Theologie

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Theologie (griech. θεολογία theología, von θεός theós ‚Gott‘ und griech. λόγος lógosWort, Rede, Vernunft, Lehre‘), wörtlich die „Rede von Gott“, bezog sich in der griechischen Antike ursprünglich auf mythologische Erzählungen über die polytheistische griechische Götterwelt. Platon stellt dem gegenüber in seiner Politeia (379a) bereits die Frage nach der Wahrheit des Einen höchsten unvergänglichen Guten und sieht eine mythenkritische Gottrede als wichtig für den Aufbau des Staates an. Für Aristoteles schließlich bildet die Theologie als „erste Wissenschaft“ die Spitze der theoretischen Wissenschaften und wird zur Metaphysik. Im 2. Jahrhundert wurde der Begriff in diesem Sinn von den ersten christlichen Apologeten aufgegriffen und als Werkzeug zur Konsolidierung und Verteidigung des christlichen Glaubens gegen die Häretiker, ganz besonders gegen die Gnostiker, verwendet, allerdings noch ohne umfassende Systematik. Augustinus fasste die Theologie als „vernünftige Gottrede“ auf. Erst in der hochmittelalterlichen Scholastik umfasst die Theologie systematisch das gesamte „Gebiet des heiligen Wissens“, d.h. die ganze christliche Lehre, gipfelnd in der umfangreichen Summa theologica des Thomas von Aquin. Der Mensch sei zwar auf Gott bezogen, doch dieser durch die Vernunft nur unvollkommen zu erfassen. Theologie sei daher in ihrem wesentlichen Kern eine „Glaubenswissenschaft”. Im Zeitalter der Reformation, vor allem in Anschluss an Martin Luther, wendete sich die Theologie wieder mehr praktischen und weniger theoretischen Fragen zu. Von katholischer Seite wurde die Lehre des Thomas von Aquin 1879 durch die Enzyklika Aeterni Patris von Papst Leo XIII. zur verbindlichen Grundlage der theologischen Ausbildung erhoben und in diesem Sinn bis zum heutigen Tag wiederholt bestätigt.

Theologie in diesem Sinn ist ein vorwiegend christliches Phänomen und nimmt in anderen Religionen, auch in den anderen Weltreligionen, zumindest keine zentrale Stellung ein. Das Judentum bedarf keiner derartigen Theologie, auch nicht der Hinduismus oder Buddhismus. Nur im Islam gibt es neben den allerdings viel bedeutsameren islamischen Rechtswissenschaften Fiqh und Schari'a auch eine traditionelle, auf das theologischen Streitgespräch (Kalām, arab. كلام) gegründet Theologie, die Ilm al-Kalam (علم الكلام Kalām-Wissenschaft).

Woher, so können Sie nun fragen, haben diese religiösen Lehrer ein Wissen von den Dingen gehabt, die hinter dem menschlichen Bewußtsein liegen? Sie wissen ja aus den mancherlei Vorträgen und theosophischen Mitteilungen, daß es eine Initiation gegeben hat, die sogenannte Einweihung, und daß alle die großen Religionslehrer zuletzt sich selber haben einweihen lassen müssen, das heißt, zuletzt haben aufsteigen müssen zu einem gewissen okkulten Weg, oder daß sie sich haben belehren lassen müssen von anderen Initiierten, welche zu dem okkulten Wege aufgestiegen waren, also von solchen, welche nicht mit ihrem Erdenbewußtsein das Göttliche ergriffen haben, sondern mit dem Bewußtsein, das sich außerhalb des Erdenbewußtseins gestellt hat. Daher kommen die alten Religionen. Alle Mitteilungen und Offenbarungen, die die Völker in vorchristlichen Zeiten erhalten haben von großen Menschheitslehrern, führen zuletzt zurück auf solche Stifter der großen Religionen, welche Initiierte, welche Eingeweihte waren, welche das, was sie der Menschheit mitteilten, in überphysischen Zuständen erfahren hatten.

Und daher blieben auch die Verhältnisse des religiösen Menschen zu seinem Gotte immer so, daß sich der Mensch seinen Gott als ein Wesen außerhalb seiner Welt vorstellte, als ein jenseitiges Wesen, von dem ihm eine Offenbarung nur durch besondere Mittel zukommen kann. Wenn der Mensch sich nicht selber zur Initiation erhebt, so muß dieses religiöse Verhältnis auch ein solches bleiben, daß der Mensch sich hier auf der Erde stehend empfindet, so empfindet, daß er mit seinem Bewußtsein die Gegenstände der Erde überschaut, und durch die Religionsstifter etwas über die Dinge erfährt, welche außerhalb der Sinneswelt und außerhalb der Welt des Verstandes, überhaupt außerhalb der Welt des menschlichen Bewußtseins zunächst liegen. So war es mit allen Religionen, und in gewisser Beziehung ist es auch mit den Religionen bis auf den heutigen Tag so geblieben [...]

Damit ist das Verhältnis des religiösen Menschen zur geistigen Welt gekennzeichnet, und es ist dieses Verhältnis ein solches, daß es nicht anders gedacht werden kann als ein Gegenüberstehen von Mensch und göttlicher Welt. Ob nun in dieser göttlichen Welt ein Pluralismus, eine Vielheit von Wesenheiten gesehen wird oder eine Einheit, ob Polytheismus oder Monotheismus gelehrt wird, das braucht uns bei dieser Frage weniger zu berühren. Das Wichtigste ist, daß der Mensch sich als Mensch gegenübergestellt findet der göttlichen Welt, die ihm geoffenbart werden muß.

Dieses ist auch der Grund, warum die Theologie so sehr darauf hält, daß eigenes menschliches Wissen nicht einfließen soll in die religiösen Vorstellungen. Denn sobald eigenes menschliches Wissen in die religiösen Vorstellungen einfließt, ist es ein Wissen, das durch den Menschen in überphysischen Zuständen errungen sein muß durch ein Hinauf wachsen in die geistigen Welten. Es ist eine Art Eindringen in die Gebiete, die die Theologie, nicht die Religion als solche, durchaus ausschließen will von dem Einflüsse auf die religiösen Vorstellungen der Menschheit. Daher wird auch von den Theologen so sorgfältig gelehrt, daß es zwei Abwege gebe, welche die Theologie zu vermeiden habe. Der eine Abweg sei der, wenn die Theologie ausartet in Theosophie, weil dadurch der Mensch gleichsam hinaufwachsen will zu seinem Gott, dem er aber nur als Mensch gegenüberstehen soll. Daß die Theologie nicht ausarten dürfe in Theosophie, wird ja überall von den Theologen gelehrt.

Die zweite Entartung, sagen die Theologen, sei die Mystik, wenn sie auch manchmal selber kleine Ausflüge machen in theosophisches oder mystisches Gebiet. So trennen wir recht gut alle bloß religiösen Menschen wieder von den Mystikern, denn der Mystiker ist etwas anderes als der bloß religiöse Mensch. Der religiöse Mensch ist dadurch charakterisiert, daß er hier auf der Erde steht und ein Verhältnis zu seinem außer seinem Bewußtsein liegenden Gotte bekommt." (Lit.: GA 137, S. 68ff)

Siehe auch

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie, GA 137 (1993), ISBN 3-7274-1371-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.