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Intelligenz
Intelligenz (lat. intelligentia „Einsicht, Erkenntnisvermögen“, intellegere „verstehen“; abgeleitet von intus legere, "darin lesen"; hebr. שָׂכַל sakal) bezeichnet heute im weitesten Sinne die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, zu abstrahieren und optimale Strategien zur Problemlösung zu finden. Im einzelnen befähigt uns der Intellekt vor allem zum räumlichen Vorstellungsvermögen, zum Rechnen, zum Sprachverständnis und zur Wortflüssigkeit und Gewandtheit im eigenen sprachlichen Ausdruck, zum individuellen Gedächtnis als wesentlicher Grundlage unseres Ich-Bewusstseins, zur raschen und aufmerksamkeitsgelenkten Wahrnehmung und insbesondere zum logischen Denken.
Die sinnliche Intelligenz ist ein durch das physische Gehirn zurückgeworfenes, flüchtiges irdisches Schattenbild der kosmischen Intelligenz. Durch ihren reinen Bildcharakter, aus dem die geistige Wirklichkeit ausgelöscht ist, bildet sie eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung der menschlichen Freiheit.
Es gibt allerdings - vor allem für unsere gegenwärtige Kulturepoche und für die zukünftigen Kulturepochen - noch eine andere Bedeutung der Intelligenz, die gewissermaßen ihre Kehrseite darstellt:
„Wir werden als Menschheit einlaufen in eine Entwicklung der Intelligenz so, dass die Intelligenz wird die Neigung haben, nur das Falsche, den Irrtum, die Täuschung zu begreifen, und auszudenken nur das Böse. Das wussten ja die Geheimschüler und wussten namentlich die Eingeweihten seit einer gewissen Zeit, dass die menschliche Intelligenz entgegengeht ihrer Entwicklung nach dem Bösen hin, dass es immer mehr und mehr unmöglich wird, durch die bloße Intelligenz das Gute zu erkennen. Die Menschheit ist heute in diesem Übergange. Wir können sagen: Gerade noch gelingt es den Menschen, wenn sie ihre Intelligenz anstrengen und nicht ganz besonders wilde Instinkte tragen, nach dem Lichte des Guten etwas hinzuschauen. Aber diese menschliche Intelligenz wird immer mehr und mehr die Neigung bekommen, das Böse auszudenken und das Böse dem Menschen einzufügen im Moralischen, das Böse in der Erkenntnis, den Irrtum. Das war einer der Gründe, warum die Eingeweihten sich die Männer der Sorge nannten, weil in der Tat, wenn man in dieser Einseitigkeit, wie ich es jetzt auseinandergesetzt habe, die Entwicklung der Menschheit betrachtet, so macht sie Sorge; Sorge gerade wegen der Entwicklung der Intelligenz. Es ist schließlich gar nicht umsonst, dass die Intelligenz dem gegenwärtigen Menschen so viel Stolz und Hochmut einflößen kann.“ (Rudolf Steiner, Die Erziehungsfrage als soziale Frage (GA 296), Vortrag vom 16.8.1919, S. 89).
Literatur
- Anton Hügli / Poul Lübcke (Hg.): Philosophielexikon. Rowohlts Enzyklopädie, TB, Reinbek bei Hamburg 2005, S. 320
- Rudolf Steiner: Die Erziehungsfrage als soziale Frage. Die spirituellen, kulturgeschichtlichen und sozialen Hintergründe der Waldorfschul-Pädagogik. (GA 296), Vortrag vom 16.08.1919, Dornach b. Basel 1991