Viertes Konzil von Konstantinopel

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4. Konzil von Konstantinopel
Datum 5. Oktober 869 - 28. Februar 870
Akzeptiert von Römisch-Katholische Kirche
Vorangehendes Konzil Zweites Konzil von Nicäa
Nächstes Konzil Erstes Laterankonzil
Einberufen von Kaiser Justinian II.
Präsidium Päpstliche Legaten
Beteiligung
Diskussionsthemen Photius-Schisma, kirchliche Überlieferung, Bilderverehrung, menschliche Seele, Leitung der Kirche, Vorrangstellung Roms
Konzilsdokumente 27 Kanones (griech.)
14 Kanones (lat.)
Liste ökumenischer Konzilien

Das vierte Konzil von Konstantinopel von 869-870, für die katholische Kirche das achte ökumenische Konzil, wird nur von der katholischen Kirche anerkannt, von der orthodoxen Kirche aber abgelehnt.

Thema

Es ging bei diesem Konzil um den Streit zwischen dem byzantinischen Patriarchen Photius I. und dem Papst Nikolaus I. Das Konzil, an dem nur sehr wenige Bischöfe teilnahmen, exkommunizierte und verbannte Photius.

Die von Photius vertretene Zwei-Seelen-Lehre, gemäß der dem Menschen eine höhere, unsterbliche Geist-Seele und eine irdische, vergängliche Seele eigen sind, wurde mit dem Bannfluch belegt. Die Lehre von der Trichotomie, wonach der Mensch aus Geist, Seele und Leib bestehe, gilt seitdem in der römisch-katholischen Kirche als Häresie:

„Während das Alte und das Neue Testament lehren, der Mensch habe nur eine denkfähige und vernünftige Seele (unam animam rationabilem et intellectualem) und alle gottesgelehrten Väter und Lehrer der Kirche eben diese Meinung bekräftigen, sind einige, auf die Erfindungen der Bösen eingehend, zu solcher Frevelhaftigkeit herabgesunken, unverschämterweise den Lehrsatz vorzutragen, er habe zwei Seelen (duas eum habere animas); weiterhin versuchen sie, in gewissen unvernünftigen Bemühungen mit Gelehrsamkeit, welche sich als töricht erwiesen hat, ihre eigene Häresie zu bekräftigen.
Daher beeilt sich diese heilige und universelle Synode, diese nichtsnutzige Meinung, die da keimen will wie das übelste Unkraut, auszureißen, und indem sie in der Hand die Wurfschaufel der Wahrheit trägt und die ganze Spreu einem unauslöschlichem Feuer übergeben und die Tenne Christi rein machen will, verflucht sie die Urheber und Vertreter dieser Gottlosigkeit und alle, die in diesen Dingen Ähnliches gelten lassen, mit lauter Stimme. Sie bestimmt und gibt bekannt, daß hinfort niemand in irgendwelcher Weise die Grundsätze der Urheber dieser Gottlosigkeit besitzen und aufbewahren dürfe.
Wenn aber einer sich herausnehmen sollte, im Gegensatz zu dieser heiligen und großen Synode zu handeln, so sei er verflucht und ausgeschlossen vom Glauben und Kult der Christen.“[1]

879 gab es ein weiteres Konzil in Konstantinopel, wo Photius wieder voll rehabilitiert wurde - unter Zustimmung von Papst Johannes VIII.. An diesem Konzil gab es auch einen Kompromiss bezüglich päpstlichem Jurisdiktionsprimat: Die Jurisdiktion des Papstes wurde für den Westen voll anerkannt, für den Osten das Ehrenprimat des Bischofs von Rom, aber ohne Jurisdiktion über andere Patriarchate.

Das 879er-Konzil wird von einigen Vertretern der östlich-orthodoxen Kirche ihrerseits als achtes ökumenisches Konzil gezählt. Von der katholischen Kirche wurde es 200 Jahre lang akzeptiert, seit Gregor VII. wird es jedoch, vor allem wegen der Filioque-Frage, nicht als allgemeines Konzil anerkannt. Die Erklärung von Bari (1987) der Gemeinsamen Kommission für den Dialog zwischen der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche nennt es jetzt aber »das 879/80 gemeinsam durch die beiden Kirchen gefeierte Konzil«.[2] Die Erklärung von Valamo (1988) derselben Kommission nennt es das »Konzil der Hagia Sophia (879/880)« und zählt seinen Kanon 1 zu den Kanones, »die im Gesamt der Kirchen des Ostens und des Westens angenommen wurden«[3]

Beide Konzilien haben jedoch die Dogmen des zweiten Konzils von Nicäa voll akzeptiert und dieses Konzil als siebtes ökumenisches Konzil gezählt.

Abschaffung des Geistes

Rudolf Steiner hat in diesem Zusammenhang wiederholt von einer Abschaffung des Geistes gesprochen.

„Während man in alten Zeiten, als auch noch die äußere Wissenschaft mehr auf Hellsehertum beruhte, richtig unterschieden hat, inwiefern der Mensch hineingestellt ist in ein leibliches, in ein seelisches und in ein geistiges Leben, hat sich ein Kirchenkonzil in verhältnismäßig früher Zeit gezwungen gefühlt, den Geist abzuschaffen, und da wurde ein für allemal das Dogma aufgestellt: Der Mensch besteht aus Leib und Seele. - Ja, der Geist ist wirklich abgeschafft worden. Und wenn Sie die Dogmatik der christlichen Kirche kennenlernen würden, so würden Sie einen Einblick bekommen in das, was da gespielt hat infolge der Abschaffung des Geistes. Natürlich sind einige daraufgekommen, daß doch etwas da sei, demgegenüber man als von «Geist» reden müsse. Aber das waren die gewaltigsten Ketzer. Wo man nicht ausreichte mit Leib und Seele und den Geist einführte als ein drittes, da war man ein gewaltiger Ketzer. Das beruht nur auf einer Unsicherheit, die man hatte gegenüber der absoluten Berechtigung, von Leib, Seele und Geist zu sprechen. Und in dem Augenblick, wo man aufhört von Leib, Seele und Geist zu sprechen, wirft man alles durcheinander. Aber die Menschen sind schon so, daß sie alles durcheinanderwerfen. Und wenn man nicht mehr recht weiß, was Geist ist und was Seele ist, dann kann etwas anderes dahinter verschwinden. So ist in der Tat ein freier Ausblick auf das Geistesleben verschwunden.“ (Lit.:GA 115, S. 146)

„Die Philosophen der Gegenwart sprechen noch immer nicht vom Geiste, denn sie folgen dem Dogma des achten ökumenischen Konzils. Warum eigentlich, wenn auch nicht mit deutlichen Worten, die modernen Philosophen den Geist abschwören, das wissen sie wahrhaftig ebensowenig, wie die römischen Kardinale gewußt haben, auf was sie eigentlich schwören, als sie geschworen haben zu bewahren den Schatz, der längst nicht mehr da war. Die fortzeugenden Dinge in der Geschichte, die wirklichen Kräfte, die berücksichtigt man oftmals eben so furchtbar wenig. Und so kann man heute als unwissend gelten, wenn man nicht zustimmt der «voraussetzungslosen» Wissenschaft - wie man es nennt -, daß der Mensch nur aus Leib und Seele bestünde, bloß weil diejenigen, die die voraussetzungslose Wissenschaft vertreten, nicht wissen, daß die Voraussetzung dazu die Festsetzungen des achten ökumenischen Konzils im Jahre 869 sind.“ (Lit.:GA 175, S. 173)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. "Veteri et novo testamento unam animam rationabilem et intellectualem habere hominem docente, et omnibus deiloquis patribus et magistris ecclesiae eamdem opinionem asseverantibus, in tantum impietatis quidem, malorum inventionibus dantes operam, devenerunt, ut duas eum habere animas impudenter dogmatizare, et quibusdam irrationalibus conatibus per sapientiam, quae stulta facta est, propriam haeresim confirmare pertentent.
     Itaque sancta haec et universalis synodus, veluti quoddam pessimum zizanium, nunc germinantem nequam opinionem, evellere festinans; imo vero ventilabrum in manu veritatis portans, et igni inextinguibili transmittere omnem paleam, et aream Christi mundam exhibere volens, talis impietatis inventores et patratores, et his similia sentientes, magna voce anathematizat, et definit, atque promulgat, neminem prorsus habere, vel servare quoquo modo statuta huius impietatis auctorum.
      Si autem quis contraria gerere praesumpserit huic sanctae et magnae synodo, anathema sit, et a fide atque cultura christianorum alienus." Concilium Constantinopolitanum IV - Documenta
  2. Gemeinsame Internationale Kommission für den theologischen Dialog zwischen der römisch-katholischen und orthodoxen Kirche, Erklärung »Glaube, Sakramente und Einheit der Kirche« (Bari 1987) Nr. 53, deutsche Übersetzung in: Die deutschen Bischöfe, Ökumene-Kommission (Hrsg.), Die Eucharistie der einen Kirche. Dokumente des katholisch-orthodoxen Dialogs auf deutsche rund internationaler Ebene. 3. erw. Auflage (Bonn 1995) 47.
  3. Ebd. 57.


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