Joachim von Fiore und Definition: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Joachim of Flora.jpg|thumb|Joachim von Fiore]]
[[Datei:angel2.svg|mini|250px|Platons Definition des Begriffs „Angelfischerei“]][[Datei:Schussenried Kloster Bibliothekssaal Gewölbefresko Baum des Porphyrius.jpg|miniatur|250px||Der [[Baum des Porphyrios]] auf einem Fresko (18. Jahrhundert) im Bibliothekssaal des [[Wikipedia:Kloster Schussenried|Klosters Schussenried]]]]
'''Joachim von Fiore''' (''auch'': Joachim von Fiori, J. von Flore, de Flore, of Flora; * um [[Wikipedia:1130|1130]]/[[Wikipedia:1135|1135]] in [[Wikipedia:Celico|Celico]], [[Wikipedia:Kalabrien|Kalabrien]]; † [[Wikipedia:1202|1202]] in [[Wikipedia:San Giovanni in Fiore|San Giovanni in Fiore]]) war Abt und Ordensgründer in [[Wikipedia:Kalabrien|Kalabrien]] und wirkte im 12. Jahrhundert als Geschichtstheologe.
[[Datei:Praedicabilia.jpg|miniatur|250px|Die zehn Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien]]


== Leben ==
Eine '''Definition''' ([[Latein|lat.]] ''definitio'' „Abgrenzung“, von ''de'' „ab, weg“ und ''finis'' „Grenze“; {{ELSalt|ὁρισμός}} ''horismos'') soll eine möglichst eindeutige Bestimmung eines [[Begriff]]s geben und ihn klar von anderen, ähnlichen Begriffen abgrenzen. Vielfach werden daher möglichst präzise Definitionen als grundlegend für die [[Wissenschaft]]en angesehen. Eine [[Mathematik|mathematische]] [[Relation]] ist '''wohldefiniert''' ({{EnS|well defined}}), wenn sie eine ''eindeutige'' ({{EnS|unambiguous}}) Interpretation bzw. Wertezuweisung gibt<ref>{{MathWorld|title=wohldefiniert|urlname=WellDefined}}</ref>.
Joachim von Fiore wurde um 1130/35 als Sohn eines Notars in Celico (Kalabrien) geboren. Anfangs arbeitete er auf Bestreben seiner Eltern als Notar in [[Wikipedia:Cosenza|Cosenza]] und in der Kanzlei am Königshof von [[Wikipedia:Wilhelm I. (Sizilien)|Wilhelm I.]] in [[Wikipedia:Palermo|Palermo]].  


Diese verließ er aber bald, um sich einem religiösen Leben zuzuwenden. So unternahm er 1166/67 eine [[Wikipedia:Pilger|Pilger]]fahrt ins [[Wikipedia:Heiliges Land|Heilige Land]] und besuchte [[Wikipedia:Jerusalem|Jerusalem]]. Nach Streitereien mit seinem Vater über seinen weiteren beruflichen Werdegang zog Joachim als Prediger und Einsiedler über das Land, verbrachte zuerst eine Zeitlang auf dem Hügel Guarassano bei Cosenza und dann nahe dem [[Wikipedia:Zisterzienser|Zisterzienserkloster]] [[Wikipedia:Kloster Sambucina|Sambucina di Luzzi]]. In [[Wikipedia:Rende|Rende]] wurde er vom [[Wikipedia:Bischof|Bischof]] von [[Wikipedia:Catanzaro|Catanzaro]] zum Priester geweiht. Erst jetzt schloss er sich einer Ordensgemeinschaft an: er trat in das [[Wikipedia:Kloster Corazzo|Kloster Corazzo]] ein. Nachdem er [[Wikipedia:Prior|Prior]] geworden war, zog er sich in das Kloster SS. Trinità in Acri nach Sambucina zurück, und erst auf Grund der Bitten kirchlicher Würdenträger kehrte er als Abt nach Corazzo zurück. Er leitete das Kloster von 1171 bis 1177 und führte dort die [[Wikipedia:Zisterzienser|Zisterzienserregel]] ein. 1183/84 hielt er sich im [[Wikipedia:Kloster Casamari|Kloster Casamari]] auf und begann das ''Psalterium decem chordarum'', das er 1187/88 in [[Wikipedia:Petralata|Petralata]] (Kalabrien) beendete. Nachdem er schon 1183 bei der Kurie um Erlaubnis nachgesucht hatte, über die [[Offenbarung des Johannes|Offenbarung]] (''revelatio'') schreiben zu dürfen, erhielt er von Papst [[Wikipedia:Klemens III. (Papst)|Klemens III.]] 1188 die Erlaubnis, sich ausschließlich seinen [[Wikipedia:Hermeneutik|hermeneutischen Studien]] zu widmen. Zu diesem Zweck zog er sich in das Silagebirge zurück. Das Zisterzienser-[[Wikipedia:Ordenskapitel|Generalkapitel]] rief ihn aber 1192 nach Corazzo zurück. Stattdessen gründete er jedoch ein neues Kloster, [[Wikipedia:San Giovanni in Fiore|San Giovanni in Fiore]], dem er auch als Abt vorstand. An einem Ostermorgen zwischen 1190 und 1195 empfing er während der Meditation über der Johannes-Apokalypse seine entscheidende Erleuchtung. In die Zeit um 1190 fällt auch seine Gründung des [[Wikipedia:Florenser|Florenser-Ordens]]. Joachim von Fiore starb vermutlich im Jahre 1202 (weniger wahrscheinlich 1205) in San Giovanni in Fiore im Silagebirge
== Platons Dihairesis ==


== Lehre ==
{{Hauptartikel|Dihairesis}}
Bedeutend ist Joachim von Fiore vor allem wegen seines Geschichtsbildes und seiner [[Wikipedia:biblische Exegese|exegetischen]] Methode, bei der er die [[Wikipedia:Allegorie|allegorischen]] Schriftauslegungen den typologisch-historischen vorzieht. Den historischen Ablauf des [[Wikipedia:Altes Testament|Alten]] und des [[Wikipedia:Neues Testament|Neuen Testaments]] deutet er in einem heilsgeschichtlichen Sinn. Die Geschichte wird in drei [[Zeitalter]] gegliedert, welche er mit der [[Trinität]] in Verbindung bringt: Die Zeit des Vaters (Altes Testament), des Sohnes (beginnt mit dem Neuen Testament und endet nach seiner Vorhersage 1260) und die des [[Heiliger Geist|Heiligen Geistes]]. Dieses dritte, glückliche Zeitalter werde von der ''intelligentia spiritualis'' erleuchtet sein und alle Freuden des [[Neues Jerusalem|Himmlischen Jerusalem]] (Offenbarung 21) bieten. Das letzte, das Dritte Zeitalter, steht im Zentrum des joachimitischen Geschichtbildes. Dieses Zeitalter wird auch ''Drittes Reich'' genannt (siehe auch [[Wikipedia:Chiliasmus|Chiliasmus]]).<ref>Die Nazis benutzten später den Begriff „[[Wikipedia:Drittes Reich|Drittes Reich]]“, um den neuen Charakter ihres Staates zu unterstreichen, aber keinesfalls den Inhalt im Sinne Joachims.</ref> Dem Dritten Zeitalter geht die Ankunft des [[Antichrist]] voraus, welcher dann von einer kirchlichen Persönlichkeit besiegt wird. So identifizierten einige joachimitische [[Wikipedia:Franziskaner|Franziskaner]] den [[Wikipedia:Franz von Assisi|Heiligen Franziskus]] auf Grund seiner [[Stigmatisation|Stigmata]] als ''Alter-Christus''. Seine Lehre wird auch mit dem Begriff der Drei-Zeiten-Lehre bezeichnet.
 
Joachim von Fiore klagte [[Wikipedia:Petrus Lombardus|Petrus Lombardus]] an, er habe neben Vater, Sohn und Heiligem Geist noch die [[Trinität]] als vierte kollektive Einheit und damit eine ''Quaternitas'' eingeführt. Diese These wurde auf dem [[Wikipedia:Viertes Laterankonzil|Vierten Laterankonzil]] von 1215 verurteilt. 1254 wurden einige seiner Lehren überprüft, aber er wurde von der Kirche nie als [[Wikipedia:Häresie|Häretiker]] angesehen, auch wenn postum gefälschte Bibelkommentare sein Ansehen schädigen sollten. Seine Lehren verbreiteten sich einige Jahrzehnte nach seinem Tod sehr rasch. Neben dem [[Wikipedia:Joachimismus|Joachimismus]] gewann vor allem der so genannte [[Wikipedia:Pseudojoachimismus|Pseudojoachimismus]] großen Einfluss. Besonders der Franziskanerorden nahm im 13. Jahrhundert joachimitische Ideen auf.


== Wirken ==
Die als [[Dihairesis]] ({{ELSalt|διαίρεσις}} „Auseinandernehmung, Einteilung, Trennung“) bezeichnete Methode der Begriffseinteilung wurde von [[Platon]] entwickelt, um [[Begriffe]] konsequent und lückenlos in ein hierarchisches System von Gattungen und [[Art (Philosophie)|Arten]] einzuordnen, um so von den [[Allgemeinbegriff]]en absteigend durch wiederholte Teilung zu einer [[Logik|logisch]] exakten Definition spezieller, nicht weiter teilbarer [[Begriff]]e zu gelangen. Ein klassisches Beispiel dazu ist seine [[Ableitung]] der „Angelfischerei“ aus dem Allgemeinbegriff der „handwerklichen Tätigkeit“ (''[[techné]]'') nach dem nebenstehenden Schema, die zu der Definition führt: ''Die Angelfischerei ist die Kunstfertigkeit einer verwundenden Jagd auf Fische mit einem Haken bei Tage zum Zweck des Erwerbs.''<ref>Platon, ''[[Wikipedia:Sophistes|Sophistes]]'' 218e–221b</ref>
Seine Ideen fanden im späten 13. und 14. Jahrhundert großen Anklang und verbreiteten sich schnell. So beeinflussten sie auch [[Dante Alighieri]], vermutlich über die [[Wikipedia:Spiritualen|spirituale]] Strömung der Franziskaner, der dann auch Joachim von Fiore in seine [[Göttliche Komödie]] aufnahm. So wie er auf die spiritualen Franziskaner wirkte, so kann man auch seinen Einfluss bei den [[Wikipedia:Täufer|Täufer]]n der [[Wikipedia:Reformation|Reformation]]szeit, z. B.  bei [[Wikipedia:Thomas Müntzer|Thomas Müntzer]] und schließlich auch bei [[Gotthold Ephraim Lessing|Lessings]] [[Erziehung des Menschengeschlechts]]“ sowie bei [[Georg W. F. Hegel|Hegel]], [[Wikipedia:Auguste Comte|Auguste Comte]], [[Wikipedia:Karl Marx|Karl Marx]] und in [[Wikipedia:Ernst Bloch|Ernst Bloch]]s „[[Wikipedia:Das Prinzip Hoffnung|Prinzip Hoffnung]]“ erkennen.


[[Wikipedia:Benedikt XVI.|Papst Benedikt XVI.]] ist seit Jahrzehnten ein führender Joachim-Spezialist. Im [[Wikipedia:Lexikon für Theologie und Kirche|Lexikon für Theologie und Kirche]] verfasste er  1960 den Artikel „Joachim von Fiore“ und betonte, Joachim sei nicht antihierarchisch eingestellt gewesen, mit [[Wikipedia:Benedikt von Nursia|Benedikt von Nursia]] habe laut Joachim das Geist-Zeitalter begonnen.
== Aristoteles klassische Definitionsregel ==


Die Hauptwerke Joachims von Fiore sind ''Concordia novi et veteris Testamenti'', ''Expositio in Apocalypsim'', ''Psalterium decem chordarum'', ''Tractatus super quatuor Evangelia'', ''De articulis Fidei'', ''Adversus Iudeos'' und die unvollendete ''Vita S. Benedicti''.
{{Siehe auch|genus proximum et differentia specifica}}
 
Die auf [[Aristoteles]] zurückgehende und bis ins [[Wikipedia:19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]] in der [[Logik|klassischen Logik]] als verbindlich angesehene Definitionsregel wurde in der [[Scholastik]] in die knappe Formel «[[genus proximum et differentia specifica]]» gefasst. Demnach habe jede Definition so zu erfolgen, dass die nächsthöhere [[Gattung (Philosophie)|Gattung]] und die [[Art (Philosophie)|artbildende]] [[Differenz (Philosophie)|Differenz]] angegeben wird, wodurch jeder [[Begriff]] [[system]]atisch in ein hierarchisches [[Begriffssystem]] eingeordnet werden kann, das später [[Wikipedia:Porphyrios|Porphyrios]] durch den [[arbor porphyriana]], den [[Baum des Wissens]], veranschaulicht hat.
 
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{{Stammbaum/Start}}
{{Stammbaum|border=0| | | | | | | | | |EINS| | | | | | | |EINS='''[[Gattung (Philosophie)|Gattung]]'''<br>(z.B. Lebewesen)}}
{{Stammbaum|border=0| | | | | |,|-|-|-|-|^|-|-|-|-|.| | | | }}
{{Stammbaum|border=0| | | | |ZWEI|~|~|VIER|~|~|DREI| | | | |ZWEI='''[[Art (Philosophie)|Art]] 1'''<br>(z.B. Mensch)|DREI='''Art 2'''<br>(z.B. Tier)|VIER=artbildender<br>Unterschied<br>(z.B. vernunftbegabt)}}
{{Stammbaum/Ende}}
</center>
 
== Porphyrios «Baum des Wissens» ==
 
{{Hauptartikel|Baum des Wissens}}
 
Der ''Arbor porphyriana'' (auch ''arbor porphyrii, Árbor de Porfirio, Baum des Porphyrios'' oder ''Begriffspyramide'') ist eine durch den [[Scholastik]]er [[Wikipedia:Petrus Hispanus|Petrus Hispanus]] um [[Wikipedia:1240|1240]] in die Wissenschaftsgeschichte eingeführte Metapher für die Klassifikationsmethode, die [[Wikipedia:Porphyrios|Porphyrios von Tyros]] in seiner [[Isagoge]] dargestellt hat. Da Porphyrios System die fünf philosophischen Grundbegriffe ([[Prädikabilien]]) miteinander verbindet, die die Art und Weise angeben, wie über die Dinge gesprochen werden kann, ist er auch als ''Quinque voces („Von den fünf Lautungen“; „Fünf Begriffe“)'' bekannt. Das Schema des Baums von Porphyrios ermöglicht die Subordinierung von Gattungs- und Artbegriffen, in die reale Gattungen und Arten eingeordnet werden können. Die zehn möglichen Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien entsprechen den von Aristoteles aufgestellten zehn [[Kategorien]].
 
[[Datei:Arbor porphyrii according Sowa (2001) GER.png|mini|center|600px|Links: der „Baum des Porphyrios“ nach [[Wikipedia:Petrus Hispanus|Petrus Hispanus]] (13. Jahrhundert). Rechts: der „Baum des Porphyrios“ in einer neuzeitlichen Darstellung.<ref>Abbildung des Baums nach Peter Schroeder-Heister: ''arbor porphyriana''. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie'', 2. Auflage, Bd. 1: A–B, Stuttgart 2005, S. 192 f.</ref>]]
 
== Grenzen der Definierbarkeit ==
 
[[Karl Popper]] sah Definitionen für relativ unbedeutend an, da sie den [[Aussage]]n und [[Theorie]]n untergeordnet seien, in deren Rahmen sie verwendet würden. Erst durch ihren Gebrauch würden sich die verwendeten Begriffe allmählich klären.
 
{{Zitat|Nicht durch die Definition wird die Anwendung eines Begriffes festgelegt, sondern die Verwendung des Begriffes legt das fest, was man seine ‚Definition‘ oder seine ‚Bedeutung‘ nennt. Anders ausgedrückt: Es gibt nur Gebrauchsdefinitionen.|Karl Popper|''Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie.''|ref=<ref>Karl R. Popper: ''Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Aufgrund von Manuskripten aus den Jahren 1930–1933.'' Tübingen 2. verbess. Auflage 1994, S. 366f. ISBN 3-16-145774-9)</ref>}}
 
In [[geist]]igen Zusammenhängen, wo ein [[lebendiges Denken]] gefordert ist, sind Definitionen völlig unbrauchbar. An ihre Stelle muss eine lebendig-bewegliche begriffliche [[Charakterisierung]] treten.
 
{{GZ|Nun, wenn Sie öfter von mir Auseinandersetzungen gehört hätten,
dann würden Sie gefunden haben, daß ich nirgends Definitionen
gebe, ja, daß ich mich sogar scharf gegen das Definieren in der
Anthroposophie wende. Ich muß ja manchmal, da ich populär zu
sprechen habe, die Dinge begrifflich darstellen. Und obwohl ich ganz
gut weiß, daß Definitionen eine gewisse Hilfe sein können für das
mehr naturwissenschaftliche oder historisch im heutigen Sinne geartete
Wissen, obwohl ich mir also des eingeschränkten Rechtes von
Definitionen bewußt bin, so erinnere ich doch daran, wie innerhalb
der griechischen Philosophie gesagt wurde, man solle einen Menschen
definieren. Es wurde da die Definition gegeben, ein Mensch sei
ein Lebewesen, das zwei Beine und keine Federn hat. Und da brachte
am nächsten Tage jemand einen gerupften Hahn und sagte, das wäre
ein Mensch. - Sehen Sie, so weit entfernt man sich sehr häufig von
der unmittelbaren Anschauung, auch mit brauchbaren Definitionen.
Man muß nur auf die Dinge eingehen.
 
Das ist eben eine Eigentümlichkeit des intellektualistischen Wissens,
und darin steckt vielfach auch dasjenige, was nun zu dem Urteil
geführt hat, das in so scharfer Weise die Grenzen sehen will zwischen
Glauben und Wissen. Man muß da schon ein wenig auf die Feinheiten
eingehen. Sehen Sie, schon in unseren einfachsten Wissenschaften
stecken Definitionen, die eigentlich gar keine Berechtigung haben.
Schlagen Sie irgendein Physikbuch auf. Sie finden darin eine Definition:
Was ist Undurchdringlichkeit? Undurchdringlichkeit ist die Eigenschaft
der Körper, daß an dem Orte, wo ein Körper ist, nicht
zugleich ein anderer sein kann. - Das ist eine Definition der Undurchdringlichkeit.
Im ganzen Umfange des Wissens und Erkennens
darf aber so gar nicht definiert werden, sondern diese [Definition der]
Undurchdringlichkeit ist eigentlich bloß ein maskiertes Postulat. In
Wirklichkeit müßte gesagt werden: Man nennt einen Körper undurchdringlich,
wenn er so beschaffen ist, daß an dem Orte, wo er ist,
nicht zugleich ein anderer sein kann. - Es ist das nämlich bloß eine
Anleitung, einen Körper zu bestimmen, seine Eigenart zu postulieren;
und erst unter dem Einfluß der materialistischen Denkweise
werden Postulate maskiert als Definitionen gegeben.|343a|95}}
 
{{GZ|Man kann heute in der
Schule lernen: Die Körper sind undurchdringlich. Und das
wird als Definition angeführt: die Undurchdringlichkeit
besteht darin, daß in dem Raum, in dem ein Körper ist,
ein anderer nicht sein kann. - So kann ein Geisteswissenschafter
den Satz nicht sagen. Ein Geisteswissenschafter
kann niemals von einer begrifflichen Definition ausgehen,
sondern nur von einer begrifflichen Charakteristik. Er sagt
in diesem Falle: Dasjenige, welches sich so verhält, daß es
einen Raum in der Art ausfüllt, daß kein anderes Wesen in
diesem Räume drinnen sein kann, ist ein materieller Körper.
— Das heißt, er kehrt die Sache gerade um, er geht aus
davon, seinen Begriff nur in den Grenzen anzuwenden,
weil er ihn lebendig hat, in denen er anzuwenden ist. Er
verabsolutiert nicht die Begriffe. Das stellt sich in den allereinfachsten
Denkoperationen ein, wenn man wirklich den
Sprung macht, den ich nennen möchte: den Sprung über die
Schwelle der geistigen Welt. Man muß das wirklich sehr
ernst nehmen. Die Menschen möchten heute noch so im Abstrakten
herumreden, wenn von der geistigen Welt die
Rede ist. Aber die ganze Seelenkonstitution, die ganze Art
zu denken, wird eine andere, wenn man in die Wirklichkeit
eintritt. Die Begriffe werden erlebt, so daß man ihre Wirklichkeit
durchlebt. Sehen Sie: ein abstrakt denkender
Mensch, für den ist eine Rose, die er im Zimmer in Wasser
gestellt hat, selbstverständlich eine Wirklichkeit. Aber das
ist gar keine Wirklichkeit. Denn im wirklichen Leben kann
eine Rose nicht da sein, ohne daß sie am Rosenstrauch ist
und im ganzen Zusammenhang mit dem Rosenstrauch entsteht.
Der Geisteswissenschafter ist sich also immer bewußt,
daß er, wo etwas mit etwas anderem zusammengehört, es
im Zusammenhange zu denken hat. Er weiß: der Begriff
Rose als abgeschnittene Rose ist ein unwirklicher Begriff.
Denken Sie sich das ausgedehnt auf die ganze Formung,
auf die ganze Struktur des Denkens, dann werden Sie einen
Begriff bekommen von dem bedeutungsvollen Umschwung,
der eintritt, wenn die Schwelle zur geistigen Welt überschritten
ist. Da bekommt man eben die Wirklichkeit.
Da bekommt man ein inneres, erlebbares Vorstellen von
der Tragweite der Begriffe.|73|99ff}}
 
{{GZ|In der Geisteswissenschaft
läßt sich nicht anders charakterisieren, als daß man von verschiedenen
Seiten her sich einer Sache nähert und die sich ergebenden verschiedenen
Anschauungen dann zusammenschaut. Geradesowenig wie in
einem einzigen Ton eine Melodie gegeben werden kann, so wenig können
Sie das, was geisteswissenschaftlicher Inhalt ist, mit einer einzigen
Charakteristik umfassen; Sie müssen die Charakteristik von verschiedenen
Seiten nehmen. Das ist das, was in früheren Zeiten Menschen,
welche etwas davon wirklich wußten, genannt haben: Zusammenhören,
die verschiedenen Erklärungen zusammenhören.|302a|54f}}


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
*[[Wikipedia:Sixtinische Kapelle|Sixtinische Kapelle]]


== Anmerkungen ==
*{{UTB-Philosophie|Thomas Blume|205|Definition}}
<references/>
 
== Einzelnachweise ==
 
<references />


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Wikipedia:Herbert Grundmann|Herbert Grundmann]]: ''Zur Biographie Joachims von Fiore und Rainers von Ponza''. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 16, 1960, S. 437-546.
* M. Reeves: ''The Influence of Prophecy in the Later MA. A Study in Joachimism''. 1969.
* Matthias Riedl: ''Joachim von Fiore. Denker der vollendeten Menschheit''. 2004 ISBN 3-8260-2697-7
* G.L. Potestà: ''Il tempo dell'apocalisse. Vita di Gioacchino da Fiore''. 2004.
* Julia Eva Wannenmacher: ''Hermeneutik der Heilsgeschichte: de septem Sigillis und die sieben Siegel im Werk Joachims von Fiore.'' Leiden; Boston: Brill 2005 ISBN 90-04-13750-5
* [[Wikipedia:Henri de Lubac|Henri de Lubac]]: ''[[Wikipedia:Schleiermacher|Schleiermacher]], [[Wikipedia:Johann Gottlieb Fichte|Fichte]], [[Wikipedia:Friedrich Hölderlin|Hölderlin]]'' Übers. Alexander Düttmann. In: Typologie. Internat. Beiträge zur Poetik. Frankfurt am Main, 1988 ISBN 3518114514 - S.338-356 (Zuerst in: Lubac ''La postérité spirituelle de '''Joachim de Flore'''''. T.1: De Joachim à [[Wikipedia:Friedrich Wilhelm Joseph Schelling|Schelling]]. Paris, 1979. - S.327-342 (das Buch ist wichtig für die Wirkung des Begriffs Drittes Reich mit dem deutschen Idealismus als Brücke hin zur Verwendung durch die Nazis)
* [[Wikipedia:Karl Löwith|Karl Löwith]]: Kapitel „Joachim“, in: Ders., Weltgeschichte und Heilgeschehen, Sämtliche Schriften Bd.2, Stuttgart 1983, S. 158-172
== Weblinks ==
* {{PND|118557564}}
* {{BBKL|j/Joachim_f}}
* [http://www.stereo-denken.de/joachim.htm Jürgen Kuhlmann: Neujoachimismus]
* [http://www.centrostudigioachimiti.it/ Centro internazionale di studi Gioachimiti (it. u. engl.)]
* [http://www.newadvent.org/cathen/08406c.htm „Joachim of Flora“-Artikel der Catholic Encyclopedia auf www.newadvent.org (engl.)]
* [http://www.emigrati.it/TEDESCO/Hermeneutik_im_Web.asp Joachim von Fiore - Für eine Hermeneutik im Web. Ein „Escatologia Florense“ Vergleich]
* [http://www.eckhart.de/index.htm?winter.htm# Meister Eckhart und seine Zeit - Eduard Winter - Ketzerschicksale] Der Ketzervater: Joachim von Fiore


{{DEFAULTSORT:Joachim von Fiore}}
#Rudolf Steiner: ''Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie'', [[GA 73]] (1987), ISBN 3-7274-0730-1 {{Vorträge|073}}
[[Kategorie:Biographie]]
#Rudolf Steiner: ''Erziehung und Unterricht aus Menschenerkenntnis'', [[GA 302a]] (1993), ISBN 3-7274-3025-7 {{Vorträge|302a}}
[[Kategorie:Autor]]
#Rudolf Steiner: ''Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II'', [[GA 343a]] (1993), ISBN 3-7274-3430-9 {{Vorträge|343a}}
[[Kategorie:Abt]]
[[Kategorie:Katholischer Theologe (12. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Mittelalter (Literatur)]]
[[Kategorie:Literatur (12. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Literatur (Latein)]]
[[Kategorie:Christliche Literatur]]
[[Kategorie:Person (Kalabrien)]]
[[Kategorie:Gestorben 1202]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Theologe]]
[[Kategorie:Geistlicher]]


{{Personendaten
{{GA}}
|NAME=Joachim von Fiore
|ALTERNATIVNAMEN=
|KURZBESCHREIBUNG=Abt und Ordensgründer in Kalabrien, Geschichtstheologe
|GEBURTSDATUM=um 1130
|GEBURTSORT=[[Celico]], [[Kalabrien]]
|STERBEDATUM=1202
|STERBEORT=[[San Giovanni in Fiore]]
}}


{{Wikipedia}}
[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]] [[Kategorie:Wissenschaft]] [[Kategorie:Wissenschaftstheorie]]

Version vom 3. März 2022, 14:22 Uhr

Platons Definition des Begriffs „Angelfischerei“
Der Baum des Porphyrios auf einem Fresko (18. Jahrhundert) im Bibliothekssaal des Klosters Schussenried
Die zehn Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien

Eine Definition (lat. definitio „Abgrenzung“, von de „ab, weg“ und finis „Grenze“; griech. ὁρισμός horismos) soll eine möglichst eindeutige Bestimmung eines Begriffs geben und ihn klar von anderen, ähnlichen Begriffen abgrenzen. Vielfach werden daher möglichst präzise Definitionen als grundlegend für die Wissenschaften angesehen. Eine mathematische Relation ist wohldefiniert (eng. well defined), wenn sie eine eindeutige (eng. unambiguous) Interpretation bzw. Wertezuweisung gibt[1].

Platons Dihairesis

Hauptartikel: Dihairesis

Die als Dihairesis (griech. διαίρεσις „Auseinandernehmung, Einteilung, Trennung“) bezeichnete Methode der Begriffseinteilung wurde von Platon entwickelt, um Begriffe konsequent und lückenlos in ein hierarchisches System von Gattungen und Arten einzuordnen, um so von den Allgemeinbegriffen absteigend durch wiederholte Teilung zu einer logisch exakten Definition spezieller, nicht weiter teilbarer Begriffe zu gelangen. Ein klassisches Beispiel dazu ist seine Ableitung der „Angelfischerei“ aus dem Allgemeinbegriff der „handwerklichen Tätigkeit“ (techné) nach dem nebenstehenden Schema, die zu der Definition führt: Die Angelfischerei ist die Kunstfertigkeit einer verwundenden Jagd auf Fische mit einem Haken bei Tage zum Zweck des Erwerbs.[2]

Aristoteles klassische Definitionsregel

Die auf Aristoteles zurückgehende und bis ins 19. Jahrhundert in der klassischen Logik als verbindlich angesehene Definitionsregel wurde in der Scholastik in die knappe Formel «genus proximum et differentia specifica» gefasst. Demnach habe jede Definition so zu erfolgen, dass die nächsthöhere Gattung und die artbildende Differenz angegeben wird, wodurch jeder Begriff systematisch in ein hierarchisches Begriffssystem eingeordnet werden kann, das später Porphyrios durch den arbor porphyriana, den Baum des Wissens, veranschaulicht hat.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
Gattung
(z.B. Lebewesen)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Art 1
(z.B. Mensch)
 
 
artbildender
Unterschied
(z.B. vernunftbegabt)
 
 
Art 2
(z.B. Tier)
 
 
 
 
 
 
 
 

Porphyrios «Baum des Wissens»

Hauptartikel: Baum des Wissens

Der Arbor porphyriana (auch arbor porphyrii, Árbor de Porfirio, Baum des Porphyrios oder Begriffspyramide) ist eine durch den Scholastiker Petrus Hispanus um 1240 in die Wissenschaftsgeschichte eingeführte Metapher für die Klassifikationsmethode, die Porphyrios von Tyros in seiner Isagoge dargestellt hat. Da Porphyrios System die fünf philosophischen Grundbegriffe (Prädikabilien) miteinander verbindet, die die Art und Weise angeben, wie über die Dinge gesprochen werden kann, ist er auch als Quinque voces („Von den fünf Lautungen“; „Fünf Begriffe“) bekannt. Das Schema des Baums von Porphyrios ermöglicht die Subordinierung von Gattungs- und Artbegriffen, in die reale Gattungen und Arten eingeordnet werden können. Die zehn möglichen Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien entsprechen den von Aristoteles aufgestellten zehn Kategorien.

Links: der „Baum des Porphyrios“ nach Petrus Hispanus (13. Jahrhundert). Rechts: der „Baum des Porphyrios“ in einer neuzeitlichen Darstellung.[3]

Grenzen der Definierbarkeit

Karl Popper sah Definitionen für relativ unbedeutend an, da sie den Aussagen und Theorien untergeordnet seien, in deren Rahmen sie verwendet würden. Erst durch ihren Gebrauch würden sich die verwendeten Begriffe allmählich klären.

„Nicht durch die Definition wird die Anwendung eines Begriffes festgelegt, sondern die Verwendung des Begriffes legt das fest, was man seine ‚Definition‘ oder seine ‚Bedeutung‘ nennt. Anders ausgedrückt: Es gibt nur Gebrauchsdefinitionen.“

Karl Popper: Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie.[4]

In geistigen Zusammenhängen, wo ein lebendiges Denken gefordert ist, sind Definitionen völlig unbrauchbar. An ihre Stelle muss eine lebendig-bewegliche begriffliche Charakterisierung treten.

„Nun, wenn Sie öfter von mir Auseinandersetzungen gehört hätten, dann würden Sie gefunden haben, daß ich nirgends Definitionen gebe, ja, daß ich mich sogar scharf gegen das Definieren in der Anthroposophie wende. Ich muß ja manchmal, da ich populär zu sprechen habe, die Dinge begrifflich darstellen. Und obwohl ich ganz gut weiß, daß Definitionen eine gewisse Hilfe sein können für das mehr naturwissenschaftliche oder historisch im heutigen Sinne geartete Wissen, obwohl ich mir also des eingeschränkten Rechtes von Definitionen bewußt bin, so erinnere ich doch daran, wie innerhalb der griechischen Philosophie gesagt wurde, man solle einen Menschen definieren. Es wurde da die Definition gegeben, ein Mensch sei ein Lebewesen, das zwei Beine und keine Federn hat. Und da brachte am nächsten Tage jemand einen gerupften Hahn und sagte, das wäre ein Mensch. - Sehen Sie, so weit entfernt man sich sehr häufig von der unmittelbaren Anschauung, auch mit brauchbaren Definitionen. Man muß nur auf die Dinge eingehen.

Das ist eben eine Eigentümlichkeit des intellektualistischen Wissens, und darin steckt vielfach auch dasjenige, was nun zu dem Urteil geführt hat, das in so scharfer Weise die Grenzen sehen will zwischen Glauben und Wissen. Man muß da schon ein wenig auf die Feinheiten eingehen. Sehen Sie, schon in unseren einfachsten Wissenschaften stecken Definitionen, die eigentlich gar keine Berechtigung haben. Schlagen Sie irgendein Physikbuch auf. Sie finden darin eine Definition: Was ist Undurchdringlichkeit? Undurchdringlichkeit ist die Eigenschaft der Körper, daß an dem Orte, wo ein Körper ist, nicht zugleich ein anderer sein kann. - Das ist eine Definition der Undurchdringlichkeit. Im ganzen Umfange des Wissens und Erkennens darf aber so gar nicht definiert werden, sondern diese [Definition der] Undurchdringlichkeit ist eigentlich bloß ein maskiertes Postulat. In Wirklichkeit müßte gesagt werden: Man nennt einen Körper undurchdringlich, wenn er so beschaffen ist, daß an dem Orte, wo er ist, nicht zugleich ein anderer sein kann. - Es ist das nämlich bloß eine Anleitung, einen Körper zu bestimmen, seine Eigenart zu postulieren; und erst unter dem Einfluß der materialistischen Denkweise werden Postulate maskiert als Definitionen gegeben.“ (Lit.:GA 343a, S. 95)

„Man kann heute in der Schule lernen: Die Körper sind undurchdringlich. Und das wird als Definition angeführt: die Undurchdringlichkeit besteht darin, daß in dem Raum, in dem ein Körper ist, ein anderer nicht sein kann. - So kann ein Geisteswissenschafter den Satz nicht sagen. Ein Geisteswissenschafter kann niemals von einer begrifflichen Definition ausgehen, sondern nur von einer begrifflichen Charakteristik. Er sagt in diesem Falle: Dasjenige, welches sich so verhält, daß es einen Raum in der Art ausfüllt, daß kein anderes Wesen in diesem Räume drinnen sein kann, ist ein materieller Körper. — Das heißt, er kehrt die Sache gerade um, er geht aus davon, seinen Begriff nur in den Grenzen anzuwenden, weil er ihn lebendig hat, in denen er anzuwenden ist. Er verabsolutiert nicht die Begriffe. Das stellt sich in den allereinfachsten Denkoperationen ein, wenn man wirklich den Sprung macht, den ich nennen möchte: den Sprung über die Schwelle der geistigen Welt. Man muß das wirklich sehr ernst nehmen. Die Menschen möchten heute noch so im Abstrakten herumreden, wenn von der geistigen Welt die Rede ist. Aber die ganze Seelenkonstitution, die ganze Art zu denken, wird eine andere, wenn man in die Wirklichkeit eintritt. Die Begriffe werden erlebt, so daß man ihre Wirklichkeit durchlebt. Sehen Sie: ein abstrakt denkender Mensch, für den ist eine Rose, die er im Zimmer in Wasser gestellt hat, selbstverständlich eine Wirklichkeit. Aber das ist gar keine Wirklichkeit. Denn im wirklichen Leben kann eine Rose nicht da sein, ohne daß sie am Rosenstrauch ist und im ganzen Zusammenhang mit dem Rosenstrauch entsteht. Der Geisteswissenschafter ist sich also immer bewußt, daß er, wo etwas mit etwas anderem zusammengehört, es im Zusammenhange zu denken hat. Er weiß: der Begriff Rose als abgeschnittene Rose ist ein unwirklicher Begriff. Denken Sie sich das ausgedehnt auf die ganze Formung, auf die ganze Struktur des Denkens, dann werden Sie einen Begriff bekommen von dem bedeutungsvollen Umschwung, der eintritt, wenn die Schwelle zur geistigen Welt überschritten ist. Da bekommt man eben die Wirklichkeit. Da bekommt man ein inneres, erlebbares Vorstellen von der Tragweite der Begriffe.“ (Lit.:GA 73, S. 99ff)

„In der Geisteswissenschaft läßt sich nicht anders charakterisieren, als daß man von verschiedenen Seiten her sich einer Sache nähert und die sich ergebenden verschiedenen Anschauungen dann zusammenschaut. Geradesowenig wie in einem einzigen Ton eine Melodie gegeben werden kann, so wenig können Sie das, was geisteswissenschaftlicher Inhalt ist, mit einer einzigen Charakteristik umfassen; Sie müssen die Charakteristik von verschiedenen Seiten nehmen. Das ist das, was in früheren Zeiten Menschen, welche etwas davon wirklich wußten, genannt haben: Zusammenhören, die verschiedenen Erklärungen zusammenhören.“ (Lit.:GA 302a, S. 54f)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Eric W. Weisstein: wohldefiniert. In: MathWorld (englisch).
  2. Platon, Sophistes 218e–221b
  3. Abbildung des Baums nach Peter Schroeder-Heister: arbor porphyriana. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, 2. Auflage, Bd. 1: A–B, Stuttgart 2005, S. 192 f.
  4. Karl R. Popper: Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Aufgrund von Manuskripten aus den Jahren 1930–1933. Tübingen 2. verbess. Auflage 1994, S. 366f. ISBN 3-16-145774-9)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie, GA 73 (1987), ISBN 3-7274-0730-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Erziehung und Unterricht aus Menschenerkenntnis, GA 302a (1993), ISBN 3-7274-3025-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II, GA 343a (1993), ISBN 3-7274-3430-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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