imported>Odyssee |
imported>Joachim Stiller |
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| [[Datei:angel2.svg|mini|250px|Platons Definition des Begriffs „Angelfischerei“]][[Datei:Schussenried Kloster Bibliothekssaal Gewölbefresko Baum des Porphyrius.jpg|miniatur|250px||Der [[Baum des Porphyrios]] auf einem Fresko (18. Jahrhundert) im Bibliothekssaal des [[Wikipedia:Kloster Schussenried|Klosters Schussenried]]]]
| | {{Vorlage:Seitenkategorien}} |
| [[Datei:Praedicabilia.jpg|miniatur|250px|Die zehn Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien]]
| | [[Kategorie:Psychologie]] |
| | | [[Kategorie:Psychiatrie]] |
| Eine '''Definition''' ([[Latein|lat.]] definitio „Abgrenzung“, von ''de'' „ab, weg“ und ''finis'' „Grenze“; {{ELSalt|ὁρισμός}} ''horismos'') soll eine möglichst eindeutige Bestimmung eines [[Begriff]]s geben und ihn klar von anderen, ähnlichen Begriffen abgrenzen. Vielfach werden daher möglichst präzise Definitionen als grundlegend für die [[Wissenschaft]]en angesehen. Eine [[Mathematik|mathematische]] [[Relation]] ist '''wohldefiniert''' ({{EnS|well defined}}), wenn sie eine ''eindeutige'' ({{EnS|unambiguous}}) Interpretation bzw. Wertezuweisung gibt<ref>{{MathWorld|title=wohldefiniert|urlname=WellDefined}}</ref>.
| | [[Kategorie:Psychische Störung|!]] |
| | | [[Kategorie:Krankheitsbild in der Psychiatrie]] |
| == Platons Dihairesis ==
| | [[Kategorie:Klinische Psychologie]] |
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| {{Hauptartikel|Dihairesis}} | |
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| Die als [[Dihairesis]] ({{ELSalt|διαίρεσις}} „Auseinandernehmung, Einteilung, Trennung“) bezeichnete Methode der Begriffseinteilung wurde von [[Platon]] entwickelt, um [[Begriffe]] konsequent und lückenlos in ein hierarchisches System von Gattungen und [[Art (Philosophie)|Arten]] einzuordnen, um so von den [[Allgemeinbegriff]]en absteigend durch wiederholte Teilung zu einer [[Logik|logisch]] exakten Definition spezieller, nicht weiter teilbarer [[Begriff]]e zu gelangen. Ein klassisches Beispiel dazu ist seine [[Ableitung]] der „Angelfischerei“ aus dem Allgemeinbegriff der „handwerklichen Tätigkeit“ (''[[techné]]'') nach dem nebenstehenden Schema, die zu der Definition führt: ''Die Angelfischerei ist die Kunstfertigkeit einer verwundenden Jagd auf Fische mit einem Haken bei Tage zum Zweck des Erwerbs.''<ref>Platon, ''[[Wikipedia:Sophistes|Sophistes]]'' 218e–221b</ref>
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| == Aristoteles klassische Definitionsregel ==
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| {{Siehe auch|genus proximum et differentia specifica}}
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| Die auf [[Aristoteles]] zurückgehende und bis ins [[Wikipedia:19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]] in der [[Logik|klassischen Logik]] als verbindlich angesehene Definitionsregel wurde in der [[Scholastik]] in die knappe Formel «[[genus proximum et differentia specifica]]» gefasst. Demnach habe jede Definition so zu erfolgen, dass die nächsthöhere [[Gattung (Philosophie)|Gattung]] und die [[Art (Philosophie)|artbildende]] [[Differenz (Philosophie)|Differenz]] angegeben wird, wodurch jeder [[Begriff]] [[system]]atisch in ein hierarchisches [[Begriffssystem]] eingeordnet werden kann, das später [[Wikipedia:Porphyrios|Porphyrios]] durch den [[arbor porphyriana]], den [[Baum des Wissens]], veranschaulicht hat.
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| <center>
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| {{Stammbaum/Start}}
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| {{Stammbaum|border=0| | | | | | | | | |EINS| | | | | | | |EINS='''[[Gattung (Philosophie)|Gattung]]'''<br>(z.B. Lebewesen)}}
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| {{Stammbaum|border=0| | | | | |,|-|-|-|-|^|-|-|-|-|.| | | | }}
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| {{Stammbaum|border=0| | | | |ZWEI|~|~|VIER|~|~|DREI| | | | |ZWEI='''[[Art (Philosophie)|Art]] 1'''<br>(z.B. Mensch)|DREI='''Art 2'''<br>(z.B. Tier)|VIER=artbildender<br>Unterschied<br>(z.B. vernunftbegabt)}}
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| {{Stammbaum/Ende}}
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| </center>
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| == Porphyrios «Baum des Wissens» ==
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| {{Hauptartikel|Baum des Wissens}}
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| Der ''Arbor porphyriana'' (auch ''arbor porphyrii, Árbor de Porfirio, Baum des Porphyrios'' oder ''Begriffspyramide'') ist eine durch den [[Scholastik]]er [[Wikipedia:Petrus Hispanus|Petrus Hispanus]] um [[Wikipedia:1240|1240]] in die Wissenschaftsgeschichte eingeführte Metapher für die Klassifikationsmethode, die [[Wikipedia:Porphyrios|Porphyrios von Tyros]] in seiner [[Isagoge]] dargestellt hat. Da Porphyrios System die fünf philosophischen Grundbegriffe ([[Prädikabilien]]) miteinander verbindet, die die Art und Weise angeben, wie über die Dinge gesprochen werden kann, ist er auch als ''Quinque voces („Von den fünf Lautungen“; „Fünf Begriffe“)'' bekannt. Das Schema des Baums von Porphyrios ermöglicht die Subordinierung von Gattungs- und Artbegriffen, in die reale Gattungen und Arten eingeordnet werden können. Die zehn möglichen Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien entsprechen den von Aristoteles aufgestellten zehn [[Kategorien]].
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| [[Datei:Arbor porphyrii according Sowa (2001) GER.png|mini|center|600px|Links: der „Baum des Porphyrios“ nach [[Wikipedia:Petrus Hispanus|Petrus Hispanus]] (13. Jahrhundert). Rechts: der „Baum des Porphyrios“ in einer neuzeitlichen Darstellung.<ref>Abbildung des Baums nach Peter Schroeder-Heister: ''arbor porphyriana''. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie'', 2. Auflage, Bd. 1: A–B, Stuttgart 2005, S. 192 f.</ref>]] | |
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| == Grenzen der Definierbarkeit ==
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| [[Karl Popper]] sah Definitionen für relativ unbedeutend an, da sie den [[Aussage]]n und [[Theorie]]n untergeordnet seien, in deren Rahmen sie verwendet würden. Erst durch ihren Gebrauch würden sich die verwendeten Begriffe allmählich klären. | |
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| {{Zitat|Nicht durch die Definition wird die Anwendung eines Begriffes festgelegt, sondern die Verwendung des Begriffes legt das fest, was man seine ‚Definition‘ oder seine ‚Bedeutung‘ nennt. Anders ausgedrückt: Es gibt nur Gebrauchsdefinitionen.|Karl Popper|''Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie.''|ref=<ref>Karl R. Popper: ''Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Aufgrund von Manuskripten aus den Jahren 1930–1933.'' Tübingen 2. verbess. Auflage 1994, S. 366f. ISBN 3-16-145774-9)</ref>}}
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| In [[geist]]igen Zusammenhängen, wo ein [[lebendiges Denken]] gefordert ist, sind Definitionen völlig unbrauchbar. An ihre Stelle muss eine lebendig-bewegliche begriffliche [[Charakterisierung]] treten.
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| {{GZ|Nun, wenn Sie öfter von mir Auseinandersetzungen gehört hätten,
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| dann würden Sie gefunden haben, daß ich nirgends Definitionen
| |
| gebe, ja, daß ich mich sogar scharf gegen das Definieren in der
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| Anthroposophie wende. Ich muß ja manchmal, da ich populär zu
| |
| sprechen habe, die Dinge begrifflich darstellen. Und obwohl ich ganz
| |
| gut weiß, daß Definitionen eine gewisse Hilfe sein können für das
| |
| mehr naturwissenschaftliche oder historisch im heutigen Sinne geartete
| |
| Wissen, obwohl ich mir also des eingeschränkten Rechtes von
| |
| Definitionen bewußt bin, so erinnere ich doch daran, wie innerhalb
| |
| der griechischen Philosophie gesagt wurde, man solle einen Menschen
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| definieren. Es wurde da die Definition gegeben, ein Mensch sei
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| ein Lebewesen, das zwei Beine und keine Federn hat. Und da brachte
| |
| am nächsten Tage jemand einen gerupften Hahn und sagte, das wäre
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| ein Mensch. - Sehen Sie, so weit entfernt man sich sehr häufig von
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| der unmittelbaren Anschauung, auch mit brauchbaren Definitionen.
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| Man muß nur auf die Dinge eingehen.
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| Das ist eben eine Eigentümlichkeit des intellektualistischen Wissens,
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| und darin steckt vielfach auch dasjenige, was nun zu dem Urteil
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| geführt hat, das in so scharfer Weise die Grenzen sehen will zwischen
| |
| Glauben und Wissen. Man muß da schon ein wenig auf die Feinheiten
| |
| eingehen. Sehen Sie, schon in unseren einfachsten Wissenschaften
| |
| stecken Definitionen, die eigentlich gar keine Berechtigung haben.
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| Schlagen Sie irgendein Physikbuch auf. Sie finden darin eine Definition:
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| Was ist Undurchdringlichkeit? Undurchdringlichkeit ist die Eigenschaft
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| der Körper, daß an dem Orte, wo ein Körper ist, nicht
| |
| zugleich ein anderer sein kann. - Das ist eine Definition der Undurchdringlichkeit.
| |
| Im ganzen Umfange des Wissens und Erkennens
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| darf aber so gar nicht definiert werden, sondern diese [Definition der]
| |
| Undurchdringlichkeit ist eigentlich bloß ein maskiertes Postulat. In
| |
| Wirklichkeit müßte gesagt werden: Man nennt einen Körper undurchdringlich,
| |
| wenn er so beschaffen ist, daß an dem Orte, wo er ist,
| |
| nicht zugleich ein anderer sein kann. - Es ist das nämlich bloß eine
| |
| Anleitung, einen Körper zu bestimmen, seine Eigenart zu postulieren;
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| und erst unter dem Einfluß der materialistischen Denkweise
| |
| werden Postulate maskiert als Definitionen gegeben.|343a|95}}
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| {{GZ|Man kann heute in der
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| Schule lernen: Die Körper sind undurchdringlich. Und das
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| wird als Definition angeführt: die Undurchdringlichkeit
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| besteht darin, daß in dem Raum, in dem ein Körper ist,
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| ein anderer nicht sein kann. - So kann ein Geisteswissenschafter
| |
| den Satz nicht sagen. Ein Geisteswissenschafter
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| kann niemals von einer begrifflichen Definition ausgehen,
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| sondern nur von einer begrifflichen Charakteristik. Er sagt
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| in diesem Falle: Dasjenige, welches sich so verhält, daß es
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| einen Raum in der Art ausfüllt, daß kein anderes Wesen in
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| diesem Räume drinnen sein kann, ist ein materieller Körper.
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| — Das heißt, er kehrt die Sache gerade um, er geht aus
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| davon, seinen Begriff nur in den Grenzen anzuwenden,
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| weil er ihn lebendig hat, in denen er anzuwenden ist. Er
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| verabsolutiert nicht die Begriffe. Das stellt sich in den allereinfachsten
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| Denkoperationen ein, wenn man wirklich den
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| Sprung macht, den ich nennen möchte: den Sprung über die
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| Schwelle der geistigen Welt. Man muß das wirklich sehr
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| ernst nehmen. Die Menschen möchten heute noch so im Abstrakten
| |
| herumreden, wenn von der geistigen Welt die
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| Rede ist. Aber die ganze Seelenkonstitution, die ganze Art
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| zu denken, wird eine andere, wenn man in die Wirklichkeit
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| eintritt. Die Begriffe werden erlebt, so daß man ihre Wirklichkeit
| |
| durchlebt. Sehen Sie: ein abstrakt denkender
| |
| Mensch, für den ist eine Rose, die er im Zimmer in Wasser
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| gestellt hat, selbstverständlich eine Wirklichkeit. Aber das
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| ist gar keine Wirklichkeit. Denn im wirklichen Leben kann
| |
| eine Rose nicht da sein, ohne daß sie am Rosenstrauch ist
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| und im ganzen Zusammenhang mit dem Rosenstrauch entsteht.
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| Der Geisteswissenschafter ist sich also immer bewußt,
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| daß er, wo etwas mit etwas anderem zusammengehört, es
| |
| im Zusammenhange zu denken hat. Er weiß: der Begriff
| |
| Rose als abgeschnittene Rose ist ein unwirklicher Begriff.
| |
| Denken Sie sich das ausgedehnt auf die ganze Formung,
| |
| auf die ganze Struktur des Denkens, dann werden Sie einen
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| Begriff bekommen von dem bedeutungsvollen Umschwung,
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| der eintritt, wenn die Schwelle zur geistigen Welt überschritten
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| ist. Da bekommt man eben die Wirklichkeit.
| |
| Da bekommt man ein inneres, erlebbares Vorstellen von
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| der Tragweite der Begriffe.|73|99ff}}
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| {{GZ|In der Geisteswissenschaft
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| läßt sich nicht anders charakterisieren, als daß man von verschiedenen
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| Seiten her sich einer Sache nähert und die sich ergebenden verschiedenen
| |
| Anschauungen dann zusammenschaut. Geradesowenig wie in
| |
| einem einzigen Ton eine Melodie gegeben werden kann, so wenig können
| |
| Sie das, was geisteswissenschaftlicher Inhalt ist, mit einer einzigen
| |
| Charakteristik umfassen; Sie müssen die Charakteristik von verschiedenen
| |
| Seiten nehmen. Das ist das, was in früheren Zeiten Menschen,
| |
| welche etwas davon wirklich wußten, genannt haben: Zusammenhören,
| |
| die verschiedenen Erklärungen zusammenhören.|302a|54f}}
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| == Siehe auch ==
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| *{{UTB-Philosophie|Thomas Blume|205|Definition}}
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| == Einzelnachweise ==
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| <references />
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| == Literatur ==
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| #Rudolf Steiner: ''Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie'', [[GA 73]] (1987), ISBN 3-7274-0730-1 {{Vorträge|073}}
| |
| #Rudolf Steiner: ''Erziehung und Unterricht aus Menschenerkenntnis'', [[GA 302a]] (1993), ISBN 3-7274-3025-7 {{Vorträge|302a}}
| |
| #Rudolf Steiner: ''Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II'', [[GA 343a]] (1993), ISBN 3-7274-3430-9 {{Vorträge|343a}}
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| {{GA}}
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| [[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]] [[Kategorie:Wissenschaft]] [[Kategorie:Wissenschaftstheorie]]
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