Biogenetisches Grundgesetz und Jungfrau Sophia: Unterschied zwischen den Seiten

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Als «'''Jungfrau Sophia'''» wird in der [[Christliche Esoterik|christlichen Esoterik]] der von niederen sinnlichen Begierden gereinigete und zum [[Geistselbst]] erhöhte [[Astralleib]] (→ [[Katharsis]])   bezeichnet, gleichbedeutend mit der «[[Isis]]» der [[Ägyptische Mysterien|ägyptischen Mysterien]], , allerdings jetzt in der christlich verwandelter Form als «[[Neue Isis]]», von [[Goethe]] im abschließenden [[Chorus Mysticus]] seiner [[Faust-Dichtung]] als das '''Ewig-Weibliche''' und in seinem [[Goethes Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie|Märchen]] als «[[schöne Lilie]]» angesprochen.  
[[Datei:ErnstHaeckelDW.jpg|thumb|Ernst Haeckel (1834-1919)]]
[[File:Anthropogenie; oder, Entwickelungsgeschichte des menschen, Keimes- und stammesgeschichte (1877) (18746553454).jpg|mini|Haeckels [[Embryo]]nen-Zeichnungen aus seiner ''Anthropogenie'' (3. Aufl., 1877, S. 288f.)]]
[[File:Anthropogenie; oder, Entwickelungsgeschichte des menschen, Keimes- und stammesgeschichte (1877) (19181455810).jpg|mini|Haeckels Zeichnungen verschiedener [[Embryo]]nen, die ihm schon zu seiner Zeit den Vorwurf der Fälschung einbrachten, da er sie aus anderen Lehrbüchern abgezeichnet habe (was mangels entsprechender Embryonen damals aber durchaus üblich war).]]


Das '''biogenetische Grundgesetz''' ({{EnS|biogenetic law, embryological parallelism}}), heute im deutschen Sprachraum nur mehr als '''biogenetische Grundregel''' oder als '''Rekapitulationstheorie''' ({{EnS|recapitulation theory}}) bezeichnet, wurde zuerst [[1866]] von [[Ernst Haeckel]] (1834 - 1919) formuliert: ''"Die Ontogenesis ist die kurze und schnelle Rekapitulation der Phylogenesis."'', d.h. jedes tierische oder menschliche Lebewesen wiederholt im Laufe seiner individuellen Entwicklung die wesentlichen Züge der Stammesentwicklung. Ein Vorläufer dieser Regel ist die 1828 von [[Karl Ernst von Baer]] formulierte [[Baer-Regel]], die er selbst als das ''Gesetz der Embryonenähnlichkeit'' bezeichnete.
== Verwandlung des Astralleibs zum Geistselbst ==


{{Zitat|40. Die Ontogenesis oder die Entwickelung der organischen Individuen,
In der Verwandlung des [[Astralleib]]s zum [[Geistselbst]] liegt im esoterischen Sinn das wahre Wesen der '''Jungfräulichkeit''' begründet. Eng damit verbunden ist auch das Geheimnis der [[Jungfräuliche Geburt|jungfräulichen Geburt]].
als die Reihe von Formveränderungen, welche jeder individuelle
Organismus während der gesammten Zeit seiner individuellen
Existenz durchläuft, ist unmittelbar bedingt durch die Phylogenesis
oder die Entwickelung des organischen Stammes (Phylon) , zu welchem
derselbe gehört.<br>
41. Die Ontogenesis ist die kurze und schnelle Recapitulation der
Phylogenesis, bedingt durch die physiologischen Functionen der Vererbung
(Fortpflanzung) und Anpassung (Ernährung).<br>
42. Das organische Individuum (als morphologisches Individuum
erster bis sechster Ordnung) wiederholt während des raschen und kurzen
Laufes seiner individuellen Entwickelung die wichtigsten von denjenigen
Formveränderungen , welche seine Voreltern während des langsamen
und langen Laufes ihrer paläontologischen Entwickelung nach
den Gesetzen der Vererbung und Anpassung durchlaufen haben.<br>
43. Die vollständige und getreue Wiederholung der phyletischen
durch die biontische Entwickelung wird verwischt und abgekürzt durch
secundäre Zusammenziehung, indem die Ontogenese einen immer geraderen
Weg einschlägt; daher ist die Wiederholung um so vollständiger,
je länger die Reihe der successiv durchlaufenen Jugendzustände ist.<br>
44. Die vollständige und getreue Wiederholung der phyletischen
durch die biontische Entwickelung wird gefälscht und abgeändert durch
secundäre Anpassung, indem sich das Bion während seiner individuellen
Entwickelung neuen Verhältnissen anpasst ; daher ist die Wiederholung
um so getreuer, je gleichartiger die Existenzbedingungen sind, unter
denen sich das Bion und seine Vorfahren entwickelt haben.|[[Ernst Haeckel]]|Generelle Morphologie der Organismen. Zweiter Band. Allgemeine Entwicklungsgeschichte der Organismen, Verlag von Georg Reimer, Berlin 1866, S. 300 |ref=[http://ia802304.us.archive.org/13/items/generellemorphol02haec/generellemorphol02haec_bw.pdf#page=300&view=Fit]}}


Mittlerweile ist das biogenetische Grundgesetz in der Fachwelt starker Kritik ausgesetzt. Einer der schärfsten Kritiker Ernst Haeckels war [[Wikipedia:Erich Blechschmidt|Erich Blechschmidt]], von 1942 - 1973 Direktor des Anatomischen Instituts der Universität Göttingen. Er hat die nach ihm benannte ''Humanembryologische Dokumentationssammlung'' in Göttingen aufgebaut und mit ihr die Humanembryologie morphologisch begründet. Basierend auf dieser Sammlung  mehrerer hunderttausend Schnitte menschlicher Embryos kam er zu der Ansicht, daß sich die menschliche Embryonalentwicklung von der tierischen schon vom allerersten Moment an unterscheide, so daß von einer "Rekapitulation" im Sinne Haeckels niemals die Rede sein könne. Der Mensch ist von allem Anfang an Mensch und unterscheidet sich grundlegend vom Tier. Blechschmidt ging sogar soweit, das Rekapitulationsprinzip auch innerhalb des Tierreiches zu bezweifeln:  
:"Die christliche Esoterik nannte diesen gereinigten, geläuterten astralischen Leib, der in dem Augenblick, wo er der Erleuchtung unterworfen ist, nichts von den unreinen Eindrücken der physischen Welt in sich enthält, sondern nur die Erkenntnisorgane der geistigen Welt, die «reine, keusche, weise Jungfrau Sophia». Durch alles das, was der Mensch aufnimmt in der Katharsis, reinigt und läutert er seinen astralischen Leib zur «Jungfrau Sophia». Und der «Jungfrau Sophia» kommt entgegen das kosmische Ich, das Welten-Ich, das die Erleuchtung bewirkt, das also macht, daß der Mensch Licht um sich herum hat, geistiges Licht. Dieses Zweite, das zur «Jungfrau Sophia» hinzukommt, nannte die christliche Esoterik - und nennt es auch heute noch - den «Heiligen Geist». So daß man im christlich-esoterischen Sinne ganz richtig spricht, wenn man sagt: Der christliche Esoteriker erreicht durch seine Einweihungsvorgänge die Reinigung und Läuterung seines astralischen Leibes; er macht seinen astralischen Leib zur «Jungfrau Sophia» und wird überleuchtet - wenn Sie wollen, können Sie es überschattet nennen - von dem «Heiligen Geiste», von dem kosmischen Welten-Ich." {{lit|{{G|103|201}}}}


:"Heute wissen wir, daß das sogenannte Biogenetische Grundgesetz eines der ernstesten Irrtümer des vorigen Jahrhunderts in der Biologie war. Dieses Grundgesetz ist falsch. Das steht unumstößlich fest. Es ist auch nicht ein bißchen oder in irgendeiner anderen Weise richtig; es besitzt in keiner Weise auch nur die geringste Gültigkeit." {{lit|Mees}}
== Jungfräulichkeit und Weiblichkeit ==


[[L. F. C. Mees]] hat allerdings gezeigt, daß gerade die Wiederholung wichtiger Entwicklungsstufen im Tierreich ein neues Licht auf die Evolution werfen kann, und daß dabei Blechschmidts Ansichten und das Biogenetische Grundgesetz vereinbar sind - nur muß es dann in anderem Sinn angewendet werden, als Haeckel es tat. Er stützt sich dabei auf Aussagen Rudolf Steiners. Steiner hat zwar die Tatsachen, die diesem Gesetz zugrundeliegen, durchaus anerkannt, Haeckels Interpretation dieser Tatsachen hielt er aber für verfehlt:
Dass diese Jungfräulichkeit nicht als äußeres Mirakel im leiblichen Sinn missverstanden werden darf, betont auch das [[Apokryphen|apokryphe]] [[Philippusevangelium]]:


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{{Zitat|vor=|nach=|Einige sagten: „Maria ist vom heiligen Geist schwanger geworden.“ Sie sind im Irrtum. Sie wissen nicht, was sie sagen. Wann ist je eine Frau von einer Frau schwanger geworden? Maria ist die Jungfrau, die keine Macht befleckte. Sie ist ein großes Heiligtum für die Hebräer, das sind die Apostel und die Apostelschüler. Diese Jungfrau, die keine Macht befleckte, die Mächte befleckten sich selbst. Und der Herr hätte nicht gesagt: „Mein Vater, der im Himmel ist“, wenn er nicht noch einen anderen Vater gehabt hätte, sondern er hätte einfach gesagt: „Mein Vater!“|Philippusevangelium|Spruch 17}}
"Nehmen wir jetzt ... einmal die Sinnesforschung, die sinnliche Abstammungslehre, die ja erst in der neueren Zeit ihren Ausbau gefunden hat. Da zeigt sich uns vor allen Dingen, daß ein wichtiges Gesetz aufgestellt worden ist ...: das biogenetische Grundgesetz, welches die äußeren Tatsachen in der Weise feststellt, daß der Mensch in seinem Keimeszustand kurz durchmacht alle diejenigen Formen, die erinnern an gewisse Tiergestalten; in gewissen Stadien erinnert er an ein Fischchen und so weiter. Er wiederholt, so könnte man sagen, die verschiedenen Formen des Tierreiches. Nun wissen Sie ja alle, daß insbesondere in demjenigen Stadium, wo diese Abstammungslehre wild geworden war, geschlossen worden ist aus dieser Tatsachenwelt, daß der Mensch nun wirklich in der Vorwelt diese Formen durchgemacht habe, welche sich da wiederholentlich zeigen in seinem Keimeszustand. Man möchte gegenüber dieser Tatsache sagen: Es war wahrhaftig für die Menschheit ein Glück, daß diese Beobachtung durch die Sorgfalt der Götter so lange verborgen geblieben ist bis in die Zeit hinein, wo sie gleichzeitig fast - die Dinge schieben sich ja fast immer übereinander-, nachdem sie in ihren wilderen Formen aufgestellt worden war, ihre Korrektur erfahren konnte durch die Geisteswissenschaft. - Das, was der Mensch durchmacht bis zu dem Zeitpunkt, wo er auf dem physischen Plan für die Sinneswahrnehmung erscheint, das wurde eingehüllt von den Göttern und konnte nicht beobachtet werden. Denn wäre es noch früher beobachtet worden, so hätte sich der Mensch vielleicht noch verkehrtere Begriffe darüber gemacht. Die Tatsachen sind selbstverständlich richtig, denn sie werden durch die Sinne beobachtet. Soll aber nun darüber geurteilt werden, dann kommt das in Betracht, was die Kraft der Verstandesseele ist. Die kann nicht heran an das, was nicht sinnlich gesehen werden kann. Sie ist daher, wenn sie nicht die Wahrheitsanlage im Innern hat, notwendigerweise dem Irrtum unterworfen. Und hier haben wir ein eklatantes Beispiel dafür, wie die Urteilskraft, die aus der Verstandesseele kommt, in den Irrtum hineinsegeln kann.


Was zeigt denn die Tatsache, daß der Mensch auf einer gewissen Stufe seines Keimeslebens einem Fischchen ähnlich sieht? Diese Tatsache zeigt, daß der Mensch dasjenige, was Fischnatur ist, nicht brauchen kann, daß er es ausstoßen mußte, bevor er sein Menschendasein antrat. Und die nächste Keimesgestalt ist wiederum eine solche, die der Mensch ausstoßen mußte, weil sie nicht zu ihm gehört, so wie der Mensch alle Tierformen ausstoßen mußte, weil sie nicht zu ihm gehören. Der Mensch hätte nicht Mensch werden können, wenn er jemals in einer solchen Gestalt auf der Erde erschienen wäre, wie diese Tierformen sind. Er mußte sie eben gerade von sich absondern, damit er hat Mensch werden können. Wenn Sie in richtiger Weise diese Gedanken verfolgen, so werden Sie auch zu einem richtigen Urteil kommen. Was zeigen die Tatsachen, daß der Mensch im Keimesstadium zum Beispiel wie ein Fischchen aussieht? Diese Tatsachen zeigen, daß er niemals einem Fischchen ähnlich gesehen hat im Verlaufe seiner Abstammungslinie, daß er gerade in der Linie seiner Entwickelung ausgestoßen hat die Fischform, sie nicht brauchen konnte, weil er ihr nicht ähnlich sehen durfte. Nehmen Sie nun alle die andern aufeinanderfolgenden Gestalten, welche die moderne Wissenschaft in den Gestalten des Keimeslebens Ihnen zeigt. Was zeigen diese Formen? Sie zeigen alles dasjenige, was der Mensch in der Vorzeit nicht gewesen ist, was er gerade aus sich hat ausstoßen müssen. Sie zeigen alle diejenigen Bilder, denen er niemals ähnlich gesehen hat. So kann man in Wahrheit erfahren durch die Embryologie, wie der Mensch niemals in der Vorzeit ausgesehen hat. Alle die Dinge, die der Mensch nicht durchgemacht hat, sondern die er ausgestoßen hat, kann man dadurch kennenlernen. Wenn man aber daraus den Schluß zieht, daß der Mensch von alledem abstamme, daß er das durchgemacht habe, um auf seine heutige Entwickelungsstufe zu kommen, so steht man dann auf demselben Standpunkt wie jemand, der etwa sagte: Hier steht der Sohn, hier der Vater. Wenn ich beide vergleiche, so werde ich nimmermehr glauben, daß der Sohn vom Vater abstammt. Ich werde glauben, daß der Sohn von sich selber abstammt, oder der Vater vom Sohn. - Gerade die umgekehrte Reihenfolge der Evolution wurde durch das Hineinsegeln in den Irrtum angenommen, dadurch, daß der Verstand sich wirklich recht ungeeignet erwiesen hat, um diese Tatsachen der Wirklichkeit wahrhaftig zu durchdenken. Gewiß sind diese Bilder der Vorzeit für uns außerordentlich wichtig, weil wir eben daran erkennen, wie wir niemals ausgesehen haben.
[[Meister Eckhart]] in spricht in einer Predigt von der ''„Jungfrau die ein Weib war“''»<ref Name="Eckhart">[http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Mystik/Meister_Eckhart/Meister_Eckhart_Predigt_von_der_Jungfrau_die_ein_Weib_war.pdf Meister Eckhart: ''Predigt von der Jungfrau die ein Weib war'']; vgl. dazu auch: [http://www.eckhart.de/index.htm?p2.htm Intravit Iesus in quoddam castellum] auf [http://www.eckhart.de www.eckhart.de]</ref>. Er bezieht sich dabei auf den Besuch von [[Jesus Christus|Jesus]] bei [[Martha von Bethanien|Martha]] und [[Maria von Bethanien|Maria]] von [[Bethanien]] {{Bibel|Lk|10|38f|LUT}}, wo auch die [[Auferweckung des Lazarus]] erfolgt {{Bibel|Joh|11|1ff}}, und wirft in dieser Predigt ein erhellendes Licht auf den geistigen Zusammenhang von [[Jungfräulichkeit]] und [[Weiblichkeit]]:


Das kann man aber an etwas anderem viel besser erkennen. Man kann es erkennen an denjenigen Reichen, die uns durch die äußere Sinnenwelt selber geboten werden, die sich uns nicht entziehen. Nämlich alle diese Formen sind uns ja auch in der Außenwelt gegeben. Die kann man beobachten mit dem, was man die gewöhnliche, richtig verwertete menschliche Anschauung nennen kann. Solange die Menschen nur diese Beobachtung gehabt haben, solange sie ihren Verstand angewendet haben nicht auf das, was der Sinnesanschauung sich verschließt, sondern auf das, was vor der Sinnesanschauung ausgebreitet liegt, so lange sind sie zu jenem falschen Urteil nicht gekommen. Freilich haben dazumal die Menschen nicht aus dem Verstande geurteilt über ihre Abstammung, sondern sie haben aus ihrem natürlichen, geraden Wahrheitssinn geurteilt. Sie haben den Affen angeschaut und haben jenes eigentümliche Gefühl empfunden, das jeder gesunde Sinn empfindet, wenn er den Affen anschaut, und das man mit nichts anderem vergleichen kann als mit einem gewissen Schamgefühl. Und dieses Schamgefühl war wahrer als das, was nachher der irrende Verstand gesagt hat. In diesem Schamgefühl lag das Gefühlsurteil darinnen, daß eigentlich der Affe ein von der Menschenströmung abgefallenes Wesen ist, ein zurückgebliebenes Wesen ist, daß er herstammt aus der Menschenlinie und hat ausgesondert werden müssen. Also es lag das Gefühl darinnen, daß der Mensch nur hat auf seine heutige Höhe kommen können dadurch, daß er dasjenige, was die heutige Affengestalt geworden ist, erst aus sich aussondern mußte. Hätte er es behalten, so hätte er nie Mensch werden können. Das liegt in dem natürlichen, gesunden Gefühl. Dann wurden die Sachen durch den Verstand erforscht, und da zeigte sich durch den Verstand der Irrtum, daß der Mensch sagte, die Menschengestalt stamme her von der Affenströmung! Das ist ein Irrtum. Je weiter Sie nachdenken, desto mehr werden Sie finden, wie tief berechtigt gerade dasjenige ist, was eben jetzt gesagt worden ist. Daß der Mensch vom Affen herstamme, ist ein Irrtum ..." {{lit|{{G|115|81ff}}}}
{{Zitat|Ich habe ein Wörtlein gesprochen, zunächst auf lateinisch, das steht geschrieben im Evangelium und lautet zu deutsch also: »Unser Herr Jesus Christus ging hinauf in ein Burgstädtchen und ward empfangen von einer Jungfrau, die ein Weib war.« Wohlan, achtet nun aufmerksam auf dieses Wort: Notwendig muß es so sein,daß sie eine »Jungfrau« war, jener Mensch, von dem Jesus empfangen ward. Jungfrau besagt soviel wie ein Mensch, der von allen fremden Bildern ledig ist, so ledig, wie er war, da er noch nicht war. Seht, nun könnte man fragen, wie ein Mensch, der geboren ist und fortgediehen bis in vernunftfähiges Leben, wie der so ledig sein könne von allen Bildern, wie da er noch nicht war, und dabei weiß er doch vieles, das sind alles Bilder; wie kann er dann ledig sein? Nun gebt acht auf die Unterweisung, die will ich euch dartun. Wäre ich von so umfassender  Vernunft, daß alle  Bilder, die  sämtliche  Menschen  je  aufnahmen, und die,  die  in  Gott  selbst  sind, in meiner Vernunft stünden, doch so, daß ich so frei von Ich-Bindung an sie wäre, daß ich ihrer keines im Tun noch im Lassen, mit Vor noch mit Nach als mir zu eigen ergriffen hätte, daß ich vielmehr in diesem gegenwärtigen Nun frei und ledig stünde für den liebsten Willen Gottes und ihn zu erfüllen ohne Unterlaß, wahrlich, so wäre ich Jungfrau ohne Behinderung durch alle Bilder, ebenso gewiß, wie ich's war, da ich noch nicht war [...]
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Dem biogenetischen Grundgesetz, wenn es richtig verstanden wird, liegt ein allgemeines geistiges Entwicklungsprinzip zugrunde, das insbesondere zum Verständnis der gesamten [[Menschheitsentwicklung]] bedeutsam ist:
Nun gebt acht und seht genau zu! Wenn nun der Mensch immerfort Jungfrau wäre, so käme keine Frucht von ihm. Soll er fruchtbar werden, so ist es notwendig, daß er Weib sei. »Weib« ist der edelste Name, den man der Seele zulegen kann, und ist viel edler als »Jungfrau«. Daß der Mensch Gott in sich empfängt, das ist gut, und in dieser Empfänglichkeit ist er Jungfrau. Daß aber Gott fruchtbar in ihm werde, das ist besser; denn Fruchtbarwerden  der Gabe,  das  allein  ist  Dankbarkeit  für  die  Gabe,  und  da  ist  der  Geist  Weib  in  der  wiedergebärenden Dankbarkeit, wo er Jesum wiedergebiert in Gottes väterliches Herz [...]


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Eine Jungfrau, die ein Weib ist, die frei ist und ungebunden ohne Ich-Bindung, die ist Gott und sich selbst allzeit gleich nahe. Die bringt viele Früchte, und die sind groß, nicht weniger und nicht mehr als Gott selbst ist. Diese Frucht und diese Geburt bringt diese Jungfrau, die ein Weib ist, zustande, und sie bringt alle Tage hundertmal  oder  tausendmal  Frucht,  ja  unzählige  Male,  gebärend  und  fruchtbar  werdend  aus  dem  alleredelsten  Grunde;  noch  besser  gesagt:  fürwahr,  aus  demselben  Grunde,  daraus  der  Vater  sein  ewiges  Wort  gebiert,  aus  dem  wird  sie  fruchtbar  mitgebärend.  Denn  Jesus,  das  Licht  und  der  Widerschein  des  väterlichen Herzens - wie Sankt Paulus sagt, daß er eine Ehre und ein Widerschein des väterlichen Herzens sei und mit Gewalt das väterliche Herz durchstrahle -, dieser Jesus ist mit ihr vereint und sie mit ihm, und sie leuchtet und glänzt mit ihm als ein einiges Eins und als ein lauterklares Licht im väterlichen Herzen.
"Alles, was zu einer bestimmten
 
Zeit in der Menschheitsentwickelung auftritt, um diese Menschheitsentwickelung
Ich habe auch öfter schon gesagt, daß eine Kraft in der Seele ist, die weder Zeit noch Fleisch berührt; sie fließt aus dem Geiste und bleibt im Geiste und ist ganz und gar geistig. In dieser Kraft ist Gott ganz so grünend und blühend in aller der Freude und in aller der Ehre, wie er in sich selbst ist [...] Wäre der Geist allzeit mit Gott in dieser Kraft vereint, der Mensch könnte nicht altern; denn das Nun, darin Gott den ersten Menschen schuf, und das Nun, darin der letzte Mensch vergehen wird, und das Nun, darin ich spreche, die sind gleich in Gott und sind nichts als ein Nun. Nun seht, dieser Mensch wohnt in einem Lichte mit Gott; darum ist in ihm weder Leiden noch Zeitfolge, sondern eine gleichbleibende Ewigkeit. Diesem Menschen ist in Wahrheit alles Verwundern abgenommen, und alle Dinge stehen wesenhaft in ihm. Darum empfängt er nichts Neues von künftigen Dingen noch von irgendeinem »Zufall«, denn er wohnt in einem Nun, allzeit neu, ohne Unterlaß. Solche göttliche Hoheit ist in dieser Kraft.|[[Meister Eckhart]]|''Predigt von der Jungfrau die ein Weib war''|ref=<ref name="Eckhart" />}}
fortzuführen, das muß in einer gewissen Beziehung in sich enthalten eine
 
Art Wiederholung des Früheren. In einer jeden späteren Epoche müssen in anderer
[[Datei:Siegel 05 (Tafel XI) AS.jpg|mini|Fünftes apokalyptisches Siegel: Das [[Weib, mit der Sonne bekleidet, ein Knäblein gebärend, der Mond zu ihren Füßen]].]]
Form die früheren Erlebnisse der Menschheit wieder hervortreten." {{Lit|{{G|144|63}}}}
Ein [[Imagination|imaginatives Bild]] dazu gibt das [[Fünftes apokalyptisches Siegel|fünfte Siegel]] aus der [[Apokalypse des Johannes]]: Das [[Weib, mit der Sonne bekleidet, ein Knäblein gebärend, der Mond zu ihren Füßen]].
</div>
 
== Die Mutter Jesu ==
 
{{Hauptartikel|Maria (Mutter Jesu)}}
 
Im esoterischen Christentum wurde die Mutter des Jesus stets als «Jungfrau Sophia» bezeichnet, so auch von [[Johannes (Evangelist)|Johannes]], dem Evangelisten; nur exoterisch nennt er sie die «Mutter des Jesus». Im [[Johannes-Evangelium]] liegt die Kraft, den Astralleib zur «Jungfrau Sophia» umzugestalten und empfänglich zu machen für den «[[Heiliger Geist|Heiligen Geist]]». Wie sich der Schüler ([[Chela]]) im Zuge des geistigen [[Schulungsweg]]es dazu vorbereitet, schildert [[Rudolf Steiner]] weiters so:
 
{{GZ|Erst ist es eine unbewußte Arbeit, die der Mensch an seinem Ätherleibe und seinem Astralleibe verrichtet. Diese vollzieht sich im allgemeinen Entwickelungsgang der Menschheit. Der Chela beginnt diese Arbeit bewußt in die Hand zu nehmen. Es wird bei unablässigem Üben ein bestimmter Moment erreicht, wo der ganze astralische Leib umgewandelt ist. Dann kann sich alles, was im astralischen Leibe ist, in den Ätherleib hinein abdrücken. Dann erst darf dieses geschehen, früher nicht, denn früher kämen schlimme Eigenschaften hinein. Das Erworbene geht dann mit dem [[Kausalleib]] durch alle Inkarnationen hindurch. Die Verewigung, Verlebendigung alles dessen, was der Astralleib enthält, ist ein ungeheuer wichtiger Vorgang. Das kann er in keinem Kamaloka abwerfen, das trägt er für immer in sich. Deshalb ist die vorherige Reinigung sehr notwendig.
 
Das Abdrücken dessen, was der Astralleib enthält, in den Ätherleib, wurde in der alten Einweihung so vollzogen, daß der Schüler in eine Krypta gebracht und dort in eine Art Sarg gelegt wurde. Manchmal wurde er auch an eine Art Kreuz gebunden und in einen lethargischen Zustand versetzt, bei dem der Ätherleib zugleich mit dem Astralleib aus dem physischen Leib heraustrat. Etwas ähnliches, nämlich das Heraustreten eines Teiles des Ätherleibes, geht beim Einschlafen eines Gliedes vor sich; man kann dann den betreffenden Teil des Ätherleibes aus dem Körper heraushängen sehen. Die Einweihung selbst nahm ein besonders hoher Initiierter vor. Vieles andere noch wurde da nach vorgeschriebenen Regeln gemacht. Solch ein Schlaf war etwas anderes als ein gewöhnlicher Schlaf. Es blieb bloß der physische Leib in dem sogenannten Sarg zurück, und der Ätherleib und Astralleib gingen heraus; es war also eine Art Tod. Dies war notwendig, daß man den Ätherleib frei bekam, denn nur dann kann sich der Astralleib in den Ätherleib abdrücken. Dreieinhalb Tage dauerte dieser Zustand. Wenn der Novize dann von dem Initiator wieder hingelenkt wurde zu dem physischen Leib, so wurde ihm noch eine letzte Formel eingeprägt, mit der er aufwachte. Das waren die Worte: «Eli, Eli, lama sabachthani!», das heißt: «Mein Gott, mein Gott, wie hast Du mich verherrlicht!» Zugleich schien ihm ein bestimmter Stern, in der ägyptischen Einweihung der Sirius, entgegen. Jetzt war er ein neuer Mensch geworden. Man nannte nun den ganz vergeistigten Astralleib aus einem ganz bestimmten Grunde mit einem ganz besonderen Namen: «Jungfräulich» nannte man diesen Astralleib, die «Jungfrau Sophia». Und den Ätherleib, der aufnimmt, was die Jungfrau Sophia in sich trug, nannte man den «Heiligen Geist». Und das, was aus beiden entstand, das war der «Menschensohn». Der Verkündigung und Geburt des Jesus von Nazareth liegen diese Mysterieninhalte zugrunde.
 
Dieses innere Erlebnis wurde im Bilde auch so dargestellt, daß der Heilige Geist als die Taube über dem Kelch schwebt. Das ist der Moment, der im Johannes-Evangelium 1,32 beschrieben wird: «Und Johannes zeugete und sprach: Ich sah, daß der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf Ihm.» Denken Sie sich das auf dem astralen Plan erlebt, so haben Sie ein wirkliches Ereignis.|94|290f}}
 
== Die Sophia der Gnostiker ==
 
{{Hauptartikel|Sophia (Gnosis)}}
 
In der [[Gnosis]] ist [[Sophia (Gnosis)|Sophia]] ({{ELSalt|Σοφíα}} „Weisheit“; [[Wikipedia:Koptische Sprache|koptisch]] {{polytonisch|τcοφια}} ''tsophia'') ein [[weib]]licher Aspekt der [[Gott]]heit und  oft auch als [[Weltseele]] das [[Makrokosmos|makrokosmische]] Analogon der menschlichen [[Seele]]. Vielfach erscheint sie als der unterste der von der Gottheit [[Emanation|emanierten]] [[Äonen]] und als Ursache für die Erschaffung der [[Materie|materiellen]] Welt.


==Literatur==
==Literatur==
* Erich Blechschmidt: ''Wie beginnt das menschliche Leben: vom Ei zum Embryo'', Christiana Verlag, Stein am Rhein, 6. Aufl., 1989
* [[Rudolf Steiner]]: ''Kosmogonie'', [[GA 94]] (1979), München, 5. November 1906 (der Vortrag handelt vom [[Rosenkreuzer-Schulungsweg]])
* L.F.C. Mees: ''Tiere sind, was Menschen haben'', J. Ch. Mellinger Verlag, Stuttgart 1987, ISBN 978-3880692237
* [[Rudolf Steiner]]: ''Das Johannes-Evangelium'', [[GA 103]] (1995), Zwölfter Vortrag, Hamburg, 31. Mai 1908
* [[Rudolf Steiner]]: ''Anthroposophie, Psychosophie, Pneumatosophie'', GA 115 (1980), Vierter Vortrag, Berlin, 27. Oktober 1909 {{Vorträge|115}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Mysterien des Morgenlandes und des Christentums'', [[GA 144]] (1985) {{Vorträge|144}}


{{GA}}
{{GA}}


==Weblinks==
== Weblinks ==
#[http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Haeckel Ernst Heinrich Philipp August Haeckel] - Wikipedia-Artikel
*[http://www.gerd-albrecht.de/Die%20Gnostischen%20Schriften/Das%20Philippusevangelium.htm Das Philippusevangelium] (Gerd Albrecht)
#[http://de.wikipedia.org/wiki/Biogenetische_Grundregel Biogenetische Grundregel] - Wikipedia-Artikel
* [http://web.archive.org/web/20070912010206/http://wwwuser.gwdg.de/~rzellwe/nhs/node87.html#SECTION000190000000000000000 Das Philippusevangelium] (deutsche Übersetzung von Gerd Lüdemann und Martina Janßen)
#[http://www.aktion-leben.de/Abtreibung/Embryonal-Entwicklung/sld01.htm Naturgesetz oder Irrtum? Interview mit Prof. Dr. Erich Blechschmidt, Göttingen]
* [https://sophiafoundation.org/wp-content/uploads/2017/04/sophia-kosmisch-und-menschlich-revised.pdf Klaus J. Bracker, "Die heilige Sophia – kosmisch und menschlich"] - Eine anthroposophische Spurensuche
#[http://www.anthroposophie.net/bibliothek/nawi/biologie/haeckel/bib_haeckel_biogenetisch.htm Das biogenetische Grundgesetz] - weiterführende Linksammlung.
** [https://sophiafoundation.org/wp-content/uploads/2020/04/THE-HOLY-SOPHIA-%E2%80%93-Cosmic-and-Human.pdf Klaus J. Bracker: ''THE HOLY SOPHIA – COSMIC AND HUMAN''] - An Anthroposophical Quest
#[http://caliban.mpiz-koeln.mpg.de/~stueber/haeckel/weltraethsel/kapitel05.html Ernst Haeckel: ''Die Welträtsel'', Kapitel 5] - Das biogenetische Grundgesetz im Originaltext.
 
#[http://ftp.rudolf-steiner.org/FTP/bibliothek/philosophie/Haeckel/Haeckel_Die_Weltraetsel.pdf Ernst Haeckel: ''Die Welträtsel''] - Das gesamte Buch zum Download
== Einzelnachweise ==
#[http://derstandard.at/2000067389831-1317/Die-ewige-Kontroverse-um-Haeckels-Embryos Die "ewige" Kontroverse um Haeckels Embryos] in: [http://derstandard.at derstandard.at] (8. November 2017)
<references />


[[Kategorie:Evolution]] [[Kategorie:Biologie]] [[Kategorie:Embryologie]]
[[Kategorie:Christliche Esoterik]]
[[Kategorie:Christentum]]  
[[Kategorie:Gnosis]]
[[Kategorie:Maria]]

Version vom 3. Dezember 2020, 00:52 Uhr

Als «Jungfrau Sophia» wird in der christlichen Esoterik der von niederen sinnlichen Begierden gereinigete und zum Geistselbst erhöhte Astralleib (→ Katharsis) bezeichnet, gleichbedeutend mit der «Isis» der ägyptischen Mysterien, , allerdings jetzt in der christlich verwandelter Form als «Neue Isis», von Goethe im abschließenden Chorus Mysticus seiner Faust-Dichtung als das Ewig-Weibliche und in seinem Märchen als «schöne Lilie» angesprochen.

Verwandlung des Astralleibs zum Geistselbst

In der Verwandlung des Astralleibs zum Geistselbst liegt im esoterischen Sinn das wahre Wesen der Jungfräulichkeit begründet. Eng damit verbunden ist auch das Geheimnis der jungfräulichen Geburt.

"Die christliche Esoterik nannte diesen gereinigten, geläuterten astralischen Leib, der in dem Augenblick, wo er der Erleuchtung unterworfen ist, nichts von den unreinen Eindrücken der physischen Welt in sich enthält, sondern nur die Erkenntnisorgane der geistigen Welt, die «reine, keusche, weise Jungfrau Sophia». Durch alles das, was der Mensch aufnimmt in der Katharsis, reinigt und läutert er seinen astralischen Leib zur «Jungfrau Sophia». Und der «Jungfrau Sophia» kommt entgegen das kosmische Ich, das Welten-Ich, das die Erleuchtung bewirkt, das also macht, daß der Mensch Licht um sich herum hat, geistiges Licht. Dieses Zweite, das zur «Jungfrau Sophia» hinzukommt, nannte die christliche Esoterik - und nennt es auch heute noch - den «Heiligen Geist». So daß man im christlich-esoterischen Sinne ganz richtig spricht, wenn man sagt: Der christliche Esoteriker erreicht durch seine Einweihungsvorgänge die Reinigung und Läuterung seines astralischen Leibes; er macht seinen astralischen Leib zur «Jungfrau Sophia» und wird überleuchtet - wenn Sie wollen, können Sie es überschattet nennen - von dem «Heiligen Geiste», von dem kosmischen Welten-Ich." (Lit.: GA 103, S. 201)

Jungfräulichkeit und Weiblichkeit

Dass diese Jungfräulichkeit nicht als äußeres Mirakel im leiblichen Sinn missverstanden werden darf, betont auch das apokryphe Philippusevangelium:

Einige sagten: „Maria ist vom heiligen Geist schwanger geworden.“ Sie sind im Irrtum. Sie wissen nicht, was sie sagen. Wann ist je eine Frau von einer Frau schwanger geworden? Maria ist die Jungfrau, die keine Macht befleckte. Sie ist ein großes Heiligtum für die Hebräer, das sind die Apostel und die Apostelschüler. Diese Jungfrau, die keine Macht befleckte, die Mächte befleckten sich selbst. Und der Herr hätte nicht gesagt: „Mein Vater, der im Himmel ist“, wenn er nicht noch einen anderen Vater gehabt hätte, sondern er hätte einfach gesagt: „Mein Vater!“

Philippusevangelium: Spruch 17

Meister Eckhart in spricht in einer Predigt von der „Jungfrau die ein Weib war“»[1]. Er bezieht sich dabei auf den Besuch von Jesus bei Martha und Maria von Bethanien (Lk 10,38f LUT), wo auch die Auferweckung des Lazarus erfolgt (Joh 11,1ff EU), und wirft in dieser Predigt ein erhellendes Licht auf den geistigen Zusammenhang von Jungfräulichkeit und Weiblichkeit:

„Ich habe ein Wörtlein gesprochen, zunächst auf lateinisch, das steht geschrieben im Evangelium und lautet zu deutsch also: »Unser Herr Jesus Christus ging hinauf in ein Burgstädtchen und ward empfangen von einer Jungfrau, die ein Weib war.« Wohlan, achtet nun aufmerksam auf dieses Wort: Notwendig muß es so sein,daß sie eine »Jungfrau« war, jener Mensch, von dem Jesus empfangen ward. Jungfrau besagt soviel wie ein Mensch, der von allen fremden Bildern ledig ist, so ledig, wie er war, da er noch nicht war. Seht, nun könnte man fragen, wie ein Mensch, der geboren ist und fortgediehen bis in vernunftfähiges Leben, wie der so ledig sein könne von allen Bildern, wie da er noch nicht war, und dabei weiß er doch vieles, das sind alles Bilder; wie kann er dann ledig sein? Nun gebt acht auf die Unterweisung, die will ich euch dartun. Wäre ich von so umfassender Vernunft, daß alle Bilder, die sämtliche Menschen je aufnahmen, und die, die in Gott selbst sind, in meiner Vernunft stünden, doch so, daß ich so frei von Ich-Bindung an sie wäre, daß ich ihrer keines im Tun noch im Lassen, mit Vor noch mit Nach als mir zu eigen ergriffen hätte, daß ich vielmehr in diesem gegenwärtigen Nun frei und ledig stünde für den liebsten Willen Gottes und ihn zu erfüllen ohne Unterlaß, wahrlich, so wäre ich Jungfrau ohne Behinderung durch alle Bilder, ebenso gewiß, wie ich's war, da ich noch nicht war [...]

Nun gebt acht und seht genau zu! Wenn nun der Mensch immerfort Jungfrau wäre, so käme keine Frucht von ihm. Soll er fruchtbar werden, so ist es notwendig, daß er Weib sei. »Weib« ist der edelste Name, den man der Seele zulegen kann, und ist viel edler als »Jungfrau«. Daß der Mensch Gott in sich empfängt, das ist gut, und in dieser Empfänglichkeit ist er Jungfrau. Daß aber Gott fruchtbar in ihm werde, das ist besser; denn Fruchtbarwerden der Gabe, das allein ist Dankbarkeit für die Gabe, und da ist der Geist Weib in der wiedergebärenden Dankbarkeit, wo er Jesum wiedergebiert in Gottes väterliches Herz [...]

Eine Jungfrau, die ein Weib ist, die frei ist und ungebunden ohne Ich-Bindung, die ist Gott und sich selbst allzeit gleich nahe. Die bringt viele Früchte, und die sind groß, nicht weniger und nicht mehr als Gott selbst ist. Diese Frucht und diese Geburt bringt diese Jungfrau, die ein Weib ist, zustande, und sie bringt alle Tage hundertmal oder tausendmal Frucht, ja unzählige Male, gebärend und fruchtbar werdend aus dem alleredelsten Grunde; noch besser gesagt: fürwahr, aus demselben Grunde, daraus der Vater sein ewiges Wort gebiert, aus dem wird sie fruchtbar mitgebärend. Denn Jesus, das Licht und der Widerschein des väterlichen Herzens - wie Sankt Paulus sagt, daß er eine Ehre und ein Widerschein des väterlichen Herzens sei und mit Gewalt das väterliche Herz durchstrahle -, dieser Jesus ist mit ihr vereint und sie mit ihm, und sie leuchtet und glänzt mit ihm als ein einiges Eins und als ein lauterklares Licht im väterlichen Herzen.

Ich habe auch öfter schon gesagt, daß eine Kraft in der Seele ist, die weder Zeit noch Fleisch berührt; sie fließt aus dem Geiste und bleibt im Geiste und ist ganz und gar geistig. In dieser Kraft ist Gott ganz so grünend und blühend in aller der Freude und in aller der Ehre, wie er in sich selbst ist [...] Wäre der Geist allzeit mit Gott in dieser Kraft vereint, der Mensch könnte nicht altern; denn das Nun, darin Gott den ersten Menschen schuf, und das Nun, darin der letzte Mensch vergehen wird, und das Nun, darin ich spreche, die sind gleich in Gott und sind nichts als ein Nun. Nun seht, dieser Mensch wohnt in einem Lichte mit Gott; darum ist in ihm weder Leiden noch Zeitfolge, sondern eine gleichbleibende Ewigkeit. Diesem Menschen ist in Wahrheit alles Verwundern abgenommen, und alle Dinge stehen wesenhaft in ihm. Darum empfängt er nichts Neues von künftigen Dingen noch von irgendeinem »Zufall«, denn er wohnt in einem Nun, allzeit neu, ohne Unterlaß. Solche göttliche Hoheit ist in dieser Kraft.“

Meister Eckhart: Predigt von der Jungfrau die ein Weib war[1]
Fünftes apokalyptisches Siegel: Das Weib, mit der Sonne bekleidet, ein Knäblein gebärend, der Mond zu ihren Füßen.

Ein imaginatives Bild dazu gibt das fünfte Siegel aus der Apokalypse des Johannes: Das Weib, mit der Sonne bekleidet, ein Knäblein gebärend, der Mond zu ihren Füßen.

Die Mutter Jesu

Hauptartikel: Maria (Mutter Jesu)

Im esoterischen Christentum wurde die Mutter des Jesus stets als «Jungfrau Sophia» bezeichnet, so auch von Johannes, dem Evangelisten; nur exoterisch nennt er sie die «Mutter des Jesus». Im Johannes-Evangelium liegt die Kraft, den Astralleib zur «Jungfrau Sophia» umzugestalten und empfänglich zu machen für den «Heiligen Geist». Wie sich der Schüler (Chela) im Zuge des geistigen Schulungsweges dazu vorbereitet, schildert Rudolf Steiner weiters so:

„Erst ist es eine unbewußte Arbeit, die der Mensch an seinem Ätherleibe und seinem Astralleibe verrichtet. Diese vollzieht sich im allgemeinen Entwickelungsgang der Menschheit. Der Chela beginnt diese Arbeit bewußt in die Hand zu nehmen. Es wird bei unablässigem Üben ein bestimmter Moment erreicht, wo der ganze astralische Leib umgewandelt ist. Dann kann sich alles, was im astralischen Leibe ist, in den Ätherleib hinein abdrücken. Dann erst darf dieses geschehen, früher nicht, denn früher kämen schlimme Eigenschaften hinein. Das Erworbene geht dann mit dem Kausalleib durch alle Inkarnationen hindurch. Die Verewigung, Verlebendigung alles dessen, was der Astralleib enthält, ist ein ungeheuer wichtiger Vorgang. Das kann er in keinem Kamaloka abwerfen, das trägt er für immer in sich. Deshalb ist die vorherige Reinigung sehr notwendig.

Das Abdrücken dessen, was der Astralleib enthält, in den Ätherleib, wurde in der alten Einweihung so vollzogen, daß der Schüler in eine Krypta gebracht und dort in eine Art Sarg gelegt wurde. Manchmal wurde er auch an eine Art Kreuz gebunden und in einen lethargischen Zustand versetzt, bei dem der Ätherleib zugleich mit dem Astralleib aus dem physischen Leib heraustrat. Etwas ähnliches, nämlich das Heraustreten eines Teiles des Ätherleibes, geht beim Einschlafen eines Gliedes vor sich; man kann dann den betreffenden Teil des Ätherleibes aus dem Körper heraushängen sehen. Die Einweihung selbst nahm ein besonders hoher Initiierter vor. Vieles andere noch wurde da nach vorgeschriebenen Regeln gemacht. Solch ein Schlaf war etwas anderes als ein gewöhnlicher Schlaf. Es blieb bloß der physische Leib in dem sogenannten Sarg zurück, und der Ätherleib und Astralleib gingen heraus; es war also eine Art Tod. Dies war notwendig, daß man den Ätherleib frei bekam, denn nur dann kann sich der Astralleib in den Ätherleib abdrücken. Dreieinhalb Tage dauerte dieser Zustand. Wenn der Novize dann von dem Initiator wieder hingelenkt wurde zu dem physischen Leib, so wurde ihm noch eine letzte Formel eingeprägt, mit der er aufwachte. Das waren die Worte: «Eli, Eli, lama sabachthani!», das heißt: «Mein Gott, mein Gott, wie hast Du mich verherrlicht!» Zugleich schien ihm ein bestimmter Stern, in der ägyptischen Einweihung der Sirius, entgegen. Jetzt war er ein neuer Mensch geworden. Man nannte nun den ganz vergeistigten Astralleib aus einem ganz bestimmten Grunde mit einem ganz besonderen Namen: «Jungfräulich» nannte man diesen Astralleib, die «Jungfrau Sophia». Und den Ätherleib, der aufnimmt, was die Jungfrau Sophia in sich trug, nannte man den «Heiligen Geist». Und das, was aus beiden entstand, das war der «Menschensohn». Der Verkündigung und Geburt des Jesus von Nazareth liegen diese Mysterieninhalte zugrunde.

Dieses innere Erlebnis wurde im Bilde auch so dargestellt, daß der Heilige Geist als die Taube über dem Kelch schwebt. Das ist der Moment, der im Johannes-Evangelium 1,32 beschrieben wird: «Und Johannes zeugete und sprach: Ich sah, daß der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf Ihm.» Denken Sie sich das auf dem astralen Plan erlebt, so haben Sie ein wirkliches Ereignis.“ (Lit.:GA 94, S. 290f)

Die Sophia der Gnostiker

Hauptartikel: Sophia (Gnosis)

In der Gnosis ist Sophia (griech. Σοφíα „Weisheit“; koptisch τcοφια tsophia) ein weiblicher Aspekt der Gottheit und oft auch als Weltseele das makrokosmische Analogon der menschlichen Seele. Vielfach erscheint sie als der unterste der von der Gottheit emanierten Äonen und als Ursache für die Erschaffung der materiellen Welt.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Einzelnachweise