Literatur und Hugo de Vries: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Hugo de Vries (1848-1935), by Thérèse Schwartze (1851-1918).jpg|mini|[[Wikipedia:Thérèse Schwartze|Thérèse Schwartze]]: Hugo de Vries (1918)]]
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'''Hugo Marie de Vries''' (* [[Wikipedia:16. Februar]] [[Wikipedia:1848|1848]] in [[Wikipedia:Haarlem|Haarlem]]; † [[Wikipedia:21. Mai|21. Mai]] [[Wikipedia:1935|1935]] in [[Wikipedia:Lunteren|Lunteren]]) war ein niederländischer [[Biologe]] und einer der Wiederentdecker der von [[Wikipedia:Gregor Mendel|Gregor Mendel]] aufgestellten [[Wikipedia:Mendelsche Regeln|mendelschen Regeln]]. Mit seinen 1901 und 1903 erschienenen Schriften zur [[Mutation]]stheorie gab er der [[Evolution]]sforschung neue Impulse. Sein offizielles [[Wikipedia:Autorenkürzel der Botaniker und Mykologen|botanisches Autorenkürzel]] lautet „<span class="Person">de Vries</span>“.


[[Datei:Fragonard, The Reader.jpg|mini|''Lesende Frau'' (Ölgemälde von [[Jean-Honoré Fragonard]], 1770/72)]]
== Leben ==
[[Datei:Nobel2008Literature news conference1.jpg|mini|Bekanntgabe des [[Nobelpreis für Literatur|Literaturnobelpreisträgers]] in Stockholm (2008)]]
Hugo de Vries entstammte einer angesehenen holländischen Familie. Sein Vater [[Wikipedia:Gerrit de Vries|Gerrit de Vries]] war Justizminister unter [[Wikipedia:Wilhelm III. (Niederlande)|Wilhelm III.]]; seine Mutter Maria Ereardina war die Tochter von [[Wikipedia:Caspar Jacob Christiaan Reuvens|Caspar Jacob Christiaan Reuvens]], dem ersten Professor für [[Archäologie]] an der [[Wikipedia:Universität Leiden|Universität Leiden]].


'''Literatur''' ist seit dem 19. Jahrhundert der Bereich aller mündlich (etwa durch [[Vers]]&shy;formen und [[Sprechrhythmus|Rhythmus]]) oder [[Schrift|schriftlich]] fixierten [[Sprache|sprachlichen]] Zeugnisse. Man spricht in diesem „weiten“ Begriffsverständnis im Hinblick auf die hier gegebene schriftliche Fixierung etwa von „[[Fachliteratur]]“ oder, im Bereich der [[Musik]], von „Notenliteratur“ ([[Partitur]]en) bzw. ganz allgemein von „Literatur“ im Sinne der Gesamtheit oder von Teilen schriftlich notierter Musik.
Hugo de Vries zeigte sehr früh eine große Leidenschaft für [[Botanik]], sodass er bereits zu Beginn seines Biologiestudiums 1866 ein vollständiges [[Wikipedia:Herbarium|Herbarium]] der niederländischen Flora besaß. Die Universität Leiden, an der er studierte, war zu diesem Zeitpunkt eher auf Pflanzenmorphologie ausgerichtet, während de Vries sich bereits zu diesem Zeitpunkt für [[Physiologie|physiologische]] Pflanzenuntersuchungen interessierte. Um dieses Defizit auszugleichen, errichtete er in seinem Elternhaus ein entsprechendes Laboratorium. Auch seine Promotion ''Über den Einfluss der Temperatur auf die Lebenserscheinungen der Pflanzen'', die er 1870 abschloss, hatte physiologische Untersuchungen zum Thema.


Die öffentliche Literaturdiskussion und -analyse ist demgegenüber seit dem 19. Jahrhundert auf Werke ausgerichtet, denen besondere Bedeutung als [[Kunst]] zugesprochen werden kann, und die man im selben Moment von [[Trivialliteratur]] und ähnlichen Werken ohne vergleichbare „literarische“, sprich künstlerische Qualität, abgrenzt. Die Literatur zählt zu den [[Kunstgattung|Gattungen der Kunst]].
An seine Promotion schloss sich ein kurzes Aufbaustudium in [[Wikipedia:Heidelberg|Heidelberg]] bei dem Botaniker [[Wikipedia:Wilhelm Hofmeister|Wilhelm Hofmeister]] und bei [[Wikipedia:Julius Sachs|Julius Sachs]], dem Begründer der experimentellen Pflanzenphysiologie, an. Nachdem er selbst vier Jahre lang in [[Wikipedia:Amsterdam|Amsterdam]] Naturgeschichte gelehrt hatte, verschaffte ihm Sachs 1875 ein zweijähriges Stipendium in [[Wikipedia:Würzburg|Würzburg]], währenddessen er unter anderem über die Osmose in Pflanzenzellen forschte. Seine Forschungsarbeit ''Über die mechanischen Ursachen der Zellstreckung'' wurde als Habilitationsschrift anerkannt. Nachdem er kurze Zeit als Lektor für Pflanzenphysiologie an der [[Wikipedia:Universität Amsterdam|Universität Amsterdam]] gelehrt hatte, wurde er 1878 dort zum außerordentlichen Professor für Pflanzenphysiologie berufen. Von 1885 bis 1918 war er Direktor des [[Wikipedia:Hortus Botanicus Amsterdam|Botanischen Gartens Amsterdam]].


Das Wort ''Literatur'' wurde bis in das 19. Jahrhundert hinein regulär für die Wissenschaften verwendet. Mit Literatur sind üblicherweise veröffentlichte Schriften gemeint. Die Gesamtheit der veröffentlichten Schriften eines Fachgebietes bzw. zu einer bestimmten Thematik oder Zielsetzung bildet ein ''Schrifttum''. Nur eingeschränkt und nicht über den Buchhandel zugängliche [[Publikation]]en werden als ''[[graue Literatur]]'' zusammengefasst.
== Forschungstätigkeit ==


== Begriffsdifferenzierung ==
Die Forschungsschwerpunkte von de Vries lagen in experimenteller [[Pflanzenphysiologie]] und [[Evolution]]sforschung. In seinem 1889 veröffentlichten Buch ''Intercellulare Pangenesis'', das auf einer modifizierten Version der von [[Charles Darwin]] 1868 veröffentlichten [[Pangenesis]]-Theorie aufbaute, postulierte er, dass die Vererbung bestimmter Eigenschaften auf spezifischen Vererbungsträgern beruhe, die er als ''Pangene'' bezeichnete. 20 Jahre später wurde diese Bezeichnung von dem dänischen Botaniker [[Wikipedia:Wilhelm Johannsen|Wilhelm Johannsen]] auf „[[Gen]]e“ verkürzt. De Vries ging allerdings davon aus, dass das gesamte Protoplasma der [[Zelle (Biologie)|Zellen]] aus Pangenen bestehe und diese nicht nur im [[Zellkern]] lokalisiert seien.
Die heutige begriffliche Differenzierung, die im weitesten Sinne alle sprachliche Überlieferung umfasst und dabei ein enges Feld „literarischer“ Kunstwerke konstituiert, richtete sich erst im Laufe des 19. Jahrhunderts ein. Das Wort stand zuvor für [[Gelehrsamkeit]], die Wissenschaften, die Produktion der [[res publica literaria]] und der frühmodernen [[scientific community]], seltener auch lediglich für Schriften der [[Griechische Literatur|griechischen]] und [[Lateinische Literatur|lateinischen]] [[Antike]].


Die Neudefinition des Wortes geschah im Wesentlichen unter Einfluss neuer Literaturzeitschriften und ihnen folgender Literaturgeschichten, die zwischen 1730 und 1830 sich schrittweise den [[belles lettres]], den schönen Wissenschaften öffneten, dem Bereich modischer und eleganter Bücher des internationalen Marktes und die dabei Werken der [[Poesie]] ein zentrales Interesse schenkten.
{{Zitat|Diese erblichen Eigenschaften müssen in der lebendigen
Materie begründet sein , jede vegetative Keimzelle , jede
befruchtete Eizelle muss die sämmtlichen , den Charakter
der betreffenden Art zusammensetzenden Faktoren potentiell
in sich enthalten. Die sichtbaren Erscheinungen der Erblichkeit
sind somit die Aeusserungen der Eigenschaften
kleinster unsichtbarer , in jener lebendigen Materie verborgener
Theilchen. Und zwar muss man, um sämmtlichen
Erscheinungen Rechenschaft tragen zu konnen, für jede
erbliche Eigenschaft besondere Theilchen annehmen. Ich
bezeichne diese Einheiten als Pangene.


Es wurde im selben Prozess selbstverständlich, dass Literatur
Diese Pangene, unsichtbar klein, aber doch von ganz
anderer Ordnung wie die chemischen Moleküle und jedes
aus zahllosen von diesen zusammengesetzt, müssen wachsen
und sich vermehren und sich bei den Zelltheilungen auf
alle oder doch nahezu alle Zellen des Organismus vertheilen
können. Sie sind entweder inaktiv (latent) oder
aktiv, konnen sich aber in beiden Zustanden vermehren.
Vorwiegend inaktiv in den Zellen der Keimbahnen, entwickeln
sie fiir gewohnlich ihre hochste Aktivitat in den somatischen
Zellen. Und zwar derart, dass in himeren Organismen
wohl nie sammtliche Pangene in derselben Zelle zur Aktivität gelangen, sondern so, dass in jeder eine oder einige
wenige Gruppen von Pangenen zur Herrschaft gelangen
und der Zelle ihren Charakter aufprägen.


* nach Überlieferungen in einzelnen Sprachen zergliedert wird in die „Literaturen“ der einzelnen [[Nation]]en oder [[Region]]en,
Die Befruchtung besteht in einer Kopulation der Zellkerne.
* gruppiert wird unter den zentralen „[[Gattung (Literatur)|literarischen Gattungen]]“, die im Blick auf die [[Aristoteles|Aristotelische]] [[Poetik]] neu definiert wurden,
Das Kind erhält vom Vater nur das, was im Kerne
* zu verstehen ist in einem historischen Prozess, der [[Kultur#Entstehung der Kultur|Kultur]]- und [[Literaturgeschichte]],
des Spermatozoids oder des Pollenkornes enthalten war.
* nach dem Adressaten betrachtet wird in Kategorien wie [[Kinder- und Jugendliteratur]], [[Frauenliteratur]],
Sammtliche erblichen Eigenschaften müssen also in den
* grundsätzlich nach Anspruchsniveaus unterschieden wird in „hohe“ (oder „anspruchsvolle“) Literatur und „[[Trivialliteratur]]“.
Kernen durch die betreffenden Pangene repräsentirt sein.
Die Kerne gelten deshalb als die Bewahrstätten der erblichen
Eigenschaften.


Besprochen wird in den nationalen [[Philologie]]n (wie der [[Germanistik]], der [[Romanistik]], der [[Anglistik]]), die die Ausgestaltung der nationalen Literaturen im 19. Jahrhundert im Wesentlichen vorantrieben, nahezu ausschließlich „hohe“ Literatur. Welche Werke unter welchen Gesichtspunkten besprochen werden, ist seitdem Gegenstand einer Debatte um die Bedeutung, die Werke in der jeweiligen Gesellschaft gewinnen. Der jeweilige „[[Kanon (Literatur)|Kanon]]“ einer Nationalliteratur wird in der öffentlichen (und angreifbaren) Würdigung der „[[Kunst|künstlerischen]]“ Qualität festgelegt, sowie in kontroversen [[Textinterpretation]]en der [[Fiktion]]en, die Titeln tiefere Bedeutung zusprechen. In der neuen Ausgestaltung übernahm die Literatur im 19. Jahrhundert in den westlichen [[Säkularisierung|säkularen]] Nationen Funktionen, die zuvor die Religionen und ihre Textgrundlagen als Debatten- und Bildungsgegenstände innehatten.
In den Kernen bleiben aber weitaus die meisten Eigenschaften
zeitlebens latent. In die Erscheinung treten sie
erst in den übrigen Organen der Protoplaste. Schon
[[Haeckel]] sprach es aus, dass der innere Kern die Vererbung
der erblichen Charaktere, das äussere Plasma dagegen
die Anpassung, die Akkomodation oder Adaptation
an die Verhaltnisse der Aussenwelt zu besorgen hat
(Vergl. S. 166). Es muss also in irgend einer Weise eine
Uebertragung der erblichen Eigenschaften vom Kerne auf
das [[Cytoplasma]] stattfinden, und die im vorigen Abschnitt
mitgetheilten Beobachtungen liefern wichtige Argumente
für die Richtigkeit dieser Folgerung.


In neuerer Zeit wurde das Thema der digitalen Schriftlichkeit ein Diskussionsgebiet der Literaturwissenschaft und Medienwissenschaft. Gerade bei dieser Art von Literatur ist es nicht mehr möglich, nach Kriterien zu beurteilen, die man für Literatur vergangener Jahrhunderte entwickelt hatte. Siehe dazu: [[Internet#Digitale Schriftlichkeit|Digitale Schriftlichkeit]].
Das sind die Schlüsse, zu denen die vorhandenen Thatsachen
meiner Ansicht nach in vollem Maasse berechtigen.
Die Annahme von Pangenen ist für mich eine Hypothese,
welche mir beim jetzigen Stande unseres Wissens unerlässlich
scheint. Sie ist zur Erklärung der verwandtschaftlichen
Beziehungen der Organismen, vorausgesetzt dass
man diese Erklärung auf materieller Grundlage versuchen
will, meiner Meinung nach durchaus nothwendig...


== Etymologie und Begriffsgeschichte ==
Ich bin mir wohl bewusst, dass das Ausarbeiten einer
Das Wort Literatur ist eine erst in der Frühmoderne in Mode kommende Ableitung des [[Lateinische Sprache|lateinischen]] ''littera'', der „Buchstabe“. Der Plural ''litterae'' gewann bereits in der Antike eigene Bedeutungen als „Geschriebenes“, „Dokumente“, „Briefe“, „Gelehrsamkeit“, „Wissenschaft(en)“. Im [[Französische Sprache|Französischen]] und [[Englische Sprache|Englischen]] blieb diese Bedeutung erhalten in ''lettres'' und ''letters'' als Synonym für „Wissenschaften“.
Hypothese in ihre äussersten Konsequenzen nur zu leicht
zu Irrschlüssen führt, und nur dann fur die Wissenschaft
niitzlich ist, wenn es zu bestimmten, experimentell zu beantwortenden
Fragen leitet. Ich werde mich daher möglichst
beschränken und nur Eine Hypothese aufstellen,
welche mir sich durch ihre Einfachheit zu empfehlen
scheint...


Das heutige Sprechen von Literatur entwickelte sich auf einem Umweg über das Deutsche und seine Äquivalente für die französische Wortfügung „[[belles lettres]]“. Im Laufe des 17. Jahrhunderts setzte sich die französische Wortkombination für einen neuen Bereich eleganter Bücher auf dem europäischen Markt durch. Die zeitgenössische deutsche Übersetzung war hierfür „galante Wissenschaften“, was dem Publikumsanspruch Rechnung trug wie dem modischen Geschmack: Leser beiderlei Geschlechts lasen diese Ware und bestanden darauf, dass sie eine ganze eigene Wissenschaft benötigte, keine akademische pedantische. Als mit dem frühen 18. Jahrhundert das Wort [[galant]] in Kritik geriet, setzte sich ein Sprechen von „schönen Wissenschaften“ durch, das im späten 18. Jahrhundert an Tragfähigkeit verlor, da es hier zunehmend um Poesie und Romane ging, eine unwissenschaftliche Materie. Das Sprechen von „schöner Literatur“ erlaubte es schließlich das engere im weiteren Begriffsfeld zu benennen. Man sprach ab Mitte des 18. Jahrhunderts von „Literatur“ mit der Option, jeweilige Schwerpunkte legen zu können. Mit dem Adjektiv „schöne“ wurde das Zentrum bezeichnet, das Literatur im engeren Sinn wurde. Je klarer das Zentrum definiert wurde, desto entbehrlicher wurde im 20. Jahrhundert die weitere Verwendung des Adjektivs.
Diese Hypothese lautet: Das gauze lebendige
Protoplasma besteht aus Pangenen; nur diese
bilden darin die lebenden Elemente.|Hugo de Vries|''Intercellulare Pangenesis'', S. 188ff.}}


Aus dem Wort „belles lettres“ ging im deutschen Buchhandel das Wort „[[Belletristik]]“ hervor, das heute eine Nachbarstellung einnimmt. Der Buchhandel führte die Verengung des Literaturbegriffs auf Dichtung der Nation, wie sie im 19. Jahrhundert geschah, am Ende nicht durch. Für Verlage ist der internationale Markt unterhaltender Titel ein unverzichtbares Geschäftsfeld. Man kann innerhalb der Belletristik ein kleineres Feld der Klassiker der Literatur abgrenzen und dieses wiederum international sortieren.
In seinem 1901-03 veröffentlichten zweibändigen Werk ''Die Mutationstheorie'' führte De Vries aufgrund seiner Pflanzenstudien den Begriff der sprunghaften [[Mutation]] ein und stellte damit den von Darwin vertretenen graduellen Artwandel infrage.


Das Wort Literatur hat seine zentrale Bedeutung in Literaturgeschichten, Literaturzeitschriften, in der Literaturkritik und Literaturtheorie. In all diesen Bereichen geht es deutlich darum, Kontroversen über Literatur zu erzeugen. Mit der Belletristik wird im Deutschen eher ein unkontroverses, uneingeschränktes Feld ohne eigene Geschichte beibehalten. Es gibt bezeichnenderweise keine „Belletristikgeschichte“, keine „Belletristikkritik“ und keine nationalen „Belletristiken“, dafür jedoch „Literaturgeschichte“, und „Literaturkritik“ wie „Nationalliteraturen“.<ref>Siehe Rainer Rosenberg: „Eine verworrene Geschichte. Vorüberlegungen zu einer Biographie des Literaturbegriffs“, ''Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik'', 77 (1990), 36-65 und Olaf Simons: ''Marteaus Europa oder Der Roman, bevor er Literatur wurde'' (Amsterdam/ Atlanta: Rodopi, 2001), S. 85–94.</ref>
{{GZ|Welche Anziehungskraft übten doch die Vorstellungen
von der «Anpassung» und dem «Kampf ums Dasein»
bei der Erklärung der Artentstehung eine Zeitlang aus.
Man lernte einsehen, daß man mit ihnen Blendwerken
nachgegangen war. Es bildete sich eine Schule — unter
[[Weismann]]s Führung —,die nichts davon wissen wollte, daß
sich Eigenschaften, welche ein Lebewesen durch Anpassung
an die Umgebung ''erworben'' hat, vererben konnten,
und daß so durch sie eine ''Umbildung'' der Lebewesen eintrete.
Man schrieb daher alles dem «Kampf ums Dasein»
zu und sprach von einer «Allmacht der Naturzüchtung».
In schroffen Gegensatz dazu traten, gestützt auf unbezweifelbare
Tatsachen, solche, die erklärten, man habe
in Fällen von einem «Kampf ums Dasein» gesprochen,
wo er gar nicht existiere. Sie wollten dartun, daß nichts
durch ihn erklärt werden könne. Sie sprachen von einer
«Ohnmacht der Natur Züchtung». Weiter konnte de Vries
in den letzten Jahren durch Versuche zeigen, daß es ganz
''sprungweise'' Veränderungen einer Lebensform in die andere
gebe ([[Mutation]]). Damit ist auch erschüttert, was
man von seiten der Darwinianer als einen festen Glaubensartikel
angesehen hat, daß sich Tier- und Pflanzenformen
nur allmählich umwandelten. Immer mehr
schwand einfach der Boden unter den Füßen, auf dem
man jahrzehntelang gebaut hatte.|11|15f}}


== Definitionen ==
De Vries beschäftigte sich weiters mit der [[Atmung]] der Pflanzen, mit insekteninduzierter [[Wikipedia:Pflanzengalle|Gallenbildung]] und über viele Jahre hinweg mit [[Wikipedia:Osmose|Osmose]]. Damit legte er die Basis für die Disziplingründung der Physikochemie.
Der heutige Literaturbegriff spiegelt den Wortgebrauch der letzten zweihundert Jahre wider. Er zeichnet sich dabei gleichzeitig durch die Aufnahme einer Reihe historischer Kontroversen aus, die den modernen Streit darüber, welche Werke es verdienen sollten, als Literatur besprochen zu werden, fruchtbar in ihrer teilweisen Unvereinbarkeit bestimmen. Literaturstudenten wird seit dem 19. Jahrhundert die Beherrschung eines Handwerkszeugs der Textanalyse nach den verschiedenen Traditionen der Poetik, der Rhetorik, und der Textinterpretation abverlangt, die dem literarischen Text tiefere kulturelle Bedeutung beimessen soll. Moderne Schulen der Literaturtheorie nahmen hier einzelne Fragestellungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und divergierenden Wünschen an einen Kanon wichtigster Werke der jeweils zu schreibenden Literaturgeschichte auf.


=== Ästhetik und kunstvolle Sprachbeherrschung ===
== Schriften (Auswahl) ==
Die Vorstellung, dass Literatur ein Bereich besonders schöner Texte sein sollte, ist Erbmasse der antiken und frühneuzeitlichen [[Poesie]]&shy;diskussion. Der alternative Blick auf kunstvolle Sprachbeherrschung geht dagegen auf die Diskussion antiker [[Rhetorik]] zurück. Während sich die Rhetorik als weitgehend unkontroverse, zweckorientierte Kunst handhaben ließ, bestand über die Frage des Schönen in der Poesie ein langer Streit, der im 18. Jahrhundert im Wesentlichen als Kampf zwischen [[Regelpoetik]]ern (Verfechtern einer nach Gesetzen schönen Poesie) und Verfechtern eines [[Geschmack (Kultur)|Geschmacksurteils]] geführt wurde. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts setzte sich in Auflösung dieser Diskussion eine neue wissenschaftliche Debatte der [[Ästhetik]] durch, die – so die Hoffnung – am Ende in allen Bereichen der Kunst gelten würde als eine Konstante menschlicher Wahrnehmung, wie sie Schönheit auch in der Natur entdeckte.


Ende des 19. Jahrhunderts geriet der Blick auf die Ästhetik in grundsätzliche Kritik. Das hatte zum einen mit der kontroversen Begriffsaneignung durch die [[Ästhetizismus|Ästhetizisten]] zu tun, zum anderen mit Kunstwerken, die sich provokant von der Konzentration auf Schönheit verabschiedeten und einen eigenen Realismus im Umgang mit sozialer Realität einklagten. Die schonungslose Anerkennung von Missständen sollte ein anerkanntes Ziel werden. Optionen im Umgang mit dem Konflikt bestanden in der Erweiterung der ästhetischen Konzepte wie in der Diskreditierung der Forderung eigener ästhetischer Wahrheit.
* ''Intercellurae Pangenesis'', Verlag von Gustav Fischer, Jena 1889 [https://archive.org/details/intracellularepa00vrie archive.org]
* ''Die Mutationstheorie. Versuche und Beobachtungen über die Entstehung von Arten im Pflanzenreich'', Verlag von Veit & Comp., Leipzig 1901-03 [https://archive.org/details/diemutationstheo01vrie Band 1] (1901), [https://archive.org/details/diemutationstheo02vrie Band 2] (1903)
* ''Gruppenweise Artbildung unter spezieller Berücksichtigung der Gattung Oenothera'', Verlag von Gebrüder Borntraeger 1913 [https://archive.org/details/gruppenweiseartb00vrieuoft archive.org]


=== Fiktionalität, gesellschaftliche Relevanz ===
Dass Literatur sich im gegenwärtigen Begriff durch Fiktionalität und tiefere Bedeutung, eine Relevanz für die Gesellschaft, auszeichnet, ist im Wesentlichen Erbe der [[Roman]]&shy;diskussion, die Mitte des 18. Jahrhunderts von der Literaturbesprechung aufgenommen wurde. Weder die [[Poetik (Aristoteles)|Aristotelische Poetik]] noch die Nachfolge[[poetik]]en der frühen Moderne hatten Poesie über Fiktionalität erklärt. Romane hatten sie samt und sonders nicht als Poesie anerkannt.
Der Vorschlag, Romane und womöglich Poesie generell über Fiktionalität zu definieren, findet sich erstmals klarer mit [[Pierre Daniel Huet]]s [[Traitté de l’origine des romans|Traktat über den Ursprung der Romane]] (1670) gemacht – als Möglichkeit, den theologischen Umgang mit Gleichnissen auf eine neue Lektüre von Romanen zu übertragen, bei dem es darum gehen soll, zu ermessen, welche kulturelle Bedeutung ein jeweiliger Titel hat.
Beim Aufbau des modernen Besprechungsgegenstands Literatur war die Frage nach tieferer Bedeutung Anfang des 19. Jahrhunderts praktisch, da sie dem Literaturwissenschaftler neue Tätigkeiten abverlangt, vor allem die der Interpretation. Daneben schuf sie neue Möglichkeiten, Texte zu bewerten und sich speziell diskutierbar rätselhaften, fremdartigen Titeln zuzuwenden und über sie die eigene Nation und Geschichte neu zu erklären. Im 19. und 20. Jahrhundert entfaltete die Frage nach der Bedeutung des Textes in der Kultur zudem politische Dynamik, da sich an sie Forderungen nach aktivem Engagement anschließen ließen.
=== Literarischer Stil und Subjektivität ===
Die Frage stilistischen Anspruchs ist im Wesentlichen Erbmasse der Diskussion neuester „belles lettres“. Poetiken waren davon ausgegangen, dass zwar einzelne Dichter die Kunst unterschiedlich handhabten, dass jedoch das Persönliche selbst nicht zu erstreben war. Schönheit galt es an sich anzustreben, der Künstler rang um die Schönheit. Mit der Romandiskussion wurde die Frage nach kulturellen Hintergründen akut, die Frage des individuellen [[Autor]]s war dabei wenig das Ziel. Anders war die Debatte in der Belletristik verlaufen. In ihr stand gerade die Frage nach den Titeln im Vordergrund, die den aktuellen Geschmack am besten befriedigten. Es ging im selben Moment um die Frage nach neuen Autoren, die mit eigenen Sichtweisen den Geschmack prägten.
Die „belles lettres“ sollten insgesamt, so ihre Verfechter sich durch Stil auszeichnen – gegenüber den minderwertigen [[Volksbuch|Volksbüchern]] wie gegenüber der pedantischen Wissenschaftlichkeit. Romane und Memoiren wurden wesentliche Felder der Produktion modernen persönlichen Stils. Die Diskussion jeweiliger Leistungen der individuellen Perspektive ging im frühen 19. Jahrhundert in der heutigen Literaturdiskussion auf – die Frage nach subjektiver Wahrnehmung der Realität, wie sie sich in Literatur abzeichne, prädestinierte den neuen Bereich, der im 19. Jahrhundert aufgebaut wurde, dazu, ein Debattenfeld im Schulunterricht zu werden. Im modernen Literaturunterricht geht es seitdem zentral darum, Schüler zu subjektiven Stellungnahmen zu Literatur zu bewegen, ihre Subjektivität dabei öffentlich wahrzunehmen, Subjektivität behandelter Autoren zu erfassen.
=== Höhere strukturelle Komplexität und komplexeres Traditionsverhalten ===
Im Lauf des 20. Jahrhunderts kam eine eigene, mutmaßlich neutrale, wissenschaftliche Analyse von Komplexität literarischer Werke auf. Auf sie richtete sich vor allem der [[Strukturalismus]] der 1960er und 1970er und ihm folgend der [[Poststrukturalismus]] der 1980er und 1990er aus. Betrachtet man die Untersuchungen mit historischer Perspektive, so nehmen sie aus allen Debattenfeldern Untersuchungsoptionen auf. Besondere Würdigung erhalten dabei Texte, die komplexer zu analysieren sind, die der Literaturbesprechung mehr Angriffsfläche der auszulotenden Kontexte geben.
Der hochrangige Text ist unter dieser Prämisse der, der reich an – womöglich divergierenden – Bedeutungsebenen ist, sich intensiv mit Traditionen auseinandersetzt, sich komplex auf andere Texte bezieht, erst im Blick auf diese besser verstanden wird. Die Analysen sind insofern wissenschaftlich objektiv, als sie tatsächlich die wissenschaftliche Analysierbarkeit als Eigenschaft von Texten erfassen, die sich dank ihrer Qualitäten in der wissenschaftlichen Analyse halten, uns nachhaltig als Literatur damit beschäftigen.
Hier lag, rückblickend betrachtet gleichzeitig die Option einer Mode von Texten, die sich auf die Literaturbetrachtung ausrichteten. Die [[Postmoderne]] ging in Entdeckungen des Trivialen am Ende zunehmend konfrontativ bis ablehnend mit den hier definierten Ansprüchen an Kunst der Literatur um.
Erst ab dem 19. Jahrhundert hat man zur Literatur nicht nur das Wissenschaftliche gezählt, sondern alles, was schriftlich niedergelegt war. Ab dem Jahrhundert unterschied man auch zwischen hoher Literatur, sprich Hochliteratur, und Literatur von wenig künstlerischer Qualität, sprich Trivialliteratur.
== Siehe auch ==
== Siehe auch ==


* {{WikipediaDE|Literatur}}
* {{WikipediaDE|Hugo de Vries}}


== Literatur ==
== Literatur ==
=== Nachschlagewerke ===
* Werner Sohn: ''Hugo de Vries.'' In: [[Wikipedia:Ilse Jahn|Ilse Jahn]], Michael Schmitt (Hrsg.): ''Darwin & Co. Eine Geschichte der Biologie in Porträts.'' Beck, München 2001, ISBN 3-406-44639-6, Bd. 2, S. 9–27.
* Rudolf Steiner: ''Aus der Akasha-Chronik'', [[GA 11]] (1986), ISBN 3-7274-0110-9 {{Schriften|011}}


* Peter Stein, Hartmut Stein: ''Chronik der deutschen Literatur. Daten, Texte, Kontexte'', Kröner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-520-84201-5.
{{GA}}
* Bibliographisches Institut und F. A. Brockhaus Verlag: ''Der Brockhaus Literatur: Schriftsteller, Werke, Epochen, Sachbegriffe.'' (Lexikon) Mannheim, 3. Auflage, 2006. 960 S. ISBN 978-3-7653-3133-6.
* Elisabeth Frenzel: ''Stoffe der Weltliteratur'', Kröner Verlag, 10. Auflage 2005, ISBN 978-3-520-30010-2.
* Elisabeth Frenzel: ''Motive der Weltliteratur'', Kröner Verlag, 6. Auflage 2008, ISBN 978-3-520-30106-2.
* Gero von Wilpert: ''Lexikon der Weltliteratur – Deutsche Autoren'', Kröner Verlag 2004, ISBN 978-3-520-83704-2.
* Gero von Wilpert: ''Lexikon der Weltliteratur – Fremdsprachige Autoren'', Kröner Verlag 2004, ISBN 978-3-520-83804-9.
* Gero von Wilpert: ''Sachwörterbuch der Literatur'', Kröner Verlag 2001, ISBN 978-3-520-23108-6.
* Kindlers Literaturlexikon
* Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur
* Kritisches Lexikon zur fremdsprachigen Gegenwartsliteratur


=== Klassische Literaturdefinitionen ===
== Einzelnachweise ==
''Die Autoren dieser Titel legen ein Corpus von in ihren Augen literarischen Werken fest und versuchen dann, in einer wissenschaftlichen und subjektiven Analyse dieser Werke auszumachen, was Literatur grundsätzlich auszeichnet.''
<references />
 
* René Wellek: ''Literature and its Cognates''. In: ''Dictionary of the History of Ideas. Studies of Selected Pivotal Ideas''. Band 3, ed. Philip P. Wiener, New York 1973, S. 81–89.
* René Wellek, Austin Warren: ''Theorie der Literatur.'' Athenäum Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M. 1972, ISBN 3-8072-2005-4.
* Paul Hernadi, ''What Is Literature?'' London 1978, ISBN 0-253-36505-8 <small>Sammelband zum Begriff Literatur – enthält unter anderem von René Wellek: „What Is Literature?“</small>
* Helmut Arntzen: ''Der Literaturbegriff. Geschichte, Komplementärbegriffe, Intention. Eine Einführung.'' Münster: Aschendorff, 1984. ISBN 3-402-03596-0 <small>Kontrastiert verschiedene Literaturbegriffe miteinander, die samt und sonders als Begriffe des in unseren Augen literarischen Materials gewonnen werden.</small>
* Wolf-Dieter Lange: ''Form und Bewusstsein. Zu Genese und Wandlung des literarischen Ausdrucks''. In: ''Meyers kleines Lexikon Literatur''. Mannheim 1986. <small>Ist ein typischer Aufsatz zum Thema – Lange stellt Titel, die ihm Literatur sind zusammen und erkennt, dass Literatur schon immer besonders ausdrucksstark war (und darum, so seine Mutmaßung, auf den Schrei der ersten Menschen zurückgehe).</small>
* Gisela Smolka-Koerdt, Peter M Spangenberg, Dagmar Tillmann-Bartylla (Hrsg.): '' Der Ursprung von Literatur. Medien, Rollen, Kommunikationssituationen 1450–1650'' München: Wilhelm Fink, 1988. ISBN 3-7705-2461-6 <small>Sammlung von Aufsätzen zu in unseren Augen literarischen Genres am Beginn der frühen Neuzeit.</small>
* [http://de.wikibooks.org/wiki/Zweideutigkeit_als_System_-_Thomas_Manns_Forderung_an_die_Kunst Zweideutigkeit als System. Thomas Manns Forderung an die Kunstgattung Literatur.]
 
=== Begriffs- und Diskursgeschichte ===
* Roland Barthes: ''Histoire ou Litérature?'' In: ''Sur Racine''. Paris 1963, S. 155; erstveröffentlicht in ''Annales'', 3 (1960). <small>Barthes verwies als erster darauf, dass das Wort „Literatur“ noch im Blick auf die Zeit Racines nur „anachronistisch“ zu verwenden sei – wurde darauf von René Wellek (1978) heftig angegriffen – das Wort habe es durchaus gegeben, wobei Wellek verschwieg, dass die Titel, die er dazu zitierte, sich nicht mit Literatur in unserem Sinne befassten. Barthes starb 1980, Welleks Antwort blieb als korrekte Richtigstellung stehen.</small>
* Jürgen Fohrmann: ''Projekt der deutschen Literaturgeschichte. Entstehung und Scheitern einer nationalen Poesiegeschichtsschreibung zwischen Humanismus und Deutschem Kaiserreich'' (Stuttgart, 1989), ISBN 3-476-00660-3 <small>Ist die erste germanistische Arbeit, die den Themenwechsel im Blick auf „Literaturgeschichten“ skizzierte, und daran Überlegungen zum Aufbau der Germanistik im 19. Jahrhundert anknüpfte.</small>
* Kian-Harald Karimi: ''‚Des contes qui sont sans raison, et qui ne signifient rien‘ – Vom ‚Roman der französischen Philosophen’ zum philosophischen Roman.'' In: Christiane Solte-Gressner, Margot Brink (Hrsg.): ''Écritures. Denk- und Schreibweisen jenseits der Grenzen von Literatur und Philosophie.'' Stauffenburg, Tübingen 2004, S. 71–88. <small>Bestimmt das Verhältnis von Literatur und Philosophie, wobei die Literatur der Moderne, besonders der Roman selbst zu einem Ort philosophischer Reflexion wird und sich nicht mehr darauf beschränkt, diese wie im Zeitalter der Aufklärung zu illustrieren, sondern selbst zu entfalten.</small>
* Lee Morrissey: ''The Constitution of Literature. Literacy, Democracy, and Early English Literary Criticism'' (Stanford: Stanford UP, 2008). <small>Zur Interaktion zwischen Literaturkritik und Literaturproduktion sowie zum Zusammenhang zwischen Literatur und Öffentlichkeit im englischsprachigen Raum.</small>
* Rainer Rosenberg: „Eine verworrene Geschichte. Vorüberlegungen zu einer Biographie des Literaturbegriffs“, ''Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik'', 77 (1990), 36-65. <small>Konstatiert die Bedeutungen der Begriffe „Poesie“, „Dichtung“, „Belles Lettres“, „Schöne Wissenschaften“, „Schöne Literatur“, „Literatur“ für verschiedene Zeitpunkte – und beklagt, dass darin kein System erkennbar sei – verfasst ohne den Denkschritt Fohrmanns, nachdem die Literaturwissenschaft hier Themen adoptierte und ihr altes Thema aufgab, um etwas Neues zu besprechen.</small>
* Olaf Simons: ''Marteaus Europa oder Der Roman, bevor er Literatur wurde'' (Amsterdam/ Atlanta: Rodopi, 2001), ISBN 90-420-1226-9 <small>Bietet [http://www.uni-oldenburg.de/anglistik/lit-wiss/simons/marteaus-europa/085-set.html S. 85–94] einen Überblick über die Geschichte des Wortes Literatur und S. 115–193 einen genaueren Blick auf die Literaturdebatte 1690–1720; im Zentrum mit der Positionsveränderung des Romanmarkts zwischen dem frühen 18. Jahrhundert und heute befasst.</small>
* Richard Terry: ''The Eighteenth-Century Invention of English Literature. A Truism Revisited''. In: ''British Journal for Eighteenth Century Studies'', 19.1, 1996, S. 47–62. <small>Konstatiert einleitend, dass es nun spannend ist, zu erfassen, was all das war, was uns heute „Literatur“ ist, und welche Rolle es spielte, bevor man anfing es als „Literatur“ zu diskutieren. Gibt Überblick über Titel, die Details des Problems untersuchten.</small>
* Winfried Wehle: ''Literatur und Kultur – Zur Archäologie ihrer Beziehungen''. In: Jünke, Zaiser, Geyer (Hrsg.): ''Romanistische Kulturwissenschaft'', Würzburg 2004, S. 65–83 [http://edoc.ku-eichstaett.de/1939/1/Literatur_11.pdf (PDF)].
* Jannis Androutsopoulos: ''Neue Medien – neue Schriftlichkeit?'' In: ''Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes'', Nr. 1/2007, S. 72–97 [http://jannisandroutsopoulos.files.wordpress.com/2009/12/androutsopoulos_2007-neue-medien-neue-schriftlichkeit.pdf (PDF; 9,7&nbsp;MB)].
* Christiane Heibach: ''Literatur im Internet: Theorie und Praxis einer kooperativen Ästhetik''. Dissertation.de Berlin 2000, ISBN 3-89825-126-8 (Dissertation Universität Heidelberg 2000, 396 Seiten, illustriert, 21 cm).


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* [http://www.bdsl-online.de/ Bibliographie der deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft] – Bibliographische Informationsquelle für Germanisten
 
== Einzelnachweise ==
<references />


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Version vom 8. September 2018, 18:10 Uhr

Hugo de Vries
Thérèse Schwartze: Hugo de Vries (1918)
Hugo de Vries
Hugo de Vries

Hugo Marie de Vries (* Wikipedia:16. Februar 1848 in Haarlem; † 21. Mai 1935 in Lunteren) war ein niederländischer Biologe und einer der Wiederentdecker der von Gregor Mendel aufgestellten mendelschen Regeln. Mit seinen 1901 und 1903 erschienenen Schriften zur Mutationstheorie gab er der Evolutionsforschung neue Impulse. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „de Vries“.

Leben

Hugo de Vries entstammte einer angesehenen holländischen Familie. Sein Vater Gerrit de Vries war Justizminister unter Wilhelm III.; seine Mutter Maria Ereardina war die Tochter von Caspar Jacob Christiaan Reuvens, dem ersten Professor für Archäologie an der Universität Leiden.

Hugo de Vries zeigte sehr früh eine große Leidenschaft für Botanik, sodass er bereits zu Beginn seines Biologiestudiums 1866 ein vollständiges Herbarium der niederländischen Flora besaß. Die Universität Leiden, an der er studierte, war zu diesem Zeitpunkt eher auf Pflanzenmorphologie ausgerichtet, während de Vries sich bereits zu diesem Zeitpunkt für physiologische Pflanzenuntersuchungen interessierte. Um dieses Defizit auszugleichen, errichtete er in seinem Elternhaus ein entsprechendes Laboratorium. Auch seine Promotion Über den Einfluss der Temperatur auf die Lebenserscheinungen der Pflanzen, die er 1870 abschloss, hatte physiologische Untersuchungen zum Thema.

An seine Promotion schloss sich ein kurzes Aufbaustudium in Heidelberg bei dem Botaniker Wilhelm Hofmeister und bei Julius Sachs, dem Begründer der experimentellen Pflanzenphysiologie, an. Nachdem er selbst vier Jahre lang in Amsterdam Naturgeschichte gelehrt hatte, verschaffte ihm Sachs 1875 ein zweijähriges Stipendium in Würzburg, währenddessen er unter anderem über die Osmose in Pflanzenzellen forschte. Seine Forschungsarbeit Über die mechanischen Ursachen der Zellstreckung wurde als Habilitationsschrift anerkannt. Nachdem er kurze Zeit als Lektor für Pflanzenphysiologie an der Universität Amsterdam gelehrt hatte, wurde er 1878 dort zum außerordentlichen Professor für Pflanzenphysiologie berufen. Von 1885 bis 1918 war er Direktor des Botanischen Gartens Amsterdam.

Forschungstätigkeit

Die Forschungsschwerpunkte von de Vries lagen in experimenteller Pflanzenphysiologie und Evolutionsforschung. In seinem 1889 veröffentlichten Buch Intercellulare Pangenesis, das auf einer modifizierten Version der von Charles Darwin 1868 veröffentlichten Pangenesis-Theorie aufbaute, postulierte er, dass die Vererbung bestimmter Eigenschaften auf spezifischen Vererbungsträgern beruhe, die er als Pangene bezeichnete. 20 Jahre später wurde diese Bezeichnung von dem dänischen Botaniker Wilhelm Johannsen auf „Gene“ verkürzt. De Vries ging allerdings davon aus, dass das gesamte Protoplasma der Zellen aus Pangenen bestehe und diese nicht nur im Zellkern lokalisiert seien.

„Diese erblichen Eigenschaften müssen in der lebendigen Materie begründet sein , jede vegetative Keimzelle , jede befruchtete Eizelle muss die sämmtlichen , den Charakter der betreffenden Art zusammensetzenden Faktoren potentiell in sich enthalten. Die sichtbaren Erscheinungen der Erblichkeit sind somit die Aeusserungen der Eigenschaften kleinster unsichtbarer , in jener lebendigen Materie verborgener Theilchen. Und zwar muss man, um sämmtlichen Erscheinungen Rechenschaft tragen zu konnen, für jede erbliche Eigenschaft besondere Theilchen annehmen. Ich bezeichne diese Einheiten als Pangene.

Diese Pangene, unsichtbar klein, aber doch von ganz anderer Ordnung wie die chemischen Moleküle und jedes aus zahllosen von diesen zusammengesetzt, müssen wachsen und sich vermehren und sich bei den Zelltheilungen auf alle oder doch nahezu alle Zellen des Organismus vertheilen können. Sie sind entweder inaktiv (latent) oder aktiv, konnen sich aber in beiden Zustanden vermehren. Vorwiegend inaktiv in den Zellen der Keimbahnen, entwickeln sie fiir gewohnlich ihre hochste Aktivitat in den somatischen Zellen. Und zwar derart, dass in himeren Organismen wohl nie sammtliche Pangene in derselben Zelle zur Aktivität gelangen, sondern so, dass in jeder eine oder einige wenige Gruppen von Pangenen zur Herrschaft gelangen und der Zelle ihren Charakter aufprägen.

Die Befruchtung besteht in einer Kopulation der Zellkerne. Das Kind erhält vom Vater nur das, was im Kerne des Spermatozoids oder des Pollenkornes enthalten war. Sammtliche erblichen Eigenschaften müssen also in den Kernen durch die betreffenden Pangene repräsentirt sein. Die Kerne gelten deshalb als die Bewahrstätten der erblichen Eigenschaften.

In den Kernen bleiben aber weitaus die meisten Eigenschaften zeitlebens latent. In die Erscheinung treten sie erst in den übrigen Organen der Protoplaste. Schon Haeckel sprach es aus, dass der innere Kern die Vererbung der erblichen Charaktere, das äussere Plasma dagegen die Anpassung, die Akkomodation oder Adaptation an die Verhaltnisse der Aussenwelt zu besorgen hat (Vergl. S. 166). Es muss also in irgend einer Weise eine Uebertragung der erblichen Eigenschaften vom Kerne auf das Cytoplasma stattfinden, und die im vorigen Abschnitt mitgetheilten Beobachtungen liefern wichtige Argumente für die Richtigkeit dieser Folgerung.

Das sind die Schlüsse, zu denen die vorhandenen Thatsachen meiner Ansicht nach in vollem Maasse berechtigen. Die Annahme von Pangenen ist für mich eine Hypothese, welche mir beim jetzigen Stande unseres Wissens unerlässlich scheint. Sie ist zur Erklärung der verwandtschaftlichen Beziehungen der Organismen, vorausgesetzt dass man diese Erklärung auf materieller Grundlage versuchen will, meiner Meinung nach durchaus nothwendig...

Ich bin mir wohl bewusst, dass das Ausarbeiten einer Hypothese in ihre äussersten Konsequenzen nur zu leicht zu Irrschlüssen führt, und nur dann fur die Wissenschaft niitzlich ist, wenn es zu bestimmten, experimentell zu beantwortenden Fragen leitet. Ich werde mich daher möglichst beschränken und nur Eine Hypothese aufstellen, welche mir sich durch ihre Einfachheit zu empfehlen scheint...

Diese Hypothese lautet: Das gauze lebendige Protoplasma besteht aus Pangenen; nur diese bilden darin die lebenden Elemente.“

Hugo de Vries: Intercellulare Pangenesis, S. 188ff.

In seinem 1901-03 veröffentlichten zweibändigen Werk Die Mutationstheorie führte De Vries aufgrund seiner Pflanzenstudien den Begriff der sprunghaften Mutation ein und stellte damit den von Darwin vertretenen graduellen Artwandel infrage.

„Welche Anziehungskraft übten doch die Vorstellungen von der «Anpassung» und dem «Kampf ums Dasein» bei der Erklärung der Artentstehung eine Zeitlang aus. Man lernte einsehen, daß man mit ihnen Blendwerken nachgegangen war. Es bildete sich eine Schule — unter Weismanns Führung —,die nichts davon wissen wollte, daß sich Eigenschaften, welche ein Lebewesen durch Anpassung an die Umgebung erworben hat, vererben konnten, und daß so durch sie eine Umbildung der Lebewesen eintrete. Man schrieb daher alles dem «Kampf ums Dasein» zu und sprach von einer «Allmacht der Naturzüchtung». In schroffen Gegensatz dazu traten, gestützt auf unbezweifelbare Tatsachen, solche, die erklärten, man habe in Fällen von einem «Kampf ums Dasein» gesprochen, wo er gar nicht existiere. Sie wollten dartun, daß nichts durch ihn erklärt werden könne. Sie sprachen von einer «Ohnmacht der Natur Züchtung». Weiter konnte de Vries in den letzten Jahren durch Versuche zeigen, daß es ganz sprungweise Veränderungen einer Lebensform in die andere gebe (Mutation). Damit ist auch erschüttert, was man von seiten der Darwinianer als einen festen Glaubensartikel angesehen hat, daß sich Tier- und Pflanzenformen nur allmählich umwandelten. Immer mehr schwand einfach der Boden unter den Füßen, auf dem man jahrzehntelang gebaut hatte.“ (Lit.:GA 11, S. 15f)

De Vries beschäftigte sich weiters mit der Atmung der Pflanzen, mit insekteninduzierter Gallenbildung und über viele Jahre hinweg mit Osmose. Damit legte er die Basis für die Disziplingründung der Physikochemie.

Schriften (Auswahl)

  • Intercellurae Pangenesis, Verlag von Gustav Fischer, Jena 1889 archive.org
  • Die Mutationstheorie. Versuche und Beobachtungen über die Entstehung von Arten im Pflanzenreich, Verlag von Veit & Comp., Leipzig 1901-03 Band 1 (1901), Band 2 (1903)
  • Gruppenweise Artbildung unter spezieller Berücksichtigung der Gattung Oenothera, Verlag von Gebrüder Borntraeger 1913 archive.org

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise


Weblinks

Commons: Hugo de Vries - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema


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