Rudolf Steiner und Fühlen: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Joachim Stiller
 
imported>Odyssee
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[Bild:Steiner1_dif.jpg|thumb|Rudolf Steiner (1861-1925) war Goethe-Forscher, begründete die Anthroposophie und gab die wesentlichen Grundlagen für die Eurythmie, die Waldorfschulen, die biologisch-dynamische Landwirtschaft und einen neuen, organischen Baustil.<br>[[Datei:Steiner Autograph.gif|center|200px|Unterschrift von Dr. Rudolf Steiner]]]]
Das '''Fühlen''' oder '''Gefühl''' ist die mittlere der drei [[Seelenkräfte]], die das [[Mensch|menschliche]] [[Seelenleben]] prägen. Gefühle werden normalerweise nicht voll [[wach]], sondern nur [[traum]]bewusst erlebt.


'''Rudolf Steiner''' (* [[25. Februar|25.]] oder [[27. Februar|27. Februar]]<ref>In den offiziellen Dokumenten wurde, wie damals üblich, der 27. Februar angegeben, das Taufdatum. In einer handschriftlichen Aufzeichnung Steiners steht: ''„Meine Geburt fällt auf den 25. Februar 1861. Zwei Tage später wurde ich getauft.“'' (erstmals dokumentiert in Beiträge zur Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe, Heft 49/50). Gemäß im Jahr 2009 aufgetauchten neuen  Dokumenten ist der 27. Februar der Geburtstag und auch als solcher in den Taufschein eingetragen. Das meint jedenfalls Günter Aschoff (vgl. "Rudolf Steiners Geburtstag am 27. Februar 1861 - Neue Dokumente, in: Das Goetheanum, Nr. 9/2009, S. 3ff ([http://www.dasgoetheanum.ch/fileadmin/wochenschrift/downloads/Forschungsbericht_Aschoff.pdf PDF]). Laut Aschoff sei Steiner zeitweise selbst fälschlicherweise davon ausgegangen, dass er am 25. Februar geboren worden sei. Endgültig geklärt ist die Geburtstagsfrage damit aber nicht. Auch Aschoff schließt sehr vorsichtig mit der Aussage: „All dies und ebenso das, was Rudolf Steiner in Vorträgen gesagt und selbst veröffentlicht hat, weist auf den 27. Februar 1861 als sein Geburtsdatum hin“. Dem englischen [[Astrologe]]n und Theosophen [[Alan Leo]] hat Steiner vermutlich während des [[Münchner Kongress 1907|Münchner Kongresses 1907]] auf dessen Frage als Geburtsstunde 23:15h gennannt. Alan Leo erstellte nach diesen Angaben das [[Geburtshoroskop Rudolf Steiners]], das in dessen [https://archive.org/details/artofsynthesis00leoa The Art of Synthesis] (1908 schon in 2. Auflage erschienen) veröffentlicht wurde ([http://www.odysseetheater.com/jump.php?url=http://www.odysseetheater.com/ftp/anthroposophie/Rudolf_Steiner/Rudolf_Steiner_Geburtshoroskop_(Alan_Leo).pdf PDF]).</ref><ref>[[Rudolf Steiners Geburtshoroskop]] für den 27. Februar erstellte auch der Astrologe [http://www.handlesen.de/index.php/de/vita Manfred Magg]: [http://www.handlesen.de/index.php/de/handlesen/handlesen-analysen#AnkerSteiner Rudolf Steiner - Geburtshoroskop]. Magg weist dabei insbesondere auf wesentlichen Unterschiede in Hinblick auf die Mondstellung hin. Geht man von einer Geburt am 27. aus, steht der [[Mond]] im [[Tierkreiszeichen]] [[Waage (Tierkreiszeichen)|Waage]], was plausibel erscheint ([http://anthrowiki.at/images/4/42/Rudolf_Steiner_Geburtshoroskop_27.2.1861.pdf PDF]).</ref><ref>Einen wesentlich anderen Sachverhalt stellt Judith von Halle in ihrem Werk "Rudolf Steiner - Meister der weissen Loge. Zur okkulten Biographie" dar. Demnach wurde das Geburtsdatum damals absichtlich gefälscht und somit ist der 25. Februar 1861 Rudolf Steiners wahrer Geburtstag.
Begrifflich ist das Fühlen zu unterscheiden von der mehr [[trieb]]haft-[[wille]]nsartigen [[Emotion]], obwohl diese Differenzierung im unmittelbaren Erleben oft nicht klar genug erkannt wird. Das Gefühl wird, wenn auch nur traumbewusst, durch das [[Ich]] geführt, was bei der blinden [[leidenschaft]]lichen [[Emotion]] nicht der Fall ist, in der mehr oder weniger direkt der [[Astralleib]] bzw. das [[Ego]] ungefiltert wirksam wird. Umgangssprachlich wird das Gefühl oft auch als [[Empfindung]] bezeichnet; in der [[Philosophie]], [[Psychologie]], [[Medizin]] und [[Biologie]] sind damit aber  die durch Reizeinwirkung erregten Elementarvorgänge der [[sinnlich]]en [[Wahrnehmung]] gemeint, also die reinen [[Sinnesempfindung]]en.  
Judith von Halle schreibt in ihrem Buch: “Rudolf Steiner - Meister der weißen Loge“, ab S. 108 : "Es ist von großer Bedeutung, dass die Lebensdaten korrekt wiedergegeben werden, mit denen der Mensch ins Erdendasein tritt. Dies können wir auch einsehen anhand eines historischen Beispiels, welches nun allen bekannt sein dürfte. Wie tragisch sich die Verfälschung oder mutwillige Unterschlagung der wahren Lebensdaten gerade bei einer hoch entwickelten Individualität - nicht nur für deren persönliches Schicksal, sondern auch für das Schicksal ganzer Völkergemeinschaften, in dem Falle für diejenigen Europas - auswirken kann, zeigt sich an keinem anderen Menschen so deutlich wie an jenem, den man schließlich Kaspar Hauser nannte. So wie bei Kaspar Hauser geschehen war, sollte auch das Karma Rudolf Steiners in andere Bahnen gelenkt werden. …....... Drei oder vier Tage nach der Geburt des Knaben Rudolf Steiner nahm ein anderer Erfüllungsgehilfe derselben Macht die besagten falschen Einträge in das Geburtsregister vor, wodurch das Schicksal des Knaben in andere Bahnen gelenkt werden sollte ….. Wir sehen also, die schwarzen Logen sind sich durchaus darüber bewusst: Es ist möglich, zu verhindern, dass ein Meister seine Wirksamkeit entfaltet auf der Erde dadurch, dass man das Gefäß in welches er einziehen will, beschädigt oder zerstört. …....... So hatte der kleine Rudolf eines Tages eine bewegende innere Schau auf dasjenige, was sich kurz nach seiner Geburt zugetragen hatte: Vor seinem inneren Auge enthüllte sich die Verfälschung seiner Lebensdaten, die durch den Eintrag in das Geburtsregister herbei geführt worden war. ….... Im Juli 1879 – das ist der Beginn des Michael-Zeitalters – nur fünf Tage nach Erhalt seines Matura-Zertifikates.............er ist mittlerweile achtzehn Jahre alt und hat durch die Matura eine gewisse Rechtskraft erhalten.......verlangt er eine Auszugs-Abschrift aus dem Geburtsregister, einen sogenannten Taufschein; einen solchen benötigt er für seine Immatrikulation in Wien. Bei dieser Gelegenheit bestand Rudolf Steiner auf die Korrektur der Einträge beziehungsweise auf einen wahrheitsgemäßen Eintrag seiner Lebensdaten auf der gewünschten Auszugs-Kopie, dem Taufschein. Es muss ein ungeheuerlicher Kraftakt für den jungen Rudolf Steiner gewesen sein, mit dem immer noch dort tätigen Schreibdiener, jenem Diener der schwarzen Loge, um die Korrektur seiner Lebensdaten zu ringen. Es ist der außergewöhnlichen Ich-Kraft des jungen Rudolf Steiner zuzuschreiben, dass es ihm schließlich gelang, die Korrektur seines ersten Vornamens durchzusetzen. …........ Doch gelang es Rudolf Steiner nicht, auch die Korrektur seines Geburtsdatums zu erwirken. … Dass der 25. Februar nicht auch als der amtlich bezeugte Geburtstag Rudolf Steiners eingetragen wurde, ist alles andere als eine Lappalie – es ist in Wahrheit eine Katastrophe, die in ihrer Tragweite bislang wohl nur von wenigen Menschen erkannt wird und die sich in ihren Konsequenzen bis in unsere Zeit hinein gezogen hat. Denn seit jenem Juli-Tag im Jahre 1879 und erst recht als Begründer der Geisteswissenschaft, war er aufgrund dieses Eintrags dazu verpflichtet - man müsste eigentlich sogar sagen “verdammt“ - fortan zeitlebens selbst das falsche Geburtsdatum anzugeben. << Ein weiteres Indiz ist folgender Auszug aus dem Brief von Eugenie von Bredow, datiert auf den 25. Februar 1921 (in ihren Räumlichkeiten hatte Steiner 1906 über Richard Wagners “Parsifal“ vorgetragen!) : >> Heute an dem Tage, der eigentlich der Tag der Geburt in dieser Verkörperung Ihrer Individualität gewesen sein soll, während wir bis dahin immer den 27. Februar dafür ansahen, möchte ich Ihnen in treuem Gedenken die wärmsten Wünsche für Ihr Wohlergehen aussprechen.>>"</ref><ref>Der amerikanischen Astrologe Christopher A. Weidner erstellte ein Geburtshoroskop Rudolf Steiners für den 25.02.1861, 23:15 MEZ → [[Rudolf Steiner Geburtshoroskop 25.02.1861]]</ref><ref>Vgl. auch Thomas Meyers Argumentation für den 27. Februar im Europäer, Jg.15, Nr. 11 (Sept. 2011), S. 7-9, PDF:[http://www.perseus.ch/wp-content/uploads/2012/03/Rudolf-Steiners-wahrer-Geburtstag.pdf]</ref> [[1861]] in [[Kraljevec]], damals Kaisertum Österreich, heute [[Donji Kraljevec]] in [[Wikipedia:Kroatien|Kroatien]]; † [[30. März]] [[1925]] in [[Dornach SO|Dornach]] bei [[Wikipedia:Basel|Basel]]), war ein österreichischer [[Goethe]]-Forscher, [[Philosophie|Philosoph]] und [[Geistesforscher]], der durch die von ihm systematisch entwickelte [[Anthroposophie]] einen neuen, zukunftsweisenden [[wissenschaft]]lichen Zugang zur [[Geistige Welt|geistigen Welt]] eröffnete.


== Überblick über Steiners Werk ==
== Gefühl und Wesensglieder ==


Steiner war [[Goethe]]-Forscher, Philosoph und [[Esoterik|Esoteriker]]. Als [[Geistesforscher]] entwickelte er ab 1900 die [[Anthroposophie]] als [[Geisteswissenschaft|Wissenschaft vom Geistigen]], ausgehend von der [[Beobachtung des Denkens]] nach [[naturwissenschaft]]licher [[Methode]], die er schon in seiner 1894 erschienen «[[Philosophie der Freiheit]]» ausführlich dargestellt und in deren zweitem Teil einen auf das selbstbewusste freie [[Ich]] gestützten [[Ethischer Individualismus|ethischen Individualismus]] begründet hatte.
Das Fühlen wird gewoben im ständigen Hin- und Herpendeln zwischen [[Ätherleib]] und [[Astralleib]]. Insofern im Astralleib die abbauenden Kräfte wirken, die den Organismus krank machen können, und im Ätherleib die gesundenden [[Leben]]skräfte walten, die aber auch nicht zu stark wuchern dürfen, ist das Gefühl auch ein sensibler Indikator für sich ankündigende Krankheitserscheinungen.


Mit der [[Eurythmie]] schuf Steinereine neue Bewegungskunst sowie mit dem [[Goetheanum]] in Dornach als Sitz einer unabhängigen [[Freie Hochschule für Geisteswissenschaft|Freien Hochschule für Geisteswissenschaft]] und durch weitere Bauten einen neuen, organischen [[Architektur]]stil. In erheblichem Umfang gab er Anleitung für die [[Sprachgestaltung|Kunst der Rezitation und Deklamation]]. Die [[Waldorfschule]] ermöglicht ein natürlicheres Lernen, die [[biologisch-dynamische Landwirtschaft]] lebensvolle Ernährung, der Gedanke der [[Soziale Dreigliederung|Dreigliederung des sozialen Organismus]] soll das Prinzip der Freiheit im Geistesleben, der Gleichheit im Rechtsleben und der Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben ermöglichen. Gemeinsam mit [[Ita Wegman]] schuf Steiner die [[Anthroposophische Medizin|anthroposophisch erweiterte Medizin]]. Auch zu weiteren Künsten und zu den Naturwissenschaften hat er Fachleuten, meist auf deren Bitten, Anregungen gegeben.
<div style="margin-left:20px">
"Nehmen Sie diesen astralischen Organismus, der fortwährend die
Tendenz hat, irgendwie in einem Organ oder im ganzen Menschen den
Menschen krank zu machen. Ja, Sie brauchen natürlich nur eine wirklich
gesunde Selbstbeobachtung zu üben, so werden Sie darauf kommen,
daß das so ist, denn es könnte kein Gefühl in Ihnen entstehen,
wenn nicht dieser Astralorganismus da wäre. Das stellen Sie sich nur
vor: der ätherische Organismus ist da, er entwickelt das Leben; der
astralische Organismus ist da, er lähmt ab. Nun muß im wachen Leben
- vom Schlafe werde ich noch sprechen - ein fortwährendes Hin- und
Hergehen in einem labilen Gleichgewicht stattfinden zwischen Ätherischem
und Astralischem. Dadurch fühlt der Mensch. Er würde nichts
fühlen, wenn nicht dieses Hin- und Hergehen da wäre. Nun aber stellen
Sie sich vor, die astralische Tätigkeit wird von der ätherischen Tätigkeit
nicht sogleich zurückgeschlagen. Wenn sie zurückgeschlagen wird,
wenn also im Status nascendi sogleich von der ätherischen Tätigkeit das
Astralische zurückgewiesen wird, entsteht das normale Fühlen. Wir
werden sehen im Physischen, wie das verknüpft ist mit der Drüsentätigkeit.
Wenn aber die astralische Organisation mächtiger wird, so daß das
Organ in seiner ätherischen Tätigkeit nicht genügend zurückwirken
kann, dann wird das Organ von der astralischen Tätigkeit zu stark
ergriffen, und statt daß ein Hin- und Herschwingen stattfindet, entsteht
eine Deformation des Organes, und wir haben einfach dadurch, daß der
astralische Leib über das Maß dessen, was er ablähmen darf - das heißt,
was im Status nascendi wieder ausgeglichen wird -, ablähmt, in dem
astralischen Leibe die Krankheitsursache gelegen. Und zwar hängt
wirklich die Krankheit so zusammen mit dem Fühlen, daß wir sagen
können, das Gefühlsleben des Menschen ist einfach die seelische
Spiegelung des Krankheitslebens. Findet in der Zeit ein Hin- und Herpendeln
statt, so liegt dem Gefühlsleben immer im Anfang, im Status
nascendi, im Moment des Entstehens derselbe Prozeß zugrunde, der
beim Überhandnehmen des Astralischen einen Krankheitsprozeß bedeutet.
Nun kann aber auch das Astralische zurückbleiben, das Ätherische
überhandnehmen, dann entsteht eine [[Wucherung]], also eine Krankheit
nach der andern Seite hin. Wenn Sie das Überhandnehmen des
Astralischen sehen in dem Hervorrufen von entzündlichen Zuständen,
so sehen Sie das Überhandnehmen des Ätherischen in dem Auftreten
von Wucherungen. Und Sie haben zu sagen, im ganz normalen Gefühlsleben
findet ein fortwährend labiles Gleichgewicht statt zwischen
den Wucherungen und den Entzündungsprozessen. Das normale Leben
des Menschen braucht die Möglichkeit, krank zu werden. Nur muß
ein fortwährender Ausgleich stattfinden. Sehen Sie, das macht möglich,
daß man überhaupt im Gefühlsleben des Menschen außerordentlich viel
von dem sehen kann, wenn man richtig zu sehen vermag, was die
Krankheitsprozesse darstellen. Man kann, wenn man solche Dinge beobachten
kann, lange Zeit bevor die Krankheit physisch zu diagnostizieren
ist, in dem Nicht-mehr-recht-Funktionieren des Gefühlslebens
das Herankommen der Krankheit konstatieren. Die Krankheit ist nur
ein abnormes Gefühlsleben des Menschen." {{Lit|{{G|316|33f}}}}
</div>


== Leben und Schaffen ==
== Gefühl und Hierarchien ==


=== Kindheit ===
Mit seinem Gefühl lebt der Mensch - zunächst unbewusst - zusammen mit den [[Hierarchien|geistigen Hierarchien]].
[[Datei:Kraljevec Geburtshaus.jpg|thumb|300px|Das vermutliche Wohnhaus der Familie Steiner in [[Donji Kraljevec|Kraljevec]]. Rudolf Steiners Geburtshaus war hingegen mutmaßlich das Stationshaus an der Südbahnstrecke, welches im ersten Weltkriege zerstört wurde.<ref>Oskar Schmiedel, Aus dem Lande, in dem Rudolf Steiner seine Kindheit und Jugend verbrachte, Verlag der Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung, Dornach, 1952, Seite 13</ref>]]
[[Datei:Johann Steiner.jpg|mini|Johann Steiner (1829-1910), der Vater Rudolf Steiners]]
[[Datei:Franziska Steiner.jpg|mini|Franziska Steiner, geborener Blie (1834-1918), seine Mutter]]
Rudolf Steiner hat in [[Donji Kraljevec|Kraljevec]], welches damals dem [[Kaisertum Österreich]] angehörte, (heute in [[Wikipedia:Kroatien|Kroatien]] gelegen), das Licht der Welt erblickt. Sein Elternhaus war freigeistig, der Vater, [[Johann Steiner]] (1829-1910), war Eisenbahnbeamter; seiner Mutter [[Franziska Steiner]], geborener Blie (1834-1918), ist er stets in einem liebevollen gemüthaften Verhältnis verbunden geblieben. Beide Elternteile stammten aus dem niederösterreichischen [[Wikipedia:Waldviertel|Waldviertel]], wohin sie auch wieder zurückkehrten, nachdem der Vater in den Ruhestand getreten war. Rudolf Steiner hatte zwei jüngere Geschwister: Leopoldine (1864–1927), die als Näherin bis zu deren Tod bei den Eltern wohnte, und Gustav (1866–1941), der gehörlos geboren wurde und zeitlebens auf fremde Hilfe angewiesen war. Der Vater war zuvor als Förster und Jäger in Diensten des [[Wikipedia:Horn (Niederösterreich)|Horner]] Reichsgrafen [[Wikipedia:Hoyos (Adelsgeschlecht)|Hoyos]] (eines Sohns von Graf [[Wikipedia:Johann Ernst Hoyos-Sprinzenstein|Johann Ernst Hoyos-Sprinzenstein]]) tätig; als dieser ihm 1860 seine Zustimmung zur Hochzeit verweigerte, quittierte er den Dienst und fand eine Anstellung als Bahntelegrafist bei der [[Wikipedia:Österreichische Südbahn|Südbahn]].


Die Familie zog mehrmals um: [[1862]] nach [[Wikipedia:Mödling|Mödling]], ein Jahr später nach [[Wikipedia:Pottschach|Pottschach]] und [[1869]] nach [[Wikipedia:Neudörfl|Neudörfl]].
{{GZ|Wie wir, wenn wir in die physische Welt uns hineinstellen, eben
Ein tiefes Rätsel bot sich ihm durch einen in Brand geratenen Eisenbahnwagen: ''"Einmal gab es auf der Bahnstation etwas ganz «Erschütterndes». Ein Eisenbahnzug mit Frachtgütern sauste heran. Mein Vater sah ihm entgegen. Ein hinterer Wagen stand in Flammen. Das Zugspersonal hatte nichts davon bemerkt. Der Zug kam bis zu unserer Station brennend heran. Alles, was sich da abspielte, machte einen tiefen Eindruck auf mich. In einem Wagen war Feuer durch einen leicht entzündlichen Stoff entstanden. Lange Zeit beschäftigte mich die Frage, wie dergleichen geschehen kann. Was mir meine Umgebung darüber sagte, war, wie in ähnlichen Dingen, für mich nicht befriedigend. Ich war voller Fragen; und mußte diese unbeantwortet mit mir herumtragen. So wurde ich acht Jahre alt. — Als ich im achten Lebensjahre stand, übersiedelte meine Familie nach Neudörfl, einem kleinen ungarischen Dorfe."''<ref>Rudolf Steiner, Mein Lebensgang, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, Seite 20</ref>
diese physische Welt als die reale haben, wie da in dieser physischen
Nach dem Umzug nach Neudörfl, besuchte Rudolf Steiner zunächst die örtliche Dorfschule und anschließend das Realgymnasium in [[Wikipedia:Wiener Neustadt|Wiener Neustadt]].
Welt Mineralien, Pflanzen, Tiere sind und das der Boden ist, aus
dem der Mensch zuletzt in der Menschenentwickelung herauswächst,
so ist der Mensch mit seinem astralischen Leibe in der Welt der
Wesen der höheren Hierarchien. Lebt er in dieser Welt, dann hat er
für seinen astralischen Leib die entsprechende Widerlage. Aber er
trägt dasjenige, was er durch die Geisteswissenschaft erst kennenlernen
kann, doch immer in sich. Und er trägt es in sich als die Fähigkeit
des Gefühls.


Ein übersinnliches Erlebnis aus dieser Zeit, machte einen besonders tiefen Eindruck auf ihn:
Alles, was wir in der Welt durch unser Gefühl, durch dieses
''"Aber auch noch etwas anderes bot sich dem Knaben. Da saß er eines Tages in jenem Wartesaale ganz allein auf einer Bank. In der einen Ecke war der Ofen, an einer vom Ofen abgelegenen Wand war eine Tür; in der Ecke, von welcher aus man zur Tür und zum Ofen schauen konnte, saß der Knabe. Der war dazumal noch sehr, sehr jung. Und als er so dasaß, tat sich die Tür auf; er mußte es natürlich finden, daß eine Persönlichkeit, eine Frauenspersönlichkeit, zur Türe hereintrat, die er früher nie gesehen hatte, die aber einem Familiengliede außerordentlich ähnlich sah. Die Frauenspersönlichkeit trat zur Türe herein, ging bis in die Mitte der Stube, machte Gebärden und sprach auch Worte, die etwa in der folgenden Weise wiedergegeben werden können: «Versuche jetzt und später, so viel du kannst», so etwa sprach sie zu dem Knaben, «für mich zu tun!» Dann war sie noch eine Weile anwesend unter Gebärden, die nicht mehr aus der Seele verschwinden können, wenn man sie gesehen hat, ging zum Ofen hin und verschwand in den Ofen hinein. Der Eindruck war ein sehr großer, der auf den Knaben durch dieses Ereignis gemacht worden war. Der Knabe hatte niemanden in der Familie, zu dem er von so etwas hätte sprechen können, und zwar aus dem Grunde, weil er schon dazumal die herbsten Worte über seinen dummen Aberglauben hätte hören müssen, wenn er von diesem Ereignis Mitteilung gemacht hätte. Es stellte sich nach diesem Ereignis nun folgendes ein. Der Vater, der sonst ein ganz heiterer Mann war, wurde nach jenem Tage recht traurig, und der Knabe konnte sehen, daß der Vater etwas nicht sagen wollte, was er wußte. Nachdem nun einige Tage vergangen waren und ein anderes Familienglied in der entsprechenden Weise vorbereitet worden war, stellte sich doch heraus, was geschehen war. An einem Orte, der für die Denkweise der Leute, um die es sich da handelt, recht weit von jenem Bahnhofe entfernt war, hatte sich in derselben Stunde, in welcher im Wartesaale dem kleinen Knaben die Gestalt erschienen war, ein sehr nahestehendes Familienglied selbst den Tod gegeben."''<ref>Rudolf Steiner, Autobiographischer Vortrag über die Kindheits- und Jugendjahre bis zur Weimarer Zeit, in: Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Heft Nr. 83/84</ref>
innigste Leben der Seele, zu unserem Eigenen machen, das besteht
in dem Wellen und Weben der Geister der höheren Hierarchien in
unserem eigenen astralischen Leibe. Wenn wir uns bewußt werden
unseres Gefühles, so ist dieses Bewußtsein vom Fühlen dasjenige,
was der Mensch zunächst hat, aber in diesem Fühlen lebt das Weben
und Wirken der Geister der höheren Hierarchien durch den Menschen.
Wir können nicht das Seelische wirklich fassen, wenn wir
nicht dieses Seelische getaucht empfinden in die Geistwelten der
höheren Hierarchien.|225|163f}}


Für den Ministranten, waren auch die Begegnungen mit Mönchen aus der Nachbarschaft, der Anlass zu drängenden Fragen geworden:
== Christus - Buddhi und das Ewige im Gefühl ==
''"Den Mönchen begegnete ich oft auf meinen Spaziergängen. Ich weiß noch, wie gerne ich von ihnen wäre angesprochen worden. Sie taten es nie. Und so trug ich von der Begegnung nur immer einen unbestimmten, aber feierlichen Eindruck davon, der mir immer lange nachging. Es war in meinem neunten Lebensjahre, da setzte sich in mir die Idee fest: im Zusammenhange mit den Aufgaben dieser Mönche müssen wichtige Dinge sein, die ich kennen lernen müsse. Auch da war es wieder so, daß ich voller Fragen war, die ich unbeantwortet mit mir herumtragen mußte."''<ref>Rudolf Steiner, Mein Lebensgang, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, Seite 22f</ref>


Im Geschichtsunterricht beschäftigte er sich schon im frühen Alter mit [[Immanuel Kant|Kant]]s [[Wikipedia:Kritik der reinen Vernunft|Kritik der reinen Vernunft]]: ''"Ich trennte nun die einzelnen Bogen des Kantbüchleins auseinander, heftete sie in das Geschichtsbuch ein, das ich in der Unterrichtsstunde vor mir liegen hatte, und las nun Kant, während vom Katheder herunter die Geschichte «gelehrt» wurde. Das war natürlich gegenüber der Schuldisziplin ein großes Unrecht; aber es störte niemand und es beeinträchtigte so wenig, was von mir verlangt wurde, daß ich damals in der Geschichte die Note «vorzüglich» bekam."''<ref>Rudolf Steiner, Mein Lebensgang, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, Seite 43</ref>
Das niedere, alltägliche Fühlen heftet sich an die vergängliche Welt; das höhere Fühlen, das „reine Fühlen“, das sich zum [[Ewigkeit|Ewigen]] erhebt und noch höher steht als das «[[Reines Denken|reine Denken]]», schöpft aus dem [[Lebensgeist]] ([[Buddhi]]), in dem der [[Christus]] lebt:


[[Bild:SteineralsAbiturient.jpg|thumb|Als Abiturient (1879)]]
{{GZ|So wie nun der Gedanke erhoben werden kann in eine
höhere Sphäre, so kann auch die Gefühlswelt in eine höhere
Sphäre erhoben werden. Dasjenige, worüber wir Freude
haben, was wir begehren, ist scheinbar eine niedrigere Welt
als die Welt der Gedanken, aber wenn es in die höheren
Regionen erhoben wird, dann steht es noch höher als der
Gedanke. Das Ewige im Gefühl ist höher als der Gedanke.
Wenn Sie das Gefühl emporheben zu den höheren Sphären,
wie den Gedanken in der Mathematik, dann erleben Sie die
zweite Wesenheit des Geistes. Die Universitätspsychologie
kennt nur das niedere Gefühl. Sie tut so, als wenn alles mit
dem niederen Gefühl erschöpft wäre. Aber in unserer
Gefühlswelt lebt dieses Ewige als Keim, und die Theosophie
nennt es die Buddhi. Ich habe ihm den Namen «Lebensgeist» gegeben, als der zweiten spirituellen Wesenheit des
Menschen. Erheben Sie Ihre Gedanken bis zur Erfassung
eines Ewigen, dann leben Sie in Manas. Erheben Sie Ihr
Gefühl und Ihre Empfindung bis zum Charakter des Ewigen,
dann leben Sie in Buddhi. Dieses Leben in Buddhi ist
bei den gegenwärtigen Menschen nur in der Anlage vorhanden.
Manasisch denken können die Menschen schon manchmal,
wenn das Denken geregelt ist, den logischen Weltgesetzen
unterliegt. Es gibt aber auch ein Denken, welches irrlichteliert,
das heißt, einen Gedanken haben und gleich
darauf wieder einen anderen, also immer wechselnd. Das ist
das gewöhnliche Denken. Dann gibt es ein höheres Denken,
das logisch ist, zusammenhängend, das von dem Ewigen sich
nährt - nach Plato - und teilhaftig wird des Ewigen. Wenn
nun ein Gefühl sich zu diesem Weltgebiet, zu einer solchen
Weltgesetzlichkeit erhoben hat, dann lebt es in Buddhi. Das
bedeutet nichts anderes als eine Art urewiger Gesetzmäßigkeit
des Gefühls. Wer im gewöhnlichen Leben lebt, kann
irren, kann auch mit seinem Gefühl abirren. Derjenige aber,
welcher die urewigen Normen des Gefühls in sich erlebt,
wie der Denker die urewigen Normen des manasischen
Denkens erlebt, dieser fühlende Mensch hat in sich eine
ebensolche Sicherheit und Klarheit des Fühlens, wie der
Denker eine Klarheit des Denkens hat. Das ist es, was die
Theosophie beschreibt als spirituellen Menschen, der in sich
den Geist erlebt. Das ist dasjenige, was auch der tiefere
Inhalt des Christus war. Der Mensch erlebt dann den Christus,
lebt mit dem Christus, hat teil an ihm. Christus ist
dasselbe wie Buddhi.|53|212f}}


=== Als Student in Wien ===
[[Buddhi]] ist identisch mit dem, was [[Rudolf Steiner]] in seiner «[[Philosophie der Freiheit]]» als [[moralische Phantasie]] bezeichnet hat:


An der Technischen Hochschule Wien, studierte Steiner ab [[1879]] Biologie, Chemie, Physik und Mathematik. Der Student entwickelte eine hohe Wertschätzung für den Germanistikprofessor [[Karl-Julius Schröer]]. Auf dessen Empfehlung hin, gab er in Kürschners Deutscher Nationalliteratur [[Goethe]]s naturwissenschaftliche Schriften heraus<ref>Rudolf Steiner, Mein Lebensgang, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, Seite 124f</ref> und veröffentlichte in Zeitungen literarische Abhandlungen. Von [[1882]] bis [[1887]] lebte die Familie Steiners in [[Brunn am Gebirge]]. Von [[1884]] bis [[1890]] verdiente Steiner sich sein Studium durch die Tätigkeit als Privatlehrer eines als unbeschulbar geltenden [[Wikipedia:hydrocephalus|hydrocephalus]]kranken Kindes in einer prominenten Wiener Familie, das dadurch später Medizin studierte und Arzt wurde. Mit der Dichterin [[Marie Eugenie delle Grazie]] knüpfte er eine Freundschaft, [[Marie Lang]] vermittelte eine gleiche mit [[Rosa Mayreder]], aber auch mit Leuten aus dem Volk wie dem Kräutersammler [[Felix Koguzki]] pflegte Rudolf Steiner intensiveren Kontakt.
{{GZ|Nun habe ich versucht, die allmähliche Hinauferziehung
des Menschen, die Reinigung des Menschen aus dem Seelischen
in das Geistige, in einem Buche darzustellen, das ich
vor einigen Jahren geschrieben habe als meine «Philosophie der Freiheit», Was ich jetzt dargestellt habe, finden Sie dort
in den Begriffen der abendländischen Philosophie ausgedrückt.
Sie finden dort die Entwickelung des Seelischen vom
Kama zum Manasleben. Ich habe dort Ahamkara das «Ich»
genannt, Manas das «höhere Denken», reines Denken, und
die Buddhi, um noch nicht auf den Ursprung hinzuweisen,
die «moralische Phantasie». Das sind nur andere Ausdrücke
für ein und dieselbe Sache.|53|214f}}


=== Als Goetheforscher in Weimar ===
== Das Gefühl im Wechselspiel von Sympathie und Antipathie ==


[[1890]] übernahm er, auf Schröers Vorschlag, am [[Wikipedia:Goethe-und-Schiller-Archiv|Goethe-und-Schiller-Archiv]] in [[Wikipedia:Weimar|Weimar]] die Herausgabe der Naturwissenschaftlichen Schriften Goethes für die große Weimarer Goethe-Ausgabe, die so genannte "Sophien-Ausgabe".
Alles seelische [[Erleben]] - und ganz besonders das Gefühl - entfaltet sich im Wechselspiel von [[Sympathie und Antipathie]]:


Die Technische Hochschule in Wien verließ Steiner ohne Abschluss, promovierte aber in [[Wikipedia:Rostock|Rostock]] [[1891]] mit seiner Dissertationsschrift "Die Grundfrage der Erkenntnistheorie mit besonderer Rücksicht auf Fichtes Wissenschaftslehre. Prolegomena zur Verständigung des philosophischen Bewußtseins mit sich selbst" zum Dr.phil.<ref name="promotion">{{Internetquelle|url=http://www.erziehungskunst.de/artikel/zeichen-der-zeit/ohne-praedikat/|titel=Ohne Prädikat - Ein Symposium über Rudolf Steiners Promotion in Rostock anlässlich seines 150. Geburtstags|zugriff=2014-06-04}}</ref>
<div style="margin-left:20px">
"Wir tragen die
Kraft der Antipathie in uns und verwandeln durch sie das vorgeburtliche
Element in ein bloßes Vorstellungsbild. Und mit demjenigen, was
als Willensrealität nach dem Tode hinausstrahlt zu unserem Dasein,
verbinden wir uns in Sympathie. Dieser zwei, der Sympathie und der
Antipathie, werden wir uns nicht unmittelbar bewußt, aber sie leben
in uns unbewußt und sie bedeuten unser Fühlen, das fortwährend aus
einem Rhythmus, aus einem Wechselspiel zwischen Sympathie und
Antipathie sich zusammensetzt.


''"Äußere Tatsachen bewirkten nur, daß ich es in Wien nicht machen konnte. Ich hatte die Realschule, nicht das Gymnasium offiziell hinter mir, hatte mir die Gymnasialbildung, Privatunterricht darin erteilend, auch privat angeeignet. Das schloß in Osterreich das Doktorieren aus. Ich war in die «Philosophie» hineingewachsen, hatte aber einen offiziellen Bildungsgang hinter mir, der mich von allem ausschloß, in das den Menschen das Philosophiestudium hineinstellt."''<ref>Rudolf Steiner, Mein Lebensgang, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, Seite 214</ref>
[[Bild:GA293 035.gif|center|500px|Zeichnung aus GA 293, S 35]]


Weimar war Steiners erste größere Reise, aber es brachte auch Kontakte: einen Umzug zu [[Anna Eunike]], die er später heiratete, Freundschaft mit [[Gabriele Reuter]], eine teils problematische Zusammenarbeit mit [[Friedrich Nietzsche|Nietzsche]]s Schwester, [[Elisabeth Förster-Nietzsche]], in deren [[Wikipedia:Nietzsche-Archiv|Nietzsche-Archiv]] in Naumburg er vor dem umnachteten Philosophen stand, eine Begegnung mit [[Ernst Haeckel]], das Erlebnis [[Wikipedia:Heinrich von Treitschke|Heinrich von Treitschke]]s als einer Autorität, die aus äußerlichen Gründen nur schwer kommunizieren konnte, vor allem aber die Zusammenarbeit an der Weimarer Ausgabe mit [[Herman Grimm]].
Wir entwickeln in uns die Gefühlswelt, die ein fortwährendes Wechselspiel
- Systole, Diastole - zwischen Sympathie und Antipathie ist.
Dieses Wechselspiel ist fortwährend in uns. Die Antipathie, die nach
der einen Seite geht, verwandelt fortwährend unser Seelenleben in ein
vorstellendes; die Sympathie, die nach der anderen Seite geht, verwandelt
uns das Seelenleben in das, was wir als unseren Tatwillen kennen,
in das Keimhafthalten dessen, was nach dem Tode geistige Realität
ist. Hier kommen Sie zum realen Verstehen des geistig-seelischen
Lebens: wir schaffen den Keim des seelischen Lebens als einen Rhythmus
von Sympathie und Antipathie." {{Lit|{{G|293|35|33}}}}
</div>


[[1894]] veröffentlichte Steiner das [[Erkenntnistheorie|erkenntnismethodologische]] Grundlagenwerk "[[Die Philosophie der Freiheit]] – Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode". Zu der christlichen Grundhaltung dieser Schrift, äußerte sich Steiner unter anderem folgendermaßen:
== Mitgefühl und Selbstgefühl ==


''"Diese «Philosophie der Freiheit» ist eigentlich eine Moralanschauung, welche eine Anleitung dazu sein will, die toten Gedanken als Moralimpulse zu beleben, zur Auferstehung zu bringen. Insofern ist innerliches Christentum durchaus in einer solchen Freiheitsphilosophie."''<ref>Rudolf Steiner, Das Sonnenmysterium und das Mysterium von Tod und Auferstehung, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 1986, Seite 121</ref>
Die Gedankenwelt ist der Leichnam des [[Vorirdisches Dasein|vorirdischen Daseins]]. Im [[Mitfühlen]] mit der Natur und mit den Mitmenschen hingegen haben wir eine [[Leben|lebendige]] Nachwirkung des vorgeburtlichen Lebens. Mit dem Heruntersteigen ins irdische und aus geistiger Perspektive düstere Dasein ist aber auch [[Furcht]] verbunden. Daraus erwächst das [[Selbstgefühl]] und in weiterer Steigerung der [[Wille]], der bereits keimhaft auf das [[Leben nach dem Tod]] verweist.


''"Daher hat man eben meine «Philosophie der Freiheit» die Philosophie des Individualismus genannt im extremsten Sinne. Das mußte sie auch sein, weil sie auf der anderen Seite die christlichste der Philosophien ist."''<ref>Rudolf Steiner, Menschliches Seelenleben und Geistesstreben im Zusammenhange mit Welt- und Erdentwickelung, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 1998, Seite 103f</ref>
<div style="margin-left:20px">
"Die Gedankenwelt ist der Leichnam unseres
Geistig-Seelischen. So, wie die Erde den Leichnam verarbeitet,
wenn wir ihn in die Erde legen, oder wie ihn das Feuer verarbeitet,
wenn wir ihn verbrennen, so verarbeiten wir unser ganzes Leben hindurch
den Leichnam unseres Geistig-Seelischen in unserer physischen
Gedankenwelt. Also die physische Gedankenwelt ist im
Grunde genommen das fortgehende Tote dessen, was als Wirkliches,
als geistiges Leben vorhanden ist, bevor der Mensch in die physische
Irdischheit heruntersteigt.


Ein Versuch, in Jena Professor zu werden, scheiterte.
Das andere, was in den Menschen als Lebendes einkehrt von seinem
vorirdischen Dasein, das kommt im physischen Menschen nicht
durch die Gedankenwelt zur Geltung, sondern im weitesten Umfange
durch alles dasjenige, was wir Gefühl nennen können, sowohl
Mitfühlen mit den Menschen wie auch Mitfühlen mit der Natur. Also
alles das, wodurch Sie sich fühlend, empfindend in die Außenwelt
verbreiten, das ist ein Element, das die lebendige Nachwirkung des
vorirdischen Daseins darstellt (siehe Schema S. 97).


=== Berlin ===
Nicht in Ihren Gedanken erleben Sie auf lebendige Art Ihr vorirdisches
Dasein, sondern in dem Gefühle mit den andern Wesen. Wenn
wir eine Blume liebhaben, wenn wir einen Menschen liebhaben, so ist
das im wesentlichen eine Kraft, die uns aus dem vorirdischen Dasein
gegeben ist, aber in einer lebendigen Weise. So daß wir auch sagen
können: Wenn wir zum Beispiel einen Menschen liebhaben, so haben
wir ihn nicht bloß aus Erfahrungen im Erdenleben lieb, sondern auch
aus dem Karma heraus, aus der Verbundenheit in früheren Erdenleben.
Es wird etwas Lebendiges hinübergetragen aus dem vorirdischen
Dasein, wenn die mitfühlende Sphäre des Menschen in Betracht
kommt. Dagegen stirbt das, was lebendiges Geistelement zwischen
dem Tod und einer neuen Geburt ist, in die Gedankenwelt hinein.
Deshalb hat die Gedankenwelt während des irdischen Daseins dieses
Blasse, Schattenhafte, dieses Tote an sich, weil es eigentlich den abgestorbenen
Teil der vorirdischen Erlebnisse des Menschen darstellt.


Zwischen [[1898]] und [[1900]] gab Steiner in Berlin das Magazin für Litteratur heraus und unterrichtete bis 1904 an der Arbeiterbildungsschule. [[1902]] übernahm er zusammen mit [[Marie von Sivers]] die Leitung der neugegründeten deutschen Sektion der [[Theosophische Gesellschaft|Theosophischen Gesellschaft]]. Im gleichen Jahr fasste Steiner den Inhalt einer Vortragsreihe zusammen, in welcher er die "Entstehung des Christentums aus der mystischen Anschauung heraus" geschildert hatte.<ref>Rudolf Steiner, Das Christentum als mystische Tatsache und die Mysterien des Altertums, 1902, Vorwort zur zweiten Auflage</ref> In dem Werk [[GA 10|Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?]] stellte er die Wege zur spirituellen Selbsterkenntnis und Selbstverwandlung auf einer Grundlage dar, wie sie ihm zeitgemäß erschien. [[1904]] legte er in seinem Werk [[Theosophie]] und später in [[GA 13|Die Geheimwissenschaft im Umriss]] ([[1909]]) u.a. durch Ausführungen über die [[Wesensglieder]] des Menschen, die Farben der [[Aura]] und die [[Planetenzustände]] der Erde den Ideengehalt der [[Anthroposophie]] dar. Aus seinen Aufgaben in der Theosophischen Gesellschaft entwickelte sich eine reiche [[Vortragstätigkeit]]. Die Mitschriften der damals gegebenen und späterer ähnlicher Darstellungen, von ihrem Schöpfer aufgrund der enormen Arbeitslast zum größten Teil nicht noch einmal durchgesehen, stellen das Mehr der Bände der [[Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe]], deren Zahl bis heute auf über 400 gestiegen ist.
Das zweite ist dann das, was man als Furcht bezeichnen muß, und
auch das metamorphosiert sich so, daß es in zwei Elemente zerfällt.
Das eine, also dasjenige, was wir vor dem Heruntersteigen in die irdische
Welt als Furcht erleben, was die Seele ganz durchzieht und wobei
sie die geistige Welt fliehen will, das wird etwas anderes, wenn es in
den Leib einzieht, und das äußert sich zunächst im Inneren des Menschen
als etwas, was ich bezeichnen möchte als das Selbstgefühl. Das
Selbstgefühl ist wirklich die umgewandelte Furcht. Daß Sie sich als
ein Selbst fühlen, daß Sie sich in sich selbst halten, das ist umgewandelte
Furcht aus dem vorirdischen Leben.


[[Bild:Steiner_1919.jpg|thumb|1919]]
[[Bild:GA210 097.gif|center|400px|Tafel 8 (GA 210, S 97)]]
[[1913]] trennte sich die deutsche Sektion von der Theosophischen Gesellschaft, weil der christlich-anthroposophische Ansatz Rudolf Steiners und Marie von Sivers` in ihr mehr und mehr auf Missfallen gestoßen und [[1911]] von [[Annie Besant]] und [[Charles Leadbeater]] der Hinduknabe [[Jiddu Krishnamurti]] als Wiedergeburt Jesu und künftiger Weltenlenker verkündet worden war. Die [[Anthroposophische Gesellschaft]] wurde gegründet, der sich viele theosophische Gruppen im Ausland anschlossen.


=== Dornach und das Goetheanum ===
Und der andere Teil, in den sich die Furcht verwandelt, das ist der
Wille. Alles, was als Willensimpulse auftritt, was unserer Betätigung
in der Welt zugrunde liegt, all das ist vor dem Heruntersteigen ins
irdische Leben als Furcht vorhanden." {{Lit|{{G|210|96f}}}}
</div>


[[1914]] heiratete Steiner in Dornach seine Mitarbeiterin Marie von Sivers.
== Das rhythmische System als physiologische Grundlage des Gefühlslebens ==


Die Anthroposophische Gesellschaft wuchs rasch, und 1913 begann in [[Dornach SO|Dornach]] der Bau des ersten [[Goetheanum]]s als eines Theater- und Verwaltungsgebäudes für ihre jährlichen Treffen. Von Steiner entworfen, schafften daran zu einem großen Teil Freiwillige, die Fachkenntnisse oder auch bloß den Willen zu bieten hatten, etwas Neues zu lernen. Auf dem Gebiet der Plastik war [[Edith Maryon]] maßgeblich beteiligt. 1919 kam es hier zur weltweit ersten Aufführung des gesamten [[Faust]] von Goethe. In Dornach, in dem fast ununterbrochen der Kanonendonner zu hören war, arbeiteten während des Krieges herausragende Künstler aus sechzehn teils verfeindeten Ländern zusammen. Das Goetheanum ist als ein "Haus der Sprache" oder ein "Haus des Wortes" gedacht. Von ihm aus sollen Menschen, die sich ihres Menschentums auch wirklich voll bewusst sind, in Zusammenarbeit mit anderen geistigen Einrichtungen – Gemeinden, Schulen und Hochschulen – für ein neues Ernstnehmen der inneren Seite des Menschen wirken.
Die unmittelbare [[physiologisch]]e Grundlage des Gefühlslebens ist das [[Rhythmisches System|rhythmische System]]. Das [[Nervensystem]] ist nur insofern beteiligt, als wir die Gefühle in das [[Vorstellung]]sleben heraufheben.


==== Anthroposophische Architektur ====
<div style="margin-left:20px">
[[Bild:Goetheanum2.jpg|thumb|450px|Das zweite Goetheanum in Dornach bei Basel (mit Nebengebäuden), von Steiner entworfen und als Grundstein eines freien Geisteslebens gedacht]]
"Dagegen ist ebenso unmittelbar, wie das Vorstellungsleben
Auf dem Dornacher Hügel, hatte Steiner nicht nur das erste Goetheanum als Hauptsitz der anthroposophischen Bewegung entworfen, sondern nach dem Brande auch die Grundlagen für den Bau des zweiten Goetheanum angegeben. Das [[Glashaus]] vermittelt noch einen Eindruck davon, wie das erste Goetheanum ausgesehen hat. [[Haus Duldeck]] weist ebenso eine geisteswissenschaftliche Baukunst auf, wie sie auch in zahlreichen Waldorfschulen noch heute zu finden ist. (Siehe hierzu: Steiner, [[GA 286|Wege zu einem neuen Baustil]])
verknüpft ist mit dem Nerven-Sinnes-Leben, das Gefühlsleben
des Menschen unmittelbar verbunden mit dem rhythmischen System
des Menschen. Gefühlsleben als seelisches Leben pulsiert zugleich in
Atmung, Blutzirkulation, Lymphzirkulation und ist ebenso unmittelbar
mit diesem System verbunden, wie das Vorstellungssystem mit
dem Nervensystem." {{Lit|{{G|301|30}}}}
</div>


==== Die Eurythmie ====
<div style="margin-left:20px">
"In Wahrheit liegt die Sache so, daß die gesamte Gefühlswelt unmittelbar
in die rhythmische Organisation eingreift, in jene rhythmische
Organisation im weiteren Sinne, wie ich sie gestern charakterisiert
habe. Und das Nervensystem dient nur dazu, der Vermittler
zu sein, daß wir über unsere Gefühle Vorstellungen und Gedanken
haben können. So daß also in Atmung und Blutzirkulation die Gefühlsimpulse
unmittelbar eingreifen. Nur für das, was wir als Vorstellungen
haben über die Gefühle, sind die organischen Vermittler
die Nerven. Und ebenso wie in das rhythmische System die Gefühlswelt
des Menschen eingreift, ebenso greift in das Stoffwechsel-
Bewegungssystem der Wille unmittelbar ganz ein. Und dasjenige,
was wir in den Nerven oder durch die Nerven haben, das sind nur
die Vorstellungen des Gewollten, die Vorstellungen von dem Gewollten." {{Lit|{{G|319|56}}}}
</div>


{{Hauptartikel|Eurythmie}}
<div style="margin-left:20px">
"Dagegen ist das Gefühlsleben des Menschen gebunden unmittelbar,
nicht bloß mittelbar, an das rhythmische Leben im Menschen,
jenes rhythmische Leben, welches einschließt das Atmungssystem,
das damit zusammenhängende Blutzirkulationssystem, und
das mit dem Träger des intellektualistischen Systems in einer eigentümlichen
Art zusammenhängt, und zwar so: Wir haben in uns als
wichtigsten Bestandteil unseres Gehirns das sogenannte Gehirnwasser.
Unser Gehirn ist allerdings zunächst ein Nervenorgan, das
weiterzuverarbeiten hat dasjenige, was durch die Sinne vermittelt
wird. Aber dieses Gehirn schwimmt im Gehirnwasser. Und dieses
Gehirnwasser, das ausfüllt unsere Haupteshühle, unsere Rückenmarkshöhle,
es hat eine besondere Aufgabe. Atmen wir aus, senkt
sich das Gehirnwasser von oben nach unten. Das Zwerchfell steigt
in die Höhe, das Gehirnwasser steigt dadurch nach unten; umgekehrt beim Einatmen. So daß wir in einem fortwährenden Rhythmus
des auf- und absteigenden Gehirnwassers drinnen sind.


Die [[Eurythmie]], die ''Musik und Sprache durch Bewegung sichtbar macht,'' hatte in der Aufführungskunst von Dramen [[Edouard Schuré]]s durch [[Mieta Waller]] und [[Marie Steiner]] bereits Vorläufer. Steiner entwickelte sie zwischen [[1913]] und [[1924]] auf eine Anfrage von [[Lory Maier-Smits]] hin.
Dieser Rhythmus des auf- und absteigenden Gehirnwassers ist
der äußere Träger des Gefühlslebens im Menschen. Und durch die
Wechselwirkung desjenigen, was die Gehirnnerven erleben, mit
dem, was als solcher Rhythmus erfolgt durch das Gehirnwasser,
entsteht das, was Austausch zwischen den Gefühlen und den Gedanken
ist." {{Lit|{{G|334|51f}}}}
</div>


=== Ausgeweitetes öffentliches Wirken ===
== Gefühl und Traum ==
[[Bild:GA207 051.gif|mini|350px|Tafel 5 ([[GA 207]], S 51)]]


Steiner, der schon vor dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] durch esoterische Unterweisungen für Eliza von Moltke mit dem Neffen des Bismarck-Moltke, [[Helmuth Johannes Ludwig von Moltke]], zusammengekommen war, ab [[1906]] in ihm dem Chef des Generalstabs begegnend, hatte während des Krieges Kontakte zu einem guten Teil der wichtigsten deutschen Politiker und versuchte u.a., die Stellung eines offiziellen Fürsprechers für Deutschland in der Welt zu erlangen, was ihm von der deutschen Führung mit der Begründung nicht gewährt wurde, dass er ein Österreicher sei. Später sollte er für eine kurze Zeit stark in die Öffentlichkeit hinausgehen, das Berliner Sportstadion sah ihn als Redner, bis diese Episode wegen zunehmender Angriffe, vor allem der politischen Rechten, wieder beendet wurde. In der durch [[Alexander von Bernus]] begründeten Zeitschrift «[[Das Reich]]» schrieb Steiner gemeinsam u.a. mit [[Wikipedia:Alfred Kubin|Alfred Kubin]] und [[Wikipedia:Else Lasker-Schüler|Else Lasker-Schüler]].  
<div style="margin-left:20px">
"Wir können, wenn wir
in der Lage sind, Traumhaftes zu erleben beim Passieren des Ätherleibes,
wenn wir also mit dem Ich und dem astralischen Leibe den
Ätherleib passieren, wir können dann bildhaft das Traumhafte uns
vergegenwärtigen. Die Bilder des Traumes müssen aufhören in dem
Augenblicke, wo wir aufwachen, sonst würden wir den Traum in
das gewöhnliche bewußte Wacherleben hineinnehmen und wachende
Träumer sein, wodurch wir ja die Besonnenheit verlieren würden. Die
Träume als solche müssen aufhören. Aber wer mit Bewußtsein die
Träume erlebt, wer also jene Geistesgegenwart bis zurück zum Erleben
der Traume hat - denn das gewöhnliche Erleben der Träume ist ein
Reminiszenzerleben, ist eigentlich ein Nachher-Erinnern an die Träume;
das ist ja das gewöhnliche Gewahrwerden des Traumes, daß
man ihn eigentlich erst wie eine Reminiszenz erfaßt, wenn er abgelaufen
ist - , also wenn der Traum erlebt wird beim Durchfluten des
Ätherleibes, nicht erst nachher im Erinnern, wo er in Kürze erfaßt
werden kann, wie er gewöhnlich erfaßt wird, wenn man ihn also erfaßt
während er ist, also gerade beim Durchdringen durch den Ätherleib,
dann erweist er sich wie etwas Regsames, wie etwas, das man so
erlebt wie Wesenhaftes, in dem man sich fühlt. Das Bildhafte hört auf,
bloß Bildhaftes zu sein. Man bekommt das Erlebnis, daß man im Bilde
drinnen ist. Dadurch aber, daß man dieses Erlebnis bekommt, daß man
im Bilde drinnen ist, daß man also mit dem Seelischen sich regt, wie
man sonst im wachen Leben mit dem Körperlichen in der Beinbewegung,
in der Handbewegung sich regt - so wird nämlich der Traum: er
wird aktiv, er wird so, daß man ihn erlebt, wie man eben Arm- und
Beinbewegungen oder Kopfbewegungen und dergleichen erlebt —, wenn
man das erlebt, wenn man dieses Erfassen des Traumhaften wie etwas
Wesenhaftes erlebt, dann schließt sich gerade beim weiteren Fortgang,
beim Aufwachen, an dieses Erlebnis ein weiteres an: daß diese Regsamkeit,
die man da im Traume erlebt, in der man nunmehr drinnensteht
als in etwas Gegenwärtigem, daß diese untertaucht in unsere Leiblichkeit.
Geradeso wie wir beim Denken fühlen: Wir dringen bis zu der
Grenze unseres physischen Leibes, wo die Sinnesorgane sind, und nehmen
die Sinneseindrücke auf mit dem Denken, so fühlen wir, wie wir in
uns untertauchen mit demjenigen, was im Traume als innerliche Regsamkeit
erlebt wird. Was man da erlebt im Momente des Aufwachens -
oder eigentlich vor dem Momente des Aufwachens, wenn man im
Traume drinnen ist, wenn man durchaus noch außer seinem physischen
Leibe, aber schon im Ätherleib ist, beziehungsweise gerade hineingeht
in seinen Ätherleib - , das taucht unter in unsere Organisation. Und ist
man so weit, daß man dieses Untertauchen als Erlebnis vor sich hat,
dann weiß man auch, was nun wird mit dem Untergetauchten: das Untergetauchte
strahlt wieder zurück in unser waches Bewußtsein, und
zwar strahlt es zurück als Gefühl, als Fühlen. Die Gefühle sind in unsere
Organisation untergetauchte Träume.


==== Die Dreigliederung ====
Wenn wir das, was webend ist in der Außenwelt, in diesem traumwebhaften
Zustande wahrnehmen, sind es Träume. Wenn die Träume
untertauchen in unsere Organisation und von innen heraus bewußt
werden, erleben wir sie als Gefühle. Wir erleben also die Gefühle dadurch,
daß dasjenige in uns, was in unserem astralischen Leib ist, untertaucht
in unseren Ätherleib und dann weiter in unsere physische
Organisation, nicht bis zu den Sinnen hin, nicht also bis zu der Peripherie
der Organisation, sondern nur in die innere Organisation hinein.
Dann, wenn man dies erfaßt hat, zunächst durch imaginative Erkenntnis
besonders deutlich erschaut hat im Momente des Aufwachens, dann
bekommt man auch die innere Kraft, es fortwährend zu schauen. Wir
träumen nämlich während des wachen Lebens fortwährend. Wir überleuchten
nur das Träumen mit unserem denkenden Bewußtsein, mit
dem Vorstellungsleben. Wer unter die Oberfläche des Vorstellungslebens
blicken kann - und man schult sich zu diesem Blicken dadurch,
daß man eben geistesgegenwärtig erfaßt den Moment des Träumens
selber -, wer sich so geschult hat, daß er das beim Aufwachen erfassen
kann, was ich bezeichnet habe, der kann dann auch unter der Oberfläche
des lichtvollen Vorstellungslebens das den ganzen Tag hindurch
dauernde Träumen erleben, das aber nicht als Träumen erlebt wird,
sondern das immer sofort untertaucht in unsere Organisation und als
Gefühlswelt zurückstrahlt. Und er weiß dann: Was das Fühlen ist,
es spielt sich ab zwischen dem astralischen Leib, den ich hier schematisch
so zeichne (Zeichnung S. 51, hell), und dem Ätherleib. Es drückt
sich natürlich im physischen Leib aus (orange). So daß der eigentliche
Ursprung des Fühlens zwischen dem astralischen Leib und dem Ätherleib
liegt (rot). So wie der physische Leib und der Ätherleib in lebendiger
Wechselwirkung ineinanderwirken müssen zum Gedankenleben,
so müssen ätherischer Leib und astralischer Leib in lebendiger Wechselwirkung
sein zum Gefühlsleben. Wenn wir wachend sind, erleben wir
dieses lebendige Wechselspiel unseres ineinandergedrängten Ätherleibes
und astralischen Leibes als unser Fühlen. Wenn wir schlafen, erleben
wir, was der nunmehr außen lebende astralische Leib in der äußeren
Ätherwelt erlebt, als die Bilder des Traumes, die nun während des
ganzen Schlafens vorhanden sind, aber eben nicht wahrgenommen werden
im gewöhnlichen Bewußtsein, sondern nur eben reminiszenzenhaft
in jenen Fragmenten, die das gewöhnliche Traumleben bilden." {{Lit|{{G|207|53ff}}}}
</div>


{{Hauptartikel|Soziale Dreigliederung}}
== Gefühl und Inspiration ==
[[Bild:GA208 125.gif|mini|300px|Tafel 12 aus [[GA 208]], S 125]]
Hinter dem Gefühl steht unbewusst die [[Inspiration]] als eigentliche reale Geistestätigkeit, die das [[Rhythmisches System|rhythmische System]] des [[Leib]]es, also vor allem [[Atmung]] und [[Blutkreislauf]], ergreift.


Ab [[1919]] warb Steiner für den Gedanken einer [[Soziale Dreigliederung|Dreigliederung des sozialen Organismus]], die das Prinzip eines [[Freies Geistesleben|freien Geisteslebens]], der [[Gleichheit]] im [[Rechtsleben]] und der [[Brüderlichkeit]] im [[Wirtschaftsleben]] vorsah. Er verfasste einen [[Aufruf an das deutsche Volk und an die Kulturwelt]], der die Idee voranbringen sollte und von prominenten Künstlern wie [[Wikipedia:Hermann Bahr|Hermann Bahr]], [[Hermann Hesse]] und [[Bruno Walter]] unterzeichnet wurde. (Zur Dreigliederung: Steiner, [[GA 23|Die Kernpunkte der sozialen Frage]])
<div style="margin-left:20px">
"Jedesmal, wenn Sie ein Gefühl haben, haben Sie auch eine Inspiration.
Aber geradeso wie beim Vorstellen einem die Imaginationen
hinunterrutschen in die allgemeine Vitalität, so rutscht einem beim
Fühlen die Inspiration hinunter in die Leiblichkeit, denn Sie brauchen
sie dort unten. Sie brauchen sie zu der Atmungstätigkeit, zu der rhythmischen
Tätigkeit. Da, mit der allgemeinen rhythmischen Tätigkeit
verbindet sie sich. Also es rutscht in Ihre Atmungsvorgänge die Inspiration
von Ihrem Gefühl ebenso hinein, wie von den Vorstellungen die
Imagination in die allgemeine Vitalität hineinrutscht.


==== Das Goetheanum ====
So daß ich sagen darf: Wir erleben weiter nach rückwärts in uns die
Gefühle, und dadurch, daß wir in die Gefühle weiter eintauchen, haben
wir das seelische Erleben, seelisches Erleben, aber träumend - aber
wir haben darinnen eine verborgene Inspiration (siehe Zeichnung Seite
125). Eine verborgene Inspiration schlüpft in die Rhythmusbewegung,
Rhythmustätigkeit. In Atmen und Blutzirkulation schlüpft das hinunter." {{Lit|{{G|208|126}}}}
</div>


{{Hauptartikel|Goetheanum}}
== Denken, Fühlen und Wollen und Luzifer und Ahriman ==


In der Silvesternacht 1922/23, setzten Gegner das Goetheanum in Brand, welches dadurch bis auf die Grundmauern zerstört wurde (die Versicherung hat ebenfalls Brandstiftung als Ursache anerkannt). Ende [[1923]] hat Steiner auf der [[Weihnachtstagung]] die nun "Allgemeine" [[Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft|Anthroposophische Gesellschaft]] neu begründet. Dadurch wollte er, anders als bis dahin, die ''Bewegung'' mit ihrer ''äußeren Hülle'' in eins bringen. Die Grundsteinlegung für den größeren Nachfolgerbau erfolgte [[1924]].
[[Denken]], Fühlen und [[Wollen]] liegt eine einheitliche Seelentätigkeit zugrunde, nur macht die [[luzifer]]ische Tätigkeit das Wollen jung und die [[ahrimanisch]]e Tätigkeit das Denken alt. Im Fühlen stehen Luzifer und Ahriman im Kampf miteinender.


==== Die Waldorfschule ====
<div style="margin-left:20px">
 
"Die luziferische Tätigkeit macht das Wollen jung. Unsere Seelentätigkeit,
{{Hauptartikel|Waldorfschule}}
durchzogen von Luziferischem, ist Wollen. Wenn das Luziferische
 
in unserer Seelentätigkeit überwiegt, wenn in unserer Seele nur
[[1919]] entstand in Stuttgart eine erste [[Waldorfschule|Freie Waldorfschule]]. Sie war aus allgemeinbildenden Kursen für die Arbeiter der [[Wikipedia:Waldorf-Astoria#Waldorf-Astoria-Cigarettenfabrik|Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik]] herausgewachsen, die Steiner organisiert hatte, und hatte auch Impulse aus dem Bestreben erhalten, die modernen, verzweigten Arbeitsvorgänge für den einzelnen Schaffenden durch eine Betriebskunde übersehbarer zu machen. Die Arbeiter wollten ein Gleiches auch für ihre Kinder. Steiner entwickelte in Vortragsreihen und Lehrerbildungskursen eine [[Waldorfschule#Methodisch-Didaktisches|neue Erziehungskunst]], die genau auf die Entwicklungsstufen und geistigen Fähigkeiten und Bedürfnisse des Kindes auf seinem Weg zum erwachsenen Menschen abgestimmt ist. Parallel zur Gründung der Waldorfschule, riet Rudolf Steiner zur Einrichtung von einem [[Weltschulverein]], der jedoch von den Beteiligten nicht mehr umgesetzt wurde. Ergänzt wurden die für sie gegebenen Hinweise durch einen [[GA 317|heilpädagogischen Kurs]].
Luzifer seine Kräfte geltend macht, so ist das Wollen. Luzifer wirkt verjüngend
 
auf den Gesamtstrom unserer Seelentätigkeit. Wenn Ahriman
==== Die biologisch-dynamische Landwirtschaft ====
dagegen hauptsächlich seine Wirkungen äußert in unserer Seelentätigkeit,
 
dann verhärtet er unsere Seelentätigkeit, sie wird alt, und das ist
[[1924]] gab Steiner in Koberwitz bei Breslau mit einem landwirtschaftlichen Kurs den Startschuss für die Entwicklung der [[biologisch-dynamische Landwirtschaft|biologisch-dynamischen Landwirtschaft]].
das Denken. Dieses Denken, dieses Gedankenhaben ist gar nicht möglich
 
im gewöhnlichen Leben, ohne daß in dem ätherischen Leibe Ahriman
==== Die anthroposophisch erweiterte Medizin ====
seine Kräfte entfaltet. Man kann im Seelenleben, insofern es sich
 
im Ätherleibe äußert, nicht ohne Ahriman und Luzifer auskommen.
{{Hauptartikel|Anthroposophische Medizin|titel1=Anthroposophisch erweitere Medizin}}


Ebenfalls in seiner letzten Lebenszeit krönte Steiner seine Anregungen für eine innerlich erweiterte [[Anthroposophische Medizin|Medizin]] durch das Werk [[GA 27|Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen]], das er gemeinsam mit der Ärztin [[Ita Wegman]] herausgegeben hat. Der Ansatz ist dabei, dass die Schulmedizin keineswegs ''abgelehnt,'' sondern nur ''ergänzt'' wird, indem man bei der Behandlung ''anthroposophische Erkenntnisse berücksichtigt,'' bestimmte Methoden ''hinzufügt'' und nur ''zum Teil, auf Wunsch des Patienten,'' gewisse Therapien auch durch eigene anthroposophische ''ersetzt.''
[[Bild:GA158_134.gif|center|500px|Zeichnung aus GA 158, S 134]]


==== Die Naturwissenschaften ====
Würde Luzifer sich ganz zurückziehen von unserem ätherischen Leibe,
dann würden wir kein luziferisches Feuer haben zum Wollen. Würde
Ahriman sich ganz zurückziehen von unserem Seelenleben, dann würden
wir niemals die Kühle des Denkens entwickeln können. In der
Mitte von beiden ist eine Region, wo sie miteinander kämpfen. Hier
durchdringen sie sich, Luzifer und Ahriman, hier spielen ihre Tätigkeiten
ineinander. Das ist die Region des Fühlens. In der Tat, so erscheint
der menschliche Ätherleib, daß man darinnen wahrnehmen
kann das luziferische Licht und die ahrimanische Härte. Wenn man
den menschlichen Ätherleib überblickt, so ist das natürlich nicht so angeordnet,
wie hier (auf der Zeichnung) symbolisch, sondern da ist ein
Durcheinander. Da sind Einschiebsel, in denen der Ätherleib undurchsichtig
erscheint, so, wie wenn er, ich möchte sagen, Eiseinschläge hätte.
Figuren treten im Ätherleibe auf, die man vergleichen kann mit Eisfiguren,
wie sie auf Fensterscheiben erscheinen. Das sind die Verhärtungen
in dem Ätherleibe. An solchen Stellen wird er undurchsichtig.
Das sind aber die Auslebungen des Gedankenlebens im Ätherleibe. Dieses
Gefrieren des Ätherleibes an gewissen Stellen rührt von Ahriman
her, der seine Kräfte da hineinschickt durch das Denken.


{{Siehe auch|Goetheanismus}}
[[Bild:GA158_135.gif|center|200px|Zeichnung aus GA 158, S 135]]


Wer Steiners Ausführungen studiert, Lebendes gehorche seinen eigenen Gesetzen, wird aufgeschlossen, um Dinge zu erforschen, die zwischen dem Lebendigen und dem Toten vermitteln, Brücken von dem einen zum andren schlagen. Dies ist durch die [[Bildschaffende Methoden|bildschaffenden Methoden]] der Anthroposophie möglich. So haben vor allem [[Theodor Schwenk]] die [[Tropfenbildmethode]] zur Erforschung der Wassergüte und [[Ehrenfried Pfeiffer]] die Methode der [[Kupferchloridkristallisation]] zur Bestimmung der Qualität von Lebensmitteln entwickelt.
An andern Stellen des Ätherleibes ist es so, als wenn er Vakuolen,
 
ganz lichte Stellen in sich hätte, die durchsichtig sind, die glänzend,
==== Die Musik ====
lichtglitzernd sind. Da sendet Luzifer seine Strahlen, seine Kräfte hinein,
 
das sind die Willenszentren im Ätherleibe. Und in dem, was dazwischen
Auch zur Musik hat Steiner Anregungen gegeben, die die Tonkunst umgreifend ändern. Er empfahl formliche Änderungen der Instrumente. Den Dirigenten [[Bruno Walter]] und den Komponisten [[Viktor Ullmann]] konnte er für die [[Anthroposophie]] gewinnen.
liegt, wo gleichsam fortwährende Tätigkeit ist im Ätherleibe,
 
ist es so, daß man sieht, hier ist eine harte Stelle, aber nun wird sie sogleich
==== Die Christengemeinschaft ====
von einer solchen Lichtstelle gefaßt und aufgelöst. Ein fortwährendes
 
Festwerden und Wiederauflösen. Das ist der Ausdruck der
{{Hauptartikel|Christengemeinschaft}}
Gefühlstätigkeit im Ätherleibe." {{Lit|{{G|158|133ff}}}}
 
[[1920]] wurde Rudolf Steiner von einigen, damals überwiegend evangelischen [[Theologie|Theologen]] und Theologiestudenten im Kreis um den [[Wikipedia:evangelisch|evangelisch]]en [[Wikipedia:Pfarrer|Pfarrer]] [[Friedrich Rittelmeyer]] (1872-1938) und [[Emil Bock]] (1895-1959) gebeten, Impulse für eine Erneuerung des [[Religion|religiösen Lebens]] zu geben. Steiner hielt daraufhin in den Jahren 1921 - 1924 eine Reihe von Vortragszyklen ([[GA 342]] - [[GA 346]]) zu diesem Thema und machte detailierte Angaben zum [[Kultus]] und formulierte die dabei zu verwendenden Texte. [[1922]] wurde auf dieser Grundlage von 45 Gründungsmitgliedern die [[Christengemeinschaft]] als von der [[Anthroposophische Gesellschaft|anthroposophischen Gesellschaft]] völlig unabhängige, eigenständige [[Christentum|christliche]] Erneuerungsbewegung begründet.
 
<div style="margin-left:20px">
"Das, was ich diesen Persönlichkeiten gegeben
habe, hat nichts zu tun mit der anthroposophischen Bewegung. Ich
habe es ihnen als Privatmann gegeben, und habe es so gegeben, daß
ich mit notwendiger Dezidiertheit betont habe, daß die anthroposophische
Bewegung mit dieser Bewegung für religiöse Erneuerung
nichts zu tun haben darf; daß aber vor allen Dingen nicht ich der
Gründer bin dieser Bewegung für religiöse Erneuerung; daß ich
darauf rechne, daß der Welt das durchaus klargemacht werde, und
daß ich einzelnen Persönlichkeiten, die von sich aus begründen wollten
diese Bewegung für religiöse Erneuerung, die notwendigen Ratschlüsse gegeben habe, Ratschlüsse, die allerdings geeignet waren,
einen gültigen und spirituell kräftigen, spirituell von Wesenheit erfüllten
Kultus auszuüben, in rechtmäßiger Weise mit den Kräften aus
der geistigen Welt heraus zu zelebrieren. Ich selber habe bei der Erteilung
dieser Ratschläge niemals irgendeine Kultushandlung ausgeführt,
sondern nur denjenigen, die in diese Kultushandlung hineinwachsen wollten, gezeigt, Schritt für Schritt, wie eine solche Kultushandlung
zu geschehen hat. Das war notwendig. Und heute ist es auch
notwendig, daß innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft dies
richtig verstanden wird." {{Lit|{{G|219|169f}}}}
</div>
</div>


== Geistige Heimat und Zukunft ==
== Allgemeines ==
 
Wie seine Kontakte mit Künstlern allerersten Ranges zeigen (so hat Steiner etwa für [[Wassily Kandinsky]], [[Christian Morgenstern]] und [[Joseph Beuys]] systematische weltanschauliche Anleitung gegeben), ist der Begründer der Anthroposophie im ''Ganzen'' der europäischen Kultur zuhause. Hier ist [[Thomas von Aquin]] durch die Emanzipation der theologischen Wissenschaft von der Philosophie, Steiners wichtigster Vorausverkünder. Rudolf Steiner hat in seinen [[GA 40|Wahrspruchworten]] und [[GA 14|Mysteriendramen]] indessen auch einen eigenen literarischen [[Stil]] entwickelt. Rosa Mayreder hat dies nach seinem Tod mit Goethes wirklichkeitsnahem Stil in [[Wikipedia:Dichtung und Wahrheit|Dichtung und Wahrheit]] verglichen.
 
Über das Werk Rudolf Steiners wurde schon zu seinen Lebzeiten diskutiert. Streitfragen dabei waren viele Aussagen der Anthroposophie, die von Vertretern der universitären [[Wissenschaft]] nicht akzeptiert wurde, und die religiösen Ansätze, die von den [[Wikipedia:Amtskirchen|Amtskirchen]] verurteilt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden insbesondere in Deutschland Äußerungen Steiners zur [[Rassenfrage]] und zum [[Judentum]] kritisiert. Die von ihm verfassten Werke sind - wie bei vielen anderen Philosophen - jedoch teilweise nur aus dem Kontext der damaligen Zeit zu verstehen.
 
== Werke ==
Rudolf Steiner hat neben 24 Büchern eine Vielzahl von Schriften und Artikeln veröffentlicht und rund 5900 Vorträge im In- und Ausland gehalten. Ein Großteil der Vorträge ist in Mitschriften von Berufsstenographen und Vortragszuhörern erhalten geblieben. Sie erschienen zunächst häufig im Privatdruck und in Zeitschriften . Später begannen verschiedene Verlage (u.a. Philosophisch-anthroposophischer Verlag, Rudolf-Steiner Verlag) die Vorträge, Bücher im engeren Sinne wie auch die dazu gehörigen Wandtafelbilder zu edieren und publizieren.
[[Bild:Steiner1923.jpg|thumb|1923]]
 
*[[GA 1|Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften]], [[1884]]-[[1897]]
*[[GA 2|Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung, mit besonderer Rücksicht auf Schiller]], [[1886]]
*[[GA 3|Wahrheit und Wissenschaft]], [[1892]]
*[[GA 4|Die Philosophie der Freiheit]], [[1894]]
*[[GA 5|Friedrich Nietsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit]], [[1895]]
*[[GA 6|Goethes Weltanschauung]], [[1897]]
*[[GA 7|Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung]], [[1901]]
*[[GA 18|Die Rätsel der Philosophie]], [[1900]]
*[[GA 8|Das Christentum als mystische Tatsache]], [[1902]]
*[[GA 10|Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?]], [[1904]]
*[[GA 9|Theosophie]], [[1904]]
*[[GA 11|Aus der Akasha-Chronik]], [[1904]]-[[1908]], als Buch [[1939]]
*[[GA 12|Die Stufen der höheren Erkenntnis]], [[1905]]-[[1908]]
*[[GA 13|Die Geheimwissenschaft im Umriss]], [[1909]]
*[[GA 14|Vier Mysteriendramen]], [[1910]]-[[1913]]
*[[GA 15|Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit]], [[1911]]
*[[GA 16|Ein Weg zur Selbsterkenntnis des Menschen. In acht Meditationen]], [[1912]]
*[[GA 17|Die Schwelle der geistigen Welt. Aphoristische Ausführungen]], [[1913]]
*[[GA 20|Vom Menschenrätsel]], [[1916]]
*[[GA 21|Von Seelenrätseln]], [[1917]]
*[[GA 22|Goethes Geistesart in ihrer Offenbarung durch seinen «Faust» und durch das Märchen von der Schlange und der Lilie]], [[1918]]
*[[GA 23|Die Kernpunkte der sozialen Frage]], [[1919]]
*[[GA 24|Aufsätze über die Dreigliederung des sozialen Organismus]], [[1919]]
*[[GA 25|Drei Schritte der Anthroposophie: Philosophie, Kosmologie, Religion]], [[1922]]
*[[GA 26|Anthroposophische Leitsätze]], [[1924]]-[[1925]]
*[[GA 27|Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen]], [[1925]]
*[[GA 28|Mein Lebensgang]], [[1924]]
 
== Aktuelle Bezüge ==
''Der größere Teil der Menschheit wird seinen Einfluß von '''Amerika''', von dem Westen herüber haben, und der geht ... jener Entwickelung entgegen, die heute sich erst in den idealistischen Spuren, gegenüber dem, was da kommt, in sympathischen Anfängen zeigt. Man kann sagen: Die Gegenwart hat es noch recht gut gegenüber dem, was da kommen wird, wenn die westliche Entwickelung immer mehr und mehr ihre Blüten treibt. Es wird gar nicht lange dauern, wenn man das '''Jahr 2000''' geschrieben haben wird, da wird nicht ein direktes, aber eine Art von '''Verbot''' für alles '''Denken''' von Amerika ausgehen, ein Gesetz, welches den Zweck haben wird, alles individuelle Denken zu '''unterdrücken.'''''
 
Rudolf Steiner: Vortrag, Berlin, 4. April 1916 {{Lit|{{G|167|98}}}}
 
''Dasjenige, was ein ewiges Friedensideal ist, das wird niemals durch ein Tröpfchen Blut erreicht, das hervorgerufen worden ist durch ein '''Kriegsinstrument'''. Das muss auf ganz andere Weise in die Welt gesetzt werden! Und sei es wer immer, der da sagt, er '''kämpfe für den Frieden''' und müsse deshalb '''Krieg''' führen, Krieg bis zur Vernichtung des Gegners, um Frieden zu haben, der lügt, wenn er sich dessen auch nicht bewusst ist, wer er auch immer sein möge.''


Rudolf Steiner: Vortrag, Dornach, 18. Dezember 1916 {{Lit|{{G|173|221}}}}
[[C.G. Jung]] unterscheidet in seiner [[Typologie]] der [[Anpassungsfunktion]]en [[Empfindung_(Anpassungsfunktion)|Empfindung]], [[Intuition_(Anpassungsfunktion)|Intuition]], [[Denken_(Anpassungsfunktion)|Denken]] und [[Fühlen_(Anpassungsfunktion)|Fühlen]]. Nach Jung sind Empfindung und Intuition irrationale Funktionen, Denken und '''Fühlen''' [[rational]]e Funktionen. Das '''Fühlen''' in diesem Sinne ist mit einem [[Werturteil]] verbunden, z.B. einem [[Geschmacksurteil]], was in einer Situation passendes Verhalten sei, oder mit Bezug auf das eigene Wohlergehen, das Gefühl, ob einem der Besuch einer bestimmten Party am Wochenende gut tun würde.


==Siehe auch:==
Auch Rudolf Steiner thematisiert diese rationale Funktion des '''Fühlens''', z.B. in "Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten" in der Vorrede:
"Ein anderer Teil der geisteswissenschaftlichen Mitteilungen wird sich allerdings mehr oder weniger dem bloßen Verstandesurteile entziehen. Aber es wird unschwer derjenige ein rechtes Verhältnis auch zu diesem Teile gewinnen können, welcher einsieht, dass nicht nur der Verstand, sondern auch das gesunde Gefühl ein Richter über die Wahrheit sein kann. Und wo dieses Gefühl sich nicht durch [[Sympathie_und_Antipathie| Sympathie oder Antipathie]] für diese oder jene Meinung treiben lässt, sondern wirklich unbefangen die Erkenntnisse der übersinnlichen Welten auf sich wirken lässt, da wird sich auch ein entsprechendes Gefühlsurteil ergeben." ([[GA 10]], VI)


* [[Rudolf Steiner Geburtshoroskop 25.02.1861]]
Die Zwölfheit des [[Tierkreis]]es läßt sich aufteilen in die Zeichen von Erde, Wasser, Luft und Feuer. Die Wasserzeichen gelten als die Gefühlszeichen. Daneben gibt es die Aufteilung der Tierkreiszeichen in Kardinal, Fix, und Veränderlich. Dies entspricht den Seelenqualitäten Wollen, Fühlen, und Denken. Entsprechend ist das Tierkreiszeichen z.B. Löwe ein "fühlendes" Zeichen, obwohl es nach der Elementzuordnung ein Feuerzeichen ist, das Tierkreiszeichen Fische ist ein "denkendes" Wasserzeichen.


== Literatur ==
== Literatur ==
{{Glomer|anthroposophie/rudolf-steiner}}
*[[Johannes Hemleben]]: Rudolf Steiner in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Rowohlts Monographien 79, 151.-160. Tausend, Reinbek bei Hamburg 1980
*[[Gerhard Wehr]]: Rudolf Steiner. Leben - Erkenntnis - Kulturimpuls, Kösel Vlg, 1987
*[[Wolfgang Zumdick]]: ''Rudolf Steiner in Wien: Die Orte seines Wirkens'', Metroverlag 2010, ISBN 978-3993006020
*Ernst-Christian Demisch (Hrsg.), Christa Greshake-Ebding (Hrsg.), [[Johannes Kiersch]] (Hrsg.): ''Steiner neu lesen: Perspektiven für den Umgang mit Grundlagentexten der Waldorfpädagogik'' (Kulturwissenschaftliche Beiträge der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Band 12), Peter Lang GmbH 2014, ISBN 978-3631649695, eBook {{ASIN|B076FCC8PN}}
*[[Michael Heinen-Anders]]: Aus anthroposophischen Zusammenhängen, BOD, Norderstedt 2010, S. 30 - 35; 48 - 49; 57 - 58.
*Michael Heinen-Anders: Aus anthroposophischen Zusammenhängen Band II, BOD, Norderstedt 2013
*Rudolf Steiner: ''Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste'', [[GA 167]] (1962), ISBN 3-7274-1670-X {{Vorträge|167}}
*Rudolf Steiner: ''Zeitgeschichtliche Betrachtungen. Das Karma der Unwahrhaftigkeit – Erster Teil'', [[GA 173]] (1978), ISBN 3-7274-1730-7 {{Vorträge|173}}
*Rudolf Steiner: ''Wege zu einem neuen Baustil'', [[GA 286]] (1982)
*Rudolf Steiner: ''Eurythmie als sichtbarer Gesang'', [[GA 278]] (2001)
*Rudolf Steiner: ''Eurythmie als sichtbare Sprache'', [[GA 279]] (1990)
*Rudolf Steiner: ''Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik'', [[GA 293]] (1992)
*[[Christoph Lindenberg]]: ''Rudolf Steiner - eine Biographie'', Verlag Urachhaus, Stuttgart 1997, ISBN 978-3772515514
*Christoph Lindenberg: ''Rudolf Steiner - Eine Chronik: 1861-1925'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2010, ISBN 978-3772518614
*[[Taja Gut]]: "Aller Geistesprozess ist ein Befreiungsprozess" - Der Mensch Rudolf Steiner, Pforte Verlag, 2000
*[[Karen Swassjan]]: ''Rudolf Steiner: Ein Kommender'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2005, ISBN 978-3723512593
*[[Mieke Mosmuller]]: ''Rudolf Steiner. Eine spirituelle Biographie'', Occident Verlag 2011, ISBN 978-3000362019
*[[Peter Heusser]] (Hrsg.), Johannes Weinzirl (Hrsg.), [[Arthur Zajonc]] (Vorwort): ''Rudolf Steiner: Seine Bedeutung für Wissenschaft und Leben heute'', Schattauer Verlag 2013, ISBN 978-3794529476; eBook {{ASIN|B07N91XPKK}}
*[[Peter Selg]]: ''Rudolf Steiner 1861 - 1925. Lebens- und Werkgeschichte. 3 Bände im Schuber'', Ita Wegman Institut 2012, ISBN 978-3905919271
*[[Martina Maria Sam]]: ''Rudolf Steiner: Kindheit und Jugend (1861–1884)'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2018, ISBN 978-3723515914
*[[Lorenzo Ravagli]]: ''Rudolf Steiners Weg zu Christus: Von der philosophischen Gnosis zur mystischen Gotteserfahrung'', Akanthos Akademie Edition, Stuttgart 2018, ISBN 978-3746096971, eBook {{ASIN|B079YZH6CX}}
;Kritik


*Heiner Ullrich: ''Rudolf Steiner: Leben und Lehre'', Verlag C.H.Beck 2010, ISBN 978-3406612053; eBook ASIN: B004VLHGCY
#Rudolf Steiner/Ita Wegman: ''Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen'', [[GA 27]] (1991), ISBN 3-7274-0270-9 {{Schriften|027}}
*Miriam Gebhardt: ''Rudolf Steiner: Ein moderner Prophet'', Pantheon Verlag 2013, ISBN 978-3570551806
#Rudolf Steiner: ''Ursprung und Ziel des Menschen'', [[GA 53]] (1981), ISBN 3-7274-0532-5 {{Vorträge|053}}
#Rudolf Steiner: ''Der Zusammenhang des Menschen mit der elementarischen Welt'', [[GA 158]] (1993), ISBN 3-7274-1580-0 {{Vorträge|158}}
#Rudolf Steiner: ''Anthroposophie als Kosmosophie – Erster Teil'', [[GA 207]] (1990), ISBN 3-7274-2070-7 {{Vorträge|207}}
#Rudolf Steiner: ''Anthroposophie als Kosmosophie – Zweiter Teil'', [[GA 208]] (1992), ISBN 3-7274-2080-4 {{Vorträge|208}}
#Rudolf Steiner: ''Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik'', [[GA 293]] (1992), ISBN 3-7274-2930-5 {{Vorträge|293}}
#Rudolf Steiner: ''Die Erneuerung der pädagogisch-didaktischen Kunst durch Geisteswissenschaft'', [[GA 301]] (1991), ISBN 3-7274-3010-9 {{Vorträge|301}}
#Rudolf Steiner: ''Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heikunst'', [[GA 316]] (2003), ISBN 3-7274-3160-1 {{Vorträge|316}}
#Rudolf Steiner: ''Heilpädagogischer Kurs'', [[GA 317]] (1995), ISBN 3-7274-3171-7{{Vorträge|317}}
#Rudolf Steiner: ''Anthroposophische Menschenerkenntnis und Medizin'', [[GA 319]] (1994), ISBN 3-7274-3190-3 {{Vorträge|319}}
#Rudolf Steiner: ''Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus'', [[GA 334]] (1983), ISBN 3-7274-3340-X {{Vorträge|334}}


{{GA}}
{{GA}}


== Weblinks ==
[[Kategorie:Seele]] [[Kategorie:Seelenleben]] [[Kategorie:Seelenkräfte]]
===Allgemein===
* http://www.rudolf-steiner.com - Website der Rudolf Steiner Nachlassverwaltung, Archiv und Verlag in Dornach.
* http://www.goetheanum.org - Website des Goetheanum in Dornach.
*[http://uncletaz.com/wc/wcthreads/mellett.html Mellett on Steiner's reincarnations]
*[http://www.odysseetheater.com/jump.php?url=http://www.odysseetheater.com/ftp/anthroposophie/Rudolf_Steiner/Rudolf_Steiner_Geburtshoroskop_(Alan_Leo).pdf Das Geburtshoroskop Rudolf Steiners] ([[Alan Leo]], 1912)
 
===Biographie===
 
* R. Schmidt: "Steiner Rudolf Joseph Lorenz". In: [[Wikipedia:Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950|Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950]] (ÖBL). Vol. 13, [[Wikipedia:Östereichische Akademie der Wissenschaften|Östereichische Akademie der Wissenschaften]], Wien 2010, ISBN 978-3-7001-6963-5, p. 176 f., [http://www.biographien.ac.at/oebl_13/176.pdf#view=Fit S. 176 PDF], [http://www.biographien.ac.at/oebl_13/177.pdf#view=Fit S. 177 PDF]
 
===Werke===
* http://www.rudolf-steiner.com - Website des Rudolf Steiner Archivs mit Volltextrecherchemöglichkeit.
* http://www.anthroweb.info/rudolf_steiner_werke.html - Grundlegende Werke Rudolf Steiners online.
* http://www.dr-rudolf-steiner.de - Einige Ausgaben letzter Hand
 
===Anthroposophische Publikationen===
* [http://www.anthroposophie.net/ Forum für Anthroposophie, Waldorpädagogik und Goetheanistische Naturwissenschaft]
 
===Kunstwissenschaftliche Publikationen===
* [http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2004/1385/ Rudolf Steiner Design : Spiritueller Funktionalismus – Kunst] - Dissertation von Reinhold Johann Fäth
 
=== Medienberichte ===
 
*[http://www.zeit.de/2011/08/C-Waldorfschule-Steiner Iris Radisch: ''Der letzte Prophet. Rudolf Steiner ist der einzige deutsche Idealist, der den Praxistest überlebt hat.''] - Artikel in [[Wikipedia:Die Zeit|Die Zeit]] vom 27. Februar 2011
*[http://www.deutschlandfunk.de/dunkle-lichtgestalt.704.de.html?dram:article_id=311911 Dunkle Lichtgestalt - Eine Lange Nacht über Rudolf Steiner] - Manuskript zur Sendung des Deutschlandfunks vom 28. März 2015 (Manuel Gogos)
 
{{Audioartikel|Rudolf_Steiner.ogg}}
 
== Einzelnachweise ==
<references/>
 
{{DEFAULTSORT:Steiner, Rudolf}}
[[Kategorie:Theosoph]]
[[Kategorie:Anthroposoph (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Eingeweihter]]
[[Kategorie:Philosoph (19. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Philosoph (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Anthroposophischer Philosoph]]
[[Kategorie:Philosophiegeschichtler]]
[[Kategorie:Objektiver Idealist]]
[[Kategorie:Anthropologe]]
[[Kategorie:Naturphilosoph]]
[[Kategorie:Erkenntnistheoretiker]]
[[Kategorie:Soziologe]]
[[Kategorie:Sozialwissenschaftler]]
[[Kategorie:Sozialphilosoph]]
[[Kategorie:Naturwissenschaftler]]
[[Kategorie:Reformpädagoge]]
[[Kategorie:Pädagoge (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Künstler (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Anthroposophischer Künstler]]
[[Kategorie:Bildhauer]]
[[Kategorie:Architekt]]
[[Kategorie:Designer]]
[[Kategorie:Rudolf Steiner|!]]
[[Kategorie:Universalgelehrter]]
[[Kategorie:Eurythmist]]
[[Kategorie:Autor (Esoterik)]]
[[Kategorie:Autor (Anthroposophie)]]
[[Kategorie:Autor (Soziologie)]]
[[Kategorie:Autor (Pädagogik)]]
[[Kategorie:Soziale Dreigliederung (Person)]]
[[Kategorie:Österreicher]]
[[Kategorie:Geboren 1861]]
[[Kategorie:Gestorben 1925]]
[[Kategorie:Mann]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 8. Februar 2017, 16:08 Uhr

Das Fühlen oder Gefühl ist die mittlere der drei Seelenkräfte, die das menschliche Seelenleben prägen. Gefühle werden normalerweise nicht voll wach, sondern nur traumbewusst erlebt.

Begrifflich ist das Fühlen zu unterscheiden von der mehr triebhaft-willensartigen Emotion, obwohl diese Differenzierung im unmittelbaren Erleben oft nicht klar genug erkannt wird. Das Gefühl wird, wenn auch nur traumbewusst, durch das Ich geführt, was bei der blinden leidenschaftlichen Emotion nicht der Fall ist, in der mehr oder weniger direkt der Astralleib bzw. das Ego ungefiltert wirksam wird. Umgangssprachlich wird das Gefühl oft auch als Empfindung bezeichnet; in der Philosophie, Psychologie, Medizin und Biologie sind damit aber die durch Reizeinwirkung erregten Elementarvorgänge der sinnlichen Wahrnehmung gemeint, also die reinen Sinnesempfindungen.

Gefühl und Wesensglieder

Das Fühlen wird gewoben im ständigen Hin- und Herpendeln zwischen Ätherleib und Astralleib. Insofern im Astralleib die abbauenden Kräfte wirken, die den Organismus krank machen können, und im Ätherleib die gesundenden Lebenskräfte walten, die aber auch nicht zu stark wuchern dürfen, ist das Gefühl auch ein sensibler Indikator für sich ankündigende Krankheitserscheinungen.

"Nehmen Sie diesen astralischen Organismus, der fortwährend die Tendenz hat, irgendwie in einem Organ oder im ganzen Menschen den Menschen krank zu machen. Ja, Sie brauchen natürlich nur eine wirklich gesunde Selbstbeobachtung zu üben, so werden Sie darauf kommen, daß das so ist, denn es könnte kein Gefühl in Ihnen entstehen, wenn nicht dieser Astralorganismus da wäre. Das stellen Sie sich nur vor: der ätherische Organismus ist da, er entwickelt das Leben; der astralische Organismus ist da, er lähmt ab. Nun muß im wachen Leben - vom Schlafe werde ich noch sprechen - ein fortwährendes Hin- und Hergehen in einem labilen Gleichgewicht stattfinden zwischen Ätherischem und Astralischem. Dadurch fühlt der Mensch. Er würde nichts fühlen, wenn nicht dieses Hin- und Hergehen da wäre. Nun aber stellen Sie sich vor, die astralische Tätigkeit wird von der ätherischen Tätigkeit nicht sogleich zurückgeschlagen. Wenn sie zurückgeschlagen wird, wenn also im Status nascendi sogleich von der ätherischen Tätigkeit das Astralische zurückgewiesen wird, entsteht das normale Fühlen. Wir werden sehen im Physischen, wie das verknüpft ist mit der Drüsentätigkeit. Wenn aber die astralische Organisation mächtiger wird, so daß das Organ in seiner ätherischen Tätigkeit nicht genügend zurückwirken kann, dann wird das Organ von der astralischen Tätigkeit zu stark ergriffen, und statt daß ein Hin- und Herschwingen stattfindet, entsteht eine Deformation des Organes, und wir haben einfach dadurch, daß der astralische Leib über das Maß dessen, was er ablähmen darf - das heißt, was im Status nascendi wieder ausgeglichen wird -, ablähmt, in dem astralischen Leibe die Krankheitsursache gelegen. Und zwar hängt wirklich die Krankheit so zusammen mit dem Fühlen, daß wir sagen können, das Gefühlsleben des Menschen ist einfach die seelische Spiegelung des Krankheitslebens. Findet in der Zeit ein Hin- und Herpendeln statt, so liegt dem Gefühlsleben immer im Anfang, im Status nascendi, im Moment des Entstehens derselbe Prozeß zugrunde, der beim Überhandnehmen des Astralischen einen Krankheitsprozeß bedeutet. Nun kann aber auch das Astralische zurückbleiben, das Ätherische überhandnehmen, dann entsteht eine Wucherung, also eine Krankheit nach der andern Seite hin. Wenn Sie das Überhandnehmen des Astralischen sehen in dem Hervorrufen von entzündlichen Zuständen, so sehen Sie das Überhandnehmen des Ätherischen in dem Auftreten von Wucherungen. Und Sie haben zu sagen, im ganz normalen Gefühlsleben findet ein fortwährend labiles Gleichgewicht statt zwischen den Wucherungen und den Entzündungsprozessen. Das normale Leben des Menschen braucht die Möglichkeit, krank zu werden. Nur muß ein fortwährender Ausgleich stattfinden. Sehen Sie, das macht möglich, daß man überhaupt im Gefühlsleben des Menschen außerordentlich viel von dem sehen kann, wenn man richtig zu sehen vermag, was die Krankheitsprozesse darstellen. Man kann, wenn man solche Dinge beobachten kann, lange Zeit bevor die Krankheit physisch zu diagnostizieren ist, in dem Nicht-mehr-recht-Funktionieren des Gefühlslebens das Herankommen der Krankheit konstatieren. Die Krankheit ist nur ein abnormes Gefühlsleben des Menschen." (Lit.: GA 316, S. 33f)

Gefühl und Hierarchien

Mit seinem Gefühl lebt der Mensch - zunächst unbewusst - zusammen mit den geistigen Hierarchien.

„Wie wir, wenn wir in die physische Welt uns hineinstellen, eben diese physische Welt als die reale haben, wie da in dieser physischen Welt Mineralien, Pflanzen, Tiere sind und das der Boden ist, aus dem der Mensch zuletzt in der Menschenentwickelung herauswächst, so ist der Mensch mit seinem astralischen Leibe in der Welt der Wesen der höheren Hierarchien. Lebt er in dieser Welt, dann hat er für seinen astralischen Leib die entsprechende Widerlage. Aber er trägt dasjenige, was er durch die Geisteswissenschaft erst kennenlernen kann, doch immer in sich. Und er trägt es in sich als die Fähigkeit des Gefühls.

Alles, was wir in der Welt durch unser Gefühl, durch dieses innigste Leben der Seele, zu unserem Eigenen machen, das besteht in dem Wellen und Weben der Geister der höheren Hierarchien in unserem eigenen astralischen Leibe. Wenn wir uns bewußt werden unseres Gefühles, so ist dieses Bewußtsein vom Fühlen dasjenige, was der Mensch zunächst hat, aber in diesem Fühlen lebt das Weben und Wirken der Geister der höheren Hierarchien durch den Menschen. Wir können nicht das Seelische wirklich fassen, wenn wir nicht dieses Seelische getaucht empfinden in die Geistwelten der höheren Hierarchien.“ (Lit.:GA 225, S. 163f)

Christus - Buddhi und das Ewige im Gefühl

Das niedere, alltägliche Fühlen heftet sich an die vergängliche Welt; das höhere Fühlen, das „reine Fühlen“, das sich zum Ewigen erhebt und noch höher steht als das «reine Denken», schöpft aus dem Lebensgeist (Buddhi), in dem der Christus lebt:

„So wie nun der Gedanke erhoben werden kann in eine höhere Sphäre, so kann auch die Gefühlswelt in eine höhere Sphäre erhoben werden. Dasjenige, worüber wir Freude haben, was wir begehren, ist scheinbar eine niedrigere Welt als die Welt der Gedanken, aber wenn es in die höheren Regionen erhoben wird, dann steht es noch höher als der Gedanke. Das Ewige im Gefühl ist höher als der Gedanke. Wenn Sie das Gefühl emporheben zu den höheren Sphären, wie den Gedanken in der Mathematik, dann erleben Sie die zweite Wesenheit des Geistes. Die Universitätspsychologie kennt nur das niedere Gefühl. Sie tut so, als wenn alles mit dem niederen Gefühl erschöpft wäre. Aber in unserer Gefühlswelt lebt dieses Ewige als Keim, und die Theosophie nennt es die Buddhi. Ich habe ihm den Namen «Lebensgeist» gegeben, als der zweiten spirituellen Wesenheit des Menschen. Erheben Sie Ihre Gedanken bis zur Erfassung eines Ewigen, dann leben Sie in Manas. Erheben Sie Ihr Gefühl und Ihre Empfindung bis zum Charakter des Ewigen, dann leben Sie in Buddhi. Dieses Leben in Buddhi ist bei den gegenwärtigen Menschen nur in der Anlage vorhanden. Manasisch denken können die Menschen schon manchmal, wenn das Denken geregelt ist, den logischen Weltgesetzen unterliegt. Es gibt aber auch ein Denken, welches irrlichteliert, das heißt, einen Gedanken haben und gleich darauf wieder einen anderen, also immer wechselnd. Das ist das gewöhnliche Denken. Dann gibt es ein höheres Denken, das logisch ist, zusammenhängend, das von dem Ewigen sich nährt - nach Plato - und teilhaftig wird des Ewigen. Wenn nun ein Gefühl sich zu diesem Weltgebiet, zu einer solchen Weltgesetzlichkeit erhoben hat, dann lebt es in Buddhi. Das bedeutet nichts anderes als eine Art urewiger Gesetzmäßigkeit des Gefühls. Wer im gewöhnlichen Leben lebt, kann irren, kann auch mit seinem Gefühl abirren. Derjenige aber, welcher die urewigen Normen des Gefühls in sich erlebt, wie der Denker die urewigen Normen des manasischen Denkens erlebt, dieser fühlende Mensch hat in sich eine ebensolche Sicherheit und Klarheit des Fühlens, wie der Denker eine Klarheit des Denkens hat. Das ist es, was die Theosophie beschreibt als spirituellen Menschen, der in sich den Geist erlebt. Das ist dasjenige, was auch der tiefere Inhalt des Christus war. Der Mensch erlebt dann den Christus, lebt mit dem Christus, hat teil an ihm. Christus ist dasselbe wie Buddhi.“ (Lit.:GA 53, S. 212f)

Buddhi ist identisch mit dem, was Rudolf Steiner in seiner «Philosophie der Freiheit» als moralische Phantasie bezeichnet hat:

„Nun habe ich versucht, die allmähliche Hinauferziehung des Menschen, die Reinigung des Menschen aus dem Seelischen in das Geistige, in einem Buche darzustellen, das ich vor einigen Jahren geschrieben habe als meine «Philosophie der Freiheit», Was ich jetzt dargestellt habe, finden Sie dort in den Begriffen der abendländischen Philosophie ausgedrückt. Sie finden dort die Entwickelung des Seelischen vom Kama zum Manasleben. Ich habe dort Ahamkara das «Ich» genannt, Manas das «höhere Denken», reines Denken, und die Buddhi, um noch nicht auf den Ursprung hinzuweisen, die «moralische Phantasie». Das sind nur andere Ausdrücke für ein und dieselbe Sache.“ (Lit.:GA 53, S. 214f)

Das Gefühl im Wechselspiel von Sympathie und Antipathie

Alles seelische Erleben - und ganz besonders das Gefühl - entfaltet sich im Wechselspiel von Sympathie und Antipathie:

"Wir tragen die Kraft der Antipathie in uns und verwandeln durch sie das vorgeburtliche Element in ein bloßes Vorstellungsbild. Und mit demjenigen, was als Willensrealität nach dem Tode hinausstrahlt zu unserem Dasein, verbinden wir uns in Sympathie. Dieser zwei, der Sympathie und der Antipathie, werden wir uns nicht unmittelbar bewußt, aber sie leben in uns unbewußt und sie bedeuten unser Fühlen, das fortwährend aus einem Rhythmus, aus einem Wechselspiel zwischen Sympathie und Antipathie sich zusammensetzt.

Zeichnung aus GA 293, S 35
Zeichnung aus GA 293, S 35

Wir entwickeln in uns die Gefühlswelt, die ein fortwährendes Wechselspiel - Systole, Diastole - zwischen Sympathie und Antipathie ist. Dieses Wechselspiel ist fortwährend in uns. Die Antipathie, die nach der einen Seite geht, verwandelt fortwährend unser Seelenleben in ein vorstellendes; die Sympathie, die nach der anderen Seite geht, verwandelt uns das Seelenleben in das, was wir als unseren Tatwillen kennen, in das Keimhafthalten dessen, was nach dem Tode geistige Realität ist. Hier kommen Sie zum realen Verstehen des geistig-seelischen Lebens: wir schaffen den Keim des seelischen Lebens als einen Rhythmus von Sympathie und Antipathie." (Lit.: GA 293, S. 35)

Mitgefühl und Selbstgefühl

Die Gedankenwelt ist der Leichnam des vorirdischen Daseins. Im Mitfühlen mit der Natur und mit den Mitmenschen hingegen haben wir eine lebendige Nachwirkung des vorgeburtlichen Lebens. Mit dem Heruntersteigen ins irdische und aus geistiger Perspektive düstere Dasein ist aber auch Furcht verbunden. Daraus erwächst das Selbstgefühl und in weiterer Steigerung der Wille, der bereits keimhaft auf das Leben nach dem Tod verweist.

"Die Gedankenwelt ist der Leichnam unseres Geistig-Seelischen. So, wie die Erde den Leichnam verarbeitet, wenn wir ihn in die Erde legen, oder wie ihn das Feuer verarbeitet, wenn wir ihn verbrennen, so verarbeiten wir unser ganzes Leben hindurch den Leichnam unseres Geistig-Seelischen in unserer physischen Gedankenwelt. Also die physische Gedankenwelt ist im Grunde genommen das fortgehende Tote dessen, was als Wirkliches, als geistiges Leben vorhanden ist, bevor der Mensch in die physische Irdischheit heruntersteigt.

Das andere, was in den Menschen als Lebendes einkehrt von seinem vorirdischen Dasein, das kommt im physischen Menschen nicht durch die Gedankenwelt zur Geltung, sondern im weitesten Umfange durch alles dasjenige, was wir Gefühl nennen können, sowohl Mitfühlen mit den Menschen wie auch Mitfühlen mit der Natur. Also alles das, wodurch Sie sich fühlend, empfindend in die Außenwelt verbreiten, das ist ein Element, das die lebendige Nachwirkung des vorirdischen Daseins darstellt (siehe Schema S. 97).

Nicht in Ihren Gedanken erleben Sie auf lebendige Art Ihr vorirdisches Dasein, sondern in dem Gefühle mit den andern Wesen. Wenn wir eine Blume liebhaben, wenn wir einen Menschen liebhaben, so ist das im wesentlichen eine Kraft, die uns aus dem vorirdischen Dasein gegeben ist, aber in einer lebendigen Weise. So daß wir auch sagen können: Wenn wir zum Beispiel einen Menschen liebhaben, so haben wir ihn nicht bloß aus Erfahrungen im Erdenleben lieb, sondern auch aus dem Karma heraus, aus der Verbundenheit in früheren Erdenleben. Es wird etwas Lebendiges hinübergetragen aus dem vorirdischen Dasein, wenn die mitfühlende Sphäre des Menschen in Betracht kommt. Dagegen stirbt das, was lebendiges Geistelement zwischen dem Tod und einer neuen Geburt ist, in die Gedankenwelt hinein. Deshalb hat die Gedankenwelt während des irdischen Daseins dieses Blasse, Schattenhafte, dieses Tote an sich, weil es eigentlich den abgestorbenen Teil der vorirdischen Erlebnisse des Menschen darstellt.

Das zweite ist dann das, was man als Furcht bezeichnen muß, und auch das metamorphosiert sich so, daß es in zwei Elemente zerfällt. Das eine, also dasjenige, was wir vor dem Heruntersteigen in die irdische Welt als Furcht erleben, was die Seele ganz durchzieht und wobei sie die geistige Welt fliehen will, das wird etwas anderes, wenn es in den Leib einzieht, und das äußert sich zunächst im Inneren des Menschen als etwas, was ich bezeichnen möchte als das Selbstgefühl. Das Selbstgefühl ist wirklich die umgewandelte Furcht. Daß Sie sich als ein Selbst fühlen, daß Sie sich in sich selbst halten, das ist umgewandelte Furcht aus dem vorirdischen Leben.

Tafel 8 (GA 210, S 97)
Tafel 8 (GA 210, S 97)

Und der andere Teil, in den sich die Furcht verwandelt, das ist der Wille. Alles, was als Willensimpulse auftritt, was unserer Betätigung in der Welt zugrunde liegt, all das ist vor dem Heruntersteigen ins irdische Leben als Furcht vorhanden." (Lit.: GA 210, S. 96f)

Das rhythmische System als physiologische Grundlage des Gefühlslebens

Die unmittelbare physiologische Grundlage des Gefühlslebens ist das rhythmische System. Das Nervensystem ist nur insofern beteiligt, als wir die Gefühle in das Vorstellungsleben heraufheben.

"Dagegen ist ebenso unmittelbar, wie das Vorstellungsleben verknüpft ist mit dem Nerven-Sinnes-Leben, das Gefühlsleben des Menschen unmittelbar verbunden mit dem rhythmischen System des Menschen. Gefühlsleben als seelisches Leben pulsiert zugleich in Atmung, Blutzirkulation, Lymphzirkulation und ist ebenso unmittelbar mit diesem System verbunden, wie das Vorstellungssystem mit dem Nervensystem." (Lit.: GA 301, S. 30)

"In Wahrheit liegt die Sache so, daß die gesamte Gefühlswelt unmittelbar in die rhythmische Organisation eingreift, in jene rhythmische Organisation im weiteren Sinne, wie ich sie gestern charakterisiert habe. Und das Nervensystem dient nur dazu, der Vermittler zu sein, daß wir über unsere Gefühle Vorstellungen und Gedanken haben können. So daß also in Atmung und Blutzirkulation die Gefühlsimpulse unmittelbar eingreifen. Nur für das, was wir als Vorstellungen haben über die Gefühle, sind die organischen Vermittler die Nerven. Und ebenso wie in das rhythmische System die Gefühlswelt des Menschen eingreift, ebenso greift in das Stoffwechsel- Bewegungssystem der Wille unmittelbar ganz ein. Und dasjenige, was wir in den Nerven oder durch die Nerven haben, das sind nur die Vorstellungen des Gewollten, die Vorstellungen von dem Gewollten." (Lit.: GA 319, S. 56)

"Dagegen ist das Gefühlsleben des Menschen gebunden unmittelbar, nicht bloß mittelbar, an das rhythmische Leben im Menschen, jenes rhythmische Leben, welches einschließt das Atmungssystem, das damit zusammenhängende Blutzirkulationssystem, und das mit dem Träger des intellektualistischen Systems in einer eigentümlichen Art zusammenhängt, und zwar so: Wir haben in uns als wichtigsten Bestandteil unseres Gehirns das sogenannte Gehirnwasser. Unser Gehirn ist allerdings zunächst ein Nervenorgan, das weiterzuverarbeiten hat dasjenige, was durch die Sinne vermittelt wird. Aber dieses Gehirn schwimmt im Gehirnwasser. Und dieses Gehirnwasser, das ausfüllt unsere Haupteshühle, unsere Rückenmarkshöhle, es hat eine besondere Aufgabe. Atmen wir aus, senkt sich das Gehirnwasser von oben nach unten. Das Zwerchfell steigt in die Höhe, das Gehirnwasser steigt dadurch nach unten; umgekehrt beim Einatmen. So daß wir in einem fortwährenden Rhythmus des auf- und absteigenden Gehirnwassers drinnen sind.

Dieser Rhythmus des auf- und absteigenden Gehirnwassers ist der äußere Träger des Gefühlslebens im Menschen. Und durch die Wechselwirkung desjenigen, was die Gehirnnerven erleben, mit dem, was als solcher Rhythmus erfolgt durch das Gehirnwasser, entsteht das, was Austausch zwischen den Gefühlen und den Gedanken ist." (Lit.: GA 334, S. 51f)

Gefühl und Traum

Tafel 5 (GA 207, S 51)

"Wir können, wenn wir in der Lage sind, Traumhaftes zu erleben beim Passieren des Ätherleibes, wenn wir also mit dem Ich und dem astralischen Leibe den Ätherleib passieren, wir können dann bildhaft das Traumhafte uns vergegenwärtigen. Die Bilder des Traumes müssen aufhören in dem Augenblicke, wo wir aufwachen, sonst würden wir den Traum in das gewöhnliche bewußte Wacherleben hineinnehmen und wachende Träumer sein, wodurch wir ja die Besonnenheit verlieren würden. Die Träume als solche müssen aufhören. Aber wer mit Bewußtsein die Träume erlebt, wer also jene Geistesgegenwart bis zurück zum Erleben der Traume hat - denn das gewöhnliche Erleben der Träume ist ein Reminiszenzerleben, ist eigentlich ein Nachher-Erinnern an die Träume; das ist ja das gewöhnliche Gewahrwerden des Traumes, daß man ihn eigentlich erst wie eine Reminiszenz erfaßt, wenn er abgelaufen ist - , also wenn der Traum erlebt wird beim Durchfluten des Ätherleibes, nicht erst nachher im Erinnern, wo er in Kürze erfaßt werden kann, wie er gewöhnlich erfaßt wird, wenn man ihn also erfaßt während er ist, also gerade beim Durchdringen durch den Ätherleib, dann erweist er sich wie etwas Regsames, wie etwas, das man so erlebt wie Wesenhaftes, in dem man sich fühlt. Das Bildhafte hört auf, bloß Bildhaftes zu sein. Man bekommt das Erlebnis, daß man im Bilde drinnen ist. Dadurch aber, daß man dieses Erlebnis bekommt, daß man im Bilde drinnen ist, daß man also mit dem Seelischen sich regt, wie man sonst im wachen Leben mit dem Körperlichen in der Beinbewegung, in der Handbewegung sich regt - so wird nämlich der Traum: er wird aktiv, er wird so, daß man ihn erlebt, wie man eben Arm- und Beinbewegungen oder Kopfbewegungen und dergleichen erlebt —, wenn man das erlebt, wenn man dieses Erfassen des Traumhaften wie etwas Wesenhaftes erlebt, dann schließt sich gerade beim weiteren Fortgang, beim Aufwachen, an dieses Erlebnis ein weiteres an: daß diese Regsamkeit, die man da im Traume erlebt, in der man nunmehr drinnensteht als in etwas Gegenwärtigem, daß diese untertaucht in unsere Leiblichkeit. Geradeso wie wir beim Denken fühlen: Wir dringen bis zu der Grenze unseres physischen Leibes, wo die Sinnesorgane sind, und nehmen die Sinneseindrücke auf mit dem Denken, so fühlen wir, wie wir in uns untertauchen mit demjenigen, was im Traume als innerliche Regsamkeit erlebt wird. Was man da erlebt im Momente des Aufwachens - oder eigentlich vor dem Momente des Aufwachens, wenn man im Traume drinnen ist, wenn man durchaus noch außer seinem physischen Leibe, aber schon im Ätherleib ist, beziehungsweise gerade hineingeht in seinen Ätherleib - , das taucht unter in unsere Organisation. Und ist man so weit, daß man dieses Untertauchen als Erlebnis vor sich hat, dann weiß man auch, was nun wird mit dem Untergetauchten: das Untergetauchte strahlt wieder zurück in unser waches Bewußtsein, und zwar strahlt es zurück als Gefühl, als Fühlen. Die Gefühle sind in unsere Organisation untergetauchte Träume.

Wenn wir das, was webend ist in der Außenwelt, in diesem traumwebhaften Zustande wahrnehmen, sind es Träume. Wenn die Träume untertauchen in unsere Organisation und von innen heraus bewußt werden, erleben wir sie als Gefühle. Wir erleben also die Gefühle dadurch, daß dasjenige in uns, was in unserem astralischen Leib ist, untertaucht in unseren Ätherleib und dann weiter in unsere physische Organisation, nicht bis zu den Sinnen hin, nicht also bis zu der Peripherie der Organisation, sondern nur in die innere Organisation hinein. Dann, wenn man dies erfaßt hat, zunächst durch imaginative Erkenntnis besonders deutlich erschaut hat im Momente des Aufwachens, dann bekommt man auch die innere Kraft, es fortwährend zu schauen. Wir träumen nämlich während des wachen Lebens fortwährend. Wir überleuchten nur das Träumen mit unserem denkenden Bewußtsein, mit dem Vorstellungsleben. Wer unter die Oberfläche des Vorstellungslebens blicken kann - und man schult sich zu diesem Blicken dadurch, daß man eben geistesgegenwärtig erfaßt den Moment des Träumens selber -, wer sich so geschult hat, daß er das beim Aufwachen erfassen kann, was ich bezeichnet habe, der kann dann auch unter der Oberfläche des lichtvollen Vorstellungslebens das den ganzen Tag hindurch dauernde Träumen erleben, das aber nicht als Träumen erlebt wird, sondern das immer sofort untertaucht in unsere Organisation und als Gefühlswelt zurückstrahlt. Und er weiß dann: Was das Fühlen ist, es spielt sich ab zwischen dem astralischen Leib, den ich hier schematisch so zeichne (Zeichnung S. 51, hell), und dem Ätherleib. Es drückt sich natürlich im physischen Leib aus (orange). So daß der eigentliche Ursprung des Fühlens zwischen dem astralischen Leib und dem Ätherleib liegt (rot). So wie der physische Leib und der Ätherleib in lebendiger Wechselwirkung ineinanderwirken müssen zum Gedankenleben, so müssen ätherischer Leib und astralischer Leib in lebendiger Wechselwirkung sein zum Gefühlsleben. Wenn wir wachend sind, erleben wir dieses lebendige Wechselspiel unseres ineinandergedrängten Ätherleibes und astralischen Leibes als unser Fühlen. Wenn wir schlafen, erleben wir, was der nunmehr außen lebende astralische Leib in der äußeren Ätherwelt erlebt, als die Bilder des Traumes, die nun während des ganzen Schlafens vorhanden sind, aber eben nicht wahrgenommen werden im gewöhnlichen Bewußtsein, sondern nur eben reminiszenzenhaft in jenen Fragmenten, die das gewöhnliche Traumleben bilden." (Lit.: GA 207, S. 53ff)

Gefühl und Inspiration

Tafel 12 aus GA 208, S 125

Hinter dem Gefühl steht unbewusst die Inspiration als eigentliche reale Geistestätigkeit, die das rhythmische System des Leibes, also vor allem Atmung und Blutkreislauf, ergreift.

"Jedesmal, wenn Sie ein Gefühl haben, haben Sie auch eine Inspiration. Aber geradeso wie beim Vorstellen einem die Imaginationen hinunterrutschen in die allgemeine Vitalität, so rutscht einem beim Fühlen die Inspiration hinunter in die Leiblichkeit, denn Sie brauchen sie dort unten. Sie brauchen sie zu der Atmungstätigkeit, zu der rhythmischen Tätigkeit. Da, mit der allgemeinen rhythmischen Tätigkeit verbindet sie sich. Also es rutscht in Ihre Atmungsvorgänge die Inspiration von Ihrem Gefühl ebenso hinein, wie von den Vorstellungen die Imagination in die allgemeine Vitalität hineinrutscht.

So daß ich sagen darf: Wir erleben weiter nach rückwärts in uns die Gefühle, und dadurch, daß wir in die Gefühle weiter eintauchen, haben wir das seelische Erleben, seelisches Erleben, aber träumend - aber wir haben darinnen eine verborgene Inspiration (siehe Zeichnung Seite 125). Eine verborgene Inspiration schlüpft in die Rhythmusbewegung, Rhythmustätigkeit. In Atmen und Blutzirkulation schlüpft das hinunter." (Lit.: GA 208, S. 126)

Denken, Fühlen und Wollen und Luzifer und Ahriman

Denken, Fühlen und Wollen liegt eine einheitliche Seelentätigkeit zugrunde, nur macht die luziferische Tätigkeit das Wollen jung und die ahrimanische Tätigkeit das Denken alt. Im Fühlen stehen Luzifer und Ahriman im Kampf miteinender.

"Die luziferische Tätigkeit macht das Wollen jung. Unsere Seelentätigkeit, durchzogen von Luziferischem, ist Wollen. Wenn das Luziferische in unserer Seelentätigkeit überwiegt, wenn in unserer Seele nur Luzifer seine Kräfte geltend macht, so ist das Wollen. Luzifer wirkt verjüngend auf den Gesamtstrom unserer Seelentätigkeit. Wenn Ahriman dagegen hauptsächlich seine Wirkungen äußert in unserer Seelentätigkeit, dann verhärtet er unsere Seelentätigkeit, sie wird alt, und das ist das Denken. Dieses Denken, dieses Gedankenhaben ist gar nicht möglich im gewöhnlichen Leben, ohne daß in dem ätherischen Leibe Ahriman seine Kräfte entfaltet. Man kann im Seelenleben, insofern es sich im Ätherleibe äußert, nicht ohne Ahriman und Luzifer auskommen.

Zeichnung aus GA 158, S 134
Zeichnung aus GA 158, S 134

Würde Luzifer sich ganz zurückziehen von unserem ätherischen Leibe, dann würden wir kein luziferisches Feuer haben zum Wollen. Würde Ahriman sich ganz zurückziehen von unserem Seelenleben, dann würden wir niemals die Kühle des Denkens entwickeln können. In der Mitte von beiden ist eine Region, wo sie miteinander kämpfen. Hier durchdringen sie sich, Luzifer und Ahriman, hier spielen ihre Tätigkeiten ineinander. Das ist die Region des Fühlens. In der Tat, so erscheint der menschliche Ätherleib, daß man darinnen wahrnehmen kann das luziferische Licht und die ahrimanische Härte. Wenn man den menschlichen Ätherleib überblickt, so ist das natürlich nicht so angeordnet, wie hier (auf der Zeichnung) symbolisch, sondern da ist ein Durcheinander. Da sind Einschiebsel, in denen der Ätherleib undurchsichtig erscheint, so, wie wenn er, ich möchte sagen, Eiseinschläge hätte. Figuren treten im Ätherleibe auf, die man vergleichen kann mit Eisfiguren, wie sie auf Fensterscheiben erscheinen. Das sind die Verhärtungen in dem Ätherleibe. An solchen Stellen wird er undurchsichtig. Das sind aber die Auslebungen des Gedankenlebens im Ätherleibe. Dieses Gefrieren des Ätherleibes an gewissen Stellen rührt von Ahriman her, der seine Kräfte da hineinschickt durch das Denken.

Zeichnung aus GA 158, S 135
Zeichnung aus GA 158, S 135

An andern Stellen des Ätherleibes ist es so, als wenn er Vakuolen, ganz lichte Stellen in sich hätte, die durchsichtig sind, die glänzend, lichtglitzernd sind. Da sendet Luzifer seine Strahlen, seine Kräfte hinein, das sind die Willenszentren im Ätherleibe. Und in dem, was dazwischen liegt, wo gleichsam fortwährende Tätigkeit ist im Ätherleibe, ist es so, daß man sieht, hier ist eine harte Stelle, aber nun wird sie sogleich von einer solchen Lichtstelle gefaßt und aufgelöst. Ein fortwährendes Festwerden und Wiederauflösen. Das ist der Ausdruck der Gefühlstätigkeit im Ätherleibe." (Lit.: GA 158, S. 133ff)

Allgemeines

C.G. Jung unterscheidet in seiner Typologie der Anpassungsfunktionen Empfindung, Intuition, Denken und Fühlen. Nach Jung sind Empfindung und Intuition irrationale Funktionen, Denken und Fühlen rationale Funktionen. Das Fühlen in diesem Sinne ist mit einem Werturteil verbunden, z.B. einem Geschmacksurteil, was in einer Situation passendes Verhalten sei, oder mit Bezug auf das eigene Wohlergehen, das Gefühl, ob einem der Besuch einer bestimmten Party am Wochenende gut tun würde.

Auch Rudolf Steiner thematisiert diese rationale Funktion des Fühlens, z.B. in "Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten" in der Vorrede: "Ein anderer Teil der geisteswissenschaftlichen Mitteilungen wird sich allerdings mehr oder weniger dem bloßen Verstandesurteile entziehen. Aber es wird unschwer derjenige ein rechtes Verhältnis auch zu diesem Teile gewinnen können, welcher einsieht, dass nicht nur der Verstand, sondern auch das gesunde Gefühl ein Richter über die Wahrheit sein kann. Und wo dieses Gefühl sich nicht durch Sympathie oder Antipathie für diese oder jene Meinung treiben lässt, sondern wirklich unbefangen die Erkenntnisse der übersinnlichen Welten auf sich wirken lässt, da wird sich auch ein entsprechendes Gefühlsurteil ergeben." (GA 10, VI)

Die Zwölfheit des Tierkreises läßt sich aufteilen in die Zeichen von Erde, Wasser, Luft und Feuer. Die Wasserzeichen gelten als die Gefühlszeichen. Daneben gibt es die Aufteilung der Tierkreiszeichen in Kardinal, Fix, und Veränderlich. Dies entspricht den Seelenqualitäten Wollen, Fühlen, und Denken. Entsprechend ist das Tierkreiszeichen z.B. Löwe ein "fühlendes" Zeichen, obwohl es nach der Elementzuordnung ein Feuerzeichen ist, das Tierkreiszeichen Fische ist ein "denkendes" Wasserzeichen.

Literatur

  1. Rudolf Steiner/Ita Wegman: Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen, GA 27 (1991), ISBN 3-7274-0270-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Ursprung und Ziel des Menschen, GA 53 (1981), ISBN 3-7274-0532-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Der Zusammenhang des Menschen mit der elementarischen Welt, GA 158 (1993), ISBN 3-7274-1580-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Rudolf Steiner: Anthroposophie als Kosmosophie – Erster Teil, GA 207 (1990), ISBN 3-7274-2070-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Anthroposophie als Kosmosophie – Zweiter Teil, GA 208 (1992), ISBN 3-7274-2080-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  6. Rudolf Steiner: Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik, GA 293 (1992), ISBN 3-7274-2930-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  7. Rudolf Steiner: Die Erneuerung der pädagogisch-didaktischen Kunst durch Geisteswissenschaft, GA 301 (1991), ISBN 3-7274-3010-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  8. Rudolf Steiner: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heikunst, GA 316 (2003), ISBN 3-7274-3160-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  9. Rudolf Steiner: Heilpädagogischer Kurs, GA 317 (1995), ISBN 3-7274-3171-7pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  10. Rudolf Steiner: Anthroposophische Menschenerkenntnis und Medizin, GA 319 (1994), ISBN 3-7274-3190-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  11. Rudolf Steiner: Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus, GA 334 (1983), ISBN 3-7274-3340-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.