Tarot und Monismus: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Joachim Stiller
 
imported>Joachim Stiller
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Bild x 25.jpg|mini|hochkant|Karte I: Der Magier]]
Der '''Monismus''' ist ein [[Philosophie|philosophisches]] System, das, im Gegensatz zum [[Dualismus]] und [[Pluralismus]], alles Weltgeschehen auf ein einziges Grundprinzip zurückführen will, sei es nun [[geist]]ig ([[Spiritualismus]], [[Idealismus]], [[Phänomenalismus]]), [[materiell]] ([[Materialismus]], [[Physikalismus]], [[Realismus]]) oder [[Neutraler Monismus|neutral]] (wonach sowohl physikalischen als auch geistigen Erscheinungen ein unabhängiges drittes, fundamentaleres Prinzip zugrunde liegt).


'''Tarot''' (''maskulinum'' oder ''neutrum'', ausgesprochen [{{IPA|ta'ro:}}]<ref>Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 2007</ref>) ist ein 78-Blatt-Kartensatz, der zu [[Psychologie|psychologischen]] und [[Wahrsagung|divinatorischen]] Zwecken verwendet wird. Er wird eingeteilt in die 22 großen [[Arkana]] und die 56 kleinen Arkana. ''Arcanum'' steht [[Latein|lat.]] für ''Geheimnis'', es leitet sich von ''arca'' ab, welches ''Kiste'' bedeutet (was in einer Kiste liegt, ist von außen unsichtbar, und damit geheim).
== Der Ursprung des Monismus bei den semitischen Völkern ==


Die Geschichte der im Artikel ''[[Wikipedia:Tarock|Tarock]]'' gesondert behandelten Tarotspielkarten war bis Ende des [[Wikipedia:18. Jahrhundert|18. Jahrhundert]]s mit den als Deutungswerkzeug benutzten Tarots identisch. Seitdem enthalten Decks, welche explizit als Deutungswerkzeuge gedacht sind, zunehmend symbolische Inhalte.
{{GZ|Es gibt zwei geistige Strömungen in der Menschheit. Die eine geistige
Strömung muß man nennen, wenn man sie richtig bezeichnen will, diejenige,
die von dem Pluralismus, man könnte auch sagen, von der Monadologie
ausgeht, die also vorzugsweise in einer Vielheit von Wesenheiten
und Kräften den Ursprung und die Quelle des Daseins sieht. Sie
können nun überall in der Welt umherschauen, in irgendeiner Weise
werden Sie sehen, daß die Völker der nachatlantischen Zeit von Vielheiten
des Göttlichen ausgegangen sind. Beginnen Sie bei der Dreiheit
des alten Indertums, die sich später ausgelebt hat in Brahma, Shiva und
Vishnu. Sehen Sie auf die deutsche Mythologie, so finden Sie die Dreiheit
von Odin, Hönir und Lödur und so weiter. So werden Sie überall
eine Dreiheit und diese in eine Vielheit gegliedert finden. Sie sehen
diese Eigentümlichkeit aber nicht nur da, wo sozusagen Göttermythen
und Götterlehren auftreten, sondern auch in den Philosophien, wo uns
dieselbe als Monadologie entgegentritt. Das ist die eine Strömung, welche,
weil sie von der Vielheit ausgeht, die größtmögliche Mannigfaltigkeit
annehmen kann. Man könnte sagen: In der nachatlantischen Zeit,
vom weitesten Osten in Indien und im weiten Bogen durch Asien hindurch
bis nach Europa, hat dieser Dienst der Vielheit, der sich im
Grunde genommen in unserer geisteswissenschaftlichen Weltanschauung
dadurch ausdrückt, daß wir eine Summe der verschiedensten
Wesenheiten, der verschiedensten Hierarchien anerkennen, seine mannigfaltigsten
Vertretungen und Ausgestaltungen gewonnen.


== Das Buch des Thot ==
Diesem Dienste der Vielheit mußte eine synthetische, eine zusammenfassende
Bewegung gegenüberstehen, eine Bewegung, die streng ausging
von dem Monon, dem Monismus. Die eigentlichen Inspiratoren, die
Impulsgeber alles Monotheismus und Monismus, aller Einheitsgöttlichkeit
sind die semitischen Völker. Bei ihnen liegt es in der Natur, und —
wenn Sie sich erinnern an das, was heute morgen gesagt wurde — es
liegt bei ihnen im Blut, den Einheitsgott, das Monon zu vertreten.
Wenn der Mensch hinaussieht in das große Weltendasein, dann
würde er aber nicht weit kommen, wenn er immer nur betonte: Eine
Einheit, ein Monon liegt der Welt zugrunde. Der Monismus oder Monotheismus
allein genommen ist dasjenige, was nur ein letztes Ideal
darstellen kann. Dies würde aber niemals zu einer wirklichen Welterfassung,
zu einer durchgreifenden konkreten Weltanschauung führen
können. Doch es mußte in der nachatlantischen Zeit auch die Strömung
des Monotheismus ihre Vertretung finden, so daß einem Volke übertragen
war, das Ferment, den Impuls zu geben zu diesem Monotheismus.
Diese Aufgabe war dem semitischen Volke übertragen. Daher
sehen Sie, wie sozusagen mit einer gewissen abstrakten Strenge, einer
abstrakten Unerbittlichkeit das monistische Prinzip gerade in diesem
Volke vertreten wird, und alle anderen Völker haben insofern, als sie
ihre verschiedenen göttlichen Wesenheiten in eine Einheit zusammenfassen,
den Impuls dazu bekommen von dieser Seite her. Der monistische
Impuls ist immer von dieser Seite gekommen. Die anderen Völker
haben pluralistische Impulse.|121|123ff}}


[[Rudolf Steiner]] führt den Ursprung des Tarot auf das legendäre «Buch des Thot» zurück. Schon 1781 hatte [[Wikipedia:Antoine Court de Gébelin|Antoine Court de Gébelin]] die Symbole des Marseiller Tarots als Zeichen der [[Mysterien]] der ägyptischen Gottheiten [[Isis]] und [[Thot]] gedeutet. Beweise aus der [[Wikipedia:Ägyptologie|Ägyptologie]] gibt es dafür nicht, weshalb vielfach der [[Ägypten|ägyptische]] Ursprung des Tarot bestritten wird.
== Der Monismus in Rudolf Steiners «Philosophie der Freiheit» ==


{{GZ|Das Buch des Thot bei den Ägyptern bestand aus 78 Karten, die
In seiner «[[Philosophie der Freiheit]]» ([[GA 4]]) hat [[Rudolf Steiner]] einen Monismus vertreten, der „''den einseitigen Realismus mit dem Idealismus zu einer höheren Einheit vereinigt.''“ {{GZ||4|124}}
die Weltengeheimnisse enthielten. In der ägyptischen Einweihung
kannte man dieses sehr wohl. Die Karten zum Kartenspiel rühren
davon her. Die Bezeichnung König, Ritter, Turmwächter, Feldherrn
sind okkulte Bezeichnungen.|265|361|362}}


{{GGZ|Diejenigen, die eingeweiht waren in die [[Ägyptische Mysterien|ägyptischen Mysterien]],
{{GZ|Für den naiven Realismus ist die wirkliche Welt eine
verstanden das Zeichen
Summe von Wahrnehmungsobjekten; für den metaphysischen
Realismus kommt außer den Wahrnehmungen auch
noch den unwahrnehmbaren Kräften Realität zu; der Monismus
setzt an die Stelle von Kräften die ideellen Zusammenhänge,
die er durch sein Denken gewinnt. Solche Zusammenhänge
aber sind die ''[[Naturgesetz]]e''. Ein Naturgesetz ist ja
nichts anderes als der begriffliche Ausdruck für den Zusammenhang
gewisser Wahrnehmungen.


[[Datei:Tarok.gif|center|100px|Tarok-Zeichen]]
Der Monismus kommt gar nicht in die Lage, außer Wahrnehmung
und Begriff nach anderen Erklärungsprinzipien
der Wirklichkeit zu fragen. Er weiß, daß sich im ganzen Bereiche der Wirklichkeit ''kein Anlaß'' dazu findet. Er sieht in
der Wahrnehmungswelt, wie sie unmittelbar dem Wahrnehmen
vorliegt, ein halbes Wirkliches; in der Vereinigung
derselben mit der Begriffswelt findet er die volle Wirklichkeit.
Der metaphysische Realist kann dem Anhänger des
Monismus einwenden: Es mag sein, daß für deine Organisation
deine Erkenntnis in sich vollkommen ist, daß kein
Glied fehlt; du weißt aber nicht, wie sich die Welt in einer
Intelligenz abspiegelt, die anders organisiert ist als die deinige.
Die Antwort des Monismus wird sein: Wenn es andere
Intelligenzen gibt als die menschlichen, wenn ihre Wahrnehmungen
eine andere Gestalt haben als die unsrigen, so hat
für mich Bedeutung nur dasjenige, was von ihnen zu mir
durch Wahrnehmen und Begriff gelangt. Ich bin durch mein
Wahrnehmen, und zwar durch dieses spezifische menschliche
Wahrnehmen als Subjekt dem Objekt gegenübergestellt.
Der Zusammenhang der Dinge ist damit unterbrochen. Das
Subjekt stellt durch das Denken diesen Zusammenhang wieder
her. Damit hat es sich dem Weltganzen wieder eingefügt.
Da nur durch unser Subjekt dieses Ganze an der Stelle zwischen
unserer Wahrnehmung und unserem Begriff zerschnitten
erscheint, so ist in der Vereinigung dieser beiden auch
eine wahre Erkenntnis gegeben. Für Wesen mit einer andern
Wahrnehmungswelt (zum Beispiel mit der doppelten Anzahl
von Sinnesorganen) erschiene der Zusammenhang an
einer andern Stelle unterbrochen, und die Wiederherstellung
müßte demnach auch eine diesen Wesen spezifische Gestalt
haben. Nur für den naiven und den metaphysischen Realismus,
die beide in dem Inhalte der Seele nur eine ideelle Repräsentation
der Welt sehen, besteht die Frage nach der
Grenze des Erkennens. Für sie ist nämlich das außerhalb
des Subjektes Befindliche ein Absolutes, ein in sich Beruhendes,
und der Inhalt des Subjektes ein Bild desselben, das
schlechthin außerhalb dieses Absoluten steht. Die Vollkommenheit
der Erkenntnis beruht auf der größeren oder geringeren
Ähnlichkeit des Bildes mit dem absoluten Objekte.
Ein Wesen, bei dem die Zahl der Sinne kleiner ist, als beim
Menschen, wird weniger, eines, bei dem sie größer ist, mehr
von der Welt wahrnehmen. Das erstere wird demnach eine
unvollkommenere Erkenntnis haben als das letztere.


(das Symbol für Tarot) zu lesen. Sie verstanden auch das Buch Thot
Für den Monismus liegt die Sache anders. Durch die
zu lesen, das aus 78 Kartenblättern bestand, in welchen alle Weltgeschehnisse
Organisation des wahrnehmenden Wesens wird die Gestalt
vom Anfang bis zum Ende, von Alpha bis Omega,
bestimmt, wo der Weltzusammenhang in Subjekt und Objekt
verzeichnet waren und die man lesen konnte, wenn man sie in der
auseinandergerissen erscheint. Das Objekt ist kein absolutes,
richtigen Reihenfolge verband und zusammensetzte. Es enthielt in
sondern nur ein relatives, in bezug auf dieses bestimmte
Bildern das Leben, das zum Tode erstirbt und wieder aufsprießt zu
Subjekt. Die Überbrückung des Gegensatzes kann
neuem Leben. Wer die richtigen Zahlen und die richtigen Bilder
demnach auch nur wieder in der ganz spezifischen, gerade
miteinander vereinen konnte, der konnte in ihm lesen. Und diese
dem menschlichen Subjekt eigenen Weise geschehen. Sobald
Zahlenweisheit, diese Bilderweisheit, wurde seit Urzeiten gelehrt. Sie
das Ich, das in dem Wahrnehmen von der Welt abgetrennt
spielte auch noch im Mittelalter eine große Rolle, zum Beispiel bei
ist, in der denkenden Betrachtung wieder in den Weltzusammenhang
[[Raimundus Lullus]], doch heute ist nicht mehr viel davon vorhanden.|265|362|363}}
sich einfügt, dann hört alles weitere Fragen, das
nur eine Folge der Trennung war, auf.


== Geschichte ==
Ein anders geartetes Wesen hätte eine anders geartete Erkenntnis.
=== Etymologie des Wortes „Tarot“ ===
Die unsrige ist ausreichend, um die durch unser
Gesichert ist folgendes: Das Wort „Tarot“ stammt aus dem Französischen und ist der Name eines Kartenspieles, welches auch „Tarocchi“ (italienisch), „[[Wikipedia:Tarock|Tarock]]“ (deutsch) oder „[[Wikipedia:Troccas|Troccas]]“ (rätoromanisch) genannt wird.<ref name="Pollack">Rachel Pollack, ''Der Haindl Tarot'', Droemer Knaur, München 1988, S. 7, ISBN 3-426-26374-2</ref> Bei der italienischen, deutschen und rätoromanischen Bezeichnung heißen die Trümpfe ebenso: Bsp. Das Wort „Tarocci“ ist gleichbedeutend mit dem Wort „Trumpf“. Im französischen Sprachraum ist dies nicht der Fall. Ob nun „Tarot“ dieselben Wurzeln hat wie „Tarocci“ und „Tarock“ kann nicht restlich aufgeklärt werden. Einige Autoren gehen von einer gemeinsamen Herkunft aus, denn die Namen „Taraux“ und „Tarocchi“ erscheinen erstmals im Jahre 1505 parallel sowohl in Frankreich als auch in [[Wikipedia:Ferrara|Ferrara]], Italien, andere frühe Erwähnungen folgten in Ferrara.<ref>[http://trionfi.com/0/p/23/ Early Tarot Notes. Early Playing Cards Research<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref>. Andere Autoren verweisen auf die Möglichkeit, dass das Wort vom französischen „tarotée“ abstammen könne, was übersetzt „kariert“ heißt und so auf die Kartenrückseite verweist.<ref name="Kaplan">Stuart R. Kaplan, ''Der Tarot, Geschichte, Deutung, Legesysteme'', Henrich Hugendubel Verlag, München 1972, S. 41 ff, ISBN 3-88034-224-5</ref> Eine andere Erklärung stammt ebenso aus dem französischen Sprachgebrauch: Viele Spielkarten hatten häufig eine silberne Umrahmung mit einem spiralförmigen Band aus feinen Punkten. Diese Punkte oder Löcher wurden „tares“ genannt. Karten mit solchen „tares“ wurden dann „tarots“ genannt.<ref name="Kaplan" />
eigenes Wesen aufgestellten Fragen zu beantworten.|4|124ff}}


Die Unsicherheit der Wortherkunft führte bei Esoterikern zu weiteren Deutungen:
Die gesamte [[Erscheinung]]swelt, die sich der inneren ([[Seele|seelischen]]) und äußeren ([[sinnlich]]en) [[Wahrnehmung]] darbietet, hat unvermeidlich einen durchgehend [[Pluralismus|pluralistischen]] Charakter. Die durch die verschiedenen [[Sinne]] vermittelten [[Sinnesqualitäten]] lassen sich grundsätzlich nicht aufeinander zurückführen. [[Farben]] lassen sich ebensowenig aus [[Bewegung]]svorgängen wie etwa aus [[Geruch|Gerüchen]] oder [[Klang]]erlebnissen ableiten und [[Gedanke]]n, [[Gefühl]]e und [[Wille]]nsipulse nicht aus [[Neurophysiologie|neurophysiologischen]] [[Gehirn]]prozessen. Das in der [[Philosophie des Geistes]] seit langem heftig diskutierte [[Leib-Seele-Problem]] ist tatsächlich ein Scheinproblem. Das einigende Band zwischen den unterschiedlichsten Erscheinungen - auch zwischen [[Gehirn]] und [[Psyche]] - kann nur durch das [[Denken]] gezogen werden, bzw. durch den [[Geist]], der das Denken tätig hervorbringt und dadurch den realen gesetzmäßigen Zusammenhang der verschiedenen Erscheinungen offenbaren kann. Dem Pluralismus der Erscheinungswelt steht damit ein geistiger Monismus gegenüber, der auch die Grundlage der [[Anthroposophie|anthroposophischen Geisteswissenschaft]] bildet.


So wies angeblich der französische Gelehrte [[Wikipedia:Guillaume Postel|Wilhelm Postel]] im 16. Jahrhundert darauf hin, dass die vier Buchstaben T-A-R-O auf einer Kreislinie geschrieben ein Endloswort ergeben: T-A-R-O-T. Starten wir bei R, erhalten wir R-O-T-A, was entweder lateinisch Rad heißt oder auch der Begriff für das höchste römische Gericht in der katholischen Kirche (römische Kurie) ist, welches ein ordentliches päpstliches Gericht für Berufungen in kirchlichen Prozessen darstellt und sich vorwiegend mit Ehesachen beschäftigt (nach dem Rad-Mosaik des Sitzungssaales). Entgegengesetzt der Lesrichtung ergeben sich die Worte T-O-R-A, welches das heilige Buch unter anderem im Judentum ist oder O-R-A-T, was für die Glaubensrichtlinie der christlichen Religionen steht (lat.: er/sie/es betet)<ref>vgl.: Willy Schrödter, 'Das Rosenkreuz', Origo Verlag; s. a. Peter Ortmann, 'Der Lombardische Tarot', Falken Taschenbuch</ref>.
{{GZ|Der menschliche Geist kommt in Wahrheit nie über die
Jedoch erscheint dieses Schlüsseldiagramm nur in der 1646 A. von Frankenberg Ausgabe von Postels „Clavis“; es erscheint in keiner Edition, die zu Postels Lebzeiten veröffentlicht wurde (erste Ed. 1547). <ref>A Wicked Pack of Cards: The Origins of the Occult Tarot: Gerald Duckworth, London, 1996 ISBN 0-7156-2713-9 </ref>
Wirklichkeit hinaus, in der wir leben, und er hat es auch
nicht nötig, da alles in dieser Welt liegt, was er zu ihrer
Erklärung braucht. Wenn sich die Philosophen zuletzt befriedigt
erklären mit der Herleitung der Welt aus Prinzipien,
die sie der Erfahrung entlehnen und in ein hypothetisches
Jenseits versetzen, so muß eine solche Befriedigung
auch möglich sein, wenn der gleiche Inhalt im Diesseits belassen
wird, wohin er für das erlebbare Denken gehört.
Alles Hinausgehen über die Welt ist nur ein scheinbares,
und die aus der Welt hinausversetzten Prinzipien erklären
die Welt nicht besser, als die in derselben liegenden. Das sich
selbst verstehende Denken fordert aber auch gar nicht zu
einem solchen Hinausgehen auf, da ein Gedankeninhalt nur
innerhalb der Welt, nicht außerhalb derselben einen Wahrnehmungsinhalt
suchen muß, mit dem zusammen er ein
Wirkliches bildet. Auch die Objekte der Phantasie sind nur
Inhalte, die ihre Berechtigung erst haben, wenn sie zu Vorstellungen
werden, die auf einen Wahrnehmungsinhalt hinweisen.
Durch diesen Wahrnehmungsinhalt gliedern sie sich
der Wirklichkeit ein. Ein Begriff, der mit einem Inhalt erfüllt
werden sollte, der außerhalb der uns gegebenen Welt
liegen soll, ist eine Abstraktion, der keine Wirklichkeit entspricht.
Ersinnen können wir nur die ''Begriffe'' der Wirklichkeit;
um diese selbst zu finden, bedarf es auch noch des
Wahrnehmens. Ein Urwesen der Welt, für das ein Inhalt
''erdacht'' wird, ist für ein sich selbst verstehendes Denken eine
unmögliche Annahme. Der Monismus leugnet nicht das
Ideelle, er sieht sogar einen Wahrnehmungsinhalt, zu dem
das ideelle Gegenstück fehlt, nicht für volle Wirklichkeit
an; aber er findet im ganzen Gebiet des Denkens nichts, das
nötigen könnte, aus dem Erlebnisbereidi des Denkens durch
Verleugnung der objektiv geistigen Wirklichkeit des Denkens
herauszutreten. Der Monismus sieht in einer Wissenschaft,
die sich darauf beschränkt, die Wahrnehmungen zu
beschreiben, ohne zu den ideellen Ergänzungen derselben
vorzudringen, eine Halbheit. Aber er betrachtet ebenso als
Halbheiten alle abstrakten Begriffe, die ihre Ergänzung
nicht in der Wahrnehmung finden und sich nirgends in das
die beobachtbare Welt umspannende Begriffsnetz einfügen.
Er kennt daher keine Ideen, die auf ein jenseits unserer Erfahrung
liegendes Objektives hindeuten, und die den Inhalt
einer bloß hypothetischen Metaphysik bilden sollen. Alles,
was die Menschheit an solchen Ideen erzeugt hat, sind ihm
Abstraktionen aus der Erfahrung, deren Entlehnung aus
derselben von ihren Urhebern nur übersehen wird.


=== Geschichte der Spielkarten ===
Ebensowenig können nach monistischen Grundsätzen die
Ziele unseres Handelns aus einem außermenschlichen Jenseits
entnommen werden. Sie müssen, insofern sie gedacht
sind, aus der menschlichen Intuition stammen. Der Mensch
macht nicht die Zwecke eines objektiven (jenseitigen) Urwesens
zu seinen individuellen Zwecken, sondern er verfolgt
seine eigenen, ihm von seiner [[moralische Phantasie|moralischen Phantasie]] gegebenen.|4|251f}}


[[Datei:Fool tarot charles6.jpg|miniatur|hochkant|''Der Narr'' in einem Blatt des 15. Jahrhunderts]]
== Einheitliche Naturanschauung und Erkenntnisgrenzen ==
"1781 schrieb der französische [[Mystiker]] Antoine Court de Gebelin: >>Man nimmt an, daß alle alten Weisheiten verloren gingen, als die Bibliothek von Alexandria niederbrannte. Doch das stimmt nicht. Ein Buch ist den Flammen entgangen. Es wurde auf achtundsiebzig Seiten niedergeschrieben, die in fünf Klassen unterteilt sind.<< De Gebelin sprach vom Tarot. Er vertrat die Ansicht, die 22 Karten der Großen Arkana repräsentierten die weltlichen und geistigen Führer des Alten Ägypten. Die restlichen 56 Karten sind in vier Gruppen unterteilt, von denen er annahm, daß sie für die vier Klassen der ägyptischen Gesellschaft stünden. König und Militär tragen das Schwert, die Priester den Kelch, die Bauern den Stab und die Händler und Geschäftsleute die Münzen."<ref>Esmeralda da Silva: ''Alte Weisheiten - TAROT - Das Geheimnis der Karten'', Könemann Vlg., Köln 1999, ISBN 3-8290-2820-2</ref>


Auch nach einer Legende des französischen Mystikers [[Papus]] ist der Tarot im alten Ägypten entstanden: Das alte ägyptische Reich stand einst vor einigen tausende Jahren vor der Bedrohung, zerstört zu werden. Die Weisen des Landes berieten deshalb, wie das Jahrtausende alte Wissen des Reiches vor der Zerstörung bewahrt werden könne.
In seinem [[1893]] veröffentlichten Aufsatz «Einheitliche Naturanschauung und Erkenntnisgrenzen» schrieb [[Rudolf Steiner]]:


Der Vorschlag, es in Zeichen und Symbolen in die Wände der Pyramiden einzumeißeln, wurde verworfen, da auch die stärksten Mauern von Menschenhand erbaut und vergänglich seien. Auch der Vorschlag, die zehn weisesten und klügsten Köpfe des Landes in die Geheimnisse einzuweihen, die es dann anderen weitergeben könnten, fand keine Zustimmung, da schon oft aus einem Weisen ein Narr geworden sei.
{{GZ|Für den Monismus existieren demnach keine prinzipiellen
Erkenntnisgrenzen. Es kann zu irgendeiner Zeit dies oder jenes
unaufgeklärt sein, weil wir zeitlich oder räumlich noch nicht in
der Lage waren, die Dinge aufzufinden, welche dabei im Spiele
sind. Aber was heute noch nicht gefunden ist, kann es morgen
werden. Die hierdurch bedingten Grenzen sind nur zufällige, die
mit dem Fortschreiten der Erfahrung und des Denkens verschwinden.
In solchen Fällen tritt dann die Hypothesenbildung in ihr
Recht ein. Hypothesen dürfen nicht über etwas aufgestellt werden,
das unserer Erkenntnis prinzipiell unzugänglich sein soll. Die
atomistische Hypothese ist eine völlig unbegründete. Eine Hypothese
kann nur eine Annahme über einen Tatbestand sein, der
uns aus zufälligen Gründen nicht zugänglich ist, der aber seinem
Wesen nach der uns gegebenen Welt angehört. Berechtigt ist zum
Beispiel eine Hypothese über einen bestimmten Zustand unserer
Erde in einer längst verflossenen Periode. Zwar kann dieser Zustand
nie Objekt der Erfahrung werden, weil mittlerweile ganz
andere Bedingungen eingetreten sind. Wenn aber ein wahrnehmendes
Individuum zu der vorausgesetzten Zeit dagewesen
wäre, dann hätte es den Zustand wahrgenommen. Unberechtigt
dagegen ist die Hypothese, daß alle Empfindungs''qualitäten'' nur
quantitativen Vorgängen ihre Entstehung verdanken, weil qualitätslose
Vorgänge nicht wahrgenommen werden können.


So einigte man sich darauf, das Wissen und die Weisheit dem Laster anzuvertrauen, da dieses alle Schwankungen und Veränderungen der Zeit überdauere. So ging man daran, das gesamte Wissen in Bildern auf Spielkarten zu zeichnen, die dann dem Volk übergeben wurden, damit es seinen Lastern und Leidenschaften fröne.<ref>[[Wikipedia:Hajo Banzhaf|Hajo Banzhaf]]: ''Das Tarot-Handbuch.'' Hugendubel, München, 10. Auflage 1998, ISBN 3-88034-697-6.</ref>
Der Monismus oder die einheitliche Naturerklärung geht aus
einer kritischen Selbstbetrachtung des Menschen hervor. Diese
Betrachtung führt uns zur Ablehnung aller ''außerhalb'' der Welt
gelegenen erklärenden Ursachen derselben. Wir können diese Auffassung
aber auch auf das praktische Verhältnis des Menschen zur
Welt ausdehnen. Das menschliche Handeln ist ja nur ein spezieller
Fall des allgemeinen Weltgeschehens. Seine Erklärungsprinzipien
dürfen daher gleichfalls nur ''innerhalb'' der uns gegebenen
Welt gesucht werden. Der Dualismus, der die Grundkräfte der
uns vorliegenden Wirklichkeit in einem uns unzugänglichen Reiche
sucht, versetzt dahin auch die Gebote und Normen unseres Handelns.
Auch Kant ist in diesem Irrtume befangen. Er hält das
Sittengesetz für ein Gebot, das von einer uns fremden Welt dem
Menschen auferlegt ist, für einen kategorischen Imperativ, dem er
sich zu fügen hat, auch dann, wenn seine eigene Natur Neigungen
entfaltet, die einer solchen aus einem Jenseits in unser Diesseits
hereintönenden Stimme sich widersetzen. Man braucht sich
nur an Kants bekannte Apostrophe an die Pflicht zu erinnern,
um das erhärtet zu finden: «Pflicht! du erhabener großer Name,
der du nichts Beliebtes, was Einschmeichelung bei sich führt, in
dir fassest, sondern Unterwerfung verlangst», der du «ein Gesetz
aufstellst..., vor dem alle Neigungen verstummen, wenn sie gleich
im geheimen ihm entgegenwirken.» Einem solchen von außen
der menschlichen Natur aufgedrungenen Imperativ setzt der Monismus
die aus der Menschenseele selbst geborenen sittlichen Motive
entgegen. Es ist eine Täuschung, wenn man glaubt, der Mensch
könne nach anderen als selbstgemachten Geboten handeln. Die
jeweiligen Neigungen und Kulturbedürfnisse erzeugen gewisse
Maximen, die wir als unsere sittlichen Grundsätze bezeichnen. Da
gewisse Zeitalter oder Völker ähnliche Neigungen und Bestrebungen
haben, so werden die Menschen, die denselben angehören,
auch ähnliche Grundsätze aufstellen, um sie zu befriedigen. Jedenfalls
aber sind solche Grundsätze, die dann als ethische Motive
wirken, durchaus nicht von außen eingepflanzt, sondern aus den
Bedürfnissen heraus geboren, also ''innerhalb'' der Wirklichkeit
erzeugt, in der wir leben. Der Moralkodex eines Zeitalters oder
Volkes ist einfach der Ausdrück dafür, wie man innerhalb derselben
den herrschenden Kulturzielen am besten sich zu nähern
glaubt. So wie die Naturwirkungen aus Ursachen entspringen, die
''innerhalb'' der gegebenen Natur liegen, so sind unsere sittlichen
Handlungen die Ergebnisse von Motiven, die innerhalb unseres
Kulturprozesses liegen. Der Monismus sucht also den Grund
unserer Handlungen im strengsten Sinne des Wortes innerhalb
der menschlichen Natur. Er macht dadurch den Menschen aber
auch zu seinem eigenen Gesetzgeber. Der Dualismus fordert Unterwerfung
unter die von irgendwoher geholten sittlichen Gebote;
der Monismus weist den Menschen auf sich selbst, auf seine autonome
Wesenheit. Er macht ihn zum Herrn seiner selbst. Erst vom
Standpunkte des Monismus aus können wir den Menschen als
wahrhaft ''freies'' Wesen im ethischen Sinne auffassen.|30|64ff}}


Spielkarten sind in [[Wikipedia:Europa|Europa]] seit dem Ende des [[Wikipedia:14. Jahrhundert|14. Jahrhundert]]s bekannt, wie sich aus urkundlichen Erwähnungen von [[Wikipedia:1367|1367]], Bern, und etwas später ergibt. Sie scheinen sich sehr schnell über ganz Europa verbreitet zu haben, wie man aus Erwähnungen schließen kann, die sich meist auf Verbote des Kartenspiels beziehen. Über die Gestaltung und die Anzahl dieser Karten ist nur wenig bekannt, wesentliche Information gibt allein ein Text des [[Wikipedia:Johannes von Rheinfelden|Johannes von Rheinfelden]] 1377 aus Freiburg im Breisgau, der neben anderen Versionen als grundlegendes Spiel das immer noch geläufige 4x13-Blatt nennt, wobei hauptsächlich König, Ober und Unter („Marschälle“) als Hofkarten genannt werden, aber Damen oder Königinnen auch schon bekannt sind.
== Haeckel und seine Gegner ==


Es wird vermutet, dass zunächst aus der islamischen Welt im 14. Jahrhundert ein Satz von 52 Spielkarten nach Europa kam, der aus vier Farben bestand und den Karten der kleinen [[Arkana]] entspricht. Die Herkunft der 22 Karten der großen Arkana ist keineswegs „ungeklärt“ (widersprüchlich zu vielen Internetverlautbarungen und Tarotbüchern), sondern in vielen Details dokumentiert und bekannt.
[[Rudolf Steiner]] hat eine dualistische „Lösung“ des [[Leib-Seele-Problem]]s abgelehnt und die beliebte ''Klavier-Metapher'', wonach das „vernüftige Bewusstsein“ gleichsam wie auf dem Instrument seines Gehirns spiele, energisch zurückgewiesen. In seinem [[1899]] veröffentlichten Aufsatz «''Haeckel und seine Gegner''»<ref>Rudolf Steiner: ''Haeckel und seine Gegner'', in: Die Gesellschaft, 15. Jg., Bd. 3, Heft 4, 5, 6; Aug./Sept. 1899; vgl. {{GZ||30|152ff}}</ref> schreibt er:


Weit vor diesem Zeitpunkt (die oben genannte Jahreszahl 1505, in der Taraux und Tarocchi, nicht aber Tarot erwähnt wird) sind jedoch schon sehr viele Tarotkarten und Tarot-ähnliche Kompositionen entweder als tatsächliche Spielkartenblätter oder durch Dokumente belegt - nur die Bezeichnung „Tarot“ fehlte. Stattdessen wurde der Begriff „Trionfi“ benutzt (in unterschiedlichen Formen - triumphi, ludus triumphorum etc.). Das älteste „Trionfi-Spiel“ (es wurde allerdings erst im Jahre 1449 so genannt) entstand im Zeitraum 1418 - 1425, vermutlich 1424/1425 und war zugleich das vielleicht teuerste aller Zeiten und kostete 1500 Dukaten (dieser Preis wird 1447 genannt). Es ist von drei verschiedenen Quellen belegt: einem Begleitbuch, das spätestens 1425 verfasst wurde, das das Spiel beschreibt, einem Brief von 1449, der Erwerb und Versand des Spiels zum Gegenstand hat und der Notiz in einer Vita des [[Wikipedia:Filippo Maria Visconti|Filippo Maria Visconti]] 1447, der den unglaublich anmutenden hohen Preis nennt. Das Spiel hatte (vermutlich) insgesamt 60 Karten, und 16 von ihnen zeigten griechische Gottheiten und damit keineswegs Motive, die man generell den Tarotkarten zuordnet. Der Maler ist bekannt: Michelino da Besozzo, den manche seiner Zeitgenossen für den besten Maler ihrer Zeit hielten. Das Spiel selbst ist verloren.<ref>[http://trionfi.com/0/b/ trionfi.com - The Oldest Tarot Cards]</ref>
{{GZ|Kein naturwissenschaftlicher Denker wird je der Meinung sein,
daß darüber, was im logischen Sinne wahr oder falsch ist, die körperlich-
Die älteste Benutzung des Wortes „Trionfi“ in Zusammenhang mit Spielkarten ist für Februar 1442 in Ferrara belegt, als der Maler Sagramoro (schon vorher mit Spielkartenaufträgen beschäftigt), Geld für die Produktion von vier Trionfi-Blättern empfing<ref>[http://trionfi.com/0/e/01/ Trionfi Cards - Early Documents<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref>. Ein anderes früheres Dokument vom [[Wikipedia:1. Januar|1. Januar]] [[Wikipedia:1441|1441]] benutzt den Ausdruck „Trionfi“ noch nicht, es scheint sich beim produzierten Gegenstand (Sagramoro ist wieder der Maler) aber um 14 spezielle Karten zu handeln, die „Trionfi-Karten-Charakter“ haben.<ref>[http://trionfi.com/0/d/ Ferrara 1441 - where the Tarot cards started<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref> Im Oktober 1441 wird eine Trionfi-Karten-Produktion zu einer Hochzeit vermutet - diese Karten haben sich teilweise erhalten (67 Karten) und befinden sich heute im Cary-Yale-Museum (als ''Visconti di Modrone'' oder ''Cary-Yale-Tarocchi'' bezeichnet).<ref>[http://trionfi.com/0/j/d/CaryYale/ Museum for old Playing Cards<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref><ref>[http://trionfi.com/0/c/30/ Cary Yale Tarocchi<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref> Es hatte - soweit erkennbar - nur teilweise Trumpf-Motive, die im sogenannten Standard-Tarot benutzt werden und es wich von der Standard-Struktur ab (es gab zusätzliche Hofkarten, weibliche Pagen und weibliche Ritter). Aus spezifischen Gründen wird vermutet, dass dieses Spiel eine 5x16-Struktur hatte.<ref>[http://trionfi.com/0/c/2209/ Tarot: 5x14-theory<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref>
organischen Gründe Aufschluß geben können. Die geistigen
Zusammenhänge können nur aus dem geistigen Leben heraus
erkannt werden. Was logisch berechtigt ist, darüber wird immer
die Logik, was künstlerisch vollkommen ist, darüber wird das
ästhetische Urteil entscheiden. Ein anderes aber ist die Frage: Wie
entsteht das logische Denken, wie das ästhetische Urteil als Funktion
des Gehirnes? Über diese Frage allein spricht sich die vergleichende
Physiologie und Gehirnanatomie aus. Und diese zeigen,
daß das vernünftige Bewußtsein nicht für sich abgesondert existiert
und das menschliche Gehirn nur benutzt, um sich durch dasselbe
zu äußern, wie der Klavierspieler auf dem Klavier spielt,
sondern daß unsere Geisteskräfte ebenso Funktionen der Form-
Elemente unseres Gehirns sind, wie «jede Kraft die Funktion eines
materiellen Körpers ist» (Haeckel, Anthropogenie).


Ein weiteres Spiel (Brera-Brambilla-Tarocchi) ist ebenfalls dieser frühen Periode zuzuordnen, da sich aber nur zwei Trümpfe erhalten haben, liefert dieser Fund nur wenig Informationen.
Das Wesen des ''Monismus'' besteht in der Annahme, daß alle
Weltvorgänge, von den einfachsten mechanischen an bis herauf
zu den höchsten menschlichen Geistesschöpfungen, in gleichem
Sinne sich naturgemäß entwickeln und daß alles, was zur Erklärung
der Erscheinungen herangezogen wird, ''innerhalb'' der Welt
selbst zu suchen ist. Dieser Anschauung steht der ''[[Dualismus]]'' gegenüber,
der die reine Naturgesetzlichkeit nicht für ausreichend
hält, um die Erscheinungen zu erklären, sondern zu einer über den
Erscheinungen waltenden, vernünftigen Wesenheit seine Zuflucht
nimmt. Diesen Dualismus muß die Naturwissenschaft, wie gezeigt
worden ist, verwerfen.|30|174}}


In allen dieser frühen Erwähnungen und noch vorhandenen Produkte (1424/1425 und 1441/1442) ist entweder der Mailänder Herzog Filippo Maria Visconti (1392 - 1447) verwickelt oder dessen Tochter Bianca Maria, die im Winter 1440/1441 zu einem halbjährigen Besuch in Ferrara weilte<ref>[http://trionfi.com/0/d/41/ Bianca Maria Visconti in Ferrara 1441 - Tarot Research<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref> und anscheinend die Spiel- und Gestaltungs-Idee nach dorthin transportierte.  
In einem Brief an [[Ernst Haeckel]] unterstrich [[Rudolf Steiner]] seine strikte Ablehung des [[Dualismus]], an der sich auch in späteren Jahren nichts geändert hat.  


Nach diesen frühen Erwähnungen folgen weitere Dokument-Notizen zu Trionfi-Spielen erst im Jahre 1450 und kurz darauf, dann aber gehäuft und gleich an mehreren Orten parallel (aus diesem Zusammenhang kann vermutet werden, das das eigentliche Tarotspiel in diesen beiden fürstlichen Familien - Este in Ferrara und Visconti in Mailand - seinen Anfang fand).  
{{GZ|Ich kämpfe, seitdem ich schriftstellerisch tätig bin, gegen allen Dualismus und sehe es als die Aufgabe der Philosophie an, durch eine streng positivistische Analyse unseres Erkenntnisvermögens den Monismus wissenschaftlich zu rechtfertigen, also den Nachweis zu führen, daß die in der Naturwissenschaft gewonnenen Ergebnisse wirkliche Wahrheiten sind. Deshalb mußte ich mich ebenso gegen den Kantianismus mit seinen zweierlei Wahrheiten wie gegen das moderne «Ignorabimus» wenden.|39|166}}


1450 wird es für Mailand, Ferrara und Florenz erwähnt und im Jahre 1452 in Siena. Im gleichen Jahr zeigt Sigismondo Malatesta (Rimini) Interesse an einer Trionfikarten-Produktion in Cremona (gehörte zu Mailand und war eine persönlich bevorzugte Stadt der Herzogin Bianca Maria Visconti. Ein überliefertes Spiel, das sogenannte Pierpont-Morgan-Bergamo-Tarocchi (auch Visconti-Sforza-Tarocchi) wird diesem Jahr 1452 zugeordnet und es diente lange als Argument, dass das Tarotspiel jetzt nun vollständig sei. In der Komposition fehlen nur vier Karten insgesamt und von 22 Sonderkarten nur zwei - man nahm an, dass vier Karten verloren gingen (von den Originalen befinden sich 35 in der [[Wikipedia:Pierpont Morgan Library|Pierpont Morgan Library]], 26 in der [[Wikipedia:Accademia Carrara|Accademia Carrara]], 13 in der privaten Sammlung der Familie Colleoni in Bergamo (der Teufel, der Turm, die Drei der Schwerter und der Ritter der Münzen fehlen).  
Steiner vertrat stets einen geistigen Monismus, für den die [[Materie]] eine Erscheinungsform des [[Geist]]igen ist. Daher erschien ihm auch die Frage sinnlos, wie [[Geist]] und Materie wechselseitig aufeinander einwirken können; vielmehr gehe es darum, [[Empirie|empirisch]] zu erforschen, wie der Geist seine verschiedenen Erscheinungsformen, zu denen auf elementarer Ebene auch die Materie zählt, hervorbringen könne.


Nähere Analysen ergaben jedoch, dass dieses Spiel von zwei verschiedenen Künstlern produziert wurde, 6 der 20 Trumpfkarten stammen von anderer, späterer Hand. Lange Zeit hat man diesen Umstand mit „verloren gegangen“ und „ersetzt“ interpretiert… heute tritt als alternative Ansicht daneben, das es nur ein Spiel mit 5x14-Struktur gab, dass später erweitert wurde.<ref>[http://trionfi.com/0/f/ Spotlights on the 5x14-Theory<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref>
Die meisten Menschen empfinden [[intuitiv]] eine Kluft zwischen [[mental]]en und [[physisch]]en Phänomenen. Dies hat dazu geführt, dass lange Zeit dualistische Standpunkte in der [[Philosophie des Geistes]] vorherrschend waren. Heute vertritt die Mehrheit der Philosophen [[Materialismus|materialistische]] Positionen. Auf dieser rein materialistischen Grundlage bleibt jedoch für die [[Naturwissenschaft]]en die Frage unbeantwortet, wie das [[Bewusstsein]] materialistisch zu erklären ist. „[[Das schwere Problem des Bewusstseins]]“<ref>[[David Chalmers]]: ''The Character of Consciousness.'' Oxford University Press, Oxford 2010, ISBN 978-0195311112, p. 39</ref> stellt die [[Neurowissenschaften]] vor bislang nicht befriedigend gemeisterte Hürden.
Ein (späteres) Dokument von 1457 spricht eindeutig von 70 (= 5x14) Trionfi-Karten, nicht von 78.<ref>[http://trionfi.com/0/e2/16/ Trionfi Cards - Early Documents<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref>


Der Schritt zum Spiel mit 22 Trumpfkarten, dem heutigen Standard-Spiel mit Turm und Teufel wird für die Periode 1460-1470 vermutet.<ref>[http://trionfi.com/0/g/61 Baldassare Castiglione, Il Cortegiano. Extract with notes to playing cards<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref> Vermutlich erst in dieser späten Periode fand das Spiel zur Massenproduktion, eine Entwicklung, die die zunehmende Verbreitung von Druck- und Vervielfältigungstechniken in dieser Zeit in Italien begleitete. Im Zeitraum 1490-1510 entwickelte sich in Lyon (Frankreich) eine erfolgreiche Spielkarten-Export-Struktur, das Tarot als Spiel nahm an dieser Entwicklung teil.  
{{GZ|Nicht darin
sah ich das Verderbliche dieser Denkungsart, daß der
Materialist sein Augenmerk auf die stoffliche Erscheinung
einer Wesenheit richtet, sondern darin, ''wie'' er das
Stoffliche denkt. Er schaut auf den ''Stoff'' hin und wird
nicht gewahr, daß er in Wahrheit ''Geist'' vor sich habe,
der nur in der stofflichen Form erscheint. Er weiß nicht,
daß Geist sich in Stoff metamorphosiert, um zu Wirkungsweisen
zu kommen, die ''nur'' in dieser Metamorphose
möglich sind. ''Geist'' muß sich zuerst die Form eines
stofflichen [[Gehirn]]es geben, um in dieser Form das Leben
der [[Vorstellung]]swelt zu führen, die dem Menschen in
seinem Erdenleben das frei wirkende Selbstbewußtsein
verleihen kann. Gewiß: im Gehirn steigt aus dem Stoffe
der Geist auf; aber erst, nachdem das Stoffgehirn aus
dem Geist aufgestiegen ist.


[[Wikipedia:Michael Anthony Eardley Dummett|Michael Dummett]] zitiert in seinem Buch 'The Game of Tarot' den Kartenforscher Allmande: „Die Wiederauferlegung der Steuer im Jahre 1622 provozierte einen neuen Protest von den "maistres et ouvriers de cartes et tarotz" von Lyon im Jahre 1623, welche sagten, dass einige schon in die Schweiz oder nach Besançon ausgewandert sind um der Steuer zu entfliehen, und, ganz besonders, dass der Herzog von [[Savoyen]] schon viele Kartenmacher an Turin und Chambéry verloren hat. Den Lyoneser Kartenmachern, glücklicher als ihre Kollegen in Rouen, gelang es die Steuer für Lyons im Jahre 1623 rückgängig zu machen.<ref>D'Allemagne vol. I, pp. 297-8, vol. II, pp. 244, 246, 492, 502.</ref> Ihre Gesetze wurden im Jahre 1650 verbessert; Artikel 9 bezog sich weiter auf den "taros".<ref>Ibid., vol. II, p. 258</ref><ref>[Michael Dummett: The Game of Tarot from Ferrara to Salt Lake City, 1980, Duckworth, ISBN 0-7156-1014-7 ]</ref>
Abweisend gegen die physikalische und physiologische
Vorstellungsart mußte ich nur aus dem Grunde sein, weil
Tarot (Tarock, Tarocchi) als Spiel wurde ein international verbreitetes Erfolgsprodukt im 18. Jahrhundert, das Interesse ließ im 19. Jahrhundert wieder nach. Umso erfolgreicher wurde die Benutzung als Wahrsageinstrument, die Ende des 18. Jahrh. einsetzte und ihre höchste Blüte in der Jetztzeit hat.
diese ein ''erdachtes'', nicht ein erlebtes Stoffliches zum
äußerlichen Erreger des im Menschen erfahrenen Geistigen
Die schriftliche esoterische Tradition der Tarot-Karten beginnt erst 1781, als [[Wikipedia:Antoine Court de Gébelin|Antoine Court de Gébelin]], ein Schweizer Geistlicher und [[Freimaurerei|Freimaurer]], das Buch ''Le monde primitif, anlyse et comprare avec le monde moderne'' veröffentlichte; eine populäre Abhandlung über religiöse Symbole und ihres modernen Gebrauchs. Gébelin wies als erster auf die Symbole des Marseiller Tarots hin, die er als Zeichen der [[Mysterien]] der ägyptischen Gottheiten [[Isis (Ägyptische Mythologie)|Isis]] und [[Thot]] deutete. Beweise dafür konnte die [[Wikipedia:Ägyptologie|Ägyptologie]] nicht liefern, dennoch ist diese Theorie auch heute noch weit verbreitet.
macht und dabei den Stoff so erdachte, daß es unmöglich
ist, ihn dahin zu verfolgen, wo er Geist ist. ''Solcher Stoff, wie ihn diese Vorstellungsart als real behauptet, ist eben nirgends real''. Der Grundirrtum der
materialistisch gesinnten Naturdenker besteht in ihrer
unmöglichen Idee von dem Stoffe.|28|334f|356}}


Einflussreicher war die „Entdeckung“ des Tarots durch okkultistisch-esoterische Gesellschaften, die in der zweiten Hälfte des [[Wikipedia:19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]]s in den westlichen Nationen entstanden. Vor allem [[Eliphas Lévi]] in seinem 1854 veröffentlichten Werk ''Dogme et Rituel de la Haute Magie'' (dt.: ''Transcendentale Magie'') sowie der von ihm beeinflusste ''[[Golden Dawn|Hermetic Order of the Golden Dawn]]'' (Hermetischer Orden der goldenen Morgenröte; im Folgenden ''Golden Dawn'') haben maßgeblich zur Verbreitung des Tarots als Deutungssystem beigetragen. Insbesondere im [[Golden Dawn]] wurde viel Wert auf den Tarot als Werkzeug der Selbsterkenntnis gelegt. Eine rein divinatorische Nutzung des Tarots lehnten beide ab.
== Geist und Materie ==


Auf Levi geht auch maßgeblich die Zusammenführung des Tarots mit Elementen der [[Kabbala]] und den vier Elementen der [[Alchemie]] zurück. Gébelins Idee des ägyptischen Ursprungs des Tarots behalten sowohl Levi als auch der Golden Dawn bei.
[[Geist]] und [[Materie]] sind aus [[Anthroposophie|anthroposophischer]] Sicht keine voneinander unterschiedenen [[Substanz]]en, sondern nur verschiedene Erscheinungsformen derselben. Auch hier ist der [[Dualismus]], der zwei völlig wesensverschiedene [[Entität]]en einander gegenüberstellt, von denen auch nicht einzusehen ist, wie sie wechselseitig aufeinander einwirken könnten, unangebracht. Materie ist nichts anderes als verdichteter, verhärteter Geist - oder wie es der [[Quantenphysik]]er [[Hans-Peter Dürr]] einmal so treffend in einem Interview ausdrückte: ''Materie ist Kruste des Geistes''<ref>Interview mit [[Hans-Peter Dürr]] in [https://www.derstandard.at DER STANDARD], 12. November 1998, ''Materie ist Kruste des Geistes''</ref><ref>siehe auch: [https://www.youtube.com/watch?v=3DqnblYfH5Y Hans-Peter Dürr: Geist kann zu Materie werden] - Interview mit Hans-Peter Dürr an seinem Arbeitsplatz im Münchner Max-Planck-Institut im Sommer 1997 ([[https://www.youtube.com/watch?v=3DqnblYfH5Y YouTube])</ref>. Was als [[sinnlich]]-[[physisch]]e Materie, als lebendiges [[Äther]]isches und als [[Lust]] und [[Leid]] empfindendes [[Astralisches]] erscheint, sind nur verschiedene Verwandlungsformen des Geistes. [[Rudolf Steiner]] gebraucht dafür öfters das Bild von [[Wasser]] und [[Eis]], die beide nur verschiedene Erscheinungsformen bzw. [[Aggregatzustände]] ein und desselben [[Stoff]]es sind:


Innerhalb des Golden Dawns war das Tarotdeck von [[Wikipedia:Oswald Wirth|Oswald Wirth]] ([[Wikipedia:1889|1889]]) sehr einflussreich; dieses Deck enthält nur die großen [[Arkana]]. Es beruht auf dem Marseille-Tarot, erweitert diesen aber um [[Kabbala|kabbalistische]] und esoterische Symbole. Sowohl [[Wikipedia:Arthur Edward Waite|Arthur Edward Waite]] als auch [[Wikipedia:Aleister Crowley|Aleister Crowley]] (siehe unten) waren Mitglieder des Golden Dawn.
{{GZ|Oft ist ja hier betont worden, daß
für die Geisteswissenschaft die Materie verdichteter Geist
ist. Gebrauchen wir doch einmal einen Vergleich, den wir
öfter angewendet haben, um zu zeigen, wie der Geistesforscher
über Geist und Materie denkt. Denken Sie sich einmal,
irgend jemand hätte vor sich durchsichtige Luft und es
träte in dieser durchsichtigen Luft Wolkenbildung auf, als
die Wirkung von einer Abkühlung. Das, was früher durchsichtig
war, wird getrübt durch die Wolkenbildung; das,
was früher Wasserdunst und nicht sichtbar war, wird zu
Wasser. Vielleicht geht es weiter: Das Wasser gefriert zu
Eis. Das Eis fällt in Stücken herunter. Nehmen wir an, es
käme jemand und sagte: Unsinn, Dummheit ist es, daß das
Wasser vorher in der Luft verteilt gewesen ist. Ich habe
nichts davon gesehen! Das erste war das, was mir als Wolken
entgegengetreten ist. Dann kommt einer, der kann
auch die Wolken noch nicht sehen, der sieht erst etwas,
wenn das Wasser gefriert, wenn Eis entsteht. Wenn man
dem sagt: Was als Eis heute da ist, das war früher schon
als Wasser da, so antwortet er: Ich habe nichts gesehen, Eis
ist da und sonst nichts.


Der Aspekt des Tarot als [[Initiation]]sweg wurde erstmal im Golden Dawn intensiv betont und lässt sich zum Beispiel anhand des Rider-Waite-Tarot studieren (zu den einzelnen Decks siehe unten). Noch stärker tritt er beim Crowley-Thoth-Tarot zu Tage, das deutliche Bezüge zum [[Ordo Templi Orientis]] (OTO) aufweist. Crowley weist im Buch ''Thoth'' darauf hin, Teile der Symbolik könnten nur durch OTO-Mitglieder bestimmter Grade erfasst werden.
Aus solchen Gedanken muß die Antwort genommen werden,
wenn jemand einem Geistesforscher Phantastik vorwerfen
will, der sagt, zuerst war der Mensch nicht materiell
vorhanden, auch nicht als Ätherleib, sondern der astralisdie
Leib und das Ich waren zuerst vorhanden. Im Beginne unseres
Erdendaseins waren astralischer Leib und Ich vorhanden.|56|277}}


== Tarot-Decks ==
{{GZ|Was ist der Geisteswissenschaft die Materie? Nur eine
Als Satz oder Deck bezeichnet man eine zusammengehörige, vollständige Ausgabe der [[Wikipedia:Tarotblatt|Tarotkarten]]. Es gibt mehrere hundert solcher Decks, welche sich teilweise nur in Details, teilweise aber sehr erheblich voneinander unterscheiden. Insbesondere neuere oder spezielle Decks werden häufig in Kombination mit einem erläuternden Buch angeboten.
andere Form des Geistes! Spricht die Geisteswissenschaft
von Materie, Stoff und Körper, so spricht sie davon so,
wie sie von Eis in Beziehung auf Wasser spricht. Eis ist
Wasser in anderer Form. Nun könnte aber jemand kommen
und sagen: Dann leugnet ja die Geisteswissenschaft
die Materie und die Körperlichkeit, wenn sie behauptet,
alles sei Geist — und dann gibt es für die Geisteswissenschaft
keine Materie. Auf diesem sonderbaren Standpunkt
steht die Geisteswissenschaft keineswegs. Bleiben wir bei
unserem Vergleich von Eis und Wasser. Dasjenige, was in
Betracht kommt für das Leben, das sind nicht leere Worte,
nicht leere Definitionen, sondern Wirkungen, denen Sie im
Leben begegnen. Wenn man auch sagt, Eis sei Wasser in
anderer Form - und man hat damit vollständig recht - , so
sind doch die Wirkungen des Wassers andere als die von
Eis, wie jeder bemerken kann, wenn er sich ein Stück Eis
auf die Hand legt, statt Wasser darauf zu schütten. Wer
leugnen wollte, daß Eis Wasser ist in anderer Form, der
würde sich gründlich blamieren. So fällt es auch der Geisteswissenschaft
nicht ein, die Materie zu leugnen. Sie ist da, nur
ist sie Geist in anderer Form. Und in welcher Form? In der
Form, daß sie von außen durch die Sinne beobachtet, angeschaut
werden kann. Das ist das Wesentliche an der Materie.
Da knüpft sich der heutige Vortrag an den vor acht Tagen
an, wo wir haben zeigen können, wie jede materialistische
Anschauung vor dem Fortschritt der Naturwissenschaft in
Nichts zerfällt, wie sich der phantastische Begriff der Materie
durch die neuen Forschungen in Dunst und Nebel auflöst.
Das, was vor dreißig Jahren noch ein sicherer Begriff
war, wie Äther, Materie, das zerstiebt heute vor den weiteren
Forschungen. Und was bleibt uns übrig von dem, was
in der Außenwelt an uns herantritt? Das, was wir sehen
und hören, Ton, Farbe, Wärme und so weiter: das, was
wir wahrnehmen. So gut wir nur können, sollen wir uns
aufschwingen zu der Anschauung, daß hinter der Wärme,
hinter dem Ton, hinter dem Licht nichts ist von diesem
schrecklich brutalen Wirbeln von Atomen, das während
der langen Zeit des Materialismus das einzig Wirkliche
war. Wirklich ist in diesem Sinne das, was wir sehen, was
wir hören, was wir als Wärme empfinden. Und wenn wir
hinter die Farbe, hinter den Ton, hinter die Wärme, wie
wir sie empfinden, schauen, was finden wir dahinter? Wir
finden dahinter, wenn wir den Ton nehmen, solange er in
der sinnlichen Welt bleibt, bewegte Luft. Aber wir dürfen
nicht ''hinter'' die sinnliche Welt gehen mit unseren Spekulationen.
Wir müssen in der Sinneswelt stehenbleiben. Ein
gewaltiges Wort hat wiederum einer ausgesprochen, der
von den Gelehrten nicht für voll genommen wird, der nicht
nur Dichter, sondern auch Denker war, das große Wort:
«Man suche nur nichts hinter den Phänomenen; sie selbst
sind die Lehre.»


Gelegentlich werden auch Kartensätze als Tarot angeboten, deren Struktur und Abbildungen mit dem eigentlichen Tarotsystem nichts zu tun haben, so z. B. [[Wikipedia:Lenormandkarten|Lenormandkarten]], [[Wikipedia:Kipperkarten|Kipperkarten]] oder Wahrsagekarten anderer Systeme.  
Wenn wir hinter den Ton, hinter das Licht gehen, so finden
wir nicht materielle Atome, welche in unsere Netzhaut
eintauchen, sie imprägnieren und durch dieses Imprägnieren
die Vorstellung der Farbe und des Lichtes hervorbringen.
Wenn wir wirklich dahinterschauen, was finden wir
da? - Geist! Farbe verhält sich zum Geist wie Eis zu Wasser.
Ton verhält sich zum Geist wie Eis zu Wasser. Statt
jener phantastischen Welt von durcheinanderwirbelnden
Atomen findet der wahre Denker und Geistesforscher hinter
dem, was er sieht und hört, Geist, geistige Wirklichkeit,
so daß die Frage nach dem Wesen der Materie allen Sinn
verliert. Denn wie beantwortet sidi die Frage nach dem
Wesen der Materie für den Geistesforscher? Was ist dasjenige,
dem Wesen nach, was uns draußen in der Welt umgibt
und uns als Materie erscheint? Geist ist es! Und den
Geist kennen wir! Wir müssen sein Wesen in uns selbst aufsuchen.
Was wir selbst sind in unserem innersten Wesen,
das sind alle Dinge draußen in der Welt, nur in anderer
Form. Sie sind es in solcher Form, daß man sie von außen
ansehen kann, wenn der Geist sich eine Oberfläche gibt.
Lassen Sie mich ein Wort aussprechen, das jeder Naturforscher
als Tollheit ansehen wird: Wenn der Geist nach
außen geht, dann erscheint er als Farbe, als Ton. Nichts
anderes ist Farbe und Ton als lauter Geist, ganz dasselbe,
was wir in uns selber finden, wenn wir uns richtig verstehen.
So ist uns in der Geisteswissenschaft ein jedes
Mineral Geist. Das niederste Glied der menschlichen Wesenheit,
das, was wir den physischen Leib oder den physischen
Körper nennen, ist für uns in seiner wahren Wesenheit
nichts anderes als Geist in der Form, in der er eben
auch vorhanden ist in der scheinbar leblosen Natur.


Ein Tarot-Deck besteht zumeist aus 78 Karten. Diese Zahl entspricht der Summe der ersten zwölf Zahlen (1+2+3+4+5+6+7+8+9+10+11+12 = 78). Da die Zahl 12 für ''Vollständigkeit'' steht, wird die Zahl 78 als ''das große Ganze'' angesehen. Einige wenige Decks weichen von dieser Zahl ab, so hat z. B. das ''Universal-Tarot'' von Maxwell Miller nur 74 Karten, da sich der Künstler aus [[Astrologie|astrologischen]] und [[Numerologie|numerologischen]] Gründen entschloss, die Pagen-Karten zu entfernen. Außerdem gibt es Ausgaben, welche aus 80 Karten bestehen, da beim Druck der Karten die Papierbögen 80 Karten ergeben. Gelegentlich werden daher die beiden überzähligen Karten mit weiteren Bildern, bei einigen Ausgaben des von [Wikipedia:[Aleister Crowley|]] entworfenen Thoth-Decks z. B. mit verworfenen Entwürfen für den Magier, bedruckt. Manche Deutungssysteme beziehen diese Karten, die vom Schöpfer des Decks nicht als Teil des Decks betrachtet wurden, in die Auslegung mit ein. Weiterhin gibt es einige Decks, die lediglich aus den 22 Trumpfkarten der großen Arkana bestehen (beispielsweise das [[Wikipedia:Ansata-Tarot|Ansata-Tarot]]).
Wodurch unterscheidet sich nun das, was wir Menschengeist
 
nennen, von dem Geist, der uns draußen als Mineral
Die 78 Karten teilen sich in die sogenannte große und kleine Arkana, gelegentlich auch „das große und kleine Arkanum“ genannt (von lat. ''arcanum'' Geheimnis). Mehr zu den Arkana und den einzelnen Karten weiter unten.
und Pflanze, als Berg, als Donner und Blitz, als Bäume
 
und Gewässer und so weiter entgegentritt, wodurch unterscheidet
Die drei bekanntesten und einflussreichsten Decks sind das Marseille-, das Rider-Waite- und das Crowley-Tarot.
sich von alledem der Geist, den wir im engeren
[[Datei:PAPESSE. Papisa, Tarot Marsella.jpg|thumb|150px|right|Die Hohepriesterin im Marseille-Tarot]]
Sinn als Geist ansprechen? Dadurch, daß dieser Geist im
 
engeren Sinne sich als Geist in seiner ureigenen Gestalt
=== Marseille-Tarot ===
zeigt, in der Gestalt, die ihm selbst als Geist zukommt. Was
Dem heutigen [[Wikipedia:Tarot de Marseille|Tarot de Marseille]] sehr ähnliche Decks stammen bereits aus dem Beginn des [[Wikipedia:16. Jahrhundert|16. Jahrhundert]]s. Das heute als Marseille-Tarot bekannte Deck stammt aus dem Jahre 1760 und kommt aus der Karten[[Wikipedia:manufaktur|manufaktur]] von Nicolas Conver aus [[Wikipedia:Marseille|Marseille]]. Die Bilder gehen auf alte Holzstiche zurück, und sind lediglich in blau, rot, gelb und grün koloriert. Dadurch wirken sie sehr „alt“ und oft grobschlächtig. Trotzdem erinnert diese Farbkonstellation an die vier Elemente Wasser, Feuer, Luft und Erde, die von tragender Bedeutung auch im heutigen Tarot sind. Die Karten des kleinen Arkanums enthalten lediglich die entsprechende Anzahl der Symbole in den italienischen [[Wikipedia:Farbe (Kartenspiel)|Farben]].
man gewöhnlich Natur nennt, ist zwar Geist, aber Geist,
 
der seine Außenseite den Sinnen zuwendet, und was man
Ein aus dieser Tradition entwickeltes Deck ist das ''Tarot de [[Wikipedia:Besançon|Besançon]]'' bei dem die Karten ''Die Päpstin'' und ''Der Papst'' in ''[[Wikipedia:Jupiter (Mythologie)|Jupiter]]'' und ''[[Wikipedia:Juno (Mythologie)|Juno]]'' umbenannt wurden. Dies gilt auch für das Nachfolgedeck namens ''[[Wikipedia:Tarot 1JJ|1JJ]]''. Mit diesem werden die Schweizer [[Wikipedia:Tarock|Tarock]]-Varianten gespielt – [[Wikipedia:Troccas|Troccas]] im romanischsprachigen Teil des Kantons [[Wikipedia:Graubünden|Graubünden]] und [[Wikipedia:Troggu|Troggu]] im deutschsprachigen Teil des Kantons [[Wikipedia:Kanton Wallis|Wallis]].
im engeren Sinn Geist nennt, ist, dem Wesen nach, genau
 
dasselbe. Die Natur ist der Form nach das, was sich, seiner
Ein anderes Deck, welches sich in ihrer Ausführung eng an das Marseille-Tarot anlehnt, ist das oben erwähnte Oswald-Wirth-Tarot.
ureigenen Gestalt nach, dem Innersten unseres Wesens zuwendet.
 
Suchen wir den Geist draußen in der Natur, so
=== Rider-Waite-Tarot ===
finden wir ihn leblos in den Mineralien, belebt in den
Dieses Tarot wurde 1910 veröffentlicht. Es wurde geschaffen von [[Wikipedia:Arthur Edward Waite|Arthur Edward Waite]] zusammen mit der amerikanischen Künstlerin [[Wikipedia:Pamela Colman Smith|Pamela Colman Smith]]. Beide waren Mitglied des ''Golden Dawn''. Das ''Rider'' des Namens leitet sich von ''Rider & Son'', dem Londoner Verleger, ab. Dieses Deck ist zwar etwas feiner gezeichnet als das Marseille-Deck, es benutzt aber ebenfalls nur sehr wenige Farben und wirkt ob der fehlenden Nuancen auf viele Menschen etwas comichaft.
Pflanzen und empfindend in den Tieren. Der Mensch vereinigt
 
in sich selber diese dreifache Gestalt des Geistes in
Das Rider-Waite-Tarot zeichnete sich dadurch aus, dass es nicht wie bis dahin üblich die Zahlenkarten nur mit der bloßen Anzahl der Symbole, sondern in Anlehnung an das ''[[Wikipedia:Sola-Busca-Tarot|Sola-Busca-Tarot]]'' aus dem [[Wikipedia:15. Jahrhundert|15. Jahrhundert]] die Zahlenkarten szenisch illustriert.<ref>[http://www.tarotwelten.de/kurz3.htm#sola Kurzbesprechung3<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref> Dadurch wurden diese Karten für viele Menschen leichter nutzbar. Diese Änderung soll allerdings mehr auf Pamela Colman Smith als auf Waite selber zurückzuführen sein, da Waite in seinem Buch zu diesem Deck, ''[[Wikipedia:Der Bilderschlüssel zum Tarot|Der Bilderschlüssel zum Tarot]]''<ref>[[Wikipedia:Arthur Edward Waite|Arthur Edward Waite]]: ''Der Bilderschlüssel zum Original Rider Waite Tarot.'' Neuübersetzung 2005, AGM Urania, ISBN 3-03819-070-5.</ref>, die kleine Arkana nur sehr oberflächlich, fast abschätzig betrachtet.
den drei Gliedern seiner Wesenheit, wie wir sie vom Standpunkte
 
der Geisteswissenschaft kennen. Dadurch allein
Trotz vieler Details und Symbole wirkt das Deck auf viele Menschen nicht übermäßig ästhetisch. Wohl auch aus diesem Grunde gibt es von keinem Deck so viele Nachahmungen. Die sogenannten Rider-Waite ''Klone'' beschränken sich dabei auf die reine Wiedergabe des Motivs, lediglich mit anderen künstlerischen Mitteln, z. B. das ''Universal-Waite Tarot'', das ''Cosmic Tarot'' und das ''New Palladini'' Tarot, aber auch das ''Gummibärchen''-Tarot, in welchem die dargestellten Personen durch Gummibärchen ersetzt sind. Eine Übersicht der bekannteste Rider-Waite-Klone findet sich auf <ref>[http://www.learntarot.com/deckcomp.htm Learntarot]</ref>.
kommt man zu einer wirklichen Erkenntnis des Menschen,
 
daß man diese komplizierte Natur des Menschen betrachtet
Das Rider-Waite Deck illustriert auch zahlreiche Bücher, ebenso gibt es zu keinem anderen Deck soviel Literatur.
und sich nicht begnügt mit der abstrakten Unterscheidung
 
zwischen Leib und Seele, sondern sich fragt: Wie ist der
=== Crowley-Tarot (Thoth-Tarot) ===
Mensch erbaut?|56|69ff}}
Lady [[Wikipedia:Frieda Harris|Frieda Harris]] und [[Wikipedia:Aleister Crowley|Aleister Crowley]] erschufen diese teilweise ägyptisiernden Tarotkarten in den [[Wikipedia:1940er|1940er]]-Jahren. Sie wurden 1944 zunächst in Form von Buchillustrationen in ''Das Buch Thoth''<ref>[[Wikipedia:Aleister Crowley|Aleister Crowley]]: ''Das Buch Thoth. Ägyptischer Tarot.'' AGM Urania, 11. Aufl. 2005, ISBN 3-908644-73-9</ref> veröffentlicht. Gemalt wurden die Karten von der Künstlerin Lady Frieda Harris. Sie hatte bei der Gestaltung weitgehend freie Hand und besaß zeitlebens die Urheberrechte.
Erst 25 Jahre später wurde das Crowley-Tarot im Jahr 1969 als Kartendeck herausgebracht. Crowley legte in ''Das Buch Thoth'' eine detaillierte Beschreibung und Systematik zugrunde (Basierend auf [[Wikipedia:Samuel Liddell MacGregor Mathers|Samuel Liddell Mathers]]).
 
Crowleys sorgsam gepflegter Ruf als [[Sechshundertsechsundsechzig|Schwarzmagier]] begünstigte den gelegentlich erhobenen Vorwurf, Tarot sei ein Werkzeug von Magiern oder Satanisten. Ungeachtet dessen ist dieses Deck populär und inspirierte zahlreiche Decks. Diese Popularität beruht auf der von vielen Menschen als ästhetisch empfundenen Darstellung und auf dem Reichtum enthaltener Symbole.
 
Heutzutage finanziert sich der amerikanische [[Ordo Templi Orientis|Caliphats-OTO]] unter William Breeze hauptsächlich durch die Tantiemen des Crowley-Tarots. So wurde 1998 von der Schweizer Spielkartenfirma Mueller AG in Schaffhausen ein diesbezüglicher Vertrag mit dem Caliphats-Geschäftsführer William Breeze unterzeichnet.<ref>Andreas Huettl und P.-R. König: ''Satan – Jünger, Jäger und Justiz'', 416 S., Kreuzfeuer Verlag, ''2006'', [http://homepage.hispeed.ch/O.T.O./], S. 202</ref>
 
Decks, die auf das Crowley-Tarot zurückgehen, sind das ''Haindl''-Tarot, das ''Cosmic Tribe''-Tarot und das ''Liber - T - Tarot'' von Roberto Negrini und Andrea Serio.
 
=== Unterschiedliche Decks ===
Tarot-Decks gibt es in großer Vielfalt. Sie unterscheiden sich vor allem durch ihre zugrundeliegenden kulturellen, esoterischen, spirituellen oder [[Wikipedia:Philosophie|philosophischen]] Systeme und durch ihre künstlerische Gestaltung. Decks, die weit von den oben genannten Tarot-Traditionen abweichen, oder völlig unabhängig von ihnen sind, werden im Weiteren ''freie'' Decks genannt. Systeme, die sich in vielen Decks wiederfinden, sind [[Kabbala]], [[Astrologie]], das [[I Ging]] und [[Runen]].
 
Der von [[Wikipedia:Antoine Court de Gébelin|Antoine Court de Gébelin]] behauptete altägyptische Ursprung des Tarots <ref>Eckhard Graf: Mythos Tarot, param 1989, S. 25</ref>ist Ursache einer relativ großen Anzahl „ägyptischer“ Decks. Ebenso gibt es etliche Decks, welche [[Indianer|indigene amerikanische]] Kulturen, beispielsweise die [[Maya]]-Kultur, zum Thema haben. Es gibt [[Kelten|keltische]] Decks, [[Wikipedia:japan|japan]]ische, [[Wikipedia:China|chinesische]], [[Wikipedia:Afrika|afrikanische]], und so weiter. Häufig beziehen sich Decks auch auf mehr als eine Kultur, so stellen die Hofkarten des ''[[Wikipedia:Hermann Haindl|Haindl]]''-Tarots jeweils eine indianische, eine alt-ägyptische, eine europäische und eine [[Wikipedia:Indien|indische]] Familie aus [[Mythos|mythologischen]] Figuren dieser Kulturen dar. Eine Sonderform dieser Art von Decks sind die [[Wikipedia:Feminismus|feministischen]] Decks, von denen das ''Daughters of the Moon'' und das ''Motherpeace''-Tarot die bekanntesten sind. Diese beiden Decks bestehen aus runden Karten, während nahezu alle anderen Decks aus rechteckigen Karten bestehen.
 
Andere Decks haben als Grundlage ihrer Darstellungen die Werke von Künstlern, oder bestimmte künstlerische oder literarische Traditionen oder Werke. So gibt es ein [[Wikipedia:William Shakespeare|Shakespeare]]-Tarot, ein [[Wikipedia:William Blake|William-Blake]]-Tarot, ein [[Wikipedia:Albrecht Dürer|Dürer]]-Tarot, ein [[Wikipedia:Hieronymus Bosch|Bosch]] und ein Brueghel-Tarot und so weiter. Eine besondere Art von Künstler-Decks sind solche Decks, die von bildenden Künstlern als Tarot-Decks selbst entworfen wurden, so vor allem das [[Wikipedia:Salvador Dalí|Dalí]]-Deck, der Tarotgarten von [[Wikipedia:Niki de Saint Phalle|Niki de Saint Phalle]], das Tarotdeck [[Wikipedia:Hans Ruedi Giger|Hans Ruedi Giger]]s (Großen Arkana) und der Haindl-Tarot.
Auch gibt es Decks, die für besondere Fragestellungen gedacht sind, wie zum Beispiel das ''Tarot der Liebe''.
 
Als besonders [[archetypisch]] gelten die 22 großen [[Arkana]] des Ansata-Tarots, dieses enthält zudem auch die richtig zugeordneten astrologischen Symbole.
 
Das kabbalistische ''Tree-of-Life'' Deck setzt die Kenntnis der [[Kabbala]] und [[Astrologie]] voraus. Das ''Tree-of-Life'' Tarot enthält keine der sonst üblichen plakativen szenischen Motive, sondern bildet lediglich die entsprechende abstrakte Symbolik der kabbalistischen [[Sephiroth]] und des [[Zodiak]] ab, basierend auf der Zuordnung des ''Golden Dawn''.
 
Weiterhin gibt es viele thematische Decks, wie beispielsweise ein [[Edelstein]]- und ein [[Baum]]-Tarot. Thematische Decks ohne esoterischen Bezug sind beispielsweise das ''[[Wikipedia:Baseball|Baseball]]''-Tarot, das ''Cat People''-Tarot, das [[Wikipedia:Halloween|Halloween]]-Tarot oder das [[Wikipedia:Vampir|Vampir]]-Tarot.
 
Tarot-Decks mit Bezug zur [[Wikipedia:Populärkunst|Populärkunst]], sind das ''[[Wikipedia:Alice im Wunderland|Alice im Wunderland]]''-Tarot, das ''[[Wikipedia:Oz|Oz]]''-Tarot oder das ''[[Wikipedia:Der Herr der Ringe|Herr der Ringe]]''-Tarot. Auch einige [[Wikipedia:Pen-&-Paper-Rollenspiel|Pen-&-Paper-Rollenspiel]]e benutzen eigene Tarot-Decks, zum Beispiel die Serie ''Mage''. Zum [[Wikipedia:Manga|Manga]] ''[[Wikipedia:Card Captor Sakura|Card Captor Sakura]]'' gibt es ein Deck aus 52 sogenannten Clow-Cards.
 
Im [[Wikipedia:Diskordianismus|Diskordianismus]] gibt es Entwürfe für ein aus 73 Karten ([[Dreiundzwanzig|23]] Trümpfe und je [[Fünf|5]] Zahl- und 5 Themenkarten für jedes der 5 diskordischen Elemente) bestehendes „freies“ Set<ref>[http://www.elsewhere.org/ddeck/v2/discocardsall.pdf Discordian Deck] (engl.)</ref>, das völlig anders strukturiert ist als die klassischen Systeme und die diskordische Dada-Mystik aufnimmt. Eine gedruckte Version gibt es davon bislang nicht.
 
== Erklärungsmodelle ==
Es gibt grundsätzlich zwei Erklärungsmöglichkeiten dafür, warum das Ergebnis einer Tarot-Lesung Relevanz für die Beantwortung einer Frage haben kann. Die eine ist ''esoterisch-spirituell'', die andere ''[[Wikipedia:Psychologie|psychologisch]]''.
 
* Die '''esoterisch-spirituelle''' oder auch [[Magie|magische]] Erklärung stützt sich auf den von [[Wikipedia:Carl Gustav Jung|Carl Gustav Jung]] geprägten Begriff der ''[[Synchronizität]]'' und versteht diesen als das gleichzeitige oder zeitnahe Auftreten zweier Ereignisse, die in einem inhaltlich sinnvollen, aber nicht kausalen Zusammenhang stehen. Es besteht nach diesem Erklärungsmodell also eine Parallelität zwischen dem, was in einer Legung dargestellt wird, und Ereignissen im Leben des Fragenden.
 
* Die '''psychologische''' Erklärung sieht in einer Tarotlegung lediglich ein projektives bzw. assoziatives Verfahren; einen Spiegel innerer und äußerer Prozesse. Das Tarotbild wird quasi als ein visuelles Gleichnis zur eigenen Situation erlebt.<ref>Bernhard Sommer-Teckenburg: ''Klärungshilfe mit Tarot''. Diplomarbeit im Fachbereich Psychologie, Universität Hamburg 1991; Seite 21. - Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung über die psychologische Beratung mit Tarot (zu beziehen über das [http://www.teckenburg.eu/Diplomarbeit.html Internetportal des Autors]).</ref> Nach dieser Erklärung zeigen die Tarotkarten grundlegende, typische menschliche Erfahrungen, die beim Anblick eine subtile [[emotion]]ale Reaktion hervorrufen, wenn das abgebildete Thema mit der eigenen Befindlichkeit korrespondiert. In diesem Licht kann der Tarot Werkzeug zur [[Selbsterkenntnis]], zum Aufspüren un- oder vorbewusster Gefühle dienen, er wird zum [[Spiegel]] des eigenen Selbst. Solchermaßen entmystifiziert wird das Tarot von einigen Psychologen auch im therapeutischen Kontext genutzt.
 
== Die großen Arkana ==
{{Hauptartikel|Große Arkana}}
 
Die großen Arkana bestehen aus 22 Karten, deren Sinnbilder sich von den
Bildern der Spielkarten völlig unterscheiden.  Während diese Karten im ältesten bekannten Deck, dem ''Visconti''-Tarot, unnummeriert sind, sind 21 dieser Karten seit den Vorläufern des Marseille-Tarot aus dem [[16. Jahrhundert]] nummeriert. Die Karte des Narren trägt traditionell entweder keine Zahl, oder sie wird mit der [[Null]], in seltenen Fällen mit der Zahl 22 gekennzeichnet. In einigen wenigen Decks wird die Karte des Narren auch zwischen oder nach den anderen Karten des großen Arkanums eingeordnet, und dann auch entsprechend nummeriert, oder er wird in der Tradition von Papus, Eliphas Levi und A. E. Waite als Null zwischen den Karten XX und XXI eingeordnet.
 
Diese 22 Karten wurden im vorletzten Jahrhundert von [[Oswald Wirth]] mit der Bedeutung als „Einweihungsstufen“ belegt und später von Elisabeth Haich in ihrem Tarotbuch<ref>Elisabeth Haich (Hrsg.): ''Tarot - Die zweiundzwanzig Bewusstseinsstufen des Menschen'', Drei Eichen Verlag, Oktober 2000, TB, ISBN 978-3-7699-0599-1</ref> als „22 universelle Stufen des Bewusstseins“ bezeichnet.
In diesen Bereich gehören die Decks nach Oswald Wirth, der Waite-Tarot ([[Arthur Edward Waite]]) und vor allem der Marseille-Tarot. Jedem [[Tarotblatt]] wird hier ein Buchstabe des hebräischen Alphabets zugeordnet.
 
=== Die 22 Trumpfkarten ===
Untenstehend der Vergleich der Nummerierung und Bezeichnung der Karten in den drei einflussreichsten Decks, und als Beispiel für ein ''freies'' Deck das ''Tarot der Ursprünge'', ein Deck mit einem [[Urgeschichte|urgeschichtlichen]] oder [[Steinzeit|steinzeitlichen]] Thema. Bei einigen Decks trägt der Narr die Nummer XXII.
 
{| class="wikitable"
|-
!Nummer
!Marseille Tarot
!Rider-Waite Tarot
!Thoth Tarot (Crowley)
!Tarot der Ursprünge
|-
| 0 || Le Fou <br /> Der Narr || Der Narr <br /> (im Original: The Fool) || Der Narr <br /> (im Original: The Fool) || Der Narr
|-
| 1 || Le Bateleur <br /> Der Magier, Gaukler || Der Magier <br /> (im Original: The Magician) || Der Magier <br /> (im Original: The Magus) || Der Magier
|-
| 2 || La Papesse <br /> Die Päpstin || Die Hohepriesterin <br /> (im Original: The High Priestess) || Die Hohepriesterin <br /> (im Original: The Priestess) || Die Große Mutter
|-
| 3 || L' Impératrice <br /> Die Herrscherin || Die Herrscherin <br /> (im Original: The Empress) || Die Kaiserin <br /> (im Original: The Empress) || Die Mutter
|-
| 4 || L' Empereur <br /> Der Herrscher || Der Herrscher <br /> (im Original: The Emperor) || Der Kaiser <br /> (im Original: The Emperor) || Der Vater
|-
| 5 || Le Pape <br /> Der Papst || Der Hierophant <br /> (im Original: The Hierophant) || Der Hohepriester <br /> (im Original: The Hierophant) || Der Schamane
|-
| 6 || Les Amoureux <br /> Die Liebenden || Die Liebenden <br /> (im Original: The Lovers) || Die Liebenden <br /> (im Original: The Lovers) || Die Verbindung
|-
| 7 || Le Chariot <br /> Der Triumphwagen || Der Wagen <br /> (im Original: The Chariot) || Der Wagen <br /> (im Original: The Chariot) || Der Wagen
|-
| 8 || La Justice <br /> Die Gerechtigkeit || Kraft * <br /> (im Original: Strength *) || Ausgleichung <br /> (im Original: Adjustment) || Der Überfluss
|-
| 9 || L' Ermite <br /> Der Einsiedler || Der Eremit <br /> (im Original: The Hermit) || Der Eremit <br /> (im Original: The Hermit) || Der Eremit
|-
| 10 || La Roue de Fortune <br /> Rad des Lebens || Rad des Schicksals <br /> (im Original: Wheel of Fortune) || Glück <br /> (im Original: Fortune) || Die Zeit
|-
| 11 || La Force <br /> Die Kraft || Gerechtigkeit * <br /> (im Original: Justice *) || Lust <br /> (im Original: Lust) || Die Schaffenskraft
|-
| 12 || Le Pendu <br /> Der Gehängte || Der Gehängte <br /> (im Original: The Hanged Man) || Der Gehängte <br /> (im Original: The Hanged Man) || Das Opfer
|-
| 13 || La Mort **<br /> Der Tod || Tod <br /> (im Original: Death) || Tod <br /> (im Original: Death) || Der Tod
|-
| 14 || La Tempérance <br /> Der Ausgleich || Mäßigkeit <br /> (im Original: Temperance) || Kunst *** <br /> (im Original: Art ***) || Die Quelle
|-
| 15 || Le Diable <br /> Der Teufel || Der Teufel <br /> (im Original: The Devil) || Der Teufel <br /> (im Original: The Devil) || Der Dämon
|-
| 16 || La Maison Dieu <br /> Der Turm || Der Turm <br /> (im Original: The Tower) || Der Turm <br /> (im Original: The Tower) || Der Menhir
|-
| 17 || L' Etoile <br /> Der Stern || Der Stern <br /> (im Original: The Star) || Der Stern <br /> (im Original: The Star) || Der Stern
|-
| 18 || La Lune <br /> Der Mond || Der Mond <br /> (im Original: The Moon) || Der Mond <br /> (im Original: The Moon) || Der Mond
|-
| 19 || Le Soleil <br /> Die Sonne || Die Sonne <br /> (im Original: The Sun) || Die Sonne <br /> (im Original: The Sun) || Die Sonne
|-
| 20 || Le Jugement <br /> Das Gericht || Gericht <br /> (im Original: Judgement) || Das Aeon <br /> (im Original: The Aeon) || Die Beute
|-
| 21 || Le Monde <br /> Die Welt || Die Welt <br /> (im Original: The World) || Das Universum <br /> (im Original: The Universe) || Die Welt
|-
| colspan="5" | * Im Waite-Deck sind die Karten 8 und 11 ausgetauscht worden, ** In den meisten Marseille-Blättern trägt die Karte 13 gar keinen Titel, *** Crowley benannte die Karte 14 um
|}
 
=== „Die Reise des Helden“ ===
Eine erst in den letzten Jahrzehnten aufgekommene, mittlerweile jedoch weit verbreitete Interpretation der großen Arkana bringt diese mit der [[Archetyp (Psychologie)|archetypischen]] [[Heldenreise]] in Verbindung. Wie jede Interpretation des Tarots ist auch diese nicht verbindlich; und für einige unkonventionellere Decks wäre sie auch nicht anwendbar. Da aber selbst Kritiker, die ihren Wert als Interpretation bestreiten, ihr zugestehen, dass sie eine gute Möglichkeit ist, sich die Reihenfolge und die grundlegende Bedeutung der Karten zu merken, ist eine Variante hier kurzgefasst aufgeführt:
 
Die Reise tritt der ''Narr'' an, der wie ein kleines Kind offen für alle und alles ist, aber sich auch um Gefahren noch keine Gedanken macht. ''Magier'' und ''Hohepriesterin'' verkörpern das handelnde, nach außen gerichtete und das kontemplative, nach innen gerichtete Prinzip; die beiden Ur-Richtungen menschlichen Lebens. Mutter und Vater werden verkörpert von ''Herrscherin'' und ''Herrscher'', wobei die Herrscherin das Prinzip der uneingeschränkten Fülle und des Lebens vertritt, und der Herrscher das ordnende und schützende Prinzip. Der Papst oder ''Hierophant'' verkörpert das tradierte Wissen oder Buchwissen, auch, aber nicht nur, in spirituellen Dingen. Diese Karten stellen die Kindheit des Helden dar. Das Ende der Kindheit bedeutet auch den Wunsch nach Partnerschaft und Liebe (die ''Liebenden'') und der Wunsch, die Heimat zu verlassen und neues zu erfahren (der ''Wagen'').
 
Die Erfahrungen, die dabei gemacht werden, bringen ein Empfinden für ''Gerechtigkeit'' und deren Notwendigkeit hervor, oder, folgt man Waites Reihenfolge, die ''Kraft'' für weitere Taten. Der ''Einsiedler'' steht dem Reisenden mit Rat zur Verfügung, und ist gleichzeitig Hinweis auf die Möglichkeit, Erkenntnis nicht (nur) durch Handeln, sondern (auch) durch Kontemplation zu gewinnen. Der Nutzen dieser Möglichkeit erschließt sich dem Reisenden, wenn er durch die Drehung des ''Schicksalsrads'' die Möglichkeit zum aktiven Handeln verliert und/oder ihm ein bestimmtes Ziel gesetzt wird. Durch diese Wendung des Schicksals erhält der Reisende die ''Kraft'', oder, nach Waite, die Einsicht in die Notwendigkeit der ''Gerechtigkeit'', um als der kopfüber ''Gehängte'' die Reise in die Dunkelheit einer Unterwelt (und/oder sein eigenes Inneres) anzutreten. Der ''Tod'' steht für den Übergang von der äußeren Welt in die Innen- oder Unterwelt. Erste Erkenntnis ist dann die Notwendigkeit der ''Mäßigung'', des Ausgleichs und Austauschs zwischen widerstrebenden Kräften.
 
Der ''Teufel'' steht für [[Illusion]]en, die den Reisenden zunächst blenden und gefangenhalten; oft die scheinbare Erfüllung einer Sehnsucht. Diese Illusionen werden durch den Fall des ''Turmes'' zerstört, und in der Karte des ''Sterns'' findet der Reisende das Ziel seiner Suche und/oder seine innere Ruhe und sein inneres Gleichgewicht. Allerdings muss er jetzt die Rückreise in die äußere Welt antreten. Diese Reise unter dem Zeichen des ''Mond''es ist allerdings eine gefahrenvolle, man denke an [[Orpheus]], der seine wiedergefundene Frau auf der Rückreise endgültig verlor. Erreicht der Reisende die Oberwelt und damit das ''Sonnen''licht wohlbehalten wieder, ist die gefährliche Reise durch die Unterwelt beendet, das endgültige Ziel jedoch noch nicht erreicht. Zunächst stellt die Karte des ''Gericht''s noch ein letztes Hindernis dar, so wie beispielsweise [[Odysseus]] noch die Werber um [[Penelope (Mythologie)|Penelope]] loswerden musste. Erst die Karte der ''Welt'' stellt das endgültige Ziel der Reise dar, die letztendlich die Reise zur eigenen Vervollkommnung ist; die Entwicklung zu einem Menschen, der sich sowohl seiner äußeren als auch seiner inneren Kräfte bewusst wird, und diese auch einsetzen kann.
 
Eine etwas andere und sehr ausführliche Variante der großen Arkana als Reise des Helden findet sich unter anderem in ''Tarot und die Reise des Helden''<ref>Hajo Banzhaf: ''Tarot und die Reise des Helden''. Hugendubel, Oktober 1997, ISBN 3-88034-991-6.</ref>.
 
=== Das Tarotblatt ===
:''Hauptartikel [[Tarotblatt]]''
 
; '''O - Der Narr''' : Unbeschwertheit, Sorglosigkeit, Leichtigkeit, Leichtsinnigkeit, Lebendigkeit, Lebenslust, Unbefangenheit
 
; '''I - Der Magier''' : Meisterung und gute Handhabung aller Energien, Verbindung zwischen Ideenwelt und Realität, Ausgewogenheit, Klarheit, Ideen und schöpferische Kraft
 
; '''II - Die Hohepriesterin''' : Intuition, beide Seiten einer Situation sehen oder sich ansehen müssen, Klärung der Situation und deren Vergangenheit, auch Klugheit und Umsicht
 
; '''III - Die Herrscherin''' : innere Kraft und Stärke, Selbstvertrauen und Verantwortungsbewusstsein, innerer Reichtum, Fruchtbarkeit, Durchsetzungskraft
 
; '''IV - Der Herrscher''' : äußere Kraft und Stärke, Selbstbeherrschung und -kontrolle, Wille, Stabilität
 
; '''V - Der Hierophant''' : Religiosität, Güte, Gnade, Beistand höherer Macht, erfahrener Rat, Lehre
; '''VI - Die Liebenden''' : Innige Verbindung, Liebe im höchsten Ausmaß, eine harmonische Liebesbeziehung, starke Verbundenheit, Leidenschaft, Anziehungskraft, Reiz.
 
; '''VII - Der Wagen''' : Erfolg trotz derzeitiger Stagnation, Suche nach dem rechten Weg, Ausruhen nach dem Erfolg, Entscheidungsnotwendigkeit, Triumph, errungener Sieg
 
; '''VIII - Die Gerechtigkeit''' : Fairness, Verantwortlichkeit, Regelung von öffentlichen Angelegenheiten, Gerechtigkeit, Richterspruch (auch im eigenen Inneren)
; '''IX - Der Eremit''' : die Suche nach dem eigenen Lebensweg, Isolation und Resignation, Distanz, Abgeschiedenheit, Weisheit, Einsamkeit, Reifezeit
; '''X - Das Rad des Schicksals''' : Das Leben geht immer weiter, Schicksal, größerer Erkenntnisprozess, Wechsel, Auflösung alter Erblasten, einschneidende Veränderungen.
 
; '''XI - Die Kraft''' : große Kraft und Stärke, Mut, Energiereserven, innere geistige Kraft, Selbstvertrauen, gute körperliche Konstitution u.a.
 
; '''XII - Der Gehängte''' : Ruhephase, Verzicht, Rückzug aus dem aktiven Leben, Unterwerfung, Verschnaufpause, Überdenken der eigenen Situation, gedankliche Bindung.
 
; '''XIII - Der Tod''' : Transformatorischer Prozess, große, tiefgreifende Loslösungsprozess, Verlust, Loslösung von alten Bindungen
 
; '''XIV - Die Mäßigkeit''' : im Fluss sein, guter, gemäßigter Energiehaushalt, Geduld, Gleichklang der Energien, Ausgewogenheit, Abwägen der Prioritäten
; '''XV - Der Teufel''' : Abhängigkeit, feste Grenzen, das Negative überwiegt, Versuchung, an die Materie geschmiedet
 
; '''XVI - Der Turm''' : drastische Veränderungen, Zusammenbruch des Egos, alte Systeme stürzen ein, Auseinandersetzung, innere Unruhe, Durchleben von stürmischen Zeiten
 
; '''XVII - Der Stern''' : Offenheit, Klarheit der Gefühle, Bereitschaft zur Aufnahme von kosmischen Energien, Erfüllung, Hoffnung, eine kleine Erleuchtung
 
; '''XVIII - Der Mond''' : Das Erwachen der Gefühle, Grenzen müssen überschritten werden, intuitives Verständnis, kontinuierlicher Wandel, den jetzigen Weg weitergehen
; '''XIX - Die Sonne''' : Beachtung des inneren Kindes, große Offenheit, Reinheit, Zufriedenheit, Problembereinigung, Selbstbestätigung, Liebe zu sich selbst
 
; '''XX - Das Gericht''' : Auferstehung, Neubeginn, das Hören auf innere und äußere Botschaften, Beginn einer neuen Phase, Wiederkehr, das Ende von Leidenszeiten steht bevor
 
; '''XXI - Die Welt''' : Entfaltung der Persönlichkeit, Erreichen eines wichtigsten Zieles, starke Selbsterkenntnis, das Gefühl, alles zu haben, was notwendig ist, Erfüllung, innere Freiheit, Entfaltungsmöglichkeiten eröffnen sich, Selbstausdruck
 
== Die kleinen Arkana ==
{{Hauptartikel|Kleine Arkana}}
 
Die kleinen Arkana (auch: ''kleines Arkanum'') bestehen aus vier mal vierzehn Karten in vier unterschiedlichen ''Farben'' oder Reihen, die jeweils aus zehn Zahlenkarten (1 (=[[Ass (Spielkarte)|Ass]]) bis 10) und vier meist [[Hofkarte]]n genannten Karten bestehen. Einzelne Decks verändern diese Anzahl, wie das obengenannte ''Universal''-Tarot. Einige wenige Decks nummerieren entweder die Karten von 1 bis 14 durch, oder verzichten sogar auf Farben, und nummerieren diese Karten von 1 bis 56 durch. Es ist allerdings teilweise umstritten, ob es sich bei solchen Decks noch in jedem Fall um Tarot-Karten handelt, oder bereits um eigene Deutungssysteme.
 
=== Farben und Elemente ===
Das Prinzip der Farben der Zahlenkarten ist aus normalen Kartenspielen bekannt. Sie sind beim Tarot identisch mit den Farben italienischer, spanischer und portugiesischer Kartendecks. Bei letzteren werden die vier Farben moderner, normaler Kartenspiele nach wie vor mit den alten Namen bezeichnet, auch wenn das entsprechende, ursprüngliche Symbol nicht mehr vorhanden ist: Karo wird "Ouros" (Gold), Kreuz "Paus" (Stäbe), Herz "Copas" (Kelche) und Pik "Espadas" (Schwerter) genannt. In verschiedenen Kartensystemen entsprechen sich die Bezeichnungen wie folgt:
 
{| class="wikiytable"
!Tarot
!Französische Karten
!Deutsche Karten
|-
|Stäbe || Kreuz || Eichel
|-
|Kelche ||  Herz || Herz
|-
|Schwerter || Pik || Blatt
|-
|Münzen || Karo || Schellen
|-
|}
 
Es gibt gewisse Variationen in der Benennung der Farben; wobei bei „freien“ Decks der Variationsmöglichkeit nur wenige Grenzen gesetzt sind. Meist aber werden die vier Farben mit den [[Vier-Elemente-Lehre|vier klassischen Elementen]], also Feuer, Wasser, Luft, Erde assoziiert. Gelegentlich wird ein fünftes Element, ''Leben'' oder ''Geist'' angenommen, das dann mit dem großen Arkanum assoziiert wird. Entsprechend wird verfahren, wenn nicht auf die europäische vier-Elemente-Lehre, sondern auf die chinesische [[Fünf-Elemente-Lehre]] (Feuer, Wasser, Erde, Metall und Holz) bezug genommen wird; dies ist vor allem bei Decks mit einem asiatischen Thema der Fall.
 
Die häufigsten Benennungen und Zuordnungen, sowie die des ''Tarot der Ursprünge'' als Beispiel für ein freies Deck. Die Zuordnung im Crowley-Tarot entspricht der klassischen Zuordnung (Rider-Waite), nur dass die Münzen als Scheiben bezeichnet werden.
{| class="wikiytable"
!Element
!Tarot <br /> Rider-Waite
!Tarot <br /> alternativ
!Tarot der <br /> Ursprünge
!typische Bedeutung
|-
|Feuer || Stäbe || Äste, Stöcke || Natur || Wille, Kraft, Intuition
|-
|Wasser || Kelche || Schalen, Kessel || Seele || Emotion, Instinkt
|-
|Luft || Schwerter || Dolche, Messer || Blut || Denken, Intellekt
|-
|Erde || Münzen || Pentakel, Scheiben || Schmuck || Materie, Praktisches
|}
 
Die häufigste Variation dieser Zuordnung ist die [[Assoziation (Psychologie)|Assoziation]] der Schwerter mit [[Feuer]] und der Stäbe mit [[Erde]]. Dies erscheint einleuchtend, denn die Stäbe wachsen aus der [[Erde]], die Schwerter werden im Feuer geschmiedet. Auch werden die Münzen/Pentakel dem Element [[Luft]] zugeordnet. Dies leuchtet ebenfalls ein, da Münzen in Form von [[Geld]] als Tauschmittel der Flüchtigkeit unterworfen sind.
 
=== Die 16 Hofkarten ===
Die sogenannten '''Hofkarten''' sind meist vier Karten, welche eine Person mit dem Symbol der Farbe darstellen. Traditionell sind dies König, Königin, Ritter und Page. Man kann mit einiger Berechtigung sagen, dass diese Karten den größten Wandel unter den Tarotkarten durchgemacht haben, sowohl was ihre Bedeutung als auch ihre Darstellung betrifft.
 
Der Bedeutungswandel und die Vielfalt der Bedeutungen lassen sich auch an den sich vielen Variationen der Bezeichnungen der einzelnen Karten ablesen; wobei sehr viele der ''freien'' Decks hier von den großen Traditionen abweichen.
 
{| class="wikitable"
|-
|'''Marseille-Tarot'''<br /> '''Rider-Waite-Tarot''' || König || Königin || Ritter || Page oder Bube
|-
|'''Golden Dawn'''<br /> '''Crowleys Thoth-Tarot''' || Ritter || Königin || Prinz || Prinzessin
|-
|'''Haindl-Tarot''' || Vater || Mutter || Sohn || Tochter
|-
|'''Tarot der Ursprünge''' || Mann || Frau || Tier || Kind
|-
|'''Shining Woman/Tribe''' || Sprecher || Gabe || Wissende/r || Ort
|}
 
==== Personenzuordnung ====
Anfänglich symbolisierten die Hofkarten lediglich Personen, etwa wie folgt:
* König der Stäbe = Rothaariger älterer Mann
* Ritter der Kelche = Blonder junger Mann
* Königin der Schwerter = Brünette Frau
* Page der Münzen = Schwarzhaariges Kind
 
In einem Wahrsagesystem ergeben Karten, die etwa ''Eine blonde Frau'' bedeuten, durchaus Sinn. In einem System, welches der (Selbst-)Erkenntnis dient, wäre jedoch eine Karte, welche etwa ''Die Macht der Gefühle'' bedeuten kann, wesentlich sinnvoller. Auch mit der zunehmenden Verbindung der großen Arkana mit Archetypen schwand die Notwendigkeit weiterer Karten, die Personen repräsentieren (können).
 
Auch in den meisten neueren Interpretationen können Hofkarten noch Personen darstellen, wenngleich eine Interpretation bezüglich des Alters oder gar der Haarfarbe weitestgehend aufgegeben wurde zugunsten der Eigenschaften von Personen; auch repräsentieren Hofkarten, wenn sie Personen repräsentieren sollen, meist Personen jeden Geschlechts, nicht nur des Dargestellten.
 
==== Elementezuordnung ====
Daneben aber stellen die Hofkarten häufig die unterschiedlichen Einflüsse oder Anwendungen der Elemente dar. Es war zunächst der ''Golden Dawn'', der den Hofkarten die vier Elemente zugeordnet und ihnen auch neue Namen gab:
* König/Ritter = Feuer
* Königin = Wasser
* Ritter/Prinz = Luft
* Page/Prinzessin = Erde
Daraus ergibt sich beispielsweise, dass der König/Ritter der Stäbe Feuer vom Feuer ist, die Karte also unter anderem ausgesprochene Willenskraft und Dynamik symbolisiert. Der König/Ritter der Münzen dagegen ist nach diesem System Feuer der Erde und steht unter anderem für den Willen, materielle Dinge zu erreichen. Wie üblich beim Tarot gibt es auch Systeme, welche die Zuordnung anders vornehmen. Dies ist allerdings die häufigste.
 
Die meisten heutigen Tarot-Systeme benutzen eine Mischung aus diesen beiden Systemen, in unterschiedlichen Gewichtungen, was die Hofkarten grade für Anfänger oft zu den am schwierigsten zu erlernenden Karten macht.
 
==== Alternative Deutung ====
Einen gänzlich anderen Ansatz stellte [[Wikipedia:Rachel Pollack|Rachel Pollack]] 1994 im ''Shining Women Tarot''<ref>Rachel Pollack: ''The Shining Woman Tarot''. 1994, wieder veröffentlicht 2001 als ''The Shining Tribe Tarot''. ISBN 1-56718-532-0.</ref> vor. Dort ist die Darstellung als Personen gänzlich aufgegeben worden, und die Hofkarten heißen Ort, Wissende/Wissender, Gabe und Sprecher des Elements der jeweiligen Farbe. Der Ort repräsentiert etwa das Potential des Elements, oder einen Ort der Begegnung mit dem Element. Der Wissende steht für das Verständnis des Elements, und dessen Bedeutung für das eigene Leben. Die Gabe kann für ein vertieftes Verständnis des Elements stehen oder dafür, dass man ein Geschenk dieses Elements enthält; bei den Stäben (Feuer) beispielsweise etwa die Kraft, etwas bestimmtes zu tun. Und der Sprecher schließlich steht für die Fähigkeit, das Element aktiv anwenden zu können, oder dessen Energie an andere weitergeben zu können.
 
=== Die 40 Zahlenkarten ===
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die Zahlenkarten zu interpretieren. Die eine Möglichkeit ist, die Bedeutung des Elements (Farbe) mit der [[Numerologie|numerologischen]] Bedeutung der Zahl zu verknüpfen; die andere ist es, jeder einzelnen Zahlenkarte eine eigene Bedeutung zuzuweisen. Meist beruhen diese eigenständigen Bedeutungen aber mindestens teilweise auf der Kombination von Element und Bedeutung der Zahl; oder sie haben sich aus solchen Deutungen entwickelt. Bei Decks oder Systemen, in denen dies nicht der Fall ist, sind Gemeinsamkeiten nicht zu entdecken. Aus diesem Grunde beschränkt sich dieser Artikel auf eine kurze Darstellung der Methode der Kombination aus Element und Bedeutung der Zahl. Der Zahlenwert 1 entspricht den As-Karten.
 
==== Kabbalistische Zuordnung ====
Es gibt sehr viele numerologische Systeme, welche sich teilweise erheblich widersprechen. Die häufig im Tarot verwendeten Systeme beruhen auf der kabbalistischen Interpretation der zehn [[Sephiroth]] des [[Lebensbaum (Kabbala)|Baum des Lebens]].
 
Zusammenfassung der Bedeutungen der Zahlen nach diesem System, sowie ein konkretes Beispiel:
 
'''1 - Kether - Krone''' Die Notwendigkeit des Geistes, sich zu offenbaren <br />
Essenz, Same, Wurzel, undifferenziertes Potential <br />
Der Gedanke, ein Haus zu bauen
 
'''2 - Chokmah - Weisheit''' „Am Anfang war das Wort“ <br />
Beginn, die Trennung, welche die Kommunikation ermöglicht, Richtung <br />
Erste Gespräche über diesen Plan
 
'''3 - Binah - Verstehen''' Das Wort wurde gesprochen, nun muss es verstanden werden <br />
Synthese, Harmonie, erstes Abstecken von Grenzen <br />
Einigung über die grundlegenden Fragen (z.B. Größe, Preis)
 
'''4 - Chesed - Liebe''' Die erste Verwirklichung und das erste Erkennen von Beschränkungen <br />
Verdichtung, Stabilität <br />
Gespräche mit Architekten, Banken, Behörden
 
'''5 - Geburah - Strenge''' Die Erkenntnis der (eigenen) Stärke <br />
Macht der Zerstörung, Stärke die zu Veränderungen bewegt <br />
Erste Schwierigkeiten (z.B. mit der Baugenehmigung) und deren Überwindung
 
'''6 - Tiphareth - Essenz''' Der manifeste Plan oder die offenbarte und verstandene Wahrheit <br />
Selbst und Selbstbewusstsein, Harmonie <br />
Das Ende der Planung und das Legen des Grundsteines
 
'''7 - Netzach - Sieg''' Die Auffächerung von Aktivitäten durch Gefühle <br />
Kreativität, Anarchie <br />
Der eigentliche Beginn des Baus mit dem unvermeidlich folgenden Chaos
 
'''8 - Hod - Glanz''' Die Unterscheidung durch Gliederung und Einordnung <br />
Anwendung von Logik und Verstand, Gerechtigkeit und Anpassung <br />
Der Bau des Hauses geht ordentlich und zügig vonstatten.
 
'''9 - Yesod - Fundament''' Die Grundlage aller manifester Erscheinungen <br />
(Gedankliche) Vollendung, Reflexion <br />
Das Richtfest
 
'''10 - Malkuth - Königreich''' Die Idee erlebt ihre Verwirklichung <br />
Das Ende einer Sache (und gleichzeitig der Beginn einer neuen) <br />
Das Haus steht endlich und erwartet den Umzug
 
Aus diesen Bedeutungen der Zahlen können sich zusammen mit den jeweiligen Elementen sehr unterschiedliche Interpretationen der einzelnen Karten ergeben. So steht die Zehn der Kelche (also Wasser=Emotionen) etwa für die Erfüllung und das Glück, die Zehn der Schwerter (Luft=Intellekt) hingegen unter anderem Überreaktionen, Panik, einen Tiefpunkt und/oder den Untergang.
 
== Verbindung zu anderen esoterischen Systemen ==
Das Tarot ist ursprünglich ein genuines [[Europa|europäisches]] esoterisches System. Allerdings gibt es spätestens seit den Schriften des ''Golden Dawn'' viele sehr [[Synkretismus|synkretistische]] Ansätze bei der Interpretation des Tarots. Es dürfte nur wenige religiöse, spirituelle und esoterische Systeme geben, die nicht irgendjemand einmal mit dem Tarot in Verbindung brachte. Der Sinn solcher Verbindungen ist dabei häufig allerdings umstritten.
 
Weitestgehend unumstritten, auch da mittlerweile bereits traditionell, sind die Verbindungen zwischen [[Alchemie]], [[Kabbala]], und [[Astrologie]] und dem Tarot. Im folgenden sind lediglich die häufig in Bezug auf den Tarot verwendeten Teile dieser Systeme beziehungsweise ihre Verbindung zum Tarot dargestellt; dies ist keine Einführung in die Systeme selbst.
 
=== Alchemie ===
Aus der [[Alchemie]] hat der Tarot vor allem die [[Vier-Elemente-Lehre|vier Elemente]] Feuer, Wasser, Erde und Luft und ihre Bedeutung übernommen. Ebenso wird das Tarot häufig, analog zur alchemischen Suche nach dem ''[[Stein der Weisen]]'', als ein Werkzeug zur [[Selbsterkenntnis]] und Selbstvervollkommnung verstanden.
 
=== Numerologie ===
Nahezu alle Systeme verwenden [[Numerologie|numerologische]] Methoden bei der Interpretation der Karten.  
 
Bei der Interpretation der großen Arkana werden häufig numerologische Methoden herangezogen, meist aber nur simple Methoden, um eine Verbindung der Karten untereinander herzustellen. Ein Beispiel: Die Karten 1 - Der Magier und 2 - Die Hohepriesterin haben einen direkten numerologischen Bezug zur 3 - Die Herrscherin, zur 12 - Der Gehängte und zur 21 - Die Welt. Letzteres wird dahingehend interpretiert, dass sowohl die Beherrschung des handelnden, nach außen gerichteten Prinzips des Magiers, als auch die des kontemplativen, nach innen gerichteten Prinzips der Hohepriesterin notwendig sind, um sein volles menschliches Potential ausschöpfen zu können.
 
Bei der Interpretation der Zahlenkarten werden meistens komplexere numerologische Systeme verwendet, die den Zahlen 1-10 jeweils eine bestimmte Bedeutung zuweisen. Problematisch allerdings ist die Tatsache, dass es sehr viele numerologische Systeme gibt, die sich teilweise erheblich widersprechen. Allerdings beruhen die meisten im Tarot verwendeten Systeme auf der kabbalistischen Interpretation der zehn Sephiroth des Baum des Lebens.
 
Beim Legen der Karten wird häufig die Summe oder Quersumme der gelegten Karten benutzt, um beispielsweise die „Essenz“ oder die „Summe“ der Legung festzustellen. Auch die sogenannten ''Geburtskarten'' oder ''Persönlichkeitskarten'' oder ähnliche werden in vielen Systemen durch numerologische Methoden ermittelt.
 
=== Kabbala ===
Obwohl vermutlich unterschiedlichen Ursprungs gibt es eine Theorie, die eine Beziehung zu den jüdischen okkulten Lehren der [[Kabbala]] herstellen will. Die augenfälligste Verbindungsmöglichkeit zwischen Kabbala und dem Tarot ist der kabbalistische [[Lebensbaum (Kabbala)|Baum des Lebens]], der aus zehn Punkten, den sogenannten [[Sephiroth]], mit 22 Verbindungen besteht, die den 22 Buchstaben des [[Hebräisches Alphabet|hebräischen Alphabets]] entsprechen. Diese 22 Verbindungen können beim Tarot mit den 22 Arkana in Beziehung gesetzt werden, und die zehn sogenannten Sephiroth mit den Werten der Zahlenkarten.
 
{| class="wikitable"
|-
!Der kabbalistische Baum des Lebens
!Die Sephiroth
|-
|[[Datei:TreeOfLive_wNo.png]]
| I - Kether - Krone <br /> II - Chokmah - Weisheit <br /> III - Binah - Verstehen <br /> IV - Chesed - Liebe <br /> V - Geburah - Strenge <br /> VI - Tiphareth - Essenz<br /> VII - Netzach - Sieg <br /> VIII - Hod - Glanz <br /> IX - Yesod - Fundament <br /> X - Malkuth - Königreich
|-
|colspan="2" | Die Zahlen an den Pfaden entsprechen den Nummern der großen Arkana.
|}
 
Die auf das Tarot angewandten kabbalistischen Lehren entstammen zumeist einer langen Tradition der christlich/westlichen Rezeption der Kabbala. Studenten der jüdischen Kabbala, zu deren Studium unter anderem Hebräisch-Kenntnisse unabdinglich sind, weisen häufig auf Widersprüche zwischen dieser christlichen Tradition und der ursprünglichen jüdischen Kabbala und ihrer Weiterentwicklung hin.
 
=== Astrologie ===
Auch zur westlichen [[Astrologie]] werden in vielen Deutungssystemen des Tarot Verbindungen hergestellt. Ebenso gibt es einzelne Decks, die entsprechende Verbindungen zu anderen astrologischen Systemen herstellen; auf diese soll hier aber nicht eingegangen werden. Meist werden den einzelnen Karten die Tierkreiszeichen, Planeten und/oder astrologische Häuser zugeordnet, oft auch eines der vier Elemente, mit denen auch die Astrologie arbeitet. Deren Eigenschaften werden dann in die Deutung der jeweiligen Karte mit einbezogen. Allerdings herrscht keineswegs Einigkeit darüber, welches Zeichen zu welcher Karte gehört, und selbst einen Überblick zu geben würde den Rahmen des Artikels bei weitem sprengen.
 
=== Weitere Systeme ===
Beispiele für andere Systeme, die häufig oder gelegentlich mit dem Tarot in Verbindung gebracht werden, sind [[Runen]], das [[I Ging]], die [[Kelten|keltische]] [[Mythologie]], die [[ägyptische Mythologie]], neuerdings auch [[Engel]] und viele andere mehr.
 
== Legen und Lesen der Karten ==
=== Vorbereitung ===
Während viele Menschen sich auf das Lesen der Karten mit ausführlichen Ritualen, die etwa Kerzen, Musik und/oder Meditationen beinhalten können, vorbereiten, verzichten andere größtenteils oder völlig darauf. Eine gewisse Konzentration gilt aber allgemein als ratsam.
 
Deck und Legesystem sollten entsprechend der Fragestellung ausgewählt werden; dies ist jedoch, insbesondere was das Deck angeht, eine sehr subjektive Entscheidung, für die keine Regeln existieren.
 
Ebenfalls eine persönliche Entscheidung ist es, ob man beim Mischen der Karten bestimmten Ritualen oder Methoden folgt. Wenn man mit umgekehrten Karten arbeiten möchte, ist es notwendig, eine Methode zum Mischen der Karten zu wählen, bei der umgekehrte Karten vorkommen können; dies kann beispielsweise durch Abheben und Umdrehen von Karten geschehen.
 
=== Legesysteme ===
<!--Die Darstellung der Legesysteme wurde übernommen von https://web.archive.org/web/20111017085431/http://www.tarotonline.de/legesysteme.
Muss mit ordentlichen Belegen umgeschrieben werden. -->
Egal, zu welchem Zweck man die Tarot-Karten deuten möchte, wenn man sich nicht darauf beschränken möchte, jeweils nur eine einzelne Karte auszuwählen, und diese zu interpretieren, benötigt man ein Legesystem. Ein Legesystem ist jedes System, in dem bestimmte Plätze bestimmt werden, und diesen Plätzen eine bestimmte Bedeutung zukommt. Ein Legesystem kann aus nur zwei Karten bestehen, andere Legesysteme beziehen mehr Karten ein, einige sogar alle 78. Als wichtig dabei gilt nicht, sich an ein bestimmtes System zu halten, sondern ein zur Fragestellung passendes auszuwählen, oder selbst eines festzulegen. Daher ist die Anzahl der möglichen Legesysteme unbegrenzt.
 
Als Beispiele hier ein paar bekannte Legesysteme.
Die erste mit drei Karten und einigen möglichen Bedeutungen der Positionen, und die zweite ''Keltisches Kreuz'', die am häufigsten beschriebene Legemethode.
 
==== Legen mit drei Karten ====
Die einfachste Art, Karten zu legen. Soll in der Denkweise der Tarot-Praktizierenden geeignet sein, um für einen selbst Tagesvorhersagen zu treffen oder kleinere Fragen zu beantworten.
 
{|
|-
|[[Datei:3-Card-Spread.svg|240px]]
|
# Vergangenheit
# Gegenwart
# Zukunft
|
# Ich
# Partner/in
# Umwelt
|
# Was spricht dafür
# Was spricht dagegen
# Was passiert, wenn ich es tue
|}
 
==== Das keltische Kreuz ====
Eines der ältesten und bekanntesten Legearten. Durch die hohe Anzahl an gelegten Karten und der umfangreichen Fragemöglichkeiten soll sich diese sehr ausführliche Legeart für alle Fragen anbieten. Falls man unsicher sei, welche Legeart zu wählen ist, solle das keltische Kreuz verwendet werden.
{|
|-
|[[Datei:Celtic Cross Spread - Banzhaf.svg|240px]]
|
# Ausgangssituation
# Weitere Einflüsse
# Bewusste Aspekte (Rationales)
# Unbewusste Aspekte (Emotionales)
# Jüngere Vergangenheit
# Nähere Zukunft
# Selbst
# Umwelt
# Hoffnungen und Ängste
# Ergebnis
||
# Darum geht es
# Das kommt hinzu
# Das wird erkannt
# Das wird gespürt
# Das hat dahin geführt
# So geht es weiter
# So sieht es der Fragende
# So sehen es die anderen
# Das erwartet oder befürchtet der Frager
# Dorthin führt es
|}
 
Es gibt diverse Variationen des ''Keltischen Kreuzes''. Während das eigentliche Legemuster bei all diesen Variationen gleich ist, bestehen insbesondere hinsichtlich der Reihenfolge und Bedeutung der Karten 3–6 Differenzen.
 
==== Der Kompass ====
Beim Kompass hat man eine einfache Tendenzlegung. Diese Legeart ist aber beliebig erweiterbar und kann daher zu einer sehr guten Entscheidungshilfe werden. Die Legart wird gerne verwendet, wenn man vor der Kartenlegung schon vermutet, dass neue Fragen während dieser hinzutreten werden.
{|
|-
|[[Datei:4-Card-Spread.svg|240px]]
|
# Das ist die Frage
# Nahe Zukunft
# Andere und Umfeld
# Zukunft (auf längere Sicht)
|}
==== Das Kreuz / Der nächste Schritt ====
Das Kreuz gibt eher eine prägnante Interpretation wieder, die häufig in die richtige Richtung weist. Die Fragestellung kann hier zahlreich umgestellt werden, um somit immer neue Interpretationen der Karten zu ermöglichen. Sie wird gerne verwendet, um einen Trendverlauf oder eine Tendenz zu erkennen.
 
{|
|-
| [[Datei:Simple-Cross-Spread.svg|240px]]
|
# Die Frage / Hier stehst Du
# Das sollte nicht getan werden / Das ist jetzt nicht wichtig
# Das sollte getan werden / Das ist wichtig
# Dahin führt der Weg / Dahin führt es
|}
 
==== Das Liebesorakel ====
Das Liebesorakel ist angelehnt an das Kreuz, jedoch genau zugeschnitten auf Fragen rund um das Thema Partnerschaft. Mit der Position drei erhält man hier zudem eine Karte die auf den Partner eingeht. Hier kann man sehr genaue Legungen für alle Liebes- und Partnerschaftsfragen durchführen.
{|
|-
| [[Datei:Banzhaf-Liebesorakel-Spread.svg|240px]]
|
# Die Frage
# Innerliche Beweggründe
# Wie der Andere dazu steht
# Was der Ratschlag ist
|}
 
== Rezeption ==
<!--bitte genau benennen, was belegt werden soll. Diskussionsseite nutzen!!-- ~~~~-->
Insbesondere gegen die ''divinatorische'' Nutzung des Tarots wird häufig, wie gegen alle anderen Arten der [[Wahrsagung|Wahrsagerei]], eingewandt, dass es für die Zuverlässigkeit der Ergebnisse keinen Beweis gebe. Allerdings gehen die meisten neueren Autoren und Tarot-Leser davon aus, dass das Tarot ohnehin nicht unumgängliche und überraschend eintretende Ereignisse vorhersagen könne, sondern lediglich Tendenzen anzeige; etwa im Sinne von: „Wenn sich an der Situation nichts ändert, wird X eintreten.“
 
Das Tarot wird, wie andere Wahrsage- und Beratungsmethoden auch, gelegentlich zum [[Wikipedia:Betrug|Betrug]] missbraucht, etwa um „Schutz[[amulett]]e“ gegen angebliche „Verhexungen“ zu verkaufen, oder auch nur weitere Sitzungen. Gerade bei telefonischen Beratungen kommt es auch vor, dass nicht für jeden Anrufer tatsächlich die Karten gelegt werden, sondern die Berater einige wenige vorgefertigte Legungen vorliegen haben, die dann einfach vorgetragen werden, unabhängig von Frage und Fragesteller.
 
Weiterhin wird das Tarot, insbesondere von religiösen Gruppen, häufig mit [[Magie|magischen]] Praktiken oder [[Satanismus]] in Verbindung gebracht. Dies geht nicht zuletzt auf [[Aleister Crowley]] zurück.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Tarot}}
* {{WikipediaDE|Kategorie:Monismus}}
* {{WikipediaDE|Tarot}}
* {{WikipediaDE|Monismus}}
* {{WikipediaDE|Tarock}}
* {{Eisler|Monismus}}
* {{WikipediaDE|Wahrsagekarten}}
* [[Anomaler Monismus]]
* [[Neutraler Monismus]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Philosophie der Freiheit'', [[GA 4]] (1995), ISBN 3-7274-0040-4 {{Schriften|004}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Methodische Grundlagen der Anthroposophie'', [[GA 30]] (1989), ISBN 3-7274-0300-4 {{Vorträge|030}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Mein Lebensgang'', [[GA 28]] (2000), ISBN 3-7274-0280-6 {{Schriften|028}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Briefe Band II: 1890 – 1925'', [[GA 39]] (1987), ISBN 3-7274-0390-X {{Briefe|038}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Erkenntnis der Seele und des Geistes'', [[GA 56]] (1985), ISBN 3-7274-0560-0 {{Vorträge|056}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen Mythologie'', [[GA 121]] (1982), 5. Aufl., ISBN 3-7274-1210-0 {{Vorträge|121}} ; 6. Aufl., stark bearbeitete und erweiterte Neuauflage 2017: ISBN 3727412119,  (''Die überarbeitete 6. Auflage enthält neu eine Darstellung der Textgrundlagen, ein Verzeichnis sämtlicher Korrekturen Steiners und einen vollständig neu bearbeiteten Kommentar. (Verlagsauskunft))''


=== Tarot-Handbücher ===
{{GA}}
(Sämtliche Werke sind absolut empfehlenswert. Es handelt sich um "die" Standardliteratur zum Thema schlechthin.)
* [[Akron (Okkultist)|Akron]], [[Hajo Banzhaf]]: ''Der Crowley-Tarot'' (mit [[Akron (Okkultist)|Akron]]). Hugendubel, München 2004, ISBN 3-7205-2514-7, ISBN 3-7205-2515-5 (mit Crowley-Tarot-Deck)
* [[Hajo Banzhaf]], [[Brigitte Theler]]: ''Schlüsselworte zum [[Aleister Crowley|Crowley]]-Tarot'' (mit [[Brigitte Theler]]). Hugendubel, München 1998; Goldmann, München 1999, ISBN 3-442-21524-2.
* [[Hajo Banzhaf]]: ''Das Tarot-Handbuch''. Hugendubel, München 1986; Goldmann, München 1998, ISBN 3-442-21503-X.
* [[Hajo Banzhaf]]: ''Schlüsselworte zum Tarot''. Goldmann, München 1990, ISBN 3-442-12077-2, ISBN 3-442-12126-4 (inkl. Kartenset)
* [[Hajo Banzhaf]]: ''[https://www.amazon.de/Gut-beraten-mit-Tarot-Tarot-Karten/dp/3442337488/ref=sr_1_7?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&keywords=Tarot+Waite&qid=1567580423&s=gateway&sr=8-7 Gut beraten mit Tarot. Set / Buch mit 78 Rider-Waite-Tarotkarten]'' arkana, 6. Aufl. München 2005
* [[Arthur Edward Waite]]: ''Pictorial Key to the Tarot'' (1910)
* [[Arthur Edward Waite]]: ''[[Der Bilderschlüssel zum Tarot (Buch)|Der Bilderschlüssel zum Tarot. Fragmente einer geheimen Tradition unter dem Schleier der Weissagekunst]]''. Urania-Verlag, Waakirchen 1978, ISBN 3-921960-01-0.
 
=== Tarot-Hermeneutik ===
* Bernd A. Mertz: ''Lebenshilfe durch Kartenlegen'', Falken Vlg., Niedernhausen/Ts. 1995, ISBN 3-8068-1227-6 (anhand der Großen Arkana des Ansata Tarots)
* Eckhard Graf: ''Mythos Tarot - historische Fakten'', Param Verlag, Alberstedt 1989, ISBN 3-88755-004-8. (Geschichtliches Standardwerk über Mythen des esoterischen Tarots)
* Thomas Körbel: ''Hermeneutik der Esoterik. Eine Phänomenologie des Kartenspiels Tarot als Beitrag zum Verständnis von Parareligiosität''. Reihe: ''Religion und Biographie'' Bd. 6, Münster 2001; 456 S. ISBN 3-8258-5378-0. (Rezension Dr. Matthias Pöhlmanns, EZW-Referat Esoterik, Okkultismus, Spiritismus: ''Thomas Körbel, Hermeneutik der Esoterik. Eine Phänomenologie des Kartenspiels Tarot als Beitrag zum Verständnis der Parareligiosität, Münster/Hamburg/London 2001 (= Religion und Biographie 6), in: Theologische Literaturzeitung 129, Heft 4/2004, 366-367'')
* Hildegard Piegeler: ''Tarot . Bilderwelten der Esoterik'', Wilhelm Fink Verlag, München 2010, ISBN 978-3-7705-4934-4
* Rachel Pollack: ''Tarot - 78 Stufen der Weisheit'', Knaur, München 1985, ISBN 3-89060-508-7
* Ralph Tegtmeier: ''Tarot - Geschichte eines Schicksalsspiels'', DuMont, Köln 1986, ISBN 3-7701-1682-8
 
=== Astrologie und Tarot ===
* Bernd A. Mertz und Paul Struck: ''Astrologie und Tarot'', Ansata Vlg., Interlaken; 3. Auflage, März 1997, ISBN 3715700939
 
=== Tarot & Psychologie (wissenschaftliche Literatur) ===
* Marion Guekos-Hollenstein: ''Zur psychologischen Deutung des Tarock-Spiels''. Dissertation an der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich 1978.
* In überarbeiteter Form als Taschenbuch erhältlich unter dem Titel: ''Quellen des Tarot - Unbekannte Schätze in den 22 Großen Arkana''. Verlag, Verlagsort Erscheinungsjahr, ISBN 3-933939-06-2.
 
=== Kritische Literatur ===
* Valentin Tomberg: ''Der wandernde Narr - Die Liebe und ihre Symbole - Eine christliche Tarot-Meditation.'' Französischer Originaltext mit deutscher Übersetzung von Wilhelm Maas. Herausgegeben von Friederike Migneco und Volker Zotz. Luxemburg (Kairos Edition) 2007, ISBN 2-9599829-5-9 (Der Autor Valentin Tomberg, der "Anonymus d’Outre-Tombe" des von Kriele und Spaemann herausgegebenen Buchs, legt hier eine kompaktere Fassung seiner Tarot-Meditationen vor.)
* Martin Kriele u. Robert Spaemann (Hrsg.): ''Die großen Arcana des Tarot. Meditationen des Valentin Tomberg|Anonymus d’Outre-Tombe'', Herder, Basel 1989, 4 Bd., ISBN 3-906371-01-8. (Christliche Hermetik. Interdizplinäre Arbeit über Tarot, welche Theologie, Gnosis, Hermetik und Psychologie verbindet. Bisher nichts damit Vergleichbares.)
 
== Weblinks ==
{{Commonscat|Tarot cards|{{PAGENAME}}}}
* [http://www.fhab.de/rudolf-steiner_taro Rudolf Steiner über das Tarot]
* [https://www.ewigeweisheit.de/geheimwissen/tarot/geschichte-des-tarot Geschichte des Tarot] Website


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


{{Navigationsleiste Tarot}}
[[Kategorie:Philosophische Grundposition|204]]
 
[[Kategorie:Weltanschaulicher -ismus]]
[[Kategorie:Kartenspiel mit speziellem Blatt]]
[[Kategorie:Weltanschauung]]
[[Kategorie:Esoterik nach Richtung]]  
[[Kategorie:Anthroposophie]]
[[Kategorie:Esoterische Richtung]]  
[[Kategorie:Rudolf Steiner]]
[[Kategorie:Mantik nach Richtung]]  
[[Kategorie:Philosophie]]  
[[Kategorie:Mantische Richtung]]
[[Kategorie:Ontologie]]
[[Kategorie:Kartenlegen]]
[[Kategorie:Monismus|!]]
[[Kategorie:Tarot|!]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 27. Juni 2022, 04:20 Uhr

Der Monismus ist ein philosophisches System, das, im Gegensatz zum Dualismus und Pluralismus, alles Weltgeschehen auf ein einziges Grundprinzip zurückführen will, sei es nun geistig (Spiritualismus, Idealismus, Phänomenalismus), materiell (Materialismus, Physikalismus, Realismus) oder neutral (wonach sowohl physikalischen als auch geistigen Erscheinungen ein unabhängiges drittes, fundamentaleres Prinzip zugrunde liegt).

Der Ursprung des Monismus bei den semitischen Völkern

„Es gibt zwei geistige Strömungen in der Menschheit. Die eine geistige Strömung muß man nennen, wenn man sie richtig bezeichnen will, diejenige, die von dem Pluralismus, man könnte auch sagen, von der Monadologie ausgeht, die also vorzugsweise in einer Vielheit von Wesenheiten und Kräften den Ursprung und die Quelle des Daseins sieht. Sie können nun überall in der Welt umherschauen, in irgendeiner Weise werden Sie sehen, daß die Völker der nachatlantischen Zeit von Vielheiten des Göttlichen ausgegangen sind. Beginnen Sie bei der Dreiheit des alten Indertums, die sich später ausgelebt hat in Brahma, Shiva und Vishnu. Sehen Sie auf die deutsche Mythologie, so finden Sie die Dreiheit von Odin, Hönir und Lödur und so weiter. So werden Sie überall eine Dreiheit und diese in eine Vielheit gegliedert finden. Sie sehen diese Eigentümlichkeit aber nicht nur da, wo sozusagen Göttermythen und Götterlehren auftreten, sondern auch in den Philosophien, wo uns dieselbe als Monadologie entgegentritt. Das ist die eine Strömung, welche, weil sie von der Vielheit ausgeht, die größtmögliche Mannigfaltigkeit annehmen kann. Man könnte sagen: In der nachatlantischen Zeit, vom weitesten Osten in Indien und im weiten Bogen durch Asien hindurch bis nach Europa, hat dieser Dienst der Vielheit, der sich im Grunde genommen in unserer geisteswissenschaftlichen Weltanschauung dadurch ausdrückt, daß wir eine Summe der verschiedensten Wesenheiten, der verschiedensten Hierarchien anerkennen, seine mannigfaltigsten Vertretungen und Ausgestaltungen gewonnen.

Diesem Dienste der Vielheit mußte eine synthetische, eine zusammenfassende Bewegung gegenüberstehen, eine Bewegung, die streng ausging von dem Monon, dem Monismus. Die eigentlichen Inspiratoren, die Impulsgeber alles Monotheismus und Monismus, aller Einheitsgöttlichkeit sind die semitischen Völker. Bei ihnen liegt es in der Natur, und — wenn Sie sich erinnern an das, was heute morgen gesagt wurde — es liegt bei ihnen im Blut, den Einheitsgott, das Monon zu vertreten. Wenn der Mensch hinaussieht in das große Weltendasein, dann würde er aber nicht weit kommen, wenn er immer nur betonte: Eine Einheit, ein Monon liegt der Welt zugrunde. Der Monismus oder Monotheismus allein genommen ist dasjenige, was nur ein letztes Ideal darstellen kann. Dies würde aber niemals zu einer wirklichen Welterfassung, zu einer durchgreifenden konkreten Weltanschauung führen können. Doch es mußte in der nachatlantischen Zeit auch die Strömung des Monotheismus ihre Vertretung finden, so daß einem Volke übertragen war, das Ferment, den Impuls zu geben zu diesem Monotheismus. Diese Aufgabe war dem semitischen Volke übertragen. Daher sehen Sie, wie sozusagen mit einer gewissen abstrakten Strenge, einer abstrakten Unerbittlichkeit das monistische Prinzip gerade in diesem Volke vertreten wird, und alle anderen Völker haben insofern, als sie ihre verschiedenen göttlichen Wesenheiten in eine Einheit zusammenfassen, den Impuls dazu bekommen von dieser Seite her. Der monistische Impuls ist immer von dieser Seite gekommen. Die anderen Völker haben pluralistische Impulse.“ (Lit.:GA 121, S. 123ff)

Der Monismus in Rudolf Steiners «Philosophie der Freiheit»

In seiner «Philosophie der Freiheit» (GA 4) hat Rudolf Steiner einen Monismus vertreten, der „den einseitigen Realismus mit dem Idealismus zu einer höheren Einheit vereinigt.“ (Lit.:GA 4, S. 124)

„Für den naiven Realismus ist die wirkliche Welt eine Summe von Wahrnehmungsobjekten; für den metaphysischen Realismus kommt außer den Wahrnehmungen auch noch den unwahrnehmbaren Kräften Realität zu; der Monismus setzt an die Stelle von Kräften die ideellen Zusammenhänge, die er durch sein Denken gewinnt. Solche Zusammenhänge aber sind die Naturgesetze. Ein Naturgesetz ist ja nichts anderes als der begriffliche Ausdruck für den Zusammenhang gewisser Wahrnehmungen.

Der Monismus kommt gar nicht in die Lage, außer Wahrnehmung und Begriff nach anderen Erklärungsprinzipien der Wirklichkeit zu fragen. Er weiß, daß sich im ganzen Bereiche der Wirklichkeit kein Anlaß dazu findet. Er sieht in der Wahrnehmungswelt, wie sie unmittelbar dem Wahrnehmen vorliegt, ein halbes Wirkliches; in der Vereinigung derselben mit der Begriffswelt findet er die volle Wirklichkeit. Der metaphysische Realist kann dem Anhänger des Monismus einwenden: Es mag sein, daß für deine Organisation deine Erkenntnis in sich vollkommen ist, daß kein Glied fehlt; du weißt aber nicht, wie sich die Welt in einer Intelligenz abspiegelt, die anders organisiert ist als die deinige. Die Antwort des Monismus wird sein: Wenn es andere Intelligenzen gibt als die menschlichen, wenn ihre Wahrnehmungen eine andere Gestalt haben als die unsrigen, so hat für mich Bedeutung nur dasjenige, was von ihnen zu mir durch Wahrnehmen und Begriff gelangt. Ich bin durch mein Wahrnehmen, und zwar durch dieses spezifische menschliche Wahrnehmen als Subjekt dem Objekt gegenübergestellt. Der Zusammenhang der Dinge ist damit unterbrochen. Das Subjekt stellt durch das Denken diesen Zusammenhang wieder her. Damit hat es sich dem Weltganzen wieder eingefügt. Da nur durch unser Subjekt dieses Ganze an der Stelle zwischen unserer Wahrnehmung und unserem Begriff zerschnitten erscheint, so ist in der Vereinigung dieser beiden auch eine wahre Erkenntnis gegeben. Für Wesen mit einer andern Wahrnehmungswelt (zum Beispiel mit der doppelten Anzahl von Sinnesorganen) erschiene der Zusammenhang an einer andern Stelle unterbrochen, und die Wiederherstellung müßte demnach auch eine diesen Wesen spezifische Gestalt haben. Nur für den naiven und den metaphysischen Realismus, die beide in dem Inhalte der Seele nur eine ideelle Repräsentation der Welt sehen, besteht die Frage nach der Grenze des Erkennens. Für sie ist nämlich das außerhalb des Subjektes Befindliche ein Absolutes, ein in sich Beruhendes, und der Inhalt des Subjektes ein Bild desselben, das schlechthin außerhalb dieses Absoluten steht. Die Vollkommenheit der Erkenntnis beruht auf der größeren oder geringeren Ähnlichkeit des Bildes mit dem absoluten Objekte. Ein Wesen, bei dem die Zahl der Sinne kleiner ist, als beim Menschen, wird weniger, eines, bei dem sie größer ist, mehr von der Welt wahrnehmen. Das erstere wird demnach eine unvollkommenere Erkenntnis haben als das letztere.

Für den Monismus liegt die Sache anders. Durch die Organisation des wahrnehmenden Wesens wird die Gestalt bestimmt, wo der Weltzusammenhang in Subjekt und Objekt auseinandergerissen erscheint. Das Objekt ist kein absolutes, sondern nur ein relatives, in bezug auf dieses bestimmte Subjekt. Die Überbrückung des Gegensatzes kann demnach auch nur wieder in der ganz spezifischen, gerade dem menschlichen Subjekt eigenen Weise geschehen. Sobald das Ich, das in dem Wahrnehmen von der Welt abgetrennt ist, in der denkenden Betrachtung wieder in den Weltzusammenhang sich einfügt, dann hört alles weitere Fragen, das nur eine Folge der Trennung war, auf.

Ein anders geartetes Wesen hätte eine anders geartete Erkenntnis. Die unsrige ist ausreichend, um die durch unser eigenes Wesen aufgestellten Fragen zu beantworten.“ (Lit.:GA 4, S. 124ff)

Die gesamte Erscheinungswelt, die sich der inneren (seelischen) und äußeren (sinnlichen) Wahrnehmung darbietet, hat unvermeidlich einen durchgehend pluralistischen Charakter. Die durch die verschiedenen Sinne vermittelten Sinnesqualitäten lassen sich grundsätzlich nicht aufeinander zurückführen. Farben lassen sich ebensowenig aus Bewegungsvorgängen wie etwa aus Gerüchen oder Klangerlebnissen ableiten und Gedanken, Gefühle und Willensipulse nicht aus neurophysiologischen Gehirnprozessen. Das in der Philosophie des Geistes seit langem heftig diskutierte Leib-Seele-Problem ist tatsächlich ein Scheinproblem. Das einigende Band zwischen den unterschiedlichsten Erscheinungen - auch zwischen Gehirn und Psyche - kann nur durch das Denken gezogen werden, bzw. durch den Geist, der das Denken tätig hervorbringt und dadurch den realen gesetzmäßigen Zusammenhang der verschiedenen Erscheinungen offenbaren kann. Dem Pluralismus der Erscheinungswelt steht damit ein geistiger Monismus gegenüber, der auch die Grundlage der anthroposophischen Geisteswissenschaft bildet.

„Der menschliche Geist kommt in Wahrheit nie über die Wirklichkeit hinaus, in der wir leben, und er hat es auch nicht nötig, da alles in dieser Welt liegt, was er zu ihrer Erklärung braucht. Wenn sich die Philosophen zuletzt befriedigt erklären mit der Herleitung der Welt aus Prinzipien, die sie der Erfahrung entlehnen und in ein hypothetisches Jenseits versetzen, so muß eine solche Befriedigung auch möglich sein, wenn der gleiche Inhalt im Diesseits belassen wird, wohin er für das erlebbare Denken gehört. Alles Hinausgehen über die Welt ist nur ein scheinbares, und die aus der Welt hinausversetzten Prinzipien erklären die Welt nicht besser, als die in derselben liegenden. Das sich selbst verstehende Denken fordert aber auch gar nicht zu einem solchen Hinausgehen auf, da ein Gedankeninhalt nur innerhalb der Welt, nicht außerhalb derselben einen Wahrnehmungsinhalt suchen muß, mit dem zusammen er ein Wirkliches bildet. Auch die Objekte der Phantasie sind nur Inhalte, die ihre Berechtigung erst haben, wenn sie zu Vorstellungen werden, die auf einen Wahrnehmungsinhalt hinweisen. Durch diesen Wahrnehmungsinhalt gliedern sie sich der Wirklichkeit ein. Ein Begriff, der mit einem Inhalt erfüllt werden sollte, der außerhalb der uns gegebenen Welt liegen soll, ist eine Abstraktion, der keine Wirklichkeit entspricht. Ersinnen können wir nur die Begriffe der Wirklichkeit; um diese selbst zu finden, bedarf es auch noch des Wahrnehmens. Ein Urwesen der Welt, für das ein Inhalt erdacht wird, ist für ein sich selbst verstehendes Denken eine unmögliche Annahme. Der Monismus leugnet nicht das Ideelle, er sieht sogar einen Wahrnehmungsinhalt, zu dem das ideelle Gegenstück fehlt, nicht für volle Wirklichkeit an; aber er findet im ganzen Gebiet des Denkens nichts, das nötigen könnte, aus dem Erlebnisbereidi des Denkens durch Verleugnung der objektiv geistigen Wirklichkeit des Denkens herauszutreten. Der Monismus sieht in einer Wissenschaft, die sich darauf beschränkt, die Wahrnehmungen zu beschreiben, ohne zu den ideellen Ergänzungen derselben vorzudringen, eine Halbheit. Aber er betrachtet ebenso als Halbheiten alle abstrakten Begriffe, die ihre Ergänzung nicht in der Wahrnehmung finden und sich nirgends in das die beobachtbare Welt umspannende Begriffsnetz einfügen. Er kennt daher keine Ideen, die auf ein jenseits unserer Erfahrung liegendes Objektives hindeuten, und die den Inhalt einer bloß hypothetischen Metaphysik bilden sollen. Alles, was die Menschheit an solchen Ideen erzeugt hat, sind ihm Abstraktionen aus der Erfahrung, deren Entlehnung aus derselben von ihren Urhebern nur übersehen wird.

Ebensowenig können nach monistischen Grundsätzen die Ziele unseres Handelns aus einem außermenschlichen Jenseits entnommen werden. Sie müssen, insofern sie gedacht sind, aus der menschlichen Intuition stammen. Der Mensch macht nicht die Zwecke eines objektiven (jenseitigen) Urwesens zu seinen individuellen Zwecken, sondern er verfolgt seine eigenen, ihm von seiner moralischen Phantasie gegebenen.“ (Lit.:GA 4, S. 251f)

Einheitliche Naturanschauung und Erkenntnisgrenzen

In seinem 1893 veröffentlichten Aufsatz «Einheitliche Naturanschauung und Erkenntnisgrenzen» schrieb Rudolf Steiner:

„Für den Monismus existieren demnach keine prinzipiellen Erkenntnisgrenzen. Es kann zu irgendeiner Zeit dies oder jenes unaufgeklärt sein, weil wir zeitlich oder räumlich noch nicht in der Lage waren, die Dinge aufzufinden, welche dabei im Spiele sind. Aber was heute noch nicht gefunden ist, kann es morgen werden. Die hierdurch bedingten Grenzen sind nur zufällige, die mit dem Fortschreiten der Erfahrung und des Denkens verschwinden. In solchen Fällen tritt dann die Hypothesenbildung in ihr Recht ein. Hypothesen dürfen nicht über etwas aufgestellt werden, das unserer Erkenntnis prinzipiell unzugänglich sein soll. Die atomistische Hypothese ist eine völlig unbegründete. Eine Hypothese kann nur eine Annahme über einen Tatbestand sein, der uns aus zufälligen Gründen nicht zugänglich ist, der aber seinem Wesen nach der uns gegebenen Welt angehört. Berechtigt ist zum Beispiel eine Hypothese über einen bestimmten Zustand unserer Erde in einer längst verflossenen Periode. Zwar kann dieser Zustand nie Objekt der Erfahrung werden, weil mittlerweile ganz andere Bedingungen eingetreten sind. Wenn aber ein wahrnehmendes Individuum zu der vorausgesetzten Zeit dagewesen wäre, dann hätte es den Zustand wahrgenommen. Unberechtigt dagegen ist die Hypothese, daß alle Empfindungsqualitäten nur quantitativen Vorgängen ihre Entstehung verdanken, weil qualitätslose Vorgänge nicht wahrgenommen werden können.

Der Monismus oder die einheitliche Naturerklärung geht aus einer kritischen Selbstbetrachtung des Menschen hervor. Diese Betrachtung führt uns zur Ablehnung aller außerhalb der Welt gelegenen erklärenden Ursachen derselben. Wir können diese Auffassung aber auch auf das praktische Verhältnis des Menschen zur Welt ausdehnen. Das menschliche Handeln ist ja nur ein spezieller Fall des allgemeinen Weltgeschehens. Seine Erklärungsprinzipien dürfen daher gleichfalls nur innerhalb der uns gegebenen Welt gesucht werden. Der Dualismus, der die Grundkräfte der uns vorliegenden Wirklichkeit in einem uns unzugänglichen Reiche sucht, versetzt dahin auch die Gebote und Normen unseres Handelns. Auch Kant ist in diesem Irrtume befangen. Er hält das Sittengesetz für ein Gebot, das von einer uns fremden Welt dem Menschen auferlegt ist, für einen kategorischen Imperativ, dem er sich zu fügen hat, auch dann, wenn seine eigene Natur Neigungen entfaltet, die einer solchen aus einem Jenseits in unser Diesseits hereintönenden Stimme sich widersetzen. Man braucht sich nur an Kants bekannte Apostrophe an die Pflicht zu erinnern, um das erhärtet zu finden: «Pflicht! du erhabener großer Name, der du nichts Beliebtes, was Einschmeichelung bei sich führt, in dir fassest, sondern Unterwerfung verlangst», der du «ein Gesetz aufstellst..., vor dem alle Neigungen verstummen, wenn sie gleich im geheimen ihm entgegenwirken.» Einem solchen von außen der menschlichen Natur aufgedrungenen Imperativ setzt der Monismus die aus der Menschenseele selbst geborenen sittlichen Motive entgegen. Es ist eine Täuschung, wenn man glaubt, der Mensch könne nach anderen als selbstgemachten Geboten handeln. Die jeweiligen Neigungen und Kulturbedürfnisse erzeugen gewisse Maximen, die wir als unsere sittlichen Grundsätze bezeichnen. Da gewisse Zeitalter oder Völker ähnliche Neigungen und Bestrebungen haben, so werden die Menschen, die denselben angehören, auch ähnliche Grundsätze aufstellen, um sie zu befriedigen. Jedenfalls aber sind solche Grundsätze, die dann als ethische Motive wirken, durchaus nicht von außen eingepflanzt, sondern aus den Bedürfnissen heraus geboren, also innerhalb der Wirklichkeit erzeugt, in der wir leben. Der Moralkodex eines Zeitalters oder Volkes ist einfach der Ausdrück dafür, wie man innerhalb derselben den herrschenden Kulturzielen am besten sich zu nähern glaubt. So wie die Naturwirkungen aus Ursachen entspringen, die innerhalb der gegebenen Natur liegen, so sind unsere sittlichen Handlungen die Ergebnisse von Motiven, die innerhalb unseres Kulturprozesses liegen. Der Monismus sucht also den Grund unserer Handlungen im strengsten Sinne des Wortes innerhalb der menschlichen Natur. Er macht dadurch den Menschen aber auch zu seinem eigenen Gesetzgeber. Der Dualismus fordert Unterwerfung unter die von irgendwoher geholten sittlichen Gebote; der Monismus weist den Menschen auf sich selbst, auf seine autonome Wesenheit. Er macht ihn zum Herrn seiner selbst. Erst vom Standpunkte des Monismus aus können wir den Menschen als wahrhaft freies Wesen im ethischen Sinne auffassen.“ (Lit.:GA 30, S. 64ff)

Haeckel und seine Gegner

Rudolf Steiner hat eine dualistische „Lösung“ des Leib-Seele-Problems abgelehnt und die beliebte Klavier-Metapher, wonach das „vernüftige Bewusstsein“ gleichsam wie auf dem Instrument seines Gehirns spiele, energisch zurückgewiesen. In seinem 1899 veröffentlichten Aufsatz «Haeckel und seine Gegner»[1] schreibt er:

„Kein naturwissenschaftlicher Denker wird je der Meinung sein, daß darüber, was im logischen Sinne wahr oder falsch ist, die körperlich- organischen Gründe Aufschluß geben können. Die geistigen Zusammenhänge können nur aus dem geistigen Leben heraus erkannt werden. Was logisch berechtigt ist, darüber wird immer die Logik, was künstlerisch vollkommen ist, darüber wird das ästhetische Urteil entscheiden. Ein anderes aber ist die Frage: Wie entsteht das logische Denken, wie das ästhetische Urteil als Funktion des Gehirnes? Über diese Frage allein spricht sich die vergleichende Physiologie und Gehirnanatomie aus. Und diese zeigen, daß das vernünftige Bewußtsein nicht für sich abgesondert existiert und das menschliche Gehirn nur benutzt, um sich durch dasselbe zu äußern, wie der Klavierspieler auf dem Klavier spielt, sondern daß unsere Geisteskräfte ebenso Funktionen der Form- Elemente unseres Gehirns sind, wie «jede Kraft die Funktion eines materiellen Körpers ist» (Haeckel, Anthropogenie).

Das Wesen des Monismus besteht in der Annahme, daß alle Weltvorgänge, von den einfachsten mechanischen an bis herauf zu den höchsten menschlichen Geistesschöpfungen, in gleichem Sinne sich naturgemäß entwickeln und daß alles, was zur Erklärung der Erscheinungen herangezogen wird, innerhalb der Welt selbst zu suchen ist. Dieser Anschauung steht der Dualismus gegenüber, der die reine Naturgesetzlichkeit nicht für ausreichend hält, um die Erscheinungen zu erklären, sondern zu einer über den Erscheinungen waltenden, vernünftigen Wesenheit seine Zuflucht nimmt. Diesen Dualismus muß die Naturwissenschaft, wie gezeigt worden ist, verwerfen.“ (Lit.:GA 30, S. 174)

In einem Brief an Ernst Haeckel unterstrich Rudolf Steiner seine strikte Ablehung des Dualismus, an der sich auch in späteren Jahren nichts geändert hat.

„Ich kämpfe, seitdem ich schriftstellerisch tätig bin, gegen allen Dualismus und sehe es als die Aufgabe der Philosophie an, durch eine streng positivistische Analyse unseres Erkenntnisvermögens den Monismus wissenschaftlich zu rechtfertigen, also den Nachweis zu führen, daß die in der Naturwissenschaft gewonnenen Ergebnisse wirkliche Wahrheiten sind. Deshalb mußte ich mich ebenso gegen den Kantianismus mit seinen zweierlei Wahrheiten wie gegen das moderne «Ignorabimus» wenden.“ (Lit.:GA 39, S. 166)

Steiner vertrat stets einen geistigen Monismus, für den die Materie eine Erscheinungsform des Geistigen ist. Daher erschien ihm auch die Frage sinnlos, wie Geist und Materie wechselseitig aufeinander einwirken können; vielmehr gehe es darum, empirisch zu erforschen, wie der Geist seine verschiedenen Erscheinungsformen, zu denen auf elementarer Ebene auch die Materie zählt, hervorbringen könne.

Die meisten Menschen empfinden intuitiv eine Kluft zwischen mentalen und physischen Phänomenen. Dies hat dazu geführt, dass lange Zeit dualistische Standpunkte in der Philosophie des Geistes vorherrschend waren. Heute vertritt die Mehrheit der Philosophen materialistische Positionen. Auf dieser rein materialistischen Grundlage bleibt jedoch für die Naturwissenschaften die Frage unbeantwortet, wie das Bewusstsein materialistisch zu erklären ist. „Das schwere Problem des Bewusstseins[2] stellt die Neurowissenschaften vor bislang nicht befriedigend gemeisterte Hürden.

„Nicht darin sah ich das Verderbliche dieser Denkungsart, daß der Materialist sein Augenmerk auf die stoffliche Erscheinung einer Wesenheit richtet, sondern darin, wie er das Stoffliche denkt. Er schaut auf den Stoff hin und wird nicht gewahr, daß er in Wahrheit Geist vor sich habe, der nur in der stofflichen Form erscheint. Er weiß nicht, daß Geist sich in Stoff metamorphosiert, um zu Wirkungsweisen zu kommen, die nur in dieser Metamorphose möglich sind. Geist muß sich zuerst die Form eines stofflichen Gehirnes geben, um in dieser Form das Leben der Vorstellungswelt zu führen, die dem Menschen in seinem Erdenleben das frei wirkende Selbstbewußtsein verleihen kann. Gewiß: im Gehirn steigt aus dem Stoffe der Geist auf; aber erst, nachdem das Stoffgehirn aus dem Geist aufgestiegen ist.

Abweisend gegen die physikalische und physiologische Vorstellungsart mußte ich nur aus dem Grunde sein, weil diese ein erdachtes, nicht ein erlebtes Stoffliches zum äußerlichen Erreger des im Menschen erfahrenen Geistigen macht und dabei den Stoff so erdachte, daß es unmöglich ist, ihn dahin zu verfolgen, wo er Geist ist. Solcher Stoff, wie ihn diese Vorstellungsart als real behauptet, ist eben nirgends real. Der Grundirrtum der materialistisch gesinnten Naturdenker besteht in ihrer unmöglichen Idee von dem Stoffe.“ (Lit.:GA 28, S. 334f)

Geist und Materie

Geist und Materie sind aus anthroposophischer Sicht keine voneinander unterschiedenen Substanzen, sondern nur verschiedene Erscheinungsformen derselben. Auch hier ist der Dualismus, der zwei völlig wesensverschiedene Entitäten einander gegenüberstellt, von denen auch nicht einzusehen ist, wie sie wechselseitig aufeinander einwirken könnten, unangebracht. Materie ist nichts anderes als verdichteter, verhärteter Geist - oder wie es der Quantenphysiker Hans-Peter Dürr einmal so treffend in einem Interview ausdrückte: Materie ist Kruste des Geistes[3][4]. Was als sinnlich-physische Materie, als lebendiges Ätherisches und als Lust und Leid empfindendes Astralisches erscheint, sind nur verschiedene Verwandlungsformen des Geistes. Rudolf Steiner gebraucht dafür öfters das Bild von Wasser und Eis, die beide nur verschiedene Erscheinungsformen bzw. Aggregatzustände ein und desselben Stoffes sind:

„Oft ist ja hier betont worden, daß für die Geisteswissenschaft die Materie verdichteter Geist ist. Gebrauchen wir doch einmal einen Vergleich, den wir öfter angewendet haben, um zu zeigen, wie der Geistesforscher über Geist und Materie denkt. Denken Sie sich einmal, irgend jemand hätte vor sich durchsichtige Luft und es träte in dieser durchsichtigen Luft Wolkenbildung auf, als die Wirkung von einer Abkühlung. Das, was früher durchsichtig war, wird getrübt durch die Wolkenbildung; das, was früher Wasserdunst und nicht sichtbar war, wird zu Wasser. Vielleicht geht es weiter: Das Wasser gefriert zu Eis. Das Eis fällt in Stücken herunter. Nehmen wir an, es käme jemand und sagte: Unsinn, Dummheit ist es, daß das Wasser vorher in der Luft verteilt gewesen ist. Ich habe nichts davon gesehen! Das erste war das, was mir als Wolken entgegengetreten ist. Dann kommt einer, der kann auch die Wolken noch nicht sehen, der sieht erst etwas, wenn das Wasser gefriert, wenn Eis entsteht. Wenn man dem sagt: Was als Eis heute da ist, das war früher schon als Wasser da, so antwortet er: Ich habe nichts gesehen, Eis ist da und sonst nichts.

Aus solchen Gedanken muß die Antwort genommen werden, wenn jemand einem Geistesforscher Phantastik vorwerfen will, der sagt, zuerst war der Mensch nicht materiell vorhanden, auch nicht als Ätherleib, sondern der astralisdie Leib und das Ich waren zuerst vorhanden. Im Beginne unseres Erdendaseins waren astralischer Leib und Ich vorhanden.“ (Lit.:GA 56, S. 277)

„Was ist der Geisteswissenschaft die Materie? Nur eine andere Form des Geistes! Spricht die Geisteswissenschaft von Materie, Stoff und Körper, so spricht sie davon so, wie sie von Eis in Beziehung auf Wasser spricht. Eis ist Wasser in anderer Form. Nun könnte aber jemand kommen und sagen: Dann leugnet ja die Geisteswissenschaft die Materie und die Körperlichkeit, wenn sie behauptet, alles sei Geist — und dann gibt es für die Geisteswissenschaft keine Materie. Auf diesem sonderbaren Standpunkt steht die Geisteswissenschaft keineswegs. Bleiben wir bei unserem Vergleich von Eis und Wasser. Dasjenige, was in Betracht kommt für das Leben, das sind nicht leere Worte, nicht leere Definitionen, sondern Wirkungen, denen Sie im Leben begegnen. Wenn man auch sagt, Eis sei Wasser in anderer Form - und man hat damit vollständig recht - , so sind doch die Wirkungen des Wassers andere als die von Eis, wie jeder bemerken kann, wenn er sich ein Stück Eis auf die Hand legt, statt Wasser darauf zu schütten. Wer leugnen wollte, daß Eis Wasser ist in anderer Form, der würde sich gründlich blamieren. So fällt es auch der Geisteswissenschaft nicht ein, die Materie zu leugnen. Sie ist da, nur ist sie Geist in anderer Form. Und in welcher Form? In der Form, daß sie von außen durch die Sinne beobachtet, angeschaut werden kann. Das ist das Wesentliche an der Materie. Da knüpft sich der heutige Vortrag an den vor acht Tagen an, wo wir haben zeigen können, wie jede materialistische Anschauung vor dem Fortschritt der Naturwissenschaft in Nichts zerfällt, wie sich der phantastische Begriff der Materie durch die neuen Forschungen in Dunst und Nebel auflöst. Das, was vor dreißig Jahren noch ein sicherer Begriff war, wie Äther, Materie, das zerstiebt heute vor den weiteren Forschungen. Und was bleibt uns übrig von dem, was in der Außenwelt an uns herantritt? Das, was wir sehen und hören, Ton, Farbe, Wärme und so weiter: das, was wir wahrnehmen. So gut wir nur können, sollen wir uns aufschwingen zu der Anschauung, daß hinter der Wärme, hinter dem Ton, hinter dem Licht nichts ist von diesem schrecklich brutalen Wirbeln von Atomen, das während der langen Zeit des Materialismus das einzig Wirkliche war. Wirklich ist in diesem Sinne das, was wir sehen, was wir hören, was wir als Wärme empfinden. Und wenn wir hinter die Farbe, hinter den Ton, hinter die Wärme, wie wir sie empfinden, schauen, was finden wir dahinter? Wir finden dahinter, wenn wir den Ton nehmen, solange er in der sinnlichen Welt bleibt, bewegte Luft. Aber wir dürfen nicht hinter die sinnliche Welt gehen mit unseren Spekulationen. Wir müssen in der Sinneswelt stehenbleiben. Ein gewaltiges Wort hat wiederum einer ausgesprochen, der von den Gelehrten nicht für voll genommen wird, der nicht nur Dichter, sondern auch Denker war, das große Wort: «Man suche nur nichts hinter den Phänomenen; sie selbst sind die Lehre.»

Wenn wir hinter den Ton, hinter das Licht gehen, so finden wir nicht materielle Atome, welche in unsere Netzhaut eintauchen, sie imprägnieren und durch dieses Imprägnieren die Vorstellung der Farbe und des Lichtes hervorbringen. Wenn wir wirklich dahinterschauen, was finden wir da? - Geist! Farbe verhält sich zum Geist wie Eis zu Wasser. Ton verhält sich zum Geist wie Eis zu Wasser. Statt jener phantastischen Welt von durcheinanderwirbelnden Atomen findet der wahre Denker und Geistesforscher hinter dem, was er sieht und hört, Geist, geistige Wirklichkeit, so daß die Frage nach dem Wesen der Materie allen Sinn verliert. Denn wie beantwortet sidi die Frage nach dem Wesen der Materie für den Geistesforscher? Was ist dasjenige, dem Wesen nach, was uns draußen in der Welt umgibt und uns als Materie erscheint? Geist ist es! Und den Geist kennen wir! Wir müssen sein Wesen in uns selbst aufsuchen. Was wir selbst sind in unserem innersten Wesen, das sind alle Dinge draußen in der Welt, nur in anderer Form. Sie sind es in solcher Form, daß man sie von außen ansehen kann, wenn der Geist sich eine Oberfläche gibt. Lassen Sie mich ein Wort aussprechen, das jeder Naturforscher als Tollheit ansehen wird: Wenn der Geist nach außen geht, dann erscheint er als Farbe, als Ton. Nichts anderes ist Farbe und Ton als lauter Geist, ganz dasselbe, was wir in uns selber finden, wenn wir uns richtig verstehen. So ist uns in der Geisteswissenschaft ein jedes Mineral Geist. Das niederste Glied der menschlichen Wesenheit, das, was wir den physischen Leib oder den physischen Körper nennen, ist für uns in seiner wahren Wesenheit nichts anderes als Geist in der Form, in der er eben auch vorhanden ist in der scheinbar leblosen Natur.

Wodurch unterscheidet sich nun das, was wir Menschengeist nennen, von dem Geist, der uns draußen als Mineral und Pflanze, als Berg, als Donner und Blitz, als Bäume und Gewässer und so weiter entgegentritt, wodurch unterscheidet sich von alledem der Geist, den wir im engeren Sinn als Geist ansprechen? Dadurch, daß dieser Geist im engeren Sinne sich als Geist in seiner ureigenen Gestalt zeigt, in der Gestalt, die ihm selbst als Geist zukommt. Was man gewöhnlich Natur nennt, ist zwar Geist, aber Geist, der seine Außenseite den Sinnen zuwendet, und was man im engeren Sinn Geist nennt, ist, dem Wesen nach, genau dasselbe. Die Natur ist der Form nach das, was sich, seiner ureigenen Gestalt nach, dem Innersten unseres Wesens zuwendet. Suchen wir den Geist draußen in der Natur, so finden wir ihn leblos in den Mineralien, belebt in den Pflanzen und empfindend in den Tieren. Der Mensch vereinigt in sich selber diese dreifache Gestalt des Geistes in den drei Gliedern seiner Wesenheit, wie wir sie vom Standpunkte der Geisteswissenschaft kennen. Dadurch allein kommt man zu einer wirklichen Erkenntnis des Menschen, daß man diese komplizierte Natur des Menschen betrachtet und sich nicht begnügt mit der abstrakten Unterscheidung zwischen Leib und Seele, sondern sich fragt: Wie ist der Mensch erbaut?“ (Lit.:GA 56, S. 69ff)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Rudolf Steiner: Haeckel und seine Gegner, in: Die Gesellschaft, 15. Jg., Bd. 3, Heft 4, 5, 6; Aug./Sept. 1899; vgl. (Lit.:GA 30, S. 152ff)
  2. David Chalmers: The Character of Consciousness. Oxford University Press, Oxford 2010, ISBN 978-0195311112, p. 39
  3. Interview mit Hans-Peter Dürr in DER STANDARD, 12. November 1998, Materie ist Kruste des Geistes
  4. siehe auch: Hans-Peter Dürr: Geist kann zu Materie werden - Interview mit Hans-Peter Dürr an seinem Arbeitsplatz im Münchner Max-Planck-Institut im Sommer 1997 ([YouTube)