Jakob Frohschammer: Unterschied zwischen den Versionen

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Da seine Schriften ''Einleitung in die Philosophie'' (München 1858), ''Über die Aufgabe der Naturwissenschaft'' (München 1861) und besonders ''Über die Freiheit der Wissenschaft'' (München 1861) in Rom Anstoß erregten und Frohschammer den geforderten Widerruf verweigerte, wurde er 1863 suspendiert, setzte aber den Kampf gegen die kirchliche Autorität und das [[Unfehlbarkeitsdogma]] in einer Reihe von Broschüren fort, ohne sich indes der ihm als Halbheit erscheinenden [[Wikipedia:Alt-Katholische Kirche|altkatholischen]] Bewegung anzuschließen.  
Da seine Schriften ''Einleitung in die Philosophie'' (München 1858), ''Über die Aufgabe der Naturwissenschaft'' (München 1861) und besonders ''Über die Freiheit der Wissenschaft'' (München 1861) in Rom Anstoß erregten und Frohschammer den geforderten Widerruf verweigerte, wurde er 1863 suspendiert, setzte aber den Kampf gegen die kirchliche Autorität und das [[Unfehlbarkeitsdogma]] in einer Reihe von Broschüren fort, ohne sich indes der ihm als Halbheit erscheinenden [[Wikipedia:Alt-Katholische Kirche|altkatholischen]] Bewegung anzuschließen.  


Als Philosoph ist er in seinem zugleich gegen [[Dogma]] und [[Materialismus]] gerichteten Buch ''Das Christentum und die moderne Naturwissenschaft'' (Wien 1868) gegen beide polemisch und neuerlich mit einem metaphysischen Versuch: ''Die Phantasie als Grundprincip des Weltprocesses'' (München 1877), der in naturphilosophischer Weise der bewusstlos verständig schaffenden [[Einbildungskraft]] die Vermittlerrolle zwischen Vernunft (Geist) und Sinnlichkeit (Natur) zuweist.
Frohschammer argumentierte für die von der Kirche mehrfach verurteilte, auf [[Tertullian]] zurückgehende Lehre des [[Generatianismus]], wonach nicht nur der Körper, sondern auch die [[Seele]] im Zeugungsvorgang vom Vater auf das das Kind übermittelt wird. [[Rudolf Steiner]] bemerkt dazu:
 
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nicht von den Vorfahren ererbt ist, sondern aus der geistigen
Welt kommt, abstoßend finden, weil sie dadurch den Fortpflanzungsvorgang
herabgewürdigt sehen. Zu diesen Denkern gehört der Philosoph J.
Frohschammer (man vergleiche dessen Schrift «Über den Ursprung der
menschlichen Seelen», Seite 98ff.). Dieser meint, es müsse angenommen
werden, daß auch die Seelen der Kinder von den Eltern stammen, da «diese
lebendigen Menschen nicht etwa bloße Leiber oder gar Tiere zeugen » (vergleiche
Frohschammers Schrift über «Die Philosophie des Thomas von
Aquino», Leipzig, Brockhaus 1889, Seite VIII). Von einem aus dieser Meinung
kommenden Einwand kann die Anschauung, die in den Ausführungen
der vorliegenden Schrift zur Darstellung kommt, nicht betroffen werden.
Denn man braucht den Seelenkern, der, aus der geistigen Welt kommend,
sich mit dem von den Vorfahren Vererbten verbindet, vor der Empfängnis
nicht ohne Beziehung zu den Seelen der Eltern zu denken, wenn
man ihn auch nicht durch den Fortpflanzungsakt entstehend denkt.|21|106}}
 
Als Philosoph ist Frohschammer in seinem zugleich gegen [[Dogma]] und [[Materialismus]] gerichteten Buch ''Das Christentum und die moderne Naturwissenschaft'' (Wien 1868) gegen beide polemisch und neuerlich mit einem metaphysischen Versuch: ''Die Phantasie als Grundprincip des Weltprocesses'' (München 1877), der in naturphilosophischer Weise der bewusstlos verständig schaffenden [[Einbildungskraft]] die Vermittlerrolle zwischen Vernunft (Geist) und Sinnlichkeit (Natur) zuweist.


{{GZ|Eine noch auffälligere Persönlichkeit in dieser Beziehung ist der
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Version vom 26. Oktober 2017, 11:17 Uhr

Jakob Frohschammer, 1862. Grafik nach einem Foto von Hanfstängl.

Jakob Frohschammer (* 6. Januar 1821 in Illkofen; † 14. Juni 1893 in Kreuth) war ein katholischer Theologe und Philosoph.

Leben und Lehre

Frohschammer studierte in München Philosophie und Theologie, wurde 1847 zum katholischen Priester geweiht, habilitierte sich 1850 an der Münchener Universität als Privatdozent der Theologie und trat nach dem Erscheinen seiner Beiträge zur Kirchengeschichte (1850), einer Schrift Über den Ursprung der menschlichen Seelen (München 1854) und seines offenen Sendschreibens an Karl Vogt: Menschenseele und Physiologie (München 1855) als Professor der Philosophie 1855 in die philosophische Fakultät über.

Da seine Schriften Einleitung in die Philosophie (München 1858), Über die Aufgabe der Naturwissenschaft (München 1861) und besonders Über die Freiheit der Wissenschaft (München 1861) in Rom Anstoß erregten und Frohschammer den geforderten Widerruf verweigerte, wurde er 1863 suspendiert, setzte aber den Kampf gegen die kirchliche Autorität und das Unfehlbarkeitsdogma in einer Reihe von Broschüren fort, ohne sich indes der ihm als Halbheit erscheinenden altkatholischen Bewegung anzuschließen.

Frohschammer argumentierte für die von der Kirche mehrfach verurteilte, auf Tertullian zurückgehende Lehre des Generatianismus, wonach nicht nur der Körper, sondern auch die Seele im Zeugungsvorgang vom Vater auf das das Kind übermittelt wird. Rudolf Steiner bemerkt dazu:

„Es gibt Denker, welche die Ansicht, daß des Menschen seelischer Wesenskern nicht von den Vorfahren ererbt ist, sondern aus der geistigen Welt kommt, abstoßend finden, weil sie dadurch den Fortpflanzungsvorgang herabgewürdigt sehen. Zu diesen Denkern gehört der Philosoph J. Frohschammer (man vergleiche dessen Schrift «Über den Ursprung der menschlichen Seelen», Seite 98ff.). Dieser meint, es müsse angenommen werden, daß auch die Seelen der Kinder von den Eltern stammen, da «diese lebendigen Menschen nicht etwa bloße Leiber oder gar Tiere zeugen » (vergleiche Frohschammers Schrift über «Die Philosophie des Thomas von Aquino», Leipzig, Brockhaus 1889, Seite VIII). Von einem aus dieser Meinung kommenden Einwand kann die Anschauung, die in den Ausführungen der vorliegenden Schrift zur Darstellung kommt, nicht betroffen werden. Denn man braucht den Seelenkern, der, aus der geistigen Welt kommend, sich mit dem von den Vorfahren Vererbten verbindet, vor der Empfängnis nicht ohne Beziehung zu den Seelen der Eltern zu denken, wenn man ihn auch nicht durch den Fortpflanzungsakt entstehend denkt.“ (Lit.:GA 21, S. 106)

Als Philosoph ist Frohschammer in seinem zugleich gegen Dogma und Materialismus gerichteten Buch Das Christentum und die moderne Naturwissenschaft (Wien 1868) gegen beide polemisch und neuerlich mit einem metaphysischen Versuch: Die Phantasie als Grundprincip des Weltprocesses (München 1877), der in naturphilosophischer Weise der bewusstlos verständig schaffenden Einbildungskraft die Vermittlerrolle zwischen Vernunft (Geist) und Sinnlichkeit (Natur) zuweist.

„Eine noch auffälligere Persönlichkeit in dieser Beziehung ist der Philosoph, der «Die Phantasie als Grundprinzip des Weltprozesses» geschrieben hat, ich habe ihn auch öfter erwähnt, Jakob Frohschammer. Er hatte eigentlich noch sehr viel von innerer Durchtränktheit der abstrakten Begriffe in sich, war aber auch, ähnlich wie der, den ich jetzt beschrieben habe, eine Art abstrakter Denker. Aber er konnte selber die Abstraktheiten des Modernismus so wenig vertragen - ich meine jetzt nicht den Modernismus in katholischer Terminologie —, daß er eben gar nicht die Begriffe als weltgestaltende Mächte gelten lassen wollte, sondern die Phantasie. Er sah überall die Phantasie wirksam: die Pflanze wachst auf, die Tiere sind da durch die Phantasie und so weiter. In dieser Beziehung ist ja das Buch von Frohschammer außerordentlich interessant.

Es ist ganz wunderbar: eine solche Persönlichkeit, die noch sehr viel in sich hat von dem, was da war in der Zivilisationsentwickelung, bevor die ganze moderne philiströs-abstrakte Art zu denken eingetreten ist, wächst eben noch in innigerer Weise mit der Substanz der Mondenwesenheiten zusammen. Und solche Studien sind schon außerordeutlich interessant, weil sich an sie anknüpft ein genauerer Einblick in die Entwickelungsgesetze des Karma. Und gerade wenn man mit einer gewissen Teilnahme einer solchen Persönlichkeit zugetan ist, wie es bei mir der Fall ist gegenüber dem Urbilde des Strader[1] in den Mysterien, so ist es die Wärme, die Seelenwärme, in der man mit einer solchen Persönlichkeit verbunden ist, die es einem möglich macht, gerade diese so bedeutungsvolle Wanderung nach dem Tode mit durchzuerleben.“ (Lit.:GA 236, S. 164f)

„In der Phantasie erschafft sich der Mensch eine Bilderwelt, der er im Verhältnis zum Sinnesdasein keine Wirklichkeit zuschreibt. Er gestaltet diese Welt sich zur Freude, zum innerlichen Wohlgefallen. Er kümmert sich nicht darum, woher er die Gabe zur Erschaffung dieser Welt hat. Er läßt sie aus seinem Innern hervorquellen, ohne sich auf ihren Ursprung zu besinnen.

In der Anthroposophie erfährt man etwas über diesen Ursprung. Was da im Menschen waltet als die oft so beglückende Phantasie, ist das Kind des Kräftewesens, das im Kinde wirkt, wenn es wächst, was im Menschenwesen überhaupt tätig ist, wenn dieses die toten Stoffe zur Menschenform erbildet. Die Welt hat im Menschen etwas übrig gelassen von dem Maß dieser Wachstums-, dieser bildenden Kraft, etwas, das sie zur Gestaltung des Menschenwesens nicht aufbraucht. Der Mensch setzt sich in Besitz dieses Restes der Kraft, die sein eigenes Wesen gestaltet, und entfaltet ihn als Phantasie. Auch an der Pforte dieser Erkenntnis stand einer der Geisteskämpfer, auf die hier hingedeutet ist. Frohschammer, Carrieres Zeitgenosse, hat eine Anzahl Bücher geschrieben, in denen er die Phantasie zur Weltschöpferin macht wie Hegel die Idee oder Schopenhauer den Willen.

Aber man kann bei der Phantasie so wenig stehen bleiben, wie bei der Idee. Denn in der Phantasie ist ein Rest der weltschöpferischen Kraft wirksam, die im Menschenwesen gestaltend wirkt. Es muß mit der Seele auch hinter die Phantasie gedrungen werden.

Das geschieht in der imaginativen Erkenntnis. Diese setzt die Phantasietätigkeit nicht etwa bloß fort; sie bleibt zunächst in ihr stehen, empfindet deutlich, warum sie sich dem Sinnesdasein gegenüber nur zur Unwirklichkeit bekennen kann, kehrt aber nun auf dem Wege um und gelangt rückwärts schreitend zum Ursprünge der Phantasie und des Denkens. Sie rückt dadurch in die geistige Wirklichkeit ein, die sich ihr im Weiterdringen durch Inspiration und Intuition (geistige Wahrnehmung) offenbart. Sie steht in dieser geistigen Wirklichkeit wie die sinnliche Wahrnehmung in der physischen Wirklichkeit steht.“ (Lit.:GA 36, S. 268f)

Ein ehrlicher Gegner der Reinkarnationslehre

„Man soll es nicht leicht nehmen, was man bei einem ernsten Wahrheitsforscher als einen solchen Einwand gegen die wiederholten Erdenleben im Gegensatze zu den Vererbungsverhältnissen finden kann.

Einen Einwand, den ich vorlesen will - worüber ich weiter nicht sprechen will, um ihn nicht abzuschwächen -, finden wir bei Jacob Frohschammer, der als ein Typus eines der Menschen genommen werden kann, die vieles gegen die Annahme einer Präexistenz der Seele einwenden können:

« . . . Als Gottes Wesen oder als Teil Gottes kann sich die Menschenseele unmöglich betrachten, weniger wegen der Thomistischen Besorgnis um die Einheit Gottes, da sie immerhin als Momente in ihm sein könnten, ohne seiner Einheit zu schaden, - als vielmehr nach dem eigenen Bewußtsein und Zeugnis der Menschenseele selbst, die weder sich noch die Welt als direkten Ausdruck göttlicher Vollkommenheit oder als Verwirklichung der Idee Gottes selbst betrachten kann. Als von Gott stammend, kann sie nur als Produkt oder Werk göttlicher Imagination gelten; denn es muß die Menschenseele wie die Welt selbst in diesem Falle zwar aus göttlicher Kraft und Wirksamkeit kommen (da aus bloßem Nichts eben nichts werden kann), aber diese Kraft und Wirksamkeit Gottes muß, wie vorbildend für die Schöpfung, so auch bildend bei deren Realisierung und Forterhaltung wirken; also als Gestaltungskraft (nicht bloß formaler, sondern auch realer Art), demnach als Phantasie, d. h. als in der Welt immanent fortwirkende und fortschaffend erhaltende Kraft oder Potenz, also als Weltphantasie, - wie dies früher schon erörtert wurde. Was die Lehre von der Präexistenz der Seelen betrifft (der Seelen, die entweder als ewig betrachtet werden oder als zeitlich geschaffen, aber schon am Anfang und insgesamt auf einmal), die man, wie bemerkt, in neuerer Zeit wieder hervorgezogen und zur Lösung aller möglichen psychologischen Probleme für tauglich hält, - so steht sie mit der Lehre von der Seelenwanderung und Einkerkerung der Seelen in irdische Leiber in Verbindung. Danach fände also bei der Zeugung der Ältern weder eine direkte göttliche Schöpfung der Seelen statt, noch eine schöpferische Produktion neuer Menschennaturen nach Leib und Seele durch die Ältern, sondern nur eine neue Verbindung der Seele mit dem Leibe, also eine Art Fleischwerdung oder Versenkung der Seele in den Körper, - wenigstens einer teilweisen, so daß sie teils vom Körper umfangen und gebunden ist, teils darüber hinausragt und eine gewisse Selbständigkeit als Geist behauptet, aber doch nicht davon loskommen kann, bis der Tod die Verbindung aufhebt und für die Seele Befreiung und Erlösung bringt (wenigstens von dieser Verbindung). Der Geist des Menschen gliche da in seinem Verhältnis zum Körper den armen Seelen im Fegfeuer, wie sie von malenden Pfuschern auf Votivtafeln dargestellt zu werden pflegen, als Körper, die halb in den auflodernden Flammen versenkt sind, mit dem obern Teil aber (als Seelen) hervorragend und gestikulierend! Man bedenke doch, welche Stellung und Bedeutung bei dieser Auffassung dem Geschlechtsgegensatz, dem Gattungswesen der Menschheit, der Ehe und dem Älternverhältnis zu den Kindern zukäme! Der Geschlechtsgegensatz nur eine Einkerkerungseinrichtung, die Ehe ein Institut zur Ausführung dieser schönen Aufgabe, die Ältern den Kinderseelen gegenüber die Schergen zum Festhalten und Einkerkern derselben, die Kinder selbst den Ältern diese elende, mühselige Gefangenschaft verdankend, während sie weiter nichts mit ihnen gemein haben! All das, was sich an dieses Verhältnis knüpft, beruhte auf elender Täuschung!»

Man kann, wenn man fanatischer Geistesforscher ist, über eine solche Sache ja lächeln, aber Fanatismus soll der Geisteswissenschaft fernliegen. Verstehen soll sie und wirklich tolerieren das, wogegen sich die Seele aufbäumt.“ (Lit.:GA 62, S. 38ff)

„Das aber gehört zu dem Menschen des Abendlandes dazu: die Göttlichkeit in der Sinneswelt, das durchgeistigte, das durchgöttlichte Sinnliche anzuerkennen. Und wenn der abendländische Mensch unter dem Einfluß des Buddhismus auch nur für kurze Zeit die Geistigkeit des Sinnlichen verleugnet, in den Gemütern lebt es und wird immer vorhanden sein. Und in Aristoteles lebte gerade dieses Wert-Legen auf das äußerlich Physische, nicht um seiner selbst willen, sondern als einen notwendigen Durchgangspunkt, als eine notwendige Voraussetzung für die Gesamtevolution des Menschen. Dieses Wert-Legen auf das äußere Physische lebte immer in den Menschen des Abendlandes, bis ins 19. Jahrhundert herein. Und das ist eines der Elemente, warum hervorragende Geister des Abendlandes sich nicht befreunden konnten mit der Reinkarnation. Das Fühlen der Berechtigung des luziferischen Prinzips auf der einen Seite und das Anerkennen des Göttlichen auch in dem äußeren sinnlichen Dasein auf der andern Seite wirkten sozusagen zusammen, und das erzeugte Gefühle von der Art, wie ich Ihnen eines mitteilen will bei einem Manne, der wirklich zu den geistvollsten Persönlichkeiten des Abendlandes gehört. An dem bedeutsamen Philosophen Frohschammer möchte ich Ihnen dieses Gefühl nachweisen. Sie finden es beschrieben in seinem Werke, das er geschrieben hat über die Philosophie des Thomas von Aquino. Da gibt er eine sehr ausführliche Auseinandersetzung seiner eigenen Philosophie mit dem Thomismus und spricht sich an einer Stelle in seiner Art aus über die Möglichkeit dessen, was wir die Reinkarnation nennen. Frohschammer muß nun in dieser Beziehung durchaus aufgefaßt werden als ein Repräsentant der abendländischen Weltanschauung, das heißt als ein Geist, an dem wir erkennen können, wie schwierig es den verflossenen Jahrhunderten wurde, dasjenige anzuerkennen, was einen Grundnerv unserer Pneumatosophie ausmachen muß: die Lehre von der Reinkarnation. Frohschammer sagt:

«Als von Gott stammend kann die Menschenseele nur als Produkt oder Werk göttlicher Imagination gelten; denn es muß die Menschenseele wie die Welt selbst in diesem Falle zwar aus göttlicher Kraft und Wirksamkeit kommen (da aus bloßem Nichts eben Nichts werden kann), aber diese Kraft und Wirksamkeit Gottes muß, wie vorbildend für die Schöpfung, so auch bildend bei deren Realisierung und Forterhaltung wirken; also als Gestaltungskraft (nicht bloß formaler, sondern auch realer Art), demnach als Phantasie, das heißt als in der Welt immanent fortwirkende und fortschaffend erhaltende Kraft oder Potenz, also als Weltphantasie -, wie dies schon früher erörtert wurde.»

Ich möchte hier dazu bemerken, daß Frohschammer auch ein Buch geschrieben hat «Die Phantasie als Grundprinzip des Weltprozesses», in dem er - wie Hegel die Idee, wie Schopenhauer den Willen - die Phantasie selbst als das schöpferische Weltenprinzip darstellt.

«Was die Lehre von der Präexistenz der Seelen betrifft (der Seelen, die entweder als ewig betrachtet werden oder als zeitlich geschaffen, aber schon am Anfang und insgesamt auf einmal), die man, wie bemerkt, in neuerer Zeit wieder hervorgezogen und zur Lösung aller möglichen psychologischen Probleme für tauglich hält -, so steht sie mit der Lehre von der Seelenwanderung und Einkerkerung der Seelen in irdische Leiber in Verbindung.»

Dies wurde geschrieben im Jahre 1889, und ich habe auch schon in dem Karlsruher Zyklus angedeutet, daß es allerdings auch im 19. Jahrhundert immer Bekenner der Lehre von den wiederholten Erdenleben gegeben hat. Das weiß natürlich Frohschammer auch, und deshalb sagt er weiter:

«Danach fände also bei der Zeugung der Ältern weder eine direkte göttliche Schöpfung der Seelen statt, noch eine schöpferische Produktion neuer Menschennaturen nach Leib und Seele durch die Eltern, sondern nur eine neue Verbindung der Seele mit dem Leibe, also eine Art Fleischwerdung oder Versenkung der Seele in den Körper -, wenigstens einer teilweisen, so daß sie teils vom Körper umfangen und gebunden ist, teils darüber hinausragt und eine gewisse Selbständigkeit als Geist behauptet, aber doch nicht davon loskommen kann, bis der Tod die Verbindung aufhebt und für die Seele Befreiung und Erlösung bringt (wenigstens von dieser Verbindung). Der Geist des Menschen gliche da in seinem Verhältnis zum Körper den armen Seelen im Fegfeuer, wie sie von malenden Pfuschern auf Votivtafeln dargestellt zu werden pflegen, als Körper, die halb in die auflodernden Flammen versenkt sind, mit dem obern Teil aber (als Seelen) hervorragend und gestikulierend! Man bedenke doch, welche Stellung und Bedeutung bei dieser Auffassung dem Geschlechtsgegensatz, dem Gattungswesen der Menschheit, der Ehe und dem Elternverhältnis zu den Kindern zukäme! Der Geschlechtsgegensatz nur eine Einkerkerungseinrichtung, die Ehe ein Institut zur Ausführung dieser schönen Aufgabe, die Eltern den Kinderseelen gegenüber die Schergen zum Festhalten und Einkerkern derselben, die Kinder selbst den Eltern diese elende, mühselige Gefangenschaft verdankend, während sie weiter nichts mit ihnen gemein haben! All das, was sich an dieses Verhältnis knüpft, beruhte auf elender Täuschung! Und ebenso alles, was sich in der Menschheit an den Geschlechtsgegensatz knüpft! Welch eine Rolle spielt doch das Geschlechtsverhältnis! Wie ist so sehr das Sinnen und Trachten der Menschen von ihm bestimmt! Welche Sehnsucht erregt es, welche Beglückung geht von ihm aus, für welch körperliche und geistige Entzückungen ist es die Quelle! Und wie ist es der Gegenstand unerschöpflichen künstlerischen, insbesondere poetischen Schaffens! Und nun soll dieser Gegensatz nur eine Veranstaltung zur Verleiblichung und Einkerkerung armer Seelen sein, die dadurch dem irdischen Elend preisgegeben werden, den Mühen, Leidenschaften, Versuchungen und Gefahren dieses irdischen Daseins verfallen und nur allenfalls mit einem Stück ihres Wesens noch in ein Jenseits hineinragen oder, wie man sagt, transzendental (eigentlich transzendent) sind! Die Bedeutung dieses Geschlechtsverhältnisses liegt demgemäß nicht darin, daß eine beständige Wiedererneuerung, Verjüngung stattfindet, dem Frühling des Daseins entsprechend, sondern vielmehr das Gegenteil davon. Und die Sehnsucht, die zu Grunde läge, und das Entzücken, das davon ausgeht, wäre nicht in der Befriedigung höchster Schaffenslust begründet, wie man doch meinen sollte, sondern entspringt aus einem traurigen Streben nach Einkerkerung neuer Seelen in leibliche Formen, die ihnen den größten Teil ihres Selbst verdunkeln und entfremden.»

Sie sehen, das ist ein Mensch, der aufrichtig und ehrlich spricht, spricht aus dem Geistesleben seiner Zeit heraus.“ (Lit.:GA 115, S. 253ff)

Inspiration durch die geistige Individualität Tycho de Brahes

Rudolf Steiner gibt an, dass Frohschammer ähnlich wie Schelling von der aus der geistigen Welt wirkenden Individualität des Tycho de Brahe inspiriert wurde:

„... eine der Schriften aus der deutschen Philosophie, die auf mich einen großen Eindruck gemacht haben, ist die Schrift von Jakob Frohschammer: «Die Phantasie als Grundprinzip des Weltprozesses», eine geistvolle Schrift vom Ende des neunzehnten Jahrhunderts, Geistvoll deshalb, weil dieser mutige Mann, der von der Kirche ausgestoßen worden ist, dessen Schriften auf den Index gesetzt wurden, der mutig war auch der Wissenschaft gegenüber, die Verwandtschaft aufdeckte zwischen dem, was rein seelisch in der Phantasie schafft, wenn der Mensch künstlerisch schafft, und demjenigen, was innerlich als Wachstum und Lebenskraft wirkt. Dazu gehörte schon etwas in jener Zeit. «Die Phantasie als Grundprinzip des Weltprozesses», als weltschöpferische Macht, ist schon eine bedeutsame Schrift.

So interessierte mich wiederum dieser Jakob Frohschammer sehr. Ich suchte ihm beizukommen, eben auch real, nicht bloß durch seine Schriften. Wiederum fand ich: Der inspirierende Geist ist derselbe, der in Tycho de Brahe, in Julian Apostata gelebt hat. So gibt es eine ganze Reihe von Persönlichkeiten, bei denen man sehen kann, wie etwas vorbereitend wirkte für dasjenige, was dann Anthroposophie geworden ist. Aber man braucht überall dahinter das spirituelle Licht, das im Übersinnlichen wirkt. Denn was vorher auf die Erde davon heruntergekommen ist, das sind eben doch Abstraktionen geblieben. Nur konkretisieren sie sich zuweilen bei solch einem Geiste wie Schelling oder bei einem so mutvollen Menschen wie Jakob Frohschammer.“ (Lit.:GA 238, S. 102)

Werke

  • Beiträge zur Kirchengeschichte in drei Abhandlungen. Wölfle, Landshut 1850 (Digitalisat).
  • Ueber den Ursprung der menschlichen Seelen. Rechtfertigung des Generatianismus. Rieger, München 1854 (Digitalisat).
  • Menschenseele und Physiologie. Eine Streitschrift gegen Carl Vogt in Genf. Literarisch-artistische Anstalt, München 1855 (Digitalisat).
  • Einleitung in die Philosophie und Grundriß der Metaphysik zur Reform der Philosophie. Cotta, München 1858 (Digitalisat).
  • Ueber die Aufgabe der Naturphilosophie und ihr Verhältnis zur Naturwissenschaft. Mit Untersuchungen über Theologie, Materie und Kunst. München 1861 (Digitalisat).
  • Ueber die Freiheit der Wissenschaft. Lentner, München 1861 (Digitalisat).
  • Das Christenthum und die moderne Naturwissenschaft. Tendler, Wien 1868 (Digitalisat).
  • Beleuchtung der päpstlichen Encyclica vom 8. December 1864 und des Verzeichnisses der modernen Irrthümer : nebst einem Anhang, Kritik de Broschüre des Bischofs von Orleans, F.A. Brockhaus, Leipzig 1870 (Digitalisat).
  • Ueber die religiösen und kirchenpolitischen Fragen der Gegenwart. Gesammelte Abhandlungen. Loll, Elberfeld 1875 (Digitalisat).
  • Die Phantasie als Grundprincip des Weltprocesses. Ackermann, München 1877 (Digitalisat).
  • Monaden und Weltphantasie. Ackermann, München 1879 (Digitalisat).
  • Ueber die Bedeutung der Einbildungskraft in der Philosophie Kants und Spinozas. Ackermann, München 1879 (Digitalisat).
  • Über die Principien der aristotelischen Philosophie und die Bedeutung der Phantasie in derselben. Ackermann, München 1881 (Digitalisat).
  • Ueber die Genesis der Menschheit und deren geistige Entwicklung in Religion, Sittlichkeit und Sprache. Ackermann, München 1883 (Digitalisat).
  • Ueber die Organisation und Kultur der menschlichen Gesellschaft. München 1885.
  • „Kein heiteres Lebensbild“. Eine Autobiographie. Hrsg. und eingeleitet von Klaus H. Fischer. Fischer, Schutterwald 2009, ISBN 978-3-928640-91-6.
  • Die Unfehlbarkeit des Papstes. Offenes Sendschreiben an seine Excellenz den Herrn Erzbischof von München-Freising Gregor von Scherr betreffend den Hirtenbrief vom 26. Dezember 1870. Hrsg. und eingeleitet von Klaus H. Fischer. Fischer, Schutterwald 2009, ISBN 978-3-928640-90-9.
  • Der Fels Petri in Rom. Beleuchtung des Fundaments der römischen Papstherrschaft. Hrsg. und eingeleitet von Klaus H. Fischer. Fischer, Schutterwald 2009, ISBN 978-3-928640-89-3.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

 Wikisource: Jakob Frohschammer – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise