Lebensgeist und Nikomachische Ethik: Unterschied zwischen den Seiten

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Der '''Lebensgeist''' ([[Wikipedia:Sanskrit|skrt.]] [[Buddhi]]; {{ELSalt|Χριστός}}, [[Chrestós]]; {{EnS|life spirit}}) ist das zweite der drei geistigen [[Wesensglied]]er des Menschen. In der [[jüdisch]]en [[Kabbala]] wird der Lebensgeist  [[Chaja]] ({{HeS|‎חיה}}) genannt und ist am [[Lebensbaum der Kabbala]] in der zweiten [[Sephira]] [[Chochmah]] ([[Weisheit]]) zentriert. Nach [[Rudolf Steiner]] steht dafür auch der [[hebräisch]]e Ausdruck [[Kohelet]] ({{HeS|קהלת}}, ''Prediger, Versammler, Gemeindeleiter'') {{Lit|{{G|116|83}}}}. Der Begriff «[[Buddhi]]» wird erstmals im [[Wikipedia:Katha-Upanishad|Katha-Upanishad]] erwähnt:
Die '''Nikomachische Ethik''' ist die bedeutendste der drei erhaltenen [[Ethik|ethischen]] Schriften [[Aristoteles]]. Wie auch die [[Eudemische Ethik]] und die so genannte „Große Ethik“ wurde sie vermutlich nicht von Aristoteles selbst in der uns erhaltenen Form verfasst, sondern später aus Einzelschriften von seinen Schülern zusammengestellt. Der Name geht auf Aristoteles Sohn Nikomaches zurück, den Aristoteles nach seinem gleichnamigen Vater benannt hatte.
== Glückseligkeit ==
[[Glück]]seligkeit (''[[Eudaimonie|eudaimonía]])'' wird als das höchste Gut angesehen. Das folgt für Aristoteles daraus, dass die Glückseligkeit für sich selbst steht – sie ist nicht, wie andere Güter, lediglich Mittel zum Zweck. Im Gegensatz zu anderen Gütern erstreben wir Glückseligkeit um ihrer selbst willen. Sie ist, wie Aristoteles sagt, „das vollkommene und selbstgenügsame Gut und das Endziel des Handelns.“ ([[Bekker-Zählung|1097 b20]])


{{Zitat|vor=|nach=|<poem>Ein Wagenfahrer ist, wisse,
Doch worin besteht nun die Glückseligkeit? Aristoteles sieht die Glückseligkeit nicht als Zustand, sondern als eine Tätigkeit oder besser ein Tätigsein. Als hervorragendste Tätigkeit betrachtet er diejenige, welche den Menschen ausmacht und ihn von anderen Lebewesen unterscheidet. Auf der Suche nach einem Unterscheidungskriterium gelangt Aristoteles zur [[Vernunft]], die nur dem Menschen zu eigen ist.
Der [[Atman]], Wagen ist der Leib,
Den Wagen lenkend ist ''[[Buddhi]]''
[[Manas]], wisse, der Zügel ist.</poem>|Katha-Upanishad|3,3|ref=<ref>Paul Deussen, Upanishaden, S. 353</ref>}}


Der Lebensgeist wird gebildet, indem das menschliche [[Ich]] nach und nach die ''bewusste'' Herrschaft über die tiefergehenden Lebensgewohnheiten und Charaktereigenschaften gewinnt und dadurch an der Verwandlung des [[Ätherleib]]es arbeitet. Diese Arbeit verlangt eine noch viel intensivere Anstrengung als die [[Läuterung]] der [[Trieb]]e und [[Begierde]]n des [[Astralleib]]es. Besonders förderlich sind hier alle echten religösen Impulse, die der Mensch zu einem festen Bestandteil seines Lebens macht, aber auch all die Kräfte, die er aus wahrer Kunst schöpfen kann. Je weiter diese Arbeit voranschreitet, desto mehr beginnt sich das Ich des Menschen mit der schöpferischen Kraft des Lebensgeistes zu erfüllen.
== Dreiteilung der Güter in äußere, körperliche und seelische Güter. ==
Aristoteles definiert die Glückseligkeit als eine Tätigkeit der [[Seele]] gemäß der vollkommenen Tugend ([[Arete|areté]]). Die vollkommene Glückseligkeit besteht im bios theoretikos, im [[Kontemplation|kontemplativen]] Leben.


<div style="margin-left:20px;">
== Die Seelenteile ==
"... vergleichen Sie sich, so wie Sie gegenwärtig sind, mit sich, als Sie zehn Jahre alt waren. Wie viel haben Sie seitdem an Kenntnissen hinzugelernt, und wie wenig hat Ihr Charakter sich geändert! Der Inhalt der Seele hat sich ganz gründlich geändert, die Gewohnheiten und Neigungen aber nur sehr gering. Wer als Kind jähzornig, vergeßlich, neidisch, unaufmerksam war, der ist es oft auch noch als Erwachsener. Wie sehr haben sich unsere Vorstellungen und Gedanken, wie sehr wenig unsere Gewohnheiten geändert! Das gibt Ihnen einen Anhalt, um abzuschätzen, wie viel zäher, fester, schwerer bildsam der Ätherleib gegenüber dem Astralleib ist. Umgekehrt, wie viel fruchtbarer und folgenreicher eine am Ätherleib erzielte Verbesserung!
Aristoteles unterteilt die menschliche Seele in einen vernunftlosen und einen vernunftbegabten Teil. Der vernunftlose setzt sich wiederum zusammen aus dem vegetativen Seelenvermögen (z. B. Wachstum, Ernährung), das selbst die Pflanzen besitzen, und einem animalischen, das der Mensch mit den Tieren gemeinsam hat. Dieser animalische Teil, das Begehrende und Strebende, ist von der Vernunft zum Teil steuerbar.


Als Beispiel für das verschiedene Tempo der Umwandlungsmöglichkeit kann der Satz gelten: Was Sie gelernt und erfahren haben, das hat sich verändert wie der Minutenzeiger der Uhr, Ihre Gewohnheiten wie der Stundenzeiger. Lernen ist leicht, abgewöhnen schwer. An den Schriftzügen von damals kann man Sie jetzt noch erkennen, die gehören nämlich auch zu den Gewohnheiten. Leicht ist es Ansichten und Kenntnisse, schwer Gewohnheiten zu ändern. Dieses so zähe Ding, Gewohnheit, rasch zu ändern, das ist die Aufgabe des Chela. Das bedeutet, ein anderer Mensch zu werden, indem man sich einen anderen Ätherleib schafft, also Lebensleib in Lebensgeist verwandelt. Damit bekommt man die Wachstumskräfte in seine Hand. Gewohnheiten gehören zu den offenbaren Wachstumskräften. Zerstöre ich sie, so wird Wachstumskraft, vis vitalis, zu meiner Verfügung frei, zu meiner Bewußtseinsdirigierung. Christus sagt: «Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.» - Christus ist die Personifikation der Kraft, die den Lebensleib ändert." {{lit|{{G|94|241}}}}
== Die Tugenden ==
</div>


Entsprechend wird der Lebensgeist, im Sanskrit [[Buddhi]] genannt, in der christlichen Terminologie auch als «[[Sohn]]» oder «[[Wort]]» bezeichnet:
Aristoteles teilt die Tugenden in zwei Gattungen ein: Die dianoetischen (verstandesmäßigen) Tugenden  entstehen aus Belehrung, die ethischen Tugenden ergeben sich hingegen aus der [[Gewohnheit]]. In [[Analogie (Philosophie)|Analogie]] zum Beherrschen eines Musikinstruments erwirbt man die Tugenden, indem man sie ausübt.


<div style="margin-left:20px;">
=== Die ethischen Tugenden ===
"Aus welchem Grunde wird Buddhi das «Wort» genannt? Damit treten wir an den Rand eines der großen Mysterien heran, und wir werden sehen, welch hohe Bedeutung in der Bezeichnung «Wort» liegt.


Wir haben gesehen, daß der Mensch seinen Lebensleib durchgeistigt mit der Buddhi. Was bewirkt der Lebensleib im Menschen? Wachstum und Fortpflanzung, alles, was das Lebewesen vom Mineral unterscheidet. Welches ist die höchste Äußerung des Lebensleibes? Die Fortpflanzung, das Wachstum über sich selbst hinaus. Was wird nun aus dieser letzten Äußerung des Lebensleibes, wenn der Mensch den Weg zurück zur Vergeistigung bewußt zurücklegt? Worin verwandelt sich diese Fortpflanzungskraft, was wird aus ihr, wenn sie geläutert, durchgeistigt ist? - Im menschlichen Kehlkopf haben Sie die Läuterung, die Umwandlung der Fortpflanzungskraft, und in dem artikulierten Vokallaut, im menschlichen Wort das umgewandelte Fortpflanzungsvermögen. Analog dem Gesetz «Alles ist unten wie oben» finden wir den entsprechenden Vorgang auch im Physischen: den Stimmbruch, die Mutation zur Zeit der Geschlechtsreife. Alles, was Geist wird, geht vom Wort oder vom Inhalt des Wortes aus. Das ist das allererste Hereinscheinen der Buddhi, wenn aus der menschlichen Seele der erste artikulierte Laut dringt. Ein Mantram wirkt deshalb so bedeutsam, weil es ein geistig artikuliertes Wort ist. Ein Mantram ist deshalb für den Chela das Mittel, um hinunterzuwirken in die Tiefen seiner Seele.
Sie beziehen sich auf die Leidenschaften und die Handlungen, die aus diesen Leidenschaften herrühren. Die ethischen Tugenden bestehen in der Zähmung und Steuerung des irrationalen, triebhaften Teils der Seele. Dabei postuliert Aristoteles eine Ethik des Maßhaltens. Bei den ethischen Tugenden gilt es, die richtige Mitte zwischen Übermaß und Mangel zu treffen. Am besten lässt sich dies am Beispiel der Tapferkeit verdeutlichen. Die Tapferkeit bewegt sich zwischen den Extremen der Feigheit und der Tollkühnheit – weder die Feigheit ist wünschenswert, noch eine übersteigerte, vernunftlose Tapferkeit, die Aristoteles als Tollkühnheit bezeichnet. Der Tapfere hält hingegen das richtige Maß. Ähnlich verhält es sich für andere ethische Tugenden, Großzügigkeit, Besonnenheit, richtige Ernährungsweise usw...


So haben wir im Physischen die Kraft des Fortpflanzungsvermögens, durch welche das Leben über den Eigenleib hinaus erzeugt und weitergegeben wird, zu etwas Dauerndem wird. Und wie die physischen Zeugungsorgane leibliches Leben, so geben die wortzeugenden Organe - Zunge und Kehlkopf, Odem - geistiges Leben weiter wie Zündungsapparate. Im Physiologischen ist der enge Zusammenhang zwischen Stimme und Zeugung offensichtlich. Er tritt uns entgegen im Nachtigallensang, im Balzen, Stimmwechsel, Stimmzauber, im Gesang, Gurren, Krähen, Röhren. Wir können geradezu den Kehlkopf das höhere Geschlechtsorgan nennen. Das Wort ist Zeugungskraft für neue Menschengeister, der Mensch erreicht im Worte eine vergeistigte Schöpferkraft. Heute beherrscht der Mensch die Luft mit dem Wort, indem er sie rhythmisch-organisch gestaltet, erregt, belebt. Auf höherer Stufe vermag er das in dem flüssigen und zuletzt in dem festen Element. Dann haben Sie das Wort umgestaltet zum Schöpferworte. Der Mensch wird in seiner Entwickelung das erreichen, denn es war ursprünglich so da. Der Lebensleib, hervorgeströmt aus dem Worte des Urgeistes, - das ist wörtlich zu nehmen. Die Buddhi wird das Wort genannt, weil sie nichts anderes heißt als: Ich bin." {{lit|{{G|94|243f}}}}
=== Die dianoetischen Tugenden ===
</div>


Veranlagt wurde der Lebensgeist bereits auf dem planetarischen Entwicklungszustand der [[Alte Sonne|alten Sonne]], wo auch der menschliche Ätherleib geschaffen wurde, doch wird sich seine Entwicklung erst in ferner Zukunft auf einem neuen planetarischen Zustand vollenden, der von Rudolf Steiner als [[Neue Venus|neue Venus]] bezeichnet wird (siehe auch → [[Weltentwicklungsstufen]]).
Die dianoetischen Tugenden sind den ethischen übergeordnet, einerseits, da sie sich nur auf den rein rationalen Seelenteil beziehen, andererseits, da nur durch sie die vollkommene Glückseligkeit, das Leben in der reinen Schau der Wahrheit (theoria), der bios theoretikos erreicht werden kann.
Wissenschaft (episteme), Kunstfertigkeit (techne), Klugheit (phronesis), Vernunft (nous) und Weisheit (sophia), Verstand (logos).


== Anmerkungen ==
== Lust und Schmerz ==
Die ethischen Tugenden stehen in engem Zusammenhang mit [[Lust]] und [[Schmerz]]. Die Hinwendung der Menschen zum Schlechten erklärt Aristoteles damit, dass die Menschen die Lust suchen und den Schmerz fürchten. Diese natürliche Verhaltensweise gilt es durch Erziehung zum Guten zu beeinflussen und zu steuern. Aus diesem Grund rechtfertigt er auch Züchtigungen: „Sie sind eine Art Heilung, und die Heilungen werden naturgemäß durch das Entgegengesetzte vollzogen.“


<references />
Doch auch die Ausübung der Tugend ist mit dem Angenehmen und der Lust verbunden. Aristoteles differenziert zwischen verschiedenen Arten der Lust, von  denen lediglich manche für den Menschen schädlich sind. Er verurteilt die Lust also nicht prinzipiell.


==Literatur==
Auch dem Glückhaben (eutychia) im Gegensatz zur Glückseligkeit – weist er einen Platz zu. Auch wenn die Glückseligkeit in der Ausübung der Tugend besteht, müssen gewisse äußere Umstände gegeben sein.
#Rudolf Steiner: ''Theosophie'', [[GA 9]] (1904), Kapitel ''Das Wesen des Menschen'' {{Schriften|9}}
#Rudolf Steiner: ''Die Geheimwissenschaft im Umriß'', [[GA 13]] (1910), Kapitel ''Wesen der Menschheit'' {{Schriften|13}}
#Rudolf Steiner: ''Kosmogonie'', [[GA 94]] (1979), München, 28. Oktober 1906 {{Vorträge|94}}
#Rudolf Steiner: ''Der Christus-Impuls und die Entwickelung des Ich-Bewußtseins'', [[GA 116]] (1982) {{Vorträge|116}}


{{GA}}
== Gerechtigkeit ==
„Die Gerechtigkeit ist also eine Mitte, freilich nicht auf dieselbe Art wie die übrigen Tugenden, sondern weil sie die Mitte schafft. Die Ungerechtigkeit dagegen schafft die Extreme.“ ([[Bekker-Zählung|1133 b 32]])


[[Kategorie:Wesensglieder]]
== Literatur ==
=== Primärquellen ===
* Aristoteles: ''Nikomachische Ethik''. Rowohlt, Reinbek 2006 ISBN 3499556510 (Übersetzerin Ursula Wolf)
* Aristoteles: ''Nikomachische Ethik''. Reclam, Stuttgart 2003 ISBN 3-15-008586-1 (Übersetzer: Franz Dirlmeier)
* Aristoteles: ''Nikomachische Ethik''. dtv, München 2000 ISBN 3-423-30126-0 (Übersetzer: Olof Gigon)
* Aristoteles: ''Nikomachische Ethik''. F. Meiner, Hamburg 1985 ISBN 3-7873-0655-2 (Übersetzer: Eugen Rolfes)
* griechisch-deutsche Ausgabe:
** Aristoteles: ''Nikomachische Ethik''. Artemis & Winkler, Düsseldorf u.a. 2001 ISBN 3-7608-1725-4
 
=== Sekundärliteratur ===
* [[Otfried Höffe]] (Hrsg.): ''Nikomachische Ethik''. Akademie, Berlin, 1995, ISBN 3-05-002692-8
* Otfried Höffe (Hrsg.): ''Aristoteles-Lexikon''. Stuttgart, 2005 ISBN 3520459019
* Christoph Horn, Christof Rapp (Hrsg.): ''Wörterbuch der antiken Philosophie''. München, 2002 (Erläuterungen zahlreicher Termini der antiken und auch der aristotelischen Philosophie) ISBN 3406476236
* [[Christof Rapp]]: ''Aristoteles zur Einführung''. Hamburg, 2004, ISBN 3885063468 (Gute deutschsprachige Einführung zu Aristoteles mit sehr guter thematisch gegliederter Bibliografie für Einsteiger)
* Ursula Wolf: ''Nikomachische Ethik''. Wiss. Buchges., Darmstadt, 2002, ISBN 3-534-14142-3
 
== Weblinks ==
* [http://www.aristoteles-heute.de/SeinBewegtBelebtBewusst/Ethik/Ethik.htm Übersetzung] von Adolf Lasson Jena 1909 bzw. englisch von W. D. Ross
*(in der Übersetzung Rolfes (1911) {{PGDW|aristote/nikomach/nikomach}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/aristotle-ethics/ ''Aristotle's Ethics.''}}
 
[[Kategorie:Philosophie]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 18. Juni 2006, 11:58 Uhr

Die Nikomachische Ethik ist die bedeutendste der drei erhaltenen ethischen Schriften Aristoteles. Wie auch die Eudemische Ethik und die so genannte „Große Ethik“ wurde sie vermutlich nicht von Aristoteles selbst in der uns erhaltenen Form verfasst, sondern später aus Einzelschriften von seinen Schülern zusammengestellt. Der Name geht auf Aristoteles Sohn Nikomaches zurück, den Aristoteles nach seinem gleichnamigen Vater benannt hatte.

Glückseligkeit

Glückseligkeit (eudaimonía) wird als das höchste Gut angesehen. Das folgt für Aristoteles daraus, dass die Glückseligkeit für sich selbst steht – sie ist nicht, wie andere Güter, lediglich Mittel zum Zweck. Im Gegensatz zu anderen Gütern erstreben wir Glückseligkeit um ihrer selbst willen. Sie ist, wie Aristoteles sagt, „das vollkommene und selbstgenügsame Gut und das Endziel des Handelns.“ (1097 b20)

Doch worin besteht nun die Glückseligkeit? Aristoteles sieht die Glückseligkeit nicht als Zustand, sondern als eine Tätigkeit oder besser ein Tätigsein. Als hervorragendste Tätigkeit betrachtet er diejenige, welche den Menschen ausmacht und ihn von anderen Lebewesen unterscheidet. Auf der Suche nach einem Unterscheidungskriterium gelangt Aristoteles zur Vernunft, die nur dem Menschen zu eigen ist.

Dreiteilung der Güter in äußere, körperliche und seelische Güter.

Aristoteles definiert die Glückseligkeit als eine Tätigkeit der Seele gemäß der vollkommenen Tugend (areté). Die vollkommene Glückseligkeit besteht im bios theoretikos, im kontemplativen Leben.

Die Seelenteile

Aristoteles unterteilt die menschliche Seele in einen vernunftlosen und einen vernunftbegabten Teil. Der vernunftlose setzt sich wiederum zusammen aus dem vegetativen Seelenvermögen (z. B. Wachstum, Ernährung), das selbst die Pflanzen besitzen, und einem animalischen, das der Mensch mit den Tieren gemeinsam hat. Dieser animalische Teil, das Begehrende und Strebende, ist von der Vernunft zum Teil steuerbar.

Die Tugenden

Aristoteles teilt die Tugenden in zwei Gattungen ein: Die dianoetischen (verstandesmäßigen) Tugenden entstehen aus Belehrung, die ethischen Tugenden ergeben sich hingegen aus der Gewohnheit. In Analogie zum Beherrschen eines Musikinstruments erwirbt man die Tugenden, indem man sie ausübt.

Die ethischen Tugenden

Sie beziehen sich auf die Leidenschaften und die Handlungen, die aus diesen Leidenschaften herrühren. Die ethischen Tugenden bestehen in der Zähmung und Steuerung des irrationalen, triebhaften Teils der Seele. Dabei postuliert Aristoteles eine Ethik des Maßhaltens. Bei den ethischen Tugenden gilt es, die richtige Mitte zwischen Übermaß und Mangel zu treffen. Am besten lässt sich dies am Beispiel der Tapferkeit verdeutlichen. Die Tapferkeit bewegt sich zwischen den Extremen der Feigheit und der Tollkühnheit – weder die Feigheit ist wünschenswert, noch eine übersteigerte, vernunftlose Tapferkeit, die Aristoteles als Tollkühnheit bezeichnet. Der Tapfere hält hingegen das richtige Maß. Ähnlich verhält es sich für andere ethische Tugenden, Großzügigkeit, Besonnenheit, richtige Ernährungsweise usw...

Die dianoetischen Tugenden

Die dianoetischen Tugenden sind den ethischen übergeordnet, einerseits, da sie sich nur auf den rein rationalen Seelenteil beziehen, andererseits, da nur durch sie die vollkommene Glückseligkeit, das Leben in der reinen Schau der Wahrheit (theoria), der bios theoretikos erreicht werden kann. Wissenschaft (episteme), Kunstfertigkeit (techne), Klugheit (phronesis), Vernunft (nous) und Weisheit (sophia), Verstand (logos).

Lust und Schmerz

Die ethischen Tugenden stehen in engem Zusammenhang mit Lust und Schmerz. Die Hinwendung der Menschen zum Schlechten erklärt Aristoteles damit, dass die Menschen die Lust suchen und den Schmerz fürchten. Diese natürliche Verhaltensweise gilt es durch Erziehung zum Guten zu beeinflussen und zu steuern. Aus diesem Grund rechtfertigt er auch Züchtigungen: „Sie sind eine Art Heilung, und die Heilungen werden naturgemäß durch das Entgegengesetzte vollzogen.“

Doch auch die Ausübung der Tugend ist mit dem Angenehmen und der Lust verbunden. Aristoteles differenziert zwischen verschiedenen Arten der Lust, von denen lediglich manche für den Menschen schädlich sind. Er verurteilt die Lust also nicht prinzipiell.

Auch dem Glückhaben (eutychia) – im Gegensatz zur Glückseligkeit – weist er einen Platz zu. Auch wenn die Glückseligkeit in der Ausübung der Tugend besteht, müssen gewisse äußere Umstände gegeben sein.

Gerechtigkeit

„Die Gerechtigkeit ist also eine Mitte, freilich nicht auf dieselbe Art wie die übrigen Tugenden, sondern weil sie die Mitte schafft. Die Ungerechtigkeit dagegen schafft die Extreme.“ (1133 b 32)

Literatur

Primärquellen

  • Aristoteles: Nikomachische Ethik. Rowohlt, Reinbek 2006 ISBN 3499556510 (Übersetzerin Ursula Wolf)
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik. Reclam, Stuttgart 2003 ISBN 3-15-008586-1 (Übersetzer: Franz Dirlmeier)
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik. dtv, München 2000 ISBN 3-423-30126-0 (Übersetzer: Olof Gigon)
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik. F. Meiner, Hamburg 1985 ISBN 3-7873-0655-2 (Übersetzer: Eugen Rolfes)
  • griechisch-deutsche Ausgabe:
    • Aristoteles: Nikomachische Ethik. Artemis & Winkler, Düsseldorf u.a. 2001 ISBN 3-7608-1725-4

Sekundärliteratur

  • Otfried Höffe (Hrsg.): Nikomachische Ethik. Akademie, Berlin, 1995, ISBN 3-05-002692-8
  • Otfried Höffe (Hrsg.): Aristoteles-Lexikon. Stuttgart, 2005 ISBN 3520459019
  • Christoph Horn, Christof Rapp (Hrsg.): Wörterbuch der antiken Philosophie. München, 2002 (Erläuterungen zahlreicher Termini der antiken und auch der aristotelischen Philosophie) ISBN 3406476236
  • Christof Rapp: Aristoteles zur Einführung. Hamburg, 2004, ISBN 3885063468 (Gute deutschsprachige Einführung zu Aristoteles mit sehr guter thematisch gegliederter Bibliografie für Einsteiger)
  • Ursula Wolf: Nikomachische Ethik. Wiss. Buchges., Darmstadt, 2002, ISBN 3-534-14142-3

Weblinks


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