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Durch seinen Ätherleib lebt der [[Mensch]] in der [[Elementarische Welt|elementarischen Umwelt]], so wie er durch den [[Physischer Leib|physischen Leib]] in der [[sinnlich]]-[[physisch]]en Umwelt lebt. Er erkennt sich dadurch als Glied des [[Erdenlebensleib]]s {{Lit|{{G|17|44}}}}.
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eine Störung des gesunden Seelenlebens, wenn man
nicht die Möglichkeit hätte, in dieser Weise zu sprechen. Beim Hineinwachsen
in den elementarischen oder ätherischen Leib weitet
man sich aus, aber zugleich weiten sich die Gedanken aus. Man verliert
das Gefühl, als ob man in sich wäre, wenn man denkt, und man
bekommt das Gefühl: man wächst in die elementarische Welt hinein,
und die ist durchzogen von Gedanken, und diese Gedanken
denken sich. Das tritt als ein Erlebnis auf. Es ist so, wie wenn man
ausgelöscht wäre und wie wenn sich die Gedanken denken würden,
wie wenn die Gefühle, die man selbst hat oder die die Dinge haben,
sich erfühlen, als ob man nicht selber wollen könnte, sondern als ob
das alles in einem zum Wollen erwachte. Hingegeben sein an die
Objektivität, an die Welt, das ist ein Gefühl, das man hat. Aber es ist
in der Regel so - und das ist wieder eine Erfahrung bei den ersten
Schritten der Initiation - , daß sich hinzugesellt ein anderes Gefühl.
In demselben Maße, in dem man sich ausweitet, in dem sich die Gedanken
selber denken, die Empfindungen sich erfühlen, wird das Bewußtsein
immer schwächer und schwächer, immer mehr und mehr
herabgestimmt; das Wissen betäubt sich.|138|73f}}


== Der Ätherleib als Liebeleib ==  
== Der Ätherleib als Liebeleib ==  

Version vom 22. Januar 2017, 12:17 Uhr

Der Ätherleib (von griech. Αἰθήρ AitherÄther“; eng. ether body, etheric body), von Rudolf Steiner auch als Lebensleib (eng. life body), Bildekräfteleib (eng. formative forces body) (Lit.: GA 73, S. 31) oder elementarischer Leib[1][2] bezeichnet und als Linga-Sharira nach der indisch-theosophischen Terminologie, ist das unterste übersinnliche Wesensglied des Menschen. Alle Lebewesen, neben dem Menschen also auch Tiere und Pflanzen, verfügen über einen eigenen Ätherleib. Er wurde schon auf der planetarischen Entwicklungsstufe der alten Sonne veranlagt und hat aufgrund dieses hohen entwicklungsgeschichtlichen Alters bereits einen hohen Reifegrad erlangt.

Aristoteles nennt den Ätherleib Threptikon, Paracelsus bezeichnet ihn als Archäus oder auch als Spiritus Vitae oder Liquor Vitae. Eine hebräische Bezeichnung dafür ist Ben Jake (hebr. בן־יקה, Sohn des Jake); sie wird in der Bibel in den Sprüchen Salomos (Spr 30,1 SLT) erwähnt und bezieht sich insbesonders auf den Ätherleib des Salomo, der nach Rudolf Steiner alle 7 Wesensglieder bereits in hoher Vollkommenheit veranlagt hatte (Lit.: GA 116, S. 82).

Physischer Leib und elementarischer Leib

„Wenn derjenige, der auch nur einige Schritte auf dem Wege zur Initiation gemacht hat, sich durch Selbstbesinnung klarmacht, was er eigentlich in sich und an sich erlebt, so kann er sich etwa das Folgende sagen: Zu dem ersten, was ich an mir erfahre, gehört, daß ich außer meinem sinnlichen, fleischlichen Leibe in mir habe einen feineren, nennen wir ihn ätherischen Leib, den wir so mit uns herumtragen, wie wir den physischen Leib im Erdensein herumtragen. Wer die ersten Schritte zur Initiation hinauf macht, erlebt das zunächst so, daß er sich darin erfühlt, daß er dieses Erfühlen wahrnimmt, wie er auf anderer Stufe fühlt, was in seinem Blutsystem, in seinem Nervensystem lebt, oder was ersteht auf dem Boden seines Muskelsystems. Dieses innere Fühlen und Erleben ist ja da und das kann auch für den ätherischen Leib da sein. Insbesondere ist es dann nützlich für den Menschen, der auf den ersten Schritten zur Initiation ist, den besonderen Unterschied oder, man könnte auch sagen, die Beziehung zwischen dem Sich-Erfühlen, dem Sich-Erleben in dem elementarischen oder ätherischen Leibe und in dem physischen Leibe kennenzulernen. Man erlebt sich also in dem elementarischen Leibe, wie man weiß, daß man sein Blut, seinen Herzschlag oder seinen Pulsschlag in sich hat. Um sich das klarzumachen, kann man diesen elementarischen Leib in Zusammenhang betrachten mit dem physischen Leibe, in den man ja mehr hineingewöhnt ist als in das, was man sich erst erringt auf dieser geistigen Wanderschaft. Man kann sich sagen: In dem elementarischen Leibe hast du einen Teil, der entspricht dem physischen Gehirn, alledem, was deinen Kopf ausmacht. Der Kopf, das Gehirn ist gleichsam herauskristallisiert aus dem ätherischen Leibe und in demselben so darin, daß man es vergleichen könnte mit einer Wassermenge und einem Stück Eis, das darin schwimmt, wenn man das Wasser mit dem ätherischen Leibe vergleichen wollte und das Eis mit dem aus dem ätherischen Leibe herauskristallisierten physischen Leibe. Aber man fühlt, man erlebt, daß ein inniger Zusammenhang ist zwischen dem, was man den Ätherteil des Kopfes oder des Gehirns nennen kann, und dem physischen Kopfe selber. Man weiß dann, wie man seine Gedanken schafft, wie man seine Erinnerungsbilder bildet innerhalb des ätherischen Leibes und wie das physische Gehirn nur gleichsam ein Spiegelungsapparat ist, weiß aber auch, wie das Gehirn eng zusammenhängend ist mit dem ätherischen Leibe. Insbesondere kann man das dann erleben, wenn man sich recht stark beschäftigen muß mit Anstrengungen, die zusammenhängen mit dem physischen Plan, mit dem physischen Sein, wenn man viel nachdenken muß über die Dinge, wenn man also seinen physischen Leib anstrengen muß, daß er heraufholt aus den Tiefen des Lebens die Erinnerungsvorstellungen, um sie zusammenzuhalten. An einem solchen Vorgange ist immer zunächst, gleichgültig, ob man es weiß oder nicht, der ätherische Leib beteiligt. Aber es ist das physische Gehirn innig damit verbunden, und wenn man das physische Gehirn ermüdet, merkt man sehr, sehr die Ermüdung des Gehirns in dem betreffenden Ätherteile. Man merkt dann, daß man in dem, was man als elementarischen Gehirnteil erlebt, etwas wie einen Klotz, wie einen Fremdkörper hat, daß man nicht mehr herankann an das, woran man herankommen muß, denn die Beweglichkeit im physischen Gehirn ist etwas, was parallel gehen muß der Beweglichkeit im ätherischen Leibe. Man kann dann das deutliche Gefühl haben: Dein Atherleib ermüdet auch nicht, er könnte bis in alle Ewigkeit fort die Gedankenbilder zusammenschließen und heraufholen dasjenige, was du weißt; aber um es in der physischen Welt zum Ausdruck zu bringen, muß es sich spiegeln, und da versagt das Gehirn. - Der elementarische Leib ermüdet nicht. Gerade weil er immerfort tätig sein kann, verspürt er die Ermüdung des Gehirns um so mehr. Man merkt gleichsam, was da das Gehirn an versagenden Kräften produziert. Und wenn es einschläft und in die Dumpfheit der Ermüdung verfällt, kann man sich sagen: Jetzt mußt du aufhören, sonst würdest du dich krank machen. - Man kann nicht den Atherleib abnutzen. Aber auf dem Umwege, daß man dem Gehirn übermäßige Dinge zumutet, kann man fortfahren, es noch weiter zu ermüden und es so in einen leben versagenden, toten Zustand bringen. Und das verträgt ein lebendiger Organismus nicht, daß etwas, was mit ihm in einem normalen Zusammenhange sein soll, partiell tot ist, daß es in einen abnormen Zustand kommt. Also man muß sich aus einem freien Entschluß sagen: Damit du nicht etwa abtötest einen Teil deines Gehirns, der dann von sich aus weiterfrißt, mußt du aufhören, wenn du dein Gehirn als ein Stück Fremdkörper in dir selbst empfindest.“ (Lit.:GA 138, S. 32ff)

„Anders ist das für andere Organe des menschlichen elementarischen oder ätherischen Leibes und die entsprechenden physischsinnlichen Organe. Da sind die Dinge ganz anders. Ich will ein Beispiel anführen. Nehmen wir einmal die Hände. Geradeso wie dem Kopf oder dem Gehirn ein Atherteil, ein elementarischer Teil in dem elementarischen Leibe entspricht, so entsprechen auch den Händen elementarische, ätherische Vorgänge des menschlichen Atherleibes. Aber zwischen den äußeren physischen Händen und ihren Aufgaben und dem, was eigentlich dem zugrunde liegt in dem entsprechenden elementarischen oder ätherischen Teil, ist ein viel größerer Unterschied als zwischen dem physischen Kopfe und dem entsprechenden Teile in dem menschlichen elementarischen Leibe. Was die Hände tun, ist viel mehr bloß in der Sinneswelt verlaufend, ist viel mehr bloß eine sinnliche Verrichtung, und was die dazugehörigen elementarischen oder ätherischen Organe tun, findet nur zum allergeringsten Teile in dem, was physisch in den Händen zum Ausdruck kommt, seine Offenbarung [...]

Den physischen Händen entsprechen elementarische Teile. Aber abgesehen davon, daß in den Händen, in den Bewegungen das zum Ausdruck kommt, was dem elementarischen Teile entspricht, sind diese ätherischen Organe innerhalb des Ätherleibes wahrhaftige Geistorgane. Ein höheres, viel intuitiveres, geistigeres Tun wird verrichtet in den Organen, die in den Händen und ihren Funktionen zum Ausdruck kommen, als durch das Äthergehirn. Wer auf diesem Gebiete Fortschritte gemacht hat, wird sagen: Ja, das Gehirn, auch das ätherisch zugrunde liegende, ist eigentlich das ungeschickteste geistige Organ, das der Mensch an sich trägt. Denn sobald man sich betätigt in dem elementarischen Teile des Gehirns, hat man verhältnismäßig sehr bald diesen Fremdkörper des Gehirns zu spüren. Diejenigen geistigen Verrichtungen aber, die gebunden sind an die Organe, die den Händen zugrunde liegen und einen unvollkommenen Ausdruck in den Händen und ihren Funktionen gewinnen, dienen zu weit höherem, geistigerem Erkennen und Beobachten; diese Organe führen schon in übersinnliche Welten und können sich beschäftigen mit der Wahrnehmung und mit der Orientierung in den übersinnlichen Welten. Drückt man als geistiger Schauer einen solchen Tatbestand aus, so muß man - etwas paradox, aber eben zutreffend - sagen: Das menschliche Gehirn ist das ungeschickteste Organ als Forschungsorgan für die geistige Welt, und die Hände - was ihnen geistig zugrunde liegt - sind viel interessantere, viel bedeutungsvollere Organe für die Erkenntnis dieser Welt, vor allen Dingen viel geschicktere Organe als das Gehirn.“ (S. 34f)

Der Ätherleib als Zeitorganismus

Der Ätherleib wird gelegentlich auch Ätherdoppelkörper genannt, weil er in seiner Form beim Menschen weitgehend dem äußeren physischen Leib gleicht. Dennoch ist er eigentlich kein räumlicher Leib, sondern ein durch eine Vielfalt aufeinander bezogener Rhythmen geprägter Zeitleib oder besser noch ein Zeitorganismus, wie ihn heute auch auf äußerem empirischen Weg die Chronobiologie erforscht. Seine charakteristische Tätigkeit ist die rhytmisch-lebendige Formverwandlung oder Metamorphose; Goethe spricht in seiner «Morphologie» auch von der ständig beweglich bleibenden «Bildung» im Gegensatz zur fixierten Gestalt.

„Der Deutsche hat für den Komplex des Daseins eines wirklichen Wesens das Wort Gestalt. Er abstrahiert bei diesem Ausdruck von dem Beweglichen, er nimmt an, daß ein Zusammengehöriges festgestellt, abgeschlossen und in seinem Charakter fixiert sei.
Betrachten wir aber alle Gestalten, besonders die organischen, so finden wir, daß nirgend ein Bestehendes, nirgend ein Ruhendes, ein Abgeschlossenes vorkommt, sondern daß vielmehr alles in einer steten Bewegung schwanke. Daher unsere Sprache das Wort Bildung sowohl von dem Hervorgebrachten, als von dem Hervorgebrachtwerdenden gehörig genug zu brauchen pflegt.
Wollen wir also eine Morphologie einleiten, so dürfen wir nicht von Gestalt sprechen; sondern, wenn wir das Wort brauchen, uns allenfalls dabei nur die Idee, den Begriff oder ein in der Erfahrung nur für den Augenblick Festgehaltenes denken.
Das Gebildete wird sogleich wieder umgebildet, und wir haben uns, wenn wir einigermaßen zum lebendigen Anschaun der Natur gelangen wollen, selbst so beweglich und bildsam zu erhalten, nach dem Beispiele mit dem sie uns vorgeht.“

Goethe: Zur Morphologie: Die Absicht eingeleitet (1817)[3]

Während der physische Leib rein irdische Kräfte in sich trägt, wird die Zeitgestalt des Ätherleibs von den verinnerlichten kosmischen Rhythmen bestimmt, in denen sich die Ätherwelt, der Weltenäther kundgibt[4].

„... der Ätherleib wird erlebt als ein Zusammenfluß der allumfassenden Gesetzmäßigkeit des Makrokosmos. Wieviel von dieser Gesetzmäßigkeit dem Geistesforscher zum wirklichen Bewußtseinsinhalt wird, darauf kommt es dabei nicht an. Es liegt das Eigentümliche darin, daß in unmittelbarem Wissen klar ist: der Ätherleib ist nichts anderes als ein zusammengedrängtes, die Weltgesetzlichkeit in sich spiegelndes Bild der kosmischen Gesetzmäßigkeit.“ (Lit.:GA 35, S. 126f)

Am deutlichsten offenbart sich das in der Pflanzenwelt. Im Ätherleib offenbaren sich die Kräfte, die das Lebendige aus den Weltenweiten in das Irdische hereinzieht, wie es Rudolf Steiner in seinen anthroposophischen Leitsätzen knapp skizziert:

„6. Wenn man den Blick auf die leblose Natur wendet, so findet man eine Welt, die sich in gesetzmäßigen Zusammenhängen offenbart. Man sucht nach diesen Zusammenhängen und findet sie als den Inhalt der Naturgesetze. Man findet aber auch, daß durch diese Gesetze die leblose Natur sich mit der Erde zu einem Ganzen zusammenschließt. Man kann dann von diesem Erdenzusammenhang, der in allem Leblosen waltet, zu der Anschauung der lebendigen Pflanzenwelt übergehen. Man sieht, wie die außerirdische Welt aus den Weiten des Raumes die Kräfte hereinsendet, welche das Lebendige aus dem Schoße des Lebenslosen hervorholen. Man wird in dem Lebendigen das Wesenhafte gewahr, das sich dem bloß irdischen Zusammenhange entreißt und sich zum Offenbarer dessen macht, was aus den Weiten des Weltenraumes auf die Erde herunterwirkt. In der unscheinbarsten Pflanze wird man die Wesenheit des außerirdischen Lichtes gewahr, wie im Auge den leuchtenden Gegenstand, der vor diesem steht. In diesem Aufstieg der Betrachtung kann man den Unterschied des Irdisch-Physischen schauen, das im Leblosen waltet, und des Außerirdisch-Ätherischen, das im Lebendigen kraftet.

7. Man findet den Menschen mit seinem außerseelischen und außergeistigen Wesen in diese Welt des Irdischen und Außerirdischen hineingestellt. Sofern er in das Irdische, das das Leblose umspannt, hineingestellt ist, trägt er seinen physischen Körper an sich; sofern er in sich diejenigen Kräfte entwickelt, welche das Lebendige aus den Weltenweiten in das Irdische hereinzieht, hat er einen ätherischen oder Lebensleib. Diesen Gegensatz zwischen dem Irdischen und Ätherischen hat die Erkenntnisrichtung der neueren Zeit ganz unberücksichtigt gelassen. Sie hat gerade aus diesem Grunde über das Ätherische die unmöglichsten Anschauungen entwickelt. Die Furcht davor, sich in das Phantastische zu verlieren, hat davon abgehalten, von diesem Gegensatz zu sprechen. Ohne ein solches Sprechen kommt man aber zu keiner Einsicht in Mensch und Welt.“ (Lit.:GA 26, S. 16f)

Das Denken als Tätigkeit des Ätherleibs

Noch in der atlantischen Zeit ragte der Ätherleib weit über den physischen Leib hinaus und ermöglichte dadurch die geistige Wahrnehmung der äußeren Ätherwelt. Erst im letzten Drittel der atlantischen Zeit begann sich der Ätherkopf mit dem physischen Kopf zu decken, wodurch allmählich das Verstandesdenken heranreifte.

Das Denken ist eine Tätigkeit des Ätherleibs. Damit ist aber nur eine Seite des Ätherleibs erfasst, gleichsam nur die Rückseite. Die andere Seite ist die, welche den physischen Leib aufbaut.

„Wenn der Mensch ehrlich in sich selbst hineinschaut, dann wird er sich sagen: Durch die Sinne empfange ich Eindrücke, im Denken setze ich nach innen diese Eindrücke fort. Und wenn wir unsere Gedanken dann prüfen, so werden wir finden, daß diese Gedanken schattenhafte Abbilder dessen sind, was uns die Sinne vermitteln. Gewissermaßen ist das Denken des Menschen ganz nach außen gerichtet. Das Denken ist nun die Tätigkeit des Äther- oder Bildekräfteleibes, so daß wir auch sagen können: Indem der Mensch wachend als sinnliches Erdenwesen denkt, richtet sich sein Äther- oder Bildekräfteleib nach außen. Aber damit haben wir im Grunde nur die eine Seite des Äther- oder Bildekräfteleibes ins Auge gefaßt [...]

Dann aber kommen wir auf etwas ganz Merkwürdiges. Dann repräsentiert sich uns das Denken nicht so, wie es sich ausnimmt, wenn wir es als Bilder der sinnlichen Außenwelt im Bewußtsein tragen. Dann verwandelt sich, von dieser anderen Seite angesehen, unser Denken, das ja die Kräfte des Äther- oder Bildekräfteleibes ausmacht, in Kräfte, die unseren physischen Organismus aufbauen, in unseren physischen Organismus schaffende Kräfte.“ (Lit.:GA 225, S. 171)

Durch seinen Ätherleib lebt der Mensch in der elementarischen Umwelt, so wie er durch den physischen Leib in der sinnlich-physischen Umwelt lebt. Er erkennt sich dadurch als Glied des Erdenlebensleibs (Lit.: GA 17, S. 44).

„Wenn man im gewöhnlichen Leben denkt, eine Vorstellung hat, wenn ein Gedanke den anderen kommen läßt, da fügt man den einen Gedanken zum anderen hinzu, man gliedert dann vielleicht Empfindungen hinzu, Wünsche, Wollen und so weiter, und beim gesunden Seelenleben wird man immer die Möglichkeit haben, zu sagen: Ich denke dies, ich fühle das. - Denn es wäre schon eine Unterbrechung, eine Störung des gesunden Seelenlebens, wenn man nicht die Möglichkeit hätte, in dieser Weise zu sprechen. Beim Hineinwachsen in den elementarischen oder ätherischen Leib weitet man sich aus, aber zugleich weiten sich die Gedanken aus. Man verliert das Gefühl, als ob man in sich wäre, wenn man denkt, und man bekommt das Gefühl: man wächst in die elementarische Welt hinein, und die ist durchzogen von Gedanken, und diese Gedanken denken sich. Das tritt als ein Erlebnis auf. Es ist so, wie wenn man ausgelöscht wäre und wie wenn sich die Gedanken denken würden, wie wenn die Gefühle, die man selbst hat oder die die Dinge haben, sich erfühlen, als ob man nicht selber wollen könnte, sondern als ob das alles in einem zum Wollen erwachte. Hingegeben sein an die Objektivität, an die Welt, das ist ein Gefühl, das man hat. Aber es ist in der Regel so - und das ist wieder eine Erfahrung bei den ersten Schritten der Initiation - , daß sich hinzugesellt ein anderes Gefühl. In demselben Maße, in dem man sich ausweitet, in dem sich die Gedanken selber denken, die Empfindungen sich erfühlen, wird das Bewußtsein immer schwächer und schwächer, immer mehr und mehr herabgestimmt; das Wissen betäubt sich.“ (Lit.:GA 138, S. 73f)

Der Ätherleib als Liebeleib

Die höchste Tugend des Ätherleibs ist die Liebe, weshalb ihn Rudolf Steiner auch als Liebeleib bezeichnet (Lit.: GA 130, S. 174f).

"Erinnern wir uns nun, daß der Mensch auf der alten Sonne den Ätherkörper in der Anlage bekommen hat, daß dieses Feurige, Lichtvolle, Glänzende der Sonne Anlage ist des Ätherleibes. Darin ist nur eine andere Seite der Liebe gegeben, das, was die Liebe im Geiste ist: Licht ist Liebe. Im Ätherkörper ist uns also die Liebe und die Liebessehnsucht gegeben, und wir können den Ätherkörper mit Fug und Recht nennen den Liebesleib: Licht und Liebe." (Lit.: GA 127, S. 187)

Durch die bewusste Arbeit des Ich wird der Ätherleib zu Buddhi, dem Lebensgeist, verwandelt, in dem der Christus wirkt. Eine Vorstufe dazu ist die Verstandes- und Gemütsseele, die durch die unbewusste Arbeit des Ich am Ätherleib entsteht.

Der Ätherleib als Bildner und Erhalter des physischen Leibes

Der Ätherleib ist der unmittelbare Bildner und Erhalter des physischen Leibes, der ohne diese ätherische Bildekräftetätigkeit sehr bald dem Verfall anheimfallen würde, wie das nach dem Tod geschieht, wo das Leben endgültig den physischen Körper verlässt. Substanziell ist der Ätherleib der lichthaften Ätherwelt entnommen. Anders als der physische Leib ist der Ätherleib kein starrer räumlich-stofflicher Körper, sondern ein dynamisch-funktioneller kräftegetragener Zeitleib, der die zeitliche Entwicklung eines Lebewesens regelt. Wenn er sich im Zuge des esoterischen Schulungswegs verändert, entwickelt der Geistesschüler nach und nach ein ganz besonderes Zeitgefühl, indem der Ätherleib das Leben des äußeren Äthers mitzuerleben beginnt.

Als Zeitleib, in dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichermaßen präsent seien, hatte schon Charles Howard Hinton den Ätherleib in seiner Schrift A New Era of Thought (1888) beschrieben. Die Ätherleiber seien dabei nicht so voneinander getrennt, wie die physischen Körper der irdischen Wesen, sondern alle unzerstörbar miteinander verbunden und gemeinsam eingebettet in die in sich einige Ätherwelt. Der Zusammenhang zwischen dem Ätherleib und dem äußeren Leben des Organismus würde sich dabei mehr dem inneren emotionalen Erleben als der äußeren Anschauung eröffnen.

„Der Zusammenhang zwischen dem Ätherleib und dem Leben eines Organismus, wie wir ihn kennen, wird eher im emotionalen Bereich als in der äußeren Beobachtung gefunden. Für die ätherische Form bilden alle Teile gleichermaßen ein Ganzes; aber Teile dieser Form korrespondieren mit der Zukunft des materiellen Wesens, andere mit dessen Vergangenheit. Derart wäre die Sorge für die Zukunft und die Beachtung der Vergangenheit der Weg, auf dem materielle Wesen die Einheit des Ätherleibs offenbaren, der ihre Vergangenheit, ihre Gegenwart und ihre Zukunft ist.“

Charles Howard Hinton: A New Era of Thought[5]

Die im Ätherleib wirksamen Ätherkräfte

Ihrer inneren Qualität nach können verschiedene Ätherkräfte unterschieden werden:

Die Bildung des Ätherleibs beim Herabstieg zur irdischen Inkarnation

Wenn der Mensch zu seiner irdischen Inkarnation herabsteigt, zieht er sich zunächst aus dem ganzen Kosmos seinen Ätherleib zusammen.

Wandtafelzeichnung: Die Bildung des Ätherleibs aus dem Kosmos.

"Das ist außerordentlich bedeutsam, daß, wenn wir so aus der allgemeinen Ätherwelt beim Herunterstieg in die irdische Welt die Ätherkräfte heranziehen, wir in unseren Ätherleib eine Art Abbild des Kosmos mitnehmen. Wenn wir den Ätherleib des Menschen in dem Momente herausnehmen könnten, wo der Mensch sich mit dem physischen Leib verbindet, so würden wir, viel schöner als das jemals mechanisch geformt worden ist, eine Sphäre haben mit den Sternen, mit dem Tierkreis, mit Sonne und Mond.

Diese Konfigurationen des Ätherleibes bleiben noch vorhanden, wenn der Mensch mit seinem physischen Leib während der Embryonalzeit immer mehr und mehr zusammenwächst. Sie blassen nur etwas ab, aber sie bleiben vorhanden. Und sie bleiben auch vorhanden bis in das siebente Lebensjahr hinein, bis zum Zahnwechsel. Da ist durchaus im kindlichen Ätherleib noch immer diese Weltensphäre zu erkennen. Mit dem siebenten Jahre, mit dem Zahnwechsel, beginnen die Gebilde, die man da drinnen schaut in dem Ätherleib, gewissermaßen strahlig zu werden, während sie vorher mehr sternig waren. Ich zeichne das schematisch für die Zeit von dem siebenten bis ungefähr zum vierzehnten Jahr, vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife (siehe Zeichnung, rote Strahlen). Wie gesagt, es verblaßt während der Embryonalzeit schon und dann immer mehr, aber es ist noch deutlich vorhanden. Vom Zahnwechsel ab jedoch beginnt es ganz zu verblassen, dafür aber Strahliges nach innen zu senden (rot). Ich möchte sagen: die Sterne lösen sich auf im menschlichen Ätherleib, sie werden zu Strahlen, die die Tendenz haben, da im Inneren zusammenzukommen.

Das alles geschieht langsam und allmählich während des ganzen Lebensabschnittes vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife. Bei der Geschlechtsreife ist es dann so weit, daß, indem diese Strahlen hier zusammengewachsen sind, sie innerlich eine Art eigenes Gebilde, ein ätherisches Gebilde formen (rot). Man möchte sagen: Dasjenige, was die Umf angssterne waren, das strahlt zuerst nach innen; dann hört es später auf, da werden diese Sterne vollständig blaß. Es bleibt natürlich immer etwas vorhanden, aber es wird ganz blaß. Es werden auch diese Strahlen blaß. Dagegen wird das, was sich in der Mitte gewissermaßen zusammengeballt hat, besonders lebendig. Und in dem, was sich da in der Mitte zusammengeballt hat, in dem hängt in der Zeit, in der auch die Geschlechtsreife eintritt, das physische Herz darinnen. Das ist also an der Stelle des menschlichen Organismus, wo das physische Herz darinnenhängt mit den Adern (blau) [...]

Sie dürfen nicht glauben, daß der Mensch etwa nicht vorher auch ein Ätherherz hätte; das hat er schon; aber das bekommt er auf eine andere Art als das, was dann Ätherherz wird. Denn in der Tat wird das, was sich da von der Geschlechtsreife an zusammengeballt hat, das Ätherherz. Bis dahin hat er, wie gesagt, auch ein Ätherherz, aber das hat er bekommen als Erbschaft, das hat er bekommen durch die Kräfte, welche im Embryo drinnen sind. Wenn der Mensch nämlich seinen Ätherleib hat, und sich mit seinem Ätherleib nach dem physischen Organismus hin begibt, so wird auch eine Art Ätherherz, ein stellvertretendes Ätherherz gewissermaßen, durch die Kräfte des physischen Leibes zusammengezogen. Dieses Ätherherz aber, das der Mensch in seinem Kindheitsalter hat, das - es ist der Ausdruck etwas unschön für die Gewohnheiten, die wir haben, aber es trifft ganz genau das, um was es sich handelt -, das verfault nach und nach, und an seine Stelle setzt sich, gleichsam immerfort ersetzend das, was da ätherisch faulend herausfällt, jenes Ätherherz, welches eine Zusammenballung der ganzen Weltensphäre ist, das wirklich ein Bild des Kosmos ist, und das wir uns als ein ätherisches Gebilde mitbringen, wenn wir durch Konzeption und Geburt ins irdische Dasein schreiten.

Man kann also wirklich eine deutliche Veränderung des ganzen ätherischen Leibesgebildes verfolgen, das der Mensch während der Zeit von der Geburt oder schon von der Konzeption an bis zu der Geschlechtsreife in sich trägt. Man möchte sagen: Mit der Geschlechtsreife eigentlich erst ist des Menschen eigenes, aus seinem ätherischen Leibe herausgebildetes, nicht durch äußere Kräfte provisorisch gebildetes Ätherherz vorhanden." (Lit.: GA 212, S. 114ff)

Die Bedeutung der Mondenkräfte für die Bildung des Ätherleibs

„Der Mensch war natürlich ein ganz anderes Wesen, als er auf einer Erde stand und sich entwickelte, die den Mond noch im Leibe hatte. Die Erde ist um dasjenige, was der Mond ist, verarmt, als dieser Mond von der Erde herausgegangen war, und der Mensch wird mit den anderen Kräften, seither eben mit den bloßen Erdenkräften, nicht mehr mit den Erden- und Mondenkräften, nach unten hin von der Erde gestaltet, festgehalten. Dasjenige dagegen, was, als der Mond noch in der Erde war, auf den Menschen von innen heraus aus der Erde wirkte, das wirkt, nachdem der Mond außen ist, von außen herein, vom Monde herein auf den Menschen. So daß man sagen kann: Die Mondenkräfte durchstrahlten einmal den Menschen, indem sie zuerst auf seine Gliedmaßen, auf Füße und Beine auftrafen und dann ihn von unten nach oben durchströmten. Seit dem Herausgang des Mondes aus der Erde wirken die Mondenkräfte umgekehrt, vom Haupte des Menschen nach unten. Damit haben diese Mondenkräfte aber eine ganz andere Aufgabe für den Menschen erhalten, als sie früher hatten.

Tafel 11 (S. 140)
Tafel 11 (S. 140)

Wodurch kommt denn diese Aufgabe nun zum Vorschein? Diese Aufgabe kommt dadurch zum Vorschein, daß der Mensch ja ganz bestimmte Erlebnisse hat, wenn er aus dem vorirdischen Dasein heruntersteigt zum irdischen Dasein. Wenn der Mensch die Zeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt durchgemacht hat, wenn er in bezug auf Seelisch-Geistiges alles absolviert hat, was zu absolvieren ist zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, da schickt sich der Mensch an zum Heruntersteigen zur Erde, zum Sichverbinden mit dem, was ihm von Vater und Mutter an Physisch-Körperlichem übergeben wird. Aber ehe er von seinem Ich und von seinem astralischen Leibe aus die Möglichkeit finden kann, sich mit dem physischen Leibe zu verbinden, muß er sich mit einem Ätherleib umkleiden, den er aus der Umgebung des Kosmos heranzieht. Dieser Vorgang hat sich gründlich verändert seit der Zeit, da der Mond von der Erde ausgetreten ist. Als der Mensch vor dem Mondenausgange, nachdem er das Leben zwischen dem Tode und einer neuen Geburt absolviert hatte, sich der Erde wieder näherte, da brauchte er Kräfte, durch die er den Äther, der ja in alle Welt zerstreut ist, um sich herum, um sein Ich und seinen astralischen Leib anordnen konnte in Form eines Ätherleibes. Diese Kräfte hat er bekommen beim Herannahen an das irdische Dasein von dem in der Erde befindlichen Monde heraus. Seit der Mond sich abgespalten hat, bekommt der Mensch diese Kräfte, die er braucht, um seinen Ätherleib zu bilden, von außerhalb der Erde, eben von dem von der Erde abgespaltenen Monde, so daß der Mensch unmittelbar vor seinem Eintritte in das irdische Leben an dasjenige appellieren muß, was in den Mondenkräften liegt, also an etwas Kosmisches, um seinen Ätherleib zu bilden.

Dieser Ätherleib muß nun so gebildet werden, daß er gewissermaßen eine äußere und eine innere Seite hat. Stellen wir uns ganz schematisch diesen Ätherleib vor, wie er gebildet wird. Er hat eine Außenseite, und er hat eine Innenseite. Also wir können uns vorstellen, daß der Mensch seinen Ätherleib nach der Außen- und nach der Innenseite bildet.

Tafel 11 (S. 141)
Tafel 11 (S. 141)

Wenn der Mensch das Äußere dieses Ätherleibes formt, so braucht er die Kräfte des Lichtes, denn der Ätherleib wird neben anderem Substantiellen vorzugsweise aus dem flutenden Lichte des Kosmos gebildet. Aber Sonnenlicht ist dafür nicht brauchbar. Sonnenlicht kann nicht Kräfte liefern, welche den Menschen befähigen können, seinen Ätherleib zu formen. Dazu ist notwendig das von der Sonne nach dem Monde scheinende und von dem Monde wiederum zurückstrahlende Licht, das dadurch wesentlich verändert ist. Aber all das Licht, das uns vom Monde zukommt, das überhaupt vom Monde aus hinausstrahlt in den Kosmos, das enthält die Kräfte, durch welche der Mensch beim Heruntersteigen imstande wird, die äußere Seite seines Ätherleibes zu bilden. Dagegen alles das, was geistig vom Monde ausstrahlt, wenn Neumond ist, das strahlt die Kräfte in den Kosmos, die der Mensch braucht, um die Innenseite seines Ätherleibes zu bilden. So daß es also mit diesem Rhythmus zwischen äußerer Lichterscheinung des Mondes und Dunkelwerden des Mondes zusammenhängt, daß der Mensch Außenseite und Innenseite seines Ätherleibes bilden kann.“ (Lit.:GA 233a, S. 139ff)

Die Entwicklung des Ätherleibs während des Erdenlebens

Während der ersten Kindheitsjahre ist der Ätherleib weitestgehend mit der Bildung des physischen Leibes beschäftigt, wobei er seine Kräfte noch sehr wesentlich aus der umgebenden Äthersphäre schöpft. Erst mit dem Zahnwechsel um das 7. Lebensjahr, wenn die grundsätzliche Ausgestaltung des physischen Leibes auf erster Stufe abgeschlossen ist, ist der Ätherleib soweit in sich konsolidiert und individualisiert, dass er als relativ selbstständige Wesenheit geboren wird. Ein Teil seiner Ätherkräfte wird von nun an nicht mehr für die unmittelbare Ausgestaltung des physischen Leibes benötigt und ist jetzt für die seelische Bildung verfügbar (Schulreife). Dadurch erfährt etwa das Gedächtnis seine ganz besondere Ausbildung, denn im freigewordene Teil des Ätherleibes ist der eigentliche Sitz des Gedächtnisses, wie er überhaupt der Träger aller tiefergehenden Lebensgewohnheiten, und so auch der menschlichen Temperamente ist.

Mit der Geschlechtsreife um das 14. Lebensjahr, wenn der menschliche Astral- oder Seelenleib seine Eigenständigkeit erlangt, werden weitere Teile des Ätherleibes frei und bilden nun die Grundlage des intellektuellen Denkens. Denn ihrem innersten Wesen nach sind diese Ätherkräfte die lebendig bildenden Gedankenformen, die die ganze lebendige Natur gestalten und ihre lebendigen Gesetzmässigkeiten bestimmen. Durch unseren Intellekt erleben wir diese Gedankenkräfte allerdings nicht unmittelbar, sondern nur als tote, kraftlose, unwirkliche Spiegelbilder, die uns durch das physische Werkzeug des Gehirns zurückgeworfen werden. Das ist gerade dadurch möglich, dass unser Nervenzentrum der am wenigsten lebendige Teil unseres physischen Leibes ist. Das Gehirn, wenn es einmal in seiner Grundstruktur ausgebildet ist, saugt eben dadurch die Ätherkräfte am allerwenigsten auf, sondern wirft sie als seelische Spiegelbilder zurück.

Der Preis dafür, dass der Mensch mit dem Intellekt begabt wurde, ist aber, dass er dadurch den Tod viel stärker in sein Wesen aufgenommen hat als jedes andere Erdenwesen. Das zeigt sich schon an der, verglichen mit den Tieren, viel geringeren Regenerationsfähigkeit des menschlichen Leibes. Besonders deutlich zeigt sich das an den niedern Tieren: Ein Regenwurm etwa kann verlorengegangene Ringsegmente weitgehend regenerieren, und selbst ein Frosch kann ein abgetrenntes Beinchen noch rudimentär nachwachsen lassen. In der wuchernden und sprossenden Pflanzenwelt gehen überhaupt noch all die Kräfte, die beim Menschen für den Intellekt abgezogen werden, in der lebendigen Wachstumstätigkeit auf.

Ähnlich dem physischen Leib ist der Ätherleib ein in sich gegliederter Organismus. Jedem physischen Organ ist ein entsprechendes Ätherorgan zugeordnet, das dieses gestaltet und erhält. So kann man von einem Äthergehirn, einem Ätherherzen, einer ätherischen Lunge usw. sprechen. Der Ätherleib zeigt auch geschlechtsspezifische Unterschiede, wobei einem männlichen physischen Leib ein weiblicher Ätherleib entspricht und umgekehrt. Wirklich kennenlernen kann man ihn nur durch übersinnliche Anschauung:

"Wer den Ätherleib aus eigener Anschauung kennenlernen will, der muß imstande sein, bei voller Aufrechterhaltung des gewöhnlichen Bewußtseins sich selbst durch eigene Willensstärke den physischen Leib abzusuggerieren. Dann aber ist der Raum für ihn trotzdem nicht leer; vor sich hat er dann den Ätherleib, der in einer rötlich-bläulichen Lichtform, wie ein Schemen, aber glänzend, leuchtend, etwas dunkler als junge Pfirsichblüten, erscheint. Diesen Ätherleib können wir niemals sehen, wenn wir uns einen Kristall absuggerieren, wohl aber bei der Pflanze und beim Tier, denn dieser Teil ist es ja, der die Ernährung, das Wachstum und die Fortpflanzung bewirkt." (Lit.: GA 95, S. 15ff)

Der menschliche Ätherleib als Kompendium der Formkräfte des Tierreichs

Der Ätherleib enthält in sich, zusammengedrängt und zusammengehalten durch die Formkräfte des physischen Leibes, all die Bildekräfte, die draußen in der Natur im ganzen ausgebreiteten Tierreich gestalten wirken. Das würde sich zeigen, wenn man den Ätherleib vom physischen Leib abtrennen könnte; dann würden die Formen des Tierreichs gleichsam herausspringen:

"Und wie würden denn diese Teile, die da herausspringen aus uns, wenn wir den physischen Leib abtrennen könnten, aussehen? Ja, sehen Sie, so sonderbar das den heutigen gescheiten Menschen klingt, wahr ist es doch: Diese Teile des Ätherleibes würden Formen annehmen und sie würden ungefähr das ausgebreitete Tierreich sein, das heißt, alle die möglichen Formen des Tierreiches würden zum Vorschein kommen. Es würde wirklich so sein, daß ein gewisser Teil Ihres Ätherleibes _ der des Kopfes - sich vogelähnlich gestalten würde, ein gewisser Teil des Ätherleibes, zum Beispiel aus der in der Nähe des Kehlkopfes befindlichen Partie, würde eine sehr schöne, fast engelhafte Tiergestalt sein und so weiter. Also wir tragen im Grunde genommen das ganze Tierreich in unserem Ätherleibe in uns. Das ist durchaus wahr. Unser Ätherleib ist das ausgebreitete Tierreich, das zusammengedrängt, zusammengehalten wird durch die Elastizität des physischen Leibes. Als die Entwickelung noch auf anderen Stufen war, in früheren Urzeiten, war ja überhaupt die ganze menschliche Gestalt verteilt in die vielen Tiere. Wenn man das bedenkt, dann versteht man erst dasjenige, was in grobklotziger Weise heute als Darwinismus angesehen wird. Die Menschheit hatte sich gleichsam vorbereitet, indem sie dasjenige, was sie später nur als Ätherleib ausbilden soll, auseinandergebildet hat, wie in dem Fächer des heutigen Tierreichs, das dazumal etwas anders ausgesehen hat als das heutige, veränderte Tierreich. Das heutige Tierreich ist nicht mehr dasjenige, von dem die Menschheit abstammen könnte, sondern ein ganz anderes Tierreich. Aber die Kräfte, die in diesem Tierreiche ausgebreitet sind, sind gewissermaßen extrahiert worden und sind heute noch in unserem Ätherleibe vorhanden." (Lit.: GA 167, S. 165ff)

Anmerkungen

  1. Im Unterschied zu Steiner verwendet Paracelsus die Bezeichnung elementarischer Leib für den aus den vier Elementen aufgebauten physische Leib; den Ätherleib nennt er Archäus.
  2. "Insbesondere ist es dann nützlich für den Menschen, der auf den ersten Schritten zur Initiation ist, den besonderen Unterschied oder, man könnte auch sagen, die Beziehung zwischen dem Sich-Erfühlen, dem Sich-Erleben in dem elementarischen oder ätherischen Leibe und in dem physischen Leibe kennenzulernen." (Lit.: GA 138, S. 32ff)
  3. Goethe-HA Bd. 13, S 55
  4. Zu beachten ist dabei, dass der hier gemeinte Weltenäther nichts mit dem längst überholten Konzept eines hypothetisch angenommenen physikalischen Äthers zu tun hat.
  5. „The correspondences between the aethereal body and the life of an organism such as we know, is rather to be found in the emotional region than in the one of outward observation. To the aethereal form, all parts of it are equally one; but part of this form corresponds to the future of the material being, part of it to his past. Thus, care for the future and regard for the past would be the way in which the material being would exhibit the unity of the aethereal body, which is both his past, his present, and his future.“ [1]

Literatur

  1. Charles Howard Hinton: A New Era of Thought (1888) [2]
  2. Rudolf Steiner: Die Schwelle der geistigen Welt, GA 17 (1987), ISBN 3-7274-0170-2
  3. Rudolf Steiner: Anthroposophische Leitsätze, GA 26 (1998), ISBN 3-7274-0260-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Rudolf Steiner: Philosophie und Anthroposophie, GA 35 (1984), ISBN 3-7274-0350-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie, GA 73 (1987) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  6. Rudolf Steiner: Vor dem Tore der Theosophie, GA 95 (1978), Erster Vortrag, Stuttgart, 22. August 1906, S. 13 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  7. Rudolf Steiner: Der Christus-Impuls und die Entwickelung des Ich-Bewußtseins, GA 116 (1982) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  8. Rudolf Steiner: Die Mission der neuen Geistesoffenbarung, GA 127 (1989), ISBN 3-7274-1270-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  9. Rudolf Steiner: Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen, GA 136 (1996)
  10. Rudolf Steiner: Von der Initiation. Von Ewigkeit und Augenblick. Von Geisteslicht und Lebensdunkel, GA 138 (1986) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  11. Rudolf Steiner: Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste, GA 167 (1962), Siebenter Vortrag, Berlin, 25. April 1916 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  12. Rudolf Steiner: Menschliches Seelenleben und Geistesstreben im Zusammenhange mit Welt- und Erdentwickelung, GA 212 (1998), ISBN 3-7274-2120-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  13. Rudolf Steiner: Drei Perspektiven der Anthroposophie. Kulturphänomene, geisteswissenschaftlich betrachtet., GA 225 (1990), ISBN 3-7274-2252-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  14. Rudolf Steiner: Mysterienstätten des Mittelalters, GA 233a (1991), ISBN 3-7274-2335-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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