Spirituelles Bewusstsein und August Kekulé: Unterschied zwischen den Seiten

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Das '''spirituelle Bewusstsein''', auch '''Intuition''' (von [[lat.]] ''intuitio'' = unmittelbare Anschauung, zu lat. ''intueri'' = ansehen, betrachten<ref>vgl. ([http://www.duden.de/rechtschreibung/Intuition Duden])</ref>) genannt, die unmittelbarste [[nichtdiskursiv]]e Form des [[Erkenntnis|Erkennens]], ist ein allumfassendes [[ganzheit]]liches [[Bewusstsein]], durch das in letzter Konsequenz die geistigen Geschehnisse im ganzen Kosmos miterlebt werden können. Es ist das umgewandelte und mit dem klaren [[Selbstbewusstsein]] verbundene [[Trance-Bewusstsein]], das der [[Mensch]] auf dem [[Alter Saturn|alten Saturn]] hatte. Voll ausgebildet wird der Mensch es erst auf dem [[Vulkan]] haben. Durch [[Schulungsweg|geistige Schulung]] kann das intuitive Bewusstsein schon jetzt in gewissem Grade ausgebildet werden, wenn die [[Empfindungsseele]] zur [[Intuitionsseele]] umgestaltet wird. Eine Vorstufe dazu bildet das '''intuitive Denken'''. Keineswegs zu verwechseln ist das, was [[Rudolf Steiner]] als Intuition bezeichnet, mit dem halb [[Unterbewusstsein|unbewussten]], [[traum]]artigen [[Bauchgefühl]], das umgangssprachlich häufig auch als Intuition bezeichnet wird und nur ein letzter Rest einer sehr alten, heute nicht mehr zeitgemäßen [[Erkenntnis]]form ist, die sich letztlich auf das in der Frühzeit weit verbreitete [[Bauchhellsehen]] gründet. Das von Steiner beschriebene spirituelle Bewusstsein steht demgegenüber bezüglich Klarheit und Bewusstseinsgrad drei Stufen über dem gegenwärtigen wachen [[Tagesbewusstsein]] und ist damit die höchste und bewussteste Form der Erkenntnis, die dem Menschen heute - zumindest in seinen ersten Anfängen - zugänglich ist.
[[Datei:Heinrich von Angeli - Friedrich August Kekulé von Stradonitz.jpg|mini|Porträt, 1890 anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Benzoltheorie]]


Was Intuition bereits auf der Ebene des [[Denken]]s bedeutet, hat Rudolf Steiner schon in seiner [[Philosophie der Freiheit]] so formuliert:
'''August Kekulé''', geboren '''Friedrich August Kekulé''', seit 1895 '''Kekule von Stradonitz''', (* [[7. September]] [[1829]] in [[w:Darmstadt|Darmstadt]]; †&nbsp;[[13.&nbsp;Juli]] [[1896]] in [[w:Bonn|Bonn]]) war ein [[Deutschland|deutscher]] [[Chemiker]] und [[Naturwissenschaftler]], der die Grundlagen für die moderne [[Molekülstruktur|Strukturtheorie]] der [[Organische Chemie|organischen Chemie]] legte.


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== Leben und Werk ==
"''Intuition'' ist das im rein Geistigen verlaufende bewußte Erleben eines rein geistigen Inhaltes." {{Lit|{{G|004|146}}}}
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Im intuitiven Denken habe der Mensch daher bereits ein rein geistiges Erlebnis:
August Kekulé wurde 1829 als Sohn einer Darmstädter Beamtenfamilie mit adeligen böhmischen Vorfahren. Sein Vater ''Ludwig Karl Kekule'' war Oberkriegsrat und Rosenzüchter. Kekulé besuchte das humanistische [[w:Ludwig-Georgs-Gymnasium|Ludwig-Georgs-Gymnasium]] in [[w:Darmstadt|Darmstadt]] und war ein guter Schüler mit einer Begabung für Sprachen, so dass er neben Deutsch auch Französisch, Italienisch und Englisch sprach.


<div style="margin-left:20px">
Da Kekulé ein begnadeter Zeichner war und sein Vater eng mit berühmten Architekten befreundet war, begann er nach dem Abitur an der [[w:Universität Gießen|Universität Gießen]] Architektur bei [[w:Hugo von Ritgen|Hugo von Ritgen]] zu studieren. Als er Vorlesungen von [[Justus von Liebig]] hörte, wandte er sich aber der [[Chemie]] zu. Für ein Semester besuchte er das [[w:Polytechnikum|Polytechnikum]] in [[w:TU Darmstadt|Darmstadt]] und studierte danach bei [[w:Jean Baptiste Dumas|Jean Baptiste Dumas]] an der [[w:Sorbonne|Pariser Sorbonne]], wo er auch [[w:Charles Frédéric Gerhardt|Charles Frédéric Gerhardt]] und [[w:Adolphe Wurtz|Adolphe Wurtz]] kennen lernte. 1852 promovierte er bei Liebig mit der Arbeit ''„Über die Amyloxydschwefelsäure und einige ihrer Salze“''. Anschließend wurde er Assistent beim Liebig-Schüler [[w:Adolph von Planta|Adolph von Planta]] (1820–1895) in [[w:Reichenau GR|Schloss Reichenau]], Graubünden (Schweiz).
"Die geistige Wahrnehmungswelt kann
dem Menschen, sobald er sie erlebt, nichts Fremdes sein, weil er im intuitiven Denken
schon ein Erlebnis hat, das rein geistigen Charakter trägt." {{Lit|{{G|004|181}}}}
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Kekulés kreative Phase begann, als er von 1854 bis 1855 als Assistent von [[w:John Stenhouse|John Stenhouse]] im [[w:St Bartholomew’s Hospital|St Bartholomew’s Hospital]] in [[w:London|London]] tätig war, wo er sich auch mit [[w:Alexander William Williamson|Alexander William Williamson]] anfreundete. Als erster Chemiker führte er hier den Schwefel in organische Verbindungen durch Ersetzung eines Sauerstoffs ein und synthetisierte so [[Thiocarbonsäuren]] und [[Mercaptane]] aus [[w:Diphosphorpentasulfid|Diphosphorpentasulfid]].<ref>''Justus Liebigs Annalen der Chemie'', 90 (1854), S. 309–316.</ref>
"Man kann sehr leicht den Ausdruck Intuition mißverstehen,
weil zum Beispiel derjenige, der Phantasie hat, der dichterisches
Vermögen hat, die gefühlsmäßigen Empfindungen von der Welt,
die er hat, auch schon Intuition nennt. Aber das ist eine dunkle,
bloß gefühlte Intuition. Sie ist aber doch verwandt mit demjenigen,
was ich Intuition hier nenne. Denn wie der Mensch vollständig hier
als Erdenmensch seine sinnliche Wahrnehmung hat, so hat er einen
Abglanz der höchsten Art der Erkenntnis der Intuition durch das
irdische Gefühl und den irdischen Willen. Er würde sonst kein
sittliches Wesen sein können. So daß dasjenige, was sich dunkel,
ahnungsvoll für den Menschen im Gewissen kundgibt, ein Abglanz
ist, gewissermaßen ein Schattenbild des Höchsten, das nun erst in
der wahren Intuition, in der höchsten dem Menschen zunächst als
Erdenmenschen möglichen Erkenntnisart erscheint.


Der Mensch hat wirklich als Erdenmensch etwas von dem Untersten,
1856 habilitierte sich Kekulé an der [[w:Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg|Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg]] und war dort von 1856 bis 1858 Privatdozent und lieferte sich hitzige Debatten mit [[w:Adolf von Baeyer|Adolf von Baeyer]]. 1858 wurde er unter anderem durch Liebigs Fürsprache ordentlicher Professor für Chemie an der [[w:Universität Gent|Universität Gent]] in Belgien und folgte 1867 einem Ruf der [[w:Universität Bonn|Universität Bonn]].
und wiederum ein Schattenbild des Obersten, das erst in
der Intuition erreichbar ist. Gerade die mittleren Gebiete fehlen
ihm zunächst vollständig als Erdenmenschen. Die muß er sich erwerben:
Imagination und Inspiration. Die Intuition in der reinen,
lichtvollen Innerlichkeit muß er sich auch erwerben; aber er hat
gerade in der sittlichen Empfindung, im Inhalt des sittlichen
Gewissens ein irdisches Abbild desjenigen, was dann als Intuition
auftritt. So daß man auch sagen kann: Wenn der Mensch als ein
Initiierter, Erkennender zu einem wirklichen intuitiven Erkennen
der Welt aufsteigt, so wird ihm die Welt, die er sonst nur in Naturgesetzen
kennt, so innerlich, so mit ihm verbunden, wie für ihn
als Erdenmenschen sonst nur die sittliche Welt ist. Und das ist
gerade das Bedeutsame in der Menschenwesenheit auf Erden, daß
wir wie mit einem innersten dunklen Erahnen hängen an dem
Allerhöchsten, was wiederum nur der entwickelten Erkenntnis in
seiner wahren Gestalt zugänglich ist." {{Lit|{{G|227|59}}}}
</div>


<div style="margin-left:20px">
1862 heiratete Kekulé in [[w:Gent|Gent]] die Engländerin Stephanie Drory (* 1842), die nur zwei Tage nach der Geburt ihres Sohnes [[w:Stephan Kekule|Stephan]] an Kindbettfieber starb. Aus Kekulés 1876 geschlossener zweiten Ehe mit Luise Högel (1845–1920) gingen weitere drei Kinder hervor.
"Von der Inspiration kann der geistige Beobachter zur
Intuition aufsteigen. In der Ausdrucksart der Geheimwissenschaft
bedeutet dieses Wort in vieler Beziehung das
genaue Gegenteil von dem, wofür man es im gewöhnlichen
Leben oft anwendet. In letzterem spricht man von
Intuition, wenn man einen dunkel als wahr gefühlten
Einfall im Auge hat, dem an sich die klare, begriffliche
Feststellung noch fehlt. Man sieht darinnen mehr eine
Vorstufe der Erkenntnis denn eine solche selbst. Solch ein
entsprechender «Einfall» mag - nach dieser
Begriffsbestimmung - eine große Wahrheit wie in
einem Blitzlicht erleuchten; als Erkenntnis kann er erst
gelten, wenn er durch begriffliche Urteile begründet wird.
Bisweilen bezeichnet man auch als Intuition etwas, was
man als Wahrheit «fühlt», wovon man ganz überzeugt ist,
was man aber durch Verstandesurteile nicht belasten will.
Menschen, an welche die geheimwissenschaftlichen
Erkenntnisse herankommen, sagen gar oft: Das war mir
«intuitiv» schon immer klar. Von all dem muß ganz
abgesehen werden, wenn man den Ausdruck «Intuition» in
seiner hier gemeinten wahren Bedeutung ins Auge fassen
will. Intuition ist, in dieser Anwendung, nicht eine
Erkenntnis, die an Klarheit hinter der Verstandeserkenntnis
zurückbleibt, sondern welche diese weit überragt." {{Lit|{{G|012|76f}}}}
</div>


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Kekulé war mehr Theoretiker als praktischer Chemiker und seine Ideen waren teilweise sehr spekulativ. Sein Arbeitsgebiet war die [[Kohlenstoff]]-Chemie und die Aufklärung der Konstitution [[Aromatische Kohlenwasserstoffe|aromatischer Verbindungen]]. Sein besonderes Interesse galt dabei der Darstellung organischer Molekülen durch [[Strukturformel]]n. Er erkannte gleichzeitig mit [[w:Archibald Scott Couper|A. S. Couper]] 1858 die Vierwertigkeit des Kohlenstoffs und das Vorhandensein von Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen. Kekulé gebrauchte zunächst noch die Begriffe „atomig“ oder „basisch“ für die Angabe der Anzahl der Bindungspartner eines Atoms, benutze dann aber auch den 1868 von seinem Schüler [[w:Hermann Wichelhaus|Hermann Wichelhaus]] eingeführten Begriff der [[Wertigkeit (Chemie)|Wertigkeit]].<ref>Der gedankliche Vorläufer der ''Wertigkeit'' oder ''Valenz'' war die von [[w:Edward Frankland|Edward Frankland]] 1852 in die [[organische Chemie]] eingeführte ''Sättigungskapazität''.</ref> 1858 postulierte Kekulé:<ref>Justus Liebigs Annalen der Chemie, '''104''' (1857), S. 129–150.</ref><ref>Justus Liebigs Annalen der Chemie, '''106''' (1858), S. 129–159.</ref>
"Das
''Leben'' der Dinge in der ''Seele'' ist nun die ''Intuition''. Es ist
eben ganz wörtlich zu nehmen, wenn man von der Intuition
sagt: man kriecht durch sie in alle Dinge hinein. - Im gewöhnlichen
Leben hat der Mensch nur ''eine'' Intuition, das
ist diejenige des «Ich» selber. Denn das «Ich» kann auf
keine Weise von außen wahrgenommen werden, es kann
nur im Innern erlebt werden. Eine einfache Erwägung kann
das klarmachen. Es ist dies eine Erwägung, die allerdings
von den Psychologen nicht mit der wünschenswerten
Schärfe gemacht wird. So unscheinbar sie aber ist: für den,
der ''sie'' ganz versteht, ist sie von der allerweittragendsten
Bedeutung. Sie ist die folgende: Ein jedes Ding
der Außenwelt kann von allen Menschen mit demselben
Namen genannt werden. Der Tisch kann von allen mit
«Tisch», die Tulpe von allen mit «Tulpe», der Herr Müller
von allen mit «Herr Müller» angesprochen werden. Aber es
gibt ein Wort, das jeder nur zu sich selbst sprechen kann.
Dies ist das Wort «Ich». Kein anderer kann zu mir «Ich»
sagen, für jeden anderen bin ich ein «Du». Ebenso ist jeder
andere für mich ein «Du». Nur er selbst kann zu sich «Ich»
sagen. Das rührt davon her, daß man nicht ''außer'', sondern
''in'' dem «Ich» lebt. Und so lebt man durch die ''intuitive''
Erkenntnis in allen Dingen. Die Wahrnehmung des eigenen
«Ich» ist das Vorbild für alle intuitive Erkenntnis. Um so in
die Dinge hineinzukommen, muß man allerdings erst aus
sich selbst heraustreten. Man muß «selbstlos» werden, um
mit dem «Selbst», dem «Ich», einer anderen Wesenheit zu
verschmelzen." {{Lit|{{G|012|20f}}}}
</div>


<div style="margin-left:20px">
* Kohlenstoffatome können sich zu Ketten in beliebiger Länge und Komplexität verbinden.
"Man hat erst dann etwas
* Kohlenstoffatome sind immer 4-wertig, können also vier Bindungen eingehen (Anm.: Kekulé war der erste Chemiker, der dies formulierte).
intuitiv erfaßt, wenn man diesem «Etwas» gegenüber zu
* Die Zahl der einwertigen Bindungspartner an einer linearen Kohlenstoffkette mit n C-Atomen ist (2*n + 2).
der Empfindung gekommen ist: es äußert sich in ihm ein
* Die Untersuchung von Reaktionen ermöglicht es, Informationen über die Anordnung der Atome zu gewinnen.
Wesen, das von derselben Art und inneren Geschlossenheit
wie das eigene Ich ist." {{Lit|{{G|012|78}}}}
</div>


Konkreter aus der [[übersinnlich]]en [[Erfahrung]] gesprochen, ist Intuition das vollkommene Einswerden mit anderen [[Geistige Wesen|geistigen Wesen]], indem man in sie untertaucht bzw. diese in uns untertauchen, ohne dass man dabei aber die eigene Identität verliert. Dann gibt es keinen Unterschied mehr zwischen mir und den anderen geistigen Wesen, man ist gleichsam ''im Gotte stehend'' - und doch ist man gerade dann am allermeisten bei sich selbst. Ein Paradoxon, auf das schon [[Paulus]] hingedeutet hat mit dem Wort, das [[Rudolf Steiner]] meist so zitiert: ''Nicht ich, sondern der Christus in mir.'' [[Wikipedia:Meister Eckhart|Meister Eckhart]] hat es so ausgesprochen:
In seinem ebenfalls 1858 erschienen ''Lehrbuch der organischen Chemie'' entwickelte er seine Ideen zur [[Strukturchemie]] und wendete in seinem Lehrbuch von 1864 die [[Strukturformel]]n zur Darstellung organischer Moleküle an. 1865 veröffentlichte er erstmals seinen berühmten Vorschlag zur Struktur des [[w:Benzol|Benzol]]rings in einer französischen Zeitschrift und 1866 auf Deutsch in Liebigs ''Annalen'' unter dem Titel ''Untersuchungen ueber aromatische Verbindungen''.<ref>[http://archive.org/stream/annalenderchemi33liebgoog#page/n143/mode/1up Lieb. Ann. '''137''' (1866), 129–196].</ref>


:"Das Auge, durch das ich Gott sehe, das ist das gleiche Auge, mit dem Gott mich sieht. Mein Auge und Gottes Auge das ist ein Auge und ein Sehen und ein Erkennen und ein Empfinden." {{lit|1,2}}
Kekulé starb 1896 in Bonn und wurde in einem [[w:Ehrengrab|Ehrengrab]] auf dem [[w:Poppelsdorfer Friedhof|Poppelsdorfer Friedhof]] beigesetzt.


In der intuitiven Erkenntnis bedient sich der Mensch jener Kräfte, die bis zum [[Zahnwechsel]] im [[Siebentes Lebensjahr|siebenten Lebensjahr]] an der Gestaltung des [[Physischer Leib|physischen Leibes]] arbeiten.
== Literatur ==
* [[w:Richard Anschütz|Richard Anschütz]]: ''August Kekulé.'' Verlag Chemie, Berlin 1929 (online aus dem Bestand der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn)
** Bd. 1: [http://s2w.hbz-nrw.de/ulbbn/content/titleinfo/972697 ''Leben und Wirken.'']
** Bd. 2: [http://s2w.hbz-nrw.de/ulbbn/content/titleinfo/972698 ''Abhandlungen, Berichte, Kritiken, Artikel, Reden.'']
* Ralph Burmester, Andrea Niehaus (Hrsg.): Kekulés Traum – von der Benzolformel zum Bonner Chemiepalast, Begleitpublikation zur gleichnamigen Sonderausstellung im Deutschen Museum Bonn, Bonn 2011.
* Wolfgang Göbel: ''Friedrich August Kekulé'' (= ''[[w:Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner|Biographien hervorragender Naturwissenschaftler]].'' Bd. 72, {{ISSN|0232-3516}}). Teubner, Leipzig 1984.
* Klaus Hafner: ''August Kekulé. Dem Baumeister der Chemie zum 150.&nbsp;Geburtstag'' (= ''Darmstädter Schriften.'' Bd. 46). Justus-von-Liebig-Verlag, Darmstadt 1980, ISBN 3-87390-063-7.
* [[w:Dieter Neubauer (Chemiker)|Dieter Neubauer]]: ''Kekulés Träume – Eine andere Einführung in die Organische Chemie'', Springer Spektrum, 2014, ISBN 978-3-642-41709-2.
* Alan J. Rocke: ''Image and Reality. Kekule, Kopp, and the Scientific Imagination.'' University of Chicago Press, Chicago IL u. a. 2010, ISBN 978-0-226-72332-7.
* {{ADB|51|479|486|Kekulé, August|[[w:Richard Anschütz|Richard Anschütz]]|ADB:Kekulé, August}}
* {{NDB|11|414|424|Kekulé, August|Grete Ronge|118561022}}
* [[w:Walter Ruske|Walter Ruske]]: ''August Kekulé und die Entwicklung der chemischen Strukturtheorie.'' In: ''Die Naturwissenschaften.'' 52. Jg., 1965, {{ISSN|0028-1042}}, S. 485–488.
* [[w:Heinz A. Staab|Heinz A. Staab]]: ''Hundert Jahre organische Strukturchemie.'' In: ''[[w:Angewandte Chemie (Zeitschrift)|Angewandte Chemie]].'' Vol. 70, 2, 1958, S. 37–41, [[doi:10.1002/ange.19580700202]].
* [[w:Franz Strunz|Franz Strunz]]: ''Kekulés Träume.'' In: ''[[w:Chemie in unserer Zeit|Chemie in unserer Zeit]].'' Bd. 23, 1989, S. 170–176, [[doi:10.1002/ciuz.19890230505]].


<div style="margin-left:20px">
== Weblinks ==
"... die Kräfte, die in der Intuition, in der intuitiven Erkenntnis
{{Commons|Friedrich August Kekulé von Stradonitz}}
angewendet werden, sind dieselben Kräfte, mit denen man bis zum
{{Wikisource|August Kekulé}}
siebenten Jahre so wächst, daß dieses Wachsen seinen Ausdruck
* {{DNB-Portal|118561022}}
findet im Zahnwechsel. Diese schlafenden Kräfte, die bis zum siebenten
* [http://www.chemie.uni-bonn.de/oc/ Das Kekulé-Institut für Organische Chemie der Universität Bonn]
Jahr tätig sind in der Menschennatur, die benützt man in der übersinnlichen
* [http://www.ifmb.uni-bonn.de/ Das ehemalige Chemische Institut, Kekulés Wirkungsort], beherbergt heute das Institut für Mikrobiologie und Biotechnologie der Universität Bonn
Erkenntnis, um zur Intuition zu kommen." {{Lit|{{G|191|32}}}}
</div>


<div style="margin-left:20px">
== Einzelnachweise ==
"Wenn die Übungen für die Intuition gemacht werden, so
<references />
wirken sie nicht allein auf den Ätherleib, sondern bis in die
übersinnlichen Kräfte des physischen Leibes hinein. Man
sollte sich allerdings nicht vorstellen, daß auf diese Art
Wirkungen im physischen Leibe vor sich gehen, welche der
gewöhnlichen Sinnenbeobachtung zugänglich sind. Es sind
Wirkungen, welche nur das übersinnliche Erkennen beurteilen
kann. Sie haben mit aller ''äußeren'' Erkenntnis nichts zu
tun. Sie stellen sich ein als Erfolg der Reife des Bewußtseins,
wenn dieses in der Intuition Erlebnisse haben kann, trotzdem
es alle vorher gekannten äußeren und inneren Erlebnisse
aus sich herausgesondert hat. — Nun sind aber die
Erfahrungen der Intuition zart, intim und fein; und der
physische Menschenleib ist auf der gegenwärtigen Stufe seiner
Entwickelung im Verhältnisse zu ihnen grob. Er bietet
deshalb ein stark wirkendes Hindernis für den Erfolg der
Intuitionsübungen. Werden diese mit Energie und Ausdauer
und in der notwendigen inneren Ruhe fortgesetzt, so überwinden
sie zuletzt die gewaltigen Hindernisse des physischen
Leibes. Der Geistesschüler bemerkt das daran, daß er
allmählich gewisse Äußerungen des physischen Leibes, die
vorher ganz ohne sein Bewußtsein erfolgten, in seine Gewalt
bekommt. Er bemerkt es auch daran, daß er für kurze
Zeit das Bedürfnis empfindet, z.B. das Atmen (oder dergleichen)
so einzurichten, daß es in eine Art Einklang oder
Harmonie mit dem kommt, was in den Übungen oder sonst
in der inneren Versenkung die Seele verrichtet. Das Ideal der
Entwickelung ist, daß durch den physischen Leib selbst gar
keine Übungen, auch nicht solche Atemübungen gemacht
würden, sondern daß alles, was mit ihm zu geschehen hat, sich
''nur'' als eine Folge der reinen Intuitionsübungen einstellte." {{Lit|{{G|013|371f}}}}
</div>


== Der Intuitionsbegriff der 'Philosophie der Freiheit' ==
{{Normdaten|TYP=p|GND=118561022|LCCN=n/81/75848|VIAF=69046281}}
<div style="margin-left:20px">
"Im
Gegensatz zum Wahrnehmungsinhalte, der uns von außen
gegeben ist, erscheint der Gedankeninhalt im Innern. Die
Form, in der er zunächst auftritt, wollen wir als Intuition
bezeichnen. Sie ist für das Denken, was die Beobachtung für
die Wahrnehmung ist. Intuition und Beobachtung sind die
Quellen unserer Erkenntnis." (S. 95)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Intuition und Beobachtung sind die
Quellen unserer Erkenntnis. Wir stehen einem beobachteten
Dinge der Welt so lange fremd gegenüber, so lange wir in
unserem Innern nicht die entsprechende Intuition haben,
die uns das in der Wahrnehmung fehlende Stück der Wirklichkeit
ergänzt." (S. 95)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Was uns in der
Beobachtung an Einzelheiten gegenübertritt, das verbindet
sich durch die zusammenhängende, einheitliche Welt unserer
Intuitionen Glied für Glied;" (S. 96)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Die Frage nach dem «Was» einer Wahrnehmung
kann also nur auf die begriffliche Intuition gehen, die
ihr entspricht." (S. 99)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Ein Glied in meinem Gedankensysteme,
eine bestimmte Intuition, ein Begriff verbindet sich mit der
Wahrnehmung. Wenn dann die Wahrnehmung aus meinem
Gesichtskreise verschwindet: was bleibt zurück? Meine Intuition
mit der Beziehung auf die bestimmte Wahrnehmung,
die sich im Momente des Wahrnehmens gebildet hat." (S. 106)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Die ''Vorstellung'' ist nichts anderes als eine auf eine
bestimmte Wahrnehmung bezogene Intuition, ein Begriff,
der einmal mit einer Wahrnehmung verknüpft war, und
dem der Bezug auf diese Wahrnehmung geblieben ist." (S. 107)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Die Vorstellung steht also zwischen Wahrnehmung und
Begriff. Sie ist der bestimmte, auf die Wahrnehmung deutende
Begriff."
</div>
Bei diesen Ausführungen Steiners fällt auf, daß nebeneinander die Wörter '[[Begriff]]' und 'Intuition' verwendet werden, als wären es Synonyme. Aber wenn es für Steiner Synonyme sind, warum sagt er das dann nicht? Und warum wählt er einmal das Wort 'Begriff', dann wieder 'Intuition', aber auch Kombinationen wie 'begriffliche Intuition'? Zudem kommen die Wörter 'Inhalt' und 'Form' vor. Ein Gedanken''inhalt'' tritt ''zunächst'' in der ''[[Form]]'' der Intuition auf.


Als Formmerkmale von Begriffen oder Intuitionen können Erscheinung, Auftreten, [[Ursprung|Quellcharakter]], [[Bewußtsein|Bewußtheit]], Aktivität, Beweglichkeit, Innerlichkeit, Subjektivtät, Zusammenhang, Einheitlichkeit, Gliedcharakter, Bestimmtheit, Begrenztheit,  [[Intentionalität]], Funktionalität, Bezüglichkeit, usw. in Frage kommen, insofern sie nicht dem Gedankeninhalt zuzurechnen sind. Einige dieser Attribute sind in den Zitaten angeführt, andere implizit mitgemeint, oder es ist dies im übrigen Text der 'Philosophie der Freiheit' der Fall. Vgl. auch S. 154, wo von dem "ideellen und folglich allgemeinen Inhalt" einer Intuition gesprochen wird, und S. 153 davon, daß der "Inhalt eines Begriffes durch reine Intuition aus der ideellen Sphäre heraus" bestimmt werdern kann, ohne Bezug auf eine Wahrnehmung. Seite 166 heißt es jedoch:
{{SORTIERUNG:Kekule, August}}
<div style="margin-left:20px">
[[Kategorie:Chemiker (19. Jahrhundert)]]
"Der Unterschied
[[Kategorie:Hochschullehrer]]
zwischen mir und meinem Mitmenschen liegt durchaus nicht
[[Kategorie:Deutscher]]
darin, daß wir in zwei ganz verschiedenen Geisteswelten
[[Kategorie:Geboren 1829]]
leben, sondern daß er aus der uns gemeinsamen Ideenwelt
[[Kategorie:Gestorben 1896]]
andere Intuitionen empfängt als ich." (S. 166)
[[Kategorie:Mann]]
</div>


Was kann da mit "Intuitionen" anderes gemeint sein als Gedanken''inhalte''? Wenn man statt 'empfangen' das Wort 'intuieren' verwendete, würde es dann heißen: Aus der [[Ideen]]welt Intuitionen intuieren. Die anfängliche Bestimmung von Intuition als Form, bzw. daß ausschließlich formhaftes Intuition genannt wird, wird von Steiner offenbar nicht durchgängig beibehalten, sondern Intuition kann auch den Inhalt von [[Gedanke]]n bezeichnen. Dies wird auch durch eine Formulierung auf Seite 191 bestätigt:
{{Wikipedia}}
<div style="margin-left:20px">
"Der freie Geist handelt nach seinen Impulsen, das sind Intuitionen,
die aus dem Ganzen seiner Ideenwelt durch das
Denken ausgewählt sind. (S. 191)
</div>
Hier könnte man wohl wieder umformulieren zu: Intuitionen, die aus dem Ganzen der Ideenwelt durch Intuition ausgewählt sind. Seite 240 ist dann wieder die Form gemeint:
<div style="margin-left:20px">
"Das Individuum muß seine Begriffe durch eigene Intuition gewinnen."
</div>
Auch da könnte man wohl ohne [[Bedeutung|Sinnänderung]] formulieren: Das Individuum muß seine Intuitionen durch eigene Intuition gewinnen.
In einem Zusatz zur Neuauflage 1918 wird ein weiteres [[Merkmal]] der Intuition genannt. Es wird von '[[Kraft|Kräften]]' der Intuition gesprochen, die eine Vertiefung der Erkenntnis ermöglichen würden:
 
<div style="margin-left:20px">
"Eine Vermehrung
oder Andersgestaltung der menschlichen Sinne würde ein
anderes Wahrnehmungsbild ergeben, eine Bereicherung oder
Andersgestaltung der menschlichen Erfahrung; aber eine
wirkliche Erkenntnis müßte auch dieser Erfahrung gegenüber
durch die Wechselwirkung von Begriff und Wahrnehmung
gewonnen werden. Die Vertiefung der Erkenntnis
hängt von den im Denken sich auslebenden Kräften der Intuition (vergleiche Seite 95) ab.
Diese Intuition kann in
demjenigen Erleben, das im Denken sich ausgestaltet, in
tiefere oder weniger tiefe Untergründe der Wirklichkeit
tauchen. Durch die Erweiterung des Wahrnehmungsbildes
kann dieses Untertauchen Anregungen empfangen und auf
diese Art mittelbar gefördert werden." (S. 130f. aus Zusatz für Neuauflage 1918)
</div>
 
Dabei ist fraglich, ob diese 'Kräfte' der Intuition ein anderes Wort für [[Fähigkeit]] zu Intuitionen bzw. Intuitionsvermögen sind, von dem andernorts gesprochen wird, oder ob nicht doch noch etwas anderes [[zeigen|bezeichnet]] werden soll.
 
Was Intuition auf der Ebene des [[Denken]]s bedeutet, hat Rudolf Steiner dann weiter so formuliert:
<div style="margin-left:20px">
"Wer aber
durchschaut, was bezüglich des Denkens vorliegt, der wird
erkennen, daß in der Wahrnehmung nur ein Teil der Wirklichkeit
vorliegt und daß der andere zu ihr gehörige Teil,
der sie erst als volle Wirklichkeit erscheinen läßt, in der denkenden
Durchsetzung der Wahrnehmung ''erlebt'' wird. Er
wird in demjenigen, das als Denken im Bewußtsein auftritt,
nicht ein schattenhaftes Nachbild einer Wirklichkeit sehen,
sondern eine auf sich ruhende geistige Wesenhaftigkeit. Und
von dieser kann er sagen, daß sie ihm durch ''Intuition'' im Bewußtsein
gegenwärtig wird. ''Intuition'' ist das im rein Geistigen
verlaufende bewußte Erleben eines rein geistigen Inhaltes.
Nur durch eine Intuition kann die Wesenheit des
Denkens erfaßt werden. {{Lit|{{G|004|146}}}} (aus Zusatz für Neuausgabe 1918)
</div>
Im Anschluß wird dann gesagt, daß die [[Wesenheit]] des Denkens selbst eine intuitive sei. Die Erfassung des intuitiven Wesens des Denkens ist nur durch Intuition möglich.
 
Im intuitiven Denken habe der Mensch bereits ein rein geistiges Erlebnis:
 
<div style="margin-left:20px">
"Die geistige Wahrnehmungswelt kann
dem Menschen, sobald er sie erlebt, nichts Fremdes sein, weil er im intuitiven Denken
schon ein Erlebnis hat, das rein geistigen Charakter trägt." {{Lit|{{G|004|181}}}}
</div>
 
=== Der Intuitionsbegriff gemäß Seite 95ff. der 'Philosophie der Freiheit' ===
Da offensichtlich im Text der Philosophie der Freiheit der Begriff der Intuition nicht klar definiert ist, und das Wort 'Intuition' in unterschiedlichen Bedeutungen bzw. Kontexten verwendet wird, ist es verständlich, daß Rudolf Steiner in den Zusätzen der Neuauflage nochmals darauf hinweist, wo man im Text nachzusehen hat, um Aufschluß über die Intuition bzw. das intuitive Denken zu erhalten. Zweimal wird ausdrücklich auf die Seite 95, bzw. 95ff. verwiesen. Die eine Stelle befindet sich auf Seite 130f. (Zitat s.o.), die andere ist folgende:
<div style="margin-left:20px">
"Die
Wahrnehmung ist der Teil der Wirklichkeit, der objektiv,
der Begriff derjenige, der subjektiv (durch Intuition, vgl.
Seite 95 ff.) gegeben wird." (S. 247)
</div>
Natürlich müssen auch gerade diese Stellen, in denen nach Seite 95 bzw. 95ff. verwiesen wird, für den Intuitionsbegriff aufschlußreich sein, da es sich auf Seite 130, und Seite 247 wegen des Bezuges sich um den gleichen [[Gegenstand]] handeln muß.
 
In dem obigen Zitat wird nun deutlich zwischen Begriff und Intuition unterschieden. Die Begriffe werden [[Subjekt|subjektiv]] durch Intuition [[Gegebenes|gegeben]]. Weiter heißt es, daß die Begriffe der Intuition [[Erscheinung|erscheinen]]:
<div style="margin-left:20px">
"Unsere geistige Organisation
reißt die Wirklichkeit in diese beiden Faktoren auseinander.
Der eine Faktor erscheint dem Wahrnehmen, der andere der
Intuition." (S.247f.)
</div>
 
Da die Intuition bzw. das intuitive Denken für das Denken in sich selbst ein bewußtes [[Erlebnis|Erleben]]<ref>Erleben eines Inhalts, nicht der Tätigkeit als solcher im Unterschied zum Inhalt: "''Intuition'' ist das im rein Geistigen verlaufende bewußte Erleben eines rein geistigen Inhaltes" (S. 146).</ref> ermöglichen soll, als 'rein geistiger [[Vorgang]]', gilt es für die [[Bestimmung]] des Begriffes der 'Intuition' genau [[Feststellung|festzustellen]], wie dieser im [[Vollzug]] ein bewußtes Erleben zukommen kann. "Erleben" ist selbst ein erklärungsbedürftiges Wort bzw. unklarer Begriff, das in diesem [[Zusammenhang]] so nicht weiterhilft. Die Art der Bewußtheit hat man aber wohl sicher innerhalb eines Begriffsfeldes von Beobachtung, [[Wahrnehmung]], [[Erfahrung]] und Erlebnis, es gibt auch andere zugehörige Wörter wie 'gewahren' usw., zu suchen.
 
Die Art der Intuitionsbewußtheit im Denken muß von präzis bestimmbarer Art sein, und sich von anderen Bewußtseinsarten, etwa einem vagen Erlebnisgefühl, unterscheiden lassen, sonst machte es keinen Sinn, über Intuition so zu sprechen, wie Rudolf Steiner in seiner 'Philosophie der Freiheit'. Das Mittel, den Begriff der Intuition präzis zu fassen, kann aber nur die Intuition selbst sein. "Begriffe werden durch Intuition gegeben".
 
Die Passage auf Seite 95 ist diese:
<div style="margin-left:20px">
"[D]as Denken [zieht] seine Fäden von Wesen zu Wesen. Diese Tätigkeit
des Denkens ist eine inhaltvolle. (...) Diesen Inhalt bringt das Denken der Wahrnehmung aus
der Begriffs- und Ideenwelt des Menschen entgegen. Im
Gegensatz zum Wahrnehmungsinhalte, der uns von außen
gegeben ist, erscheint der Gedankeninhalt im Innern. Die
Form, in der er zunächst auftritt, wollen wir als Intuition
bezeichnen. Sie ist für das Denken, was die Beobachtung für
die Wahrnehmung ist. Intuition und Beobachtung sind die
Quellen unserer Erkenntnis. Wir stehen einem beobachteten
Dinge der Welt so lange fremd gegenüber, so lange wir in
unserem Innern nicht die entsprechende Intuition haben,
die uns das in der Wahrnehmung fehlende Stück der Wirklichkeit
ergänzt. Wer nicht die Fähigkeit hat, die den Dingen
entsprechenden Intuitionen zu finden, dem bleibt die
volle Wirklichkeit verschlossen." (S. 95)
</div>
Auf Seite 96, sowie 98f. folgt:
<div style="margin-left:20px">
"Was uns in der Beobachtung an Einzelheiten gegenübertritt, das verbindet
sich durch die zusammenhängende, einheitliche Welt unserer
Intuitionen Glied für Glied; (...) Außer durch Denken und Wahrnehmen ist uns direkt
nichts gegeben. (S. 96)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Man kann in bezug auf dieses Gegebene nur
fragen, was es außerhalb der Wahrnehmung, das ist: für das Denken ist. Die Frage nach dem «Was» einer Wahrnehmung
kann also nur auf die begriffliche Intuition gehen, die
ihr entspricht." (S. 98f.)
</div>
 
Auch wenn sich ein präziser Intuitionsbegriff anhand solcher Angaben nicht so leicht gewinnen läßt, entsteht doch der Eindruck, daß es mit dem 'intuitiven' Denken nichts weiter auf sich hat. Es ist keine besondere Art des Denkens, sondern Denken eben. Nichts weiter. Jedes Denken, das alltägliche Denken des Menschen ist intuitives Denken.
 
Da verwundert es doch etwas, warum so ein Spektakel um die 'Intuition' gemacht wird. Allerdings hat man mit der Feststellung der Gewöhnlichkeit der 'Intuition' und des 'intuitiven Denkens' noch keinen Begriff von ihr. Es ist aber sicher ganz falsch, Intuition irgendwie mit dem Ausnahmezustand in Verbindung zu bringen, von dem im 3. Kapitel die Rede ist. Intuition ist ''kein'' Ausnahmezustand.
 
Das Wort 'Intuition' wird von Steiner allgemein für 'Denken' verwendet. Es soll mit ihm aber wohl der [[Tätigkeit]]saspekt hervorgehoben werden. Zwar verwendet Steiner auch für das Resultat, den Begriffsinhalt, gelegentlich das Wort Intuition, aber das ist nicht unüblich, das Resultat einer Tätigkeit mit dem gleichen Namen zu benennen. Mit der Formulierung, daß die Intuition für das Denken sei, was die Beobachtung für die Wahrnehmung ist, wird eine Unterscheidung gemacht, die ausschließt, daß auch der Gedankeninhalt Intuition sein kann, denn Beobachtung ist kein Inhalt. Entsprechend wäre Intuition kein Inhalt. Sie ''hat'' auch keinen Gedankeninhalt, bzw. ''noch'' keinen, in dem Stadium, wo sie erst anhebt, einen Begriff zu fassen. Wenn sie den Begriff gefaßt hat, dann hat sie diesen Inhalt. Es gibt in dem [[Prozeß]] eine Phase, die einen ähnlichen Charakter wie die auf Wahrnehmungen bezogene Beobachtung hat: Das Suchen nach einem Begriff. Es muß dies nicht ein Begriff für eine Wahrnehmung sein, es kann auch das Suchen nach einem Begriff sein, veranlaßt durch den Inhalt eines anderen Begriffs, also bei einer [[Logik|logischen]] Folge z.B. Dies [[Geschehen|geschieht]] dann innerhalb des Denkens ohne Bezug auf Wahrnehmung. Also auch innerhalb des Denkens selbst kann die Intuition in Beobachtungs-, Such- oder [[Aufmerksamkeit]]sstellung sein, oder wie man es nennen will. Es ist aber fraglich, ob man den Beobachtungsbegriff, wie er für die Wahrnehmung gilt, einfach auf die Intuition übertragen kann. Denn wenn man einen Begriffsinhalt "beobachtet", dann ist die [[Erkenntnis]] damit abgeschlossen. Die wahrnehmliche Beobachtung hat nicht diese [[Qualität]], für die Erkenntnis von [[sinnliche Wahrnehmung|sinnlichen Wahrnehmungen]] muß erst noch die Intuition hinzu kommen, bzw. sich vollziehen.
 
<div style="margin-left:20px">
"[W]enn auch einerseits das
intuitiv erlebte Denken ein im Menschengeiste sich vollziehender
tätiger Vorgang ist, so ist es andererseits zugleich
eine geistige, ohne sinnliches Organ erfaßte Wahrnehmung.
Es ist eine Wahrnehmung, in der der Wahrnehmende selbst
tätig ist, und es ist eine Selbstbetätigung, die zugleich wahrgenommen
wird. Im intuitiv erlebten Denken ist der Mensch
in eine geistige Welt auch als Wahrnehmender versetzt". (S. 256)
</div>
 
Diese Formulierung kann man wohl nur dahingehend verstehen, daß das 'Erleben' bzw. die 'Wahrnehmung' des [[Geist]]igen dadurch zustande kommt, daß die Intuition in Anwendung auf sich selbst ihre eigene Tätigkeit erfaßt. Intuitiv erlebtes Denken ist nicht gleichzusetzen mit intuitivem Denken (sonst machte die Hinzufügung des Wortes 'Erlebnis' keinen Sinn), aber bedient sich ebenso der Intuition. Aber inwiefern unterscheidet sich der Gegenstand des intuitiv erlebten Denkens von demjenigen des "bloß" intuitiven Denkens? Erscheint dem intuitiv erlebten Denken sein Gegenstand 'Intuition' genauso wie dem intuitiven Denken als ''Begriffs''inhalt? Oder ist Intuition als Gegenstand der Intuition, ein Inhalt, der sich von den sonstigen Inhalten von Intuitionen qualitativ unterscheidet?
 
Möglicherweise will Rudolf Steiner das 'intuitiv erlebte Denken' als ein Denken verstanden wissen, das die gewöhnliche Intuition fortlaufend nebenbei in der Anwendung auf sich selbst begleitet. Erst wenn man so unterscheidet und dann meinetwegen das 'intuitiv erlebte Denken' als das eigentliche intuitive Denken verstehen will, auf das es ankäme, stellt sich die Frage, wie die Intuition sich selbst beobachten könne, was genau unter einem sog. Ausnahmezustand zu verstehen wäre, und wie die Unbeobachtbarkeit des ''[[Aktualität|aktuellen]]'' Denkens (gemäß 3. Kapitel der 'Philosophie der Freiheit') mit solchem intuitiven Denken als einem intuitiv erlebten Denken zusammenpassen könnte.
 
=== Die Beobachtung des Denkens (3. Kap. der 'Philosophie der Freiheit') ===
Ein Begriff der Intuition, der Denken und Beobachtung zugleich umfasst, als von ''einem'' Wesen, ist im 3. Kap. noch nicht entwickelt. Denken und Beobachten erscheinen als zwei verschiedene Tätigkeiten: [[Hervorbringen]] und [[Betrachten]]. Das Ziel in diesem 3. Kap. ist, das Denken so zu erfassen, daß es als ein sich durchsichtiges, vollkommen durchschautes Fundament für das weitere Erkennen der Welt dienen kann. Das Mittel soll dazu die Beobachtung sein.
 
<div style="margin-left:20px">
"''Beobachtung und Denken'' sind die beiden Ausgangspunkte
für alles geistige Streben des Menschen, insoferne er sich
eines solchen bewußt ist. Die Verrichtungen des gemeinen
Menschenverstandes und die verwickeltesten wissenschaftlichen
Forschungen ruhen auf diesen beiden Grundsäulen
unseres Geistes. Die Philosophen sind von verschiedenen
Urgegensätzen ausgegangen: Idee und Wirklichkeit, Subjekt
und Objekt, Erscheinung und Ding an sich, Ich und Nicht-
Ich, Idee und Wille, Begriff und Materie, Kraft und Stoff,
Bewußtes und Unbewußtes. Es läßt sich aber leicht zeigen,
daß allen diesen Gegensätzen der von ''Beobachtung'' und
''Denken'', als der für den Menschen wichtigste, vorangehen
muß." (S. 38)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Zeitlich geht die Beobachtung sogar dem Denken voraus.
Denn auch das Denken müssen wir erst durch Beobachtung
kennenlernen." (S. 39)
</div>
Daß [[Zeitlichkeit]], Beobachtung und Denken Begriffe sind, die durch das Denken ja erst gefaßt werden müssen, wird hier noch nicht thematisiert. (Im 4. Kap. gibt es dann die Feststellung: "Das Denken ist ''jenseits'' von Subjekt und Objekt". So weit ist der Untersuchungsprozeß im 3. Kap. noch nicht gediehen.<ref>Man kann wohl annehmen, daß die Beobachtung als solche dadurch entsteht, daß sich das Denken von sich selbst unterscheidet. Es ist der ''erste'' Unterschied, der ''Ur''unterschied für das Denken, nicht nur der wichtigste für den Menschen (wie Steiner sagt). Alle anderen Unterscheidungen, auch die zwischen Tätigkeit und Inhalt, kommen später, sofern sie nicht nur andere Bezeichnungen für diesen ersten Unterschied sind. Fraglich ist, ob das Denken diesen Unterschied bewußt vornehmen kann, oder ob nicht eher das Bewußtsein erst durch diese Unterscheidung entsteht. Die Formulierung Rudolf Steiners S. 38: "Beobachtung und Denken sind die beiden Ausgangspunkte für alles geistige Streben des Menschen, insoferne er sich eines solchen bewußt ist", könnte genau das aussagen wollen, daß diese erste Unterscheidung unbewußt verläuft. Insofern die seelische Beobachtung nur bewußte Tatsachen aufsuchen kann, müßte von der Gegebenheit dieses Unterschiedes ausgegangen werden. (Um ihn dann später im nachherein als selbstgesetzt erkennen zu können, falls das möglich sein sollte.)</ref>)
Aber als gegeben angenommen, daß die Beobachtung zeitlich dem Denken vorausgeht, was keineswegs ohne weiteres einleuchtet: Sollte man dann nicht, um ein sicheres Fundament für das Erkennen zu gewinnen, zunächst erst die Beobachtung untersuchen?
<div style="margin-left:20px">
"Zwei Dinge vertragen sich nicht: tätiges Hervorbringen
und beschauliches Gegenüberstellen." (S. 43)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Es wird heute sehr vielen Menschen
schwer, den Begriff des Denkens in seiner Reinheit zu
fassen." (S. 45)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Er sucht das Denken durch einen bloßen Beobachtungsprozeß
zu finden in derselben Art, wie wir bei anderen
Gegenständen des Weltinhaltes verfahren. Er kann es aber
auf diesem Wege nicht finden, weil es sich, wie ich nachgewiesen
habe, gerade da der normalen Beobachtung entzieht." (S. 45)
</div>
 
Der ''normalen'' Beobachtung als ein ''bloßer'' Beobachtungs''prozeß'' (Beobachtungs''verfahren'') entzieht sich das Denken als unbeobachtbar, da es zu dem Zeitpunkt, wo es mittels Beobachtung ins Auge gefaßt werden könnte, als eine hervorbringende Tätigkeit bereits vorbei ist, mithin für die Beobachtung nicht mehr [[Vorhandenheit|vorhanden]] ist, bzw. weil die Beobachtung als eine separate Tätigkeit ''warten'' muß. Die Beobachtung kann nicht [[Gleichzeitigkeit|gleichzeitig]] zusammen mit dem Denken beginnen, quasi im Zeitverlauf parallel das Denken ins Auge fassen. (Es kann immer nur eine Tätigkeit zugleich ausgeführt werden, die Tätigkeit des Hervorbringens, und die Tätigkeit des Beobachtens können im Zeitablauf nur im Wechsel auftreten. Das Erkenntnissubjekt kann sich nicht in zwei Subjekte aufspalten: Eines das denkt, und ein anderes, das beobachtet.)
 
Darüber hinaus vertritt Rudolf Steiner für dieses Beobachten die Ansicht, das gelte auch, wenn man das Denken eines anderen Subjektes beobachtet. Auch da muß das zu beobachtende Objekt zunächst hervorgebracht worden sein. Erst dann kann es ins Auge gefaßt werden:
<div style="margin-left:20px">
"Das
Denken, das beobachtet werden soll, ist nie das dabei in
Tätigkeit befindliche, sondern ein anderes. Ob ich zu diesem
Zwecke meine Beobachtungen an meinem eigenen früheren
Denken mache, oder ob ich den Gedankenprozeß einer anderen
Person verfolge, oder endlich, ob ich, wie im obigen
Falle mit der Bewegung der Billardkugeln, einen fingierten
Gedankenprozeß voraussetze, darauf kommt es nicht an." (S. 43)
</div>
 
Das ist schwer nachvollziehbar, da es in dem Fall der Beobachtung des Denkens eines anderen Subjektes zwei Subjekte gibt, und auch eine Gleichzeitigkeit der hervorbringenden Tätigkeit und der beobachtenden Tätigkeit möglich zu sein scheint. Wird das Beobachtungsobjekt 'Denken' als mit einer zeitlosen Plötzlichkeit gegeben angenommen?  Eine alternative Interpretation könnte sein, daß während des Beobachtens nie das ''eigene'' dabei in Tätigkeit befindliche Denken beobachtet werden kann, was [[Implikation|implizieren]] würde, daß zum Beobachten Denken erforderlich ist. Weiter heißt es dann:
 
<div style="margin-left:20px">
"So ist es auch mit unserem Denken. Es muß erst da
sein, wenn wir es beobachten wollen.
Der Grund, der es uns unmöglich macht, das Denken in
seinem jeweilig gegenwärtigen Verlauf zu beobachten, ist
der gleiche wie der, der es uns unmittelbarer und intimer
erkennen läßt als jeden andern Prozeß der Welt. Eben weil
wir es selbst hervorbringen, kennen wir das Charakteristische
seines Verlaufs, die Art, wie sich das dabei in Betracht
kommende Geschehen vollzieht. Was in den übrigen Beobachtungssphären
nur auf mittelbare Weise gefunden werden
kann: der sachlich-entsprechende Zusammenhang und das
Verhältnis der einzelnen Gegenstände, das wissen wir beim
Denken auf ganz unmittelbare Weise." (S. 44)
</div>
 
Das bestätigt beide Lesarten des vorigen Zitats: Das Denken muß [[Dasein|da]] sein, um beobachtet werden zu können. Um die Beobachtung des [[Werden]]s von Denkergebnissen durch Tätigkeit geht es hier nicht, obwohl vom Denkprozeß gesprochen wird. Und da nun von [[Erkenntnis]] gesprochen wird, muß die Beteiligung des Denkens beim Beobachten schon mitgedacht sein, es sei denn, Steiner wollte mit den Ausführungen eine Erkenntnis lediglich durch Beobachtung [[Behauptung|postulieren]]<ref>Das könnte bei dem besonderen Beobachtungsobjekt 'Denken' tatsächlich der Fall sein, da ja die beiden für die Erkenntnis zu verbindenden "Hälften" der [[Wirklichkeit]], Begriff und Wahrnehmung, vorliegen. Nur umgekehrt wie sonst. Eine zusätzliche Intuition bräuchte es bei der Beobachtung des Denkens möglicherweise nicht, da diese ja schon als Beobachtungsobjekt vorliegt, allerdings "nur" als Inhalt.</ref>
 
Verständlich ist aber, daß ein Denken, das zusammen mit Beobachtung zur Erkenntnis des Denkens bemüht werden müßte, schon ein anderes wäre, wenn das zu beobachtende Denken immer schon da sein muß. Denn es wäre mit einem Beobachten verbunden, das erst auftreten könnte, wenn das zu beobachtende Denken schon da ist. Sollte nun die Erkenntnis des Denkens, obwohl sich das aktuelle Denken nicht beobachten läßt, deshalb [[Möglichkeit|möglich]] sein, weil das zu beobachtende vorherige Denken schon da ist, ''noch'' da ist, nämlich in seinen Resultaten?
 
<div style="margin-left:20px">
"Zwei Dinge vertragen sich nicht: tätiges Hervorbringen
und beschauliches Gegenüberstellen. Das weiß schon das
erste Buch Moses. An den ersten sechs Welttagen läßt es
Gott die Welt hervorbringen, und erst als sie da ist, ist die
Möglichkeit vorhanden, sie zu beschauen: «Und Gott sahe
an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr
gut.»" (S. 43f.)
</div>
 
Daraus folgt, daß Rudolf Steiner der Ansicht ist, daß durch das Erkennen der Ergebnisse des Denkens auch die Tätigkeit miterkannt ist, die diese Ergebnisse hervorgebracht hat, trotzdem diese Tätigkeit zum Zeitpunkt des Beobachtens und Erkennens des Denkens bereits Vergangenheit ist<ref>Wie dies möglich sein könnte, und was genau vorgeht, bedarf freilich einer eingehenderen Untersuchung. Es scheint, daß zumindest der letzte Gedankenschritt auf irgendeine Art im Bewußtsein noch präsent sein muß. (Was noch da sein könnte, das ist das Ende der hervorbringenden Tätigkeit. Dieses Ende fällt zeitlich in einem Punkt zusammen mit dem Beginn der Beobachtung. Das Gewahren des Gedankens scheint aber keine Zeit zu benötigen. Es könnte sein, daß das Denken in diesem Endpunkt der hervorbringenden Tätigkeit auf diese zurückblickt, und sie gewissermaßen räumlich wahrnimmt. Der Übergang vom Fassen des Gedankens zu seiner Wahrnehmung wäre demnach ein Dimensionswechsel: Das Denken sieht sich nach, blickt auf sich zurück, indem es seine Tat räumlich als Inhalt sieht. Dadurch weiß es, was es gedacht hat, kann fortsetzen und den nächsten Gedanken anschließen.)</ref>. Dies vielleicht deshalb, weil zum Erkennen der Ergebnisse eines Denkens die Tätigkeit, die diese Ergebnisse hervorgebracht hatte, erneut vollzogen werden muß, ''nach''vollzogen werden muß, um die Denkergebnisse verstehen zu können. Durch diesen Nachvollzug der vorherigen Tätigkeit hat man dann nicht nur die Ergebnisse des vorherigen Denkens [[Präsenz|präsent]], sondern konnte die Ergebnisse nochmal denken. Und man weiß, wie es gemacht wird, sonst könnte man den Prozeß nicht nachvollziehen.
 
Wenn Rudolf Steiner die Möglichkeit, das Denken zu erkennen, so verstanden wissen will, liegt der Einwand nahe, daß es nichts ungewöhnliches ist, die eigenen Denkergebnisse später nicht mehr zu verstehen: Man hat vergessen, wie sie zustande gekommen sind. Der Nachvollzug gelingt nicht, das Denken kommt ins Stocken. Das ist aber nicht wirklich ein Einwand, denn es zeigt nur, daß man in diesem besonderen Fall nicht zur Erkenntnis des Denkens fähig war. Grundsätzlich ist dies aber möglich, und ist auch notwendig, um überhaupt denken zu können.
 
<div style="margin-left:20px">
"Das ist gerade der Grund, warum mir
die Dinge so rätselhaft gegenüberstehen: daß ich an ihrem
Zustandekommen so unbeteiligt bin. Ich finde sie einfach
vor; beim Denken aber weiß<ref>Das mag als konstatierender Befund so richtig sein. Für die in sich durchsichtige Klarheit des Denkens wünscht man sich aber doch auch Aufschluß darüber, woher dieses Wissen kommt? Es scheint da zu sein wie eine Art Instinkt. Kann der Befund als solcher die Zweifel, ob es nicht doch das Gehirn sei, das denkt, aufheben? 'Tätigkeit' und 'Inhalt' sind freilich Begriffe des Denkens, sie müssen daher im [[Ursprung]] des Denkens, der jenseits von Tätigkeit und Inhalt "ist", aufgehoben sein</ref> ich, wie es gemacht wird. Daher
gibt es keinen ursprünglicheren Ausgangspunkt für das
Betrachten alles Weltgeschehens als das Denken." (49f.)
</div>
 
Der Ausnahmezustand ist von Rudolf Steiner lediglich dadurch charakterisiert, daß man das Denken selbst ins Auge faßt, anstatt wie gewöhnlich nur die sinnlichen Gegenstände. Etwas dem Ausnahmezustand entsprechendes muß aber, nach der Interpretation der Ansichten Rudolf Steiners wie oben vorgenommen, wenn auch meist unbewußt, das Denken permanent begleiten, denn es würde sonst den Faden verlieren. Beobachtung des Denkens und intuitiv erlebtes Denken sind ein und dasselbe und beinhalten [[Selbsterkenntnis]]. ''Diese''<ref>Interpretationen von Steiners Ausführungen, daß es zusätzlich zur Beobachtung noch eine weitere Erlebnisquelle des Denkens gäbe bzw. geben müsse, die separat von der Beobachtung eine Erfahrung des Denkens möglich mache, insbesondere des aktuellen Denkens, muß eine Absage erteilt werden, insofern dies auf eine Doppelung, Spaltung in zwei Bewußtseine hinauslaufen würde, die von Steiner ausdrücklich als unmöglich behauptet wird, und natürlich auch sonst nicht plausibel ist. Es gibt nur ''ein'' Bewußtsein: Die Selbstbeobachtung des Denkens. (Auch wenn die Intuition für die Seite der sinnlichen Wahrnehmung einen Begriff faßt und einen sinnlichen Gegenstand erkennt, ist dies Selbstbeobachtung (=Selbsterkenntnis) oder, in anderen Worten, intuitiv erlebtes Denken.) Wenn man sich Intuition als eine Art geistiges Atmen vorstellt, kommt Bewußtsein lediglich der Phase des Einatmens zu. Das Ausatmen ist der schöpferische Prozeß. Wollte man dem Ausatmen auch ein Bewußtsein zukommen lassen, wäre das wie ein Ausatmen, das zugleich in irgendeiner Weise einatmet. Die Anführung des Zitates aus Buch Mose im 3. Kap. der 'Philosophie der Freiheit' könnte auch so zu verstehen sein, daß Rudolf Steiner ein solches Verständnis der Intuition als ein gleichzeitiges Einatmen beim Ausatmen ausgeschlossen wissen will.</ref> Intuitionsbewußtheit läßt sich durch den übenden Nachvollzug der Gedanken der 'Philosophie der Freiheit', und auch durch den Nachvollzug der Ergebnisse des [[seelische Beobachtung|seelischen Beobachtens]] anderer Autoren bzw. Redner, verstärken.
 
=== Geistige Wahrnehmung ===
Eine geistige Wahrnehmung durch denkende Intuition hätte man sich demnach so vorzustellen, daß der Gedankeninhalt der Intuition insofern über den normalen Begriffsinhalt hinausginge, als die Tätigkeit, die diesen Begriffsinhalt hervorgebracht hat, in dem Begriffsinhalt mitenthalten ist und durch Nachvollzug wahrgenommen wird. Dies gälte dann nicht nur für das eigene Denken, sondern auch für andere geistige Wesen in der denkenden Intuition: Die Wahrnehmung (Erkenntnis) des geistigen Wesens entsteht durch den Nachvollzug der Tätigkeit dieses geistigen Wesens, die sich in seiner Erscheinung als Gedankeninhalt ausdrückt.
 
An solcher Auffassung geistiger Wahrnehmung zeigt sich die Unbeobachtbarkeit des aktuellen Denkens in einem anderen Licht, insofern es dabei dann um die Beobachtung aktueller ''fremder'' Tätigkeit gehen würde.
<div style="margin-left:20px">
"Das Denken, das beobachtet werden soll, ist nie das dabei in Tätigkeit befindliche, sondern ein anderes. Ob ich zu diesem Zwecke meine Beobachtungen an meinem eigenen früheren Denken mache, oder ob ich den Gedankenprozeß einer anderen Person verfolge, oder endlich, ob ich, wie im obigen Falle mit der Bewegung der Billardkugeln, einen fingierten Gedankenprozeß voraussetze, darauf kommt es nicht an." (S. 43)
</div>
 
Die Verfolgung des Gedankenprozesses einer anderen Person durch Denken und Beobachtung ist eine solche geistige Wahrnehmung. Gewöhnlich ist sie vermittelt durch Sprache oder Schrift. Die Gedanken müssen zunächst durch einen anderen Menschen hervorgebracht worden sein, erst dann können sie beobachtet und nachvollzogen werden. Durch die Beobachtung des von einem anderen Menschen hervorgebrachten Gedankeninhaltes, des Gewahrens seiner Erscheinung, habe ich diesen Inhalt meines Bewußtseins aber noch nicht verstanden. Dazu muß ich ihn erst nachvollziehen. Erst durch den Nachvollzug, wie der andere Mensch zu seinem Gedanken gekommen ist, kann ich diesen Gedanken auch selbst denken, und damit die Gedankentätigkeit des anderen Menschen, wie sie sich in dem wahrgenommenen Gedankeninhalt ausgedrückt hat, erkennen. Wie ein solcher Nachvollzug möglich sein soll, ist aber doch nicht so ohne weiteres klar. Es scheint eher so zu sein, daß der Nachvollzug mehr oder weniger ein Probieren ist, ein Versuch gemäß der Vorlage, wie man selbst denken würde, um den gleichen Gedankeninhalt wie den beobachteten (oder was man dafür hält) einer anderen Person hervorzubringen. Das aber wäre keine exakte, und zudem eine in sich klare und durchsichtige, Erkenntnis, sondern allenfalls hermeneutische Annäherung, "Interpretation".
 
<div style="margin-left:20px">
"Was habe ich
denn zunächst vor mir, wenn ich einer andern Persönlichkeit
gegenüberstehe? Ich sehe auf das nächste. Es ist die mir als
Wahrnehmung gegebene sinnliche Leibeserscheinung der andern
Person; dann noch etwa die Gehörwahrnehmung dessen,
was sie sagt, und so weiter. Alles dies starre ich nicht
bloß an, sondern es setzt meine denkende Tätigkeit in Bewegung.
Indem ich denkend vor der andern Persönlichkeit
stehe, kennzeichnet sich mir die Wahrnehmung gewissermaßen
als seelisch durchsichtig. Ich bin genötigt, im denkenden
Ergreifen der Wahrnehmung mir zu sagen, daß sie dasjenige
gar nicht ist, als was sie den äußeren Sinnen erscheint.
Die Sinneserscheinung offenbart in dem, was sie unmittelbar
ist, ein anderes, was sie mittelbar ist. Ihr Sich-vor-mich-
Hinstellen ist zugleich ihr Auslöschen als bloße Sinneserscheinung.
Aber was sie in diesem Auslöschen zur Erscheinung
bringt, das zwingt mich als denkendes Wesen, mein
Denken für die Zeit ihres Wirkens auszulöschen und an dessen
Stelle ihr Denken zu setzen. Dieses ihr Denken aber ergreife
ich in meinem Denken als Erlebnis wie mein eigenes. Ich
habe das Denken des andern wirklich wahrgenommen. Denn
die als Sinneserscheinung sich auslöschende unmittelbare
Wahrnehmung wird von meinem Denken ergriffen, und es
ist ein vollkommen in meinem Bewußtsein liegender Vorgang,
der darin besteht, daß sich an die Stelle meines Denkens das andere Denken setzt. Durch das Sich-Auslöschen
der Sinneserscheinung wird die Trennung zwischen den beiden
Bewußtseinssphären tatsächlich aufgehoben. Das repräsentiert
sich in meinem Bewußtsein dadurch, daß ich im
Erleben des andern Bewußtseinsinhaltes mein eigenes Bewußtsein
ebensowenig erlebe, wie ich es im traumlosen
Schlafe erlebe. Wie in diesem mein Tagesbewußtsein ausgeschaltet
ist, so im Wahrnehmen des fremden Bewußtseinsinhaltes
der eigene. Die Täuschung, als ob dies nicht so sei,
rührt nur davon her, daß im Wahrnehmen der andern Person
erstens an die Stelle der Auslöschung des eigenen Bewußtseinsinhaltes
nicht Bewußtlosigkeit tritt wie im Schlafe,
sondern der andere Bewußtseinsinhalt, und zweitens, daß
die Wechselzustände zwischen Auslöschen und Wieder-Aufleuchten
des Bewußtseins von mir selbst zu schnell aufeinander
folgen, um für gewöhnlich bemerkt zu werden. - Das
ganze hier vorliegende Problem löst man nicht durch künstliche
Begriffskonstruktionen, die von Bewußtem auf solches
schließen, das nie bewußt werden kann, sondern durch wahres
Erleben dessen, was sich in der Verbindung von Denken
und Wahrnehmung ergibt. Es ist dies bei sehr vielen Fragen
der Fall, die in der philosophischen Literatur auftreten. Die
Denker sollten den Weg suchen zu unbefangener geistgemäßer
Beobachtung; statt dessen schieben sie vor die Wirklichkeit
eine künstliche Begriffskonstruktion hin." (S. 260ff.)
</div>
 
Diese Passage, eine Ergänzung in der 2. Auflage der 'Philosophie der Freiheit', gibt ein Beispiel der geistigen Wahrnehmung und Erkenntnis durch denkende Intuition. Die leibliche Erscheinung kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie nur die Wahrnehmungsseite der Wirklichkeit der beobachteten Persönlichkeit darstellt. Die beobachtende Persönlichkeit bemüht daher eine Intuition der geistigen Individualität des beobachteten Menschen. Diese Intuition kann aber nur, insofern sie die für die wahrgenommene Leiblichkeit der beobachteten Person genau passende sein soll, diejenige sein, die sich der wahrgenommene Mensch ''selbst'' gibt. Die Wahrnehmung der tätigen Intuition des beobachteten Menschen durch Nachvollzug hat zu ihrem [[Wahrheitskriterium]] die Übereinstimmung in einer vollständigen Exaktheit mit der denkenden Intuition, die sich der beobachtete Mensch selbst gibt.
 
Aber inwiefern kann überhaupt von einem ''Nach''vollzug gesprochen werden? Noch nicht einmal ein Mitvollzug scheint gegeben zu sein, sondern schweigendes Empfangen des Denkens der anderen Person, die mit ihrer Tätigkeit im Bewußtsein des wahrnehmenden auftritt. Es gibt jedoch auch ein "Ergreifen" dieser denkenden Tätigkeit der anderen Person im eigenen Bewußtsein als ein Erlebnis wie das eigene Denken. Dieses Ergreifen ist das Wahrnehmen des Denkens der anderen Person: "Ich habe das Denken des andern wirklich wahrgenommen." Und es ist Ergreifen eines ''Inhalts'': "Wahrnehmen des fremden Bewußtseinsinhaltes". Das Erleben des Denkens der anderen Person, ihre Wahrnehmung als denkendes Wesen ist in seiner Art in vollständiger Weise das gleiche wie das Erleben des eigenen Denkens.
 
Darüber hinaus bleibt dieser Zustand der Wahrnehmung des anderen Denkens nicht längere Zeit bestehen, sondern wechselt mit dem Wahrnehmen des eigenen Denkens in schneller Folge. Dieses eigene Denken ist aber ja auf die andere Person gerichtet, und sucht die Intuitionen zu erfassen, die diese Person sich ''selbst'' gibt. Für den Fall einer inhaltlichen Identität der selbst hervorgebrachten Intuitionen des wahrgenommenen Wesens und der "ergriffenen" Intuitionen des im eigenen Bewußtsein auftretenden, erlebten und zu erkennenden anderen Wesens liegt eine exakte geistige Erkenntnis eines geistigen Wesens durch ein anderes vor.
 
Angenommen, das Erkennen der denkenden Intuition wäre tatsächlich so zu verstehen wie skizziert, stellt sich die Frage, wie es möglich sein kann, das Wahrheitskriterium der inhaltlichen Identität der eigenen Intuitionen des zu erkennenden Wesens, und der wahrgenommenen Intuitionen dieses zu erkennenden anderen Wesens, zur Anwendung zu bringen, um über bloße Hermeneutik und "Interpretation" hinauszukommen und exakte Erkenntnis auszuweisen.
 
=== Wahrheitskriterium und Verifikation der Intuition ===
Für die so verstandene Intuition ergibt sich nicht nur eine schnelle Folge des Auftretens des eigenen und des anderen Denkens, sondern auch eine schnelle Folge von Erlebnissen es eigenen und des fremden Denkens im Wechsel. Die von Rudolf Steiner verwendete Formulierung "Ergreifen" kann in dem Zusammenhang eigentlich nur die Bedeutung von Beobachtung haben, und nicht etwa die von Hervorbringen einer Intuition. Denn das zu erkennende andere Denken ist im eigenen Bewußtsein schon da (vgl. FN 4). Durch das Ergreifen, d.h. Beobachtung wird es zum Erlebnis wie das eigene hervorgebrachte Denken. Damit gibt es in schneller Folge im Wechsel die Selbstbeobachtung des eigenen Denkens im Sinne von intuitiv erlebtem Denken, d.h. Beobachtung der eigenen Denkresultate, und die Beobachtung des anderen Denkens, das zu erkennen ist. Diese Beobachtung ist ebenso intuitiv erlebtes Denken, aber unter dem Aspekt, daß nicht das selbst hervorgebrachte Denken beobachtet wird, sondern das in der geistigen Wahrnehmung gegebene andere "fremde" Denken bzw. dessen Resultate.
 
Das Wahrheitskriterium wäre somit die inhaltliche Identität der selbst hervorgebrachten Intuition und der wahrgenommenen Intuition. Das Mittel zur Feststellung der Identität ist die Beobachtung. Wenn Selbstbeobachtung des eigenen Denkens und Beobachtung des zu erkennenden Denkens übereinstimmen, d.h. den gleichen Inhalt haben, dann folgt daraus, daß es sich inhaltlich um die gleiche Intuition handeln muß. Und es bedeutet zugleich, daß der Nachvollzug der Tätigkeit des beobachteten geistigen Wesens, um als wahr gelten zu können, zum gleichen Ergebnis kommen muß, wie dasjenige Ergebnis, das durch die Beobachtung des im eigenen Bewußtsein auftretenden anderen Denkens bereits vorliegt. Wenn die Beobachtung des geistigen Wesens durch Selbstbeobachtung (Resultat des Nachvollzugs) identisch reproduziert werden kann, kann die Erkenntnis des geistigen Wesens (das Erkennen der Geisttätigkeit, die sich in seiner Erscheinung als Gedankeninhalt ausdrückt) als wahr gelten.
 
Aber angenommen, um das von Rudolf Steiner gegebene Beispiel, wie es interpretiert wurde, etwas zu modifizieren: der beobachtende Mensch würde sich in einer Menschenmenge aufhalten. Er steht am Rednerpult und redet irgendwas. Was ist da dann los? Muß nicht sein Bewußtsein durchflutet sein von unzähligen Intuitionen, die ihm aus der Menschenmenge, die ihm zuhört, geschickt werden? Genau so hat man sich wohl die geistige Wahrnehmungswelt vorzustellen, wie sie sich dem Denken als Beobachtungsorgan darbietet: Es ist die Welt der [[Universalien]], die es durchflutet. Eine Welt, die gleichzeitig von unzähligen Wesen "durchdacht" wird (Bildung von Intuitionen), wobei diese Wesen dadurch ihr denkendes Bewußtsein haben. Diese geistigen Wesen ''leben'' in den Universalien, indem sie Intuitionen denken und wahrnehmen.
 
Was kann denn der geistig beobachtende Mensch als denkender anderes tun, als jeweils nur eine von diesen Universalien bzw. Intuitionen ins Auge zu fassen, indem er sie, jeweils diese eine bestimmte, nachvollzieht? Ohne diesen Nachvollzug würde es keine differenzierte, bestimmte geistige Wahrnehmung geben können, wenn sie auf die Erkenntnis zielt, was bzw. wer diese Universalien ''bewegt''. So aufgefaßt, ist die je durchgeführte Intuition immer schon eine durch Nachvollzug bestimmte und notwendig (als ''Einzel''beobachtung) wahre (Selbst-)Erkenntnis, die sich aus dem Meer der Universalien heraushebt, indem eine bestimmte Gedanken''tätigkeit'', die als Gedankeninhalt erscheint, erkannt wird.
 
=== Moralische Intuition ===
''--> Hauptartikel: [[Moralische Intuition]]''
<div style="margin-left:20px">
"Die höchste Stufe des individuellen Lebens ist das begriffliche
Denken ohne Rücksicht auf einen bestimmten Wahrnehmungsgehalt.
Wir bestimmen den Inhalt eines Begriffes
durch reine Intuition aus der ideellen Sphäre heraus." (S. 165)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Wenn wir unter dem Einflüsse von
Intuitionen handeln, so ist die Triebfeder unseres Handelns
das [[reines Denken|''reine'' Denken]]. Da man gewohnt ist, das reine Denkvermögen
in der Philosophie als Vernunft zu bezeichnen, so ist
es wohl auch berechtigt, die auf dieser Stufe gekennzeichnete
moralische Triebfeder die praktische Vernunft zu nennen." (S. 165)
</div>
 
== Siehe auch ==
[[Denk-Erlebnis]]
 
== Anmerkungen ==
 
<references/>
 
==Literatur==
*Franz Pfeiffer, ''Deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts'', Zweiter Band: Meister Eckhart, Leipzig 1857, S 312 (Eckhart, Predigt 96)
* Rudolf Steiner: ''Die Philosophie der Freiheit'', [[GA 4]] (1995), ISBN 3-7274-0040-4; '''Tb 627''', ISBN 978-3-7274-6271-9 {{Schriften|004}}
*Rudolf Steiner: ''Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung'', [[GA 7]] (1987), Kapitel ''Gottesfreundschaft''
*Rudolf Steiner: ''Die Stufen der höheren Erkenntnis'', [[GA 12]] (1993), ISBN 3-7274-0120-6 {{Schriften|012}}
*Rudolf Steiner: ''Die Geheimwissenschaft im Umriß'', [[GA 13]] (1989), ISBN 3-7274-0130-3 {{Schriften|013}}
*Rudolf Steiner: ''Soziales Verständnis aus geisteswissenschaftlicher Erkenntnis'', [[GA 191]] (1989), ISBN 3-7274-1910-5 {{Vorträge|191}}
*Rudolf Steiner: ''Initiations-Erkenntnis'', [[GA 227]] (2000), ISBN 3-7274-2271-8 {{Vorträge|227}}
*[[Herbert Witzenmann]]: ''Intuition und Beobachtung'', Aufsatz in: Intuition und Beobachtung TL 1. Das Erfassen des Geistes im Erleben des Denkens, S. 73-102 (erstmals erschienen in Die Drei, 1948, überarbeitet), Verlag Freies Geistesleben, 1977, ISBN 3772506755
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Version vom 21. August 2019, 16:16 Uhr

Porträt, 1890 anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Benzoltheorie

August Kekulé, geboren Friedrich August Kekulé, seit 1895 Kekule von Stradonitz, (* 7. September 1829 in Darmstadt; † 13. Juli 1896 in Bonn) war ein deutscher Chemiker und Naturwissenschaftler, der die Grundlagen für die moderne Strukturtheorie der organischen Chemie legte.

Leben und Werk

August Kekulé wurde 1829 als Sohn einer Darmstädter Beamtenfamilie mit adeligen böhmischen Vorfahren. Sein Vater Ludwig Karl Kekule war Oberkriegsrat und Rosenzüchter. Kekulé besuchte das humanistische Ludwig-Georgs-Gymnasium in Darmstadt und war ein guter Schüler mit einer Begabung für Sprachen, so dass er neben Deutsch auch Französisch, Italienisch und Englisch sprach.

Da Kekulé ein begnadeter Zeichner war und sein Vater eng mit berühmten Architekten befreundet war, begann er nach dem Abitur an der Universität Gießen Architektur bei Hugo von Ritgen zu studieren. Als er Vorlesungen von Justus von Liebig hörte, wandte er sich aber der Chemie zu. Für ein Semester besuchte er das Polytechnikum in Darmstadt und studierte danach bei Jean Baptiste Dumas an der Pariser Sorbonne, wo er auch Charles Frédéric Gerhardt und Adolphe Wurtz kennen lernte. 1852 promovierte er bei Liebig mit der Arbeit „Über die Amyloxydschwefelsäure und einige ihrer Salze“. Anschließend wurde er Assistent beim Liebig-Schüler Adolph von Planta (1820–1895) in Schloss Reichenau, Graubünden (Schweiz).

Kekulés kreative Phase begann, als er von 1854 bis 1855 als Assistent von John Stenhouse im St Bartholomew’s Hospital in London tätig war, wo er sich auch mit Alexander William Williamson anfreundete. Als erster Chemiker führte er hier den Schwefel in organische Verbindungen durch Ersetzung eines Sauerstoffs ein und synthetisierte so Thiocarbonsäuren und Mercaptane aus Diphosphorpentasulfid.[1]

1856 habilitierte sich Kekulé an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und war dort von 1856 bis 1858 Privatdozent und lieferte sich hitzige Debatten mit Adolf von Baeyer. 1858 wurde er unter anderem durch Liebigs Fürsprache ordentlicher Professor für Chemie an der Universität Gent in Belgien und folgte 1867 einem Ruf der Universität Bonn.

1862 heiratete Kekulé in Gent die Engländerin Stephanie Drory (* 1842), die nur zwei Tage nach der Geburt ihres Sohnes Stephan an Kindbettfieber starb. Aus Kekulés 1876 geschlossener zweiten Ehe mit Luise Högel (1845–1920) gingen weitere drei Kinder hervor.

Kekulé war mehr Theoretiker als praktischer Chemiker und seine Ideen waren teilweise sehr spekulativ. Sein Arbeitsgebiet war die Kohlenstoff-Chemie und die Aufklärung der Konstitution aromatischer Verbindungen. Sein besonderes Interesse galt dabei der Darstellung organischer Molekülen durch Strukturformeln. Er erkannte gleichzeitig mit A. S. Couper 1858 die Vierwertigkeit des Kohlenstoffs und das Vorhandensein von Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen. Kekulé gebrauchte zunächst noch die Begriffe „atomig“ oder „basisch“ für die Angabe der Anzahl der Bindungspartner eines Atoms, benutze dann aber auch den 1868 von seinem Schüler Hermann Wichelhaus eingeführten Begriff der Wertigkeit.[2] 1858 postulierte Kekulé:[3][4]

  • Kohlenstoffatome können sich zu Ketten in beliebiger Länge und Komplexität verbinden.
  • Kohlenstoffatome sind immer 4-wertig, können also vier Bindungen eingehen (Anm.: Kekulé war der erste Chemiker, der dies formulierte).
  • Die Zahl der einwertigen Bindungspartner an einer linearen Kohlenstoffkette mit n C-Atomen ist (2*n + 2).
  • Die Untersuchung von Reaktionen ermöglicht es, Informationen über die Anordnung der Atome zu gewinnen.

In seinem ebenfalls 1858 erschienen Lehrbuch der organischen Chemie entwickelte er seine Ideen zur Strukturchemie und wendete in seinem Lehrbuch von 1864 die Strukturformeln zur Darstellung organischer Moleküle an. 1865 veröffentlichte er erstmals seinen berühmten Vorschlag zur Struktur des Benzolrings in einer französischen Zeitschrift und 1866 auf Deutsch in Liebigs Annalen unter dem Titel Untersuchungen ueber aromatische Verbindungen.[5]

Kekulé starb 1896 in Bonn und wurde in einem Ehrengrab auf dem Poppelsdorfer Friedhof beigesetzt.

Literatur

Weblinks

Commons: Friedrich August Kekulé von Stradonitz - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikisource: August Kekulé – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Justus Liebigs Annalen der Chemie, 90 (1854), S. 309–316.
  2. Der gedankliche Vorläufer der Wertigkeit oder Valenz war die von Edward Frankland 1852 in die organische Chemie eingeführte Sättigungskapazität.
  3. Justus Liebigs Annalen der Chemie, 104 (1857), S. 129–150.
  4. Justus Liebigs Annalen der Chemie, 106 (1858), S. 129–159.
  5. Lieb. Ann. 137 (1866), 129–196.


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