Subjekt

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Das Subjekt (lat. subiectum; griech. ὺποκείμενον hypokeimenon: das Zugrundeliegende) wurde in der Philosophiegeschichte begrifflich unterschiedlich aufgefasst. Heute wird es weitgehend als Ausdruck des bewussten, sich selbst bestimmenden individuellen Ichs genommen, das sich den Objekten, dem Nicht-Ich, gegenüberstellt. Was das Subjekt in seinem Bewusstsein erlebt, ist zunächst subjektiv und kann zunächst keine Allgemeingültigkeit beanspruchen. Subjektivität wird daher in den Wissenschaften weitgehend vermieden und als mögliche Fehlerquelle angesehen. Das ist insbesondere der Fall, wenn es sich um eine bloße persönliche Meinung und nicht um eine tatsächliche Erkenntnis handelt. Eine solche ist auch nicht durch eine zwar begrifflich klare, aber noch auf Hypothesen gegründete Theorienbildung gegeben. Erst wenn die objektive Ideenwelt im Bewusstsein mit der damit verbundenen Evidenz aufleuchtet, wie sie beispielweise in mathematischen Beweisführungen gefunden werden kann, ist die Brücke zur Objektivität und damit zur Wirklichkeit gefunden, in der der Gegensatz von Subjekt und Objekt aufgehoben ist.

„Das Erkenntnisvermögen erscheint dem Menschen nur so lange als subjektiv, als er nicht beachtet, dass die Natur selbst es ist, die durch dasselbe spricht. Subjektiv und objektiv treffen zusammen, wenn die objektive Ideenwelt im Subjekte auflebt, und in dem Geiste des Menschen dasjenige lebt, was in der Natur selbst tätig ist. Wenn das der Fall ist, dann hört aller Gegensatz von subjektiv und objektiv auf. Dieser Gegensatz hat nur eine Bedeutung, solange der Mensch ihn künstlich aufrecht erhält, solange er die Ideen als seine Gedanken betrachtet, durch die das Wesen der Natur abgebildet wird, in denen es aber nicht selbst wirksam ist. Kant und die Kantianer hatten keine Ahnung davon, dass in den Ideen der Vernunft das Wesen, das Ansich der Dinge unmittelbar erlebt wird. Für sie ist alles Ideelle ein bloß Subjektives.“ (Lit.:GA 6, S. 54f)

Über die vermeintliche Subjektivität der Wahrnehmung

Nach einer bis heute verbreiteten Ansicht wird den als Wahrnehmung gegebenen Sinnesqualitäten, den Qualia, namentlich den von John Locke so genannten sekundären Sinnesqualitäten, zu denen etwa Farben, Töne, Wärme-, Geschmacks- und Gerucheindrücke zählen (also die Sinnesmodalitäten der klassischen fünf Sinne), jeglicher objektive Charakter abgesprochen. Sie seien nur subjektive, durch die Sinnesorgane und das Gehirn bedingte Reaktionen auf äußere Reize, die als solche keine Ähnlichkeit mit den im Bewusstsein erlebten Sinnesqualitäten hätten. Untermauert wurde diese Ansicht wesentlich durch das von dem Biologen Johannes Müller 1826 aufgrund empirischer Untersuchungen formulierte Gesetz der spezifischen Sinnesenergien, wonach jedes Sinnesorgan, egal durch welche Art von Reiz es erregt wird (etwa mechanisch, durch Licht, Elektrizität usw.), stets mit der ihm eigentümlichen Sinnesmodalität antwortet. So liefert etwa das Auge, egal wie es gereizt wird, stets nur Hell/Dunkel- und Farbeindrücke, das Ohr nur Töne bzw. Geräusche usw.

Diese Ansicht beruht nach Rudolf Steiner auf einem grundlegenden Irrtum. Im Wesen der Sinnesorgane liege es gerade, dass sie sich in ihrem Eigenwesen so weit zurücknehmen, dass sie gleichsam völlig durchsichtig für die objektiv gegebenen Wahrnehmungen sind. Und das gilt nicht nur für das Auge, sondern für alle Sinne. Es sei eben überhaupt völlig verkehrt, davon auszugehen, dass die im Bewusstsein erlebte Wahrnehmung eine bloß subjektive Reaktion auf den objektiv gegebenen Reiz sei. Die Unterscheidung zwischen subjektiv und objektiv sei nicht durch die Wahrnehmung, sondern erst durch das Denken gegeben - und dieses zeige, dass die Eigenart der Sinnesorgane gerade darin besteht, dass sie sich in ihrem Eigenwesen soweit ausschalten, dass sie dem Bewusstsein den Zugang zu der objektiv gegebenen Wahrnehmung eröffnen. Der Reiz als solcher hat mit der objektiv gegebenen Wahrnehmungsqualität unmittelbar gar nichts zu tun, sondern schafft nur die Gelegenheit, dass diese wahrgenommen werden kann. So hat etwa die auf das Auge eintreffende elektromagnetische Welle spezifischer Wellenlänge unmittelbar nichts mit der erlebten Farbqualität zu tun, aber sie bildet zusammen mit dem Auge als Sinnesorgan die notwendige Voraussetzung dafür, dass die Farbe sinnlich wahrgenommen werden kann. Diese ist nicht weniger objektiv gegeben als die elektromagnetische Welle, die dem Bewusstsein gleichsam nur den Weg bahnt, sich mit der Farbe wahrnehmend zu verbinden. Das Auge ist aber ein Wahrnehmungsorgan für die Farben und nicht für die elektromagnetische Welle, denn diese wird durch das Auge eben gerade nicht wahrgenommen, sondern vollständig ausgeblendet. Darin liegt auch die Schwierigkeit, die Physiker zumeist mit Goethes Farbenlehre haben, denn diese beschäftigt sich unmittelbar mit den Farben und nicht mit den elektromagnetischen Wellen, die in der Physik mittels geeigneter Messinstrumente untersucht werden. Es ist sogar sehr charakteristisch für den Menschen, dass er kein unmittelbares Wahrnehmungsorgan für elektromagnetische Vorgänge hat, sondern diese nur durch entsprechende Messgeräte indirekt registrieren kann.

Logik

In der Logik ist das Subjekt (S) jenes Glied eines logischen Urteils, mit dem das Denken anhebt und das durch das Prädikat (P) näher bestimmt wird.

Siehe auch

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Goethes Weltanschauung, GA 6 (1990), ISBN 3-7274-0060-9; Tb 625, ISBN 978-3-7274-6250-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.