Lokalität (Physik) und Nichtlokalität: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Lokalität''' ist in der [[Physik]] die Eigenschaft einer Theorie, dass Vorgänge nur Auswirkungen auf ihre unmittelbare [[Raum|räumliche]] und [[zeit]]liche Umgebung haben. '''Nichtlokalität''', wie sie etwa der [[Quantentheorie]] eigen ist, lässt auch raumzeitliche '''Fernwirkungen''' zu.
#WEITERLEITUNG [[Lokalität (Physik)]]
 
== Grundlagen ==
 
Bei ''Nichtlokalität'' bzw. ''Lokalität'' geht es prinzipiell um die Frage, ob oder unter welchen Bedingungen ein Ereignis ein anderes Ereignis beeinflussen kann. (Unter [[Ereignis]] versteht man in der Physik einen beliebigen physikalischen Vorgang, der zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort stattfindet.) Die Beantwortung dieser Frage fällt in den unten ausgeführten physikalischen Theorien jeweils unterschiedlich aus.
 
== Lokalität in der Newtonschen Physik ==
 
In der [[Klassische Physik|klassischen Physik]] bzw. der [[Wikipedia:Newtonsche_Mechanik|Newtonschen Mechanik]] wird diese Fragestellung (nämlich wann welche Ereignisse sich beeinflussen können) nicht explizit untersucht, jedoch ergibt sich als direkte Folge der Newtonschen Grundannahmen ([[absolute Zeit]], [[absoluter Raum]] usw.), dass prinzipiell jedes Ereignis jedes andere beeinflussen kann. Mit anderen Worten, es sind beliebige Fernwirkungen möglich.
 
Typisches Beispiel ist das klassisch-newtonsche Konzept der [[Gravitation]], die beliebig fern und instantan wirkt.
 
== Lokalität in der Speziellen Relativitätstheorie ==
 
In der [[Spezielle Relativitätstheorie|Speziellen Relativitätstheorie]] Einsteins wurden die Newtonschen Begriffe von Raum und Zeit modifiziert, so dass eine Neubeantwortung der obigen Fragestellung interessant wurde. Dabei hat sich gezeigt, dass es Ereignisse gibt, die sich prinzipiell nicht beeinflussen können. Das sind z. B. Paare von Ereignissen, die sich nicht durch einen [[Licht]]strahl verbinden lassen, denn in der speziellen Relativitätstheorie wird die [[Lichtgeschwindigkeit]] als oberste Grenzgeschwindigkeit angesehen.
 
''Beispiel:'' Ein Ereignis A, hier und jetzt auf der Erde, und ein Ereignis B, welches ein Jahr später auf Alpha Centauri stattfindet, können nicht durch einen Lichtstrahl verbunden sein, da Alpha Centauri vier Lichtjahre entfernt liegt und der Lichtstrahl nach einem Jahr Alpha Centauri noch nicht erreicht hat. Da ein ''Einfluss'' – gleich welcher Art – nicht schneller als Licht sein kann, können sich A und B auch nicht gegenseitig beeinflussen.  Physiker sprechen hierbei von einer ''raumartigen'' Trennung der Ereignisse A und B. Man sagt auch, dass das Ereignis B für das Ereignis A ''nicht-lokal'' ist.
 
Es ist eine fundamentale Aussage der (speziellen) Relativitätstheorie, dass die [[Kausalität]], also die strenge Abfolge von Ursache und Wirkung, nur dann erhalten bleibt, wenn sich die Ereignisse A und B gegenseitig beeinflussen können. Da man die Kausalität nicht aufgeben  möchte, akzeptiert man eher das Vorhandensein von sich-nicht-beeinflussbaren Ereignissen. Man formuliert daher in der speziellen Relativitätstheorie das ''Prinzip der Lokalität'': Nur ''lokale'' Ereignisse können einen physikalischen Vorgang beeinflussen.
 
== Nichtlokalität in der Quantentheorie ==
 
In der [[Wikipedia:Kopenhagener Deutung|Kopenhagener Deutung]] der [[Quantenmechanik]] sieht die Situation wieder anders aus. Da bei der Entwicklung der Quantentheorie (obwohl später entstanden) die Relativitätstheorie nicht beachtet wurde (sondern die Quantentheorie gänzlich aus nicht-relativistischen Prinzipien aufgebaut wurde), kann es nicht verwundern, dass das Prinzip der Lokalität hier nicht gilt.
 
Grundsätzlich postuliert die Quantenmechanik, dass für die Verteilung der Ergebnisse einer Messung bestimmter physikalischer Größen ("Messwerte") lediglich Wahrscheinlichkeiten angegeben werden können. Ein typisches Beispiel ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsverteilung des Elektrons im Atom ([[Wikipedia:Orbital|Orbital]]). Sie ist (nahezu) nie Null, in der Nähe des Atomkerns nicht, aber auch nicht auf [[Wikipedia:Alpha Centauri|Alpha Centauri]] (obgleich sehr niedrig, fast null). Diese Aufenthalts- [[Wikipedia:Wahrscheinlichkeitsverteilung|Wahrscheinlichkeitsverteilung]] wird durch das [[Wikipedia:Betragsquadrat|Betragsquadrat]] der Amplitude der [[Wikipedia:Wellenfunktion|Wellenfunktion]] beschrieben. Im Augenblick einer wirklichen Messung ("wo ist das Elektron jetzt") ''kollabiert'' die Wellenfunktion: Am Ort des Elektrons wird sie eins, überall sonst null. Die Frage, auf die die Quantenmechanik nur implizit eine Antwort gibt, ist, ob dieser Kollaps der Wellenfunktion ''instantan'' (augenblicklich) erfolgt oder sich "nur" mit Lichtgeschwindigkeit fortpflanzt. Mit anderen Worten: Wenn eine Ortsmessung eines Elektrons auf der Erde erfolgt, wie schnell ändert die Wellenfunktion ihren Wert auf Null auf Alpha Centauri? Sofort oder erst in vier Jahren? Die implizite Antwort der Quantentheorie heißt: Der [[Wikipedia:Kollaps_der_Wellenfunktion|Kollaps der Wellenfunktion]] erfolgt instantan, ist also ''nicht-lokal'' (impliziert daher Fernwirkungen). Genau diesen Umstand bezeichnet man als ''Quanten-Nichtlokalität''.
 
Diese sehr theoretischen Ausführungen kann man jedoch bereits mit so genannten [[Wikipedia:Quantenverschränkung|verschränkten Paaren]] praktisch nachspielen, wo eine quantenmechanische Messung an einem Ort einen Kollaps der Wellenfunktion an einem anderen Ort nach sich zieht. Dabei zeigt sich, dass zwar der Kollaps der Wellenfunktion instantan erfolgt, jedoch keine echten Informationen übertragen werden können, sodass die Einstein-Kausalität dennoch erhalten bleibt. Diese Ergebnisse entsprechen der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik, die der Wellenfunktion keine unmittelbare physikalische Realität zuschreibt, sondern nur den Messergebnissen. Der "Kollaps" der Wellenfunktion ist daher kein physikalisches Phänomen, das mit Lichtgeschwindigkeit "übertragen" werden müsste. Unser Wissen über die realisierte Möglichkeit des Messprozesses an einem Teil des verschränkten Paares schließt lediglich bestimmte andere Messergebnisse an dem anderen Teil aus. Welche Messergebnisse ausgeschlossen sind, weiß man jedoch nur, wenn man auch das erste Messergebnis kennt. Diese Information muss klassisch übertragen werden.
 
Allerdings bietet diese sogenannte [[Wikipedia:Quantenteleportation|Quantenteleportation]] die Möglichkeit einer besonders sicheren [[Wikipedia:Verschlüsselung|Verschlüsselung]]: Wenn Sender und Empfänger jeweils ein Teil eines verschränkten Paares besitzen, so können sie sich verschlüsselte Botschaften zusenden, die prinzipiell von dritten nicht unbemerkt abgehört werden könnten ([[Wikipedia:Quantenkryptografie|Quantenkryptografie]]). Allerdings gilt das nur für den Fall, dass der "Lauscher"  einen ''klassischen Messvorgang'' bei der Bestimmung des Quantenzustands eines abgefangenen Teilchens verwendet. Einer Gruppe von US-Wissenschaftlern des [[Wikipedia:Massachusetts Institute of Technology|Massachusetts Institute of Technology]] gelang es unter der Leitung von [[Wikipedia:Taehyun Kim|Taehyun Kim]] im November 2006 in einer nach dem [[Wikipedia:Quantenschlüsselaustausch#BB84-Protokoll|BB84-Protokoll]] verschlüsselten Nachricht bis zu 40 % der Übertragung  unbemerkt abzuhören - allerdings in einer ''Simulation'' und unter Laborbedingungen. Die Resultate des Experimentes wurden am 25. April [[Wikipedia:2007|2007]] in der Fachzeitschrift ''[[Wikipedia:Physical Review|Physical Review]]'' veröffentlicht.<ref>Taehyun Kim, Ingo Stork genannt Wersborg, Franco N. C. Wong, Jeffrey H. Shapiro: ''[http://arxiv.org/PS_cache/quant-ph/pdf/0611/0611235v1.pdf Complete physical simulation of the entangling-probe attack on the BB84 protocol.] (PDF; 180&nbsp;kB)''</ref>
 
== Siehe auch ==
*[[Wikipedia:Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon|Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon]]
 
== Weblinks ==
*[http://www.Quantumlab.de Beweis der Nichtlokalität im interaktiven Experiment mit verschränkten Photonen]
 
== Literatur ==
* Tim Maudlin: ''Quantum non-locality and relativity - metaphysical intimations of modern physics.'' Blackwell, Malden 2002, ISBN 0-631-23220-6
* Peter G. Bergmann: ''Classical and quantum nonlocality.'' World Scientific, Singapore 2000, ISBN 981-02-4296-4
* Andrej A. Grib, et al. : ''Nonlocality in quantum physics.'' Kluwer, New York 1999, ISBN 978-0306461828
* William M. Dickson: ''Quantum chance and non-locality - probability and non-locality in the interpretations of quantum mechanics.'' Cambridge Univ. Press, Cambridge 1998, ISBN 0-521-58127-3
* Michael Redhead: ''Incompleteness, nonlocality and realism - a prolegomenon to the philosophy of quantum mechanics.'' Clarendon Pr., Oxford 1987, ISBN 0-19-824937-3
* [[Wikipedia:John Stewart Bell|John S. Bell]]: ''Indeterminismus und Nichtlokalität.'' in: ''Naturwissenschaft und Weltbild - Mathematik und Quantenphysik in unserem Denk- und Wertesystem.'' Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1992, ISBN 3-209-01466-3, S. 85 - 98
 
== Einzelnachweise ==
<references/>
 
{{DEFAULTSORT:Lokalitat}}
[[Kategorie:Physik]]
[[Kategorie:Relativitätstheorie]]
[[Kategorie:Quantenphysik]]
 
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 20. November 2013, 13:13 Uhr

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