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[[Bild:Joachim of Flora.jpg|thumb|Joachim von Fiore]]
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'''Joachim von Fiore''' (''auch'': Joachim von Fiori, J. von Flore, de Flore, of Flora; * um [[Wikipedia:1130|1130]]/[[Wikipedia:1135|1135]] in [[Wikipedia:Celico|Celico]], [[Wikipedia:Kalabrien|Kalabrien]]; † [[Wikipedia:1202|1202]] in [[Wikipedia:San Giovanni in Fiore|San Giovanni in Fiore]]) war Abt und Ordensgründer in [[Wikipedia:Kalabrien|Kalabrien]] und wirkte im 12. Jahrhundert als Geschichtstheologe.
 
== Leben ==
Joachim von Fiore wurde um 1130/35 als Sohn eines Notars in Celico (Kalabrien) geboren. Anfangs arbeitete er auf Bestreben seiner Eltern als Notar in [[Wikipedia:Cosenza|Cosenza]] und in der Kanzlei am Königshof von [[Wikipedia:Wilhelm I. (Sizilien)|Wilhelm I.]] in [[Wikipedia:Palermo|Palermo]].
 
Diese verließ er aber bald, um sich einem religiösen Leben zuzuwenden. So unternahm er 1166/67 eine [[Wikipedia:Pilger|Pilger]]fahrt ins [[Wikipedia:Heiliges Land|Heilige Land]] und besuchte [[Wikipedia:Jerusalem|Jerusalem]]. Nach Streitereien mit seinem Vater über seinen weiteren beruflichen Werdegang zog Joachim als Prediger und Einsiedler über das Land, verbrachte zuerst eine Zeitlang auf dem Hügel Guarassano bei Cosenza und dann nahe dem [[Wikipedia:Zisterzienser|Zisterzienserkloster]] [[Wikipedia:Kloster Sambucina|Sambucina di Luzzi]]. In [[Wikipedia:Rende|Rende]] wurde er vom [[Wikipedia:Bischof|Bischof]] von [[Wikipedia:Catanzaro|Catanzaro]] zum Priester geweiht. Erst jetzt schloss er sich einer Ordensgemeinschaft an: er trat in das [[Wikipedia:Kloster Corazzo|Kloster Corazzo]] ein. Nachdem er [[Wikipedia:Prior|Prior]] geworden war, zog er sich in das Kloster SS. Trinità in Acri nach Sambucina zurück, und erst auf Grund der Bitten kirchlicher Würdenträger kehrte er als Abt nach Corazzo zurück. Er leitete das Kloster von 1171 bis 1177 und führte dort die [[Wikipedia:Zisterzienser|Zisterzienserregel]] ein. 1183/84 hielt er sich im [[Wikipedia:Kloster Casamari|Kloster Casamari]] auf und begann das ''Psalterium decem chordarum'', das er 1187/88 in [[Wikipedia:Petralata|Petralata]] (Kalabrien) beendete. Nachdem er schon 1183 bei der Kurie um Erlaubnis nachgesucht hatte, über die [[Offenbarung des Johannes|Offenbarung]] (''revelatio'') schreiben zu dürfen, erhielt er von Papst [[Wikipedia:Klemens III. (Papst)|Klemens III.]] 1188 die Erlaubnis, sich ausschließlich seinen [[Wikipedia:Hermeneutik|hermeneutischen Studien]] zu widmen. Zu diesem Zweck zog er sich in das Silagebirge zurück. Das Zisterzienser-[[Wikipedia:Ordenskapitel|Generalkapitel]] rief ihn aber 1192 nach Corazzo zurück. Stattdessen gründete er jedoch ein neues Kloster, [[Wikipedia:San Giovanni in Fiore|San Giovanni in Fiore]], dem er auch als Abt vorstand. An einem Ostermorgen zwischen 1190 und 1195 empfing er während der Meditation über der Johannes-Apokalypse seine entscheidende Erleuchtung. In die Zeit um 1190 fällt auch seine Gründung des [[Wikipedia:Florenser|Florenser-Ordens]]. Joachim von Fiore starb vermutlich im Jahre 1202 (weniger wahrscheinlich 1205) in San Giovanni in Fiore im Silagebirge
 
== Lehre ==
Bedeutend ist Joachim von Fiore vor allem wegen seines Geschichtsbildes und seiner [[Wikipedia:biblische Exegese|exegetischen]] Methode, bei der er die [[Wikipedia:Allegorie|allegorischen]] Schriftauslegungen den typologisch-historischen vorzieht. Den historischen Ablauf des [[Wikipedia:Altes Testament|Alten]] und des [[Wikipedia:Neues Testament|Neuen Testaments]] deutet er in einem heilsgeschichtlichen Sinn. Die Geschichte wird in drei [[Zeitalter]] gegliedert, welche er mit der [[Trinität]] in Verbindung bringt: Die Zeit des Vaters (Altes Testament), des Sohnes (beginnt mit dem Neuen Testament und endet nach seiner Vorhersage 1260) und die des [[Heiliger Geist|Heiligen Geistes]]. Dieses dritte, glückliche Zeitalter werde von der ''intelligentia spiritualis'' erleuchtet sein und alle Freuden des [[Neues Jerusalem|Himmlischen Jerusalem]] (Offenbarung 21) bieten. Das letzte, das Dritte Zeitalter, steht im Zentrum des joachimitischen Geschichtbildes. Dieses Zeitalter wird auch ''Drittes Reich'' genannt (siehe auch [[Wikipedia:Chiliasmus|Chiliasmus]]).<ref>Die Nazis benutzten später den Begriff „[[Wikipedia:Drittes Reich|Drittes Reich]]“, um den neuen Charakter ihres Staates zu unterstreichen, aber keinesfalls den Inhalt im Sinne Joachims.</ref> Dem Dritten Zeitalter geht die Ankunft des [[Antichrist]] voraus, welcher dann von einer kirchlichen Persönlichkeit besiegt wird. So identifizierten einige joachimitische [[Wikipedia:Franziskaner|Franziskaner]] den [[Wikipedia:Franz von Assisi|Heiligen Franziskus]] auf Grund seiner [[Stigmatisation|Stigmata]] als ''Alter-Christus''. Seine Lehre wird auch mit dem Begriff der Drei-Zeiten-Lehre bezeichnet.
 
Joachim von Fiore klagte [[Wikipedia:Petrus Lombardus|Petrus Lombardus]] an, er habe neben Vater, Sohn und Heiligem Geist noch die [[Trinität]] als vierte kollektive Einheit und damit eine ''Quaternitas'' eingeführt. Diese These wurde auf dem [[Wikipedia:Viertes Laterankonzil|Vierten Laterankonzil]] von 1215 verurteilt. 1254 wurden einige seiner Lehren überprüft, aber er wurde von der Kirche nie als [[Wikipedia:Häresie|Häretiker]] angesehen, auch wenn postum gefälschte Bibelkommentare sein Ansehen schädigen sollten. Seine Lehren verbreiteten sich einige Jahrzehnte nach seinem Tod sehr rasch. Neben dem [[Wikipedia:Joachimismus|Joachimismus]] gewann vor allem der so genannte [[Wikipedia:Pseudojoachimismus|Pseudojoachimismus]] großen Einfluss. Besonders der Franziskanerorden nahm im 13. Jahrhundert joachimitische Ideen auf.
 
== Wirken ==
Seine Ideen fanden im späten 13. und 14. Jahrhundert großen Anklang und verbreiteten sich schnell. So beeinflussten sie auch [[Dante Alighieri]], vermutlich über die [[Wikipedia:Spiritualen|spirituale]] Strömung der Franziskaner, der dann auch Joachim von Fiore in seine [[Göttliche Komödie]] aufnahm. So wie er auf die spiritualen Franziskaner wirkte, so kann man auch seinen Einfluss bei den [[Wikipedia:Täufer|Täufer]]n der [[Wikipedia:Reformation|Reformation]]szeit, z. B.  bei [[Wikipedia:Thomas Müntzer|Thomas Müntzer]] und schließlich auch bei [[Gotthold Ephraim Lessing|Lessings]] „[[Erziehung des Menschengeschlechts]]“ sowie bei [[Georg W. F. Hegel|Hegel]], [[Wikipedia:Auguste Comte|Auguste Comte]], [[Wikipedia:Karl Marx|Karl Marx]] und in [[Wikipedia:Ernst Bloch|Ernst Bloch]]s „[[Wikipedia:Das Prinzip Hoffnung|Prinzip Hoffnung]]“ erkennen.
 
[[Wikipedia:Benedikt XVI.|Papst Benedikt XVI.]] ist seit Jahrzehnten ein führender Joachim-Spezialist. Im [[Wikipedia:Lexikon für Theologie und Kirche|Lexikon für Theologie und Kirche]] verfasste er  1960 den Artikel „Joachim von Fiore“ und betonte, Joachim sei nicht antihierarchisch eingestellt gewesen, mit [[Wikipedia:Benedikt von Nursia|Benedikt von Nursia]] habe laut Joachim das Geist-Zeitalter begonnen.
 
Die Hauptwerke Joachims von Fiore sind ''Concordia novi et veteris Testamenti'', ''Expositio in Apocalypsim'', ''Psalterium decem chordarum'', ''Tractatus super quatuor Evangelia'', ''De articulis Fidei'', ''Adversus Iudeos'' und die unvollendete ''Vita S. Benedicti''.
 
== Siehe auch ==
*[[Wikipedia:Sixtinische Kapelle|Sixtinische Kapelle]]
 
== Anmerkungen ==
<references/>
 
== Literatur ==
* [[Wikipedia:Herbert Grundmann|Herbert Grundmann]]: ''Zur Biographie Joachims von Fiore und Rainers von Ponza''. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 16, 1960, S. 437-546.
* M. Reeves: ''The Influence of Prophecy in the Later MA. A Study in Joachimism''. 1969.
* Matthias Riedl: ''Joachim von Fiore. Denker der vollendeten Menschheit''. 2004 ISBN 3-8260-2697-7
* G.L. Potestà: ''Il tempo dell'apocalisse. Vita di Gioacchino da Fiore''. 2004.
* Julia Eva Wannenmacher: ''Hermeneutik der Heilsgeschichte: de septem Sigillis und die sieben Siegel im Werk Joachims von Fiore.'' Leiden; Boston: Brill 2005 ISBN 90-04-13750-5
* [[Wikipedia:Henri de Lubac|Henri de Lubac]]: ''[[Wikipedia:Schleiermacher|Schleiermacher]], [[Wikipedia:Johann Gottlieb Fichte|Fichte]], [[Wikipedia:Friedrich Hölderlin|Hölderlin]]'' Übers. Alexander Düttmann. In: Typologie. Internat. Beiträge zur Poetik. Frankfurt am Main, 1988 ISBN 3518114514 - S.338-356 (Zuerst in: Lubac ''La postérité spirituelle de '''Joachim de Flore'''''. T.1: De Joachim à [[Wikipedia:Friedrich Wilhelm Joseph Schelling|Schelling]]. Paris, 1979. - S.327-342 (das Buch ist wichtig für die Wirkung des Begriffs Drittes Reich mit dem deutschen Idealismus als Brücke hin zur Verwendung durch die Nazis)
* [[Wikipedia:Karl Löwith|Karl Löwith]]: Kapitel „Joachim“, in: Ders., Weltgeschichte und Heilgeschehen, Sämtliche Schriften Bd.2, Stuttgart 1983, S. 158-172
 
== Weblinks ==
* {{PND|118557564}}
* {{BBKL|j/Joachim_f}}
* [http://www.stereo-denken.de/joachim.htm Jürgen Kuhlmann: Neujoachimismus]
* [http://www.centrostudigioachimiti.it/ Centro internazionale di studi Gioachimiti (it. u. engl.)]
* [http://www.newadvent.org/cathen/08406c.htm „Joachim of Flora“-Artikel der Catholic Encyclopedia auf www.newadvent.org (engl.)]
* [http://www.emigrati.it/TEDESCO/Hermeneutik_im_Web.asp Joachim von Fiore - Für eine Hermeneutik im Web. Ein „Escatologia Florense“ Vergleich]
* [http://www.eckhart.de/index.htm?winter.htm# Meister Eckhart und seine Zeit - Eduard Winter - Ketzerschicksale] Der Ketzervater: Joachim von Fiore
 
{{DEFAULTSORT:Joachim von Fiore}}
[[Kategorie:Biographie]]
[[Kategorie:Autor]]
[[Kategorie:Abt]]
[[Kategorie:Katholischer Theologe (12. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Mittelalter (Literatur)]]
[[Kategorie:Literatur (12. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Literatur (Latein)]]
[[Kategorie:Christliche Literatur]]
[[Kategorie:Person (Kalabrien)]]
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[[Kategorie:Geistlicher]]
 
{{Personendaten
|NAME=Joachim von Fiore
|ALTERNATIVNAMEN=
|KURZBESCHREIBUNG=Abt und Ordensgründer in Kalabrien, Geschichtstheologe
|GEBURTSDATUM=um 1130
|GEBURTSORT=[[Celico]], [[Kalabrien]]
|STERBEDATUM=1202
|STERBEORT=[[San Giovanni in Fiore]]
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{{Wikipedia}}

Version vom 11. August 2022, 12:02 Uhr

Zeichnung aus GA 320, S. 147