imported>Odyssee |
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| '''Aufmerksamkeit''' besteht darin, dass das [[Bewusstsein]]s auf bestimmte Tätigkeiten, [[Wahrnehmung]]en oder [[Denken|Denkprozesse]] gelenkt wird. Die Aufmerksamkeit ist immer auf einen ausgewählten, eng umgrenzten Bewusstseinsbereich ''gerichtet'' und kann durch [[Konzentration]] weiter fokussiert werden. Im Gegensatz dazu ist die [[Achtsamkeit]], wie sie im [[Buddhismus]] auch ganz besonders gepflegt wird, ''ungerichtet'' und dient dazu, möglichst das ganze Panorama der [[augenblick]]lichen Bewusstseinsphänomene zu erfassen.
| | == Beschreibung == |
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| "Was ist Aufmerksamkeit?
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| Nun, wir lassen das Leben, das an der Seele vorüberflutet, nicht so,
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| wie es sich selbst gestaltet, vorüberfluten; wir raffen uns im Inneren
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| auf, um den geistigen Blick auf dieses oder jenes hinzurichten. Einzelne
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| Dinge greifen wir heraus, stellen sie in das Blickfeld unseres
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| Bewußtseins, konzentrieren die Seelenkräfte auf diese Einzelheiten.
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| Und wir dürfen sagen: Nur dadurch ist unser seelisches Leben, das
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| Aktivität braucht, auch im Alltag möglich, daß wir entwickeln können
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| ein solches Interesse, das heraushebt einzelne Ereignisse und Tatsachen
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| und Wesenheiten aus dem vorüberflutenden Strom des Daseins.
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| Diese Aufmerksamkeit, sie ist im gewöhnlichen Leben durchaus
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| notwendig. Man wird immer mehr und mehr einsehen, gerade wenn
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| auch Geisteswissenschaft ein wenig in die Seelen eindringt, daß im
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| Grunde genommen das, was die Menschen die Gedächtnisfrage nennen,
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| nur eine Aufmerksamkeitsfrage ist, und das wird wichtige Gesichtspunkte
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| werfen selbst auf alle Erziehungsfragen. Man kann geradezu
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| sagen, je mehr man sich bemüht, schon beim heranwachsenden
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| und auch beim späteren Menschen die Seele immer wieder und wiederum
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| in die Tätigkeit der Aufmerksamkeit zu versetzen, desto mehr wird
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| das Gedächtnis verstärkt. Nicht allein, daß es besser wirkt für die
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| Dinge, auf die wir aufmerksam gewesen sind, sondern je öfter wir
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| diese Aufmerksamkeitstätigkeit ausüben können, desto mehr wächst
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| unser Gedächtnis heran, desto intensiver gestaltet es sich. Und ein
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| anderes noch: Wer hätte heute nicht gehört von jener traurigen Seelenerscheinung,
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| die man die Diskontinuität des Bewußtseins nennen
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| könnte. Es gibt heute Menschen, die kein volles Zurückschauen haben
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| auf ihr seitheriges Leben, wo sie hinterher nicht wissen: Du warst mit
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| deinem Ich in diesem oder jenem Erlebnisse; die nicht wissen, was sie
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| durchgemacht haben. Vorkommen kann es, daß solche Menschen ihr
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| Heim verlassen, weil sie die Folgerichtigkeit in ihrem seelischen Erleben
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| verloren haben; daß sie ihr Heim verlassen ohne Sinn und Verstand,
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| daß sie wie mit Verlust ihres eigenen Ichs durch die Welt gehen,
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| so daß sie erst nach Jahren wieder finden ihr Ich und anknüpfen können an das, was da ihr Ich erlebt hat. Niemals würden solche Erscheinungen
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| zu jener Tragik führen können, zu der sie oftmals führen,
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| wenn man wüßte, daß auch diese Integrität, dieses In-sich-voll-bewußt-
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| Halten des Bewußtseins abhängt von einer regelrechten Entwickelung
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| der Aufmerksamkeitsbetätigung." {{Lit|{{G|153|15f}}}}
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| Aufmerksamkeit steigert die [[Erinnerung]]sfähigkeit:
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| "Und je größer die Aufmerksamkeit ist, desto leichter trägt die Seele die Sinneserlebnisse als Erinnerungsvorstellungen im weiteren Leben mit." {{Lit|{{G|115|160}}}}
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| Das kann ganz unwillkürlich durch die speziellen Qualitäten des Wahrgenommen geschehen, aber auch durch [[wille]]ntliche [[Konzentration]] bewusst herbeigeführt werden. Die bewusste Fokussierung der Aufmerksamkeit auf einen geeigneten, eng begrenzten Bewusstseinsinhalt kann zur [[Meditation]] vertieft werden.
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| "So ist Aufmerksamkeitsbetätigung etwas, was wir im gewöhnlichen
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| Leben durchaus brauchen. Der Geistesforscher muß anknüpfen an sie,
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| muß sie entwickeln zu besonderer innerer Seelenerkraftung, muß sie
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| vertiefen zu dem, was man nennen könnte Meditation, Konzentration.
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| Das sind die technischen Ausdrücke für die Sache. So wie wir im gewöhnlichen
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| Leben, veranlaßt durch das Leben selber, dem oder jenem
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| Gegenstand die Aufmerksamkeit zuwenden, so wendet der Geistesforscher
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| aus innerer Seelenmethodik heraus alle Seelenkräfte auf eine
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| Vorstellung, ein Bild, eine Empfindung, einen Willensimpuls, eine
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| Gemütsstimmung, die er überschauen kann, die ganz klar vor seiner
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| Seele ist, und auf die er alle Seelenkräfte konzentriert; aber so konzentriert,
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| daß er, wie nur sonst im tiefen Schlaf, alle Sinnentätigkeit unterdrückt
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| hat, die sich auf Äußeres richtet, daß er alles Denken und
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| Trachten, alle Sorgen und Affekte des Lebens so zum Stillstand gebracht
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| hat, wie sonst nur im tiefen Schlaf. In bezug auf das gewöhnliche
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| Leben wird in der Tat der Mensch so, wie sonst im tiefen Schlaf;
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| nur daß er sein Bewußtsein nicht verliert, daß er es völlig wach erhält.
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| Aber alle Kräfte der Seele, die sonst zerstreut sind auf das äußere Erleben,
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| auf die Sorgen und Bekümmernisse des Daseins, die sind konzentriert
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| auf die eine, durch Willkür in den Mittelpunkt des menschlichen
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| Seelenlebens gestellte Vorstellung, Empfindung oder sonstiges.
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| Dadurch drängen sich die Seelenkräfte zusammen und das, was sonst
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| nur schlummert, nur wie zwischen den Zeilen des Lebens für dieses
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| Leben mitwirkt, das kraftet sich heraus, prägt sich heraus aus der
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| menschlichen Seele; und es tritt tatsächlich ein, daß durch diese innere
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| Erkraftung der menschlichen Seele in der konzentrierten Tätigkeit, in
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| der ins Unermeßliche gesteigerten Aufmerksamkeit, diese Seele sich
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| so in sich erleben lernt, daß sie fähig wird, sich bewußt herauszureißen
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| aus dem physisch-sinnlichen Leib, wie der Wasserstoff durch die chemische
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| Methode herausgelöst wird aus dem Wasser.
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| Allerdings, es ist eine innere seelische Erarbeitung, die durch Jahre
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| geht, wenn der Geistesforscher seine Seele durch solche Aufmerksamkeits-,
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| durch solche Konzentrationsbetätigung dazu befähigen will,
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| sich herauszureißen aus dem physischen Leib. Dann aber kommt die
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| Zeit, wo der Geistesforscher einen Sinn zu verbinden weiß mit dem
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| Worte, oh, mit dem der heutigen Welt so paradox klingenden Worte,
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| mit dem dieser Welt so phantastisch erscheinenden Worte: Ich erlebe
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| mich als geistig seelisches Wesen außerhalb meines Leibes und ich
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| weiß, daß dieser Leib außerhalb meiner Seele sich befindet - nun, wie
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| der Tisch sich außerhalb meines Leibes befindet. Ich weiß, daß die
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| Seele, innerlich erkraftet, sich so erleben kann, auch wenn sie den Leib
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| wie ein fremdes Objekt vor sich hat, diesen Leib mit all seinen Schicksalen,
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| die er im gewöhnlichen äußeren Leben durchläuft. Der Mensch
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| wird sich in dem, was er sonst ist, vollständig äußere Wesenheit, und
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| er erlebt sich als geistig-seelisches Wesen in Absonderung von seinem
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| Leib, und dieses geistig seelische Wesen zeigt dann ganz andere Eigenschaften,
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| als es zeigt, wenn es mit dem physisch-sinnlichen Leibe verbunden
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| ist und sich des an das Gehirn gebundenen Verstandes bedient.
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| Zunächst löst sich die Denkkraft los von dem physischen Erleben. -
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| Da ich nicht in Abstraktionen sprechen will, sondern von wirklichen
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| Tatsachen berichten möchte, so stoßen Sie sich nicht daran, daß ich
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| ungeschminkt, vorurteilsfrei schildern möchte das, was heute noch so
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| paradox klingt. — Wenn der Geistesforscher anfängt einen Sinn zu verbinden
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| mit dem Wort: Du lebst jetzt in deiner Seele, du weißt, daß
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| deine Seele ein wirklich geistiges Wesen ist, in dem du dich erlebst,
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| wenn du außerhalb deiner Sinne und des Gehirns bist, dann erfühlt er
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| sich zunächst mit seinem Denken wie außerhalb seines Gehirns, seinen
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| Kopf umwebend und umlebend." {{Lit|{{G|153|16f}}}}
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| Das durch Aufmerksamkeit, [[Konzentration]] und [[Meditation]] vom [[Physischer Leib|physischer Leib]] abgelöste [[Denken]] steigert sich zur [[Imagination]].
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| "Aber dieses rein in sich selber sich erlebende Denken, das außerhalb
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| des Gehirns verläuft, stellt sich anders dar, als das gewöhnliche Denken.
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| Die gewöhnlichen Gedanken sind schattenhaft gegen die Gedanken,
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| die nunmehr wie eine neue Welt dastehen vor dem Geistesforscher,
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| wenn er außerhalb seines Leibes ist. Es durchdringen sich
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| die Gedanken mit innerer Bildhaftigkeit. Deshalb nennen wir das, was
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| sich da hinstellt vor das geistige Auge: Imaginationen - aber nicht
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| deshalb, weil wir glauben, daß diese nur etwas Phantastisches, Erdachtes
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| enthalten, sondern weil das, was da wahrgenommen wird, tatsächlich
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| bildhaft erlebt wird, imaginiert wird; aber diese Imagination
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| ist ein Untertauchen in die Dinge selbst, man erlebt die Dinge und
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| Vorgänge der geistigen Welt, und die Dinge und Vorgänge der geistigen
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| Welt stellen sich in Imaginationen vor die Seele hin. - So kann
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| das Denken abgesondert werden von dem physisch-leiblichen Leben,
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| und der Geistesforscher kann sich wissen in einer Welt geistiger Vorgänge
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| und Wesenheiten." {{Lit|{{G|153|18}}}}
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| == Literatur ==
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| #Rudolf Steiner: ''Anthroposophie – Psychosophie – Pneumatosophie'', [[GA 115]] (2001), ISBN 3-7274-1150-3 {{Vorträge|115}}
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| #Rudolf Steiner: ''Inneres Wesen des Menschen und Leben zwischen Tod und neuer Geburt'', [[GA 153]] (1997), ISBN 3-7274-1530-4 {{Vorträge|153}}
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| {{GA}}
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| [[Kategorie:Psychologie]] [[Kategorie:Schulungsweg]]
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