Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus

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Das Historisch-kritische Wörterbuch des Marxismus (HKWM) ist ein auf 15 Bände ausgelegtes, deutschsprachiges Wörterbuch, in dem über 1500 geschichtliche Begriffe im Umfeld des Marxismus[1] dargestellt werden.

Erscheinen und Impressum

Zum auf 1500 Stichworte in 15 Bänden ausgelegten Wörterbuch erschienen seit 1994 im zwei- bis dreijährigem Abstand bisher neun Bände im Hamburger Argument Verlag, wobei ab Band 6 die Bände in jeweils 2 Teilen erschienen. Das Wörterbuch ist eine Publikation des Berliner Instituts für kritische Theorie. Bis einschließlich Band 6/II war Wolfgang Fritz Haug alleiniger Herausgeber. Ab Band 7/I kamen Frigga Haug und Peter Jehle und ab Band 8/I Wolfgang Küttler als Mitherausgeber hinzu. Bei den bisherigen (Teil-)Bänden haben jeweils zwischen 65 und 105 Verfasser*innen an zwischen 68 und 117 Artikeln zu den jeweiligen Stichwörtern mitgeschrieben. Außerdem haben bis zu mehr als 800 Wissenschaftler*innen mitgewirkt.

Entstehung

Das HKWM entstand 1983 zunächst als Ergänzung der deutschen Ausgabe des Dictionnaire Critique du Marxisme (Kritisches Wörterbuch des Marxismus), dessen „französisch geprägter“ Diskussionsstand von seinem Herausgeber, Wolfgang Haug, kritisiert worden war.[2] Mit dem Ende des Staatssozialismus wurde dieser Ansatz jedoch aufgegeben und das Projekt weiter für Autoren aus Asien, Afrika und Lateinamerika geöffnet.

Konzeption

Das HKWM lehnt sich in seiner Konzeption an das Historische Wörterbuch der Philosophie an, wobei es allerdings, wie Wolfgang Fritz Haug feststellt, in der Auswahl der Lemmata und der Darstellung des Stoffs „kaum Überschneidungen“ gibt.

Es bearbeitet theoretische und politisch-strategische Begriffe, die auf Marx und Engels zurückgehen. Darüber hinaus werden auch Stichwörter aufgenommen, die nicht marxistischen Ursprungs sind, sofern sich in ihnen „historisch neuartige Problematiken oder Erkenntnisansprüche artikulieren“ oder „bisher vernachlässigte Seiten des Marxismus in den Vordergrund“ gerückt werden. Dazu gehören begriffliche Neuprägungen, die aktuelle Gegenwartsprobleme artikulieren wie der „Übergang zur hochtechnologischen Produktionsweise des transnationalen Kapitalismus“, das „Scheitern der sowjetischen Gesellschaftsformation“, der „Nord-Süd-Konflikt“ und die „neuen sozialen Bewegungen“ (Frauenbewegung, Ökologiebewegung).

Das Werk will „nach dem Abbruch des kommunistischen Experiments“ sich zum einen mit dem Marxismus als geschichtliches Phänomen auseinandersetzen, ohne das „Wissenschaft, Kultur und Politik des 20. Jahrhunderts“ nicht angemessen zu verstehen wären. Darüber hinaus halten die Herausgeber*innen den Marxismus für ein Projekt, das solange unerledigt sei, wie „die Existenzprobleme, auf die es zu antworten begonnen hat, nicht gelöst oder bedeutungslos geworden sind“.[3]

Seit 2011 werden die Trailer der Artikel in der als Wiki fungierenden InKritPedia online und kostenlos zur Verfügung gestellt. Für den Zugriff auf den Gesamtartikel wird ein Entgelt von 20 ct pro Artikelspalte erhoben.

Rezeption

Das Buchprojekt wurde begrüßt, weil es für lange Zeit ein Desiderat gewesen sei, präzise Auskunft zu marxistischen Fachbegriffen erhalten zu können.[4] Gelobt wird die thematische Erweiterung auf neuere Felder wie Feminismus und Ökologiebewegung,[4] sowie die Offenheit und Pluralität bei der Wahl von Stichwörtern wie „Jazz“, „Jeans“, „Internet“, „Ich-AG“ oder „Ironie“.[5] Als Stärke des Wörterbuches wurde auch die Abhandlung der kapitalistischen Globalisierung und ihrer politischen Auswirkungen hervorgehoben.[4]

Obwohl dem HKWM ein offener und undogmatischer Marxismusbegriff und eine kritische Haltung gegenüber der Machtpolitik der Sowjetunion attestiert werden,[5] ist ihm auch eine Überbetonung des Marxismus-Leninismus[4], eine Distanz zur klassischen Kritischen Theorie sowie eine Ignoranz gegenüber der neueren, sich an die Kritische Theorie anlehnenden außerakademischen Wertkritik vorgeworfen worden.[6] Rolf Hecker beklagt, sein Stichwortartikel Einfache Warenproduktion sei ohne seine Zustimmung verändert worden,[7] Heinz Gess hat seinen geplanten Beitrag Kritische Theorie aus Uneinigkeit über den Begriffsumfang und die Linie der im gleichen Verlag erscheinenden Zeitschrift Das Argument zurückgezogen.[8]

Erscheinungsjahre der Bände

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Liste der Begriffe im HKWM.
  2. Vgl. Wolfgang Fritz Haug: Vorwort zum ersten Band des Kritischen Wörterbuch des Marxismus (1983).
  3. Vgl. Wolfgang Fritz Haug: Vorwort zum ersten Band des HKWM (1994).
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 So Hans-Martin Lohmann: Wieviel Marxismus braucht der Mensch (Memento vom 31. Januar 2012 im Internet Archive) i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft (bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis) (4 Seiten pdf; 71 kB), Zeit, 27. Oktober 1995.
  5. 5,0 5,1 Rudolf Walther: Diagnosen für Debatten (Memento vom 31. Januar 2012 im Internet Archive) i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft (bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis) (PDF; 46 kB), Taz, 7. Mai 2005.
  6. Stephan Grigat: Materialien zum Nachschlagemarxismus, Streifzüge 3/1999.
  7. Rolf Hecker: Einfache Warenproduktion, Originalfassung, Rote-Ruhr-Uni.
  8. Heinz Gess: Über den Missbrauch der „kritischen Theorie“ und ihres Namens im „Institut für kritische Theorie“ (Inkrit, Berlin) (5 Seiten pdf; 176 kB), Kritiknetz, 2006.
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