheit“, aber auch „Gerechtigkeit“ oder „die Menge der geraden Zahlen“ sind ohne konkrete Bezugnahme (dieser Mensch; die Menschheit zu jenem Zeitpunkt) zeitunabhängig, rein begrifflich, nicht wahrnehmbar und auch nicht kausal.


Das unterschiedliche Verständnis des Universalienbegriffs kommt bereits in den Begriffsbestimmungen der verschiedenen Anschauungen zum Ausdruck, die nachfolgend dargestellt werden:
Letztlich muss Thomas aufzeigen, in welcher Form sich Gott von allem anderen Sein abhebt und wie dies innerhalb des aristotelischen Denkens, dem Thomas treu zu bleiben versucht, widerspruchsfrei zu denken ist. Ein Beispiel für dieses Vorgehen mag das Begriffspaar „Möglichkeit“ und „Wirklichkeit“ bieten. Jedes Individuum hat, ganz im Sinne Aristoteles, „[[Wesen (Philosophie)|Essenz]]“, d.&nbsp;h. Wesen, und [[Existenz]], d.&nbsp;h. Dasein. Ob sich die Essenz in der Existenz verwirklicht, ist Teil der Verwirklichung von Möglichkeiten. Diesem Bild entspricht die Beobachtung der Natur: So hat ein Same das Potential, eine Pflanze zu werden.


;[[Thomas von Aquin]] (Realismus):
Für das Sein Gottes muss es nun möglich sein zu denken, dass ''Er'' dieser Beschränkung nicht unterliegt. Nur in Gott, so Thomas, findet sich alleine der Aspekt der Wirklichkeit: Gott ist der ''reine Akt''. Gott ist das einzige Seiende, in dem keinerlei Möglichkeit ist (weder hinsichtlich der Existenz noch hinsichtlich der Wesenheit). In Gott findet sich die Verwirklichung, ohne dass sie aus einer Potentialität der Wesenheit hervorgegangen wäre.
{{Zitat|Wenn ein Ding von dem her benannt wird, was ihm und vielen gemeinsam ist, dann sagt man, dass ein solcher Name ein Universale bezeichnet, denn der Name bezeichnet so eine vielen Dingen gemeinsame Natur oder Disposition.|ref=<ref>Thomas von Aquin, ''In Perihermeneias'', zitiert nach [[Historisches Wörterbuch der Philosophie|HWPh]], Bd. 11, 180</ref>}}
{{Siehe auch|Analogia entis}}


;[[Johannes Duns Scotus]] (Konzeptualismus)
== Immanuel Kant ==
{{Zitat|Universalien steht für dreierlei:<br />
{| class="wikitable float-right" style="width:35%; font-size:95%; margin-left:10px;"
a) für eine Zweitintention, die eine gedankliche Beziehung des Prädizierbaren zu dem ist, wovon es prädizierbar ist. Es ist diese Beziehung, die das Wort Universale konkret und Universalität abstrakt bezeichnet. Ferner steht Universale für das, was von jener Zweitintention her benannt wird, also für irgendeine Erstintention, da Zweitintentionen auf Erstintentionen angewandt werden. So nun kann es für etwas Doppeltes stehen:<br />
|+Kants Tafel der 12 Kategorien.
b) für den indirekten und<br />
|
c) für den direkten Anwendungsfall dieser Zweitintention. Auf die erste Weise nennt man die Natur an und für sich Universale, da sie nicht von sich her individuiert ist und es ihr dabei nicht widerstreitet, von vielen ausgesagt zu werden. Auf die zweite Weise ist Universale nur das, was auch aktuell und unbestimmt ist, so dass ein einzelner Begriff von jedem Einzelding aussagbar ist, und das ist das Universale im eigentlichen Sinn des Wortes.|ref=<ref>Duns Scotus, ''Questiones subtilissimae de metaphysicam Aristotelis'', zitiert nach HWPh, Bd. 11, 181</ref>}}
{| class="centered" style="cellpadding:0; cellspacing:0"
|style="border:0" width="20%"|
|style="border:0" width="10%"|
|colspan="3" width="40%" style="border:0"|
{| class="center"
! class="hintergrundfarbe6" style="border:0"| 1.  Der [[Quantität]]:
|-
|style="border:0"| [[Einheit]]
|-
|style="border:0"| [[Vielheit]]
|-
|style="border:0"| [[Allheit]].
|}
|style="border:0" width="20%"|
|style="border:0" width="10%"|
|-
|valign="top" style="border:0" colspan="3" width="40%"|
{| class="center"
! class="hintergrundfarbe6" style="border:none"| 2. Der Qualität:
|-
|style="border:0"| [[Realität]]
|-
|style="border:0"| [[Negation]]
|-
|style="border:0"| [[Limitation (Philosophie)|Limitation]].
|}
|style="border:0" width="10%"|
|style="border:0" colspan="3" width="40%"|
{| class="center"
! class="hintergrundfarbe6" style="border:none"| 3. Der [[Relation]]:
|-
|style="border:0"| der Inhärenz und Subsistenz (''[[Substanz|substantia]] et [[Akzidenz (Philosophie)|accidens]]'')
|-
|style="border:0"| der [[Kausalität|Causalität]] und Dependenz (Ursache und Wirkung)
|-
|style="border:0"| der Gemeinschaft ([[Wechselwirkung]] zwischen dem Handelnden und Leidenden).
|}
|-
|colspan="2" style="border:0"|
|colspan="3" width="40%" style="border:0"|
{| class="center"
! class="hintergrundfarbe6" style="border:0"| 4.  Der [[Modalität (Philosophie)|Modalität]]:
|-
|style="border:0"| [[Möglichkeit]] – Unmöglichkeit
|-
|style="border:0"| [[Wirklichkeit|Dasein]] – [[Nichts]]ein
|-
|style="border:0"| [[Notwendigkeit|Nothwendigkeit]] – [[Kontingenz (Philosophie)|Zufälligkeit]].
|}
|colspan="2" style="border:0"|
|}
|-
|style="border:0"|<small>{{Kant|3|93||||| KrV B 106}}</small>
|}Kategorien sind nach Kant apriorisch und unmittelbar gegeben. Sie sind Werkzeuge des Urteilens und Werkzeuge des Denkens. Als solche dienen sie nur der Anwendung und haben keine Existenz. Sie bestehen somit nur im menschlichen Verstand. Sie sind nicht an Erfahrung gebunden.<ref>Vgl. Kant-Lexikon, Eisler[http://www.textlog.de/32942.html]</ref> Durch ihre Unmittelbarkeit sind sie auch nicht an Zeichen gebunden.<ref>Vgl.  §59 Kritik der Urteilskraft von 1790 und zu Zeichen grundsätzlicher vgl. § 36 Anthropologie in pragmatischer Hinsicht von 1798.</ref>
Kants erkenntnistheoretisches Ziel ist es, über die Bedingungen der Geltungskraft von Urteilen Auskunft zu geben. Ohne diese Auskunft können zwar vielerlei Urteile gefällt werden, sie müssen dann allerdings als „systematische Doktrin(en)“ bezeichnet werden.<ref>KrV tr. Anal. 2. B. 3. H. I 278—Rc 341 f. Vgl. [http://www.textlog.de/33076.html].</ref> Kant kritisiert damit das rein analytische Denken der Wissenschaft als falsch und stellt ihm  die Notwendigkeit des synthetisierenden Denkens gegenüber.<ref>Vgl. Kant-Lexikon, Eisler[http://www.textlog.de/32942.html].</ref> Kant begründet die  Geltungskraft mit  dem [[Transzendental]]en [[Subjekt (Philosophie)|Subjekt]].<ref>Vgl. Kant-Lexikon, Eisler [http://www.textlog.de/33076.html].</ref> Das Transzendentalsubjekt ist dabei ein reiner Reflexionsbegriff, welcher das synthetisierende Dritte darstellt (wie in späteren Philosophien Geist (Hegel), Wille, Macht, Sprache und Wert (Marx)), das nicht durch die Sinne wahrnehmbar ist. Kant sucht hier die Antwort auf die Frage, wie der Mensch als vernunftbegabtes Wesen konstituiert werden kann, nicht in der Analyse, sondern in einer Synthesis.<ref>Vgl. Kant-Lexikon, Eisler[http://www.textlog.de/32942.html].</ref>


;[[Wilhelm von Ockham]] (Nominalismus)
Bei [[Immanuel Kant]], der somit als bedeutender Erneuerer der bis dahin „vorkritischen“ Kategorienlehre gilt, finden sich zwölf „Kategorien der reinen Vernunft“. Für Kant sind diese Kategorien ''Verstandesbegriffe'', nicht aber Ausdruck des tatsächlichen Seins der [[Ding an sich|Dinge an sich]]. Damit wandelt sich die [[Ontologie|ontologische]] Sichtweise der Tradition in eine [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretische]] Betrachtung, weshalb Kants „kritische“ Philosophie (seit der [[Kritik der reinen Vernunft]]) oft auch als „[[Kopernikanische Wende]] in der Philosophie“ bezeichnet wird.
{{Zitat|Jedes Universale ist ein Einzelding und daher nur von bezeichnungswegen ein Universale.|ref=<ref>Wilhelm von Ockham, ''Summa logicae'', zitiert nach HWPh, Bd. 11, 182</ref>}}


;[[wikipedia:Pierre d’Ailly|Pierre d’Ailly]] (Nominalismus)
[[Quantität]], [[Qualität]], [[Relation]] und [[Modalität (Philosophie)|Modalität]] sind die vier grundlegenden Urteilsfunktionen des Verstandes, nach denen die Kategorien gebildet werden. Demnach sind z.&nbsp;B. der Urteilsfunktion „Quantität“ die Kategorien bzw. Urteile „Einheit“, „Vielheit“ und „Allheit“ untergeordnet, und der Urteilsfunktion „Relation“ die Urteile der „Ursache“ und der „Wirkung“.
{{Zitat|Da es ein Universale nicht dem Sein nach, sondern der Repräsentation nach gibt, ist recht verstanden ein Allgemeinbegriff, was von der Seele gebildet und mehreren Dingen in dem Sinn gemeinsam ist, dass es sie gemeinsam vorstellig macht.|ref=<ref>Pierre d’Ailly, ''Tractatus de anima'', zitiert nach HWPh, Bd. 11, 183</ref>}}


== Antike ==
{{Siehe auch|Kritik der reinen Vernunft|Transzendentale Analytik}}
[[Datei:Schaubild Ideenlehre Platon.jpg|miniatur|hochkant=1.4|Schaubild Urbild-Abbild]]


=== Ideenlehre ===
Bereits bei [[Friedrich Adolf Trendelenburg]] findet man den Hinweis auf die verbreitete Kritik, dass Kant die den Kategorien zugrunde liegenden Urteilsformen nicht systematisch hergeleitet und damit als notwendig begründet hat. Einer der Kritikpunkte ist dabei, dass die Kategorien sich teilweise auf Anschauungen (Einzelheit, Realität, Dasein), teilweise auf Abstraktionen wie Zusammenfassen, Begrenzen oder Begründen (Vielheit, Allheit, Negation, Limitation, Möglichkeit, Notwendigkeit) beziehen.<ref>Friedrich Adolf Trendelenburg: Logische Untersuchungen, Band 1, 3. Auflage. 1870, 333–334.</ref>
Eines der Kernthemen der Philosophie Platons ist das Verhältnis der sogenannten ‚Ideen‘ (''ideai'') zu den empirischen Gegenständen und den Handlungen der Menschen. In den [[Platonischer Dialog|Platonischen Dialogen]] fragt [[Sokrates]] nach dem, was [[Gerechtigkeit|gerecht]], [[Tapferkeit|tapfer]], [[Frömmigkeit|fromm]], [[Das Gute|gut]] usw. ist. Die Beantwortung dieser Fragen setzt die Existenz der Ideen, die in den Allgemeinbegriffen ausgedrückt werden, voraus. Die Idee ist das, was in allen Gegenständen oder Handlungen dasselbe bleibt, so sehr sich diese auch voneinander unterscheiden mögen. Sie ist die Form (''[[eidos]]'') oder das Wesen (''[[ousia]]'') der Dinge.  
Die Ideen werden bei Platon durch eine Art geistiger „Schau“ (''[[Theoros|theoria]]'') erkannt. Diese Schau erfolgt im Dialog, der die Kunst der richtigen [[Mäeutik|Gesprächsführung]] ([[Dialektik#Platon|Dialektik]]) voraussetzt.


Die Ideen sind das „Urbild“ (''paradeigma'') aller Dinge. Sie sind unveränderlich und den Einzeldingen vorgeordnet (''universale ante rem''), die an ihnen nur teilhaben (''[[methexis]]''). Nur sie sind im wahren Sinn des Wortes seiend. Die sichtbaren Einzeldinge stellen nur mehr oder minder vollkommene [[Abbild]]er der Ideen dar. Einzeldinge entstehen, verändern sich und vergehen. Ihr Ort ist zwischen Sein und Nicht-Sein.
== Charles S. Peirce ==
Für [[Charles S. Peirce]] war die Frage der Kategorien ein wesentlicher Ausgangspunkt seiner Philosophie. Peirce entwickelte eine Kategorienlehre, die sich nicht wie bei Kant mit den Arten der [[Erkenntnis]], sondern mit Erscheinungsweisen des [[Sein (Philosophie)|Seins]] befasst und die Grundlage seiner [[Semiotik|Zeichenlehre]] bildet. Die Kategorien von Peirce können nicht mit Logik beschrieben, sondern nur phänomenologisch untersucht werden. Sie sind in jedem Phänomen enthalten und daher universal. Begrifflich unterschied Peirce rein formal ''Erstheit'', ''Zweitheit'' und ''Drittheit'' als Formen, in denen alles, was ist, sich widerspiegelt:
* '' „Erstheit ist die Weise, auf die etwas für sich selbst existieren würde, ohne Beziehung auf etwas anderes, so dass es keinen Unterschied machen würde, wenn nichts anderes existierte oder jemals existiert hätte oder existieren könnte.“ ''<ref>Charles S. Peirce: ''Das Denken und die Logik des Universums. Die Vorlesungen der Cambridge Conferences von 1898'', hrsg. Von Kenneth Laine Ketner, Suhrkamp, Frankfurt 2002, 200.</ref> Erstheit ist das Sein von etwas ohne Bezug auf etwas anderes. Es ist das Sein an sich, das als reine Möglichkeit besteht (z.&nbsp;B. Röte als Möglichkeit);
* ''„Eine Zweitheit kann man als eine Veränderung des Seins eines Gegenstandes definieren, die ipso facto eine Seinsweise eines vom ersten deutlich unterschiedenen Gegenstandes ist. Oder genauer gesagt ist Zweitheit dasjenige in jedem von zwei absolut getrennten und voneinander entfernten Gegenständen, das einen jeden von ihnen dem anderen zuordnet, nicht für meinen Geist oder für oder durch irgendeinen anderen vermittelten Gegenstand oder vermittelten Umstand welcher Art auch immer, sondern in diesen beiden Gegenständen allein, so dass es sich genauso verhalten würde, wenn nichts anderes existierte oder jemals existiert hätte oder existieren könnte.“''<ref>Charles S. Peirce: ''Das Denken und die Logik des Universums. Die Vorlesungen der Cambridge Conferences von 1898'', hrsg. Von Kenneth Laine Ketner, Suhrkamp, Frankfurt 2002, 201.</ref> Zweitheit ist die Bestimmung des ''hier'' und ''jetzt'' von etwas Seiendem (der Gegensatz zweier noch unreflektierter Gefühle);
* ''„Die Idee der Drittheit ist die Veränderung des Seins eines Gegenstandes, welcher eine Erscheinungsweise eines zweiten ist, insofern er die Veränderungen eines Dritten ist. Man könnte sie einen inhärenten Grund nennen.“''<ref>Charles S. Peirce: ''Das Denken und die Logik des Universums. Die Vorlesungen der Cambridge Conferences von 1898'', hrsg. Von Kenneth Laine Ketner, Suhrkamp, Frankfurt 2002, 202.</ref> Drittheit ist das Prinzip, das hinter den Dingen steht, die mit der Erscheinung verbundene Gesetzmäßigkeit (z.&nbsp;B. dass eine Tür zu öffnen ist, dass ein Tisch eine Ablagefläche hat, der Algorithmus des Computerprogramms).


Gegenüber seinen frühen und mittleren Schriften hat Platon seine Ansicht in den Spätschriften (''[[Parmenides]]'') relativiert und auf Probleme der Ideenlehre hingewiesen.
Eine Verbindung zu den Kategorien Kants ergibt sich wieder, wenn Peirce Möglichkeit = Erstheit, Aktualität = Zweitheit und Notwendigkeit = Drittheit setzt. Ähnlich verhält es sich mit den Relationen Qualität (1), Tatsache (2) und Verhalten bzw. Gesetz (3) sowie mit den Begriffen Gegenstand (1), Relation (2) und Repräsentation (3). Die [[Triade (Philosophie)|Triade]] war für Peirce eine grundlegende Perspektive auf alle Phänomene, und er sah sie sogar in der christlichen [[Dreifaltigkeit]] bestätigt. Die Kategorien sind zwar gedanklich unterscheidbar, aber sie sind nicht separierbar. Sie sind jeweils alle in jedem Gedanken enthalten und nur in einem langen Prozess der Aneignung mit Klarheit zu erfassen. Dementsprechend gibt es von Peirce immer wieder Texte verschiedener Annäherung an die Kategorien.


[[Aristoteles]] milderte in seiner [[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]] den [[Idealismus (Philosophie)|idealistischen]] Ansatz Platons mit einer neuen Abstraktionslehre ab. Er vertrat aber ebenso einen Universalienrealismus. Auch er hielt [[Erkenntnis]] nur für möglich, wenn das Allgemeine (''katholou'') Existenz (''on he on'') hat. Diese Existenz war für ihn jedoch nicht unabhängig von den Einzeldingen. Universalien sind nichts Abgetrenntes (''chorismos''). Allgemeines gibt es nur, wenn auch Einzeldinge existieren. Das Allgemeine entsteht, „wenn sich aus vielen durch Erfahrung gewonnene Gedanken eine allgemeine Auffassung über Ähnlichkeit bildet.“ (Met. I, 1, 981 a 5-5) Das Allgemeine ist eine Abstraktion, etwas aus den Einzeldingen „Abgezogenes“. Damit hat das Sein der Einzeldinge Priorität vor dem Allgemeinen. Universalien haben die Form einer „zweiten Substanz“. Sie kennzeichnen das Wesen (''eidos'') eines Einzeldings, einer „ersten Substanz“ (''ousia'') (siehe ''[[Kategorien]]''). Ideen und das Sein der wahrgenommenen Gegenstände fallen in den Objekten noch zusammen (''universale in re'') und werden erst durch intellektuelle Akte von ihnen getrennt.
== Wilhelm Dilthey ==
[[Wilhelm Dilthey]] hat als einer der Begründer der [[Lebensphilosophie]] das Leben als die nicht hintergehbare Grundtatsache des Philosophierens festgestellt. Das Leben des Menschen ist immer ein an die Geschichte gebundener Fluss in der Zeit, in dem der Mensch seine Welt erlebt. In diesem Erleben sind für den Menschen drei Kategorien des Denkens maßgeblich, nämlich Werte, Zwecke und Bedeutungen, die durch die Dimension der Zeit miteinander verknüpft sind:
:„Indem wir zurückblicken in der Erinnerung, erfassen wir den Zusammenhang der abgelaufenen Glieder des Lebensverlaufs unter der Kategorie der Bedeutung. Wenn wir in der Gegenwart leben, die von Realitäten erfüllt ist, erfahren wir im Gefühl ihren positiven oder negativen ‚wert, und wie wir uns der Zukunft entgegenstrecken, entsteht aus diesem Verhalten die Kategorie des Zweckes. Wir deuten das Leben als die Realisierung eines obersten Zwecks, dem sich alle Einzelzwecke unterordnen, als die Verwirklichung eines höchsten Gutes. Keine dieser Kategorien kann der andern untergeordnet werden, da jede aus einem andern Gesichtspunkt aus das Ganze des Lebens dem Verstehen zugänglich macht.“<ref>Wilhelm Dilthey: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften [Berlin 1910], Gesammelte Schriften Band VII, hrsg. von [[Bernhard Groethuysen]], Vandenhoeck & Ruprecht, 8. Aufl. Göttingen 1992, 201.</ref>


Gegen Platons Lehre vom unabhängigen Sein der Ideen wandte Aristoteles ein, dass
Insgesamt hat Dilthey eine eigene Kategorienlehre verfasst (Die Kategorien des Lebens), die aus dem Nachlass veröffentlicht wurde<ref>Die Kategorienlehre findet sich insbesondere in Wilhelm Dilthey: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften [Berlin 1910], Gesammelte Schriften Band VII, hrsg. von [[Bernhard Groethuysen]], Vandenhoeck & Ruprecht, 8. Aufl. Göttingen 1992: Die Kategorien des Lebens, 228–245, sowie in Gesammelte Schriften Band XIX eine Ausarbeitung mit dem Titel: Leben und Erkennen, ein Entwurf zur erkenntnistheoretischen Logik und Kategorienlehre, ca. 1892/93, 338–388.</ref>, und in der Dilthey zwischen formalen und realen Kategorien unterschied. Die formalen Kategorien sind „in der Vernunft als solcher begründet, […] durch welche sich das Denken die Wirklichkeit erleuchtet.“ […]„Es gibt draußen keine Allgemeinheit, sondern es gibt nur Tatsachen, die das Denken in sie einordnet und so sich verdeutlicht.“<ref>Gesammelte Schriften Band XIX: Leben und Erkennen, 338–388, 361.</ref> Zu dieser Art gehören Begriffe wie Ordnung, Beziehung, Identität, Gleichheit oder Unterschied. Demgegenüber sind die realen Kategorien Lebenskategorien, die die dem realen Lebenszusammenhang entnommen werden. Weil das Leben als Ganzes nicht durch Begriffe zu erfassen ist, gibt es auch keine Möglichkeit, die Lebenskategorien abschließend zu bestimmen. „Der Lebenszusammenhang und seine Struktur ist einer, er ist lebendig, ja das Leben selbst. Er ist nicht durch Begriffe zu ergründen. Daher ist auch nie ein Versuch gelungen, die Natur, Zahl und Ordnung dieser Kategorien festzustellen.“<ref>Gesammelte Schriften Band XIX: Leben und Erkennen, 338–388, 361.</ref>
* die platonischen Ideen keine Bewegung erklären können, weil sie unveränderlich sind.
* die Vorstellung einer eigenständigen Existenz der Ideen zu einer unnötigen Verdopplung der Gegenstände in der Welt führt.
* man für die Bestimmung der Ähnlichkeit der Idee „Mensch“ mit einem individuellen Menschen einen anderen Menschen als Vergleichsmaßstab benötigt (Argument „des dritten Menschen“), für den als Maßstab wiederum ein weiterer Mensch erforderlich ist und so fort, sodass ein [[unendlicher Regress]] entsteht.


=== Nominalismus bei Boethius ===
Als maßgebliche Lebenskategorien nennt Dilthey die Selbigkeit, das Wirken und Leiden sowie Kategorien, die das Wesen beschreiben.<ref>Otto Friedrich Bollnow: Dilthey und die Phänomenologie, in: Dilthey und die Philosophie der Gegenwart. Herausgegeben und eingeleitet von Ernst Wolfgang Orth. Alber Freiburg 1985, S. 31–61 ({{Webarchiv|url=http://www.otto-friedrich-bollnow.de/doc/DiltheyPhaenomenologie.pdf |wayback=20071031045404 |text=online |archiv-bot=2019-04-22 13:16:54 InternetArchiveBot }}).</ref> Mit Selbigkeit bezeichnet Dilthey die unmittelbare Gewissheit, dass „in einer Lebenseinheit eine nur erlebbare, durch keinen Begriff ausdrückbare Einheit alles Unterschiedene und alle Veränderungen zusammenhält“<ref>Gesammelte Schriften Band XIX: Leben und Erkennen, 338–388, 362.</ref> Die Selbigkeit ist aus der inneren Erfahrung des Ich gegeben und Grundlage dafür, dass es ein Du gibt, dass Vorstellungen wie Ding, Realität oder Substanz gebildet werden. Das Wirken und Leiden ist die Wechselwirkung des unmittelbar erfahrenen Willens, die willensförmigen Kräfte der Außenwelt, die etwa Kinder oder auch Naturvölker in besonderem Maße wahrnehmen. In einer kulturell weiterentwickelten Welt erst werden diese Begriffe in Vorstellungen von Ursache und Wirkung oder das abstrakt gefasste Kausalgesetz transformiert.<ref>Gesammelte Schriften Band XIX: Leben und Erkennen, 338–388, 369.</ref> Die dritte Kategoriengruppe ist schließlich die, in der Begriffe wie „Essentialität oder Wesen, Zweck, Wert, Sinn, Bedeutung“ erfasst werden.<ref>Gesammelte Schriften Band XIX: Leben und Erkennen, 338–388, 374.</ref> In diesen Kategorien liegt das, was den Mittelpunkt eines jeden Menschen ausmacht. In ihnen liegen Bedeutung und Sinn des Lebens. Aus ihnen leiten sich Kategorien wie Wert, Nutzen, Zweck und Mittel ab. „Wie nun aus lebendigen Wurzeln Substanz und Kausalität entspringen, dann aber eine abstrakte Form im Zusammenhang des Erkennens annehmen, so findet dieselbe Entwicklung auch von diesen Begriffen aus statt. Und auf diesem Wege entspringen dann die Kategorien des Wesens oder der Essentialität.“<ref>Gesammelte Schriften Band XIX: Leben und Erkennen, 338–388, 379.</ref>
Nominalistische Überlegungen finden sich erst in der [[Wikipedia:Spätantike|Spätantike]] bei dem christlichen Philosophen [[Boethius]] (6. Jh.). Der neuplatonische Philosoph [[Wikipedia:Porphyrios|Porphyrios]] (3. Jh. n. Chr.) hatte eine (griechische) Einführung zur [[Kategorien]]lehre des Aristoteles mit dem Titel ''[[Wikipedia:Isagoge|Isagoge]]'' verfasst. Darin erklärt er auch die aristotelischen [[Prädikabilien]]: die Art und Weise, über etwas zu sprechen. Die ausführlich kommentierte lateinische Übersetzung dieses Textes von Boethius wurde während des gesamten Mittelalters gelesen und blieb eine Voraussetzung für die Diskussion des Universalienproblems in der scholastischen Philosophie. Darin heißt es (Buch I, 2. Kommentar):


{{Zitat|Was nun die genera [Gattungen] und species [Arten] betrifft, so werde ich über die Frage, ob sie subsistieren oder ob sie bloß allein im Intellekt existieren, ferner, falls sie subsistieren, ob sie körperlich oder unkörperlich sind und ob sie getrennt von den Sinnendingen oder nur in den Sinnendingen und an diesen bestehend sind, es vermeiden, mich zu äußern; denn eine Aufgabe wie diese ist sehr hoch und bedarf einer eingehenden Untersuchung.}}
== Alfred North Whitehead ==
Ein Kategorienschema bildet auch die Grundlage des Werkes ''[[Prozess und Realität]]'' von [[Alfred North Whitehead]]. Dieser verwendet die Kategorien als grundlegende Definitionen und Sätze einer systematischen [[Metaphysik|metaphysischen]] Theorie, ähnlich wie naturwissenschaftliche Theorien aufgebaut sind. Zweck dieses Vorgehens ist es, die begriffliche [[Kohärenztheorie|Kohärenz]] seiner Metaphysik zu überprüfen, aber auch um seine Theorie auf naturwissenschaftliche Forschungsergebnisse anwenden zu können. Kohärent bedeutet, dass es in der Erfahrung keine Einzelereignisse geben darf, die im Widerspruch zu den allgemeinen Ideen (= Kategorien) oder auch nur außerhalb des inneren Zusammenhangs der Theorie stehen. Kategorien sind demnach allgemeingültige Begriffe und grundsätzliche Aussagen, die bei der Entwicklung einer Theorie deren Rahmen abstecken.


Porphyrios hatte zwar keine Stellung bezogen, aber die Grundlagendiskussion vorbereitet.
[[Datei:Whitehead Kategorien.jpg|miniatur|400px|Übersicht über das Kategorienschema von Alfred North Whitehead]]
Die oberste Stufe, die bei Whitehead eine ähnliche Stellung hat wie bei Aristoteles die Substanz,<ref>[[Gernot Böhme]]: Whiteheads Abkehr von der Substanzmetaphysik. In: Ernest Wolf-Gazo (Hrsg.): Whitehead, Alber, Freiburg/München 1980, 45–53, 52.</ref> ist die „Kategorie des Elementaren“ (''category of the ultimate'') (PR 63<ref>Prozess und Realität wird im Text zitiert mit dem [[Sigel]] '''PR''' nach der deutschen Ausgabe: Alfred North Whitehead: Prozess und Realität. Entwurf einer Kosmologie. Übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Hans Günter Holl, Suhrkamp, 2. verb. Aufl., 'Frankfurt 1987.</ref>). Das Werden ist ein dynamischer Prozess, in dem unablässig Neues geschaffen wird. Deshalb enthält die Kategorie des Elementaren das Moment der [[Kreativität]]. Diese ist die „Universalie aller Universalien“, weil sie als Prinzip, als innere anregende Kraft, als konstitutive Qualität in allen Elementen der Natur enthalten ist. Elementar ist auch die Frage nach Einheit und Vielheit. Einheit steht für das Eine, die Identität und Singularität einzelner Prozesselemente (Whiteheads Begriff: wirklicher Einzelwesen), die in ihrer Vielheit jedoch immer als miteinander verbunden gedacht werden müssen. Einheit und Vielheit setzen sich wechselseitig voraus. Sie haben in der [[Logik]] ihre Entsprechung in der Analyse der Relation von Teil und Ganzes. Das letzte Einzelne ist eine vieldimensionale, unendliche Teilung der ganzen Wirklichkeit. Kreativität bedeutet, dass im Werden eine neue Einheit aus einer Vielheit von Elementen entsteht. Hier zeigt sich deutlich Whiteheads [[Platonismus]]. So heißt es im [[Parmenides (Platon)|Parmenides]] (156 ab): „Das Eins also, wie es scheint, da es das Sein erfaßt und fahren läßt, wird auch und vergeht [...] Da es nun eins ist und vieles und werdend und vergehend, wird nicht, wenn es eins wird, das Viel-sein vergehen, wenn es aber Vieles wird, das Eins-sein vergehen?“<ref>zitiert nach: Michael Hauskeller: Whitehead zur Einführung. Junius, Hamburg 1994, 80.</ref>


== Scholastik ==
Die Kategorie des Elementaren unterteilte Whitehead in die drei Kategorien der Existenz, der Erklärung und der Verbindlichkeiten.<ref>[[Reto Luzius Fetz]] übersetzt den Begriff "categorical obligations" mit „kategoriale Bedingungen“, in: Whitehead: Prozeßdenken und Substanzmetaphysik, Alber, Freiburg/München 1981, 113.</ref> Kategorien der Existenz benennen als Klasse des [[Sein|Seienden]] die Grundelemente der Realität. Hierzu gehören vor allem die wirklichen Einzelwesen bzw. wirklichen Ereignisse, Relationen bzw. Informationen, Zusammenhänge (Nexus), Formen, Kontraste und zeitlose Gegenstände als reine Potenziale. Erklärungskategorien dienen der Beschreibung von Elementarereignissen. Hier führte Whitehead in 27 erläuternden Aussagen auf, was einen Prozess ausmacht. Die neun Kategorien der Verbindlichkeiten beziehen sich auf die subjektive Binnenperspektive. Sie beschreiben die Bedingungen, den Möglichkeitsraum, unter denen ein Prozess ablaufen kann.
=== Starker Realismus ===
: „Jedes Einzelwesen sollte ein spezifischer Fall einer Kategorie der Existenz, jede Erklärung ein spezifischer Fall von Kategorien der Erklärung und jede Bedingung ein spezifischer Fall der kategorialen Verbindlichkeiten sein. Die Kategorie des Elementaren formuliert das allgemeine Prinzip, das in den drei spezielleren Kategorientafeln vorausgesetzt wird.“ (PR 61)
In der [[Scholastik|Frühscholastik]] findet sich zunächst die Position des Universalienrealismus, da der [[Neuplatonismus]] der Spätantike (5. Jahrhundert) die vorherrschende philosophische Grundlage war. Dieser Weg führte über [[Boethius]] und vor allem über [[Augustinus von Hippo|Augustinus]], der die Ideen als Gedanken Gottes vor der Schöpfung ansah.  


Erster prominenter Vertreter eines radikalen Realismus war im 9. Jahrhundert [[Johannes Scotus Eriugena|Eriugena]]:
== Nicolai Hartmann ==
In seinem Werk „Der Aufbau der realen Welt“ entwickelte [[Nicolai Hartmann]] eine allgemeine Kategorienlehre, die auf dem Schichtenbau des Seienden beruht.


{{Zitat|Denn die Gedanken der Dinge sind wahrhaft die Dinge
Das reale Sein unterteilte er in die aufsteigenden Schichten von Unorganischem, Leben, Seele und Geist. Jede Schicht baut auf der nächsten Stufe auf. In jeder Schicht gelten Fundamentalkategorien und spezifische Kategorien. Die Fundamentalkategorien bestehen aus Gegensatzpaaren (AdrW, 230). Sie sind elementar und nicht auf andere rückführbar.
selbst, wie der heilige Dionysius sagt: „die Erkenntniss
des Seienden ist das Seiende selbst;“ aber ihre uranfänglichen Ursachen und Gründe werden durch Denkthätigkeit,
nicht durch die Dinge selbst zur Vereinigung geführt.|Johannes Scottus Eriugena|''Über die Einteilung der Natur''|ref=<ref>Johannes Scotus Erigena, Ludwig Noack (Übers.): ''Über die Eintheilung der Natur'', Verlag von L. Heimann, Berlin 1870, Erste Abtheilung, S. 133f [http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Johannes_Scotus_Erigena/Johannes_Scotus_Erigena_Ueber_die_Einteilung_der_Natur.pdf#page=140&view=Fit]</ref>}}


Die Universalien waren für Eriugena geistige Wesenheiten, die den Einzeldingen in der Entstehung vorausgingen. Aufgrund der hierarchischen Gliederung von den Einzeldingen über die Art (''species'') bis zur Gattung (''genus''), der die Art inhärent sei, nahm er an, dass es am Ende nur eine [[Substanz]] in der Welt gebe – eine [[Pantheismus|pantheistische]] Weltsicht.
; Liste der Fundamentalkategorien
* Prinzip und Concretum
* Struktur und Modus
* Form und Materie
* Inneres und Äußeres
* Determination und Dependenz
* Einheit und Mannigfaltigkeit
* Einstimmigkeit und Widerstreit
* Gegensatz und Dimension
* Diskretion und Kontinuität
* Substrat und Relation
* Element und Gefüge


{{GZ|Bei Johannes Scotus ist es so, daß er in diesem Zwiespalt
Hartmann betonte, dass seine Kategorien – anders als bei Aristoteles und Kant – nicht nach einem einheitlichen Prinzip ermittelt sind. Sie haben jedoch die grundlegende Eigenschaft, dass aus jedem Paar sich die anderen Paare schrittweise ableiten lassen. Hierdurch bilden die Kategorien jeweils einen Aspekt eines einheitlichen Zusammenhangs ab (AdrW, 255). Die Kategorienpaare haben in sich eine innere Bezogenheit und untereinander eine äußere Bezogenheit. Der Gehalt der Kategorien ist in den einzelnen Schichten unterschiedlich. So ist Determination etwa auf der Ebene des Unorganischen als physikalische Kausalität, auf der Ebene des Lebens als Trieb, in der Seele als Motiv und im Geistigen als Grund zu interpretieren.
lebt. Er kann bloß denken; aber wenn dieses Denken zum Erkennen
wird, da fühlt er, da ist noch etwas da von den alten Mächten, welche
den Menschen durchdrungen haben in der alten Art der Erkenntnis.
Er fühlt den Engel, den Angelos in sich. Daher sagt er, der Mensch
erkenne als Engel. Es war Erbstück aus den alten Zeiten, daß in
dieser Zeit der Verstandeserkenntnis ein solcher Geist wie Scotus
Erigena noch sagen konnte, der Mensch erkenne wie ein Engel. In
den Zeiten der ägyptischen, der chaldäischen Zeit, in den älteren
Zeiten der hebräischen Zivilisation würde niemand etwas anderes
gesagt haben, als: Der Engel erkennt in mir, und ich nehme
Teil als Mensch an der Erkenntnis des Engels. Der Engel wohnt in
mir, der erkennt, und ich mache das mit, was der Engel erkennt. -
Das war in der Zeit, als noch kein Verstand da war. Als dann der
Verstand heraufgekommen war, da mußte man das mit dem
Verstände durchdringen; aber es war eben in Scotus Erigena
noch ein Bewußtsein von diesem Durchdrungensein mit der Angelosnatur.|204|269f}}


So sehr erlebt Eriugena noch die [[geist]]ige [[Wirklichkeit]] des [[Denken]]s, dass er sagen kann, dass der Engel in ihm - und zwar nicht als [[Abbild]], sondern als Wirklichkeit - entsteht, wenn er ihn denkt und der Mensch nicht minder im Engel entsteht, wenn der Mensch den [[Begriff]] des Engels bildet! Und so für alle [[Wesen]]. [[Erkenntnis]] ist nicht bloß wesenloser Abglanz des [[Sein]]s, sondern das wahre Sein selbst. In diesem Sinn ist es auch zu verstehen, wenn er sagt, dass der Mensch als [[Bild und Gleichnis Gottes]] die gesamte Schöpfung umspannt.
Im dritten Teil von „Aufbau der realen Welt“ stellte Hartmann kategoriale Gesetzmäßigkeiten auf:
# Kategorien sind mit dem Konkreten fest verbunden.
# Kategorien bedingen sich innerhalb einer Kategorienschicht.
# Kategorien aus der höheren Schicht enthalten viele der Kategorien aus der unteren Schicht, jedoch in abgewandelter Form.
# Höhere Schichten sind von den niedrigeren abhängig, aber nicht umgekehrt.


{{Zitat|Wenn du die wechselseitige Verbindung und Einheit der geistigen und vernünftigen Naturen aufmerksam
Betrachtet man den Zusammenhang von Schichten und Kategorien, so enthalten für Hartmann viele Weltanschauungen den Grundfehler der prinzipiellen Einseitigkeit.
betrachtest, so wirst du in der That finden, dass sowohl die
* Der [[Materialismus]] versucht, organische, seelische und geistige Phänomene aus physikalischen Prozessen abzuleiten und übersieht die komplexeren Strukturen auf der jeweils höheren Ebene.
englische Wesenheit in der menschlischen, als die menschliche in der englischen mitgegründet ist. In jeder vollzieht sich, was der reine Verstand auf das Vollkommenste
* Ähnlich versucht der [[Biologismus]] Seelisches und Geistiges aus den Lebensprinzipien zu begründen und übersieht die Gesetze des Novums und der Freiheit (AdrW, 498)
erkennt, und wird in jeder eins und dasselbe bewirkt. So
* Der [[Vitalismus]] versucht eine Erklärung mit dem Prinzip der [[Anfangsobjekt, Endobjekt und Nullobjekt|Finalität]], obwohl dies eine Kategorie des Geistes ist.
gross nämlich war die Gemeinschaft der englischen und
* Im [[Idealismus (Philosophie)|Idealismus]] erfolgt eine Erklärung der Welt aus dem Prinzip des [[Subjekt (Philosophie)|Subjektes]], obgleich das Subjekt der Schicht des Geistes zuzuordnen ist.
menschlichen Natur und würde es auch geblieben sein,
wenn der erste Mensch nicht gesündigt hätte, dass aus
beiden Eins wurde, was auch bei den hervorragendsten
Menschen, deren Erstlinge unter den Himmlischen sind,
bereits zu geschehen beginnt. Denn der Engel entsteht
im Menschen durch den Begriff des Engels, der im
Menschen ist, und der Mensch entsteht im Engel durch
den im Menschen gegründeten Begriff des Engels. Wer
nämlich, wie ich sagte, den reinen Begriff hat, wird
in dem, was er begreift. Die geistige und vernünftige
Engelnatur ist also in der geistigen und vernünftigen
menschlichen Natur ebenso geworden, wie die menschliche
in der englischen durch gegenseitiges Begreifen, worin
der Mensch den Engel und der Engel den Menschen begreift. Dies ist auch gar nicht wunderbar; denn auch
wir selbst werden, indem wir uns mit einander unterreden,
gegenseitig in einander verwandelt. Indem ich nämlich
begreife, was du begreifst, werde ich dein Begriff
und bin auf unaussprechliche Weise in dich aufgenommen
worden. Ebenso wenn du rein begreifst, was ich durchaus begreife, wirst du mein Begriff und aus den
beiden Begriffen wird einer, welcher aus dem, was
wir beide lauter und unverweilt begreifen, gebildet ist.
Nehmen wir ein Beispiel aus den Zahlen zu Hülfe, so
begreifst du, dass die Sechszahl in ihren Theilen gleich
ist, und ich begreife dies ebenso, und ich begreife deinen,
wie du meinen Begriff begreifst. Unser beider Begriff wird ein durch die Sechszahl gebildeter einiger,
und dadurch werde ich nicht blos in dir, sondern auch du
in mir geschaffen. Denn wir sind nicht etwas Anderes,
als unser Begriff, und unsere wahre und höchste
Wesenheit ist ein Begriff, welcher sich in der Betrachtung der Wahrheit beurkundet. Dass aber solcher
Begriff nicht blos in gleichwesentlichen, sondern
auch in untergeordneten Naturen sich entwickeln kann,
sobald die Liebe vermittelnd eintritt, dies lehren die Worte
des Apostels, welcher die Meinung, als ob unser Begriff
sichtbare Formen liebe, mit der Mahnung ablehnt:
Werdet nicht gleich dieser Welt! In solchem Sinn wird
also ganz sachgemäss gesagt, dass in gegenseitigem
Begreifen der Mensch im Engel und der Engel im Menschen geschaffen werde, und dass auch der Engel dem
Menschen in keinem Verhältniss irgendwie vorangehe, wird
gleichfalls richtig geglaubt und eingesehen, mag auch nach
der Darstellung des Propheten die Schöpfung der engelischen
Natur, wie Viele wollen, früher oder später, als die
Schöpfung der menschlichen Natur geschehen sein.|Johannes Scottus Eriugena|''Über die Einteilung der Natur''|ref=<ref>Johannes Scotus Erigena, Ludwig Noack (Übers.): ''Über die Eintheilung der Natur'', Verlag von L. Heimann, Berlin 1870, Zweite Abtheilung, S. 61ff [http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Johannes_Scotus_Erigena/Johannes_Scotus_Erigena_Ueber_die_Einteilung_der_Natur.pdf#page=492&view=Fit]</ref>}}


Einen ähnlich konsequenten Realismus vertraten im 11. Jahrhundert auch [[Anselm von Canterbury]] und [[Wilhelm von Champeaux]]. Da man jeder Substanz [[Akzidenz (Philosophie)|Akzidenzien]] zuordnete, musste Individualität aus den verschiedenen Akzidenzien hervorgehen. Das Universale wurde auf eine einzige identische Substanz zurückgeführt. Daraus wiederum ergab sich logisch die Indifferenz des Universalen. Diese „Indifferenztheorie“ Wilhelms wirkte noch Generationen später nach.
== Analytische Philosophie ==
Die moderne [[analytische Ontologie]] formuliert Theorien von den grundlegenden Kategorien, Dingen, Eigenschaften, Ereignissen, Teilen und Ganzheiten unter dem Gesichtspunkt der logischen Form der Sprache. Während [[Rudolf Carnap]] kategoriale Existenzfragen von sogenannten {{"|internen}} Existenzfragen innerhalb eines Sprachlichen Rahmens trennen wollte und die kategorialen als Scheinprobleme abtat, griff [[Willard Van Orman Quine]] diese Unterscheidung an und vertrat vielmehr eine Theorie des {{"|ontological commitment}} einer Theorie auf einen bestimmten Objektbereich. Dabei steht im Mittelpunkt, wie sich die verschiedenen Kategorien logisch zueinander verhalten und ob sich bestimmte Kategorien auf andere [[Reduktionismus|reduzieren]] lassen. Zentrale Begriffe sind hier [[Entität]]en, [[Universalienproblem|Universalien]], [[Individuum|Einzeldinge]], Eigenschaften, [[Sachverhalt]]e und ''tropes'' (numerisch identische Instanzen von Eigenschaften).<ref>Holm Breuer, Eintrag: ''Ontologie'' in Wulff D. Rehfuss, Handwörterbuch der Philosophie, UTB 2003, ISBN 3-8252-8208-2.</ref> [[Reinhardt Grossmann]] etwa bezeichnet Kategorien als „Arten von abstrakten Dingen“ und führt eine Liste von sieben solcher Arten an: Individuen, Eigenschaften, Beziehungen, Strukturen, Mengen, Quantoren und Tatsachen.<ref>Reinhardt Grossmann: Die Existenz der Welt. Eine Einführung in die Ontologie, Ontos, Frankfurt 2004, 65.</ref>


=== Starker Nominalismus ===
== Spezielle Kategorienlehre ==
Als einer der Begründer des extremen Nominalismus gilt [[Johannes Roscelin|Roscelin]]. Seine Auffassung ist überwiegend durch seine Kritiker überliefert. Danach existieren nur Gegenstände, die mit den [[Sinnesorgan]]en wahrgenommen werden können. Sie sind besonders (partikulär) und unteilbar (individuell). Begriffe dagegen – die von den Realisten als eigentlich existierend angesehen werden – seien lediglich Bezeichnungen (''[[flatus vocis]]'' = von der Stimme erzeugter Lufthauch) und als solche nur Schall und Rauch.
Die philosophische Kategorienlehre befasst sich vorrangig mit den allgemeinen, für viele oder für alle Erkenntnisbereiche als gültig angesehenen Kategorien. Daneben sind Ansätze „regionaler Kategorienlehren“ entstanden,<ref> Baumgartner et al., ''Kategorie, Kategorienlehre'',1976, S. 714–776. </ref> zumal kategorialanalytische Untersuchungen hier das entsprechende Fachwissen der betreffenden Bereiche erfordern.
Das Nachdenken über passende Kategorien und über [[Kategorienfehler]] ist insbesondere für die Biologie und mehr noch für die [[Psychologie]] wichtig.
Inwieweit sind Lebensphänomene auf elementare Kategorien und Gesetze der organischen Chemie und der Physik zurückzuführen? Sind das [[Bewusstsein]] und das Verhalten des Menschen in den Kategorien der [[Neurophysiologie]] oder der [[Sozialwissenschaft]]en treffend und vollständig (adäquat) zu erfassen? (siehe [[Explikation]] von Begriffen)


Dazu gehören nach [[Anselm von Canterbury]]s Kritik des Nominalismus die Farbe und die Weisheit, die vom Körper beziehungsweise von der Seele abstrahiert werden. Die Relationen zwischen den Dingen bestehen nach nominalistischer Auffassung durch die Dinge selbst. Nichts besteht aus Teilen. Deshalb gibt es keine Species. Also sind Universalien nicht real, und Logik ist nur eine Wortkunst (''ars vocalis'').  
== Weitere Autoren zur Kategorienlehre ==
 
* [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel]] (1770–1831) in seiner Dialektik und in der Lehre vom Sein, Wesen und Begriff, ausformuliert in der [[Wissenschaft der Logik]]<ref>[[Klaus Hartmann (Philosoph, 1954)|Klaus Hartmann]]: ''Hegels Logik'', hrsg. von [[Olaf Müller (Philosoph)|Olaf L. Müller]], de Gruyter, Berlin 1999.</ref>
Eine Schlussfolgerung war, dass die [[Trinität|Dreieinigkeit]] lediglich ein Begriff sei, der ein [[Aggregat]] von drei [[Substanz]]en bezeichne. Dieser „[[Tritheismus]]“ war eine eindeutig [[Häresie|häretische]] Auffassung, die Roscelin auf einer Synode in Soissons 1092 auf Anselms Betreiben widerrufen musste. Roscelins Standpunkt wird auch ''Vokalismus'' genannt.
* [[Ernst Bloch]] (1885–1977) - besonders im Alterswerk [[Experimentum Mundi]]
 
* [[Wolfgang Cramer (Philosoph)|Wolfgang Cramer]]<ref>Aufgaben und Methoden einer Kategorienlehre. In: [[Kant-Studien]] 52, 1960/61, 351–368</ref>
=== Konzeptualismus ===
* [[Eduard von Hartmann]] (1842–1906) thematisierte Kausalität, Finalität und Substanzialität<ref>Kategorienlehre, Carl Dunker’s, Berlin 1896; 2. Auflage. in drei Bänden, Meiner, Leipzig 1923, siehe: Jean-Claude Wolf: ''Eduard von Hartmann. Philosoph der Gründerzeit'', Königshausen und Neumann, Würzburg 2006.</ref>
Im Universalienstreit hatte [[Petrus Abaelardus|Abaelard]] die konträren Positionen bei seinen Lehrern, zunächst den radikalen Nominalismus bei [[Johannes Roscelin|Roscelinus]] und danach den entschiedenen Realismus bei [[Wilhelm von Champeaux]] kennen gelernt. Abaelard rückte bei seiner Untersuchung dieser Frage in seinen Schriften ''Logica Ingredientibus'' und ''Logica Nostrorum Petitioni Sociorum'' neben dem rein [[Ontologie|ontologischen]] Aspekt auch die [[Sprachphilosophie|sprachlogische]] Perspektive in den Vordergrund. Zunächst kritisierte er die vorhandenen Argumente. Für ihn konnten die Universalien nicht eine je einheitliche [[Entität (Philosophie)|Entität]] sein, weil sie nicht verschiedenen, getrennten Dingen zugleich innewohnen können. Auch konnte das Universale nicht etwas Zusammengefasstes sein, weil jedes Einzelne dann das Ganze enthalten müsse. Ebenso wies er die These zurück, Universalien seien zugleich individuell und universell, da der Begriff der [[Individualität]] als Eigenschaft des Universellen durch sich selbst widersprüchlich definiert würde. So können z.&nbsp;B. Begriffe wie [[Lebewesen]] nicht existieren, weil diese nicht zugleich vernunftbegabt (Mensch) und nicht-vernunftbegabt (Tiere) sein könnten.
* [[Simon Heinrich Adolf Herling]] (1780–1849) wies in einer sprachtheoretisch orientierten Untersuchung auf die häufig vorzufindende Inkongruenz von Form und Inhalt hin<ref>Michael Elmentaler: ''Logisch-semantische Studien in der Grammatik des frühen 19. Jahrhunderts: Untersuchungen zur Kategorienlehre von Simon Heinrich Adolf Herling'', de Gruyter Berlin 1966.</ref>
 
* [[Hans Heyse]] (1891–1976)<ref>''Der Begriff der Ganzheit und die Kantische Philosophie. Ideen zu einer regionalen Logik und Kategorienlehre.'' Reinhardt, München 1927.</ref>
Da die Argumente für die Realität der Allgemeinbegriffe nicht zu einem haltbaren Ergebnis führten (Wilhelm von Champeaux musste sich verärgert korrigieren), schloss Abaelard, dass die Universalien [[Wort|Wörter]] (''voces'') sind, die vom Menschen zur [[Bezeichnung]] festgelegt werden. Soweit sie sich auf sinnlich konkret [[Wahrnehmung|Wahrnehmbares]] beziehen, sah Abaelard in ihnen nur Benennungen, also uneigentliche Universalien (''appellatio''). Soweit sie sich auf sinnlich nicht Wahrgenommenes beziehen, handelt es sich um echte Allgemeinbegriffe (''significatio''). Solche Begriffe werden vom Menschen konzipiert, um das Gemeinsame und nicht Unterscheidende verschiedener gleichartiger Gegenstände zu bezeichnen. Die Erkenntnis hierüber entsteht nicht durch körperliche Sinneswahrnehmung (''sensus''), sondern durch gedankliches Begreifen (''intellectus'') der Seele, indem der Geist (''animus'') eine Ähnlichkeit (''similitudo'') herstellt. [[Stoff (Philosophie)|Stoff]] und [[Form (Philosophie)|Form]] existieren verbunden und werden nur durch die [[Imagination|Einbildungskraft]] (''imaginatio'') der [[Vernunft]] (''ratio'') im Wege der [[Abstraktion]] (''forma communis'') getrennt.  
* [[Friedrich Kaulbach (Philosoph)|Friedrich Kaulbach]] (1912–1992)<ref>Zur Logik und Kategorienlehre der mathematischen Gegenstände. Zur Ganzheit des theoretischen Gegenstandes, mit besonderem Hinblick auf das mathematische Existenzproblem. Dores, Erlangen 1937 (Dissertation) sowie straffer dargestellt als: Zur Logik und Kategorienlehre der mathematischen Gegenstände, in: Philosophie in Selbstdarstellungen Band II, hrsg. Von Ludwig Pongratz, Meiner, Hamburg 1977.</ref>
 
* [[Emil Lask]] (1875–1915) in Hinblick auf den Zusammenhang von Sein und Geltung<ref>''Die Logik der Philosophie und die Kategorienlehre. Eine Studie über den Herrschaftsbereich der logischen Form'', J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1911.</ref>
Universalien sind damit weder „vor den Dingen“ (Realismus), noch „nach den Dingen“ als Bezeichnungen (Nominalismus), sondern rein im [[Verstand]] als [[Abstraktion]] der einzelnen Dinge entstanden. Sie liegen damit „in den Dingen“ (''in rebus''). Das Wort als Naturlaut (''vox'') ist Bestandteil der Schöpfung. Aber das Wort  als [[Sinn (Semantik)|Sinn]] (''sermo'') ist eine menschliche Einrichtung, ein menschlicher Gebrauch (''institutio hominum''). Dadurch, dass Allgemeinbegriffe eine eigene Bedeutung haben, stehen sie zwischen den realen Dingen (''res'') und den reinen gedanklichen Bezeichnungen (''ficta''). Universalien sind damit [[Semantik|semantisch]] existent, d.h. [[mental]] wirklich. Diese Auffassung, die ähnlich von [[w:Gilbert von Poitiers|Gilbert De La Poirée]], [[Adelard von Bath]] und [[Johannes von Salisbury]] vertreten wurde, wurde später als [[Konzeptualismus]] bezeichnet (von [[lat.]] ''conceptum'' „das Zusammengefasste“).
* [[Johannes Heinrichs (Philosoph)|Johannes Heinrichs]] (* 1942)<ref>Die Logik der Vernunftkritik. Kants Kategorienlehre in ihrer aktuellen Bedeutung. Eine Einführung. Francke 1986 bzw. in überarbeiteter Fassung: Das Geheimnis der Kategorien. Die Entschlüsselung von Kants zentralem Lehrstück. MAAS, Berlin 2004.</ref>
 
* [[Ernst Kleinert]] (mathematische Kategorienlehre)
=== Gemäßigter Realismus ===
* [[Othmar Spann]] thematisierte die Ganzheit als oberste Kategorie<ref>Othmar Spann: ''Kategorienlehre. Ergänzungsbände zur Sammlung Herdflamme'', Bd. 1. Jena 1924.</ref>
Als Aristoteliker und ausgehend von den Kommentaren zu Aristoteles von [[Averroes]] und [[Avicenna]] vertraten in der Hochscholastik (13. Jahrhundert) [[Albertus Magnus]] und [[Thomas von Aquin]] einen gemäßigten Realismus. Das Allgemeine hat eine denkunabhängige Grundlage in den Einzeldingen; es existiert zwar nicht selbst, ist aber in den Dingen realisiert (''non est ens, sed entis''<ref>Thomas von Aquin: Summa contra gentiles, I, 65, 3m</ref>). Ohne die Realisierung im Einzelding ist das Allgemeine nur ein Gedanke. Thomas unterschied dabei
* [[Joachim Stiller]] schuf mehere Kategoriensystem, unter anderem eines in einem revolutionären Quadruppelschema
#Universalien, die sich in der göttlichen Vernunft bilden und vor den Einzeldingen existieren (''ante rem''),
#Universalien, die als Allgemeines in den Einzeldingen selbst existieren (''in re''),
#Universalien, die als Begriffe im Verstand des Menschen existieren, das heißt nach den Dingen (''post rem'').
 
Auch die modistische Sprachtheorie des [[Thomas von Erfurt]] nimmt eine Position des gemäßigten Realismus ein.
 
=== Natura Communis bei Duns Scotus ===
Eine neue Denkrichtung in der Universalienfrage entwickelte [[Johannes Duns Scotus]]. Er hob die Frage auf die erkenntniskritische (sprachkritische) Ebene und wandte ein, dass Begriffe jeweils nur etwas Allgemeines bezeichnen. Die Singularität könne durch einen Begriff nicht erfasst werden. Das, was ein Individuum konstituiert, kann durch Sprache nicht ausgedrückt werden, so sehr man sich auch bemüht, durch Differenzierungen und Untergliederungen dem Individuellen nahe zu kommen.
 
Scotus war davon überzeugt, dass es Allgemeines oder Universalien gibt, und war insofern Universalienrealist wie Aristoteles und Thomas. Das Individuelle betrachtete er als etwas Positives, Eigenständiges in der [[Natur]], das gesondert neben der ''species'' steht. Mehr noch, der einzelne Gegenstand war für ihn die letzte vollendete Wirklichkeit eines Seienden.
 
[[Datei:DunsScotus Universalien.jpg|miniatur|hochkant=1.6|Schema zur Lehre von Natura Communis und Universalien]]
 
Indem er den individuellen Menschen (das Einzelding) und das Menschsein (seine Artnatur) als zwei formal verschiedene Gegenstände auffasste, die in der Natur noch vor der Wahrnehmung enthalten sind, schuf Scotus den Begriff der ''distinctio formalis''. Für Scotus gab es bereits im wahren Sein außerhalb der Seele eine Gemeinsamkeit zwischen den verschiedenen Individualitäten, die nicht von den ‚Operationen‘ des Intellekts abhängen. Das Menschsein beispielsweise gehört zu Sokrates, unabhängig davon, wie er erkannt wird. Die Wahrnehmung richtet sich auf das Einzelding. Dieses enthält bereits die Artnatur (''natura communis'') als reales Fundament der Abstraktion von Allgemeinbegriffen (''fundamentum in re'').
 
Erst im [[Intellekt]] wird die ''natura communis'' durch Reflexion zu Universalien umgewandelt, indem das Allgemeine aus mehreren Akten der Sinneswahrnehmung gebildet wird. Der tätige abstraktive Intellekt bildet dabei spontan Begriffe aufgrund der Gelegenheit ([[Okkasion]]) der Wahrnehmung, auch wenn die Wahrnehmung falsch ist oder wenn ein Ding in der Wahrnehmung erstmals auftaucht. Der Übergang von der erfassenden Empfindung zur Erkenntnis findet dadurch statt, dass der Intellekt die Wahrheit des Verhältnisses zweier Individuen erfasst, die beide vereint. Universalien sind einerseits konzeptualistisch (nur im Intellekt), weil sie Begriffe auf mehrere Dinge beziehen, zum Beispiel „Mensch“. Sie sind andererseits realistisch (''in re''), wenn es sich um Allgemeinbegriffe handelt, die sozusagen absolut gelten, die also nicht auf etwas Einzelnes beziehbar sind, zum Beispiel „Menschheit“.
 
Die Artnatur ist vor den Dingen, weil sie von Gott geschaffen ist. Sie ist in den Dingen als formaler Rahmen der Dinge. Das Individuum in seiner Diesheit (''haecceitas'') ist das Vollkommenere, weil es vom Begriff, vom Allgemeinen nicht in seiner Ganzheit, sondern nur durch die Anschauung in der intuitiven Erkenntnis erfasst werden kann. Universalien zeigen sich als gleich bleibende Wesenheit (''natura communis'') in den Dingen und sind damit Realitäten zweiten Grades ohne körperliche Existenz. Der Mensch erkennt das Allgemeine (''qua natura communis'') durch die abstraktive Erkenntnis, indem er die entsprechenden Begriffe für Arten und Gattungen (Universalien) bildet.
 
Allerdings sind solche Begriffe, die reale Begriffe (z.&nbsp;B. Pflanzen und Säugetiere) miteinander vergleichen wie beispielsweise die fünf ''[[Prädikabilien]]'' des [[Porphyrios]] – Gattung, Art, spezifische Differenz, Proprium (wesentliches Merkmal) und Akzidenz (unwesentliches Merkmal) –, keine Realitäten. Solche logischen Begriffe zweiter Ordnung sind vollkommen allgemein (''complete universale'') und daher nur im Verstand (nominalistisch). Scotus’ differenzierte Darlegung kann als konzeptualistischer Kompromiss angesehen werden, der den Weg zu Ockhams Nominalismus vorbereitete.
 
Scotus selbst schloss die Möglichkeit eines reinen Nominalismus, den Ockham allerdings auch nicht lehrte, entschieden aus und lieferte eine Reihe von Argumenten dagegen. Vor allem wehrte sich Scotus gegen die Auffassung, dass es keine andere denkbare Einheit als den einzelnen Gegenstand und keine anderen Unterschiede als einen numerischen Unterschied gebe.
 
Seine Hauptthesen hierzu lauten:
* Wenn alles nur numerisch unterschieden wäre, wie kann man dann zwei weiße Entitäten von zwei anderen unterscheiden, von denen eine weiß und eine schwarz ist? Ohne die Artnatur ist dies nicht möglich. (Warum sind zwei weiße Schwäne ebenso zwei Schwäne wie ein weißer und ein schwarzer Schwan? Nach Scotus: weil sie die Artnatur des „Schwanseins“ haben.)
* Wenn es die numerische Unterscheidbarkeit für alle Gegenstände gäbe, hätten alle diese Gegenstände teil an dem Phänomen der Unterscheidbarkeit. Das Phänomen der Teilhabe aller Elemente ist aber ein Widerspruch zur numerischen Unterscheidbarkeit.
* Das Einzelne ist unsagbar (''individuum ineffabile''), weil jeder Begriff bereits Allgemeinheit umfasst. Das Einzelne ist sogar stumm, weil der Begriff nicht in der realen Welt entsteht, sondern im Intellekt. Die Gegenstände sind, was sie sind – ohne [[Logos]].
* Die Einheit der Gattung ist keine numerische Einheit, wie schon Aristoteles betonte. Wenn alles nur numerisch unterschieden wäre, könnte man keine realen Ähnlichkeiten oder Gegensätze zwischen den Einzeldingen feststellen.
 
=== Semantischer Nominalismus ===
Im 14. Jahrhundert wurde die sprachphilosophische Debatte intensiviert. Als Disziplin gewann die [[Logik]] im Vergleich zur [[Metaphysik]] zunehmendes Gewicht. Man fragte weniger nach dem Wesen des Seins, sondern untersuchte verstärkt die Redeweisen über das Sein. Welche Bedeutung war mit den verwendeten Begriffen verbunden?
 
[[Datei:William of Ockham - Logica - 1341.jpg|miniatur|Wilhelm von Ockham - Skizze aus einem ''Summa logicae''-Manuskript von 1341 mit der Inschrift ''frater Occham iste'']]
 
[[Wilhelm von Ockham]] gilt in der Rezeption als ein herausragender Vertreter eines differenzierteren Nominalismus, der die Frage der Universalien mit [[Zeichentheorie|zeichentheoretischen]] Überlegungen verband und insofern auf die moderne Sprachlogik verwies. Realität hatten für Ockham nur [[extramental]]e Einzeldinge. Die Allgemeinbegriffe haben keine eigene Existenz, sondern sind nur die Summe der gedachten Dinge.
:''Beispiel:'' Eine einzelne Rose hat eine reale Existenz, „die Rose“ an sich, als Begriff, hat hingegen nur eine rein gedankliche Existenz.
 
Begriffe entstehen zunächst unabhängig von der gesprochenen und geschriebenen Sprache im Geist (''conceptus mentis'') und dienen der Bezeichnung (''significatio'') der [[extramental]]en Dinge. Die Grundlage für Sprachlaute und Schrift ist die Vereinbarung ihrer Bedeutung als Zeichen. Allgemeinbegriffe werden allein im Geist gebildet und dienen als Zeichen, die auf mehrere Dinge verweisen können (''signum praedicabile de pluribus''<ref>Wilhelm von Ockham: Summa logica, I, 14</ref>). Soweit sich Allgemeinbegriffe nicht auf extramentale Dinge beziehen, sind sie Zeichen von Zeichen. Als Zeichen stehen Begriffe für etwas, wobei sich die Bedeutung aus dem Satzzusammenhang ergibt. Je nachdem, ob man sagt, „ein Mensch rennt“, „Mensch ist eine Art“ oder „Mensch ist eine Bezeichnung“, hat das Wort Mensch einen anderen Sinn.
 
Ockham war ein scharfer Kritiker des tradierten Realismus. Gegen die platonische Vorstellung eigenständiger Ideen wandte er ein, dass diese dann ja selbst wieder Einzeldinge seien. Gegen Aristoteles argumentierte er, dass abstrakte Gegenstände auch als zweite Substanz keine eigenständige Existenz haben können; denn sonst würde das nicht nur zu einer Verdopplung, sondern sogar zu einer „Vervielfachung des Seienden“ führen. Universalien können keine Existenz außerhalb der Seele haben. Entsprechend lehnte er auch die von Duns Scotus vertretene Existenz von Relationen und die Lehre von der Artnatur (''natura communis'') ab. Indem er aber Allgemeinbegriffe als eine Qualität der Seele (''qualitas mentis'') annahm, gestand er den Universalien ein Sein im Geist (''ens in anima'') zu und war damit eher ein nominalistischer Konzeptualist als ein reiner Nominalist.
 
Der Nominalist [[Pierre d’Ailly]] vertrat auf dem [[Konzil von Konstanz]] die These, dass aus dem Realismus die ketzersiche [[Konsubstantiation]]slehre folge, die der Lehre der [[Transsubstantiation]] widerspricht. Damit wurde dem Realisten Jan Hus erfolgreich eine ketzerische Position unterstellt. Viele Universitäten drängten in der Folgezeit den Realismus zugunsten des Nominalismus zurück. Die offizielle Begründung war, dass der Realismus im Gegensatz zum Nominalismus schwieriger zu verstehen sei und daher nur er Anlass für philosophische Mißverständnisse gäbe, die zur Ketzerei führten.<ref>Marten J.F.M. Hoenen, Kontroversen in der Philosophie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, 5. Vorlesung am 22.11.2010, 1:05 - 1:20</ref>
 
Weitere Vertreter des Nominalismus waren [[Nicolaus von Autrecourt]], [[Marsilius von Inghen]] (der erste Rektor der [[Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg|Universität Heidelberg]]), [[Jean Gerson]] und [[Gabriel Biel]] (Professor in Tübingen), [[Johannes Buridan]] und [[Albert von Rickmersdorf]] ebenso wie [[Nikolaus von Oresme]] als bedeutender Naturphilosoph des 14. Jahrhunderts.
 
Weil im Nominalismus der Einzelne als Träger der Ideen galt, geriet die [[Katholische Kirche|Kirche]] als vermittelnde Instanz zwischen dem Gläubigen und Gott mit ihren überkommenen [[Dogma|Dogmen]] in Rechtfertigungsschwierigkeiten. Auch für die Entwicklung der [[Naturwissenschaft]]en war ein Zurückdrängen der Dogmen der Kirche befreiend. Die zunehmende Wirksamkeit des Nominalismus bedeutete jedoch kein Ende der Debatte. Auch in der Folgezeit wurden realistische Positionen vertreten, so z.&nbsp;B. durch [[Walter Burley]], [[John Wyclif]] oder [[Johannes Sharpe]].
 
== Neuzeit ==
[[Datei:Frans Hals - Portret van René Descartes.jpg|miniatur|René Descartes in einem Portrait von [[Frans Hals]], 1648]]
 
In der [[Neuzeit]] verschoben sich ab dem 17. Jahrhundert die philosophischen Fragestellungen insbesondere in Folge der von [[René Descartes]] aufgeworfenen Frage der [[Erkenntnis]].
 
Der Einfluss der Scholastik schwand, obwohl sich ihre Nachwirkungen bis ins 18. Jahrhundert zeigen. Der in der Scholastik üblichen [[Deduktion]] des besonderen Falls von anerkannten Lehrsätzen stellte sich zunehmend das umgekehrte Verfahren entgegen, nämlich die [[Induktion (Denken)|Induktion]] von Erfahrungstatsachen auf allgemeine Regeln. Dadurch verloren die hergebrachten Autoritäten an Einfluss, und neue Allgemeinbegriffe, Prinzipien und Gesetze wurden gefunden oder geschaffen. Diesen Wechsel hatte der Nominalismus mit seiner Bevorzugung des Besonderen vor dem Allgemeinen vorbereitet.
 
Durch Descartes erhielt der Begriff des Realismus eine zusätzliche, parallel verwendete Bedeutung als [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischer]] Realismus. Es bildete sich das Gegensatzpaar von [[Empirismus]] und [[Rationalismus]]. Die Frage lautete nun, ob die Gegenstände unmittelbar erkannt werden (Realismus) oder ob sie durch Vorstellungen bestimmt sind ([[Idealismus (Philosophie)|Idealismus]]). In diesem Sinne nahmen die Vertreter des Rationalismus überwiegend eine Position des Realismus ein, während die Vertreter des Empirismus vorrangig der nominalistischen Grundkonzeption folgten.
 
Das Problem der Universalien stand zur Kennzeichnung philosophischer Differenzen zwar nicht mehr im Vordergrund – es wurde jedoch in aller Regel als Bestandteil der Philosophie weiter behandelt. Auch in der Neuzeit finden sich alle grundlegenden Variationen vom Realismus über den Konzeptualismus bis hin zum Nominalismus. Dabei neigten die Empiristen zum Nominalismus; andererseits herrschte bei den Rationalisten neben dem [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischen]] auch ein Begriffsrealismus vor. Konzeptualistische Abschwächungen und Differenzierungen finden sich in beiden Lagern.
 
=== Thomas Hobbes und John Locke ===
In seiner vorwiegend [[materialistisch]] geprägten, empiristischen Philosophie vertrat [[Thomas Hobbes]] einen starken Nominalismus. Er unterschied Namen für die Einzeldinge und Allgemeinbegriffe, die bei der sprachlichen Klassifizierung von Einzeldingen verwendet werden.<ref>Vgl. Thomas Hobbes, ''[[Leviathan (Thomas Hobbes)|Leviathan]]'' (1651) I,4</ref>
 
{{Zitat|Ein allgemeiner Name wird vielen Dingen zugelegt aufgrund der Ähnlichkeit in Hinblick auf eine Qualität oder ein anderes Akzidenz (dieser Einzeldinge)|ref=<ref>Thomas Hobbes: Elemente der Philosophie I: Vom Körper, Kap 11, Abschn. 3</ref>}}
 
Auch [[John Locke]] war der Auffassung, dass alle Dinge, die existieren, Einzeldinge (partikulär) sind.<ref>Vgl. John Locke, ''[[An Essay concerning Humane Understanding]]'' (1690) III, 3 und ebd. IV, 21</ref> Er entwickelte eine psychologisch orientierte Theorie zur Entstehung von Allgemeinbegriffen. Wörter erhalten Allgemeinheit als Zeichen von allgemeinen Ideen. Diese entstehen durch einen Abstraktionsprozess, indem man von Raum, Zeit und anderen Faktoren zur Bestimmung einzelner Individuen absieht. Der Abstraktionsprozess ist eine Verstandestätigkeit, die Ähnlichkeiten von Individuen analysiert und hieraus eine abstrakte Idee formt. Der abstrakte Begriff ist demnach ein Name der allgemeinen Idee.
 
{{Zitat|Das Allgemeine gehört nicht zum Bereich der existierenden Dinge, es ist vielmehr Erfindung und Produkt des Verstandes, der es sich für seinen eigenen Gebrauch herstellt; das Allgemeine bezieht sich lediglich auf Zeichen, seien diese nun Worte oder Vorstellungen.|ref=<ref>John Locke: An Essay concerning Human Understanding, III, 3, 11)</ref>}}
 
Locke vertritt in der Universalienfrage einen nominalistischen Konzeptualismus, d.h. er geht davon aus, dass die durch Abstraktion gewonnenen allgemeinen Ideen eigenständige Entitäten im Verstand sind.
 
=== George Berkeley und David Hume ===
[[Datei:George Berkeley by John Smibert.jpg|miniatur|George Berkeley]]
 
[[George Berkeley]] kritisierte vor allem den von Locke beschriebenen Abstraktionsprozess.<ref>Vgl. George Berkeley, ''A treatise concerning the principles of human knowledge'' (1710)</ref> Demnach bleibt, wenn man von den spezifischen Eigenschaften eines Individuums absieht, nichts Beschreibbares übrig. So kann man das Allgemeine im Begriff „schnell“ nicht erklären, indem man von einem schnell gehenden Menschen oder einem schnell fahrenden Schiff die Vorstellung eines Menschen oder eines Schiffes wegdenkt. Auch kann man den allgemeinen Begriff eines Dreiecks, entgegen Lockes Darstellung, nicht denken, indem man es sich zugleich stumpf, rechtwinklig und spitzwinklig vorstellt. Vielmehr ergibt sich, so Berkely, die Bedeutung einer allgemeinen Vorstellung aus ihrem Gebrauch.
 
Diese These erinnert stark an den späten [[Ludwig Wittgenstein]], der Allgemeinbegriffe als den jeweiligen Konventionen unterworfen ansah.  Diese rein nominalistische Auffassung einer Universalie umgeht die Verbindung des Begriffs der Allgemeinheit mit der Vorstellung eines idealen Seins. Damit wurden Allgemeinbegriffe unabhängig von der Existenz eines primären Prinzips gebildet – eine Verknüpfung, die das Denken der gesamten Scholastik beherrscht und dem Realismus als starkes Verteidigungsargument gedient hatte.
 
Die Lösung von der Metaphysik des Seins war ein wichtiger Impuls der [[Zeitalter der Aufklärung|Aufklärung]]. [[David Hume]] schloss sich Berkeley uneingeschränkt an und betonte, dass Allgemeinbegriffe als Repräsentationen von Individuen eingeführt werden können und ihre Eigenständigkeit durch Gewohnheit erhalten.<ref>Vgl. David Hume, ''A treatise of human nature'' (1740)</ref> Es handelt sich dabei nicht um Abstraktionen. Zugrunde gelegt wird vielmehr ein bestimmtes Individuum, das repräsentativ für andere Individuen steht.
 
=== Rationalisten ===
Die [[Rationalismus|Rationalisten]] Spinoza, Descartes und Leibniz vertraten einen mehr oder weniger [[Konzeptualismus|konzeptualistisch]] geprägten Realismus. So vertrat [[Baruch de Spinoza|Spinoza]] den Standpunkt, dass es durch die subjektive Weise der Bildung von Allgemeinbegriffen zu unterschiedlichen Auffassungen der Begriffsinhalte kommt. Er sah hierin eine der Ursachen verschiedener Strömungen in der [[Philosophie]]. Die ''Ratio'' und die ''Scientia intuitiva'' waren für Spinoza höhere Erkenntnisweisen, durch die das [[Wesen (Philosophie)|Wesen]] einer Sache zu erfassen sei.<ref>Spinoza, ''[[Ethica, ordine geometrico demonstrata]]'' (1677) II</ref>
 
Nach [[René Descartes|Descartes]] verfügt der Mensch von vornherein über eine Vielzahl von Ideen über die unveränderliche wahre Natur der Dinge. Die Universalie ist ein Name für eine bestimmte Art und Weise zu denken.<ref>Descartes, ''Principia philosophiae'' (1644) I</ref>
 
[[Gottfried Wilhelm Leibniz|Leibniz]] sah Ähnlichkeiten nicht nur als Produkt des Verstandes, sondern sprach ihnen eine Realität zu. Empirische [[Induktion (Denken)|Induktion]] kann nicht zur Allgemeinheit führen. Dazu bedarf es der [[Vernunftwahrheiten und Tatsachenwahrheiten|Vernunftwahrheiten]].<ref>Leibniz, ''Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand'' (1704) III</ref>
 
=== Kant und der deutsche Idealismus ===
[[Datei:Immanuel Kant (painted portrait).jpg|miniatur|Immanuel Kant]]
 
[[Immanuel Kant]] hat zwar nicht unmittelbar zum Universalienproblem Stellung genommen, durch die Art seiner Unterscheidung von Anschauungen und Begriffen<ref>Vgl. den Abschnitt „Von den logischen Verstandesbegriffen“ in der Kritik der reinen Vernunft, B 92ff</ref> jedoch Einfluss auf die Diskussion der Folgezeit ausgeübt. „Anschauung“ nennt Kant eine einzelne Vorstellung (''repraesentatio singularis''), die sich auf einen unmittelbaren Gegenstand bezieht. Ein „Begriff“ entsteht hingegen durch die Bildung einer [[Synthese]] in einem [[Schlussfolgerung|Urteil]], indem aus der [[Mannigfaltigkeit]] der Anschauungen eine mittelbare Beziehung zu den Gegenständen anhand gemeinsamer Merkmale hergestellt wird. „Allgemeinheit“ besteht, so Kant, vorbegrifflich und wird durch die Funktion des Urteils erfasst. Die Urteilskraft ist das Vermögen, „das Besondere als enthalten unter dem Allgemeinen zu denken“ (KdU B XXV).
 
{{Zitat|Der Begriff vom Hund bedeutet eine Regel, nach welcher meine Einbildungskraft die Gestalt eines vierfüßigen Tieres allgemein verzeichnet, ohne auf irgendeine besondere Gestalt, die nur die Erfahrung darbietet, oder auch ein jedes mögliche Bild, was ich ''in concreto'' darstellen kann, eingeschränkt zu sein.|ref=<ref>KrV B 180</ref>}}
 
Der Mensch bildet Begriffe „durch Handlungen reinen Denkens“ (KrV B 81). Sie sind daher immer „allgemeine“ reflektierte Vorstellungen (''repraesentatio per notas communes''), sodass es [[Tautologie (Logik)|tautologisch]] wäre, von „allgemeinen Begriffen“ zu sprechen. Kant unterschied empirische Begriffe (aufgrund sinnlicher [[Erfahrung]]) von reinen Verstandesbegriffen, die ohne sinnliche Anschauung ausschließlich im [[Verstand]] ihren Ursprung haben. Mit „Idee“ bezeichnete Kant nur reine Vernunftbegriffe wie die Idee der [[Republik]] oder die Idee der [[Freiheit]]. Diese entstehen aus Prinzipien, die in den Begriffen und Urteilen des Verstandes liegen.
Im [[Deutscher Idealismus|Deutschen Idealismus]] forderte bereits [[Johann Gottlieb Fichte|Fichte]] die Aufhebung des Gegensatzes von „Allgemeinem“ und „Besonderem“, der durch Setzungen des „[[Ich]]s“ entsteht.<ref>Vgl. Wissenschaftslehre</ref> Das Einzelne als [[a posteriori]], wie es in den Wissenschaften behandelt wird, ist durch das [[Apriori]] des Allgemeinen gesetzt und begründet. Der Begriff ist daher für Fichte nicht das Allgemeine, sondern das Einschränkende, das Bestimmende der Anschauung.
 
[[Georg Wilhelm Friedrich Hegel|Hegel]] polemisierte gegen die vorbegriffliche Allgemeinheit als „die Nacht, in der alle Kühe schwarz sind“<ref>Phänomenologie des Geistes, 19</ref>. Für ihn bestand das „Wahre“ in einem Allgemeinen, das das Besondere in sich selbst ist. Erkenntnis des Absoluten ist ein Selbsterkennungsprozess. Die „sich wissende Vernunft“ ist das „absolute Allgemeine“.
 
=== 19. Jahrhundert ===
Nach Kant stand das Universalienproblem nicht mehr explizit im Vordergrund der philosophischen Diskussion. Die scholastische Tradition, die das Problem in den Zusammenhang einer gottgewollten Ordnung stellte, verlor nach der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] ihre Geltung. Im 19. Jahrhundert wurde zumeist in Verbindung mit einem [[Empirismus]] eine nominalistische Position vertreten ([[Johann Friedrich Herbart|Herbart]], [[Friedrich Eduard Beneke|Beneke]], [[John Stuart Mill|Mill]], [[Alexander Bain (Philosoph)|Bain]]).
 
Dies gilt auch für [[Franz Brentano]], der die Vorstellungen von Anschauungen [[a priori]] ebenso wie Begriffe a priori ablehnte. Erfahrungsurteilen, deren Wahrheit jedermann unmittelbar einsieht, kommt Allgemeinheit zu ([[Evidenz]]). Solche Erfahrungsurteile entstehen aus einer unmittelbaren, intentionalen Beziehung auf ein Objekt ([[Intentionalität]]). Für Brentano waren Begriffe wie „die Röte“ oder „Dreieckigkeit“ Abkürzungen für Bezeichnungen von mehreren Einzeldingen. Reine Verstandesbegriffe betrachtete er als Fiktionen. Allgemeines entsteht durch Abstraktion, indem Menschen generelle Prädikate mit bestimmten Arten von Vorstellungsbildern verknüpfen. Diese Auffassung ist nicht rein logisch, sondern empirisch überprüfbar, weshalb [[Wolfgang Stegmüller|Stegmüller]] Brentano als psychologischen Konzeptualisten bezeichnete.<ref>Stegmüller, Das Universalienproblem einst und jetzt, 78)</ref> Der nominalistischen Auffassung Brentanos folgten auch die meisten Vertreter des [[Psychologismus]] ([[Gustav Theodor Fechner|Fechner]], [[Wilhelm Wundt|Wundt]], [[Hugo Münsterberg|Münsterberg]], [[Theodor Lipps|Lipps]]).
 
== Moderne ==
Das Universalienproblem der Moderne wird überwiegend mit den Begriffen des (wissenschaftstheoretischen) [[Platonismus]] und des [[Essentialismus]] verbunden. Stets wird noch diskutiert, ob Begriffe wie [[Klasse (Mengenlehre)|Klasse]] oder [[Naturgesetz]] Namen oder Entitäten sind.
 
Vorstellungen von verallgemeinernden Ursprüngen oder Gesetzen, die unabhängig von ihrer Wahrnehmung existieren und zu entdecken seien, stehen dem Universalienrealismus oder Konzeptualismus nahe. Dies zeigt sich seit dem späteren 19. Jahrhundert in Strömungen der [[Psychologie]] (vgl. [[Archetypus]]), der [[Anthropologie]] („anthropologische Konstante“), oder der [[Ästhetik]] (siehe etwa [[Universalien der Musikwahrnehmung]]). Der philosophische [[Naturalismus (Philosophie)|Naturalismus]] und zahlreiche Begriffe mit dem Wortbestandteil „Natur“ wie [[Naturzustand]], [[Naturrecht]] oder Naturgesetz sind mit realistischen Vorstellungen verbunden. – Gegen solche Festlegungen wandten und wenden sich u.&nbsp;a. unterschiedlichste Varianten des [[Konstruktivismus (Philosophie)|Konstruktivismus]].
 
=== Realistische Positionen der Moderne ===
==== Charles Peirce ====
[[Datei:Charles Sanders Peirce theb3558.jpg|miniatur|Charles Sanders Peirce]]
 
Einen ausdrücklichen Universalienrealismus vertrat [[Charles S. Peirce]]. Seinen Realitätsbegriff kann man mit der kurzen Formel beschreiben: Real ist, was nicht [[fiktiv]] ist. Insofern haben [[Naturgesetz]]e Realität, da sie „eine entschiedene Tendenz sich zu erfüllen“ (CP 1.26) haben. Weil man mit Naturgesetzen Prognosen stellen kann, gilt, dass die „zukünftigen Ereignisse in einem bestimmten Maß tatsächlich durch eine Gesetzmäßigkeit beherrscht sind.“ (ebd., vgl. auch CP 5.100). Insbesondere hatten auch die Gesetze der [[Logik]] und der Mathematik für Peirce Realität. Er knüpfte seine Vorstellung der Realität von Universalien eng an den Begriff des [[Kontinuum (Mathematik)|Kontinuum]]s. Eine der Begründungen sah er in dem [[Theorem]] des Mathematikers [[Georg Cantor]], „dass die über eine Menge gebildete Potenzmenge stets größer ist als diese.“<ref>Charles S. Peirce: Naturordnung und Zeichenprozess, hrsg. und eingeleitet von Helmut Pape, Suhrkamp, Frankfurt 1998,  S. 378–399 (MS 439 von 1898), hier: Fußnote von Pape, S. 393</ref>
 
„Es ist absurd anzunehmen, dass eine beliebige Ansammlung wohlunterschiedener Individuen, wie es ja alle Ansammlungen von überabzählbaren Mächtigkeiten sind, eine ebenso große Mächtigkeit haben kann wie die der Ansammlung der möglichen Ansammlungen ihrer individuellen Elemente“<ref>Peirce, ebd.</ref>
„Damit ist das Kontinuum, in welcher Dimension es auch kontinuierlich sein mag, alles was möglich ist. Aber das Allgemeine oder Universale der gewöhnlichen Logik umfasst ebenfalls alles Mögliche, zu welcher bestimmten Art es auch gehören mag. Und so ist das Kontinuum das, was sich in der Logik der Relative als wahre Universale erweist.“<ref>Peirce, ebd. 395</ref>
 
Peirce hielt es für eine besondere Disposition des menschlichen Geistes, in der Form eines Kontinuums zu denken, wie beispielsweise im Fall des Begriffs der [[Zeit (Philosophie)|Zeit]]. Ideen sind nicht selbständig, sondern kontinuierliche Systeme und zugleich Fragmente eines großen kontinuierlichen Systems. „Verallgemeinerung, das Ausgießen von kontinuierlichen Systemen im Denken, im Fühlen und im Tun ist der wahre Zweck des Lebens.“<ref>Peirce, ebd. 399</ref>  Wirklichkeit bedeutete damit für Peirce, „dass es etwas im Sein der Dinge gibt, das dem Prozess des Schlussfolgerns, dass die Welt lebt und sich bewegt und ihr Sein hat, in der Logik der Ereignisse entspricht.“<ref>Peirce, ebd. 396</ref> Einer solchen Vorstellung kann sich, postuliert Peirce, auch der „mechanistische Philosoph“, der einen grundlegenden Nominalismus vertritt, nicht entziehen.
 
==== Edmund Husserl ====
[[Edmund Husserl]] übernahm von seinem Lehrer Brentano zwar die erkenntnistheoretischen Konzepte von [[Evidenz]] und [[Intentionalität]], sah jedoch den Zugang zum Allgemeinen in der [[Immanuel Kant|kantischen]] Unterscheidung von Anschauung und Begriff:
 
{{Zitat|Daß die allgemeinen Vorstellungen aus den individuell-anschaulichen genetisch erwachsen sind, wird allgemein angenommen. Wenn sich aber das Bewußtsein des Allgemeinen an der individuellen Anschauung immer wieder entzündet, aus ihr Klarheit und Evidenz schöpft, so ist es darum nicht aus dem einzelnen Anschauen entsprungen. Wie sind wir also dazu gekommen, über die individuelle Anschauung hinauszugehen und, statt der erscheinenden Einzelheit, etwas anderes zu meinen, ein Allgemeines, das sich in ihr vereinzelt und doch nicht reell in ihr enthalten ist?|ref=<ref>Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, 1. Teil, Halle 1928, 189</ref>}}
 
Husserl formulierte in Hinblick auf die [[Wesen (Philosophie)|Wesensanschauung]] eine realistische Position: „Das Wesen (Eidos) ist ein neuartiger Gegenstand. So wie das Gegebene der individuellen oder erfahrenden Anschauung ein individueller Gegenstand ist, so das Gegebene der Wesensanschauung ein reines Wesen.“<ref>Husserl, Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie, erstes Buch 1913, 14</ref> Mit Kant unterschied Husserl empirisch Allgemeines und rein Allgemeines. Während Begriffe bei Kant als spontane Handlungen im Urteil gebildet werden, versucht Husserl durch Analyse des Bewusstseins die logische Konstitution allgemeiner Begriffe zu erfassen. Empirische Begriffe erhält man durch Vergleich und Variation von Anschauungen, indem man das Verschiedene ausscheidet und das absolut Identische als eine unveränderliche Größe (Invariante) festhält. Das konkrete Erschaute ist zwar [[Kontingenz (Philosophie)|kontingent]], es enthält aber invariant das reine Wesen als oberste Kategorie des Gegebenen. Reine (a priorische) Begriffe geben die Regeln für die Erfahrung vor. Sie werden nicht durch Erfahrung ermittelt, vielmehr umfassen sie die „Unendlichkeit des Fortlaufens“. Die Sätze der Logik sind zeit- und raumunabhängige Wesenheiten, die [[Idee |ideelle]] Realität haben.
 
==== Nicolai Hartmann ====
Für [[Nicolai Hartmann]] ist die Wirklichkeit in allem Seienden:
 
{{Zitat|Das Sein des Seienden ist eines, wie mannigfaltig dies auch sein mag. Alle weiteren Differenzierungen des Seins sind aber nur Besonderungen der Seinsweise.|ref=<ref>Nicolai Hartmann: Zur Grundlegung der Ontologie, Berlin 1935, S.38.</ref>}}
 
Realität und Idealität schließen sich aus. Ein Daseiendes ist entweder real oder ideal. Ideales ist nicht etwas nur Gedachtes, sondern nicht-gegenständliches Seiendes. Hierzu zählte Hartmann Mathematisches, Wesenheiten, Logisches und Werte. Ideales Seiendes ist zeitlos, allgemein und unveränderlich. Reales Seiendes ist dagegen zeitlich, konkret und vergänglich. Realität ist aufdringlich. Man erfährt sie in einem Widerstandserlebnis. Ideales ist in Realem als Struktur oder Gesetzmäßigkeit enthalten. So ist eine geometrische Kugel ein ideales Gebilde, das die Struktur einer materiellen Kugel beschreibt. Empirische Urteile beziehen sich stets auf reale Entitäten, mathematische Urteile auf ideales Seiendes. Beide Arten von Urteilen sind ein Erfassen von etwas An sich- Seiendem ([[Kritischer Realismus]]).
 
Das Seiende und seine Eigenschaften sind unabhängig vom Subjekt. Das Ideale ist im Realen enthalten („universalia in rebus“). „Das allgemeine eben besteht keineswegs jenseits der Fälle (ante res) für sich, aber auch keineswegs in mente als von ihnen abstrahiertes (post rem), sondern durchaus in rebus.“ (GdO, 259) Das An-sich–Sein des Idealen begründete Hartmann damit, dass man nicht erklären könne, dass die Natur mathematisch geformt ist, wenn es keine idealen Beziehungen gäbe. (GdO, 265) Diese Auffassung entspricht dem aristotelischen Universalienrealismus. Logische Sätze gelten, weil sie mit Seinstrukturen übereinstimmen (GdO, 302). Das reale Sein ist demnach das höhere Sein, das auf dem in ihm enthaltenen idealen Sein aufbaut (GdO 291).
 
==== Bertrand Russell ====
 
 
Logiker wie [[Bernhard Bolzano|Bolzano]] und später zu Beginn des 20. Jahrhunderts [[Gottlob Frege|Frege]], [[Alfred North Whitehead|Whitehead]] oder [[Bertrand Russell|Russell]] bekannten sich eindeutig zum Platonismus. [[Willard Van Orman Quine|Quine]] nannte diese Haltung „ontological commitment“. Nachdem Russell die [[Russellsche Antinomie|Paradoxien der Mengenlehre]] entdeckt hatte, bemühte er sich um eine zurückhaltendere Analyse. Dennoch „setzt jede Erkenntnis von Wahrheiten die Bekanntschaft mit Universalien voraus.“<ref>Bertrand Russell: Probleme der Philosophie, Suhrkamp, Frankfurt 1967</ref>
 
Er unterschied drei Arten von [[Entität]]en, für die Begriffe gebildet werden:
* Sinnesdaten als einfache Inhalte und konkrete Individuen
* Daten der Introspektion (Selbstbeobachtung), die bei der Reflexion von Wahrnehmung entstehen (die Wahrnehmung, dass wir wahrnehmen)
* Universalien
 
Jede Aussage über einen Sachverhalt enthält mindestens eine Universalie und eine Relation. Universalien können nicht als Individuen aufgefasst werden: „Weil es viele schwarze Dinge gibt, muss eine Ähnlichkeit zwischen vielen verschiedenen Paaren zu vergleichender schwarzer Dinge bestehen, und gerade das ist ein charakteristisches Merkmal von Universalien. Es hat keinen Zweck, wenn man sagt, dass es für jedes Paar eine andere Ähnlichkeit gibt; denn dann müssten wir zugeben, dass sich diese Ähnlichkeiten ähnlich sehen, und so kommen wir wieder darauf, dass die Ähnlichkeit eine Universalie sein muss.“<ref>Bertrand Russell: Probleme der Philosophie, Suhrkamp, Frankfurt 1967, 85</ref>.
 
Russell diskutierte das Universalienproblem aus [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischer]] Sicht am Beispiel des Begriffs der Bewegung.<ref>Bertrand Russell: Unser Wissen von der Außenwelt (nach den Lowell Lectures von 1914), hrsg. und eingeleitet von Michael Otte, Meiner, Hamburg 2004</ref> Wahrnehmungen beziehen sich auf Objekte; logische Aussagen hingegen setzen andere Aussagen voraus. Zwischen „Wahrnehmungstatsachen“ und „Gesetzesaussagen“ bestehen Relationen, die man als real ansehen muss, wenn man Aussagen als [[Wahrheit|wahr]] anerkennen will.
 
Für Nominalisten wie [[Wilhelm von Ockham|Ockham]] war Bewegung ein Wort, mit dem die Menge der Positionen bezeichnet wird, die ein bewegter Körper einnimmt. Für [[Isaac Newton|Newton]] war Bewegung demgegenüber eine eigenständige Form mit einer eigenständigen Qualität. Anhand der [[Pfeil-Paradoxon]]s von [[Zenon von Elea|Zenon]] untersuchte Russell den mathematischen Charakter von Bewegung. Eine gleichförmige Bewegung ist als lineare [[Funktion (Mathematik)|Funktion]] darstellbar, sodass eine Quantifizierung für jede Position des Pfeils während des Fluges möglich ist. Bewegung wäre danach eine Qualität (Eigenschaft) zweiten Grades und könnte nominalistisch interpretiert werden. Berücksichtigt man jedoch zusätzlich Beschleunigung, ergibt sich eine nichtlineare Beziehung, in der die Kräfte als [[Vektor]]en zusätzlich zu berücksichtigen sind. Die mathematische Darstellung dieses Sachverhalts erfordert eine Funktion, in der die [[Stetigkeit]] als [[Axiom]] vorausgesetzt wird. Stetigkeit setzt aber die Dichtheit rationaler Zahlen voraus, bei denen zwischen zwei noch so kleinen Werten eine unendliche Anzahl von Zwischenwerten liegt. Danach wäre Bewegung nicht nur ein Sammelbegriff, sondern eine eigene Entität.
 
Russell beschäftigte sich ähnlich wie Peirce mit der Frage des Kontinuums, kam aber zu dem Schluss, dass ein Kontinuum aus der Sinnenwelt nicht ableitbar ist, weil es nur [[Korrelation]]en verschiedener (partikularer) Sinneseindrücke gibt. Als Schüler von Peirce wandte [[John Dewey|Dewey]] hiergegen ein, dass die Annahme einzelner Sinneseindrücke bereits eine Realität voraussetze und einzelne Wahrnehmungen zu einer höheren umfassenderen Ebene eines Kontinuums zu rechnen sind.
 
==== Gegenwartsphilosophie ====
Ein bekannter Vertreter des Universalienrealismus in der Gegenwartsphilosophie ist [[David Armstrong]]. Wie bei [[Aristoteles]] gibt es Universalien nur in Verbindung mit den Einzeldingen. „Das Allgemeine ist im Einzelnen.“ Armstrong vertritt zugleich einen strengen physikalistisch begründeten naturwissenschaftlichen Realismus. [[Naturgesetz]]e bezeichnet er als Universalien, die die objektiven Strukturen der Natur beschreiben. Sie sind Relationen einer höheren Ordnung, die den Zusammenhang zwischen universellen Eigenschaften beschreiben.<ref>Vgl. David M. Armstrong: Universals – An Opinionated Introduction, Westview Press, Boulder 1989, 139</ref>
 
Im Gegensatz zu Armstrong vertrat [[Roderick Chisholm]] in der Erkenntnistheorie eine [[Idealismus (Philosophie)|idealistische]] Position. Dennoch hielt er Universalien für real. Anknüpfend an die Auffassung von [[Franz Brentano]] über die [[Intentionalität]] war Chisholm der Meinung, dass alles real ist, worauf sich Intentionen richten können.<ref>Vgl. Roderick Chisholm: A Realistic Theorie of Categories – An Essay on Ontology, Cambridge University Press, Cambridge 1996</ref>
 
Als wichtiges Argument für den Universalienrealismus wird in der modernen Philosophie häufig vorgebracht, dass Aussagen, in denen Universalien vorkommen, „wahr“ oder „falsch“ sein können. Als „Wahrmacher“ (truth maker) werden Universalien daher benötigt.
 
=== Nominalistische Positionen der Moderne ===
==== Analytische Sprachphilosophie ====
Mit dem [[Linguistic Turn]] und der [[Sprachphilosophie]] des 20. Jahrhunderts setzte sich eine stark nominalistische Position durch. Insbesondere im [[Neopositivismus]] des [[Wiener Kreis]]es wurde [[Erkenntnis]] auf die sinnlich wahrnehmbaren Einzeldinge beschränkt. Entsprechend war man der Auffassung, dass die Bedeutung von Begriffen und Aussagen ausschließlich auf die Erfahrung zurückzuführen ist. Vor allem [[Rudolf Carnap|Carnap]] und der frühe [[Ludwig Wittgenstein|Wittgenstein]] wollten alle Begriffe auf phänomenalistische Grundbegriffe zurückführen und hieraus eine rein nominalistische Sprache entwickeln. Aus dieser Sicht gibt es für Allgemeinbegriffe außerhalb des Bewusstseins keine Bezugsgrößen ([[Designat]]e). Klassen sind nichts Reales, sondern Zusammenfassungen in Gedanken.
 
Gesetzesaussagen werden deshalb als bloße syntaktische Regeln ohne Wahrheitswerte (bei [[Hermann Weyl]], [[Frank Plumpton Ramsey]] u.&nbsp;a.) oder als bloße [[Hypothese]]n (bei [[Moritz Schlick]], [[Karl Popper]] u.&nbsp;a.) aufgefasst.
 
===== Ludwig Wittgenstein =====
[[Ludwig Wittgenstein|Wittgenstein]] hat in den [[Philosophische Untersuchungen|Philosophischen Untersuchungen]] einen Teil seiner früheren Auffassungen zwar verändert, hielt aber weiterhin an einem Nominalismus fest. Begriffe beruhen auf Konventionen. Ihre Bedeutung ergibt sich aus ihrem Gebrauch. Allgemeinheiten kann man als [[Familienähnlichkeit]]en bezeichnen. So zeigt die Analyse des Gebrauchs für den Begriff „Spiel“, dass es nicht möglich ist, das Allgemeine dieses Begriffs auf einen exakten, einheitlichen Punkt zu bringen. Sprache versuchte er als ein [[Sprachspiel]] bestehend aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Sprachspielen zu beschreiben.
 
Diese sprachbezogene Auffassung Wittgensteins ist eine moderne Formulierung des reinen Nominalismus von Berkeley ([[Universalienproblem#George Berkeley und David Hume|siehe oben]]), die man als Ähnlichkeits-Nominalismus bezeichnen kann. Andere Interpreten sehen darin eine Ablehnung des Universalienproblems als [[Scheinproblem]], ähnlich wie Carnap dies getan hatte. Wittgenstein sah die Familienähnlichkeiten auch im Zahlbegriff: „Wir dehnen unseren Begriff der Zahl aus, wie wir beim Spinnen eines Fadens Faser an Faser drehen. Und die Stärke des Fadens liegt nicht darin, dass irgendeine Faser durch seine ganze Länge läuft, sondern dass viele Fasern einander übergreifen.“<ref>Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, § 67</ref>
 
===== W. V. O. Quine =====
[[Willard Van Orman Quine|Quine]] untersuchte das Universalienproblem mit den Mitteln der [[Quantorenlogik]].<ref>Vgl. die grundlegenden Aufsätze Quines in Wolfgang Stegmüller (Hrsg.): Das Universalien-Problem: „Über Universalien“ (1947), „[[Was es gibt]]“ (1948), „Semantik und abstrakte Gegenstände“ (1951), „Logik und die Verdinglichung von Universalien“ (1953) und „Bezeichnung und Modalität“ (1953)</ref> So muss man für eine präzise Handhabung den Satz „Dies ist eine rote Rose“ in der Weise lesen:
 
:''Es gibt ein X, für das gilt: X ist eine Rose und X ist rot.''
 
X wird als gebundene Variable bezeichnet. Durch die Umformulierung erreicht man, dass Begriffe nur als Namen eines Gegenstandes verwendet werden. Quines These lautet, dass auch Prädikate grundsätzlich als logische Subjekte formulierbar und als Variablen in die logische Aussageform überführbar sind. Doch entscheidend ist, welcher Begriff als Wert für die Variable einsetzbar ist. Der Nominalist wird fordern, dass der Gültigkeitsbereich der Variablen auf Begriffe beschränkt wird, die auch tatsächlich als Namen umformulierbar sind. Der Platonist wird hingegen die Formel für Begriffe wie „Wert“, „Seiendes“, oder „Variable“ in Anspruch nehmen wollen.
 
Die analytisch formulierte Weise des Universalienproblems bringt zwar Präzisierung, liefert aber weiterhin kein Entscheidungskriterium für das Problem. Der Platonist kann weiter sagen, dass mit dem Sprechen über Universalien deren Existenz bereits anerkannt ist. Ebenso kann der Nominalist darauf verweisen, dass Allgemeines kein Gegenstand sein kann, weil ein solcher Begriff ja bis zum [[infiniter Regress|infiniten Regress]] wieder Teil eines anders gearteten Allgemeinen sein kann. Quine zog die Schlussfolgerung, dass in bestimmten Anwendungsbereichen der Mathematik und der Logik „Klassen“ nicht verzichtbar sind. Solche Begriffsebenen entstehen aber durch menschliche Konstruktionen und werden nicht etwa entdeckt. Er bezeichnete seine Position als konzeptualistisch im Gegensatz zum platonischen Realismus.<ref>Quine in Stegmüller, Logik und Verdinglichung von Universalien, 158</ref> Nominalismus bezeichnete er als [[Agnostizismus]] gegenüber einer Unendlichkeit von Entitäten.
 
===== Peter Strawson, Nelson Goodman =====
Eine kritische Position gegenüber Quine entwickelte [[Peter Frederick Strawson|Strawson]], der auf einen aus seiner Sicht wesentlichen Funktionsunterschied zwischen Begriffen für Einzelnes und Besonderes hinwies.<ref>Strawson: Einzelding und logisches Subjekt, insbesondere Kapitel 8 (Logische Subjekte und Existenz)</ref> Singuläre Begriffe haben die Aufgabe, konkrete Objekte zu identifizieren. Allgemeine Begriff werden in Aussagen verwendet, in denen die Existenz bereits unterstellt wird. Sie haben keine „identifizierende Referenz“.
 
Prädikate in Aussagesätzen können sich auf verschiedene Subjekte beziehen, je nach dem, was der Fall ist. Prädikate sind daher immer allgemeiner als Subjekte. Deshalb ist eine konsequente Ersetzung von Prädikaten durch „logische Subjekte“ nicht möglich. Aussagen über Einzelnes sind nur aufgrund empirischer Tatsachen möglich. Die Auffassung von Allgemeinem als „logischem Subjekt“ setzt voraus, dass es Identifikationssysteme gibt, in denen Bezüge zu raum-zeitlichen Einzeldingen hergestellt werden können.
 
[[Nelson Goodman]] vertritt einen so genannten [[Mereologie|mereologischen]] Nominalismus, nach dem es nicht zulässig ist, aus individuellen Grundelementen unendliche Ketten neuer Entitäten zu bilden. Nach dieser Auffassung sind die Möglichkeiten der [[Mengenlehre]] formal eingeschränkt. Dies ergebe sich aus dem Prinzip, dass von mehreren zutreffenden Theorien die einfachste zu bevorzugen ist ([[Ockhams Rasiermesser]]).
 
==== Vilém Flusser ====
[[Vilém Flusser]] sah das Universalienproblem [[Kulturkritik|kulturkritisch]] im Zusammenhang mit der Entwicklung der [[Informationstechnologie]]. Der [[Buchdruck]] habe den Universalienstreit zu Gunsten der Realisten entschieden, denn er habe bewusst gemacht, dass Schrift aus Typen bestehe und diese Typen greifbar gemacht. Das spekulative Denken sei in der Folge zu einem handfesten Manipulieren von Zeichen geworden, und die modernen Universalien hätten sich von der Ebene des Begrifflichen auf diejenige der praktisch geformten Typen verlagert, weil man an „Atompartikel“, „Gene“, „Völkertypen“ oder „Gesellschaftsklassen“ glaube. [[Positivismus|Positivisten]] und [[Phänomenologie|Phänomenologen]] seien dagegen die modernen Nominalisten.<ref>Vilém Flusser: ''Die Schrift. Hat Schreiben Zukunft?'', Göttingen: European Photography, 5. Aufl. 2002, S. 51</ref>
 
=== Philosophie der Mathematik ===
Die klassische Auffassung in der [[Philosophie der Mathematik]] ist ein Universalienrealismus, nach dem die Gegenstände der Mathematik eine eigenständige Existenz besitzen und nicht erfunden, sondern entdeckt werden. Die Realisten sind sich allerdings nicht einig darüber, wie und wie weitgehend der Mensch fähig ist, zu diesen Universalien vorzudringen. Aus der Sicht des [[Formalismus (Mathematik)|Formalismus]], der von [[David Hilbert|Hilbert]] begründet wurde, oder des [[Logizismus]] von [[Gottlob Frege|Frege]] ist eine systematische Annäherung möglich. Für [[Kurt Gödel|Gödel]] ist es dagegen die Intuition, die es den Mathematikern erlaubt, ihren Universalien näher zu kommen.
 
Als Gegenbewegung im 20. Jahrhundert entstehen nominalistische Auffassungen: Die [[Konstruktive Mathematik]] beschränkt den Existenzbegriff auf konstruierbare Objekte. Der [[Intuitionismus]] vertritt die Ansicht, dass Wahrheit erst im Prozess der Verifizierung entsteht. Diese Ansätze wurden von [[L.E.J. Brouwer]] begründet und unter anderen von [[Paul Lorenzen]] ausgearbeitet. Sie gehen davon aus, dass die Gegenstandsbereiche der Mathematik durch schrittweise Entwicklung von [[Theorie]]n erfunden werden. Die Gewohnheit bestätigt dann, dass die Voraussetzungen sinnvoll sind.
 
Gödel vermittelte zwischen klassischen und intuitionistischen Standpunkten. Wenn mit der Entwicklung von Theorien die Vorstellung verbunden wird, dass die durch menschliche Leistungen entstandenen Allgemeinbegriffe eine semantische Existenz haben, wird auch hier der Begriff des [[Konzeptualismus]] verwendet. So [[Willard Van Orman Quine|Quine]] in seinem Aufsatz ''[[Was es gibt]]''. Diese Terminologie wird später von [[Wolfgang Stegmüller|Stegmüller]] aufgenommen.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Wikipedia:Begriffsschrift|Begriffsschrift]] ([[Gottlob Frege]])
* [[Existenzialien]]
*{{UTB-Philosophie|Dr. Wulff D. Rehfus|914|Universalienstreit}}
* [[formale Ontologie]]
*{{WikipediaDE|Universalienproblem}}
* [[Kategorie (Psychologie)]]
* [[Kategorisierung (Kognitionswissenschaft)]]
* [[Metaphysik]]
* [[Transzendentalien]]
* [[Universalienproblem]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Herbert Witzenmann]]: ''Das Universalienproblem und der Erkenntnisprozeß'', in: Witzenmann, Die Kategorienlehre Rudolf Steiners, Gideon Spicher Verlag, 1994, ISBN 3857042265
; Primärliteratur
* [[Herbert Witzenmann]]: ''Das Universalienproblem in linguistischer und strukturphänomenologischer Bedeutung'', in: Witzenmann, Die Kategorienlehre Rudolf Steiners, Gideon Spicher Verlag, 1994, ISBN 3857042265
* Klaus Oehler: ''Aristoteles. Kategorien, übersetzt und erläutert.'' Berlin 1984
* [[wikipedia:David Armstrong|David Malet Armstrong]]: ''Universals: an Opinionated Introduction'', Westview Press, Boulder/Colorado 1989.
* Nicolai Hartmann: ''Der Aufbau der realen Welt: Grundriß der allgemeinen Kategorienlehre.'' Berlin 1940.
* [[wikipedia:Joseph Maria Bocheński|Innocentius Bochenski]], [[wikipedia:Alonzo Church|Alonzo Church]], [[wikipedia:Nelsond Goodman|Nelson Goodman]]: ''The Problem of Universals. A Symposium'', Notre Dame, Ind., (1956)
* Immanuel Kant: ''[[Kritik der reinen Vernunft]].'' mit einer ausführlichen Bibliographie von Heiner Klemme. Meiner, Hamburg 1998, ISBN 3-7873-1319-2.
* J.M. Bochenski: ''Zum Universalienproblem.'' In: Logisch-philosophische Studien, Alber, Freiburg/München 1959.
* Charles S. Peirce: ''Das Denken und die Logik des Universums. Die Vorlesungen der Cambridge Conferences von 1898.'' hrsg. Von Kenneth Laine Ketner. Suhrkamp, Frankfurt 2002, ISBN 3-518-58325-5.
* [[wikipedia:Pierre Bourdieu|Pierre Bourdieu]]: ''Meditationen. Zur Kritik der scholastischen Vernunft.'', Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2. Aufl. 2004. ISBN 3-51829-295-1
* George Lakoff: ''Women, Fire, and Dangerous Things - What Categories Reveal about the Mind.'' The University of Chicago Press, 1987, ISBN 0-226-46803-8.
* [[wikipedia:Carl Friedrich Gethmann|Carl Friedrich Gethmann]]: Stichwort ''„Allgemeinheit“'' in: Handbuch philosophischer Grundbegriffe, hrsg. von Hermann Krings, Hans Michael Baumgarten und Christoph Wild, Kösel, München 2. Aufl. 2003 (CD-Ausgabe) sowie Stichwörter ''„Universalien“, „Universalienstreit“ und „Universalienstreit, moderner“'' in: Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, Band 4, hrsg. von Jürgen Mittelstraß, Metzler, Stuttgart 1996
 
* Guido Küng: ''Ontologie und logistische Analyse der Sprache. Eine Untersuchung zur zeitgenössischen Universaliendiskussion.'' Springer-Verlag, Wien 1963.
; Sekundärliteratur
* Wolfgang Künne: ''Abstrakte Gegenstände. Semantik und Ontologie''. Frankfurt am Main: Klostermann 2007, ISBN 978-3-465-04032-3
* Hans-Michael Baumgartner, Gerd Gerhardt, Klaus Konhardt, Gerhard Schönrich: ''Kategorie, Kategorienlehre''. In: Joachim Ritter et al. (Hrsg.). ''Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 4.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1976, S. 714–776.
* Alain de Libera: ''Der Universalienstreit. Von Platon bis zum Ende des Mittelalters'', München: Fink 2005 (Original: La querelle des universaux, 1996). ISBN 3-7705-3727-0
* Wolfgang Carl: ''Die Transzendentale Deduktion der Kategorien in der ersten Auflage der Kritik der reinen Vernunft. Ein Kommentar.'' Klostermann,  Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-465-02532-6.
* [[wikipedia:Wolfgang Stegmüller|Wolfgang Stegmüller]]: ''Glauben, Wissen und Erkennen. Das Universalienproblem einst und jetzt'', 3. Aufl. Darmstadt: Wiss. Buchges. 1974. ISBN 3-534-03322-1  
* Johannes Heinrichs: ''Die Logik der Vernunftkritik'', Francke UTB, Tübingen 1986; Neuauflage: ''Das Geheimnis der Kategorien. Die Entschlüsselung von Kants zentralem Lehrstück'', Maas, Berlin 2004. ISBN 3-929010-94-1.
* Wolfgang Stegmüller (Hrsg.): ''Das Universalien-Problem'', WBG, Darmstadt 1978, Sammelband mit einer Einleitung von Stegmüller und wichtigen Aufsätzen unter anderem von [[wikipedia:Bertrand Russell|Russell]], [[wikipedia:Frank Plumpton Ramsey|Ramsey]], [[wikipedia:Willard Van Orman Quine|Quine]] (4x), [[wikipedia:Alonzo Church|Church]] (3x), [[wikipedia:Nelson Goodman|Goodman]], [[wikipedia:Michael Dummett|Dummett]] und [[wikipedia:Rudolf Carnap|Carnap]]
* Thomas Hünefeldt: ''Peirces Dekonstruktion der Transzendentalphilosophie in eine phänomenologische Semiotik.'' Königshausen & Neumann, Würzburg 2002, ISBN 3-8260-2197-5.
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_universalienproblem.pdf Über das Universalienproblem] PDF
* Dietmar Koch, Klaus Bort (Hrsg.): ''Kategorie und Kategorialität. Historisch-systematische Untersuchungen zum Begriff der Kategorie im philosophischen Denken. Festschrift für Klaus Hartmann zum 65. Geburtstag.'' Königshausen & Neumann, Würzburg 1990, ISBN 3-88479-513-9.
* [[wikipedia:Peter Frederick Strawson|Peter Frederick Strawson]]: ''Einzelding und logisches Subjekt'', Stuttgart: Reclam, 3. Aufl. 1983. ISBN 3-15-009410-0
* Hans-Ulrich Wöhler (Hrsg.): ''Texte zum Universalienstreit.'', 2 Bde., Berlin: Akademie 1992. Band 1: ISBN 3-05-001792-9, Band 2: ISBN 3-05-001929-8


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/universals-medieval/|The Medieval Problem of Universals|Gyula Klima}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/categories/ |Categories|Amie Thomasson}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/nominalism-metaphysics/|Nominalism in Metaphysics|Gonzalo Rodriguez-Pereyra}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/medieval-categories/ |Medieval Theories of the Categories|Jorge Gracia und Lloyd Newton}}
* {{IEP|http://www.iep.utm.edu/universa/|Universals|Mary C. MacLeod und Eric M. Rubenstein }}
* Rudolf Eisler: ''[http://www.textlog.de/3784.html Stichwort: Kategorien].'' In: ''Wörterbuch der philosophischen Begriffe.'' (1904)
* [http://www.textlog.de/6224.html Der Universalienstreit oder: Nominalismus und Realismus (Roscelin, Anselm von Canterbury u. a.)] in Karl Vorländer: ''Geschichte der Philosophie'' [http://www.textlog.de/vorl_philosophie.html]
* Wolfgang Fritz Haug: ''[http://www.wolfgangfritzhaug.inkrit.de/ Stichwort: Kategorie] (PDF; 184&nbsp;kB)'' In: ''[[Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus|HKWM]]''
* Wolfgang Stegmüller: [http://www.blutner.de/philos/Texte/steg.html Geschichtliches zum Universalienstreit]
* Joachim Stiller: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_universalienproblem.pdf Über das Universalienproblem] PDF
* Georg Reichelt: [http://www.uni-konstanz.de/FuF/ueberfak/sfb511/publikationen/universalien.html Universalien]
* [http://www.information-philosophie.de/?a=1&t=227&n=2&y=1&c=2# Wolfgang Künne: Der Universalienstreit in der neueren analytischen Philosophie] in: Information Philosophie


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


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Version vom 7. Januar 2021, 07:14 Uhr

Unter Kategorien (griech. κατηγορία kategoria u. a. ‚Anklage‘, später ‚Eigenschaft‘, ‚Aussage‘ oder ‚Prädikat‘) versteht man in der Logik Grundbegriffe, innerhalb der Ontologie und Metaphysik Grundmerkmale des Seienden. Da das Verb kategorein ins Lateinische übersetzt praedicare lautet, heißen Kategorien insbesondere im Mittelalter auch Prädikamente. Bei Kant sind Kategorien apriorische Denkformen und somit die Grundvoraussetzung für alle Erfahrungen. Im 20. Jahrhundert werden die Kategorien als offene Begriffssysteme zur Strukturierung der erfahrbaren Welt aufgefasst und ausgearbeitet. Philosophische Kategorien sind insofern absolut, als sie sich nicht auf andere allgemeinere Begriffe zurückführen lassen. Alle Wissenschaften haben ihr Kategoriegefüge. In der Physik sind solche Kategorien z. B. die sieben Basisgrößen.

Platon

Das Grundproblem der Kategorien ist das der Ordnung und der Hierarchie des Seienden. Im Anschluss an das parmenideische und heraklitische Denken steht bei Platon die Frage nach dem, was das Seiende ist und welche Art von Sein ihm zukommt, im Vordergrund. Die Frage lautet also, was es eigentlich heißt, wenn wir sagen, etwas „ist“. Diese für das alltägliche Denken ungewohnte Frage erweist sich als eine der schwierigsten Grundfragen der Philosophie bzw. der Ontologie.

Konsequent befragt, stellen wir dabei fest, dass die wenig reflektierten alltäglichen Aussagen über die Welt und ihren Charakter bei genauerem Nachdenken oft nicht zu halten sind. Da wir aber trotz aller philosophischen Ungewissheit über die letzten Fragen doch Erkenntnis über Sachverhalte und Dinge erlangen können, lässt er in seinen platonischen Dialogen Sokrates die Frage nach den Strukturen unserer Erkenntnis stellen. Auffällig dabei ist, dass wir trotz aller Mannigfaltigkeit von Dingen und Sachverhalten offenbar etwas Allgemeines und Identisches innerhalb der Welt erfassen können.

Die Grundlage für diese Fähigkeit ist für Platon die Teilhabe an unveränderlichen Ideen, die wie Vorlagen für die einzelnen, konkreten Dinge zu verstehen sind, denen diese „nachgebildet“ sind. So nimmt etwa ein konkreter Tisch an der Idee eines Tisches bzw. einer ‚Tischhaftigkeit‘ teil und ist dieser Idee durch die Hand des Tischlers nachempfunden. Der Begriff der Idee ist dabei von dem griechischen Wort idein, sehen, als Substantiv abgeleitet. Doch die Ideen können nur durch das Denken erkannt werden.[1]

Im Dialog Sophistes stellt Platon fünf oberste Gattungen oder Metaideen vor. Diese sind inhaltlich nicht mit anderen Begriffen verknüpfbar und stellen deshalb die ursprünglichen Prinzipien des Seins dar, weil sie nicht auf andere zurückführbar sind. Er entwickelte in diesem Dialog die erste Kategorienstruktur zur Beschreibung des Seins in der antiken Philosophie.[2] Diese Begriffe sind das Seiende, Ruhe und Bewegung sowie Selbigkeit und Verschiedenheit. Die Gemeinschaft dieser Begriffe liegt in ihrem Anteil am Sein, während sie untereinander gänzlich verschieden sind. Keiner der Begriffe ist in einem anderen enthalten.

Aristoteles

Aristoteles folgt Platon in weiten Teilen, allerdings räumt er dem Begriff der ousia (Wesen, Substanz) eine besondere Bedeutung ein. Im Phaidon hatte Platon über die ousia ausgesagt, sie sei das, was ein jegliches Seiendes als es selbst ist (Phaidon 65d-e; 75d). Diese Merkmalsbestimmung übernimmt Aristoteles, allerdings verschärft er ihre Bedeutung: die Frage nach dem Was ist alles Wesen?, womit das einzelne Wesen einer Sache gemeint ist, wendet sich in die nach Aristoteles philosophische Grundfrage: Was ist das Wesen selbst?

Aristoteles gilt als Begründer der „Kategorienlehre“ im engeren Sinne, die unter anderem in der Schrift Die Kategorien abgehandelt wird (deren Titel aber nicht von Aristoteles selbst stammt). Hier (Kat. 4, 1b 25) unterscheidet Aristoteles zehn Kategorien (in Klammern zunächst kursiv der griechische Ausdruck, dann die von Aristoteles an dieser Stelle gegebenen Beispiele):

  1. Substanz (ousia, ein Mensch, Pferd),
  2. Quantität (poson, ein zwei (drei) Ellen Langes),
  3. Qualität (poion, ein Weißes, ein der Grammatik Kundiges),
  4. Relation (pros ti, ein Doppeltes, ein Halbes, Größeres),
  5. Wo (pou, auf dem Markt, im Lyzeum),
  6. Wann (pote, gestern, voriges Jahr),
  7. Lage (keisthai, er liegt, sitzt),
  8. Haben (echein, er ist beschuht, bewaffnet),
  9. Tun (poiein, er schneidet, brennt),
  10. Leiden (paschein, er wird geschnitten, gebrannt).

Dieselben Kategorien (allerdings ohne Beispiele) nennt Aristoteles in Top. I 9 (103b 20). An anderen Stellen zählt Aristoteles weniger Kategorien auf (Analyt. post. I 22, 83a 21; 83b 16; Phys. V 1, 225b 6, Met. V 7, 1017a 24ff).

Aristoteles stellt die erste Kategorie, die Substanz, den übrigen, den Akzidenzien, gegenüber (z. B. in Analyt. post. I 22, 83a 25). Diese Unterscheidung ergibt sich dadurch, dass die Substanz selbstständig existiert, während es die Akzidenzien nur mit einer Substanz geben kann. So kann beispielsweise Sokrates ohne seinen Bart existieren, aber der Bart kann nicht ohne Sokrates existieren. Dadurch ist es möglich zu erklären, warum beispielsweise eine Person, die sich im Laufe der Zeit verändert, also akzidentelle Veränderungen erfährt, dennoch substanziell dieselbe Person bleibt. Sokrates kann also seinen Bart abnehmen und doch weiterhin Sokrates bleiben.

Innerhalb der Substanz unterscheidet Aristoteles nochmals zwischen erster und zweiter Substanz (vgl. Kat. 5, 2a 25). Die erste Substanz ist dabei das Individuum, also z. B. Sokrates, die zweite Substanz ist die Art des Individuums, also z. B. Mensch. Das Verhältnis von Individuum und Art wird im Mittelalter im Universalienstreit thematisiert: Hier geht es um die Frage, ob Arten auch unabhängig von Individuen existieren.

Bedeutende Kommentare zu Aristoteles verfassten u. a.

Für die Tradierung war lange die Schrift Categoriae decem, auch Paraphrasis Themistiana genannt, bedeutend, eine lateinische Zusammenfassung der Kategorienschrift des Aristoteles.

Stoa

Während Aristoteles untersucht hatte, in welcher Weise Aussagen über etwas Seiendes möglich sind, war das Interesse der Stoiker darauf gerichtet, Einteilungen für die realen Objekte zu finden. Sie unterschieden deshalb – erstmals bei Chrysippos von Soli bezeugt – vier „Gattungen des Seienden“: Das Substrat als die Substanz, die allen Dingen als Stoff zugrunde liegt (Hypokeimenon), die an das Substrat gebundene Eigenschaft, die zum Wesen des Einzeldings gehört und in ihm konkret wird (Poion), das an die jeweilige Situation gebundene Sichverhalten (Pos echon) sowie Eigenschaften, die sich nur aus der Relation zu anderem Sichverhalten ergeben, wie etwa Vater und Sohn oder rechts und links oder die sich gegenseitig stützenden Steine eines Torbogens (Pros ti pos echon).[3] Wie bei allen anderen philosophischen Richtungen sind die Kategorien und ihr Verhältnis zueinander auch hier Ausdruck der inneren Ordnung des Kosmos.

Thomas von Aquin

Auch Thomas von Aquin unterscheidet zwischen Substanz und Akzidenz und steht damit, wie überhaupt die mittelalterliche Philosophie, in der Tradition des Aristoteles. Außerdem ist für Thomas aber die Verbindung von Philosophie und Theologie ein zentraler Aspekt.

In diesem Zusammenhang rückt vor allem das Göttliche in den Blick. Wie sollte das göttliche Sein unter den Vorstellungen des Aristoteles zu verstehen sein? Aristoteles selbst sprach von einem „unbewegten Beweger“, was jedoch der christlichen Offenbarung mit ihrem personalisierten Gottesbild widerspricht. Thomas steht deshalb vor der Aufgabe, die christliche Gottesvorstellung mit den ontologischen Begriffen des Aristoteles zu vereinen und miteinander zu versöhnen. Zentrale Begriffe sind hier Wesen und Sein, Mögliches und Wirkliches sowie Form und Materie.

Letztlich muss Thomas aufzeigen, in welcher Form sich Gott von allem anderen Sein abhebt und wie dies innerhalb des aristotelischen Denkens, dem Thomas treu zu bleiben versucht, widerspruchsfrei zu denken ist. Ein Beispiel für dieses Vorgehen mag das Begriffspaar „Möglichkeit“ und „Wirklichkeit“ bieten. Jedes Individuum hat, ganz im Sinne Aristoteles, „Essenz“, d. h. Wesen, und Existenz, d. h. Dasein. Ob sich die Essenz in der Existenz verwirklicht, ist Teil der Verwirklichung von Möglichkeiten. Diesem Bild entspricht die Beobachtung der Natur: So hat ein Same das Potential, eine Pflanze zu werden.

Für das Sein Gottes muss es nun möglich sein zu denken, dass Er dieser Beschränkung nicht unterliegt. Nur in Gott, so Thomas, findet sich alleine der Aspekt der Wirklichkeit: Gott ist der reine Akt. Gott ist das einzige Seiende, in dem keinerlei Möglichkeit ist (weder hinsichtlich der Existenz noch hinsichtlich der Wesenheit). In Gott findet sich die Verwirklichung, ohne dass sie aus einer Potentialität der Wesenheit hervorgegangen wäre.

Siehe auch: Analogia entis

Immanuel Kant

Kants Tafel der 12 Kategorien.
1. Der Quantität:
Einheit
Vielheit
Allheit.
2. Der Qualität:
Realität
Negation
Limitation.
3. Der Relation:
der Inhärenz und Subsistenz (substantia et accidens)
der Causalität und Dependenz (Ursache und Wirkung)
der Gemeinschaft (Wechselwirkung zwischen dem Handelnden und Leidenden).
4. Der Modalität:
Möglichkeit – Unmöglichkeit
DaseinNichtsein
NothwendigkeitZufälligkeit.
Immanuel Kant: AA III, 93– KrV B 106[4]

Kategorien sind nach Kant apriorisch und unmittelbar gegeben. Sie sind Werkzeuge des Urteilens und Werkzeuge des Denkens. Als solche dienen sie nur der Anwendung und haben keine Existenz. Sie bestehen somit nur im menschlichen Verstand. Sie sind nicht an Erfahrung gebunden.[5] Durch ihre Unmittelbarkeit sind sie auch nicht an Zeichen gebunden.[6]

Kants erkenntnistheoretisches Ziel ist es, über die Bedingungen der Geltungskraft von Urteilen Auskunft zu geben. Ohne diese Auskunft können zwar vielerlei Urteile gefällt werden, sie müssen dann allerdings als „systematische Doktrin(en)“ bezeichnet werden.[7] Kant kritisiert damit das rein analytische Denken der Wissenschaft als falsch und stellt ihm die Notwendigkeit des synthetisierenden Denkens gegenüber.[8] Kant begründet die Geltungskraft mit dem Transzendentalen Subjekt.[9] Das Transzendentalsubjekt ist dabei ein reiner Reflexionsbegriff, welcher das synthetisierende Dritte darstellt (wie in späteren Philosophien Geist (Hegel), Wille, Macht, Sprache und Wert (Marx)), das nicht durch die Sinne wahrnehmbar ist. Kant sucht hier die Antwort auf die Frage, wie der Mensch als vernunftbegabtes Wesen konstituiert werden kann, nicht in der Analyse, sondern in einer Synthesis.[10]

Bei Immanuel Kant, der somit als bedeutender Erneuerer der bis dahin „vorkritischen“ Kategorienlehre gilt, finden sich zwölf „Kategorien der reinen Vernunft“. Für Kant sind diese Kategorien Verstandesbegriffe, nicht aber Ausdruck des tatsächlichen Seins der Dinge an sich. Damit wandelt sich die ontologische Sichtweise der Tradition in eine erkenntnistheoretische Betrachtung, weshalb Kants „kritische“ Philosophie (seit der Kritik der reinen Vernunft) oft auch als „Kopernikanische Wende in der Philosophie“ bezeichnet wird.

Quantität, Qualität, Relation und Modalität sind die vier grundlegenden Urteilsfunktionen des Verstandes, nach denen die Kategorien gebildet werden. Demnach sind z. B. der Urteilsfunktion „Quantität“ die Kategorien bzw. Urteile „Einheit“, „Vielheit“ und „Allheit“ untergeordnet, und der Urteilsfunktion „Relation“ die Urteile der „Ursache“ und der „Wirkung“.

Bereits bei Friedrich Adolf Trendelenburg findet man den Hinweis auf die verbreitete Kritik, dass Kant die den Kategorien zugrunde liegenden Urteilsformen nicht systematisch hergeleitet und damit als notwendig begründet hat. Einer der Kritikpunkte ist dabei, dass die Kategorien sich teilweise auf Anschauungen (Einzelheit, Realität, Dasein), teilweise auf Abstraktionen wie Zusammenfassen, Begrenzen oder Begründen (Vielheit, Allheit, Negation, Limitation, Möglichkeit, Notwendigkeit) beziehen.[11]

Charles S. Peirce

Für Charles S. Peirce war die Frage der Kategorien ein wesentlicher Ausgangspunkt seiner Philosophie. Peirce entwickelte eine Kategorienlehre, die sich nicht wie bei Kant mit den Arten der Erkenntnis, sondern mit Erscheinungsweisen des Seins befasst und die Grundlage seiner Zeichenlehre bildet. Die Kategorien von Peirce können nicht mit Logik beschrieben, sondern nur phänomenologisch untersucht werden. Sie sind in jedem Phänomen enthalten und daher universal. Begrifflich unterschied Peirce rein formal Erstheit, Zweitheit und Drittheit als Formen, in denen alles, was ist, sich widerspiegelt:

  • „Erstheit ist die Weise, auf die etwas für sich selbst existieren würde, ohne Beziehung auf etwas anderes, so dass es keinen Unterschied machen würde, wenn nichts anderes existierte oder jemals existiert hätte oder existieren könnte.“ [12] Erstheit ist das Sein von etwas ohne Bezug auf etwas anderes. Es ist das Sein an sich, das als reine Möglichkeit besteht (z. B. Röte als Möglichkeit);
  • „Eine Zweitheit kann man als eine Veränderung des Seins eines Gegenstandes definieren, die ipso facto eine Seinsweise eines vom ersten deutlich unterschiedenen Gegenstandes ist. Oder genauer gesagt ist Zweitheit dasjenige in jedem von zwei absolut getrennten und voneinander entfernten Gegenständen, das einen jeden von ihnen dem anderen zuordnet, nicht für meinen Geist oder für oder durch irgendeinen anderen vermittelten Gegenstand oder vermittelten Umstand welcher Art auch immer, sondern in diesen beiden Gegenständen allein, so dass es sich genauso verhalten würde, wenn nichts anderes existierte oder jemals existiert hätte oder existieren könnte.“[13] Zweitheit ist die Bestimmung des hier und jetzt von etwas Seiendem (der Gegensatz zweier noch unreflektierter Gefühle);
  • „Die Idee der Drittheit ist die Veränderung des Seins eines Gegenstandes, welcher eine Erscheinungsweise eines zweiten ist, insofern er die Veränderungen eines Dritten ist. Man könnte sie einen inhärenten Grund nennen.“[14] Drittheit ist das Prinzip, das hinter den Dingen steht, die mit der Erscheinung verbundene Gesetzmäßigkeit (z. B. dass eine Tür zu öffnen ist, dass ein Tisch eine Ablagefläche hat, der Algorithmus des Computerprogramms).

Eine Verbindung zu den Kategorien Kants ergibt sich wieder, wenn Peirce Möglichkeit = Erstheit, Aktualität = Zweitheit und Notwendigkeit = Drittheit setzt. Ähnlich verhält es sich mit den Relationen Qualität (1), Tatsache (2) und Verhalten bzw. Gesetz (3) sowie mit den Begriffen Gegenstand (1), Relation (2) und Repräsentation (3). Die Triade war für Peirce eine grundlegende Perspektive auf alle Phänomene, und er sah sie sogar in der christlichen Dreifaltigkeit bestätigt. Die Kategorien sind zwar gedanklich unterscheidbar, aber sie sind nicht separierbar. Sie sind jeweils alle in jedem Gedanken enthalten und nur in einem langen Prozess der Aneignung mit Klarheit zu erfassen. Dementsprechend gibt es von Peirce immer wieder Texte verschiedener Annäherung an die Kategorien.

Wilhelm Dilthey

Wilhelm Dilthey hat als einer der Begründer der Lebensphilosophie das Leben als die nicht hintergehbare Grundtatsache des Philosophierens festgestellt. Das Leben des Menschen ist immer ein an die Geschichte gebundener Fluss in der Zeit, in dem der Mensch seine Welt erlebt. In diesem Erleben sind für den Menschen drei Kategorien des Denkens maßgeblich, nämlich Werte, Zwecke und Bedeutungen, die durch die Dimension der Zeit miteinander verknüpft sind:

„Indem wir zurückblicken in der Erinnerung, erfassen wir den Zusammenhang der abgelaufenen Glieder des Lebensverlaufs unter der Kategorie der Bedeutung. Wenn wir in der Gegenwart leben, die von Realitäten erfüllt ist, erfahren wir im Gefühl ihren positiven oder negativen ‚wert, und wie wir uns der Zukunft entgegenstrecken, entsteht aus diesem Verhalten die Kategorie des Zweckes. Wir deuten das Leben als die Realisierung eines obersten Zwecks, dem sich alle Einzelzwecke unterordnen, als die Verwirklichung eines höchsten Gutes. Keine dieser Kategorien kann der andern untergeordnet werden, da jede aus einem andern Gesichtspunkt aus das Ganze des Lebens dem Verstehen zugänglich macht.“[15]

Insgesamt hat Dilthey eine eigene Kategorienlehre verfasst (Die Kategorien des Lebens), die aus dem Nachlass veröffentlicht wurde[16], und in der Dilthey zwischen formalen und realen Kategorien unterschied. Die formalen Kategorien sind „in der Vernunft als solcher begründet, […] durch welche sich das Denken die Wirklichkeit erleuchtet.“ […]„Es gibt draußen keine Allgemeinheit, sondern es gibt nur Tatsachen, die das Denken in sie einordnet und so sich verdeutlicht.“[17] Zu dieser Art gehören Begriffe wie Ordnung, Beziehung, Identität, Gleichheit oder Unterschied. Demgegenüber sind die realen Kategorien Lebenskategorien, die die dem realen Lebenszusammenhang entnommen werden. Weil das Leben als Ganzes nicht durch Begriffe zu erfassen ist, gibt es auch keine Möglichkeit, die Lebenskategorien abschließend zu bestimmen. „Der Lebenszusammenhang und seine Struktur ist einer, er ist lebendig, ja das Leben selbst. Er ist nicht durch Begriffe zu ergründen. Daher ist auch nie ein Versuch gelungen, die Natur, Zahl und Ordnung dieser Kategorien festzustellen.“[18]

Als maßgebliche Lebenskategorien nennt Dilthey die Selbigkeit, das Wirken und Leiden sowie Kategorien, die das Wesen beschreiben.[19] Mit Selbigkeit bezeichnet Dilthey die unmittelbare Gewissheit, dass „in einer Lebenseinheit eine nur erlebbare, durch keinen Begriff ausdrückbare Einheit alles Unterschiedene und alle Veränderungen zusammenhält“[20] Die Selbigkeit ist aus der inneren Erfahrung des Ich gegeben und Grundlage dafür, dass es ein Du gibt, dass Vorstellungen wie Ding, Realität oder Substanz gebildet werden. Das Wirken und Leiden ist die Wechselwirkung des unmittelbar erfahrenen Willens, die willensförmigen Kräfte der Außenwelt, die etwa Kinder oder auch Naturvölker in besonderem Maße wahrnehmen. In einer kulturell weiterentwickelten Welt erst werden diese Begriffe in Vorstellungen von Ursache und Wirkung oder das abstrakt gefasste Kausalgesetz transformiert.[21] Die dritte Kategoriengruppe ist schließlich die, in der Begriffe wie „Essentialität oder Wesen, Zweck, Wert, Sinn, Bedeutung“ erfasst werden.[22] In diesen Kategorien liegt das, was den Mittelpunkt eines jeden Menschen ausmacht. In ihnen liegen Bedeutung und Sinn des Lebens. Aus ihnen leiten sich Kategorien wie Wert, Nutzen, Zweck und Mittel ab. „Wie nun aus lebendigen Wurzeln Substanz und Kausalität entspringen, dann aber eine abstrakte Form im Zusammenhang des Erkennens annehmen, so findet dieselbe Entwicklung auch von diesen Begriffen aus statt. Und auf diesem Wege entspringen dann die Kategorien des Wesens oder der Essentialität.“[23]

Alfred North Whitehead

Ein Kategorienschema bildet auch die Grundlage des Werkes Prozess und Realität von Alfred North Whitehead. Dieser verwendet die Kategorien als grundlegende Definitionen und Sätze einer systematischen metaphysischen Theorie, ähnlich wie naturwissenschaftliche Theorien aufgebaut sind. Zweck dieses Vorgehens ist es, die begriffliche Kohärenz seiner Metaphysik zu überprüfen, aber auch um seine Theorie auf naturwissenschaftliche Forschungsergebnisse anwenden zu können. Kohärent bedeutet, dass es in der Erfahrung keine Einzelereignisse geben darf, die im Widerspruch zu den allgemeinen Ideen (= Kategorien) oder auch nur außerhalb des inneren Zusammenhangs der Theorie stehen. Kategorien sind demnach allgemeingültige Begriffe und grundsätzliche Aussagen, die bei der Entwicklung einer Theorie deren Rahmen abstecken.

Übersicht über das Kategorienschema von Alfred North Whitehead

Die oberste Stufe, die bei Whitehead eine ähnliche Stellung hat wie bei Aristoteles die Substanz,[24] ist die „Kategorie des Elementaren“ (category of the ultimate) (PR 63[25]). Das Werden ist ein dynamischer Prozess, in dem unablässig Neues geschaffen wird. Deshalb enthält die Kategorie des Elementaren das Moment der Kreativität. Diese ist die „Universalie aller Universalien“, weil sie als Prinzip, als innere anregende Kraft, als konstitutive Qualität in allen Elementen der Natur enthalten ist. Elementar ist auch die Frage nach Einheit und Vielheit. Einheit steht für das Eine, die Identität und Singularität einzelner Prozesselemente (Whiteheads Begriff: wirklicher Einzelwesen), die in ihrer Vielheit jedoch immer als miteinander verbunden gedacht werden müssen. Einheit und Vielheit setzen sich wechselseitig voraus. Sie haben in der Logik ihre Entsprechung in der Analyse der Relation von Teil und Ganzes. Das letzte Einzelne ist eine vieldimensionale, unendliche Teilung der ganzen Wirklichkeit. Kreativität bedeutet, dass im Werden eine neue Einheit aus einer Vielheit von Elementen entsteht. Hier zeigt sich deutlich Whiteheads Platonismus. So heißt es im Parmenides (156 ab): „Das Eins also, wie es scheint, da es das Sein erfaßt und fahren läßt, wird auch und vergeht [...] Da es nun eins ist und vieles und werdend und vergehend, wird nicht, wenn es eins wird, das Viel-sein vergehen, wenn es aber Vieles wird, das Eins-sein vergehen?“[26]

Die Kategorie des Elementaren unterteilte Whitehead in die drei Kategorien der Existenz, der Erklärung und der Verbindlichkeiten.[27] Kategorien der Existenz benennen als Klasse des Seienden die Grundelemente der Realität. Hierzu gehören vor allem die wirklichen Einzelwesen bzw. wirklichen Ereignisse, Relationen bzw. Informationen, Zusammenhänge (Nexus), Formen, Kontraste und zeitlose Gegenstände als reine Potenziale. Erklärungskategorien dienen der Beschreibung von Elementarereignissen. Hier führte Whitehead in 27 erläuternden Aussagen auf, was einen Prozess ausmacht. Die neun Kategorien der Verbindlichkeiten beziehen sich auf die subjektive Binnenperspektive. Sie beschreiben die Bedingungen, den Möglichkeitsraum, unter denen ein Prozess ablaufen kann.

„Jedes Einzelwesen sollte ein spezifischer Fall einer Kategorie der Existenz, jede Erklärung ein spezifischer Fall von Kategorien der Erklärung und jede Bedingung ein spezifischer Fall der kategorialen Verbindlichkeiten sein. Die Kategorie des Elementaren formuliert das allgemeine Prinzip, das in den drei spezielleren Kategorientafeln vorausgesetzt wird.“ (PR 61)

Nicolai Hartmann

In seinem Werk „Der Aufbau der realen Welt“ entwickelte Nicolai Hartmann eine allgemeine Kategorienlehre, die auf dem Schichtenbau des Seienden beruht.

Das reale Sein unterteilte er in die aufsteigenden Schichten von Unorganischem, Leben, Seele und Geist. Jede Schicht baut auf der nächsten Stufe auf. In jeder Schicht gelten Fundamentalkategorien und spezifische Kategorien. Die Fundamentalkategorien bestehen aus Gegensatzpaaren (AdrW, 230). Sie sind elementar und nicht auf andere rückführbar.

Liste der Fundamentalkategorien
  • Prinzip und Concretum
  • Struktur und Modus
  • Form und Materie
  • Inneres und Äußeres
  • Determination und Dependenz
  • Einheit und Mannigfaltigkeit
  • Einstimmigkeit und Widerstreit
  • Gegensatz und Dimension
  • Diskretion und Kontinuität
  • Substrat und Relation
  • Element und Gefüge

Hartmann betonte, dass seine Kategorien – anders als bei Aristoteles und Kant – nicht nach einem einheitlichen Prinzip ermittelt sind. Sie haben jedoch die grundlegende Eigenschaft, dass aus jedem Paar sich die anderen Paare schrittweise ableiten lassen. Hierdurch bilden die Kategorien jeweils einen Aspekt eines einheitlichen Zusammenhangs ab (AdrW, 255). Die Kategorienpaare haben in sich eine innere Bezogenheit und untereinander eine äußere Bezogenheit. Der Gehalt der Kategorien ist in den einzelnen Schichten unterschiedlich. So ist Determination etwa auf der Ebene des Unorganischen als physikalische Kausalität, auf der Ebene des Lebens als Trieb, in der Seele als Motiv und im Geistigen als Grund zu interpretieren.

Im dritten Teil von „Aufbau der realen Welt“ stellte Hartmann kategoriale Gesetzmäßigkeiten auf:

  1. Kategorien sind mit dem Konkreten fest verbunden.
  2. Kategorien bedingen sich innerhalb einer Kategorienschicht.
  3. Kategorien aus der höheren Schicht enthalten viele der Kategorien aus der unteren Schicht, jedoch in abgewandelter Form.
  4. Höhere Schichten sind von den niedrigeren abhängig, aber nicht umgekehrt.

Betrachtet man den Zusammenhang von Schichten und Kategorien, so enthalten für Hartmann viele Weltanschauungen den Grundfehler der prinzipiellen Einseitigkeit.

  • Der Materialismus versucht, organische, seelische und geistige Phänomene aus physikalischen Prozessen abzuleiten und übersieht die komplexeren Strukturen auf der jeweils höheren Ebene.
  • Ähnlich versucht der Biologismus Seelisches und Geistiges aus den Lebensprinzipien zu begründen und übersieht die Gesetze des Novums und der Freiheit (AdrW, 498)
  • Der Vitalismus versucht eine Erklärung mit dem Prinzip der Finalität, obwohl dies eine Kategorie des Geistes ist.
  • Im Idealismus erfolgt eine Erklärung der Welt aus dem Prinzip des Subjektes, obgleich das Subjekt der Schicht des Geistes zuzuordnen ist.

Analytische Philosophie

Die moderne analytische Ontologie formuliert Theorien von den grundlegenden Kategorien, Dingen, Eigenschaften, Ereignissen, Teilen und Ganzheiten unter dem Gesichtspunkt der logischen Form der Sprache. Während Rudolf Carnap kategoriale Existenzfragen von sogenannten „internen“ Existenzfragen innerhalb eines Sprachlichen Rahmens trennen wollte und die kategorialen als Scheinprobleme abtat, griff Willard Van Orman Quine diese Unterscheidung an und vertrat vielmehr eine Theorie des „ontological commitment“ einer Theorie auf einen bestimmten Objektbereich. Dabei steht im Mittelpunkt, wie sich die verschiedenen Kategorien logisch zueinander verhalten und ob sich bestimmte Kategorien auf andere reduzieren lassen. Zentrale Begriffe sind hier Entitäten, Universalien, Einzeldinge, Eigenschaften, Sachverhalte und tropes (numerisch identische Instanzen von Eigenschaften).[28] Reinhardt Grossmann etwa bezeichnet Kategorien als „Arten von abstrakten Dingen“ und führt eine Liste von sieben solcher Arten an: Individuen, Eigenschaften, Beziehungen, Strukturen, Mengen, Quantoren und Tatsachen.[29]

Spezielle Kategorienlehre

Die philosophische Kategorienlehre befasst sich vorrangig mit den allgemeinen, für viele oder für alle Erkenntnisbereiche als gültig angesehenen Kategorien. Daneben sind Ansätze „regionaler Kategorienlehren“ entstanden,[30] zumal kategorialanalytische Untersuchungen hier das entsprechende Fachwissen der betreffenden Bereiche erfordern. Das Nachdenken über passende Kategorien und über Kategorienfehler ist insbesondere für die Biologie und mehr noch für die Psychologie wichtig. Inwieweit sind Lebensphänomene auf elementare Kategorien und Gesetze der organischen Chemie und der Physik zurückzuführen? Sind das Bewusstsein und das Verhalten des Menschen in den Kategorien der Neurophysiologie oder der Sozialwissenschaften treffend und vollständig (adäquat) zu erfassen? (siehe Explikation von Begriffen)

Weitere Autoren zur Kategorienlehre

Siehe auch

Literatur

Primärliteratur
  • Klaus Oehler: Aristoteles. Kategorien, übersetzt und erläutert. Berlin 1984
  • Nicolai Hartmann: Der Aufbau der realen Welt: Grundriß der allgemeinen Kategorienlehre. Berlin 1940.
  • Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. mit einer ausführlichen Bibliographie von Heiner Klemme. Meiner, Hamburg 1998, ISBN 3-7873-1319-2.
  • Charles S. Peirce: Das Denken und die Logik des Universums. Die Vorlesungen der Cambridge Conferences von 1898. hrsg. Von Kenneth Laine Ketner. Suhrkamp, Frankfurt 2002, ISBN 3-518-58325-5.
  • George Lakoff: Women, Fire, and Dangerous Things - What Categories Reveal about the Mind. The University of Chicago Press, 1987, ISBN 0-226-46803-8.
Sekundärliteratur
  • Hans-Michael Baumgartner, Gerd Gerhardt, Klaus Konhardt, Gerhard Schönrich: Kategorie, Kategorienlehre. In: Joachim Ritter et al. (Hrsg.). Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 4. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1976, S. 714–776.
  • Wolfgang Carl: Die Transzendentale Deduktion der Kategorien in der ersten Auflage der Kritik der reinen Vernunft. Ein Kommentar. Klostermann, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-465-02532-6.
  • Johannes Heinrichs: Die Logik der Vernunftkritik, Francke UTB, Tübingen 1986; Neuauflage: Das Geheimnis der Kategorien. Die Entschlüsselung von Kants zentralem Lehrstück, Maas, Berlin 2004. ISBN 3-929010-94-1.
  • Thomas Hünefeldt: Peirces Dekonstruktion der Transzendentalphilosophie in eine phänomenologische Semiotik. Königshausen & Neumann, Würzburg 2002, ISBN 3-8260-2197-5.
  • Dietmar Koch, Klaus Bort (Hrsg.): Kategorie und Kategorialität. Historisch-systematische Untersuchungen zum Begriff der Kategorie im philosophischen Denken. Festschrift für Klaus Hartmann zum 65. Geburtstag. Königshausen & Neumann, Würzburg 1990, ISBN 3-88479-513-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gernot Böhme: Platons theoretische Philosophie, Metzler Lizenzausgabe, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Stuttgart 2000, S. 9.
  2. Platon. Sophistes. Text und Kommentar von Christian Iber, Frankfurt 2007, 289.
  3. Max Pohlenz: Die Stoa. Geschichte einer Bewegung. Vandenhoeck & Rupprecht [1959]. (7. Auflage. Göttingen 2009, S. 69–70).
  4. Kant, Ausgabe der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 1900ff, AA III, 93– KrV B 106.
  5. Vgl. Kant-Lexikon, Eisler[1]
  6. Vgl. §59 Kritik der Urteilskraft von 1790 und zu Zeichen grundsätzlicher vgl. § 36 Anthropologie in pragmatischer Hinsicht von 1798.
  7. KrV tr. Anal. 2. B. 3. H. I 278—Rc 341 f. Vgl. [2].
  8. Vgl. Kant-Lexikon, Eisler[3].
  9. Vgl. Kant-Lexikon, Eisler [4].
  10. Vgl. Kant-Lexikon, Eisler[5].
  11. Friedrich Adolf Trendelenburg: Logische Untersuchungen, Band 1, 3. Auflage. 1870, 333–334.
  12. Charles S. Peirce: Das Denken und die Logik des Universums. Die Vorlesungen der Cambridge Conferences von 1898, hrsg. Von Kenneth Laine Ketner, Suhrkamp, Frankfurt 2002, 200.
  13. Charles S. Peirce: Das Denken und die Logik des Universums. Die Vorlesungen der Cambridge Conferences von 1898, hrsg. Von Kenneth Laine Ketner, Suhrkamp, Frankfurt 2002, 201.
  14. Charles S. Peirce: Das Denken und die Logik des Universums. Die Vorlesungen der Cambridge Conferences von 1898, hrsg. Von Kenneth Laine Ketner, Suhrkamp, Frankfurt 2002, 202.
  15. Wilhelm Dilthey: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften [Berlin 1910], Gesammelte Schriften Band VII, hrsg. von Bernhard Groethuysen, Vandenhoeck & Ruprecht, 8. Aufl. Göttingen 1992, 201.
  16. Die Kategorienlehre findet sich insbesondere in Wilhelm Dilthey: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften [Berlin 1910], Gesammelte Schriften Band VII, hrsg. von Bernhard Groethuysen, Vandenhoeck & Ruprecht, 8. Aufl. Göttingen 1992: Die Kategorien des Lebens, 228–245, sowie in Gesammelte Schriften Band XIX eine Ausarbeitung mit dem Titel: Leben und Erkennen, ein Entwurf zur erkenntnistheoretischen Logik und Kategorienlehre, ca. 1892/93, 338–388.
  17. Gesammelte Schriften Band XIX: Leben und Erkennen, 338–388, 361.
  18. Gesammelte Schriften Band XIX: Leben und Erkennen, 338–388, 361.
  19. Otto Friedrich Bollnow: Dilthey und die Phänomenologie, in: Dilthey und die Philosophie der Gegenwart. Herausgegeben und eingeleitet von Ernst Wolfgang Orth. Alber Freiburg 1985, S. 31–61 (online (Memento vom 31. Oktober 2007 im Internet Archive) i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft (bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis)).
  20. Gesammelte Schriften Band XIX: Leben und Erkennen, 338–388, 362.
  21. Gesammelte Schriften Band XIX: Leben und Erkennen, 338–388, 369.
  22. Gesammelte Schriften Band XIX: Leben und Erkennen, 338–388, 374.
  23. Gesammelte Schriften Band XIX: Leben und Erkennen, 338–388, 379.
  24. Gernot Böhme: Whiteheads Abkehr von der Substanzmetaphysik. In: Ernest Wolf-Gazo (Hrsg.): Whitehead, Alber, Freiburg/München 1980, 45–53, 52.
  25. Prozess und Realität wird im Text zitiert mit dem Sigel PR nach der deutschen Ausgabe: Alfred North Whitehead: Prozess und Realität. Entwurf einer Kosmologie. Übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Hans Günter Holl, Suhrkamp, 2. verb. Aufl., 'Frankfurt 1987.
  26. zitiert nach: Michael Hauskeller: Whitehead zur Einführung. Junius, Hamburg 1994, 80.
  27. Reto Luzius Fetz übersetzt den Begriff "categorical obligations" mit „kategoriale Bedingungen“, in: Whitehead: Prozeßdenken und Substanzmetaphysik, Alber, Freiburg/München 1981, 113.
  28. Holm Breuer, Eintrag: Ontologie in Wulff D. Rehfuss, Handwörterbuch der Philosophie, UTB 2003, ISBN 3-8252-8208-2.
  29. Reinhardt Grossmann: Die Existenz der Welt. Eine Einführung in die Ontologie, Ontos, Frankfurt 2004, 65.
  30. Baumgartner et al., Kategorie, Kategorienlehre,1976, S. 714–776.
  31. Klaus Hartmann: Hegels Logik, hrsg. von Olaf L. Müller, de Gruyter, Berlin 1999.
  32. Aufgaben und Methoden einer Kategorienlehre. In: Kant-Studien 52, 1960/61, 351–368
  33. Kategorienlehre, Carl Dunker’s, Berlin 1896; 2. Auflage. in drei Bänden, Meiner, Leipzig 1923, siehe: Jean-Claude Wolf: Eduard von Hartmann. Philosoph der Gründerzeit, Königshausen und Neumann, Würzburg 2006.
  34. Michael Elmentaler: Logisch-semantische Studien in der Grammatik des frühen 19. Jahrhunderts: Untersuchungen zur Kategorienlehre von Simon Heinrich Adolf Herling, de Gruyter Berlin 1966.
  35. Der Begriff der Ganzheit und die Kantische Philosophie. Ideen zu einer regionalen Logik und Kategorienlehre. Reinhardt, München 1927.
  36. Zur Logik und Kategorienlehre der mathematischen Gegenstände. Zur Ganzheit des theoretischen Gegenstandes, mit besonderem Hinblick auf das mathematische Existenzproblem. Dores, Erlangen 1937 (Dissertation) sowie straffer dargestellt als: Zur Logik und Kategorienlehre der mathematischen Gegenstände, in: Philosophie in Selbstdarstellungen Band II, hrsg. Von Ludwig Pongratz, Meiner, Hamburg 1977.
  37. Die Logik der Philosophie und die Kategorienlehre. Eine Studie über den Herrschaftsbereich der logischen Form, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1911.
  38. Die Logik der Vernunftkritik. Kants Kategorienlehre in ihrer aktuellen Bedeutung. Eine Einführung. Francke 1986 bzw. in überarbeiteter Fassung: Das Geheimnis der Kategorien. Die Entschlüsselung von Kants zentralem Lehrstück. MAAS, Berlin 2004.
  39. Othmar Spann: Kategorienlehre. Ergänzungsbände zur Sammlung Herdflamme, Bd. 1. Jena 1924.


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