Jahrtausendwende und Hugo de Vries: Unterschied zwischen den Seiten

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Die Herausforderungen der '''Jahrtausendwende''' waren enorm. Hat die anthroposophische Bewegung diese Herausforderungen bestanden?
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'''Hugo Marie de Vries''' (* [[Wikipedia:16. Februar]] [[Wikipedia:1848|1848]] in [[Wikipedia:Haarlem|Haarlem]]; † [[Wikipedia:21. Mai|21. Mai]] [[Wikipedia:1935|1935]] in [[Wikipedia:Lunteren|Lunteren]]) war ein niederländischer [[Biologe]] und einer der Wiederentdecker der von [[Wikipedia:Gregor Mendel|Gregor Mendel]] aufgestellten [[Wikipedia:Mendelsche Regeln|mendelschen Regeln]]. Mit seinen 1901 und 1903 erschienenen Schriften zur [[Mutation]]stheorie gab er der [[Evolution]]sforschung neue Impulse. Sein offizielles [[Wikipedia:Autorenkürzel der Botaniker und Mykologen|botanisches Autorenkürzel]] lautet „<span class="Person">de Vries</span>“.


„Furchtbare Zeiten aber stehen der Menschheit in Europa bevor.(...) Menschen werden sich Christen nennen, die von dem wahren Christentum keine Spur mehr in sich haben werden; und sie werden wüten gegen diejenigen, die sich nicht nur allein halten an das, was der Christus einmal nach der Überlieferung der Evangelien gesagt hat, sondern für welche gilt das Wort: „Ich bin bei Euch alle Tage bis an das Ende der Erdenzeiten“ (...) Gegen diese wird man wüten. Verwirrung und Verwüstung wird herrschen, wenn das Jahr [[2000]] herannaht. (...) Aber wenn das Jahr [[2086]] kommt, wird man überall in Europa aufsteigen sehen Bauten, die geistigen Zielen gewidmet sind“ ([[GA 286]], Taschenbuchausgabe, S. 210).
== Leben ==
Hugo de Vries entstammte einer angesehenen holländischen Familie. Sein Vater [[Wikipedia:Gerrit de Vries|Gerrit de Vries]] war Justizminister unter [[Wikipedia:Wilhelm III. (Niederlande)|Wilhelm III.]]; seine Mutter Maria Ereardina war die Tochter von [[Wikipedia:Caspar Jacob Christiaan Reuvens|Caspar Jacob Christiaan Reuvens]], dem ersten Professor für [[Archäologie]] an der [[Wikipedia:Universität Leiden|Universität Leiden]].


"Die anthroposophische Bewegung in ihrem Wesentlichsten ist dazu berufen, weiter zu wirken, – und nicht nur in ihren bedeutsamsten, sondern fast in allen ihren Seelen wieder zu erscheinen mit dem Ende des 20. Jahrhunderts, wo der große Anstoß für das geistige, für das spirituelle Leben auf Erden gegeben werden soll, weil sonst endgültig die Erdenzivilisation in ihre Dekadenz hineinzieht, deren Eigenschaften sie ja heute (1924) so stark zeigt." ([[GA 238]], Seite 103f)
Hugo de Vries zeigte sehr früh eine große Leidenschaft für [[Botanik]], sodass er bereits zu Beginn seines Biologiestudiums 1866 ein vollständiges [[Wikipedia:Herbarium|Herbarium]] der niederländischen Flora besaß. Die Universität Leiden, an der er studierte, war zu diesem Zeitpunkt eher auf Pflanzenmorphologie ausgerichtet, während de Vries sich bereits zu diesem Zeitpunkt für [[Physiologie|physiologische]] Pflanzenuntersuchungen interessierte. Um dieses Defizit auszugleichen, errichtete er in seinem Elternhaus ein entsprechendes Laboratorium. Auch seine Promotion ''Über den Einfluss der Temperatur auf die Lebenserscheinungen der Pflanzen'', die er 1870 abschloss, hatte physiologische Untersuchungen zum Thema.


"Und zwar drohen schädlich zu werden (ab dem Jahre 2000) gewisse instinktive Erkenntnisse, die in die Menschennatur kommen sollen und die zusammenhängen mit dem Mysterium der Geburt und der Empfängnis, der Konzeption,
An seine Promotion schloss sich ein kurzes Aufbaustudium in [[Wikipedia:Heidelberg|Heidelberg]] bei dem Botaniker [[Wikipedia:Wilhelm Hofmeister|Wilhelm Hofmeister]] und bei [[Wikipedia:Julius Sachs|Julius Sachs]], dem Begründer der experimentellen Pflanzenphysiologie, an. Nachdem er selbst vier Jahre lang in [[Wikipedia:Amsterdam|Amsterdam]] Naturgeschichte gelehrt hatte, verschaffte ihm Sachs 1875 ein zweijähriges Stipendium in [[Wikipedia:Würzburg|Würzburg]], währenddessen er unter anderem über die Osmose in Pflanzenzellen forschte. Seine Forschungsarbeit ''Über die mechanischen Ursachen der Zellstreckung'' wurde als Habilitationsschrift anerkannt. Nachdem er kurze Zeit als Lektor für Pflanzenphysiologie an der [[Wikipedia:Universität Amsterdam|Universität Amsterdam]] gelehrt hatte, wurde er 1878 dort zum außerordentlichen Professor für Pflanzenphysiologie berufen. Von 1885 bis 1918 war er Direktor des [[Wikipedia:Hortus Botanicus Amsterdam|Botanischen Gartens Amsterdam]].
mit dem ganzen sexuellen Leben, wenn die Gefahr eintreten sollte, von der ich gesprochen habe, durch gewisse Engel, die dann selber eine gewisse Veränderung durchmachen würden, von der ich nicht sprechen kann, weil diese Veränderung zu jenen höheren Geheimnissen der Initiationswissenschaft gehört, von denen heute noch
nicht gesprochen werden darf. Wohl aber kann man sagen: Was innerhalb der Menschheitsentwickelung geschieht, das würde darin bestehen, daß, statt in hellem, wachem Bewußtsein in nützlicher Weise, dann in schädlicher Weise, in zerstörerischer Weise gewisse Instinkte aus dem Sexualleben und Sexualwesen auftreten würden,
Instinkte, die nicht bloß Verirrungen bedeuten würden, sondern die übergehen würden ins soziale Leben, die Gestaltungen hervorbringen würden im sozialen Leben; vor allen Dingen die Menschen veranlassen
würden durch das, was dann in ihr Blut kommen würde infolge
des Sexuallebens, jedenfalls nicht irgendwelche Brüderlichkeit
auf der Erde zu entfalten, sondern sich immer aufzulehnen gegen die Brüderlichkeit. Das aber würde Instinkt sein." (Rudolf Steiner, [[GA 182]], S. 204)


[[Kategorie:Jahreszahlen]]
== Forschungstätigkeit ==
[[Kategorie:21. Jahrhundert]]
 
Die Forschungsschwerpunkte von de Vries lagen in experimenteller [[Pflanzenphysiologie]] und [[Evolution]]sforschung. In seinem 1889 veröffentlichten Buch ''Intercellulare Pangenesis'', das auf einer modifizierten Version der von [[Charles Darwin]] 1868 veröffentlichten [[Pangenesis]]-Theorie aufbaute, postulierte er, dass die Vererbung bestimmter Eigenschaften auf spezifischen Vererbungsträgern beruhe, die er als ''Pangene'' bezeichnete. 20 Jahre später wurde diese Bezeichnung von dem dänischen Botaniker [[Wikipedia:Wilhelm Johannsen|Wilhelm Johannsen]] auf „[[Gen]]e“ verkürzt. De Vries ging allerdings davon aus, dass das gesamte Protoplasma der [[Zelle (Biologie)|Zellen]] aus Pangenen bestehe und diese nicht nur im [[Zellkern]] lokalisiert seien.
 
{{Zitat|Diese erblichen Eigenschaften müssen in der lebendigen
Materie begründet sein , jede vegetative Keimzelle , jede
befruchtete Eizelle muss die sämmtlichen , den Charakter
der betreffenden Art zusammensetzenden Faktoren potentiell
in sich enthalten. Die sichtbaren Erscheinungen der Erblichkeit
sind somit die Aeusserungen der Eigenschaften
kleinster unsichtbarer , in jener lebendigen Materie verborgener
Theilchen. Und zwar muss man, um sämmtlichen
Erscheinungen Rechenschaft tragen zu konnen, für jede
erbliche Eigenschaft besondere Theilchen annehmen. Ich
bezeichne diese Einheiten als Pangene.
 
Diese Pangene, unsichtbar klein, aber doch von ganz
anderer Ordnung wie die chemischen Moleküle und jedes
aus zahllosen von diesen zusammengesetzt, müssen wachsen
und sich vermehren und sich bei den Zelltheilungen auf
alle oder doch nahezu alle Zellen des Organismus vertheilen
können. Sie sind entweder inaktiv (latent) oder
aktiv, konnen sich aber in beiden Zustanden vermehren.
Vorwiegend inaktiv in den Zellen der Keimbahnen, entwickeln
sie fiir gewohnlich ihre hochste Aktivitat in den somatischen
Zellen. Und zwar derart, dass in himeren Organismen
wohl nie sammtliche Pangene in derselben Zelle zur Aktivität gelangen, sondern so, dass in jeder eine oder einige
wenige Gruppen von Pangenen zur Herrschaft gelangen
und der Zelle ihren Charakter aufprägen.
 
Die Befruchtung besteht in einer Kopulation der Zellkerne.
Das Kind erhält vom Vater nur das, was im Kerne
des Spermatozoids oder des Pollenkornes enthalten war.
Sammtliche erblichen Eigenschaften müssen also in den
Kernen durch die betreffenden Pangene repräsentirt sein.
Die Kerne gelten deshalb als die Bewahrstätten der erblichen
Eigenschaften.
 
In den Kernen bleiben aber weitaus die meisten Eigenschaften
zeitlebens latent. In die Erscheinung treten sie
erst in den übrigen Organen der Protoplaste. Schon
[[Haeckel]] sprach es aus, dass der innere Kern die Vererbung
der erblichen Charaktere, das äussere Plasma dagegen
die Anpassung, die Akkomodation oder Adaptation
an die Verhaltnisse der Aussenwelt zu besorgen hat
(Vergl. S. 166). Es muss also in irgend einer Weise eine
Uebertragung der erblichen Eigenschaften vom Kerne auf
das [[Cytoplasma]] stattfinden, und die im vorigen Abschnitt
mitgetheilten Beobachtungen liefern wichtige Argumente
für die Richtigkeit dieser Folgerung.
 
Das sind die Schlüsse, zu denen die vorhandenen Thatsachen
meiner Ansicht nach in vollem Maasse berechtigen.
Die Annahme von Pangenen ist für mich eine Hypothese,
welche mir beim jetzigen Stande unseres Wissens unerlässlich
scheint. Sie ist zur Erklärung der verwandtschaftlichen
Beziehungen der Organismen, vorausgesetzt dass
man diese Erklärung auf materieller Grundlage versuchen
will, meiner Meinung nach durchaus nothwendig...
 
Ich bin mir wohl bewusst, dass das Ausarbeiten einer
Hypothese in ihre äussersten Konsequenzen nur zu leicht
zu Irrschlüssen führt, und nur dann fur die Wissenschaft
niitzlich ist, wenn es zu bestimmten, experimentell zu beantwortenden
Fragen leitet. Ich werde mich daher möglichst
beschränken und nur Eine Hypothese aufstellen,
welche mir sich durch ihre Einfachheit zu empfehlen
scheint...
 
Diese Hypothese lautet: Das gauze lebendige
Protoplasma besteht aus Pangenen; nur diese
bilden darin die lebenden Elemente.|Hugo de Vries|''Intercellulare Pangenesis'', S. 188ff.}}
 
In seinem 1901-03 veröffentlichten zweibändigen Werk ''Die Mutationstheorie'' führte De Vries aufgrund seiner Pflanzenstudien den Begriff der sprunghaften [[Mutation]] ein und stellte damit den von Darwin vertretenen graduellen Artwandel infrage.
 
{{GZ|Welche Anziehungskraft übten doch die Vorstellungen
von der «Anpassung» und dem «Kampf ums Dasein»
bei der Erklärung der Artentstehung eine Zeitlang aus.
Man lernte einsehen, daß man mit ihnen Blendwerken
nachgegangen war. Es bildete sich eine Schule — unter
[[Weismann]]s Führung —,die nichts davon wissen wollte, daß
sich Eigenschaften, welche ein Lebewesen durch Anpassung
an die Umgebung ''erworben'' hat, vererben konnten,
und daß so durch sie eine ''Umbildung'' der Lebewesen eintrete.
Man schrieb daher alles dem «Kampf ums Dasein»
zu und sprach von einer «Allmacht der Naturzüchtung».
In schroffen Gegensatz dazu traten, gestützt auf unbezweifelbare
Tatsachen, solche, die erklärten, man habe
in Fällen von einem «Kampf ums Dasein» gesprochen,
wo er gar nicht existiere. Sie wollten dartun, daß nichts
durch ihn erklärt werden könne. Sie sprachen von einer
«Ohnmacht der Natur Züchtung». Weiter konnte de Vries
in den letzten Jahren durch Versuche zeigen, daß es ganz
''sprungweise'' Veränderungen einer Lebensform in die andere
gebe ([[Mutation]]). Damit ist auch erschüttert, was
man von seiten der Darwinianer als einen festen Glaubensartikel
angesehen hat, daß sich Tier- und Pflanzenformen
nur allmählich umwandelten. Immer mehr
schwand einfach der Boden unter den Füßen, auf dem
man jahrzehntelang gebaut hatte.|11|15f}}
 
De Vries beschäftigte sich weiters mit der [[Atmung]] der Pflanzen, mit insekteninduzierter [[Wikipedia:Pflanzengalle|Gallenbildung]] und über viele Jahre hinweg mit [[Wikipedia:Osmose|Osmose]]. Damit legte er die Basis für die Disziplingründung der Physikochemie.
 
== Schriften (Auswahl) ==
 
* ''Intercellurae Pangenesis'', Verlag von Gustav Fischer, Jena 1889 [https://archive.org/details/intracellularepa00vrie archive.org]
* ''Die Mutationstheorie. Versuche und Beobachtungen über die Entstehung von Arten im Pflanzenreich'', Verlag von Veit & Comp., Leipzig 1901-03 [https://archive.org/details/diemutationstheo01vrie Band 1] (1901), [https://archive.org/details/diemutationstheo02vrie Band 2] (1903)
* ''Gruppenweise Artbildung unter spezieller Berücksichtigung der Gattung Oenothera'', Verlag von Gebrüder Borntraeger 1913 [https://archive.org/details/gruppenweiseartb00vrieuoft archive.org]
 
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Hugo de Vries}}
 
== Literatur ==
* Werner Sohn: ''Hugo de Vries.'' In: [[Wikipedia:Ilse Jahn|Ilse Jahn]], Michael Schmitt (Hrsg.): ''Darwin & Co. Eine Geschichte der Biologie in Porträts.'' Beck, München 2001, ISBN 3-406-44639-6, Bd. 2, S. 9–27.
* Rudolf Steiner: ''Aus der Akasha-Chronik'', [[GA 11]] (1986), ISBN 3-7274-0110-9 {{Schriften|011}}
 
{{GA}}
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|117452122}}
* {{IPNI|de_Vries}}
{{Commonscat}}
 
{{Normdaten|TYP=p|GND=117452122|LCCN=n/85/243612|VIAF=29603419}}
 
{{SORTIERUNG:Vries, Hugo De}}
[[Kategorie:Genetiker]]
[[Kategorie:Pflanzenphysiologe]]
[[Kategorie:Botaniker]]
[[Kategorie:Niederländer]]
[[Kategorie:Geboren 1848]]
[[Kategorie:Gestorben 1935]]
[[Kategorie:Mann]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 8. September 2018, 18:10 Uhr

Hugo de Vries
Thérèse Schwartze: Hugo de Vries (1918)
Hugo de Vries
Hugo de Vries

Hugo Marie de Vries (* Wikipedia:16. Februar 1848 in Haarlem; † 21. Mai 1935 in Lunteren) war ein niederländischer Biologe und einer der Wiederentdecker der von Gregor Mendel aufgestellten mendelschen Regeln. Mit seinen 1901 und 1903 erschienenen Schriften zur Mutationstheorie gab er der Evolutionsforschung neue Impulse. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „de Vries“.

Leben

Hugo de Vries entstammte einer angesehenen holländischen Familie. Sein Vater Gerrit de Vries war Justizminister unter Wilhelm III.; seine Mutter Maria Ereardina war die Tochter von Caspar Jacob Christiaan Reuvens, dem ersten Professor für Archäologie an der Universität Leiden.

Hugo de Vries zeigte sehr früh eine große Leidenschaft für Botanik, sodass er bereits zu Beginn seines Biologiestudiums 1866 ein vollständiges Herbarium der niederländischen Flora besaß. Die Universität Leiden, an der er studierte, war zu diesem Zeitpunkt eher auf Pflanzenmorphologie ausgerichtet, während de Vries sich bereits zu diesem Zeitpunkt für physiologische Pflanzenuntersuchungen interessierte. Um dieses Defizit auszugleichen, errichtete er in seinem Elternhaus ein entsprechendes Laboratorium. Auch seine Promotion Über den Einfluss der Temperatur auf die Lebenserscheinungen der Pflanzen, die er 1870 abschloss, hatte physiologische Untersuchungen zum Thema.

An seine Promotion schloss sich ein kurzes Aufbaustudium in Heidelberg bei dem Botaniker Wilhelm Hofmeister und bei Julius Sachs, dem Begründer der experimentellen Pflanzenphysiologie, an. Nachdem er selbst vier Jahre lang in Amsterdam Naturgeschichte gelehrt hatte, verschaffte ihm Sachs 1875 ein zweijähriges Stipendium in Würzburg, währenddessen er unter anderem über die Osmose in Pflanzenzellen forschte. Seine Forschungsarbeit Über die mechanischen Ursachen der Zellstreckung wurde als Habilitationsschrift anerkannt. Nachdem er kurze Zeit als Lektor für Pflanzenphysiologie an der Universität Amsterdam gelehrt hatte, wurde er 1878 dort zum außerordentlichen Professor für Pflanzenphysiologie berufen. Von 1885 bis 1918 war er Direktor des Botanischen Gartens Amsterdam.

Forschungstätigkeit

Die Forschungsschwerpunkte von de Vries lagen in experimenteller Pflanzenphysiologie und Evolutionsforschung. In seinem 1889 veröffentlichten Buch Intercellulare Pangenesis, das auf einer modifizierten Version der von Charles Darwin 1868 veröffentlichten Pangenesis-Theorie aufbaute, postulierte er, dass die Vererbung bestimmter Eigenschaften auf spezifischen Vererbungsträgern beruhe, die er als Pangene bezeichnete. 20 Jahre später wurde diese Bezeichnung von dem dänischen Botaniker Wilhelm Johannsen auf „Gene“ verkürzt. De Vries ging allerdings davon aus, dass das gesamte Protoplasma der Zellen aus Pangenen bestehe und diese nicht nur im Zellkern lokalisiert seien.

„Diese erblichen Eigenschaften müssen in der lebendigen Materie begründet sein , jede vegetative Keimzelle , jede befruchtete Eizelle muss die sämmtlichen , den Charakter der betreffenden Art zusammensetzenden Faktoren potentiell in sich enthalten. Die sichtbaren Erscheinungen der Erblichkeit sind somit die Aeusserungen der Eigenschaften kleinster unsichtbarer , in jener lebendigen Materie verborgener Theilchen. Und zwar muss man, um sämmtlichen Erscheinungen Rechenschaft tragen zu konnen, für jede erbliche Eigenschaft besondere Theilchen annehmen. Ich bezeichne diese Einheiten als Pangene.

Diese Pangene, unsichtbar klein, aber doch von ganz anderer Ordnung wie die chemischen Moleküle und jedes aus zahllosen von diesen zusammengesetzt, müssen wachsen und sich vermehren und sich bei den Zelltheilungen auf alle oder doch nahezu alle Zellen des Organismus vertheilen können. Sie sind entweder inaktiv (latent) oder aktiv, konnen sich aber in beiden Zustanden vermehren. Vorwiegend inaktiv in den Zellen der Keimbahnen, entwickeln sie fiir gewohnlich ihre hochste Aktivitat in den somatischen Zellen. Und zwar derart, dass in himeren Organismen wohl nie sammtliche Pangene in derselben Zelle zur Aktivität gelangen, sondern so, dass in jeder eine oder einige wenige Gruppen von Pangenen zur Herrschaft gelangen und der Zelle ihren Charakter aufprägen.

Die Befruchtung besteht in einer Kopulation der Zellkerne. Das Kind erhält vom Vater nur das, was im Kerne des Spermatozoids oder des Pollenkornes enthalten war. Sammtliche erblichen Eigenschaften müssen also in den Kernen durch die betreffenden Pangene repräsentirt sein. Die Kerne gelten deshalb als die Bewahrstätten der erblichen Eigenschaften.

In den Kernen bleiben aber weitaus die meisten Eigenschaften zeitlebens latent. In die Erscheinung treten sie erst in den übrigen Organen der Protoplaste. Schon Haeckel sprach es aus, dass der innere Kern die Vererbung der erblichen Charaktere, das äussere Plasma dagegen die Anpassung, die Akkomodation oder Adaptation an die Verhaltnisse der Aussenwelt zu besorgen hat (Vergl. S. 166). Es muss also in irgend einer Weise eine Uebertragung der erblichen Eigenschaften vom Kerne auf das Cytoplasma stattfinden, und die im vorigen Abschnitt mitgetheilten Beobachtungen liefern wichtige Argumente für die Richtigkeit dieser Folgerung.

Das sind die Schlüsse, zu denen die vorhandenen Thatsachen meiner Ansicht nach in vollem Maasse berechtigen. Die Annahme von Pangenen ist für mich eine Hypothese, welche mir beim jetzigen Stande unseres Wissens unerlässlich scheint. Sie ist zur Erklärung der verwandtschaftlichen Beziehungen der Organismen, vorausgesetzt dass man diese Erklärung auf materieller Grundlage versuchen will, meiner Meinung nach durchaus nothwendig...

Ich bin mir wohl bewusst, dass das Ausarbeiten einer Hypothese in ihre äussersten Konsequenzen nur zu leicht zu Irrschlüssen führt, und nur dann fur die Wissenschaft niitzlich ist, wenn es zu bestimmten, experimentell zu beantwortenden Fragen leitet. Ich werde mich daher möglichst beschränken und nur Eine Hypothese aufstellen, welche mir sich durch ihre Einfachheit zu empfehlen scheint...

Diese Hypothese lautet: Das gauze lebendige Protoplasma besteht aus Pangenen; nur diese bilden darin die lebenden Elemente.“

Hugo de Vries: Intercellulare Pangenesis, S. 188ff.

In seinem 1901-03 veröffentlichten zweibändigen Werk Die Mutationstheorie führte De Vries aufgrund seiner Pflanzenstudien den Begriff der sprunghaften Mutation ein und stellte damit den von Darwin vertretenen graduellen Artwandel infrage.

„Welche Anziehungskraft übten doch die Vorstellungen von der «Anpassung» und dem «Kampf ums Dasein» bei der Erklärung der Artentstehung eine Zeitlang aus. Man lernte einsehen, daß man mit ihnen Blendwerken nachgegangen war. Es bildete sich eine Schule — unter Weismanns Führung —,die nichts davon wissen wollte, daß sich Eigenschaften, welche ein Lebewesen durch Anpassung an die Umgebung erworben hat, vererben konnten, und daß so durch sie eine Umbildung der Lebewesen eintrete. Man schrieb daher alles dem «Kampf ums Dasein» zu und sprach von einer «Allmacht der Naturzüchtung». In schroffen Gegensatz dazu traten, gestützt auf unbezweifelbare Tatsachen, solche, die erklärten, man habe in Fällen von einem «Kampf ums Dasein» gesprochen, wo er gar nicht existiere. Sie wollten dartun, daß nichts durch ihn erklärt werden könne. Sie sprachen von einer «Ohnmacht der Natur Züchtung». Weiter konnte de Vries in den letzten Jahren durch Versuche zeigen, daß es ganz sprungweise Veränderungen einer Lebensform in die andere gebe (Mutation). Damit ist auch erschüttert, was man von seiten der Darwinianer als einen festen Glaubensartikel angesehen hat, daß sich Tier- und Pflanzenformen nur allmählich umwandelten. Immer mehr schwand einfach der Boden unter den Füßen, auf dem man jahrzehntelang gebaut hatte.“ (Lit.:GA 11, S. 15f)

De Vries beschäftigte sich weiters mit der Atmung der Pflanzen, mit insekteninduzierter Gallenbildung und über viele Jahre hinweg mit Osmose. Damit legte er die Basis für die Disziplingründung der Physikochemie.

Schriften (Auswahl)

  • Intercellurae Pangenesis, Verlag von Gustav Fischer, Jena 1889 archive.org
  • Die Mutationstheorie. Versuche und Beobachtungen über die Entstehung von Arten im Pflanzenreich, Verlag von Veit & Comp., Leipzig 1901-03 Band 1 (1901), Band 2 (1903)
  • Gruppenweise Artbildung unter spezieller Berücksichtigung der Gattung Oenothera, Verlag von Gebrüder Borntraeger 1913 archive.org

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise


Weblinks

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