Paradies und Jesus von Nazareth: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Giovanni di Paolo 004.jpg|thumb|300px|Giovanni di Paolo, Vertreibung aus dem Paradies, 15. Jh.]]
'''Jesus von Nazareth''' ([[Wikipedia:Griechische Sprache|griech.]] Ἰησοῦς Iēsoûs, [[Wikipedia:Aramäische Sprache|aramäisch]] ישוע Jeschua oder Jeschu; im [[Wikipedia:Koran|Koran]] '''Isa ibn Maryam''' {{arS|عيسى بن مريم|d= ʿĪsā b. Maryam|b= Jesus Sohn der Maria}} genannt) wurde nach dem gegenwärtigen Stand der historischen Forschung wahrscheinlich zwischen 7 und 4 v. Chr. in [[Wikipedia:Bethlehem|Bethlehem]] geboren und starb 30, 31 oder 33 in [[Wikipedia:Jerusalem|Jerusalem]].
Das Wort '''Paradies''' geht auf die [[Wikipedia:avestische Sprache|avestische]] Bezeichnung für ein umgrenztes oder ''eingehegtes Gebiet'', einen herrschaftlichen Park, einen Tier-, Lust- oder Zaubergarten, zurück und wird in der [[Wikipedia:Hebräische Sprache|hebräischen]] Überlieferung des [[Wikipedia:Tanach|Tanach]] als [[Garten Eden]] ([[Wikipedia:Sumerisch|Sumerisch]] Guan [[Wikipedia:Eden (Sumer)|Eden]] ''Rand der himmlischen Steppe'', {{HeS|גן עדן}} ''Gan Eden'') bezeichnet. Allerdings war damit kein irdischer Garten gemeint, denn im Paradieseszustand lebte der [[Mensch]] noch als [[Wärme]]-[[Luft]]-Mensch im Umkreis der Erde. Erst durch die Folgen des [[Sündenfall]]s wurde er in das [[Wasser|flüssige]] und in das neu gebildete [[Erde (Element)|feste Erdenelement]] herab versetzt.


== Die Bildung des physisch-ätherischen Menschen ==
== Bedeutung des Namens ==
[[Datei:Folio 25v - The Garden of Eden.jpg|300px|miniatur|hochkant|Der Garten Eden im [[Wikipedia:Très Riches Heures|Stundenbuch des Herzogs von Berry]]]]
 
Der ''Garten Eden'' wird in der [[Wikipedia:Genesis|Genesis]] in der ''zweiten [[Schöpfung]]sgeschichte'', nachdem das [[Sechstagewerk]] schon vollendet war, im Zusammenhang mit der Erschaffung [[Adam]]s geschildert. Während sich das Sechstagewerk noch ganz in der [[Astralwelt]] abspielt, verlagert sich nun die Entwicklung in die [[Ätherwelt]].
''Jesus'' bzw. ''Jeschu'' ist die [[Wikipedia:Aramäische Sprache|aramäische]] Kurzform des [[hebräisch]]en Namens [[Wikipedia:Jehoschua|Jehoschua]] ({{He|יהושוע}}). Der erste Teil dieses Namens {{He|יהו}} (''jhw'') ist vermutlich eine verkürzte Form des hebräischen Gottesnamens [[JHWH]] ([[Jahve]]); der zweite Namensteil {{He|שוע}} (''schua'') bedeutet „edel“, „freigiebig“, „vornehm sein“, wird aber auch von dem Verb ''jascha'' („retten“, „befreien“, „erlösen“) abgeleitet <ref>vgl. {{WiBiLex|Jeschua|Autoren=Chr. Rösel}}</ref>.
 
== Die beiden Jesusknaben ==
 
[[Rudolf Steiner]] hat demgegenüber darauf hingewiesen, dass zur Zeitenwende in Bethlehem nicht nur einer, sondern [[Die zwei Jesusknaben|zwei Jesusknaben]] geboren wurden, die beide dem Geschlecht [[Wikipedia:König David|David]]s entstammten. Der [[Salomonischer Jesus|salomonische Jesusknabe]], dessen Eltern in Bethlehem lebten, entstammte der königlichen Linie des Hauses David, der [[Nathanischer Jesus|nathanische Jesus]], dessen Eltern in Nazareth wohnten und nur zur Volkszählung nach Bethlehem gekommen waren, stammte aus der priesterlichen Linie. So überraschend diese Erkenntnisse Steiners auf den ersten Blick wirken mögen, so geben doch schon die unterschiedlichen Geburtsgeschichten in den [[Evangelium|Evangelien]] einen deutlichen Hinweis darauf. Durch den salomonischen Jesus des [[Matthäusevangelium]]s sollte ein geeigneter [[physischer Leib]] und [[Ätherleib]] für den [[Christus]] zubereitet werden, durch den nathanischen Jesus des [[Lukasevangelium]]s ein entprechender [[Astralleib]] und [[Ich]]-Träger.


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5 Und alle die Sträucher auf dem Felde waren noch nicht auf Erden, und all das Kraut auf dem Felde war noch nicht gewachsen; denn Gott der HERR hatte noch nicht regnen lassen auf Erden, und kein Mensch war da, der das Land bebaute; 6 aber ein Nebel stieg auf von der Erde und feuchtete alles Land. 7 Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen. 8 Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten hin und setzte den Menschen hinein, den er gemacht hatte. 9 Und Gott der HERR ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. 10 Und es ging aus von Eden ein Strom, den Garten zu bewässern, und teilte sich von da in vier Hauptarme.11 Der erste heißt Pischon, der fließt um das ganze Land Hawila und dort findet man Gold; 12 und das Gold des Landes ist kostbar. Auch findet man da Bedolachharz und den Edelstein Schoham. 13 Der zweite Strom heißt Gihon, der fließt um das ganze Land Kusch. 14 Der dritte Strom heißt Tigris, der fließt östlich von Assyrien. Der vierte Strom ist der Euphrat. 15 Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte. 16 Und Gott der HERR gebot dem Menschen und sprach: Du darfst essen von allen Bäumen im Garten, 17 aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes sterben. 18 Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei.1 19 Und Gott der HERR machte aus Erde alle die Tiere auf dem Felde und alle die Vögel unter dem Himmel und brachte sie zu dem Menschen, dass er sähe, wie er sie nennte; denn wie der Mensch jedes Tier nennen würde, so sollte es heißen. 20 Und der Mensch gab einem jeden Vieh und Vogel unter dem Himmel und Tier auf dem Felde seinen Namen; aber für den Menschen ward keine Gehilfin gefunden, die um ihn wäre. 21 Da ließ Gott der HERR einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen, und er schlief ein. Und er nahm eine seiner Rippen und schloss die Stelle mit Fleisch. 22 Und Gott der HERR baute eine Frau aus der Rippe, die er von dem Menschen nahm, und brachte sie zu ihm. 23 Da sprach der Mensch: Das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie Männin nennen, weil sie vom Manne genommen ist.2 24 Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden sein "ein" Fleisch. 25 Und sie waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und schämten sich nicht. {{Bibel|Gen|2|5-25|LUT}}
"Nun aber sind in einem Menschen, also auch in demjenigen, der der
Träger für die Christus-Wesenheit werden sollte, nicht bloß physischer
Leib und Ätherleib vorhanden, sondern auch noch astralischer Leib
und Ich. Es mußte also nicht bloß alles getan werden für die entsprechende
Zubereitung des physischen Leibes und des Ätherleibes, sondern
es mußte ebenso alles getan werden für die entsprechende Zubereitung
des astralischen Leibes und des Ich. Dies konnte für ein so
großes Ereignis zunächst nicht an einer Persönlichkeit bewirkt werden,
sondern es mußte an zwei Persönlichkeiten geschehen. Der physische
Leib und der Ätherleib wurden zubereitet bei der Persönlichkeit, von
der das Matthäus-Evangelium zunächst erzählt. Und astralischer Leib
und Ich wurden zubereitet bei der Persönlichkeit, die wir vom Lukas-
Evangelium her kennen als den nathanischen Jesus. Das ist für die
ersten Jahre eine andere Persönlichkeit. Während der Jesus des Matthäus-
Evangeliums den entsprechenden physischen und Ätherleib bekam,
sollte der Jesus des Lukas-Evangeliums bekommen den entsprechenden
astralischen Leib und den entsprechenden Ich-Träger." {{Lit|{{G|123|102}}}}
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=== Der [[Baum des Lebens]] und der [[Baum der Erkenntnis]] ===
Steiner berichtet weiter, dass in dem Leib des salomonischen Jesus das [[Reinkarnation|wiederverkörperte]] [[Ich]] des großen urpersischen [[Eingeweihte]]n [[Zarathustra]] lebte, während es sich bei dem nathanischen Jesus um jenen unschuldig gebliebenen Teil der [[Adam]]-Seele handelte, der nach dem [[Sündenfall]] in der [[Geistige Welt|geistigen Welt]] zurückbehalten worden war und sich erstmals zur Zeitenwende in einem irdischen [[Leib]] verkörperte. Deshalb verfügte er auch nicht über ein regelrecht ausgebildetes [[individuell]]es [[mensch]]liches [[Ich]], denn dieses bildet sich erst nach und nach im Zug wiederholter Erdenleben aus.
[[Bild:Michelangelo_Suendenfall.jpg|thumb|350px|[[Wikipedia:Michelangelo|Michelangelo]]: Sündenfall und Vertreibung aus dem Paradies (Deckenfresko in der [[Wikipedia:Sixtinische Kapelle|Sixtinischen Kapelle]])]]
 
Der [[Baum des Lebens]] und der [[Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen]] stehen für das Höhere, das sich mit dem [[Mensch]]en verbinden muss, um seinen [[Ätherleib]] und seinen [[Physischer Leib|physischen Leib]] zu bilden. Der Baum der Erkenntnis ist in der Sprache der [[Elohim]], die diese bereits auf der [[Alte Sonne|alten Sonne]] entwickelt haben, der [[Physischer Leib|physische Leib]] des [[Mensch]]en. Mit dem [[Baum des Lebens]] ist der [[Ätherleib]] gemeint {{Lit|{{G|253|60ff}}}}.
Die beiden Jesusknaben gehören ganz unterschiedlichen Geistesströmungen an. Das Wesen des salomonischen Jesus ist auf das praktische Wirken in der äußeren Welt gerichtet, das des nathanischen Jesus hingegen ganz auf Verinnerlichung, die der [[Buddhismus|buddhistischen]] Geistesströmung entspringt. Entsprechend wurde die Geburt des salomonischen Jesus dem Joseph verkündet, die des nathanischen Jesus jedoch der Maria. Die Polarität des männlichen und weiblichen Elements wird darin deutlich, die [[Goethe]] so treffend in seinem bekannten Ausspruch charakterisiert hat:
 
<table align="center"><tr><td>
Vom Vater hab' ich die Statur,<br>
Des Lebens ernstes Führen,<br>
Vom Mütterchen die Frohnatur<br>
Und Lust zu fabulieren.
</td></tr></table>
 
Der nathanische Jesus wurde von einer ganz jungen Mutter geboren und er blieb ein Einzelkind, während der salomonische Jesus noch sechs Geschwister hatte (Mk 6,3). Die Eltern des nathanischen Jesus wohnten in Nazareth und begaben sich nur zur Schätzung nach Bethlehem, wo Jesus geboren wurde, und zogen nach der Darstellung im Tempel wieder heim.


=== Die [[vier Paradiesesströme]] ===
Der salomonische Jesusknabe, dessen Eltern ebenfalls Maria und Josef hießen und in Bethlehem lebten, wurde einige Monate vor dem nathanischen geboren und musste vor dem Bethlehemitischen Kindermord durch die Flucht nach Ägypten gerettet werden.
[[Datei:Garten eden cranach.jpg|miniatur|hochkant|200px|Sündenfall des Menschen, [[Wikipedia:Lucas Cranach der Ältere|Lucas Cranach d. Ä.]] (1530)]]
 
Die [[vier Paradiesesströme]], genannt '''Pischon''' ({{HeS|פִּישׁ֑וֹן}}), '''Gihon''' ({{HeS|גִּיח֑וֹן}}), '''Hiddekel''' ({{HeS|}}, meist als [[Wikipedia:Tigris|Tigris]] übersetzt) und '''Perat''' (auch Ph<sup>e</sup>rat, {{HeS|פְרָֽת}}, [[Wikipedia:Euphrat|Euphrat]]), sind ein [[Sinnbild]] für die vier [[astral]]en Grundformen der [[Materie]], für die [[vier Elemente]], aus denen der [[Leib]] des Menschen gebildet wird, der dann mit dem [[Sündenfall]] ganz auf den [[Physische Welt|physischen Plan]] herabsteigt. Eine Zusammenstellung der vier Paradiesesflüsse mit den vier Elementen findet sich auf dem Taufbecken des [[Wikipedia:Hildesheimer Dom|Hildesheimer Dom]]s, das besonders reich an Darstellungen ist, die mit der [[Zahl]] [[vier]] zusammenhängen. So finden sich hier auch die vier Jahreszeiten, die vier großen Propheten, die vier Evangelisten und auch die vier [[Kardinaltugenden]]<ref>Paul Gerhard Ficker: ''Der Mitralis des Sicardus'', Dogma Verlag, 2012, S 41 [http://books.google.at/books?id=bHVb0TiIOV4C&pg=PT47]</ref>.
Nach der Rückkehr aus Ägypten siedelten sich die Eltern des salomonischen Jesus in Nazareth in der Nachbarschaft der Familie des nathanischen Jesusknaben an und die beiden Familien lebten in engem Kontakt miteinander. Dann, mit dem 12. Lebensjahr ging das Ich des Zarathustra, also des salomonischen Jesus, in den Leib des nathanischen Jesus über. Da der nathanische Jesusknabe über kein ausgebildetes menschliches Ich verfügte, das im Leib verkörpert war, musste daher auch kein Ich herausgehen, als die [[Individualität]] des Zarathustra im 12. Lebensjahr des Jesus in diesen Körper hinübertrat.  


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"Daher wird dieses Kind so plötzlich etwas ganz anderes. Die Eltern erstaunen, als sie es in Jerusalem im Tempel wiederfinden, nachdem in dasselbe der Geist des Zarathustra eingetreten war. Das wird dadurch angedeutet, daß der Knabe, nachdem er verlorengegangen war und in Jerusalem im Tempel wiedergefunden wurde, so gesprochen hat, daß ihn die Eltern nicht wiedererkannten, weil sie dieses Kind - den nathanischen Jesus-Knaben - eben nur so kannten, wie er früher war. Aber als es anfing zu den Schriftgelehrten im Tempel zu reden, da konnte es so sprechen, weil in dasselbe der Geist des Zarathustra eingetreten war." {{Lit|GA 15, III. Kapitel}}
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So vereinigte sich konkret die Geistesströmung des [[Buddha]] mit der des [[Zarathustra]]. Bald darauf starb die junge Mutter des nathanischen Jesus und auch der von seinem Ich verlassene salomonische Jesus. Erst von diesem Zeitpunkt an können wir zurecht von dem ''einen'' '''Jesus von Nazareth''' sprechen.
Joseph, der Vater des nathanischen Jesus, heiratete die mittlerweile ebenfalls verwitwete Mutter des salomonischen Jesus, wodurch das Ich des Zarathustra, das nun im Leib des nathanischen Jesus wohnte, wieder in den Kreis seiner ursprünglichen Familie zurückgeführt wurde. [[Lukas (Evangelist)|Lukas]] deutet darauf hin, wenn er bei den Schilderungen rund um die [[Jordan-Taufe]] sagt, dass er für den Sohn des Joseph gehalten wurde – nicht aber, dass er es sei.
Der Jesus von Nazareth, der aus dieser doppelten Abstammungslinie hervorgegangen ist, ist zunächst ''nicht'' mit [[Christus]] identisch. Der Geist des Christus zog erst um das 30. Lebensjahr mit der [[Jordan-Taufe]] in den Jesus ein.
== Das Leben des Jesus von Nazareth vom 12. bis zum 30. Lebensjahr - [[das fünfte Evangelium]] ==
Durch seine Forschungen in der [[Akasha-Chronik]] {{Lit|{{G|148||}}}} hat Rudolf Steiner diesen Lebensabschnitt des Jesus von Nazareth erhellt, von dem uns die Evangelien nichts berichten.
=== Die Stimme der [[Bath-Kol]] ===
Nach den Ereignissen im Tempel, wo plötzlich, nachdem das Ich des Zarathustra in den Leib des nathanischen Jesus übergegangen war, große Weisheit aus dem Jesus von Nazareth sprach, wurden große Erwartungen in ihn gesetzt. Man sah in ihm den kommenden Schriftgelehrten. Er selbst aber wurde immer schweigsamer und verinnerlichte sich bis zu seinem 18. Lebensjahr immer mehr. Es war, wie wenn die Sonne der alten Zarathustra-Lehre neu in ihm im Gewand der jüdischen Gelehrsamkeit aufleuchtete. Große sittliche Ideale gingen ihm in seiner Seele auf, doch was er von den jüdischen Gelehrten hörte, die sein Elternhaus besuchten, erfüllte ihn mit Bitterkeit, denn er sah, wie viel Unsicheres und zum Irrtum Neigendes darin enthalten war. Ganz besonders bedrückte es ihn, dass er immer wieder hören musste, dass jener Geist, der noch zu den Propheten inspirierend gesprochen hatte, nun nicht mehr vernommen werden konnte. Nur eine viel schwächere Stimme vermeinten manche Schriftgelehrten noch ab und an zu vernehmen, die Stimme der [[Bath-Kol]] ([[Wikipedia:Hebräische Sprache|hebr.]], ''Tochter der Stimme''). Bald begann Jesus selbst die Stimme der Bath-Kol zu vernehmen, doch was er vernahm, machte ihn nur noch trauriger, denn die Stimme selbst sagte ihm, dass sie nicht mehr bis zu den wahren geistigen Höhen hinaufreiche und überhaupt bald verstummen würde. Eine Fortsetzung der alten Offenbarungen war von ihr nicht zu erwarten.
=== Bekanntschaft mit dem [[Mithras-Kult]] ===
Bedingt durch sein Zimmermanns-Handwerk machte der Jesus in dieser Zeit und auch später noch viele Reisen durch Palästina. Da lernte er auch den [[Mithras-Kult]] kennen, dessen Fortsetzung in gewissem Sinn später der katholische Kultus wurde, gleichsam als Musterbeispiel des heidnischen Kultus. Durch seine hohe [[hellseher]]ische Kraft, die er als Naturanlage hatte, konnte er genau verfolgen, was bei den kultischen Zeremonien wirklich geschah. Und da sah er, wie durch die Opferhandlung mancherlei dämonische Wesenheiten herbeigerufen wurden:
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"Und Gott der Herr machte den Menschen aus einem
Diese Wanderungen dauerten fort bis ins zwanzigste, zweiundzwanzigste, vierundzwanzigste Jahr hinein. Es waren immer Bitternisse, die er in seiner Seele empfand, wenn er also das Walten sah der Dämonen, der gleichsam von Luzifer und Ahriman hervorgebrachten Dämonen, und sah, wie das Heidentum es in vieler Beziehung sogar so weit gebracht hatte, die Dämonen für Götter hinzunehmen, ja sogar in den Götzenabbildungen Bilder zu haben wilder dämonischer Mächte, die angezogen wurden von diesen Bildern, von diesen Kultushandlungen, und in die betenden Menschen übergingen, die betenden Menschen, die in gutem Glauben daran teilnahmen, von sich besessen machten." {{Lit|{{G|148|62}}}}
Erdenkloß, und er blies ihm ein den lebendigen Odem in
seine Nase. Und also ward der Mensch eine lebendige
Seele. (Genesis 2, 3-7)
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Jetzt war der Mensch da.
=== Das umgekehrte [[Vaterunser]] ===
Diese Erlebnisse kamen zu einem gewissen Abschluss mit dem 24. Lebensjahr des Jesus von Nazareth. Da kam er wieder einmal an eine heidnische Kultstätte, die aber von den Priestern längst verlassen war. Und ringsherum lagerte sich nur trauriges, von allerlei furchtbaren seelischen und bis ins Körperliche gehenden Krankheiten behaftetes Volk. Unendliche Liebe und Mitlied zu diesem leidenden Volk erfüllte die Seele des Jesus und das wurde auch von den Menschen gefühlt. Als er an den Altar herantrat, wollten sie in ihm den neuen vom Himmel gesandten Priester sehen. Und mit Entsetzen mussten sie sehen, dass er wie tot hinfiel. Mit seinem Bewusstsein wurde Jesus in hohe geistige Welten entrückt, bis in die Sonnensphäre. Da vernahm er eine inspirierende Stimme, wie er früher die Bath-Kol vernommen hatte, aber jetzt war diese Stimme bedeutsam verwandelt. Die Worte, die er da vernahm und die Rudolf Steiner als das umgekehrte Vaterunser bezeichnet hat, lauteten so, wenn man sie sinngemäß in unsere Sprache übersetzt:
 
<table align="center"><tr><td>
Amen<br>
Es walten die Übel<br>
Zeugen sich lösender Ichheit<br>
Von andern erschuldete Selbstheitschuld<br>
Erlebet im täglichen Brote<br>
In dem nicht waltet der Himmel Wille<br>
Da der Mensch sich schied von Eurem Reich<br>
Und vergaß Euren Namen<br>
Ihr Väter in den Himmeln.
</td></tr></table>
 
Als der Jesus wieder aus seiner Entrückung erwachte, waren die Menschen um ihn entflohen und seinem hellsichtigen Blick zeigten sich nur die Dämonen, die mit diesen Menschen verbunden waren.
 
Um diese Zeit, als die zweite Periode in der Seelenentwicklung des Jesus von Nazareth seit seinem 12. Lebensjahr mit den eben beschriebenen Erlebnissen abgeschlossen war, starb sein Vater, der zu Hause geblieben war. Das war etwa im 24. Lebensjahr des Jesus.
 
=== Begegnung mit dem [[Essäer]]-Orden ===
In dem Jesus lebte nicht nur das Wissen des Weisen, sondern er hatte auch so tief in das Elend der Menschen hineingeblickt, wie keiner vor ihm. So war er durch das Leben in gewisser Weise ein Eingeweihter geworden, ohne dass er im eigentlichen Sinn eine Eingeweihtenschulung durchgemacht hatte. Und tief in seiner Seele brannte dabei die Frage, wie man all diesem Jammer, all diesem Elend, das er nicht nur mit äußeren Augen, sondern hellsichtig gesehen hatte, Einhalt gebieten könnte.
 
Da lernte Jesus den strengen [[Essäer]]orden kennen, der seinen Hauptsitz am Toten Meer hatte ([[Wikipedia:Qumran|Qumran]]). In diesem Essäerorden, wo man auch um das Elend der Welt wusste, hatte sich allmählich die Anschauung herausgebildet, dass die Welt nur dann ihren rechten Fortgang nehmen würde, wenn eine besonders weise Seele ersteht, die als eine Art Messias wirken könnte. Tief berührt waren die Essäer von der Weisheit und Reife, die in der Seele des Jesus lebte, und so ließen sie in den inneren Kreis ihres Ordens treten, auch ohne dass er die Erprobungen der niederen Grade durchzumachen hatte und ohne dass er ein regelrechtes Mitglied wurde.


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Und Gott der Herr pflanzte einen Garten in Eden gegen
"Und Jesus von Nazareth lernte kennen in seinem Verkehr mit den Essäern, im fünfundzwanzigsten, sechsundzwanzigsten, siebenundzwanzigsten, achtundzwanzigsten Lebensjahr und noch darüber hinaus, fast alles, was der Essäerorden zu geben hatte." {{Lit|{{G|148|68}}}}
Morgen, und setzte den Menschen drein, den er gemacht
 
hatte.  
In dieser Zeit empfing Jesus auch wichtige hellsichtige Impressionen, die sich an den Lehren der Essäer entzündeten. Und da kam es schließlich auch zu einem Geistgespräch mit dem [[Buddha]], der ihm in seiner gegenwärtigen Geistgestalt gegenübertrat:
Und Gott der Herr ließ aufwachsen aus der Erde allerlei
 
Bäume, lustig anzusehen, und gut zu essen, und den Baum
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des Lebens mitten im Garten und der Baum der Erkenntnis
"In diesem bedeutsamen Geistgespräch erfuhr Jesus von Nazareth von dem Buddha, daß dieser etwa sagte: Wenn meine Lehre so, wie ich sie gelehrt habe, völlig in Erfüllung gehen würde, dann müßten alle Menschen den Essäern gleich werden. Das aber kann nicht sein. Das war der Irrtum in meiner Lehre. Auch die Essäer können sich nur weiter fortbringen, indem sie sich aussondern von der übrigen Menschheit; für sie müssen übrige Menschenseelen da sein. Durch die Erfüllung meiner Lehre müßten lauter Essäer entstehen. Das aber kann nicht sein." {{Lit|{{G|148|69}}}}
des Guten und Bösen. (Genesis 2, 8-9)
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Da wird geschildert der Übergang von den ätherischen Rassen zu
Bei den Essäern lernte Jesus einen anderen, fast gleichaltrigen Mann kennen, der Kleider von Kamelhaar trug wie die Essäer, ihnen aber doch nur als Laienbruder angehörte. Er war beeindruckt von den Lehren der Essäer, aber er hatte niemals die Lehre des Judentums vollständig in sich auswechseln können mit der Lehre der Essäer. Dieser Mann war niemand anders als [[Johannes der Täufer]]. Mit ihm hatte Jesus von Nazareth viele Gespräche. Bei einem dieser Gespräche schien im die physische Leiblichkeit Johannes des Täufers vor seinem Blick zu verschwinden und dafür leuchtete die Vision des [[Elias]] vor ihm auf.
den physischen Rassen. Diese werden zusammengefügt von den
 
vier Seiten, von Ost, West, Süd, Nord, und von den vier Elementen,
Diese beiden Begegnungen, die mit dem Buddha und die mit Johannes/Elias, waren sehr bedeutsam für Jesus von Nazareth. Und dazu kamen noch weitere Erlebnisse. Es gab eine Regel bei den Essäern, dass sie nur durch Tore schreiten durften, die nicht mit Bildern versehen waren. In Jerusalem hatte man für sie extra unbemalte Tore eingerichtet:
die den Fähigkeiten der Geist-Seele entsprechen. Der Baum
des Lebens und der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen ist
das Sinnbild für das Höhere, das sich mit dem Menschen verbunden
hat.


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Und es ging aus von Eden ein Strom, zu wässern den Garten,
"Schon seit längerer Zeit hatte Jesus von Nazareth etwas Besonderes beobachten können: Wenn er an Orte kam, wo Essäertore waren, wo bildlose Tore waren, da konnte Jesus von Nazareth durch solche Tore nicht schreiten, ohne wiederum eine bittere Erfahrung zu machen. Er sah diese bildlosen Tore, aber für ihn waren geistige Bilder an diesen Toren; für ihn erschien zu beiden Seiten eines solchen Tores immer dasjenige, was wir jetzt kennengelernt haben in den verschiedenen geisteswissenschaftlichen Auseinandersetzungen unter dem Namen Ahriman und Luzifer. Und allmählich hatte sich ihm das Gefühl, der Eindruck in der Seele gefestigt, daß die Abneigung der Essäer gegen die Torbilder etwas zu tun haben müsse mit dem Herbeizaubern solcher geistiger Wesenheiten, wie er sie an diesen Toren erschaute, daß Bilder an den Toren Abbilder von Luzifer und Ahriman seien." {{Lit|{{G|148|70}}}}
und teilte sich von dannen in vier Hauptwasser.
Das erste heißt Pison, das fließet um das ganze Land Hevila;
und daselbst findet man Gold.  
Und das Gold des Landes ist köstlich; und da findet man
Bedellion und den Edelstein [[Onyx]]. (Genesis 2, 10-12)
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Die anderen Wasser heißen Gehon, Hiddekel und Euphrat. Die
Nicht gleich vermochte der Jesus das damit verbundene Geheimnis zu durchschauen. Aber eines Tages, als er durch das Tor des Hauptgebäudes des Essäerklosters schritt, da sah er [[Luzifer]] und [[Ahriman]] von diesem Tore fliehen und es entstand in ihm die brennende Frage: Wo fliehen diese beiden hin?
vier Gewässer sind die Symbole für die vier Astralformen der
 
Materie, die zusammenfließen. Das Wasser bedeutet immer das
=== Das Gespräch mit der Stiefmutter ===
Astrale in der esoterischen Sprache. In der esoterischen Sprache ist
Zu dieser Zeit, das war nun schon kurz vor der [[Jordan-Taufe]], führte Jesus ein intimes Gespräch mit seiner Stiefmutter leiblicherseits, in der er ihr erstmals von all den Zweifeln sprach, die in seiner Seele lebten und wie all die alte überlieferte Weisheit das Elend der Menschen nicht lindern könnte. Er wusste noch nicht genau, dass er die Zarathustra- Seele in sich trug, aber die alte Zarathustra-Lehre, die Zarathustra-Weisheit, der alte Zarathustra-Impuls stiegen während des Gespräches in ihm auf. Von all seinen Erlebnissen sprach er zu seiner Stiefmutter, von den Irrtümern der Schriftgelehrten und von der Stimme der Bath-Kol, die er vernommen hatte. Und merkwürdig ruhig hörte sie ihm zu, wie er von der Wertlosigkeit all dessen sprach, was ihr das Heiligste war, aber sie war eben von tiefster Liebe zu ihm erfüllt. Auch von seinen Erlebnissen bei den Essäern erzählte er, insbesondere davon, wie er Luzifer und Ahriman vom Tor des Essäertempels hatte fliehen sehen und plötzlich verstand er, was das zu bedeuten hatte:
Gold das Symbol des Geistigen; der Onyx ist das Symbol der
 
Materie, die am tiefsten heruntergeht. Der Onyx ist das Symbol
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dafür, wie sich das Lebendige verwandeln muß, bevor es in das
"Als ich einstmals nach einem intimen, wichtigsten Gespräch mit den Essäern wegging, da sah ich am Haupttore, wie Luzifer und Ahriman davonliefen. Seit jener Zeit, liebe Mutter, weiß ich, daß die Essäer durch ihre Lebensweise, durch ihre Geheimlehre sich selber vor ihnen schützen, so daß Luzifer und Ahriman vor ihren Toren fliehen müssen. Aber sie schicken dadurch Luzifer und Ahriman weg von sich zu den anderen Menschen hin. Die Essäer werden glücklich in ihren Seelen auf Kosten der anderen Menschen; sie werden glücklich, weil sie sich selber vor Luzifer und Ahriman retten!" {{Lit|{{G|148|83}}}}
höhere Prinzip aufgenommen werden kann. Das Lebendige, das
Prana, muß durchgehen durch einen Läuterungszustand; diesen
bezeichnet man als den Onyx-Zustand. Auch in Goethes «Märchen» findet man die Verwandlung des Mopses in einen Onyx." {{Lit|{{G|088|221f}}}}
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Das [[Bedellion]] (auch [[Guggul]]) wird meist als gelblich durchscheinendes Harz mit gummiartiger Struktur aufgefasst ([[Bedolachharz]]) und in der [[Wikipedia:Bibel|Bibel]] später auch zur Beschreibung des [[Manna]] benutzt {{Bibel|Num|11|7}}, das nach [[Rudolf Steiner]] [[Manas]] ([[Geistselbst]]) symbolisiert. In vielen [[jüdisch]]en Schriften wird es aber auch als [[Wikipedia:Erz|Erz]] interpretiert. Selbst als Perle oder gar Kristall von möglicherweise leuchtend rötlicher [[Farbe]] wird es gelegentlich beschrieben, wobei allerdings erstarrte Harze manchmal durchaus perlenförmig erscheinen können, wie es etwa von dem englischen Botaniker [[Wikipedia:John Parkinson|John Parkinson]] bereits im [[Wikipedia:16. Jahrhundert|16. Jahrhundert]]s für [[Bdellion]] aus Baktrien beschrieben wurde.
Tief erschüttert war die Mutter von diesen Worten des Jesus, in denen seine ganze Seele, sein ganzes Ich lag. Sein ganzer Schmerz ergoss sich in die Seele der Mutter und sie fühlte sich wie eins mit ihm. Jesus aber fühlte, als ob alles, was seit seinem zwölften Jahre in ihm lebte, fortgegangen wäre während dieses Gespräches. Wie außer sich fühlte er sich, wie wenn sein Ich weggegangen wäre. Die Mutter aber fühlte, wie wenn sich ein neues Ich in sie hineinversenkt hätte; sie war eine neue Persönlichkeit geworden. Eine bedeutsame Verwandlung begann sich mit dem Jesus zu vollziehen und ebenso mit seiner Mutter.


=== Eva wird aus der Rippe des Adam erschaffen ===
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"Je mehr er davon sprach, desto mehr wurde die Mutter voll von all der Weisheit, die in ihm lebte. Und alle die Erlebnisse, die seit seinem zwölften Jahre in ihm gelebt hatten, sie lebten jetzt auf in der Seele der liebenden Mutter! Aber von ihm waren sie wie hingeschwunden; er hatte gleichsam in die Seele, in das Herz der Mutter dasjenige hineingelegt, was er selber erlebt hatte seit seinem zwölften Jahre. Dadurch wandelte sich die Seele der Mutter um." {{Lit|{{G|148|84}}}}
</div>


Das [[Knochensystem]] ist ein vollkommenes [[physisch]]es Bild der [[Ich-Organisation]] und verleiht uns unsere [[mensch]]liche [[Gestalt]] und macht uns dadurch zu Erdenmenschen; darum wird [[Eva]] aus der [[Rippe]] ({{HeS|צְלָעֹ|zela}}, ''Rippe, Seite, Rand'') des [[Adam]] erschaffen. Der Mensch hat [[12]] Rippenpaare, die oberen sieben Rippen sind ''sternale'' ([[Latein|latinisierte]] Form von [[Wikipedia:Altgriechische Sprache|altgr.]] ''στέρνον'' „Brust, Herz, Gemüt“), die achte bis zehnte asternale und die unteren beiden enden frei in der Muskulatur. In diesem Aufbau spiegel sich die [[Kosmos|kosmischen]] Verhältnisse wider: Die 12 Rippenpaare entsprechen den 12 [[Bild]]ern des [[Tierkreis]]es; die [[7]] sternalen Rippenpaare den [[sieben Planeten]].
=== Der Weg zur [[Jordan-Taufe]] ===
Tagelang ging nun der Jesus wie traumverloren, wie von Sinnen im Haus herum, so dass seine Brüder schon meinten, er hätte den Verstand verloren. Dann ging er, wie von einer inneren Notwendigkeit getrieben, zum Jordan hin, wo Johannes seine Jünger taufte. Und mit der Jordan-Taufe geschah es nun, dass sich die Christus-Wesenheit in ihn herabsenkte.


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"Unsere Tiere, die sich in ihrer Entwicklung auf der Erde befinden,
Seit jenem Gespräche mit seiner Mutter war gewichen das Ich des Zarathustra und dasjenige, was vorher gewesen war, was er bis zum zwölften Jahre war, das war wiederum da, nur gewachsen, noch größer geworden. Und hinein in diesen Leib, der jetzt nur in sich trug die unendliche Tiefe des Gemütes, das Gefühl des Offenseins für unendliche Weiten, senkte sich der Christus. Der Jesus war jetzt durchdrungen vom Christus; die Mutter aber hatte auch ein neues Ich, das sich in sie hineinversenkt hatte, erlangt; sie war eine neue Persönlichkeit geworden. {{Lit|{{G|148|84}}}}
und auch der Mensch, bilden sich auf der Erde ein Knochensystem
aus. Die Tiere aber, die auf dem Monde ihre Entwicklung
schon zu Ende erreicht haben, die hatten dort kein Knochensystem,
sie haben sich auf der Erde ein Außenskelett gebildet: eine
Kruste oder eine Schale wie zum Beispiel Käfer, Tracheen und so
weiter. Diese kamen vom Monde in die Erdenentwicklung hinein.
Alle Wesen, die wirklich mit der Erdenentwicklung gehen, bilden
ein Innenskelett. Daher wird Eva als aus der Rippe geschaffen
dargestellt." {{Lit|{{G|089|152}}}}
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== Der Garten Eden in der islamischen Tradition ==
Da zeigt nun die okkulte Forschung eine weitere bedeutsame Tatsache, welche die Mutter betrifft und die sich zugleich mit der Jordan-Taufe abspielte und die Verwandlung der Mutter zur Vollendung brachte. Sie war damals fünfundvierzig oder sechsundvierzig Jahre alt, da fühlte sie sich in ihrer Seele durchdrungen von dem Ich der Mutter des nathanischen Jesus, die schon früh gestorben war, so wie sich zugleich der Jesus von dem Christus durchdrungen fühlte. Sie fühlte sich seitdem ganz so wie jene junge Mutter, die einstmals den Lukas-Jesusknaben geboren hatte. Es war wie eine Wiedergeburt zur [[Jungfräulichkeit]], zu einer [[begierde]]losen Reinheit der [[Seele]].


Auch im [[Islam]] wird das Paradies als wunderbarer Garten, [[Dschanna]] ({{arS|جنّة}} ''Ǧanna'' = Wunder), geschildert, der hier nach der 56. [[Wikipedia:Sure|Sure]] (al-Wāqiaʿ, الواقعة = ''das unvermeidliche Ereignis'') des [[Wikipedia:Koran|Koran]] aber ein Ort der [[sinnlich]]en Freuden, also eine [[luziferisch]]e Welt ist. Das Paradies ist durch die Scheidewand ''Barjakh'' von der [[Hölle]] [[Dschahannam]] geschieden. Dieser wunderbare Garten ist von Bächen durchzogen, in denen Wasser, Milch und Honig fließen. Er ist mit den kostbarsten Teppichen und Sesseln ausgestattet und schöne [[Jungfrau]]en, die [[Wikipedia:Huri|Huri]]s, und junge Knaben servieren die erlesenstene Früchte und Geflügel:
Nach dem Gespräch mit seiner Mutter und noch vor der [[Jordan-Taufe]] begegnete Jesus noch zwei Essäern, dann einem Mann, der im Leben zu hohen Würden aufgestiegen, aber von [[Luzifer]] verführt worden war, und schließlich einem Aussätzigen, der in der Gewalt [[Ahriman]]s war. Diese Begegnungen spiegelen sich in der Versuchungsgeschichte wider, die sich kurz nach der Jordan-Taufe ereignete:


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Und ihr sollt in drei Gattungen (gegliedert) werden (7) : (In) die zur Rechten - was (wißt ihr) von denen die zur Rechten sein werden? (8) Und (in) die zur Linken - was (wißt ihr) von denen, die zur Linken sein werden? (9) Und (in) die Vordersten - (sie) werden die Vordersten sein. (10) Das sind die, die Allah nahe sein werden (11) in den Gärten der Wonne. (12) (Dies sind) eine große Schar der Früheren (13) und einige wenige der Späteren. (14) Auf Polstern, die mit Gold durchwoben sind, (15) lehnen (sie) auf diesen einander gegenüber. (16) Bedient werden sie von Jünglingen, die nicht altern, (17) mit Bechern und Krügen aus einer fließenden Quelle. (18) Keinen Kopfschmerz werden sie davon bekommen, noch wird ihnen das Bewußtsein schwinden. (19) Und Früchte, die sie sich wünschen, (20) und Fleisch vom Geflügel, das sie begehren, (21) und Huris, (22) wohlbehüteten Perlen gleich, (23) (werden sie erhalten) als Belohnung für das, was sie zu tun pflegten. (24) Sie werden dort weder leeres Gerede noch Anschuldigung der Sünde hören, (25) "nur das Wort: ""Frieden, Frieden!"" (26) "Und die zur Rechten - was (wißt ihr) von denen, die zur Rechten sein werden? (27) (Sie werden) unter dornlosen Lotusbäumen (sein) (28) und gebüschelten Bananen (29) und endlosem Schatten, (30) bei fließendem Wasser (31) und vielen Früchten, (32) die weder zu Ende gehen, noch für verboten erklärt werden, (33) und auf erhöhten Ruhekissen. (34) Wir haben sie (die Huris) in herrlicher Schöpfung gestaltet (35) und sie zu Jungfrauen gemacht, (36) zu liebevollen Altersgenossinnen (37) derer zur Rechten. (38) {{Koran|56|7|38}}
"Als nun dieses Wesen Jesus von Nazareth sich auf den Weg machte zu dem Täufer Johannes, da - so erzählt das Fünfte Evangelium - begegnete der Jesus von Nazareth zunächst zwei Essäern. Zwei Essäer waren es, mit denen er oftmals bei den Gelegenheiten, von denen ich gesprochen habe, Gespräche geführt hatte. Aber da das Ich des Zarathustra aus ihm herausgegangen war, so kannte er die beiden Essäer nicht sogleich. Sie aber erkannten ihn, denn es hatte sich natürlich jenes bedeutungsvolle physiognomische Gepräge, welches diese Wesenheit durch das Innewohnen des Zarathustra bekommen hatte, für den äußeren Anblick nicht geändert. Die beiden Essäer sprachen ihn an mit den Worten: Wohin geht dein Weg? - Der Jesus von Nazareth antwortete: Dahin, wohin noch Seelen eurer Art nicht blik-ken wollen, wo der Schmerz der Menschheit die Strahlen des vergessenen Lichtes fühlen kann!
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Die beiden Essäer verstanden seine Rede nicht. Als sie merkten, daß er sie nicht erkannte, da sprachen sie zu ihm: Jesus von Nazareth, kennst du uns denn nicht? - Er aber antwortete: Ihr seid wie verirrte Lämmer; ich aber werde der Hirte sein müssen, dem ihr entlaufen seid. Wenn ihr mich recht erkennet, werdet ihr mir bald von neuem entlaufen. Es ist so lange her, daß ihr von mir entflohen seid! - Die Essäer wußten nicht, was sie von ihm halten sollten, denn sie wußten nicht, wie es möglich wäre, daß aus einer Menschenseele solche Worte kommen konnten. Und unbestimmt schauten sie ihn an. Er aber sprach weiter: Was seid ihr für Seelen, wo ist eure Welt? Warum umhüllt ihr euch mit täuschenden Hüllen? Warum brennt in eurem Innern ein Feuer, das in meines Vaters Hause nicht entfacht ist? Ihr habt des Versuchers Mal an euch; er hat mit seinem Feuer eure Wolle glänzend und gleißend gemacht. Die Haare dieser Wolle stechen meinen Blick. Ihr verirrten Lämmer, der Versucher hat eure Seelen mit Hochmut durchtränkt; ihr traft ihn auf eurer Flucht.
 
Als Jesus von Nazareth das gesagt hatte, sprach einer der Essäer: Haben wir nicht dem Versucher die Türe gewiesen? Er hat kein Teil mehr an uns. - Und Jesus von Nazareth sprach: Wohl wieset ihr dem Versucher die Türe, doch er lief hin und kam zu den anderen Menschen. So grinst er euch aus den Seelen der anderen Menschen von allen Seiten an! Glaubt ihr denn, ihr hättet euch dadurch erhöhen können, daß ihr die anderen erniedrigt habt? Ihr kommt euch hoch vor, aber nicht deshalb, weil ihr hochgekommen seid, sondern weil ihr die anderen erniedrigt habt. So sind sie niedriger. Ihr seid geblieben, wo ihr waret. Nur deshalb kommt ihr euch so hoch über den anderen vor. - Da erschraken die Essäer. In diesem Augenblick aber verschwand der Jesus von Nazareth vor ihren Augen. Sie konnten ihn nicht mehr sehen.
 
Nachdem ihre Augen für eine kurze Weile wie getrübt waren, fühlten sie den Drang, in die Ferne zu schauen. Und in der Ferne schauten sie etwas wie eine Fata Morgana. Diese zeigte ihnen, ins Riesenhafte vergrößert, das Antlitz dessen, der eben vor ihnen gestanden. Und dann hörten sie wie aus der Fata Morgana zu ihnen gesprochen die Worte, furchtbar ihre Seelen durchdringend: Eitel ist euer Streben, weil leer ist euer Herz, da ihr euch erfüllt habt mit dem Geiste, der den Stolz in der Hülle der Demut täuschend birgt! -Und als sie eine Weile wie betäubt von diesem Gesicht und diesen Worten gestanden hatten, verschwand die Fata Morgana. Aber auch der Jesus von Nazareth stand nicht mehr vor ihnen. Sie blickten sich um. Da war er schon weitergegangen, und fern von ihnen sahen sie ihn. Und die beiden Essäer gingen nach Hause und sagten keinem etwas, was sie gesehen hatten, sondern schwiegen die ganze übrige Zeit bis zu ihrem Tode...  


== Siehe auch ==
Als nun der Jesus von Nazareth auf diesem Wege zum Jordan hin, auf den er getrieben worden war, eine Weile weiterging, begegnete er einer Persönlichkeit, von der man sagen kann: in ihrer Seele war tiefste Verzweiflung. Ein Verzweifelter kam ihm in den Weg. Und der Jesus von Nazareth sagte: Wozu hat deine Seele dich geführt? Ich habe dich vor Äonen gesehen, da warst du ganz anders. - Da sprach der Verzweifelte: Ich war in hohen Würden; ich bin im Leben hoch gestiegen. Viele, viele Ämter habe ich durchlaufen in der menschlichen Rangordnung, und schnell ging es. Da sagte ich mir oftmals, wenn ich sah, wie die anderen in ihren Würden zurückblieben, und ich hochstieg: Was für ein seltener Mensch bist du doch; deine hohen Tugenden erheben dich über alle anderen Menschen! Ich war im Glück und genoß voll dieses Glück. - So sagte der Verzweifelte. Dann fuhr er fort: Dann kam mir einmal schlafend etwas vor wie ein Traum. Im Traume war es, wie wenn eine Frage an mich gestellt würde, und dann wußte ich gleich, daß ich mich im Traume selber schämte vor dieser Frage. Denn die Frage, die da an mich gestellt wurde, war die: Wer hat dich groß gemacht? - Und ein Wesen stand vor mir im Traume, das sagte: Ich habe dich erhöht, doch du bist dafür mein! - Und ich schämte mich; denn ich glaubte, nur meinen eigenen Verdiensten und meinen Talenten die Erhöhung zu verdanken. Und jetzt trat mir - ich fühlte, wie ich mich im Traume schämte - ein anderes Wesen entgegen, das sagte, daß ich kein Verdienst hätte an meiner Erhöhung. Da mußte ich im Traume vor Scham die Flucht ergreifen. Ich ließ alle meine Ämter und Würden hinter mir und irre herum, suchend und nicht wissend, was ich suche. -So sprach der Verzweifelte. Und als er noch so sprach, stand das Wesen wieder vor ihm, zwischen ihm und dem Jesus von Nazareth, und deckte mit seiner Gestalt die Gestalt des Jesus von Nazareth zu. Und es hatte der Verzweifelte ein Gefühl, daß dieses Wesen etwas mit dem Luziferwesen zu tun habe. Und während das Wesen noch vor ihm stehenblieb, entschwand der Jesus von Nazareth, und dann verschwand auch das Wesen. Dann sah aber der Verzweifelte bereits in einiger Entfernung, daß Jesus von Nazareth vorübergegangen war, und er zog seines Weges irrend weiter.


* [[Paradieses-Imagination]]
Als Jesus von Nazareth weiterging, traf er einen Aussätzigen. Auf die Frage des Jesus von Nazareth: Wozu hat der Weg deiner Seele dich geführt? Ich habe dich vor Äonen gesehen, doch da warst du anders -, sagte der Aussätzige: Mich haben die Menschen verstoßen, verstoßen wegen meiner Krankheit! Kein Mensch wollte mit mir etwas zu tun haben, und ich wußte nicht, wie ich für die Notdurft meines Lebens sorgen sollte. Da irrte ich in meinem Leide herum und kam einmal in einen Wald. Etwas, was ich in der Ferne sah wie ein leuchtender Baum, zog mich an. Und ich konnte nicht anders, als wie getrieben zu diesem leuchtenden Baume hinzugehen. Da war es, wie wenn aus diesem Lichtschimmer des Baumes etwas herauskäme wie ein Totengerippe. Und ich wußte: der Tod selber stand vor mir. Der Tod sagte: Ich bin du! Ich zehre an dir. - Da fürchtete ich mich. Der Tod aber sprach: Warum fürchtest du dich? Hast du mich nicht immer geliebt? - Und ich wußte doch, daß ich ihn nie geliebt hatte. Und während er so zu mir sprach: Warum fürchtest du dich? Hast du mich nicht geliebt? - verwandelte er sich in einen schönen Erzengel. Dann verschwand er, und ich verfiel in einen tiefen Schlaf. Erst am Morgen wachte ich wieder auf und fand mich an dem Baume schlafend. Von da ab wurde mein Aussatz immer schlimmer. - Und als er das erzählt hatte, stand das, was er an dem Baume gesehen hatte, zwischen ihm und dem Jesus von Nazareth und verwandelte sich in ein Wesen, von dem er wußte: Ahriman oder etwas Ahrimanisches stand vor ihm. Und während er es noch anschaute, verschwand das Wesen, und auch der Jesus von Nazareth verschwand. Jesus war schon eine Weile weitergegangen. Und der Aussätzige mußte weiterziehen." {{Lit|{{G|148|156ff}}}}
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== Anmerkungen ==
Nach diesen drei Erlebnissen ging der Jesus zur Jordan-Taufe, wo sich der Christus-Geist in ihn herabsenkte. Damit begann das eigentliche Erdenleben des Christus in dem Leib des Jesus von Nazareth. Von diesem Zeitpunkt an dürfen wir erst von dem [[Christus Jesus]] sprechen.


<references/>
== Siehe auch ==
* [[Christus]]
* [[Jesus Christus]]


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Über die astrale Welt und das Devachan'', [[GA 88]] (1999), ISBN 3-7274-0880-4
#Rudolf Steiner: ''Das Lukas-Evangelium'', [[GA 114]] (2001)
#Rudolf Steiner: ''Bewußtsein – Leben – Form '', [[GA 89]] (2001), ISBN 3-7274-0890-1 {{Vorträge|089}}
#Rudolf Steiner: ''Das Matthäus-Evangelium'', [[GA 123]] (1988), ISBN 3-7274-1230-5 {{Vorträge|123}}
#Rudolf Steiner: ''Probleme des Zusammenlebens in der Anthroposophischen Gesellschaft. Zur Dornacher Krise vom Jahre 1915'', [[GA 253]] (1989), ISBN 3-7274-2530-X {{Geschichte|253}} {{Vorträge1|142}}
#Rudolf Steiner: ''Aus der Akasha-Forschung. Das Fünfte Evangelium'', [[GA 148]] (1992)


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{{GA}}


[[Kategorie:Menschheitsentwicklung]]
[[Kategorie:Evangelien]] [[Kategorie:Jesus]] [[Kategorie:Christologie]]

Version vom 26. Dezember 2013, 20:44 Uhr

Jesus von Nazareth (griech. Ἰησοῦς Iēsoûs, aramäisch ישוע Jeschua oder Jeschu; im Koran Isa ibn Maryamarab. عيسى بن مريم, DMG ʿĪsā b. Maryam ‚Jesus Sohn der Maria‘ genannt) wurde nach dem gegenwärtigen Stand der historischen Forschung wahrscheinlich zwischen 7 und 4 v. Chr. in Bethlehem geboren und starb 30, 31 oder 33 in Jerusalem.

Bedeutung des Namens

Jesus bzw. Jeschu ist die aramäische Kurzform des hebräischen Namens Jehoschua (יהושוע). Der erste Teil dieses Namens יהו (jhw) ist vermutlich eine verkürzte Form des hebräischen Gottesnamens JHWH (Jahve); der zweite Namensteil שוע (schua) bedeutet „edel“, „freigiebig“, „vornehm sein“, wird aber auch von dem Verb jascha („retten“, „befreien“, „erlösen“) abgeleitet [1].

Die beiden Jesusknaben

Rudolf Steiner hat demgegenüber darauf hingewiesen, dass zur Zeitenwende in Bethlehem nicht nur einer, sondern zwei Jesusknaben geboren wurden, die beide dem Geschlecht Davids entstammten. Der salomonische Jesusknabe, dessen Eltern in Bethlehem lebten, entstammte der königlichen Linie des Hauses David, der nathanische Jesus, dessen Eltern in Nazareth wohnten und nur zur Volkszählung nach Bethlehem gekommen waren, stammte aus der priesterlichen Linie. So überraschend diese Erkenntnisse Steiners auf den ersten Blick wirken mögen, so geben doch schon die unterschiedlichen Geburtsgeschichten in den Evangelien einen deutlichen Hinweis darauf. Durch den salomonischen Jesus des Matthäusevangeliums sollte ein geeigneter physischer Leib und Ätherleib für den Christus zubereitet werden, durch den nathanischen Jesus des Lukasevangeliums ein entprechender Astralleib und Ich-Träger.

"Nun aber sind in einem Menschen, also auch in demjenigen, der der Träger für die Christus-Wesenheit werden sollte, nicht bloß physischer Leib und Ätherleib vorhanden, sondern auch noch astralischer Leib und Ich. Es mußte also nicht bloß alles getan werden für die entsprechende Zubereitung des physischen Leibes und des Ätherleibes, sondern es mußte ebenso alles getan werden für die entsprechende Zubereitung des astralischen Leibes und des Ich. Dies konnte für ein so großes Ereignis zunächst nicht an einer Persönlichkeit bewirkt werden, sondern es mußte an zwei Persönlichkeiten geschehen. Der physische Leib und der Ätherleib wurden zubereitet bei der Persönlichkeit, von der das Matthäus-Evangelium zunächst erzählt. Und astralischer Leib und Ich wurden zubereitet bei der Persönlichkeit, die wir vom Lukas- Evangelium her kennen als den nathanischen Jesus. Das ist für die ersten Jahre eine andere Persönlichkeit. Während der Jesus des Matthäus- Evangeliums den entsprechenden physischen und Ätherleib bekam, sollte der Jesus des Lukas-Evangeliums bekommen den entsprechenden astralischen Leib und den entsprechenden Ich-Träger." (Lit.: GA 123, S. 102)

Steiner berichtet weiter, dass in dem Leib des salomonischen Jesus das wiederverkörperte Ich des großen urpersischen Eingeweihten Zarathustra lebte, während es sich bei dem nathanischen Jesus um jenen unschuldig gebliebenen Teil der Adam-Seele handelte, der nach dem Sündenfall in der geistigen Welt zurückbehalten worden war und sich erstmals zur Zeitenwende in einem irdischen Leib verkörperte. Deshalb verfügte er auch nicht über ein regelrecht ausgebildetes individuelles menschliches Ich, denn dieses bildet sich erst nach und nach im Zug wiederholter Erdenleben aus.

Die beiden Jesusknaben gehören ganz unterschiedlichen Geistesströmungen an. Das Wesen des salomonischen Jesus ist auf das praktische Wirken in der äußeren Welt gerichtet, das des nathanischen Jesus hingegen ganz auf Verinnerlichung, die der buddhistischen Geistesströmung entspringt. Entsprechend wurde die Geburt des salomonischen Jesus dem Joseph verkündet, die des nathanischen Jesus jedoch der Maria. Die Polarität des männlichen und weiblichen Elements wird darin deutlich, die Goethe so treffend in seinem bekannten Ausspruch charakterisiert hat:

Vom Vater hab' ich die Statur,
Des Lebens ernstes Führen,
Vom Mütterchen die Frohnatur
Und Lust zu fabulieren.

Der nathanische Jesus wurde von einer ganz jungen Mutter geboren und er blieb ein Einzelkind, während der salomonische Jesus noch sechs Geschwister hatte (Mk 6,3). Die Eltern des nathanischen Jesus wohnten in Nazareth und begaben sich nur zur Schätzung nach Bethlehem, wo Jesus geboren wurde, und zogen nach der Darstellung im Tempel wieder heim.

Der salomonische Jesusknabe, dessen Eltern ebenfalls Maria und Josef hießen und in Bethlehem lebten, wurde einige Monate vor dem nathanischen geboren und musste vor dem Bethlehemitischen Kindermord durch die Flucht nach Ägypten gerettet werden.

Nach der Rückkehr aus Ägypten siedelten sich die Eltern des salomonischen Jesus in Nazareth in der Nachbarschaft der Familie des nathanischen Jesusknaben an und die beiden Familien lebten in engem Kontakt miteinander. Dann, mit dem 12. Lebensjahr ging das Ich des Zarathustra, also des salomonischen Jesus, in den Leib des nathanischen Jesus über. Da der nathanische Jesusknabe über kein ausgebildetes menschliches Ich verfügte, das im Leib verkörpert war, musste daher auch kein Ich herausgehen, als die Individualität des Zarathustra im 12. Lebensjahr des Jesus in diesen Körper hinübertrat.

"Daher wird dieses Kind so plötzlich etwas ganz anderes. Die Eltern erstaunen, als sie es in Jerusalem im Tempel wiederfinden, nachdem in dasselbe der Geist des Zarathustra eingetreten war. Das wird dadurch angedeutet, daß der Knabe, nachdem er verlorengegangen war und in Jerusalem im Tempel wiedergefunden wurde, so gesprochen hat, daß ihn die Eltern nicht wiedererkannten, weil sie dieses Kind - den nathanischen Jesus-Knaben - eben nur so kannten, wie er früher war. Aber als es anfing zu den Schriftgelehrten im Tempel zu reden, da konnte es so sprechen, weil in dasselbe der Geist des Zarathustra eingetreten war." (Lit.: GA 15, III. Kapitel)

So vereinigte sich konkret die Geistesströmung des Buddha mit der des Zarathustra. Bald darauf starb die junge Mutter des nathanischen Jesus und auch der von seinem Ich verlassene salomonische Jesus. Erst von diesem Zeitpunkt an können wir zurecht von dem einen Jesus von Nazareth sprechen.

Joseph, der Vater des nathanischen Jesus, heiratete die mittlerweile ebenfalls verwitwete Mutter des salomonischen Jesus, wodurch das Ich des Zarathustra, das nun im Leib des nathanischen Jesus wohnte, wieder in den Kreis seiner ursprünglichen Familie zurückgeführt wurde. Lukas deutet darauf hin, wenn er bei den Schilderungen rund um die Jordan-Taufe sagt, dass er für den Sohn des Joseph gehalten wurde – nicht aber, dass er es sei.

Der Jesus von Nazareth, der aus dieser doppelten Abstammungslinie hervorgegangen ist, ist zunächst nicht mit Christus identisch. Der Geist des Christus zog erst um das 30. Lebensjahr mit der Jordan-Taufe in den Jesus ein.

Das Leben des Jesus von Nazareth vom 12. bis zum 30. Lebensjahr - das fünfte Evangelium

Durch seine Forschungen in der Akasha-Chronik (Lit.: GA 148) hat Rudolf Steiner diesen Lebensabschnitt des Jesus von Nazareth erhellt, von dem uns die Evangelien nichts berichten.

Die Stimme der Bath-Kol

Nach den Ereignissen im Tempel, wo plötzlich, nachdem das Ich des Zarathustra in den Leib des nathanischen Jesus übergegangen war, große Weisheit aus dem Jesus von Nazareth sprach, wurden große Erwartungen in ihn gesetzt. Man sah in ihm den kommenden Schriftgelehrten. Er selbst aber wurde immer schweigsamer und verinnerlichte sich bis zu seinem 18. Lebensjahr immer mehr. Es war, wie wenn die Sonne der alten Zarathustra-Lehre neu in ihm im Gewand der jüdischen Gelehrsamkeit aufleuchtete. Große sittliche Ideale gingen ihm in seiner Seele auf, doch was er von den jüdischen Gelehrten hörte, die sein Elternhaus besuchten, erfüllte ihn mit Bitterkeit, denn er sah, wie viel Unsicheres und zum Irrtum Neigendes darin enthalten war. Ganz besonders bedrückte es ihn, dass er immer wieder hören musste, dass jener Geist, der noch zu den Propheten inspirierend gesprochen hatte, nun nicht mehr vernommen werden konnte. Nur eine viel schwächere Stimme vermeinten manche Schriftgelehrten noch ab und an zu vernehmen, die Stimme der Bath-Kol (hebr., Tochter der Stimme). Bald begann Jesus selbst die Stimme der Bath-Kol zu vernehmen, doch was er vernahm, machte ihn nur noch trauriger, denn die Stimme selbst sagte ihm, dass sie nicht mehr bis zu den wahren geistigen Höhen hinaufreiche und überhaupt bald verstummen würde. Eine Fortsetzung der alten Offenbarungen war von ihr nicht zu erwarten.

Bekanntschaft mit dem Mithras-Kult

Bedingt durch sein Zimmermanns-Handwerk machte der Jesus in dieser Zeit und auch später noch viele Reisen durch Palästina. Da lernte er auch den Mithras-Kult kennen, dessen Fortsetzung in gewissem Sinn später der katholische Kultus wurde, gleichsam als Musterbeispiel des heidnischen Kultus. Durch seine hohe hellseherische Kraft, die er als Naturanlage hatte, konnte er genau verfolgen, was bei den kultischen Zeremonien wirklich geschah. Und da sah er, wie durch die Opferhandlung mancherlei dämonische Wesenheiten herbeigerufen wurden:

Diese Wanderungen dauerten fort bis ins zwanzigste, zweiundzwanzigste, vierundzwanzigste Jahr hinein. Es waren immer Bitternisse, die er in seiner Seele empfand, wenn er also das Walten sah der Dämonen, der gleichsam von Luzifer und Ahriman hervorgebrachten Dämonen, und sah, wie das Heidentum es in vieler Beziehung sogar so weit gebracht hatte, die Dämonen für Götter hinzunehmen, ja sogar in den Götzenabbildungen Bilder zu haben wilder dämonischer Mächte, die angezogen wurden von diesen Bildern, von diesen Kultushandlungen, und in die betenden Menschen übergingen, die betenden Menschen, die in gutem Glauben daran teilnahmen, von sich besessen machten." (Lit.: GA 148, S. 62)

Das umgekehrte Vaterunser

Diese Erlebnisse kamen zu einem gewissen Abschluss mit dem 24. Lebensjahr des Jesus von Nazareth. Da kam er wieder einmal an eine heidnische Kultstätte, die aber von den Priestern längst verlassen war. Und ringsherum lagerte sich nur trauriges, von allerlei furchtbaren seelischen und bis ins Körperliche gehenden Krankheiten behaftetes Volk. Unendliche Liebe und Mitlied zu diesem leidenden Volk erfüllte die Seele des Jesus und das wurde auch von den Menschen gefühlt. Als er an den Altar herantrat, wollten sie in ihm den neuen vom Himmel gesandten Priester sehen. Und mit Entsetzen mussten sie sehen, dass er wie tot hinfiel. Mit seinem Bewusstsein wurde Jesus in hohe geistige Welten entrückt, bis in die Sonnensphäre. Da vernahm er eine inspirierende Stimme, wie er früher die Bath-Kol vernommen hatte, aber jetzt war diese Stimme bedeutsam verwandelt. Die Worte, die er da vernahm und die Rudolf Steiner als das umgekehrte Vaterunser bezeichnet hat, lauteten so, wenn man sie sinngemäß in unsere Sprache übersetzt:

Amen
Es walten die Übel
Zeugen sich lösender Ichheit
Von andern erschuldete Selbstheitschuld
Erlebet im täglichen Brote
In dem nicht waltet der Himmel Wille
Da der Mensch sich schied von Eurem Reich
Und vergaß Euren Namen
Ihr Väter in den Himmeln.

Als der Jesus wieder aus seiner Entrückung erwachte, waren die Menschen um ihn entflohen und seinem hellsichtigen Blick zeigten sich nur die Dämonen, die mit diesen Menschen verbunden waren.

Um diese Zeit, als die zweite Periode in der Seelenentwicklung des Jesus von Nazareth seit seinem 12. Lebensjahr mit den eben beschriebenen Erlebnissen abgeschlossen war, starb sein Vater, der zu Hause geblieben war. Das war etwa im 24. Lebensjahr des Jesus.

Begegnung mit dem Essäer-Orden

In dem Jesus lebte nicht nur das Wissen des Weisen, sondern er hatte auch so tief in das Elend der Menschen hineingeblickt, wie keiner vor ihm. So war er durch das Leben in gewisser Weise ein Eingeweihter geworden, ohne dass er im eigentlichen Sinn eine Eingeweihtenschulung durchgemacht hatte. Und tief in seiner Seele brannte dabei die Frage, wie man all diesem Jammer, all diesem Elend, das er nicht nur mit äußeren Augen, sondern hellsichtig gesehen hatte, Einhalt gebieten könnte.

Da lernte Jesus den strengen Essäerorden kennen, der seinen Hauptsitz am Toten Meer hatte (Qumran). In diesem Essäerorden, wo man auch um das Elend der Welt wusste, hatte sich allmählich die Anschauung herausgebildet, dass die Welt nur dann ihren rechten Fortgang nehmen würde, wenn eine besonders weise Seele ersteht, die als eine Art Messias wirken könnte. Tief berührt waren die Essäer von der Weisheit und Reife, die in der Seele des Jesus lebte, und so ließen sie in den inneren Kreis ihres Ordens treten, auch ohne dass er die Erprobungen der niederen Grade durchzumachen hatte und ohne dass er ein regelrechtes Mitglied wurde.

"Und Jesus von Nazareth lernte kennen in seinem Verkehr mit den Essäern, im fünfundzwanzigsten, sechsundzwanzigsten, siebenundzwanzigsten, achtundzwanzigsten Lebensjahr und noch darüber hinaus, fast alles, was der Essäerorden zu geben hatte." (Lit.: GA 148, S. 68)

In dieser Zeit empfing Jesus auch wichtige hellsichtige Impressionen, die sich an den Lehren der Essäer entzündeten. Und da kam es schließlich auch zu einem Geistgespräch mit dem Buddha, der ihm in seiner gegenwärtigen Geistgestalt gegenübertrat:

"In diesem bedeutsamen Geistgespräch erfuhr Jesus von Nazareth von dem Buddha, daß dieser etwa sagte: Wenn meine Lehre so, wie ich sie gelehrt habe, völlig in Erfüllung gehen würde, dann müßten alle Menschen den Essäern gleich werden. Das aber kann nicht sein. Das war der Irrtum in meiner Lehre. Auch die Essäer können sich nur weiter fortbringen, indem sie sich aussondern von der übrigen Menschheit; für sie müssen übrige Menschenseelen da sein. Durch die Erfüllung meiner Lehre müßten lauter Essäer entstehen. Das aber kann nicht sein." (Lit.: GA 148, S. 69)

Bei den Essäern lernte Jesus einen anderen, fast gleichaltrigen Mann kennen, der Kleider von Kamelhaar trug wie die Essäer, ihnen aber doch nur als Laienbruder angehörte. Er war beeindruckt von den Lehren der Essäer, aber er hatte niemals die Lehre des Judentums vollständig in sich auswechseln können mit der Lehre der Essäer. Dieser Mann war niemand anders als Johannes der Täufer. Mit ihm hatte Jesus von Nazareth viele Gespräche. Bei einem dieser Gespräche schien im die physische Leiblichkeit Johannes des Täufers vor seinem Blick zu verschwinden und dafür leuchtete die Vision des Elias vor ihm auf.

Diese beiden Begegnungen, die mit dem Buddha und die mit Johannes/Elias, waren sehr bedeutsam für Jesus von Nazareth. Und dazu kamen noch weitere Erlebnisse. Es gab eine Regel bei den Essäern, dass sie nur durch Tore schreiten durften, die nicht mit Bildern versehen waren. In Jerusalem hatte man für sie extra unbemalte Tore eingerichtet:

"Schon seit längerer Zeit hatte Jesus von Nazareth etwas Besonderes beobachten können: Wenn er an Orte kam, wo Essäertore waren, wo bildlose Tore waren, da konnte Jesus von Nazareth durch solche Tore nicht schreiten, ohne wiederum eine bittere Erfahrung zu machen. Er sah diese bildlosen Tore, aber für ihn waren geistige Bilder an diesen Toren; für ihn erschien zu beiden Seiten eines solchen Tores immer dasjenige, was wir jetzt kennengelernt haben in den verschiedenen geisteswissenschaftlichen Auseinandersetzungen unter dem Namen Ahriman und Luzifer. Und allmählich hatte sich ihm das Gefühl, der Eindruck in der Seele gefestigt, daß die Abneigung der Essäer gegen die Torbilder etwas zu tun haben müsse mit dem Herbeizaubern solcher geistiger Wesenheiten, wie er sie an diesen Toren erschaute, daß Bilder an den Toren Abbilder von Luzifer und Ahriman seien." (Lit.: GA 148, S. 70)

Nicht gleich vermochte der Jesus das damit verbundene Geheimnis zu durchschauen. Aber eines Tages, als er durch das Tor des Hauptgebäudes des Essäerklosters schritt, da sah er Luzifer und Ahriman von diesem Tore fliehen und es entstand in ihm die brennende Frage: Wo fliehen diese beiden hin?

Das Gespräch mit der Stiefmutter

Zu dieser Zeit, das war nun schon kurz vor der Jordan-Taufe, führte Jesus ein intimes Gespräch mit seiner Stiefmutter leiblicherseits, in der er ihr erstmals von all den Zweifeln sprach, die in seiner Seele lebten und wie all die alte überlieferte Weisheit das Elend der Menschen nicht lindern könnte. Er wusste noch nicht genau, dass er die Zarathustra- Seele in sich trug, aber die alte Zarathustra-Lehre, die Zarathustra-Weisheit, der alte Zarathustra-Impuls stiegen während des Gespräches in ihm auf. Von all seinen Erlebnissen sprach er zu seiner Stiefmutter, von den Irrtümern der Schriftgelehrten und von der Stimme der Bath-Kol, die er vernommen hatte. Und merkwürdig ruhig hörte sie ihm zu, wie er von der Wertlosigkeit all dessen sprach, was ihr das Heiligste war, aber sie war eben von tiefster Liebe zu ihm erfüllt. Auch von seinen Erlebnissen bei den Essäern erzählte er, insbesondere davon, wie er Luzifer und Ahriman vom Tor des Essäertempels hatte fliehen sehen und plötzlich verstand er, was das zu bedeuten hatte:

"Als ich einstmals nach einem intimen, wichtigsten Gespräch mit den Essäern wegging, da sah ich am Haupttore, wie Luzifer und Ahriman davonliefen. Seit jener Zeit, liebe Mutter, weiß ich, daß die Essäer durch ihre Lebensweise, durch ihre Geheimlehre sich selber vor ihnen schützen, so daß Luzifer und Ahriman vor ihren Toren fliehen müssen. Aber sie schicken dadurch Luzifer und Ahriman weg von sich zu den anderen Menschen hin. Die Essäer werden glücklich in ihren Seelen auf Kosten der anderen Menschen; sie werden glücklich, weil sie sich selber vor Luzifer und Ahriman retten!" (Lit.: GA 148, S. 83)

Tief erschüttert war die Mutter von diesen Worten des Jesus, in denen seine ganze Seele, sein ganzes Ich lag. Sein ganzer Schmerz ergoss sich in die Seele der Mutter und sie fühlte sich wie eins mit ihm. Jesus aber fühlte, als ob alles, was seit seinem zwölften Jahre in ihm lebte, fortgegangen wäre während dieses Gespräches. Wie außer sich fühlte er sich, wie wenn sein Ich weggegangen wäre. Die Mutter aber fühlte, wie wenn sich ein neues Ich in sie hineinversenkt hätte; sie war eine neue Persönlichkeit geworden. Eine bedeutsame Verwandlung begann sich mit dem Jesus zu vollziehen und ebenso mit seiner Mutter.

"Je mehr er davon sprach, desto mehr wurde die Mutter voll von all der Weisheit, die in ihm lebte. Und alle die Erlebnisse, die seit seinem zwölften Jahre in ihm gelebt hatten, sie lebten jetzt auf in der Seele der liebenden Mutter! Aber von ihm waren sie wie hingeschwunden; er hatte gleichsam in die Seele, in das Herz der Mutter dasjenige hineingelegt, was er selber erlebt hatte seit seinem zwölften Jahre. Dadurch wandelte sich die Seele der Mutter um." (Lit.: GA 148, S. 84)

Der Weg zur Jordan-Taufe

Tagelang ging nun der Jesus wie traumverloren, wie von Sinnen im Haus herum, so dass seine Brüder schon meinten, er hätte den Verstand verloren. Dann ging er, wie von einer inneren Notwendigkeit getrieben, zum Jordan hin, wo Johannes seine Jünger taufte. Und mit der Jordan-Taufe geschah es nun, dass sich die Christus-Wesenheit in ihn herabsenkte.

Seit jenem Gespräche mit seiner Mutter war gewichen das Ich des Zarathustra und dasjenige, was vorher gewesen war, was er bis zum zwölften Jahre war, das war wiederum da, nur gewachsen, noch größer geworden. Und hinein in diesen Leib, der jetzt nur in sich trug die unendliche Tiefe des Gemütes, das Gefühl des Offenseins für unendliche Weiten, senkte sich der Christus. Der Jesus war jetzt durchdrungen vom Christus; die Mutter aber hatte auch ein neues Ich, das sich in sie hineinversenkt hatte, erlangt; sie war eine neue Persönlichkeit geworden. (Lit.: GA 148, S. 84)

Da zeigt nun die okkulte Forschung eine weitere bedeutsame Tatsache, welche die Mutter betrifft und die sich zugleich mit der Jordan-Taufe abspielte und die Verwandlung der Mutter zur Vollendung brachte. Sie war damals fünfundvierzig oder sechsundvierzig Jahre alt, da fühlte sie sich in ihrer Seele durchdrungen von dem Ich der Mutter des nathanischen Jesus, die schon früh gestorben war, so wie sich zugleich der Jesus von dem Christus durchdrungen fühlte. Sie fühlte sich seitdem ganz so wie jene junge Mutter, die einstmals den Lukas-Jesusknaben geboren hatte. Es war wie eine Wiedergeburt zur Jungfräulichkeit, zu einer begierdelosen Reinheit der Seele.

Nach dem Gespräch mit seiner Mutter und noch vor der Jordan-Taufe begegnete Jesus noch zwei Essäern, dann einem Mann, der im Leben zu hohen Würden aufgestiegen, aber von Luzifer verführt worden war, und schließlich einem Aussätzigen, der in der Gewalt Ahrimans war. Diese Begegnungen spiegelen sich in der Versuchungsgeschichte wider, die sich kurz nach der Jordan-Taufe ereignete:

"Als nun dieses Wesen Jesus von Nazareth sich auf den Weg machte zu dem Täufer Johannes, da - so erzählt das Fünfte Evangelium - begegnete der Jesus von Nazareth zunächst zwei Essäern. Zwei Essäer waren es, mit denen er oftmals bei den Gelegenheiten, von denen ich gesprochen habe, Gespräche geführt hatte. Aber da das Ich des Zarathustra aus ihm herausgegangen war, so kannte er die beiden Essäer nicht sogleich. Sie aber erkannten ihn, denn es hatte sich natürlich jenes bedeutungsvolle physiognomische Gepräge, welches diese Wesenheit durch das Innewohnen des Zarathustra bekommen hatte, für den äußeren Anblick nicht geändert. Die beiden Essäer sprachen ihn an mit den Worten: Wohin geht dein Weg? - Der Jesus von Nazareth antwortete: Dahin, wohin noch Seelen eurer Art nicht blik-ken wollen, wo der Schmerz der Menschheit die Strahlen des vergessenen Lichtes fühlen kann!

Die beiden Essäer verstanden seine Rede nicht. Als sie merkten, daß er sie nicht erkannte, da sprachen sie zu ihm: Jesus von Nazareth, kennst du uns denn nicht? - Er aber antwortete: Ihr seid wie verirrte Lämmer; ich aber werde der Hirte sein müssen, dem ihr entlaufen seid. Wenn ihr mich recht erkennet, werdet ihr mir bald von neuem entlaufen. Es ist so lange her, daß ihr von mir entflohen seid! - Die Essäer wußten nicht, was sie von ihm halten sollten, denn sie wußten nicht, wie es möglich wäre, daß aus einer Menschenseele solche Worte kommen konnten. Und unbestimmt schauten sie ihn an. Er aber sprach weiter: Was seid ihr für Seelen, wo ist eure Welt? Warum umhüllt ihr euch mit täuschenden Hüllen? Warum brennt in eurem Innern ein Feuer, das in meines Vaters Hause nicht entfacht ist? Ihr habt des Versuchers Mal an euch; er hat mit seinem Feuer eure Wolle glänzend und gleißend gemacht. Die Haare dieser Wolle stechen meinen Blick. Ihr verirrten Lämmer, der Versucher hat eure Seelen mit Hochmut durchtränkt; ihr traft ihn auf eurer Flucht.

Als Jesus von Nazareth das gesagt hatte, sprach einer der Essäer: Haben wir nicht dem Versucher die Türe gewiesen? Er hat kein Teil mehr an uns. - Und Jesus von Nazareth sprach: Wohl wieset ihr dem Versucher die Türe, doch er lief hin und kam zu den anderen Menschen. So grinst er euch aus den Seelen der anderen Menschen von allen Seiten an! Glaubt ihr denn, ihr hättet euch dadurch erhöhen können, daß ihr die anderen erniedrigt habt? Ihr kommt euch hoch vor, aber nicht deshalb, weil ihr hochgekommen seid, sondern weil ihr die anderen erniedrigt habt. So sind sie niedriger. Ihr seid geblieben, wo ihr waret. Nur deshalb kommt ihr euch so hoch über den anderen vor. - Da erschraken die Essäer. In diesem Augenblick aber verschwand der Jesus von Nazareth vor ihren Augen. Sie konnten ihn nicht mehr sehen.

Nachdem ihre Augen für eine kurze Weile wie getrübt waren, fühlten sie den Drang, in die Ferne zu schauen. Und in der Ferne schauten sie etwas wie eine Fata Morgana. Diese zeigte ihnen, ins Riesenhafte vergrößert, das Antlitz dessen, der eben vor ihnen gestanden. Und dann hörten sie wie aus der Fata Morgana zu ihnen gesprochen die Worte, furchtbar ihre Seelen durchdringend: Eitel ist euer Streben, weil leer ist euer Herz, da ihr euch erfüllt habt mit dem Geiste, der den Stolz in der Hülle der Demut täuschend birgt! -Und als sie eine Weile wie betäubt von diesem Gesicht und diesen Worten gestanden hatten, verschwand die Fata Morgana. Aber auch der Jesus von Nazareth stand nicht mehr vor ihnen. Sie blickten sich um. Da war er schon weitergegangen, und fern von ihnen sahen sie ihn. Und die beiden Essäer gingen nach Hause und sagten keinem etwas, was sie gesehen hatten, sondern schwiegen die ganze übrige Zeit bis zu ihrem Tode...

Als nun der Jesus von Nazareth auf diesem Wege zum Jordan hin, auf den er getrieben worden war, eine Weile weiterging, begegnete er einer Persönlichkeit, von der man sagen kann: in ihrer Seele war tiefste Verzweiflung. Ein Verzweifelter kam ihm in den Weg. Und der Jesus von Nazareth sagte: Wozu hat deine Seele dich geführt? Ich habe dich vor Äonen gesehen, da warst du ganz anders. - Da sprach der Verzweifelte: Ich war in hohen Würden; ich bin im Leben hoch gestiegen. Viele, viele Ämter habe ich durchlaufen in der menschlichen Rangordnung, und schnell ging es. Da sagte ich mir oftmals, wenn ich sah, wie die anderen in ihren Würden zurückblieben, und ich hochstieg: Was für ein seltener Mensch bist du doch; deine hohen Tugenden erheben dich über alle anderen Menschen! Ich war im Glück und genoß voll dieses Glück. - So sagte der Verzweifelte. Dann fuhr er fort: Dann kam mir einmal schlafend etwas vor wie ein Traum. Im Traume war es, wie wenn eine Frage an mich gestellt würde, und dann wußte ich gleich, daß ich mich im Traume selber schämte vor dieser Frage. Denn die Frage, die da an mich gestellt wurde, war die: Wer hat dich groß gemacht? - Und ein Wesen stand vor mir im Traume, das sagte: Ich habe dich erhöht, doch du bist dafür mein! - Und ich schämte mich; denn ich glaubte, nur meinen eigenen Verdiensten und meinen Talenten die Erhöhung zu verdanken. Und jetzt trat mir - ich fühlte, wie ich mich im Traume schämte - ein anderes Wesen entgegen, das sagte, daß ich kein Verdienst hätte an meiner Erhöhung. Da mußte ich im Traume vor Scham die Flucht ergreifen. Ich ließ alle meine Ämter und Würden hinter mir und irre herum, suchend und nicht wissend, was ich suche. -So sprach der Verzweifelte. Und als er noch so sprach, stand das Wesen wieder vor ihm, zwischen ihm und dem Jesus von Nazareth, und deckte mit seiner Gestalt die Gestalt des Jesus von Nazareth zu. Und es hatte der Verzweifelte ein Gefühl, daß dieses Wesen etwas mit dem Luziferwesen zu tun habe. Und während das Wesen noch vor ihm stehenblieb, entschwand der Jesus von Nazareth, und dann verschwand auch das Wesen. Dann sah aber der Verzweifelte bereits in einiger Entfernung, daß Jesus von Nazareth vorübergegangen war, und er zog seines Weges irrend weiter.

Als Jesus von Nazareth weiterging, traf er einen Aussätzigen. Auf die Frage des Jesus von Nazareth: Wozu hat der Weg deiner Seele dich geführt? Ich habe dich vor Äonen gesehen, doch da warst du anders -, sagte der Aussätzige: Mich haben die Menschen verstoßen, verstoßen wegen meiner Krankheit! Kein Mensch wollte mit mir etwas zu tun haben, und ich wußte nicht, wie ich für die Notdurft meines Lebens sorgen sollte. Da irrte ich in meinem Leide herum und kam einmal in einen Wald. Etwas, was ich in der Ferne sah wie ein leuchtender Baum, zog mich an. Und ich konnte nicht anders, als wie getrieben zu diesem leuchtenden Baume hinzugehen. Da war es, wie wenn aus diesem Lichtschimmer des Baumes etwas herauskäme wie ein Totengerippe. Und ich wußte: der Tod selber stand vor mir. Der Tod sagte: Ich bin du! Ich zehre an dir. - Da fürchtete ich mich. Der Tod aber sprach: Warum fürchtest du dich? Hast du mich nicht immer geliebt? - Und ich wußte doch, daß ich ihn nie geliebt hatte. Und während er so zu mir sprach: Warum fürchtest du dich? Hast du mich nicht geliebt? - verwandelte er sich in einen schönen Erzengel. Dann verschwand er, und ich verfiel in einen tiefen Schlaf. Erst am Morgen wachte ich wieder auf und fand mich an dem Baume schlafend. Von da ab wurde mein Aussatz immer schlimmer. - Und als er das erzählt hatte, stand das, was er an dem Baume gesehen hatte, zwischen ihm und dem Jesus von Nazareth und verwandelte sich in ein Wesen, von dem er wußte: Ahriman oder etwas Ahrimanisches stand vor ihm. Und während er es noch anschaute, verschwand das Wesen, und auch der Jesus von Nazareth verschwand. Jesus war schon eine Weile weitergegangen. Und der Aussätzige mußte weiterziehen." (Lit.: GA 148, S. 156ff)

Nach diesen drei Erlebnissen ging der Jesus zur Jordan-Taufe, wo sich der Christus-Geist in ihn herabsenkte. Damit begann das eigentliche Erdenleben des Christus in dem Leib des Jesus von Nazareth. Von diesem Zeitpunkt an dürfen wir erst von dem Christus Jesus sprechen.

Siehe auch

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Das Lukas-Evangelium, GA 114 (2001)
  2. Rudolf Steiner: Das Matthäus-Evangelium, GA 123 (1988), ISBN 3-7274-1230-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Aus der Akasha-Forschung. Das Fünfte Evangelium, GA 148 (1992)
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.
  1. vgl. Chr. Rösel: Jeschua. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.