imported>Odyssee |
imported>Joachim Stiller |
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| Der '''Monismus''' ist ein [[Philosophie|philosophisches]] System, das, im Gegensatz zum [[Dualismus]] und [[Pluralismus]], alles Weltgeschehen auf ein einziges Grundprinzip, sei es nun [[geist]]ig ([[Spiritualismus]], [[Idealismus]], [[Phänomenalismus]]) oder [[materiell]] ([[Materialismus]], [[Physikalismus]], [[Realismus]]), zurückführen will.
| | [[Kategorie:Anthroposophische Philosophie]] |
| | | [[Kategorie:Kanonisierungsmethode]] |
| == Der Ursprung des Monismus bei den semitischen Völkern ==
| | [[Kategorie:Erkenntnistheorie]] |
| | | [[Kategorie:Joachim Stiller]] |
| {{GZ|Es gibt zwei geistige Strömungen in der Menschheit. Die eine geistige
| | [[Kategorie:Ordnungssystem]] |
| Strömung muß man nennen, wenn man sie richtig bezeichnen will, diejenige,
| | [[Kategorie:Kategorie|!]] |
| die von dem Pluralismus, man könnte auch sagen, von der Monadologie
| | [[Kategorie:Logik]] |
| ausgeht, die also vorzugsweise in einer Vielheit von Wesenheiten
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| und Kräften den Ursprung und die Quelle des Daseins sieht. Sie
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| können nun überall in der Welt umherschauen, in irgendeiner Weise
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| werden Sie sehen, daß die Völker der nachatlantischen Zeit von Vielheiten
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| des Göttlichen ausgegangen sind. Beginnen Sie bei der Dreiheit
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| des alten Indertums, die sich später ausgelebt hat in Brahma, Shiva und
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| Vishnu. Sehen Sie auf die deutsche Mythologie, so finden Sie die Dreiheit
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| von Odin, Hönir und Lödur und so weiter. So werden Sie überall
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| eine Dreiheit und diese in eine Vielheit gegliedert finden. Sie sehen
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| diese Eigentümlichkeit aber nicht nur da, wo sozusagen Göttermythen
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| und Götterlehren auftreten, sondern auch in den Philosophien, wo uns
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| dieselbe als Monadologie entgegentritt. Das ist die eine Strömung, welche,
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| weil sie von der Vielheit ausgeht, die größtmögliche Mannigfaltigkeit
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| annehmen kann. Man könnte sagen: In der nachatlantischen Zeit,
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| vom weitesten Osten in Indien und im weiten Bogen durch Asien hindurch
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| bis nach Europa, hat dieser Dienst der Vielheit, der sich im
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| Grunde genommen in unserer geisteswissenschaftlichen Weltanschauung
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| dadurch ausdrückt, daß wir eine Summe der verschiedensten
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| Wesenheiten, der verschiedensten Hierarchien anerkennen, seine mannigfaltigsten
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| Vertretungen und Ausgestaltungen gewonnen.
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| Diesem Dienste der Vielheit mußte eine synthetische, eine zusammenfassende
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| Bewegung gegenüberstehen, eine Bewegung, die streng ausging
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| von dem Monon, dem Monismus. Die eigentlichen Inspiratoren, die
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| Impulsgeber alles Monotheismus und Monismus, aller Einheitsgöttlichkeit
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| sind die semitischen Völker. Bei ihnen liegt es in der Natur, und —
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| wenn Sie sich erinnern an das, was heute morgen gesagt wurde — es
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| liegt bei ihnen im Blut, den Einheitsgott, das Monon zu vertreten.
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| Wenn der Mensch hinaussieht in das große Weltendasein, dann
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| würde er aber nicht weit kommen, wenn er immer nur betonte: Eine
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| Einheit, ein Monon liegt der Welt zugrunde. Der Monismus oder Monotheismus
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| allein genommen ist dasjenige, was nur ein letztes Ideal
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| darstellen kann. Dies würde aber niemals zu einer wirklichen Welterfassung,
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| zu einer durchgreifenden konkreten Weltanschauung führen
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| können. Doch es mußte in der nachatlantischen Zeit auch die Strömung
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| des Monotheismus ihre Vertretung finden, so daß einem Volke übertragen
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| war, das Ferment, den Impuls zu geben zu diesem Monotheismus.
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| Diese Aufgabe war dem semitischen Volke übertragen. Daher
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| sehen Sie, wie sozusagen mit einer gewissen abstrakten Strenge, einer
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| abstrakten Unerbittlichkeit das monistische Prinzip gerade in diesem
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| Volke vertreten wird, und alle anderen Völker haben insofern, als sie
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| ihre verschiedenen göttlichen Wesenheiten in eine Einheit zusammenfassen,
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| den Impuls dazu bekommen von dieser Seite her. Der monistische
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| Impuls ist immer von dieser Seite gekommen. Die anderen Völker
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| haben pluralistische Impulse.|121|123ff}}
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| == Der Monismus in Rudolf Steiners «Philosophie der Freiheit» ==
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| In seiner «[[Philosophie der Freiheit]]» ([[GA 4]]) hat [[Rudolf Steiner]] einen Monismus vertreten, der „''den einseitigen Realismus mit dem Idealismus zu einer höheren Einheit vereinigt''“.
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| {{GZ|Für den naiven Realismus ist die wirkliche Welt eine
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| Summe von Wahrnehmungsobjekten; für den metaphysischen
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| Realismus kommt außer den Wahrnehmungen auch
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| noch den unwahrnehmbaren Kräften Realität zu; der Monismus
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| setzt an die Stelle von Kräften die ideellen Zusammenhänge,
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| die er durch sein Denken gewinnt. Solche Zusammenhänge
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| aber sind die ''[[Naturgesetz]]e''. Ein Naturgesetz ist ja
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| nichts anderes als der begriffliche Ausdruck für den Zusammenhang
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| gewisser Wahrnehmungen.
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| Der Monismus kommt gar nicht in die Lage, außer Wahrnehmung
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| und Begriff nach anderen Erklärungsprinzipien
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| der Wirklichkeit zu fragen. Er weiß, daß sich im ganzen Bereiche der Wirklichkeit ''kein Anlaß'' dazu findet. Er sieht in
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| der Wahrnehmungswelt, wie sie unmittelbar dem Wahrnehmen
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| vorliegt, ein halbes Wirkliches; in der Vereinigung
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| derselben mit der Begriffswelt findet er die volle Wirklichkeit.
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| Der metaphysische Realist kann dem Anhänger des
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| Monismus einwenden: Es mag sein, daß für deine Organisation
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| deine Erkenntnis in sich vollkommen ist, daß kein
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| Glied fehlt; du weißt aber nicht, wie sich die Welt in einer
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| Intelligenz abspiegelt, die anders organisiert ist als die deinige.
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| Die Antwort des Monismus wird sein: Wenn es andere
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| Intelligenzen gibt als die menschlichen, wenn ihre Wahrnehmungen
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| eine andere Gestalt haben als die unsrigen, so hat
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| für mich Bedeutung nur dasjenige, was von ihnen zu mir
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| durch Wahrnehmen und Begriff gelangt. Ich bin durch mein
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| Wahrnehmen, und zwar durch dieses spezifische menschliche
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| Wahrnehmen als Subjekt dem Objekt gegenübergestellt.
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| Der Zusammenhang der Dinge ist damit unterbrochen. Das
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| Subjekt stellt durch das Denken diesen Zusammenhang wieder
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| her. Damit hat es sich dem Weltganzen wieder eingefügt.
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| Da nur durch unser Subjekt dieses Ganze an der Stelle zwischen
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| unserer Wahrnehmung und unserem Begriff zerschnitten
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| erscheint, so ist in der Vereinigung dieser beiden auch
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| eine wahre Erkenntnis gegeben. Für Wesen mit einer andern
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| Wahrnehmungswelt (zum Beispiel mit der doppelten Anzahl
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| von Sinnesorganen) erschiene der Zusammenhang an
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| einer andern Stelle unterbrochen, und die Wiederherstellung
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| müßte demnach auch eine diesen Wesen spezifische Gestalt
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| haben. Nur für den naiven und den metaphysischen Realismus,
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| die beide in dem Inhalte der Seele nur eine ideelle Repräsentation
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| der Welt sehen, besteht die Frage nach der
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| Grenze des Erkennens. Für sie ist nämlich das außerhalb
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| des Subjektes Befindliche ein Absolutes, ein in sich Beruhendes,
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| und der Inhalt des Subjektes ein Bild desselben, das
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| schlechthin außerhalb dieses Absoluten steht. Die Vollkommenheit
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| der Erkenntnis beruht auf der größeren oder geringeren
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| Ähnlichkeit des Bildes mit dem absoluten Objekte.
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| Ein Wesen, bei dem die Zahl der Sinne kleiner ist, als beim
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| Menschen, wird weniger, eines, bei dem sie größer ist, mehr
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| von der Welt wahrnehmen. Das erstere wird demnach eine
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| unvollkommenere Erkenntnis haben als das letztere.
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| Für den Monismus liegt die Sache anders. Durch die
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| Organisation des wahrnehmenden Wesens wird die Gestalt
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| bestimmt, wo der Weltzusammenhang in Subjekt und Objekt
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| auseinandergerissen erscheint. Das Objekt ist kein absolutes,
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| sondern nur ein relatives, in bezug auf dieses bestimmte
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| Subjekt. Die Überbrückung des Gegensatzes kann
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| demnach auch nur wieder in der ganz spezifischen, gerade
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| dem menschlichen Subjekt eigenen Weise geschehen. Sobald
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| das Ich, das in dem Wahrnehmen von der Welt abgetrennt
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| ist, in der denkenden Betrachtung wieder in den Weltzusammenhang
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| sich einfügt, dann hört alles weitere Fragen, das
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| nur eine Folge der Trennung war, auf.
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| Ein anders geartetes Wesen hätte eine anders geartete Erkenntnis.
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| Die unsrige ist ausreichend, um die durch unser
| |
| eigenes Wesen aufgestellten Fragen zu beantworten.|4|124ff}}
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| == Siehe auch ==
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| * {{Eisler|Monismus}}
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| == Literatur ==
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| # Rudolf Steiner: ''Die Philosophie der Freiheit'', [[GA 4]] (1995), ISBN 3-7274-0040-4 {{Schriften|004}}
| |
| #Rudolf Steiner: ''Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen Mythologie'', [[GA 121]] (1982), 5. Aufl., ISBN 3-7274-1210-0 {{Vorträge|121}} ; 6. Aufl., stark bearbeitete und erweiterte Neuauflage 2017: ISBN 3727412119, (''Die überarbeitete 6. Auflage enthält neu eine Darstellung der Textgrundlagen, ein Verzeichnis sämtlicher Korrekturen Steiners und einen vollständig neu bearbeiteten Kommentar. (Verlagsauskunft))''
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| {{GA}}
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| [[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Monismus]] | |