Das Lied von der Glocke

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Prachteinband von Alexander von Liezen-Mayer
Die fertige Glocke (Illustration von Liezen-Mayer)

Das Lied von der Glocke ist ein im Jahr 1799 von Friedrich Schiller veröffentlichtes Gedicht. Es gehörte lange Zeit zum Kanon der deutschen Literatur und ist eines der bekanntesten, am meisten zitierten und parodierten deutschen Gedichte.

Entstehung

Münster in Schaffhausen
Schillerglocke in Schaffhausen

Schiller kam schon als Schüler mit dem Handwerk des Glockengießens in Kontakt, denn Georg Friderich Neubert, der Sohn des Ludwigsburger Glockengießers, war Schillers Schulkamerad auf der Lateinschule, und die Familie Schiller wohnte nur einige Häuser vom Gießhaus entfernt. Es gilt auch als sicher, dass Schiller während seines Aufenthalts in Ludwigsburg 1793/94 die Familie Neubert wieder besuchte.

Wie Schillers Schwägerin Caroline von Wolzogen berichtet, besuchte Friedrich Schiller schon im Jahr 1788 mehrfach die Glockengießerei Mayer in Rudolstadt[1] und schrieb in einem Brief an Christian Gottfried Körner „Zu einem lyrischen Gedicht habe ich einen sehr begeisternden Stoff ausgefunden, den ich mir für meine schönsten Stunden zurücklege“ (Körner[2]). Dieses Zitat wird allgemein auf „Das Lied von der Glocke“ bezogen, doch erst im Jahr 1797 scheint das Projekt konkrete Formen angenommen zu haben. Von der ersten Konzeption des Gedichts bis zur Fertigstellung vergingen mehr als zehn Jahre.

Zu Caroline von Wolzogen und Charlotte von Lengefeld sprach Schiller 1787 von einem geplanten „Glockengießerlied“ als von einer Dichtung, von der er besondere Wirkung erwarte. Nachdem Schiller Homers Odyssee und Ilias in deutschen Übertragungen wieder gelesen hatte, strebte er danach, der nationale Epiker seiner Zeit zu werden. Dieses Ideal eines Volkssängers wurde von Schiller selbst in der Rezension der Gedichte Gottfried August Bürgers in der „Allgemeinen Literatur-Zeitung“ von 1790 dahingehend präzisiert, dass „ein Künstler der wahre Volksdichter werden könne bei glücklicher Wahl des Stoffes und höchster Simplizität in Behandlung desselben“ (Bürger[3]). Zu diesem Zweck schaute er sich die Arbeitsabläufe in einer Glockengießerei genau an. In der Familie des Rudolstädter Glockengießers Johann Mayer wird von Generation zu Generation weitererzählt, „[…] wie Schiller wiederholt die Gießhütte besucht und den Gussmeister ausgefragt hat, wie der Ahnherr zunächst gar nicht besonders erbaut war über die Störung der Arbeit, dass der bleiche Gelehrte aber rücksichtsvoll in dem hochlehnigen Stuhl an der Wand Platz genommen hat, um die Arbeit nicht zu stören“ (Glockengiesser Mayer[4]).

Die von Schiller selbst genannte Quelle war die 1788 in Brünn erschienene Oeconomische Encyclopädie von Johann Georg Krünitz. Hier fand Schiller die präzise beschriebenen Arbeitsabläufe und Fachbegriffe wie Schwalch, Glockenspeise oder Damm. Ebenso entnahm er diesem Werk das vorangestellte Motto: „Eine große Glocke ist auch auf dem Münster der Stadt Schaffhausen, in der Schweitz, befindlich, welche 1486 gegossen worden, und 29 Schuh im Umfange hat. […] Die Umschrift ist: Vivos voco, mortuos plango, fulgura frango“ (Krünitz[2], deutsch: „Die Lebenden rufe ich, die Toten beklage ich, die Blitze breche ich.“) Dass Glockengeläut Blitze vertreibt, beruht auf einem alten Volksglauben, von dem Krünitz ebenfalls berichtet. Dort findet sich auch die Inschrift der 1486 in Basel gegossenen Glocke des Schaffhauser Münsters, die er zum Motto wählte.

Vermutlich kannte Schiller aber dieses Motto schon lange, denn der Ludwigsburger Glockengießer Neubert hatte seine Lehrzeit in Schaffhausen verbracht und sicher die dortige Münsterglocke gekannt. Das Haus, in dem sich die Ludwigsburger Gießerei befand, ziert eine Gedenktafel mit der Inschrift[4]:

Steh, Wanderer, still! Denn hier entstand,
daß keine zweite möglich werde,
gebaut durch Schillers Meisterhand,
die größte Glockenform der Erde.

Eine weitere Anregung zur Abfassung des Liedes war die Beschreibung des Gusses des Perseus in Benvenuto Cellinis Autobiographie, deren vorletzte Sendung der Übersetzer Goethe ihm am 1. Februar 1797 für die Zeitschrift Die Horen gesandt hatte. Jetzt entwickelte Schiller einen klaren Plan für Das Lied von der Glocke.

In einem Brief vom 7. Juli 1797 teilt er Goethe mit, er sei „jetzt an mein Glockengießerlied gegangen und studire seit gestern in Krünitz Encyklopaedie, wo ich sehr viel profitire. Dieses Gedicht liegt mir sehr am Herzen, es wird mir aber mehrere Wochen kosten, weil ich so vielerley verschiedene Stimmungen dazu brauche und eine große Masse zu verarbeiten ist“ (Schiller[2]).

In einem Brief an Goethe vom 23. Februar 1798 schreibt Schiller, wobei er auf Goethes Aufsatz über Laokoon anspielt: „Bei der Art, wie Sie jetzt Ihre Arbeiten treiben – (gemeint ist ) –, haben Sie immer den schönen doppelten Gewinn, erstlich die Einsicht in den Gegenstand und dann zweitens in die Operation des Geistes, gleichsam eine Philosophie des Geschäftes, und der letzte ist fast der größere Gewinn, weil eine Kenntnis der Geisteswerkzeuge und eine deutliche Erkenntnis der Methode den Menschen schon gewissermaßen zum Herrn über alle Gegenstände macht“ (Schiller[3]).

Das Gedicht wurde nicht rechtzeitig zum Redaktionsschluss des Musenalmanachs fertig. Schiller schreibt am 22. September 1797 an Goethe: „Mein letzter Brief hat Ihnen schon gemeldet, daß ich die Glocke liegen lassen mußte. Ich gestehe daß mir dieses, da es einmal so seyn mußte, nicht so ganz unlieb ist. Denn indem ich diesen Gegenstand noch ein Jahr mit mir herumtrage und warm halte, muß das Gedicht, welches wirklich keine kleine Aufgabe ist, erst seine wahre Reife erhalten. Auch ist dieses einmal das Balladenjahr, und das nächste hat schon ziemlich den Anschein das Liederjahr zu werden, zu welcher Klasse auch die Glocke gehört“ (Schiller[2]).

Doch auch das Jahr 1798 verging, ohne dass Schiller sein Lied von der Glocke beendete. Erst im September 1799 nahm er das Gedicht wieder auf und schloss es rasch ab. Vermutlich waren die so genannten Meistersprüche zuerst fertig. Der ursprüngliche Name des Gedichts war „Glockengießerlied“. „Das Lied von der Glocke“ hieß es erst seit seinem Erscheinen im Musenalmanach.

Inhalt

Schiller verbindet die kundige Darstellung eines handwerklichen Glockengusses mit allgemeiner Anschauung und Kommentierung des Menschenlebens, seiner Möglichkeiten und Gefahren.

Form

Germanisten unterscheiden im Aufbau des Gedichts zwei Arten von Strophen:

Meister- oder Arbeitsstrophen Reflexions- oder Betrachtungsstrophen
Anzahl 10 9
Länge 8 Verse unterschiedlich lang
Inhalt gesprochen vom Meister zur handwerklichen Arbeit
fünf Strophen über die Vorarbeiten bis zum Beginn des Gusses
fünf Strophen über die Tätigkeit nach erfolgtem Guss
Betrachtungen über das Leben
weiterführende Assoziationen
Form vierfüßige Trochäen
vier Verse mit gekreuzten, vier mit parallelen Reimen
unterschiedlich

Motto

Motto (Illustration von Ludwig Richter)

Die erste, eingerückte Zeile zwischen Titel und erster Strophe ist in Latein und lautet:

„Vivos voco. Mortuos plango. Fulgura frango.“

„Die Lebenden ruf’ ich. Die Toten beklag’ ich. Die Blitze brech’ ich.“

Eine für die katholische Pfarrkirche St. Leodegar in Friedingen im Jahr 1670 gegossene Glocke erhielt die deutsch – was sehr selten war – gehaltene Abwehrformel:

„DIE LEBENDIGEN BERVFE ICH / DIE DOTEN BEKLAGE ICH / DEN DONNER BRICHE ICH / WER DAS NICHT GLAVBT DER LESE MICH.“

Drei für die Hoffnungskirche Berlin-Pankow im Jahr 1913 gegossene Glocken waren vermutlich die letzten Glocken, auf denen das oben genannte Motto angebracht wurde. Auf die drei Glocken mit den Namen „Glaube“, „Liebe“ und „Hoffnung“ wurde das Motto aufgeteilt: Glaube – vivos voco, Hoffnung – mortuos plango, Liebe – fulgura frango.

Datei:Kl-Glocke Glaube.JPG
Die Glocke „Glaube“ in der Hoffnungskirche Berlin-Pankow

Blick auf die vorbereitete Form

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Fest gemauert in der Erden
Steht die Form, aus Lehm gebrannt.
Heute muß die Glocke werden.
Frisch, Gesellen! seyd zur Hand.
Von der Stirne heiß
Rinnen muß der Schweiß,
Soll das Werk den Meister loben!
Doch der Segen kommt von oben.

8 Verse
(Vers 1 bis 8)
1. Strophe insgesamt
(1. Arbeitsstrophe)

Die erste Strophe deutet auf die gemachten Vorarbeiten hin, denen jetzt der eigentliche Guss folgen soll. Die Form aus Lehm befindet sich in der Dammgrube und soll nun mit dem zu schmelzenden Metall gefüllt werden. Beschrieben wird hier das sog. Mantelabhebeverfahren. Da im Verlauf dieses Verfahrens sowohl das Modell als auch die Form zerstört werden, nennt man dieses auch ein Verfahren mit verlorener Form.

Sinngebung der Arbeit

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Zum Werke, das wir ernst bereiten,
Geziemt sich wohl ein ernstes Wort;
Wenn gute Reden sie begleiten,
Dann fließt die Arbeit munter fort.

12 Verse
(Vers 9 bis 20)
2. Strophe insgesamt
(1. Betrachtungsstrophe)

Die erste Betrachtungsstrophe ist als die eigentliche Einleitung des Gedichts anzusehen. Keiner, der eine Arbeit verrichtet, soll die Arbeit gedankenlos ausführen, sondern muss mit dem Herzen bei der Sache sein. Der Jambus verleiht den vier ersten Betrachtungsstrophen einen ruhigen Charakter.

Zubereitung der Glockenspeise

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Nehmet Holz vom Fichtenstamme,
Doch recht trocken laßt es seyn,
Daß die eingepreßte Flamme
Schlage zu dem Schwalch hinein.

8 Verse
(Vers 21 bis 28)
3. Strophe insgesamt
(2. Arbeitsstrophe)
Karl von Schiller

Laut Schillers ältestem Sohn Karl von Schiller, der Förster war, ist seinem Vater ein sachlicher Fehler unterlaufen, als er schreibt „Nehmet Holz vom Fichtenstamme …“, denn damit wähle er das gerade zum Heizen untaugliche Fichtenholz: „Mein Vater war gewiss ein großer Dichter, aber von Holz hat er nichts verstanden. Sonst hätte er in dem Lied von der Glocke nicht geschrieben ‚Nehmet Holz vom Fichtenstamme!‘, denn das ist nun einmal das schlechteste Holz!“ (Schillers Sohn[5]). Tatsächlich ist Fichtenholz nicht ideal dazu geeignet, um in einem Kamin zur Wohnungsheizung eine heiße saubere Glut zu erzeugen. Auch wenn Fichtenholz relativ zum Gewicht einen durchaus hohen Heizwert hat, brennt es schnell ab, und außerdem ist es sehr harzig. Allenfalls zum Anheizen und als Brandförderer von mit Hartholz beschickten Heizöfen ist es eine gute Wahl.[6] Allerdings kann von der Erfahrung der Wohnungsbeheizung nicht darauf geschlossen werden, dass Schiller sich schlecht oder nicht informiert hatte. Weil das Verbrennen mit starker Flamme für die besonderen Verhältnisse im Schmelzofen Vorteile hat, verwenden Glockengießer im traditionellen holzbeheizten Schmelzofen in der Tat Fichtenholz.[7] So tat es z. B. 1923 Heinrich Ulrich für die Petersglocke des Kölner Doms oder 2012 Rudolf Perner für vier Glocken der Döbelner St.-Nicolai-Kirche.[8]

In dieser Strophe kommt auch das veraltete Fachwort „Schwalch“ vor, das man eigentlich nur aus diesem Gedicht kennt. Schwalch oder Schwalg ist die Öffnung des Schmelzofens, durch welche die Flamme über das Metall streicht. Wird das Schürloch geschlossen, wird die Flamme gezwungen, in den Ofen zu ziehen.

Dicht neben der Grube sollte der Leser sich den Gießofen vorstellen, auf dem das Metall, zunächst nur das Kupfer, aufgeschichtet liegt. Sobald das Kupfer flüssig ist, wird das leichter schmelzbare Zinn hinzugegeben.

Zeugnis vom Wechsel des Schicksals

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Was in des Dammes tiefer Grube
Die Hand mit Feuers Hilfe baut,
Hoch auf des Thurmes Glockenstube
Da wird es von uns zeugen laut.

12 Verse
(Vers 29 bis 40)
4. Strophe insgesamt
(2. Betrachtungsstrophe)

Die zweite Betrachtung bezeichnet das Thema des Ganzen näher. Die in der Tiefe der Dammgrube entstandene Glocke wird oben in der Glockenstube das Lob des Meisters verkünden. Sie wird viele Geschlechter überdauern und jeden Wechsel im menschlichen Leben begleiten.

Verflüssigung des Metalls

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Weiße Blasen seh’ ich springen,
Wohl! die Massen sind im Fluß.
Laßt’s mit Aschensalz durchdringen,
Das befördert schnell den Guß.

8 Verse
(Vers 41 bis 48)
5. Strophe insgesamt
(3. Arbeitsstrophe)

Ist die sogenannte Glockenspeise (drei Teile Kupfer, ein Teil Zinn) in Fluss, bildet sich auf der Oberfläche ein weißlicher Schaum, in dem unreine Beimischungen abgesondert werden. Diese Schaumbildung wird durch den Zusatz von Pottasche noch beschleunigt.

Von der Taufglocke bis zur ersten Liebe

Illustration von Hans Kaufmann: „Vom Mädchen reißt sich stolz der Knabe“
Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Denn mit der Freude Feyerklange
Begrüßt sie das geliebte Kind
Auf seines Lebens erstem Gange,
Den es in Schlafes Arm beginnt;

31 Verse
(Vers 49 bis 79)
6. Strophe insgesamt
(3. Betrachtungsstrophe)

Die dritte Betrachtung beginnt mit der Schilderung der Kindheit. Feierlich begrüßt die Glocke das Kind zur Taufe. Das Schicksal des jungen Menschen ist jedoch ungewiss. Seine Mutter wacht über seine ersten Lebensjahre. Aber dann sondert der Knabe sich von den Mädchen ab und zieht hinaus in die Welt. Bei seiner Rückkehr verliebt er sich in das herangewachsene Mädchen und erlebt die vergängliche „schöne Zeit der jungen Liebe“.

Prüfung des Metallgemischs

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Wie sich schon die Pfeifen bräunen!
Dieses Stäbchen tauch’ ich ein,
Sehn wir’s überglast erscheinen
Wird’s zum Gusse zeitig seyn.

8 Verse
(Vers 80 bis 87)
7. Strophe insgesamt
(4. Arbeitsstrophe)

Am Ofen befinden sich die „Wind-Pfeifen“, Zuglöcher, die sich öffnen und verschließen lassen. Nachdem das Metall zwölf Stunden im Ofen ist, werden die Pfeifen gelb, und es ist Zeit für den Guss. Doch zuvor wird mit einem Stäbchen, das in das flüssige Metall getaucht wird, eine Probe gemacht. Erscheint das Stäbchen wie mit einer Glasur überzogen, hat sich das sprödere Kupfer mit dem weicheren Zinn vereinigt.

Hochzeitsglocke und Rollenverteilung

„Lieblich in der Bräute Locken“
Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Denn wo das Strenge mit dem Zarten,
Wo Starkes sich und Mildes paarten,
Da giebt es einen guten Klang.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich das Herz zum Herzen findet!
Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang.

59 Verse
(Vers 88 bis 146)
8. Strophe insgesamt
(4. Betrachtungsstrophe)

Diese Strophe schließt übergangslos an die vorhergehende Arbeitsstrophe an, die mit den folgenden Versen endet:

Ob das Spröde mit dem Weichen
Sich vereint zum guten Zeichen.

In der vierten Betrachtung lädt die Glocke zur Hochzeitsfeier ein, mit welcher das erste Liebesglück abschließt, um dem Familienleben Platz zu machen. Weiter heißt es in dieser Strophe, in der ein traditionelles Familienbild geschildert wird, dass der Mann „hinaus ins feindliche Leben“ müsse, während drinnen im Haus „die züchtige Hausfrau“ walte.

Beginn des Gusses

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Wohl! Nun kann der Guß beginnen,
Schön gezacket ist der Bruch.
Doch, bevor wir’s lassen rinnen,
Betet einen frommen Spruch!

8 Verse
(Vers 147 bis 154)
9. Strophe insgesamt
(5. Arbeitsstrophe)

Vor Beginn des Gusses wird nach einem kleinen Gebet eine kleine Menge Metall in die Höhlung eines warmen Steins gegossen. Ist es abgekühlt, wird es durchgebrochen. An der Größe der Zacken der Bruchfläche lässt sich ablesen, ob der Schmelzprozess als beendet angesehen werden kann – sind die Zacken zu klein, muss Kupfer, sind die Zacken zu groß, muss Zinn hinzugesetzt werden.

Um das Metall in die Form zu lassen, wird nun der kegelförmige Zapfen nach innen gestoßen. Aus dem waagrechten Zapfenloch schießt der Metallstrahl bogenförmig zunächst in eine Rinne und dann in die Glockenform.

Feuerglocke

Illustration von Hans Kaufmann: „Er zählt die Häupter seiner Lieben“
Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Wohlthätig ist des Feuers Macht,
Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht,
Und was er bildet, was er schafft,
Das dankt er dieser Himmelskraft;

72 Verse
(Vers 155 bis 226)
10. Strophe insgesamt
(5. Betrachtungsstrophe)

In der fünften Betrachtung wird gezeigt, wie unbeständig das Glück ist. Ausgehend von dem Feuer, das die Glockenmasse zum Schmelzen bringt, schildert Schiller hier auch die zerstörerische Macht des Feuers in sehr lebhaften Reihungen: „Balken krachen, Pfosten stürzen, Fenster klirren, Kinder jammern, Mütter irren“ und „Alles rennet, rettet, flüchtet“.

Nachdem sein Haus abgebrannt ist, steht der Familienvater vor den rauchenden Ruinen seines Anwesens und hat lediglich einen Trost, dass seine Familie vollständig ist:

Ein süßer Trost ist ihm geblieben,
Er zählt die Häupter seiner Lieben
Und sieh! ihm fehlt kein theures Haupt.

Füllung der Glockenform

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

In die Erd’ ist’s aufgenommen,
Glücklich ist die Form gefüllt,
Wird’s auch schön zu Tage kommen,
Daß es Fleiß und Kunst vergilt?

8 Verse
(Vers 227 bis 234)
11. Strophe insgesamt
(6. Arbeitsstrophe)

Die Form ist gefüllt. Jetzt gilt es abzuwarten, ob die Arbeit gelungen ist. Der Meister kann sich deshalb seines Werkes noch nicht freuen, denn er weiß nicht, ob der Guss auch wirklich gelungen ist.

Grabgeläute beim Tod der Frau

Hans Kaufmann: „Dem dunkeln Schoß der heilgen Erde“
Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Dem dunkeln Schooß der heil’gen Erde
Vertrauen wir der Hände That,
Vertraut der Sämann seine Saat
Und hofft, daß sie entkeimen werde
Zum Segen, nach des Himmels Rath.

31 Verse
(Vers 235 bis 265)
12. Strophe insgesamt
(6. Betrachtungsstrophe)

So wie der Meister den Guss der Erde anvertraut, so vertraut der Bauer die Saat der Erde an und so werden die Toten in der Erde bestattet, damit sie im Jenseits auferstehen können.

Die Glocke hat jetzt auch eine ernste Bestimmung und läutet zum letzten Geleit:

Ach! die Gattin ist’s, die Theure,
Ach! es ist die treue Mutter,
Die der schwarze Fürst der Schatten
Wegführt aus dem Arm des Gatten,
Aus der zarten Kinder Schaar …

Die drei wechselnden Vokale o, e und a in den Versen „Von dem Dome / Schwer und bang / Tönt die Glocke / Grabgesang“ ahmen die verschiedenen Klänge der Glocken nach und sollen eine Stimmung von Ernst und Trauer hervorrufen.

In Goethes Epilog zu Schillers Glocke wird das Motiv der Totenglocke wieder aufgenommen und auf Schillers eigenen Tod angewandt:[2]

Da hör ich schreckhaft mitternächtges Läuten,
Das dumpf und schwer die Trauertöne schwellt.
Ists möglich? Soll es unsern Freund bedeuten,
An den sich jeder Wunsch geklammert hält?
Den Lebenswürdgen soll der Tod erbeuten?
Ach! wie verwirrt solch ein Verlust die Welt!
Ach! was zerstört ein solcher Riß den Seinen!
Nun weint die Welt, und sollten wir nicht weinen?

Abkühlen der Glocke

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Bis die Glocke sich verkühlet
Laßt die strenge Arbeit ruhn,
Wie im Laub der Vogel spielet,
Mag sich jeder gütlich thun.

8 Verse
(Vers 266 bis 273)
13. Strophe insgesamt
(7. Arbeitsstrophe)

Nach der schweren Arbeit tritt Ruhe ein, während das Metall auskühlt. Die Arbeiter genießen die Pause, während der Meister den nächsten Arbeitsschritt vorbereitet:

Hört der Pursch die Vesper schlagen,
Meister muß sich immer plagen.

Friedlicher Feierabend

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Munter fördert seine Schritte
Fern im wilden Forst der Wandrer
Nach der lieben Heimathhütte.

60 Verse
(Vers 274 bis 333)
14. Strophe insgesamt
(7. Betrachtungsstrophe)
„Schwarz bedecket sich die Erde“

In dieser Strophe wird der friedliche Herbstabend in einem Landstädtchen geschildert. Ein Wanderer kehrt durch den Wald in seine Behausung zurück. Gleichzeitig werden Schaf- und Rinderherden in ihre Ställe zurückgetrieben. Ein hochbeladener Erntewagen fährt zum Tor herein, Knechte und Mägde begeben sich zum Erntetanz. Es wird langsam dunkel und das Stadttor wird geschlossen. Die Dunkelheit ängstigt den braven Bürger nicht, er kann den Schlaf des Gerechten schlafen, denn der Nachtwächter, „das Auge des Gesetzes“, patrouilliert durch die Straßen. Diese „heilige Ordnung“ hat aber nur Bestand, solange Friede herrscht.

Anregung zu dieser Schilderung des Lebens in einem Landstädtchen fand Schiller 1793 bei einem Besuche der Reichsstadt Heilbronn. Die geordnete Freiheit dieses Gemeinwesens bot ihm, der das deutsche Volk bisher nur aus Residenzen, fürstlichen Landstädten und Dörfern kannte, Einblick in das Leben einer von Fürstenherrschaft unberührten Reichsstadt mit städtischer Ordnung und bürgerlicher Freiheit.

Diese Strophe schildert das idyllische Leben der braven Bürger:

Schwarz bedecket
Sich die Erde,
Doch den sichern Bürger schrecket
Nicht die Nacht …

Die Bösen aber müssen vor der Nacht Angst haben, „[d]enn das Auge des Gesetzes wacht.“ Weiter wird hier auch ein Loblied der Arbeit gesungen:

Arbeit ist des Bürgers Zierde,
Segen ist der Mühe Preis,
Ehrt den König, seine Würde,
Ehret uns der Hände Fleiß.

Gerade in der Ruhe des Feierabends stellen sich die Segnungen der Gesellschaft am besten dar.

Zerschlagen

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Nun zerbrecht mir das Gebäude,
Seine Absicht hat’s erfüllt,
Daß sich Herz und Auge weide
An dem wohlgelungnen Bild.

8 Verse
(Vers 334 bis 341)
15. Strophe insgesamt
(8. Arbeitsstrophe)

Nach erfolgter Abkühlung beginnt die Ablösung des Glockenmantels aus gebranntem Lehm, der nun mit einem Hammer zerschlagen wird. In Anspielung an die Auferstehung heißt es: „Wenn die Glock’ soll auferstehen / Muß die Form in Stücken gehen.“[9]

Sturmglocke und Umsturz

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Der Meister kann die Form zerbrechen
Mit weiser Hand, zur rechten Zeit,
Doch wehe, wenn in Flammenbächen
Das glühnde Erz sich selbst befreyt!

40 Verse
(Vers 342 bis 381)
16. Strophe insgesamt
(8. Betrachtungsstrophe)
Illustration von Hans Kaufmann zum Thema Französische Revolution

Aber auch das gesellige Glück ruht nicht auf unerschütterlichen Stützen. Schiller thematisiert hier die Französische Revolution von 1789 und kritisiert die unmenschlichen jakobinischen Exzesse, denn „[d]a werden Weiber zu Hyänen / Und treiben mit Entsetzen Scherz“. Schiller zeigt hier ein sehr pessimistisches Menschenbild:

Gefährlich ist’s den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Tigers Zahn,
Jedoch der schrecklichste der Schrecken
Das ist der Mensch in seinem Wahn.

Fertige Glocke

Klöppel
Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Freude hat mir Gott gegeben!
Sehet! wie ein goldner Stern
Aus der Hülse, blank und eben,
Schält sich der metallne Kern.

8 Verse
(Vers 382 bis 389)
17. Strophe insgesamt
(9. Arbeitsstrophe)

Jetzt kommt die Glocke nach und nach zum Vorschein, und die Zuschauer können die Wappen an ihrer Außenfläche bewundern. Den fehlenden Klöppel mahnte schon August Wilhelm Schlegel an, und auch andere Autoren haben sich dazu geäußert.

Glockentaufe

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Herein! herein!
Gesellen alle, schließt den Reihen,
Daß wir die Glocke taufend weihen,
Concordia soll ihr Name sein,

28 Verse
(Vers 390 bis 417)
18. Strophe insgesamt
(9. Betrachtungsstrophe)

Der Meister ruft die Gesellen zusammen, um die Glocke zu taufen. Concordia soll sie heißen, zur Eintracht soll sie rufen (Concordia ist das lateinische Wort für Eintracht). Mit diesem Namen wird die bleibende Bestimmung der Glocke bezeichnet. Ihre Klänge sollen nur ewigen und ernsten Dingen geweiht sein.

Die Taufe der Glocke auf einer Hamburger Medaille von August Fischer und Christian Schnitzspahn zu Schillers 100. Geburtstag 1859.

Emporziehen der Glocke

Anfangsverse Anzahl der Verse Strophe / Inhalt

Jetzo mit der Kraft des Stranges
Wiegt die Glock mir aus der Gruft,
Daß sie in das Reich des Klanges
Steige, in die Himmelsluft!

8 Verse
(Vers 418 bis 425)
19. Strophe insgesamt
(10. Arbeitsstrophe)

Der Meister befiehlt, die Glocke aus der Grube herauszuziehen. Nun wird sie emporgezogen, um ihrer eigentlichen Bestimmung zu dienen. Er ermuntert seine Gesellen: „Ziehet, ziehet, hebt! / Sie bewegt sich, schwebt.“ Und das „Lied von der Glocke“ schließt mit den Worten:

Freude dieser Stadt bedeute,
Friede sei ihr erst Geläute.

Diese beiden Verse stellt Goethe seinem Epilog zu Schillers Glocke aus dem Jahr 1815 voran, der mit den Worten beginnt:[2]

Und so geschahs! Dem friedenreichen Klange
Bewegte sich das Land, und segenbar
Ein frisches Glück erschien: im Hochgesange
Begrüßten wir das junge Fürstenpaar;

Parodien

Weit über 100 Parodien der Glocke lassen sich nachweisen.[2] Die Worte Schillers (und ihre Bekanntheit) waren stets Parodievorlagen, weil sie als bekannt vorausgesetzt werden konnten.[10] Die Parodien des 19. Jahrhunderts zeigen nicht unbedingt kritische Einstellung gegenüber dem Original, sondern eher von Bewunderung. Die meisten Autoren, die das Lied nachahmten, stellten also durchaus nicht dessen Qualität in Frage, sondern bedienten sich dieses allseits bekannten Liedes für eigene Zwecke. Die meisten Parodien bewahrten und bewahren bei Austausch des Inhalts die formale Struktur des Schillerschen Gedichtes und entsprechen damit einem traditionellen, vom frühen 19. Jahrhundert vertretenen Parodiebegriff.[11] Die Parodie eröffnet in diesem Sinn, auch Gebrauchsgegenstände oder -abläufe einzubeziehen.[2]

Wohltätig ist des Kaffees Macht
Wird mit Verstande er bedacht,
Der Heiterkeit und gutem Witz
Bereitet er im Herzen Sitz.

Im Schillerjahr 1905 nimmt ein „Secundus“ „[d]es deutschen Spießers Schillerfeier“ aufs Korn, indem er sich an Formulierungen aus dem Lied von der Glocke anlehnt:[2]

Holt den Rock mir aus dem Schranke,
Wohlgebürstet muß er sein,
Denn ich geh zur Schillerfeier,
Und das Publikum ist fein.

Im Ersten Weltkrieg wurde das Gedicht für die Kriegspropaganda genutzt. So dichtete ein S. H. Cramer:[2]

Fest gemauert in der Erden
Steht die Front in West und Ost,
Und zu Trümmern sieht man werden
Alles, wo der Sturm getost.

Bekannt ist eine komische Verkürzung, mit der das von Generationen in der Schule auswendig gelernte Gedicht auf vier Zeilen verdichtet wird. Dabei werden zugleich auch alle Regeln des Parodierens ignoriert.[11] Obwohl der anonyme Verfasser des auch Schiller für Eilige[10] genannten Textes Inhalte des Schiller-Textes durchaus beibehielt, ist es durch die gewählte äußere Form offenbar vermieden worden:

Loch in Erde,
Bronze rin.
Glocke fertig,
bim, bim, bim

In einer 1849 gedruckten österreichischen Glocke-Parodie Die Kanone wird die Auffassung vertreten, dass, wo die großen Worte versagen, Kanonen sprechen müssen:[2]

Nehmet Holz vom Stamm der Eiche,
Grober Klotz will groben Keil,
Spart für fein’ren Guß das Weiche,
Uns’re Rüstung fordert Eil.

Wohlthätig ist des Mundes Macht,
Wenn sein Besitzer ihn bewacht,
Denn was er redet, was er spricht,
Oft ist’s was Kluges, oft auch nicht.

Original Parodie

Ein süßer Trost ist ihm geblieben,
Er zählt die Häupter seiner Lieben
Und sieh! ihm fehlt kein theures Haupt.

Er zählt die Häupter seiner Lieben
Und sieh! es sind statt sechse, sieben.
Er zählt sie nochmal mit Bedacht,
Und sieh! es sind statt sieben, acht.

Klöppel

Der Schriftsteller Eduard Boas stellt seinem Lied vom Glockenklöppel aus dem Jahr 1866 Schlegels Kritik eines Küsters bezüglich des fehlenden Klöppels als Motto voran und reimt:[2]

Meister! hab’ mich lang’ bezwungen,
Aber nun vernehmt mein Wort:
Eure Arbeit ist mißlungen,
Denn die hohe Glocke dort
Hänget starr entseelt,
Weil der Klang ihr fehlt.
Künftig seid nicht so vermessen!
Seht! der Klöpfel ist vergessen.

Der polnisch-deutsche Satiriker Alexander Moszkowski schrieb über Schillers Versäumnis, den Klöppel der Glocke zu erwähnen, ein Gedicht mit dem Titel Was Schiller vergessen hat (Das Lied vom Glockenklöppel)[2]:

Als er kam zu dieser Stelle:
„Friede sei ihr erst’ Geläut’“
Äußerte der Altgeselle:
Meister, Ihr seid zu zerstreut!
Fertig, glaubtet Ihr,
Wär’ die Glocke hier,
Und da habt Ihr unterdessen
Ja den Klöppel ganz vergessen!

Denn wo das Strenge mit dem Zarten,
Wo Starkes sich und Mildes paarten,
Da gibt es einen guten Klang;
Drum prüfe, eh’ die Zeit dahin ist,
Ob in der Glock’ ein Klöppel drin ist,
Sonst weiß man deinem Werk nicht Dank.

Gefährlich ist’s, den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Nashorns Stoß,
jedoch der schrecklichste der Schrecken,
Das ist die Glocke, klöppellos,

Und wo man hinbringt eine Glocke,
Die inkomplett, da naht, o Graus,
Der Auftraggeber mit dem Stocke
Und ruft empört: „Der Mann muß ’raus!“

Denn was das Messer ohne Stiel ist,
Und was die Bühne ohne Spiel ist,
Und was der Ofen ohne Kohle,
Und was der Stiefel ohne Sohle,
Und was der Globus ohne Ax’ is,
Und was der Thurn ist ohne Taxis,
Und was Akustik ohne Schall is,
Und was die Schweiz ist ohne Wallis,
Und was die Zarin ohne Zar is,
Und was Helene ohne Paris,
Und was der Haushahn ohne Henn’ is,
Und was der Lawn ist ohne Tennis,
Und was der Walfisch ohne Thran is,
Und was der Piscis ohne Panis,
Und was das Hemd ist ohne Knöppel —
Das ist die Glocke ohne Klöppel!

Drum aus Eisen laßt uns machen
Einen Kloppstock, lang und schwer,
Daß er tönend möge krachen,
Wenn er baumelt hin und her.
So, jetzt ist er da,
Grüßt ihn mit Hurra!
Seid des höchsten Lobs gewärtig,
Denn jetzt ist die Glocke fertig!

Alexander Moszkowski erlaubte sich noch einen weiteren Scherz mit der Glocke, indem er eine „entzweigegangene Glocke“ präsentierte, in der Schillers Verse als angebliches „Resultat eines Unglücks in der Druckerei, durch welches Zeilen, Worte und Buchstaben im Satz durcheinandergerathen sind“, in veränderter Reihenfolge erscheinen:[2]

Vom Mädchen reißt sich stolz der Knabe,
Er stürmt ins Fremde liebeleer,
Durchmisst die Welt am Wanderstabe
Und zieht als Würgerband’ umher.
Und herrlich in der Jugend Prangen
Wie ein Gebild, den Leu zu wecken,
Sieht er sie steh’n mit zücht’gen Wangen,
Das ist der schrecklichste der Schrecken!
Da faßt ein namenloses Sehnen
Das Weib wird Hyäne!
Der Mann muß hinaus
Nach dem Grab seiner Habe,
Muß schaffen und pflanzen,
Mit Schnittern zu tanzen.

Der Komiker Heinz Erhardt schrieb einen kurzen Text zur Entstehung des Liedes von der Glocke, wonach Schiller in seinem Drang zum Schreiben die Unterstützung Goethes fand, welcher ihm mit seinem Gänsekiel aushalf. Nach zwei Stunden forderte Goethe sein Schreibutensil zurück („Denken Sie doch an all die lieben Schulkinderchen, die Ihre Glocke dermaleinst vielleicht werden auswendig lernen müssen!“) und verhinderte damit, dass Schiller auch noch den Klöppel beschreiben konnte.[12]

Auch aktuell lädt Schillers Glocke nach wie vor zu Parodien ein: Um 2015 wurde folgender Auszug in einem Internetportal gefunden.[13]

Original Parodie

In die Erd ist’s aufgenommen,
Glücklich ist die Form gefüllt,
Wird’s auch schön zutage kommen,
Daß es Fleiß und Kunst vergilt?
Wenn der Guß mißlang?
Wenn die Form zersprang?
Ach! vielleicht indem wir hoffen,
Hat uns Unheil schon getroffen.

In das Blech ist’s aufgenommen,
Glücklich ist die Form gefüllt.
Wird’s auch schön zutage kommen,
Dass es Fleiß und Kunst vergilt?
Wenn der Kuchen misslang?
Wenn der Ofen zersprang?
Ach! Vielleicht indem wir hoffen
Hat uns Unheil schon getroffen.

Siehe auch

  • {{Wikipedia:Das Lied von der Glocke}}

Literatur

  • Robert Hippe: Erläuterungen zu Friedrich Schillers „Lied von der Glocke“. Bange, Hollfeld 1966.
  • Heribert Hoffmeister: Anekdotenschatz. Von der Antike bis auf unsere Tage. Peters, Berlin 1974.
  • Norbert Oellers (Hrsg.): Gedichte von Friedrich Schiller. Interpretationen. Reclam, Stuttgart 1996, ISBN 3-15-009473-9.
  • Wulf Segebrecht: Was Schillers Glocke geschlagen hat. Vom Nachklang und Widerhall des meistparodierten deutschen Gedichts. Hanser, München 2005, ISBN 3-446-20593-4.

Weblinks

Commons: Das Lied von der Glocke - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikisource: Das Lied von der Glocke – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1.  Margarete Schilling: Das Geschäft mit der Glocke. In: Kunst, Erz und Klang – die Werke der Glockengießerfamilien Ulrich und Schilling vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Henschel, Berlin 1992, ISBN 3-362-00617-5, S. 86–89 (-> S. 88). An der ehemaligen Gießerei Mayer in Rudolstadt befindet sich eine Tafel mit dem Spruch: Steh Wandrer still; denn hier erstand, dass keine andre möglich werde, gebaut von Schillers Meisterhand, die größte Glockenform der Erde.
  2. 2,00 2,01 2,02 2,03 2,04 2,05 2,06 2,07 2,08 2,09 2,10 2,11 2,12 2,13  Wulf Segebrecht: Was Schillers Glocke geschlagen hat. 1. Aufl. Auflage. Hanser Verlag, München 2005, ISBN 3446205934 (Rezension in literaturkritik.de).
  3. 3,0 3,1  Robert Hippe: Erläuterungen zu Friedrich Schillers „Lied von der Glocke“ (= Dr. Wilhelm Königs Erläuterungen zu den Klassikern). Bange, Hollfeld (Obfr.) 1966, DNB 730147118.
  4. 4,0 4,1 Rainer Apel: Schillerfest 1998: „Friede sei ihr erst Geläute“. Programm zu Schillers Geburtstag 1998. In: Dichterpflänzchen. Schiller-Institut, Vereinigung für Staatskunst e.V., abgerufen am 31. Oktober 2018.
  5.  Heribert Hoffmeister: Anekdotenschatz. Verl. Praktisches Wissen, Berlin 1957, S. 177 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  6. Fichtenbrennholz. Kaminholz aus Fichte - Infos & Tipps. In: kaminholz-wissen.de. Abgerufen am 2. November 2018.
  7. Glockengießerei Grassmayr: Glockengießerei. abgerufen am 3. November 2019.
  8. Gerhard Heruth: Glocken für St. Nicolai. In: doebeln-entdecken.de. Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln e. V., Mai 2012, abgerufen am 1. August 2019.
  9. „Stücken“ als Urform, spätere Ausgaben häufig nur „Stücke“, Bild des Originals: c:File:Schiller Musenalmanach 1800 268.jpg auf Commons
  10. 10,0 10,1 Dieter Hildebrandt (Hrsg.): Loch in Erde, Bronze rin... – Schiller-Parodien oder Der Spottpreis der Erhabenheit. München: Sanssouci /Hanser, 2009, ISBN 3-8363-0163-6.
  11. 11,0 11,1 Nachwort, in: Christian Grawe (Hrsg.): Wer wagt es Knappersmann oder Ritt – Schiller-Parodien aus zwei Jahrhunderten. Stuttgart: J. E. Metzler Verlag 1990, ISBN 3-476-00684-0, S. 232–233.
  12. Heinz Erhardt: Die Entstehung der Glocke von Schiller oder Warum Schillers Glocke keinen Klöppel hat. In: Das große Heinz-Erhardt-Buch, Hannover 1970, ISBN 3-7716-1283-7, S. 18–21.
  13. Gefunden auf http://kamelopedia.mormo.org/index.php/Kuchen.