Vater unser und Pelagius (Theologe): Unterschied zwischen den Seiten

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Das '''Vaterunser''' gilt als das wichtigste [[Gebet]] aller [[Christentum | Christen]] und wurde gemäß  dem [[Neues Testament|Neuen Testament]] durch [[Jesus Christus]] selbst im Rahmen der [[Bergpredigt]] {{Bibel|Mt|6|9-13|LUT}} bzw. auf die Frage seiner Jünger hin, wie sie beten sollen {{Bibel|Lk|11|2-4|LUT}}, gestiftet.
'''Pelagius''' (* ca. [[350]] / [[360]]; † ca. [[418]]<ref>[http://www.oxforddnb.com/view/10.1093/ref:odnb/9780198614128.001.0001/odnb-9780198614128-e-21784;jsessionid=D2C0DED0217F334AAA9599AA30EF6C12?docPos=1/ ''Pelagius''], in: [http://www.oxforddnb.com/ Oxford Dictionary of National Biography]</ref> / [[420]]) war ein [[Britannien|britischer]] Laienmönch, nach dem die Lehre des [[Pelagianismus]] benannt wurde.


== Überlieferung in den Evangelien ==
== Leben ==
[[Datei:Nuremberg chronicles f 135r 2.jpg|mini|rechts|Illustration aus der [[Schedelsche Weltchronik|Schedelschen Weltchronik]] (1493) zeigt Pelagius Hereticus („der Ketzer“; oben) und [[Johannes Chrysostomos]] (unten).]]
Von asketischer Lebensführung geprägt, war Pelagius in [[Rom]], wo er von etwa 390 bis 410 als Prediger auftrat, empört über die moralische Nachlässigkeit der Gesellschaft, wie er sie dort erlebte. Seine Lehre war geprägt von der Ablehnung der [[Erbsünde]]nlehre. So widersprach er in seinen Predigten vor allem den Aussagen zur [[Theologie]] der [[Gott|göttlichen]] [[Gnade]], wie sie von [[Augustinus von Hippo]] gepredigt wurden. Er bekämpfte dessen Vorstellung von der Notwendigkeit einer "größeren Gnade" nach dem Fall, über die Gnade hinaus, die Adam im Paradies auch ohne Sünde benötigt hätte. Pelagius war der Auffassung, dass Augustinus’ Lehre darauf hinauslief, den [[Manichäismus]] in das [[Christentum]] einzuführen. Er klagte Augustinus an, dem Bösen den gleichen Rang wie Gott einzuräumen und heidnischen [[Fatalismus]] zu lehren, als sei es eine christliche Doktrin.  Obwohl er als Urheber des Pelagianismus angesehen wird, war er nicht der wichtigste Theologe dieser Strömung; an Pelagius machten die Gegner dieser Ansicht ihre Darlegungen jedoch fest.


{{Zitat|9 Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt.
Als [[Alarich I.]] Rom 410 plünderte, flohen Pelagius und sein Gefährte [[Caelestius]] nach [[Karthago]], wo Pelagius in einen weiteren Konflikt mit Augustinus geriet. Sein Anhänger Caelestius wurde von einem Kirchenkonzil verurteilt, woraufhin Pelagius weiter nach [[Jerusalem]] floh, aber seine Verfolger bald auf seinen Spuren sah: [[Paulus Orosius]] ging nach Jerusalem, um [[Hieronymus (Kirchenvater)|Hieronymus]] vor ihm zu warnen. Zwar wurde Pelagius 415 auf einer Synode von Vorwurf der [[Häresie]] freigesprochen, doch Augustinus hatte bereits eine wirksame „Kampagne“ in Gang gebracht, die Pelagius und Caelestius als Häretiker ausweisen sollte. 416 wurde Pelagius auf den Synoden von Karthago und Mileve verurteilt. Anfang 417 erfolgte die Exkommunikation durch den römischen Bischof [[Innozenz I.]] Betroffen von diesem Urteil war auch Caelestius.
10 Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
11 Unser tägliches Brot gib uns heute.
12 Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
13 Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel. [Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.]|Matthäus|{{BB|Mt|6|9-13|LUT}}}}


Die Fassung des [[Matthäus-Evangelium]]s ist die gebräuchliche und bekanntere; im [[Lukas-Evangelium]] heißt es:
Augustinus’ Version von Pelagius’ Lehre über die [[Sünde]] und die [[Sühne]] wurde u.&nbsp;a. 418 auf der [[Synode von Karthago (418)|Synode von Karthago]] als Häresie verurteilt.


{{Zitat|2 Da sagte er zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme.
Pelagius soll im Gegensatz zu Augustinus eine positive [[Anthropologie]] vertreten haben: Der Mensch sei wesenhaft gut und der menschliche Wille folglich imstande, nur aufgrund seines natürlichen Vermögens Gottes Geboten zu gehorchen. Durch Askese und permanente Übung sei die [[menschliche Natur]] zu stärken, gemäß der Formel „Du kannst, weil du willst“. Im Bestreben, den [[Arianismus]] und den Manichäismus als Häresien zu widerlegen, betonte er – im Gegensatz zum moralischen Determinismus des letzteren – die Freiheit des Willens, der als eine Gabe Gottes niemals von der Sünde korrumpiert werden könne.
3 Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen!
4 Und erlass uns unsere Sünden; denn auch wir erlassen jedem, was er uns schuldig ist. Und führe uns nicht in Versuchung!|Lukas|{{BB|11|2-4|LUT}}}}


Jesus lehrte das Vaterunser in [[Wikipedia:aramäisch|aramäischer]] Sprache, schriftlich ist es jedoch nur im griechischen Urtext der Bibel überliefert:
Zu philosophischer Reife gebracht wurde der Ansatz des Pelagius im Werk von [[Julianus von Eclanum]] (Aeclanum) geführt, der Augustinus in einer Reihe von Schriften die Stirn bot. Gleichwohl setzte sich die augustinische Auffassung von Gnade und Freiheit in der westlichen Christenheit durch.


{| class="wikitable"
== Politische und philosophische Bedeutung ==
|-
Der pelagianische Streit spielte im römischen Westreich nie die destruktive Rolle, die dem Streit um den [[Monophysitismus]] im Osten zukam. Das zeigte, wie weit Kirche und staatliche Gewalt ideell und institutionell im Westen des späten 4. Jahrhunderts bereits auseinandergetreten waren. Dennoch hatte der Konflikt eine nicht unerhebliche zukunftsweisende Bedeutung: Im Westreich wurde anders als im Osten eine Trennung zwischen göttlicher und menschlicher Existenz vorgenommen, die auf Basis antik-[[Stoa|stoischer]] und christlicher Gedanken zur Idee der Selbstbehauptung des Menschen gegenüber Gott führte. Mit seiner Betonung der natürlichen Freiheit und sittlichen Fähigkeit des Menschen zeigte Pelagius hier Ansätze eines abendländisch-westlichen [[Humanismus]] und Moralismus.<ref>[[Franz Georg Maier (Althistoriker)|Franz Georg Maier]]: ''Die Verwandlung der Mittelmeerwelt.'' Fischer Weltgeschichte Bd. 9. Frankfurt 1968, S. 163 f.</ref>
! style="background:#efefef;" width="33%" | Griechisch
! style="background:#efefef;" width="37%" | Lateinisch
! style="background:#efefef;" width="30%" | Deutsch
|- valign="top"
|
:{{lang|grc|Πάτερ ἡμῶν ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς·}}<br />
:{{lang|grc|ἁγιασθήτω τὸ ὄνομά σου·}}<br />
:{{lang|grc|ἐλθέτω ἡ βασιλεία σου·}}<br />
:{{lang|grc|γενηθήτω τὸ θέλημά σου,}}<br />
:{{lang|grc|ὡς ἐν οὐρανῷ καὶ ἐπὶ γῆς·}}<br />
:{{lang|grc|τὸν ἄρτον ἡμῶν τὸν ἐπιούσιον δὸς ἡμῖν σήμερον·}}<br />
:{{lang|grc|καὶ ἄφες ἡμῖν τὰ ὀφειλήματα ἡμῶν,}}<br />
:{{lang|grc|ὡς καὶ ἡμεῖς ἀφήκαμεν τοῖς ὀφειλέταις ἡμῶν·}}<br />
:{{lang|grc|καὶ μὴ εἰσενέγκῃς ἡμᾶς εἰς πειρασμόν,}}<br />
:{{lang|grc|ἀλλὰ ῥῦσαι ἡμᾶς ἀπὸ τοῦ πονηροῦ.}}


: ''(Griechische Fassung nach dem Matthäusevangelium)''<ref>Barbara Aland, Kurt Aland: ''Novum Testamentum Graece.'' 27. Auflage. Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2001, ISBN 3-438-05115-X.</ref>
== Literatur ==
;Quellen


|
Mit der Verurteilung des Pelagius 418 wurden zugleich seine Schriften verboten. Dennoch ist vieles von seinen Werken erhalten geblieben. Ausführlich sind uns Gedanken des Pelagius überliefert in den zum Teil umfangreichen Zitaten aus seinen Werken, die seine Gegner, allen voran Augustinus, in ihren antipelagianischen Schriften anführen.
: ''Pater noster, qui es in caelis:''<br />
Außerdem sind einige seiner Schriften vollständig erhalten geblieben. Um Pelagius’ Werke vor der Vernichtung zu bewahren, haben seine Schüler über einige seiner Schriften den Namen anderer Autoren gesetzt. Dazu gehören die beiden so wichtigen Schriften ''Expositiones XIII epistularum Pauli'' und ''Epistula ad Demetriadem''.
: ''sanctificetur nomen tuum.''<br />
: ''Adveniat regnum tuum.''<br />
: ''Fiat voluntas tua,''<br />
: ''sicut in caelo, et in terra.''<br />
: ''Panem nostrum supersubstantialem (cotidianum) da nobis hodie.''<br />
: ''Et dimitte nobis debita nostra,''<br />
: ''sicut et nos dimittimus debitoribus nostris.''<br />
: ''Et ne nos inducas in tentationem,''<br />
: ''sed libera nos a malo.''<br />
: ''Amen.''<br />


: ''(Lateinische Übersetzung der [[Wikipedia:Vulgata|Vulgata]])''<ref name="nestle">Erwin Nestle, Kurt Aland: ''Novum Testamentum Graece et Latine.'' 22. Auflage. Stuttgart 1963</ref>
Bis heute wird diskutiert, ob noch weitere Schriften des Pelagius unter fremden Namen tradiert wurden. Derzeit wird dies nur noch für vier Werke aus der Pseudo-Hieronymus-Tradition erwogen (''Epistula ad Celentiam'', ''De divina lege'', ''De vita Christiana'', ''De virginitate''). Allerdings ist umstritten, ob diese Zuweisungen gerechtfertigt sind.<ref>Zum Schriftenkorpus des Pelagius und die Diskussion über die umstrittenen Schriften siehe S. Thier, ''Kirche bei Pelagius'', Berlin/New York 1999, S. 18–30.</ref>


|
* ''Aurelii Augustini Contra Iulianum'', ed. T. Blampin et al., in: J.-P. Migne (Ed.), Patrologia Latina, Bd. 44, Sp. 641–874.
:''Unser Vater im Himmel!''  
* ''Aurelii Augustini Contra Iulianum opus imperfectum'' lib. I-III, ed. E. Kalinka et Michaela Zelzer 1974 = Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum, Bd. 85/1, Vindobonae 1974; lib. IV–VI, ed. T. Blampin et al., in: Patrologia Latina, Bd. 45, S. 1337–1608.
:''Dein Name werde geheiligt.''
* A. Augustinus, ''Schriften gegen die Pelagianer'', hrsg. von S. Kopp u. a., Würzburg 1955 ff.
:''Dein Reich komme.''
* Pelagius, ''De fide trinitatis'' (Fragment.), in: J.P. Migne (Ed.), Patrologia Latina, Supplementa Bd. 1, Sp. 1544–60, Paris 1958.
:''Dein Wille geschehe''  
* Pelagius, ''Epistula ad Demetriadem'', in: J.P. Migne (Ed.), Patrologia Latina, Bd. 30, Sp. 15–45.
:''wie im Himmel so auf Erden.''
* Pelagius, ''Expositiones XIII epistularum Pauli'' ed. A. Souter (Text and Studies 9,1.2), Oxford 1922–1926.
:''Unser tägliches Brot gib uns heute.''
* Pelagius, ''Libellus fidei ad Innocentium'', in: J. P. Migne (Ed.), Patrologia Latina, Bd. 45, Sp. 1716–1718.
:''Und vergib uns unsere Schuld,''
:''wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.''
:''Und führe uns nicht in Versuchung,''
:''sondern erlöse uns von dem Bösen.''  
:''Amen.''


:''(Lutherbibel 2017)<ref>{{B|Mt|6|9-13|LUT}}</ref>''
;Sekundärliteratur
|}
* T. Bohlin: ''Die Theologie des Pelagius und ihre Genesis'', Wiesbaden, Uppsala 1957.
* G. Bonner: ''Pelagius/Pelagianischer Streit''. In: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 26, (1996), S. 176–185.
* P. Brown: ''Der heilige Augustinus. Lehrer der Kirche und Erneuerer der Geistesgeschichte''. Übersetzt von J. Bernard, München 1975.
* Gisbert Greshake: ''Gnade als konkrete Freiheit''. Eine Untersuchung zur Gnadenlehre des Pelagius. Grünewald, Mainz 1972 ISBN 3-7867-0365-5 (Zugleich Habilitationsschrift an der Universität Tübingen, Fachbereich Katholische Theologie, 1972).
* {{BBKL|archiveurl=https://web.archive.org/web/20070629052028/http://www.bautz.de/bbkl/p/pelagius.shtml |band=7|autor=[[Helmut Hoping]]|spalten=168-173}}
* A. U. Sommer: ''Das Ende der antiken Anthropologie als Bewährungsfall kontextualistischer Philosophiegeschichtsschreibung: Julian von Eclanum und Augustin von Hippo''. In: ''Zeitschrift für Religion- und Geistesgeschichte'', Band 57 (2005), Heft 1, S. 1–28.
* S. Thier: ''Kirche bei Pelagius'', Berlin, New York 1999.
* M. Vessey: ''Opus imperfectum. Augustine and His Readers, 426 – 435 A. D.'' In: Vigiliae Christianae 52 (1998), S. 264–285.
* O. Wermelinger: ''Rom und Pelagius. Die theologische Position der römischen Bischöfe im pelagianischen Streit in den Jahren 411–432'', Stuttgart 1975.
* Gustav Friedrich Wiggers: ''Versuch einer pragmatischer Darstellung des Augustinismus und Pelagianismus''. Hamburg 1833.


Durch die Übersetzung in die heutigen Sprachen verliert das Vaterunser an Kraft, was jedoch durch das richtige Verständnis des Gebettextes kompensiert werden kann:
== Weblinks ==
<div style="margin-left: 20px;">
{{Commonscat|Pelagius}}
"Die Gebete der alten Sprachen verlieren ihre alte Kraft, wenn sie in neuere Sprachen übertragen werden. In den lateinischen Worten des Pater noster liegt viel mehr Kraft als im Vaterunser. Die Sprache des alten Vaterunser ist die aramäische. Wer es sprach in der aramäischen Sprache, hat Zauberkraft empfunden. Durch die richtige Erfassung der Sachen müssen wir wieder die Gewalt der Worte in die Sprache hineinbringen." {{GZ||97|98}}
* {{DNB-Portal|118592432|NAME=Pelagius}}
</div>
Jedoch ist die Wirksamkeit des Vaterunsers durch den reinen Inhalt seiner Worte immer gegeben, auch wenn dem Betenden noch kein tieferes Verständnis gegeben ist:


Das Vaterunser "gehört tatsächlich zu den allertiefsten Gebeten der Welt. Wir können nur heute nicht mehr die ganze volle Tiefe des Vaterunsers ermessen, wie es die Ursprache ergeben hat, in der es gelehrt wurde. Aber der Gedankeninhalt ist ein so gewaltiger, daß er in keiner Sprache auch nur irgendwie Einbuße erleiden könnte." {{GZ||97|103}}
== Einzelnachweise ==
<div style="margin-left: 20px;">
<references />
"Diejenigen Gebete, die nicht nur kurz wirken, sondern die durch
Jahrtausende hindurch die Seelen ergreifen und die Herzen erheben, sind alle aus der tiefsten Weisheit geschöpft. Niemals ist ein solches Gebet so gegeben worden, daß man in beliebiger Weise schöne oder erhabene Worte zusammengestellt hat, sondern man hat sie aus der tiefsten Weisheit heraus genommen, weil sie nur so die Kraft haben, über die Jahrtausende hinüber zu wirken auf die Seele der Menschen. Nicht gilt der Einwand, daß ja die naive Seele nichts weiß von dieser Weisheit. Sie braucht nichts zu wissen, denn die Kraft, die das Vaterunser hat, kommt doch aus dieser Weisheit, und sie wirkt, auch wenn man nichts davon weiß. {{GZ||97|116}}
</div>
 
== Die esoterische bzw. theosophische Bedeutung des Vaterunser ==
 
Die sieben Bitten des Vaterunser nach Matthäus beziehen sich auf die sieben [[Wesensglieder]] des Menschen.<ref> Die fünf Bitten des Lukasevangeliums lassen sich nicht so o.W. den sieben Wesensgliedern zuordnen, auch ist dort Sünde und Schuld zu einer Bedeutung zusammengezogen. Vgl. dazu auch die stark voneinander abweichenden Übersetzungen Luther, Elberfelder und Emil Bock (siehe [[Bibeltextvergleich_Emil-Bock_Luther_Elberfelder#Lukas,11,2-4|Lukas,11,2-4]], sowie die Erörterung im Lexikon Bibelwissenschaft (siehe weblinks).</ref> In ihnen liegt der Sinn der siebengliedrigen Entwicklung der Menschennatur. Das Vaterunser enthält die ganze theosophische Weisheit über den Menschen. {{GZ||97|116}}
 
Mit "Schuld" sind die Verfehlungen des Ätherleibes gemeint. Diese Verfehlungen bringen den Menschen in Disharmonie zu seiner sozialen Umgebung. Die "Versuchung" bezeichnet Verfehlungen des Astralleibes, sie sind individueller Natur. Entgegen der heute üblichen Übersetzung der vierten Bitte mit "Und erlöse uns von dem Bösen" bezieht sich Steiner mit der Übersetzung von πονηροῦ (ponērou) bzw. malo mit "Übel" auf die spezifische Verfehlung des Ichs: Den [[Egoismus]]. "Erlöse uns von dem Übel" meint die Bitte um Erlösung vom Egoismus.  {{GZ||97|122}}
 
Eine bestimmte Überlieferungstradition kennt beim Matthäus-Vaterunser den Zusatz: "Denn dein ist das Reich, und die Kraft, und die Herrlichkeit, in Ewigkeit". Es handelt sich um eine Ergänzung, die nicht von Jesus selbst stammt, sondern aus dem Umkreis des [[Dionysius Areopagita|Dionysius, dem Areopagiten]]. Jedoch sieht Steiner diesen Zusatz als zu dem Vaterunser passend, das Gebet bereichernd an. Es handelt sich dabei um die Vorstellung der Engelreiche, der drei [[Hierarchien]], die zum Vatergott hinaufführen.
<div style="margin-left: 20px;">
"Wenn wir so leben, wie das Vaterunser es fordert, so leben wir uns hinauf durch die Gewalten, Mächte, Herrschaften bis zu den Cherubim,
Seraphim hinauf, bis zu der Gottheit selbst im Vaterunser." {{GZ||97|124}}
</div>
Aus einer anderen Perspektive werden die drei Ideen Reich, Kraft bzw. Macht und Herrlichkeit in {{G|342|193ff}} betrachtet: Sie erscheinen dort als die drei Aspekte einer anschaulichen Sonnentrinität:
<div style="margin-left: 20px;">
"Und statt, daß Sie schließen mit den Worten des evangelischen Vaterunsers: «... denn Dein ist das Reich, die Macht und die Herrlichkeit», können Sie auch schließen das Vaterunser: «... denn Dein ist die Sonne». Jedes Wesen wurde im Sinne der Trinität angesehen; und derjenige, der noch etwas weiß von der wirklichen gnostischen Erkenntnis, der weiß, daß eben einfach am Schlüsse des Vaterunsers gebetet worden ist so, daß man vorgebracht hat in Worten die Glieder der Sonnentrinität, und daß man das Bewußtsein hatte, man spricht damit eigentlich aus, indem man das Vaterunser geschlossen hat, die sieben Bitten vorgebracht hat und auf sich hingewiesen hat: «... erlöse uns von dem Übel»: denn Du, der Du in der Sonne wohnst, Du bist derjenige, welcher das vermag." {{GZ||342|194}}
</div>
Ein weiterer esoterischer Aspekt des Vaterunser wird durch die Schilderung, wie Jesus zu der Gabe dieses Gebetes inspririert wurde, beleuchtet. ([[GA 148]], (Aus der Akashaforschung. Das fünfte Evangelium) S. 88ff., siehe auch: [[Jesus_von_Nazareth#Das_umgekehrte_Vaterunser|Das umgekehrte Vaterunser]])


Das Vaterunser als tägliches Gebet eignet sich für die Entwicklung okkulter Kräfte.
{{Normdaten|TYP=p|GND=118592432|LCCN=n/50/9020|VIAF=54204136}}
In einer Fragenbeantwortung (nach dem 10. Vortrag GA 137, in Beiträge zur Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe Heft Nr. 110) äußert sich Rudolf Steiner so: „Das
Vaterunser als tägliches Gebet ist im höchsten Grade geeignet, okkulte Kräfte zu entwickeln.
Es ist das wirksamste der Gebete. … Der Respekt vor diesem Gebet wächst immer
mehr, je mehr man hineinkommt. Es kommen dann Zeiten, wo man wegen der Hoheit des
Vaterunser es sich nicht zu gestatten wagt, das ganze Vaterunser an einem Tag zu beten,
da man von dem Zusammenwirken der sieben Bitten eine so große Vorstellung bekommt,
dass man sich nicht für würdig hält, jeden Tag dies größte Initiationsgebet in seinem Herzen
zu entfalten.“ ([[Handbuch_zum_Werk_Rudolf_Steiners |Zitiert nach Handbuch Christian Karl]])
<div style="margin-left: 20px;">
"Nun, für das Gebet möchte ich, um anschaulich sein zu können,
an das Vaterunser selbst anknüpfen und möchte die innerliche Erlebensseite
dieses Vaterunsers einmal hier besprechen. Es handelt sich
dabei darum, daß wir vielleicht heute überhaupt von den Empfindungen
gar nicht ausgehen können, die etwa das Urchristentum
hatte beim Vernehmen oder beim Innerlich-Lebendigmachen des
Vaterunsers; wir müssen von dem ausgehen, was der Mensch der
Gegenwart haben kann, denn wir wollen vom Vaterunser als einem
Allgemein-Menschlichen sprechen. Aber des folgenden muß man
sich dabei doch bewußt sein. Nehmen wir also an, wir beginnen das
Vaterunser zu sprechen und sprechen gewissermaßen in unserem
Stil den ersten Satz «Vater unser in den Himmeln». Nun handelt es
sich darum, was wir bei einem solchen Satz fühlen und empfinden,
und was wir etwa bei anderen Sätzen des Vaterunsers fühlen und
empfinden können, denn nur dadurch wird das Vaterunser innerlich
lebendig. Da handelt es sich in der Tat darum, daß wir zunächst bei
einem solchen Satz etwas haben wie ein innerliches Wahrnehmen,
wirklich nicht bloß etwas, was im Zeichen des Wortes in uns lebt,
sondern etwas, was im wirklichen Worte in uns lebt. Die Himmel
sind im Grunde genommen die Gesamtheiten des Kosmos, und wir
machen uns anschaulich, indem wir sagen «Vater unser in den Himmeln» oder «Vater unser, der Du bist in den Himmeln», daß dasjenige,
zu dem wir da sprechen, von einem Geistigen durchdrungen
ist, wir wenden uns an das Geistige. Das ist die Perzeption, das ist
dasjenige, was wir uns so anschaulich wie möglich vor Augen bringen
sollen, wenn wir einen solchen Satz aussprechen «Vater unser in
den Himmeln». Ein ebensolches Erlebnis müssen wir haben [bei
den Worten] «Dein Reich komme zu uns», denn in uns muß ja,
wenn auch mehr oder weniger nur gefühlt und innerlich intuitiv, die
Frage entstehen: Was ist nun dieses Reich? Und wenn wir Christen
sind, werden wir gerade, indem wir versuchen, an die Perzeption
des Reiches heranzukommen — oder besser gesagt: der Reiche -,
erinnert werden an etwas, wovon gestern hier gesprochen worden
ist, wir werden erinnert an Christus-Worte, die anklingen an den
Terminus «die Reiche der Himmel». Gerade im 13. Kapitel des Matthäus-
Evangeliums will ja der Christus sowohl zu dem Volke auf
der einen Seite wie zu den Jüngern auf der anderen Seite darüber
sprechen, was das Reich der Himmel ist. Es muß also etwas rege
werden bei dem Satz «Dein Reich» oder «Deine Reiche mögen zu
uns kommen». Nun, wann wird das Richtige rege in uns? Das
Richtige wird in uns nur rege, wenn wir solche Sätze eben nicht als
Gedanken haben, sondern wenn wir sie so lebendig machen können,
als ob wir sie wirklich innerlich hörten, also wenn wir dasjenige
anwenden, was ich in den letzten Tagen mehrfach mit Ihnen
besprochen habe. Es muß der Weg gemacht werden vom Begriff
zum Wort, denn es liegt darin ein ganz anderes innerliches Erleben,
wenn wir, ohne daß wir äußerlich sprechen, innerlich nicht bloß
einen abstrakten Begriffsinhalt haben, sondern das lebendige Erleben
des Lautes, in welcher Sprache es zunächst auch sei. Das ganze
Vaterunser wird gewissermaßen das Spezifische der Sprache schon
hinwegreduzieren, auch wenn wir im einzelnen aus irgendeiner
Sprache heraus nun nicht vorstellen den bloßen Gedankeninhalt,
sondern den Lautinhalt. Auf das wurde nämlich gerade in früheren
Zeiten beim Beten außerordentlich viel gehalten, daß der Lautinhalt
innerlich lebendig wird, denn nur wenn der Lautinhalt innerlich
lebendig wird, verwandelt sich das Gebet in dasjenige, was es sein
muß, in ein Wechselgespräch mit dem Göttlichen. Niemals ist das
Gebet ein wirkliches Gebet, wenn es nicht ein Wechselgespräch mit
dem Göttlichen ist, und zu einem solchen Wechselgespräch mit dem
Göttlichen ist allerdings das Vaterunser im eminentesten Sinn gemacht
durch seinen besonderen Bau. Wir sind gewissermaßen aus
uns selbst heraus, indem wir solche Sätze sprechen wie «Vater
unser, der Du bist in den Himmeln» oder «Deine Reiche mögen zu
uns kommen». Wir vergessen uns in dem Augenblick selbst, indem
wir richtig diese Sätze innerlich hörbar lebendig machen. Wir löschen
uns bei diesen Sätzen in einem hohen Maße einfach durch den
Inhalt der Sätze aus, aber wir nehmen uns wieder in die Hand,
wenn wir Sätze anderer Struktur lesen oder innerlich lebendig machen.
Wir nehmen uns sofort wiederum in die Hand, wenn wir
sagen «Dein Name werde geheiliget». Es ist tatsächlich dann ein
lebendiges Wechselgespräch mit dem Göttlichen, denn es verwandelt
sich sofort dieses «Dein Name werde geheiliget» in uns in die
innere Tat. Wir haben auf der einen Seite die Perzeption «Vater
unser, der du bist in den Himmeln»; ohne daß etwas dabei geschieht,
ist es nicht möglich, diesen Satz in seiner Vollständigkeit zu
erleben. Und indem wir uns auf das innerliche Hören einstellen,
erregt dieses innerliche Hören in uns den Christus-Namen, wie es
in vorchristlichen Zeiten den Jahve-Namen erregt hat, in dem Sinne,
wie ich über den Anfang des Johannes-Evangeliums gesprochen habe.
Sprechen wir also in uns selber den Satz «Vater unser, der Du
bist in den Himmeln» in der richtigen Weise aus, dann mischt sich
hinein in dieses Aussprechen für uns in unserer heutigen Zeit der
Christus-Name, und dann geben wir innerlich die Antwort auf dasjenige,
was wir als eine Frage empfinden: «Dieser Name werde
durch uns geheiliget.»


Sie sehen, es nimmt das Gebet dadurch, daß wir richtig uns hineinleben
[[Kategorie:Christlicher Theologe]]
in das Vaterunser, die Form des Wechselgespräches mit
[[Kategorie:Indeterminismus]]
dem Göttlichen an; ebenso, wenn wir in der richtigen Weise als
[[Kategorie:Geboren im 4. Jahrhundert]]
Perzeption erleben «Deine Reiche mögen zu uns kommen». Diese
[[Kategorie:Gestorben 420]]
Reiche können wir zunächst nicht in das intellektualistische Bewußtsein
[[Kategorie:Mann]]
aufnehmen, wir können sie allein in den Willen aufnehmen.
Und wiederum wenn wir in dem Satze «Deine Reiche mögen
zu uns kommen» uns selbst verlieren, finden wir uns, nehmen wir
uns in die Hand und geloben, daß die Reiche, wenn sie zu uns
kommen, in uns wirken, daß wirklich der göttliche Wille geschehe
wie in den himmlischen Reichen, also auch ds.y wo wir sind auf
Erden. Sie sehen, Sie haben ein Wechselgespräch mit dem Göttlichen
in dem Vaterunser.
 
Dieses Wechselgespräch bereitet Sie dann vor, überhaupt erst die
innere Würdigkeit zu haben, um dasjenige, was nun der Erde angehört,
mit demjenigen in Beziehung zu bringen, mit dem Sie in das
Wechselgespräch gekommen sind, auch für die irdischen Verhältnisse.
Auffällig könnte es einem erscheinen, daß ich sage, die Worte
«Dein Name werde geheiligt» erregen in uns den Christus-Namen.
Aber darin, meine lieben Freunde, liegt ja das ganze Christus-Geheimnis.
Dieses Christus-Geheimnis wird solange nicht richtig gesehen
werden, solange der Anfang des Johannes-Evangeliums nicht
richtig verstanden wird. Am Anfang des Johannes-Evangeliums
lesen Sie die Worte «Alles ist durch das Wort entstanden, und nichts
gibt es in dem Entstandenen, was nicht durch das Wort entstanden
wäre». Indem man dem Vater-Gott zuschreibt die Weltenschöpfung,
vergeht man sich ja gegen das Johannes-Evangelium. An dem
Johannes-Evangelium hält man nur fest, wenn man die Sicherheit
darüber hat, daß dasjenige, was entstanden ist, dasjenige, was man
als Welt um sich hat, durch das Wort entstanden ist, also im christlichen
Sinne durch den Christus, durch den Sohn, daß der Vater das
substantiell Zugrundeliegende, das Subsistierende ist, und daß der
Vater keinen Namen hat, sondern daß sein Name eben dasjenige ist,
was in dem Christus lebt. Es liegt das ganze Christus-Geheimnis in
diesem «Dein Name werde geheiliget», denn der Name des Vaters
ist in dem Christus gegeben. Wir werden darüber noch genug zu
sprechen haben bei anderen Gelegenheiten, aber ich wollte heute
vor allem darauf hinweisen, wie im Gebet ein reales inneres Wechselgespräch
mit dem Göttlichen schon durch den Inhalt des Gebetes
da sein muß.
 
Dann können wir weitergehen und uns sagen: Nicht ist uns von
der bloßen Naturwelt dasjenige gegeben, was wir alltäglich werden
durch die Aufnahme unserer Nahrung, durch das Brot. Wir nehmen
das Brot von der Natur herein durch die Vorgänge, die ich Ihnen
geschildert habe; durch unsere Verdauungsvorgänge, durch die Regenerationsvorgänge
werden wir dasjenige, was wir auf Erden als
Erdenmenschen sind, aber das darf nicht in uns wirklich leben,
denn das Leben des Gottes ist anders, das Leben des Gottes lebt
in dem geistigen Geschehen. Nachdem wir also in das Wechselgespräch
mit dem Göttlichen gekommen sind im ersten Teil des
Vaterunsers, können wir nun, aus der Stimmung heraus, die dann
unser Inneres ergriffen hat, das Negative weglassen und das Positive
sagen: «Unser im Alltäglichen wirkendes Brot gib Du uns
heute.» Damit ist ja gemeint: Das, was sonst nur Naturvorgänge
sind und als Naturvorgänge in uns wirkt, das soll durch unser
Bewußtsein, durch unser inneres Erleben ein Geistesvorgang werden.
Und ebenso soll unsere Gesinnung verwandelt werden. Wir
sollen fähig werden, denjenigen, die uns etwas getan haben, die
uns etwas geschadet haben, zu vergeben. Wir können das nur,
wenn wir uns bewußt werden, daß wir vieles geschadet haben an
dem Göttlich-Geistigen, und daß wir deshalb zu bitten haben um
die richtige Gesinnung, damit wir das, was uns auf der Erde geschadet
hat, was an uns auf der Erde geschuldet worden ist, in
der richtigen Weise behandeln können; wir können das nur, wenn
wir uns bewußt werden, daß wir ja immerdar durch unser bloßes
Natursein dem Göttlichen Schaden zufügen und fortdauernd die
Vergebung desjenigen Wesens brauchen, dem wir da schuldig geworden
sind.
 
Und dann können wir ja auch das folgende vorbringen, was wiederum
eine irdische Sache ist, also dasjenige, was wir hinaufsenden
wollen zu dem, zu dem wir uns zuerst in ein Verhältnis gesetzt
haben. «Führe uns nicht in Versuchung», das heißt: Lasse so rege
sein in uns die Verbindung mit Dir, daß wir nicht die Anfechtung
erfahren, in dem bloßen Natursein aufzugehen, uns bloß dem Natursein
hinzugeben, daß wir Dich festhalten können in all unserer
alltäglichen Nahrung. «Und befreie uns, erlöse uns von dem Übel.»
Das Übel besteht darin, daß der Mensch sich loslöst von dem Göttlichen;
wir bitten, daß wir befreit und erlöst werden von diesem
Übel.
 
Wenn wir, immer mehr und mehr von solchen Empfindungen
ausgehend, an das Vaterunser herantreten, meine lieben Freunde,
dann vertieft sich das Vaterunser in der Tat zu einem innerlichen
Erleben, das uns fähig macht, wirklich uns durch die Stimmung, in
die wir uns da versetzen, auch die Möglichkeit zu verschaffen, nicht
bloß vom physischen Menschen zum physischen Menschen zu wirken,
sondern als menschliche Seele zur menschlichen Seele. Denn
wir haben ja dann uns selber gewissermaßen zum Anschluß gebracht
an das Göttliche und finden die göttliche Schöpfung in dem
anderen Menschen, und wir lernen dadurch erst empfinden, wie wir
ein solches Wort aufzufassen haben: «Was ihr einem der geringsten
Meiner Brüder getan habt, das habt ihr Mir getan». Da haben wir
gelernt, das Göttliche zu empfinden in allem Irdisch-Daseienden.
Aber wir müssen uns im realen Sinn, nicht durch eine Theorie,
sondern im realen Sinn von dem Weltendasein wegwenden, weil wir
gewahr werden, daß das Weltendasein, das uns als Menschen zuerst
gegeben ist, gar nicht das wirkliche Weltendasein ist, sondern das
entgöttlichte Weltendasein, und daß wir das wirkliche Weltendasein
erst haben, nachdem wir uns im Gebet zu Gott gewendet haben und
eine Verbindung zu Gott im Gebet gefunden haben.
 
Damit, meine lieben Freunde, ist ja zunächst nur in elementarsten
Stufen angedeutet die Treppe, die Stiege, die hinaufführen kann in
das Bewußtwerden des religiösen Impulses im Menschen. Dieser
religiöse Impuls ist ja gewissermaßen vom Urbeginne ab im Menschen
gelegen, aber es handelt sich darum, daß sich der Mensch
dieses in ihm liegenden Impulses bewußt wird, und er kann das nur,
wenn das Gebet in ihm ein reales Wechselgespräch mit dem Göttlichen
wird. Es ist die erste bedeutsame Entdeckung, die man beim
Vaterunser machen kann, daß es durch seinen inneren Bau schon so
ist, daß man durch es unmittelbar, wenn man es versteht, in ein
wechselseitiges Verhältnis des Menschlichen mit dem Göttlichen
kommen kann. Das ist allerdings nur ein Anfang, meine lieben
Freunde, aber es ist so, daß der Anfang, wenn er richtig erlebt wird,
von selbst weiterführt, und gerade, wenn die Frage religiös gefaßt
wird, so handelt es sich darum, daß wir an dem Erleben der ersten
Schritte die Kraft finden wollen, die folgenden Schritte durch unser
eigenes Inneres zu machen." {{Lit|{{G|343a|151ff}}}}
</div>
 
== Siehe auch ==
[[Daskalos#Das Vaterunser Daskalos']]
 
== weblinks ==
*http://de.wikipedia.org/wiki/Vaterunser
*http://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/vaterunser-1/ch/ccc89e26d0d386bd268fba66a3b3703b/#h9 (u.a. zu den Unterschieden Matthäus und Lukas)
 
== Literatur ==
 
* Rudolf Steiner: ''Das christliche Mysterium'', S. 102 ff. [[GA 97]] (1998), ISBN 3-7274-0970-3 {{Vorträge|097}}
* Rudolf Steiner: ''Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft'', S. 202 ff. [[GA 96]] {{Vorträge|096}}
* Rudolf Steiner: ''Aus der Akasha-Forschung. Das fünfte Evangelium'' S. 92 ff. [[GA 148]] {{Vorträge|0148}}
* Rudolf Steiner: ''Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken II'', 1921 [[GA 343]], S. 151 ff.
* [[Friedrich Rittelmeyer]]: ''Das Vaterunser. Ein Weg zur Menschwerdung.'' Urachhaus 1990. ISBN 3-87838-415-7
* [[Valentin Tomberg]]: '' Der VATERUNSER-Kurs, Bände 1 - 4'' (Achamoth Verlag) 2010
* [[Judith von Halle]]: ''Das Vaterunser. Das lebendige Wort Gottes''. Verlag am Goetheanum, Dornach 2006, ISBN 3-7235-1274-7
* [[Peter Selg]]: ''Das Vaterunser in der Darstellung Rudolf Steiners''. Verlag Freies Geistesleben 2012 (2. Aufl.) ISBN 3772523986
{{GA}}
 
== Einzelnachweise und Anmerkungen ==
 
<references />


[[Kategorie:Christentum]] [[Kategorie:Gebet]]
{{Wikipedia}}

Version vom 18. Juli 2020, 07:24 Uhr

Pelagius (Fantasieporträt mit unbekannter Quelle)

Pelagius (* ca. 350 / 360; † ca. 418[1] / 420) war ein britischer Laienmönch, nach dem die Lehre des Pelagianismus benannt wurde.

Leben

Illustration aus der Schedelschen Weltchronik (1493) zeigt Pelagius Hereticus („der Ketzer“; oben) und Johannes Chrysostomos (unten).

Von asketischer Lebensführung geprägt, war Pelagius in Rom, wo er von etwa 390 bis 410 als Prediger auftrat, empört über die moralische Nachlässigkeit der Gesellschaft, wie er sie dort erlebte. Seine Lehre war geprägt von der Ablehnung der Erbsündenlehre. So widersprach er in seinen Predigten vor allem den Aussagen zur Theologie der göttlichen Gnade, wie sie von Augustinus von Hippo gepredigt wurden. Er bekämpfte dessen Vorstellung von der Notwendigkeit einer "größeren Gnade" nach dem Fall, über die Gnade hinaus, die Adam im Paradies auch ohne Sünde benötigt hätte. Pelagius war der Auffassung, dass Augustinus’ Lehre darauf hinauslief, den Manichäismus in das Christentum einzuführen. Er klagte Augustinus an, dem Bösen den gleichen Rang wie Gott einzuräumen und heidnischen Fatalismus zu lehren, als sei es eine christliche Doktrin. Obwohl er als Urheber des Pelagianismus angesehen wird, war er nicht der wichtigste Theologe dieser Strömung; an Pelagius machten die Gegner dieser Ansicht ihre Darlegungen jedoch fest.

Als Alarich I. Rom 410 plünderte, flohen Pelagius und sein Gefährte Caelestius nach Karthago, wo Pelagius in einen weiteren Konflikt mit Augustinus geriet. Sein Anhänger Caelestius wurde von einem Kirchenkonzil verurteilt, woraufhin Pelagius weiter nach Jerusalem floh, aber seine Verfolger bald auf seinen Spuren sah: Paulus Orosius ging nach Jerusalem, um Hieronymus vor ihm zu warnen. Zwar wurde Pelagius 415 auf einer Synode von Vorwurf der Häresie freigesprochen, doch Augustinus hatte bereits eine wirksame „Kampagne“ in Gang gebracht, die Pelagius und Caelestius als Häretiker ausweisen sollte. 416 wurde Pelagius auf den Synoden von Karthago und Mileve verurteilt. Anfang 417 erfolgte die Exkommunikation durch den römischen Bischof Innozenz I. Betroffen von diesem Urteil war auch Caelestius.

Augustinus’ Version von Pelagius’ Lehre über die Sünde und die Sühne wurde u. a. 418 auf der Synode von Karthago als Häresie verurteilt.

Pelagius soll im Gegensatz zu Augustinus eine positive Anthropologie vertreten haben: Der Mensch sei wesenhaft gut und der menschliche Wille folglich imstande, nur aufgrund seines natürlichen Vermögens Gottes Geboten zu gehorchen. Durch Askese und permanente Übung sei die menschliche Natur zu stärken, gemäß der Formel „Du kannst, weil du willst“. Im Bestreben, den Arianismus und den Manichäismus als Häresien zu widerlegen, betonte er – im Gegensatz zum moralischen Determinismus des letzteren – die Freiheit des Willens, der als eine Gabe Gottes niemals von der Sünde korrumpiert werden könne.

Zu philosophischer Reife gebracht wurde der Ansatz des Pelagius im Werk von Julianus von Eclanum (Aeclanum) geführt, der Augustinus in einer Reihe von Schriften die Stirn bot. Gleichwohl setzte sich die augustinische Auffassung von Gnade und Freiheit in der westlichen Christenheit durch.

Politische und philosophische Bedeutung

Der pelagianische Streit spielte im römischen Westreich nie die destruktive Rolle, die dem Streit um den Monophysitismus im Osten zukam. Das zeigte, wie weit Kirche und staatliche Gewalt ideell und institutionell im Westen des späten 4. Jahrhunderts bereits auseinandergetreten waren. Dennoch hatte der Konflikt eine nicht unerhebliche zukunftsweisende Bedeutung: Im Westreich wurde anders als im Osten eine Trennung zwischen göttlicher und menschlicher Existenz vorgenommen, die auf Basis antik-stoischer und christlicher Gedanken zur Idee der Selbstbehauptung des Menschen gegenüber Gott führte. Mit seiner Betonung der natürlichen Freiheit und sittlichen Fähigkeit des Menschen zeigte Pelagius hier Ansätze eines abendländisch-westlichen Humanismus und Moralismus.[2]

Literatur

Quellen

Mit der Verurteilung des Pelagius 418 wurden zugleich seine Schriften verboten. Dennoch ist vieles von seinen Werken erhalten geblieben. Ausführlich sind uns Gedanken des Pelagius überliefert in den zum Teil umfangreichen Zitaten aus seinen Werken, die seine Gegner, allen voran Augustinus, in ihren antipelagianischen Schriften anführen. Außerdem sind einige seiner Schriften vollständig erhalten geblieben. Um Pelagius’ Werke vor der Vernichtung zu bewahren, haben seine Schüler über einige seiner Schriften den Namen anderer Autoren gesetzt. Dazu gehören die beiden so wichtigen Schriften Expositiones XIII epistularum Pauli und Epistula ad Demetriadem.

Bis heute wird diskutiert, ob noch weitere Schriften des Pelagius unter fremden Namen tradiert wurden. Derzeit wird dies nur noch für vier Werke aus der Pseudo-Hieronymus-Tradition erwogen (Epistula ad Celentiam, De divina lege, De vita Christiana, De virginitate). Allerdings ist umstritten, ob diese Zuweisungen gerechtfertigt sind.[3]

  • Aurelii Augustini Contra Iulianum, ed. T. Blampin et al., in: J.-P. Migne (Ed.), Patrologia Latina, Bd. 44, Sp. 641–874.
  • Aurelii Augustini Contra Iulianum opus imperfectum lib. I-III, ed. E. Kalinka et Michaela Zelzer 1974 = Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum, Bd. 85/1, Vindobonae 1974; lib. IV–VI, ed. T. Blampin et al., in: Patrologia Latina, Bd. 45, S. 1337–1608.
  • A. Augustinus, Schriften gegen die Pelagianer, hrsg. von S. Kopp u. a., Würzburg 1955 ff.
  • Pelagius, De fide trinitatis (Fragment.), in: J.P. Migne (Ed.), Patrologia Latina, Supplementa Bd. 1, Sp. 1544–60, Paris 1958.
  • Pelagius, Epistula ad Demetriadem, in: J.P. Migne (Ed.), Patrologia Latina, Bd. 30, Sp. 15–45.
  • Pelagius, Expositiones XIII epistularum Pauli ed. A. Souter (Text and Studies 9,1.2), Oxford 1922–1926.
  • Pelagius, Libellus fidei ad Innocentium, in: J. P. Migne (Ed.), Patrologia Latina, Bd. 45, Sp. 1716–1718.
Sekundärliteratur
  • T. Bohlin: Die Theologie des Pelagius und ihre Genesis, Wiesbaden, Uppsala 1957.
  • G. Bonner: Pelagius/Pelagianischer Streit. In: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 26, (1996), S. 176–185.
  • P. Brown: Der heilige Augustinus. Lehrer der Kirche und Erneuerer der Geistesgeschichte. Übersetzt von J. Bernard, München 1975.
  • Gisbert Greshake: Gnade als konkrete Freiheit. Eine Untersuchung zur Gnadenlehre des Pelagius. Grünewald, Mainz 1972 ISBN 3-7867-0365-5 (Zugleich Habilitationsschrift an der Universität Tübingen, Fachbereich Katholische Theologie, 1972).
  • Helmut HopingPelagius (Theologe) In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 7, Bautz, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-048-4, Sp. 168–173.
  • A. U. Sommer: Das Ende der antiken Anthropologie als Bewährungsfall kontextualistischer Philosophiegeschichtsschreibung: Julian von Eclanum und Augustin von Hippo. In: Zeitschrift für Religion- und Geistesgeschichte, Band 57 (2005), Heft 1, S. 1–28.
  • S. Thier: Kirche bei Pelagius, Berlin, New York 1999.
  • M. Vessey: Opus imperfectum. Augustine and His Readers, 426 – 435 A. D. In: Vigiliae Christianae 52 (1998), S. 264–285.
  • O. Wermelinger: Rom und Pelagius. Die theologische Position der römischen Bischöfe im pelagianischen Streit in den Jahren 411–432, Stuttgart 1975.
  • Gustav Friedrich Wiggers: Versuch einer pragmatischer Darstellung des Augustinismus und Pelagianismus. Hamburg 1833.

Weblinks

Commons: Pelagius - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Pelagius, in: Oxford Dictionary of National Biography
  2. Franz Georg Maier: Die Verwandlung der Mittelmeerwelt. Fischer Weltgeschichte Bd. 9. Frankfurt 1968, S. 163 f.
  3. Zum Schriftenkorpus des Pelagius und die Diskussion über die umstrittenen Schriften siehe S. Thier, Kirche bei Pelagius, Berlin/New York 1999, S. 18–30.


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Pelagius (Theologe) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.