Tumbheit, Zwifel und Saelde und Willem Frederik Veltman: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Tumbheit''' (auch {{mhd|tumpheit}} „Dumpfheit, [[Einfalt]]“), '''Zwifel''' (auch {{mhd|zwîvel}} „[[Zweifel]]“) und '''Saelde''' ({{mhd|}} „[[Seligkeit]]“) sind drei Stufen der [[Seele|seelischen]] Entwicklung, die auf dem [[Einweihungsweg]] zu erklimmen sind. Sie werden vor allem in den [[mittelalter]]lichen [[Dichtung]]en des 12., 13. und 14. Jahrhunderts in der Morgenröte des nahenden [[Bewusstseinsseelenzeitalter]]s etwa von [[Wikipedia:Hartmann von Aue|Hartmann von Aue]], [[Wikipedia:Gottfried von Straßburg|Gottfried von Straßburg]] und namentlich von [[Wolfram von Eschenbach]] in seinem «[[Parzival]]» beschrieben.
[[Datei:Veltman Willem.png|mini|Willem Frederik Veltman]]


{{GZ|Das Fragen der Seele
'''Willem Frederik Veltman''' (* [[Wikipedia:7. Februar|7. Februar]] [[Wikipedia:1923|1923]] in [[Wikipedia:Den Haag|Den Haag]]) ist ein [[Wikipedia:Niederlande|niederländischer]] [[Wikipedia:Autor|Autor]], [[Waldorflehrer]] und [[Anthroposoph]].
nach dem Höchsten, das sie finden konnte, wurde in den
späteren Zeiten draußen in der Welt genannt «Das Geheimnis
vom Heiligen Gral». Und die Gralsage, Parzivalsage, ist
nichts anderes als ein Ausdruck des Christus-Mysteriums.
Der Gral ist jene heilige Schale, in »der der Christus das
Abendmahl genommen hat, in der der Josef von Arimathia
aufgefangen hat das Blut des Christus, wie es geflossen ist
auf Golgatha. Von einer solchen Schale umschlossen ist
das Blut des Christus an einen heiligen Ort gebracht worden.
Solange die Menschen nicht fragen nach dem Unsichtbaren, geht es ihnen wie Parzival. Erst als er fragt, wird er
ein Eingeweihter des Christus-Mysteriums.


So sehen wir, wie ''Wolfram von Eschenbach'' in seine Darstellung
== Leben ==
hineinverwebt die drei Stufen der Menschenseele,
die erst ausgeht von der äußeren sinnlichen Wahrnehmung,
wo sie, im Materiellen befangen, sich sagen läßt vom materiellen
Geist, was wahr ist. Das ist die Seele in ihrer «Tumbheit», wie Wolfram von Eschenbach sich ausdrückt. Dann
erkennt die Seele, wie die Außenwelt nur Illusionen gibt.
Wenn die Seele merkt, daß in dem, was die Naturwissenschaft
zu geben vermag, nicht Antworten zu finden sind,
sondern nur Fragen, so verfällt die Seele in das, was Wolfram
von Eschenbach nennt den «Zwifel». Dann aber steigt
sie auf zur «Saelde», zur Seligkeit, zum Leben in den geistigen
Welten. Das sind die drei Stufen der Seele.|57|433f}}


{{GZ|Man unterschied bei der Einführung in die Mysterien drei Stufen,
Willem Frederik Veltman wurde als Sohn von Theodorus Jacobus Veltman und Pauline Maria Rovers in [[Wikipedia:Den Haag|Den Haag]] geboren und wuchs zusammen mit seinem älteren Bruder Paul Cornelis und seiner Schwester Maria Anna Theodora in [[Wikipedia:Wassenaar|Wassenaar]] auf. Er besuchte die Schule in [[Wikipedia:Leiden|Leiden]] und schloss seine Gymnasialbildung [[Wikipedia:1941|1941]] ab. Anschließend studierte er Französisch. Noch während des [[Wikipedia:Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] lernte Veltman die [[Anthroposophie]] [[Rudolf Steiner]]s kennen.  
durch die der Mensch hindurchgehen mußte. Die erste Stufe war die
Dumpfheit, die zweite Stufe war der «Zwifel», die dritte Stufe war die
«Saelde». Die erste Stufe war die, auf welcher der Mensch von allem
Vorurteil der Welt hinweggeführt wurde, hingewiesen wurde auf
die Kraft seiner eigenen Seele, seine eigene Liebeskraft, damit er das
innere Licht leuchten sehen konnte. Die zweite Stufe war der Zwifel,
Zweifel. Dieser Zweifel an allem kommt auf der zweiten Stufe der
Einweihung, und er wird auf einer höheren Stufe hinaufgehoben in
die innere Seligkeit = Saelde. Dies war die dritte Stufe, das bewußte
Zusammenführen mit den Göttern.


Perceval - dringe durch das Tal! -, so wurden im Mittelalter solche
Ab 1947 unterichtete Veltman Französisch an der Freien Waldorfschule in Den Haag und später auch [[Kunst]]geschichte, [[Religion]], [[Biologie]], [[Musik]] und [[Schauspiel]]. Im gleichen Jahr 1947 heiratete er Hanna Lina Arntzenius. Aus dieser Ehe stammen die drei Kinder Michael, Rosalind und Peronnik Alain.
Einzuweihende genannt.|97|266}}


{{GZ|Solche Entwickelungsimpulse ruhen tief in den bedeutsamen Kulturergebnissen
Ab 1953 war Veltman Redakteur der sozialpädagogischen Zeitschrift „Free Pedagogic Art“, für die er auch viele Artikel verfasste, und ist seit vielen Jahren in der [[Waldorfschule|Waldorfschulbewegung]] im In- und Ausland aktiv. 1968 erschien sein erstes großes Buch über [[Dante Alighieri]]. Viele weitere aus anthroposophischer Perspektive geschriebene Bücher folgten, u.a. über Shakespeare, Goethe, Steiner, Victor Hugo und berühmte historische Stätten wie Chartres, Ravenna und Hellas.
der Menschheit. Und es erweckt in uns gewiß ein tiefes
Gefühl, wenn in der Zeit, in der sich die europäische Menschheit nähert
diesem fünften nachatlantischen Kulturzeitraum, solche Dichtungen
heraufkommen, wie die des ''Wolfram von Eschenbach'', der «Parzival».
Wir haben die Dichtung als solche oftmals betrachtet, aber wir wollen
heute ein Auge haben, ein Seelenauge haben für etwas, was uns da als
ein grandioses Merkzeichen der Zeit entgegentritt. Sehen Sie sich die
merkwürdige Charakteristik an, die nun, nicht nur bei Wolfram, sondern
überhaupt bei den Menschen dieser Zeit, indem in ihnen die Dichterkraft
aufgeht, heraufkommt.


Da sieht man, ich möchte sagen, sich beunruhigt durch drei Entwickelungsstadien
Nachdem Veltmans erste Ehe mit Hanna Arntzenius geschieden wurde wurde, heiratete er 1975 Marianne Eelman. 1979 wurde ihre gemeinsame Tochter Dana Maria geboren.  
der menschlichen Seele. Das erste, was man an dem
Menschen wahrnimmt, wenn er in die Welt hereintritt, wenn er sich
seinem Leben überläßt, wenn er in naiver Weise im Zusammenhang mit
der Welt lebt, das erste, was man wahrnimmt, ist die Einfältigkeit,
Dumpfheit.


Das zweite aber, das ist der Zweifel. Und gerade in dieser Zeit des
Nach 41 Jahren als Lehrer verließ Veltmann 1988 die Freie Waldorfschule Den Haag. Damit begann eine Zeit der Reisen, neue Kontakte wurden geknüpft und neue Initiativen begründet. Zusammen mit seiner Gattin Marianne gründete er 1987 die Stiftung „Musai“, um Dramen und Märchen auf die Bühne zu bringen. In Den Haag initierte er auch eine Begegnung zwischen [[Eurythmie]] und modernem Tanz. Seit 1997 werden regelmäßig unter seiner Leitung selbstgeschriebene Geschichten mit zumeist russischem oder osteuropäischen Hintergrund zur Aufführung gebracht.
herannahenden fünften nachatlantischen Zeitraumes wird der Zweifel
lebendig geschildert. Ist Zweifel des Herzens Angebinde, so muß dem
Menschen das Leben sauer werden: das ist die Empfindung in jener
Zeit. Aber die Empfindung ist auch da: Der Mensch muß sich durchringen
durch den Zweifel zur Saelde, zur Seligkeit. - Und Seligkeit
nennt man dann dasjenige, wo der Mensch in die ungöttlich gewordenen
Gedanken, in die ganz irdisch gewordenen, toten Gedanken nun
wiederum das göttliche Leben hereinbringt. Als den Zustand des Zweifels
empfindet man dieses Untertauchen des Menschen mit seinen Gedanken
in den irdischen Bereich. Und die Saelde, die Seligkeit, empfindet
man wie ein Losreißen von dem Irdischen dadurch, daß man die
Gedanken wiederum lebendig macht.


[[Datei:GA222_120.gif|center|300px|Tafel 10 aus GA 222, S. 120]]
1992 gründete Veltman zusammen mit seiner Gattin die „Willem de Zwijger Stiftung“ für das multikulturelle Zusammenleben der Völker als Basis für eine andere Form des vereinten [[Europa]]s. Nach einer Einführung für die Menschen in Prag 1997 organisierte Veltman dort zwei Jahre später eine europäische Konferenz. 2002 folgte eine weitere Konferenz. Veltman knüpfte auch viele Kontakte zu anderen europäischen Ländern mit dem Ziel „europäische Häuser“ als Treffpunkt für Menschen verschiedenster Kulturen zu schaffen.


Das ist gerade als ein Stimmungsgehalt der Dichtungen in diesem
Aus Protest gegen die Rassismusvorwürfe der Baarda-Kommission gegen [[Rudolf Steiner]] trat er aus der AAG aus.
12., 13., 14. Jahrhundert vorhanden, wo man sich herauf ringt in den
fünften nachatlantischen Zeitraum. Ich möchte sagen, die erste Morgenröte
dieses fünften nachatlantischen Zeitraumes wurde lebendiger
von den Menschen empfunden als heute, wo die Menschen müde sind,
über diese Dinge nachzudenken, wo sie zu bequem geworden sind. Aber
sie werden wieder beginnen müssen, über diese Dinge tief nachzudenken,
und namentlich nachzufühlen. Sonst würde eben der Aufstieg der
Menschheit nicht möglich sein.|222|119f}}


{{GZ|Wenn nur solche Gedanken
== Werke (Auswahl) ==
ausgebildet werden, wie sie heute gang und gäbe sind, wenn
die Gedanken nicht durchdrungen werden von der Weisheit des
Spirituellen, dann können sich die Seelen, die sich heute nur in dem
Materiellen denkend beschäftigen, in den späteren Inkarnationen ihres
Gehirns nicht mehr ordentlich bedienen, weil die Kräfte das Gehirn
nicht mehr angreifen können, weil sie zu schwach werden. Das ist
so, daß eine Seele, die heute bloß, sagen wir, Soll und Haben zusammenaddiert
oder sich mit den Usancen des kommerziellen oder
industriellen Lebens beschäftigt oder nur materialistische WissenschaftsbegrifFe
aufnimmt, sich anfüllt mit Denkgebilden, die nach und
nach in späteren Inkarnationen das Bewußtsein verdunkeln, weil das
Gehirn wie eine unplastische Masse - gerade wie heute bei der Gehirnerweichung
- nicht mehr von den Denkkräften angegriffen werden
könnte. Daher muß für den, der in diese tieferen Kräfte der menschheitlichen
Entwickelung hineinschaut, alles, was in der Seele leben
kann, durchsetzt werden von der spirituellen Erfassung der Welt.


So mag denn die Menschennatur in der neueren Zeit noch eine
* ''Dantes Weltmission'', J. Ch. Mellinger Verlag, Stuttgart 1979, ISBN 978-3-88069006-6
Doppelnatur sein. In die Kräfte, die vorzugsweise der Bewußtseinsseele
* ''Reinkarnation''. Moderne Rückführungspraktiken und anthroposophische Karmaforschung, Urachhaus Vlg., Stuttgart 1996
angehören, muß der Mensch Wissen aufnehmen, innerliches
spirituelles Wissen, spirituelle Erkenntnis. Überwinden muß der
Mensch die zwei Gebiete, die Parzival durchmacht: überwinden muß
er die «Dumpfheit» und den «Zweifel» in seiner Seele. Denn wenn
er mitnehmen würde Dumpfheit und Zweifel in die spätere Inkarnation,
so würde er mit ihnen nicht zurecht kommen. Wissend muß der
Mensch werden in bezug auf die spirituellen Welten. Nur dadurch,
daß sich in der Menschenseele das Leben ausbreitet, das Wolfram von
Eschenbach Saelde nennt und das kein anderes Leben ist als das,
welches spirituelles Wissen über die Bewußtseinsseele ergießt, nur
dadurch kann die menschliche Seelenentwickelung von dem fünften
Zeitraum an in den sechsten wirklich fruchtbar hinüberschreiten.
Das gehört zu den Ergebnissen der neueren Mysterien; das sind die
gewichtigen, bedeutsamen Ergebnisse, die aufgenommen werden
müssen aus den heutigen Mysterien, die eine Nachwirkung des Gralmysteriums
sind. Das ist aber auch so, daß es - ungleich allem älteren
Mysterienwissen - wirklich auch allgemein verstanden werden kann.
Denn nach und nach müssen eben überwunden werden die unbewußten
und toten Kräfte der Seele und des Organismus durch eine
starke Durchdringung der Bewußtseinsseele mit spirituellem Wissen,
das heißt mit verstandenem, begriffenem spirituellen Wissen, nicht
mit einem auf Autorität gebauten Wissen.|144|77ff}}


{{GGZ|Eigentlich kann es eine tiefere moderne Seele gar nicht geben, die
== Weblinks ==
nicht durch den nagenden Zweifel durchgeht. Kennengelernt sollte
die moderne Seele diesen nagenden Zweifel haben! Dann wird sie erst
mit starken Kräften einmünden in jenes spirituelle Wissen, das für die
Bewußtseinsseele das eigentlich ist, und das sich erst aus der Bewußtseinsseele
ergießen muß in die Verstandes- oder Gemütsseele, um dort
Herr zu werden. Daher müssen wir in vernünftiger Weise zu durchdringen
suchen, was unserer Bewußtseinsseele dargereicht wird aus
dem okkulten Wissen. Dadurch werden wir in unserem Innern ein
solches Selbst heranziehen, das innerhalb des Innern ein wirklicher
Herr und Herrscher ist. Dann stehen wir, wenn wir das moderne
Mysterienwesen kennenlernen, uns selbst gegenüber.|144|80}}


== Der physiologische Hintergrund ==
* [http://www.geistesleben.de/urheber/willem-frederik-veltman Willem Frederik Veltman] - Autorenseite beim [[Verlag Freies Geistesleben]]
* [http://www.wfveltman.nl W.F. Veltman] (niederderländisch)


Im Zug der [[Menschheitsentwicklung]] verändert sich auch der [[mensch]]liche [[Organismus]] im Lauf der Jahrhunderte in feiner, aber bedeutsamer Weise hinsichtlich seiner [[Anatomie]] und [[Physiologie]]. Und damit sind auch über den Umweg des zentralen [[Nervensystem]]s ebenso bedeutsame Rückwirkungen auf das [[Seelenleben]] verbunden. Eine wesentliche Veränderung geschah in der Zeit vom 12. bis 14. Jahrhundert kurz vor Anbruch des [[Bewusstseinsseelenzeitalter]]s, als die bis dahin dominierende [[Nieren]]tätigkeit allmählich durch die stärker werdende [[Leber]]- und [[Galle]]ntätigkeit zurückgedrängt wurde. Als noch die Nierentätigkeit überwog, war das [[Bewusstsein]] mit einer gewissen Dumpfheit belastet, die erst durch die stärkere Leber- und Gallentätigkeit überwunden wurde, die die physiologische Basis für die ''Saelde'', für die vollbewusste Vereinigung mit der [[Geistige Welt|göttlich-geistigen Welt]] bildet. Im Übergang tritt der [[Zweifel]] auf, der mit Turbulenzen im [[Herz-Lungen-System]] zusammenhängt.
{{DEFAULTSORT:Veltman, Willem Frederik}}


{{GZ|Der Mensch ist eine ungemein
[[Kategorie:Anthroposoph (20. Jahrhundert)]]
feine Organisation; aber diese ist nicht immer gleich. Wenn wir nur
[[Kategorie:Anthroposoph (21. Jahrhundert)]]
ein paar Jahrhunderte zurückgehen - nicht wahr, für die Gesamtentwickelung
[[Kategorie:Autor (Anthroposophie)]]
sind ein paar Jahrhunderte nicht viel —, da kommen wir
[[Kategorie:Waldorflehrer]]
zum Beispiel in die Zeit, in welcher das jetzige Zeitalter, die eigentliche
[[Kategorie:Niederländer]]
Epoche der Bewußtseinsentwickelung begonnen hat. Wir kommen hinter
[[Kategorie:Geboren 1923]]
das 15., 14., 13. Jahrhundert zurück in der nachchristlichen Zeit.
[[Kategorie:Mann]]
Da ist es in der Tat so gewesen, daß gerade in der zivilisierten Welt -
so grotesk das heute auch für die Menschen erscheint -, ungefähr durch
die ganze Zeit vom 4. Jahrhundert bis ins 14. Jahrhundert, die Nierentätigkeit
das Wichtigste war; und seither ist es die Lebertätigkeit geworden
für die Gesamtmenschennatur.
 
Ich möchte sagen: die Anatomie und Physiologie des Menschen ändert
sich eben im Laufe der Jahrhunderte, und namentlich der Jahrtausende,
und man kann Geschichte nicht studieren, wenn man nicht
auf die feine Struktur des Menschen eingeht und weiß, wie solche Umwandlungen
der äußeren Zivilisationserscheinungen, wie die vom Mittelalter
in die neue Zeit, auch verknüpft sind mit einer Umwandlung
der ganzen Menschheitsorganisation.|218|82}}
 
{{GGZ|Und sehen Sie, es tritt so um die Wende des 12., 13., 14. Jahrhunderts
in Europa eine Anschauung auf, die ich von den verschiedensten
Seiten her schon charakterisiert habe, und die sich ausspricht in der
Gralssage, in der Parzival-Sage, in alldem, was solche Dichter gedichtet
haben wie Wolfram von Escbenbach, Hartmann von Aue,
Gottfried von Straßburg und so weiter. Da tauchen die Motive auf. In
der Parzival-Dlchtung, in der echten Parzival-Dichtung, da taucht
besonders ein Motiv auf, das besteht darin, daß man plötzlich einmal
darstellen will, wie der Mensch sich hinentwickeln soll zu demjenigen,
was man dazumal «saelde» nannte. Das ist das Gefühl eines gewissen
inneren Glücksempfindens, saelde, verwandt mit unserem Seligkeit,
aber nicht dasselbe, saelde ist Durchzogensein mit einem gewissen inneren
Glücksgefühl. Das taucht auf und beherrscht eigentlich die ganze
Zivilisation des 13. und 14. Jahrhunderts. Alle poetischen Motive, auch
alle prosaischen Motive, aber insbesondere das Parzival-Motiv, die
werden durchdrungen von dem, und es strebt alles dahin. Man strebt
nach dieser saelde, nach diesem innerlichen Glücksgefühl, das aber
nicht irreligiös, nicht etwa ein innerliches Glücksbehagen sein soll,
sondern ein Durchseeltsein mit den göttlichen Schöpferkräften.
 
Warum kommt das herauf? Das kommt herauf, weil dieser Übergang
stattfindet von Nierentätigkeit zur Lebertätigkeit. Sie können
das begreifen, wenn Sie zur Physiologie Ihre Zuflucht nehmen. Die
früheren Physiologen waren, in einer gewissen Beziehung natürlich,
bessere Physiologen als die materialistischen Physiologen der Gegenwart;
das waren nämlich die Schreiber des Alten Testamentes, wo man
zum Beispiel sagte, wenn man schlechte Traume gehabt hat - ich habe
darauf schon aufmerksam gemacht -: Der Herr hat mich durch meine
Nieren in dieser Nacht gestraft. - Dieses Wissen von gewissen Zusammenhängen
einer unnormalen Nierentätigkeit mit den schlechten Träumen,
das setzte sich dann fort, und davon war man zum Beispiel im
8., 9., 10. Jahrhundert noch tief durchdrungen, daß man schwer wird
durch die Nierentätigkeit. Die Nierentätigkeit war allmählich den
Menschen zu etwas Schwerem geworden. Natürlich redet man im
Äußeren nur von etwas, was einem schwer geworden war. Man kam
nicht so recht hinaus. Man klebte an dem Irdischen. Und da empfand
man dieses Durchsetzen mit Galle von der physischen Seite her, das
aber verbunden war mit einer Durch-saeld-ung, als eine Erlösung,
eine innerliche Erlösung - ein innerliches, aber gotterfülltes Glücksgefühl,
ein Hinwegstreben von dem Dumpfen der Niere. Die Niere
entwickelt ja auch eine Denktätigkeit; die Niere entwickelt die dumpfe
Denktätigkeit im Menschen auf dem Umwege durch das Gangliensystem,
was dann durch Induktion verbunden ist mit dem Rückenmarkssystem
und mit dem Gehirnsystem, sie entwickelt namentlich
dasjenige Denken, das gerade auch im Mittelalter eine große Rolle gespielt
hat. Man nannte es dazumal «tumpheit». Und diese Entwickelung
von der tumpheit bis zur Erhellung, saelde, das war ja etwas,
was zum Parzival-Motiv wurde. Der Parzival entwickelt sich von der
tumpheit bis zur saelde.
 
Man darf das nicht bloß in der abstrakten Weise betrachten, sondern
man muß das auch anschauen mit etwas Gefühl und Empfindung. Anfangs ist der Parzival so, wie er hervorgeht aus seiner schwer
gewordenen Kultur. Man kriegt ihn nicht recht in Bewegung. Erst
später kommt die saelde in ihn, nachdem er durch den Zweifel hindurchgegangen
ist. Der Zweifel ist in ihm, das Durchrütteltwerden mit
dem Herz-Lungensystem. Nachdem er da hindurchgegangen ist, findet
er den Einzug in die saelde.
 
Und es gibt eine solche Möglichkeit, bis in die Glieder des menschlichen
Organismus hinein zu verfolgen, was an Stimmungen in der
großen Weltgeschichte vorgeht. Man kann sagen: Bei den tonangebenden
Menschen, bei denjenigen, die solch ein Parzival-Motiv ausgestaltet
haben, bei denen ist es so, daß sie die Pioniere, die ersten Vorläufer
waren dieser neuzeitlichen Menschheitsorganisation, die übergegangen
ist von der alten Nierentätigkeit zu der neueren Lebertätigkeit.
Man muß so etwas nicht verachten. Man muß nicht sagen: Das ist
das niedere Sinnliche. - Gott hat es auch nicht verachtet, die niedere
Materie zu schaffen, sondern er hat sie eben geschaffen. Ebenso obliegt
es der Erkenntnis, bis in die äußersten Ausläufer des Materiellen hinein
die göttliche Schöpfertätigkeit zu verfolgen, und nicht nur ein vornehmer
Historiker zu sein, der den Parzival schildert und der sagt:
Wenn man den Parzival schildert, darf man nicht zugleich etwas so
Niedriges wie die physiologische Tätigkeit des Menschen ins Auge
fassen.|218|83ff}}
 
{{GZ|Bei
den Menschen vor dem Mysterium von Golgatha war es so, daß sie wie
Kinder heranwuchsen: sie lernten gehen, sprechen, und sie lernten
selbstverständlich, solange die elementaren Kräfte im Sinne des alten
Hellsehens noch da waren, auch hellsehen. Sie lernten es wie etwas,
was sich ergab im Umgange mit der Menschheit, so wie es sich ergab
im Umgange mit der Menschheit, daß man durch die Organisation des
Kehlkopfes das Sprechen lernte. Man blieb aber nicht beim Sprechenlernen
stehen, sondern schritt vor zu dem elementaren Hellsehen. Dieses
elementare Hellsehen war gebunden an die gewöhnliche menschliche
Organisation so, wie die menschliche Organisation drinnenstand
in der physischen Welt; es mußte also notwendigerweise das
Hellsehen auch den Charakter der menschlichen Organisation annehmen.
Ein Mensch, der ein Wüstling war, konnte nicht eine reine Natur
in sein Hellsehen hineinschieben; ein reiner Mensch konnte seine reine
Natur auch in sein Hellsehen hineinschieben. Das ist ganz natürlich,
denn es war das Hellsehen an die unmittelbare menschliche Organisation
gebunden.
 
Eine notwendige Folge davon war, daß ein gewisses Geheimnis -
das Geheimnis des Zusammenhanges zwischen der geistigen Welt und
der physischen Erdenwelt -, das vor dem Herabstieg des Christus
Jesus bestand, nicht für diese gewöhnliche menschheitliche Organisation
enthüllt werden durfte. Es mußte die menschheitliche Organisation erst
umgestaltet, erst reif gemacht werden. Der Jüngling von Sais durfte
nicht ohne weiteres, von außen kommend, das Bild der Isis sehen.
Mit dem vierten nachatlantischen Zeiträume, in welchen das Mysterium
von Golgatha hineinfiel, war das alte Hellsehen verschwunden.
Eine neue Organisation der Menschenseele trat auf, eine Organisation
der Menschenseele, die überhaupt abgeschlossen bleiben muß von der
geistigen Welt, wenn sie nicht fragt, wenn sie nicht den Trieb hat, der
in der Frage liegt. Dieselben schädlichen Kräfte, die in alten Zeiten an
die Menschenseele herangetreten sind, können nicht an sie herantreten,
wenn man gerade nach dem Geheimnis fragt, das das Geheimnis des
Heiligen Grales ist. Denn in diesem Geheimnisse birgt sich das, was seit
dem Mysterium von Golgatha in die Aura der Erde jetzt ausgeflossen
ist. Was früher nicht in sie ausgeflossen war, was jetzt als das Geheimnis
des Grales in die Erdenaura ausgeflossen ist, bliebe einem doch
immer verschlossen, wenn man nicht fragt. Man muß fragen, was aber
nichts anderes heißt als: man muß den Trieb haben, dasjenige, was
ohnedies in der Seele lebt, wirklich zu entfalten.
 
Vor dem Mysterium von Golgatha war es nicht in der Seele, denn
der Christus war nicht in der Erdenaura. Vor dem Mysterium von
Golgatha würde jemand ohne weiteres, wenn er nur das Bild der Isis
im rechten Sinne geschaut und ihr Geheimnis ergründet hatte, durch
das, was in ihm noch an alten hellseherischen Kräften vorhanden war,
seine ganze Menschennatur da hineingelegt haben, und er würde es
dann so erkannt haben.
 
In der Zeit nach dem Mysterium von Golgatha wird eine Seele, die
zum Fragen kommt, im rechten Sinne zum Fragen kommen, und sie
wird auch im rechten Sinne das neue Isis-Mysterium empfinden können.
Daher ist es so, daß es heute ankommt auf das richtige Fragen,
das heißt auf das richtige Sich-Stellen zu dem, was als spirituelle Weltanschauung
verkündet werden kann. Kommt ein Mensch bloß aus der
Stimmung des Urteilens, dann kann er alle Bücher und alle Zyklen und
alles lesen - er erfährt gar nichts, denn ihm fehlt die Parzival-Stimmung.
Kommt jemand mit der Fragestimmung, dann wird er noch
etwas ganz anderes erfahren, als was bloß in den Worten liegt. Er wird
die Worte fruchtbar mit den Quellkräften in seiner eigenen Seele erleben.
Daß uns das, was uns spirituell verkündet ist, zu einem solchen
inneren Erleben werde, das ist es, worauf es ankommt.|148|169f}}
 
== Literatur ==
 
* [[Rudolf Steiner]]: ''Wo und wie findet man den Geist?'', [[GA 57]] (1984), ISBN 3-7274-0570-8 {{Vorträge|057}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Das christliche Mysterium'', [[GA 97]] (1998), ISBN 3-7274-0970-3 {{Vorträge|097}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Mysterien des Morgenlandes und des Christentums'', [[GA 144]] (1985), ISBN 3-7274-1440-5 {{Vorträge|144}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Aus der Akasha-Forschung. Das Fünfte Evangelium'', [[GA 148]] (1992), ISBN 3-7274-1480-4 {{Vorträge|148}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus'', [[GA 218]] (1992), ISBN 3-7274-2180-0 {{Vorträge|218}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Impulsierung des weltgeschichtlichen Geschehens durch geistige Mächte'', [[GA 222]] (1989), ISBN 3-7274-2220-3 {{Vorträge|222}}
 
{{GA}}
 
[[Kategorie:Mittelalter]] [[Kategorie:Schulungsweg]] [[Kategorie:Einweihung|Z]] [[Kategorie:Parzival]]

Version vom 30. November 2018, 23:43 Uhr

Willem Frederik Veltman

Willem Frederik Veltman (* 7. Februar 1923 in Den Haag) ist ein niederländischer Autor, Waldorflehrer und Anthroposoph.

Leben

Willem Frederik Veltman wurde als Sohn von Theodorus Jacobus Veltman und Pauline Maria Rovers in Den Haag geboren und wuchs zusammen mit seinem älteren Bruder Paul Cornelis und seiner Schwester Maria Anna Theodora in Wassenaar auf. Er besuchte die Schule in Leiden und schloss seine Gymnasialbildung 1941 ab. Anschließend studierte er Französisch. Noch während des Zweiten Weltkriegs lernte Veltman die Anthroposophie Rudolf Steiners kennen.

Ab 1947 unterichtete Veltman Französisch an der Freien Waldorfschule in Den Haag und später auch Kunstgeschichte, Religion, Biologie, Musik und Schauspiel. Im gleichen Jahr 1947 heiratete er Hanna Lina Arntzenius. Aus dieser Ehe stammen die drei Kinder Michael, Rosalind und Peronnik Alain.

Ab 1953 war Veltman Redakteur der sozialpädagogischen Zeitschrift „Free Pedagogic Art“, für die er auch viele Artikel verfasste, und ist seit vielen Jahren in der Waldorfschulbewegung im In- und Ausland aktiv. 1968 erschien sein erstes großes Buch über Dante Alighieri. Viele weitere aus anthroposophischer Perspektive geschriebene Bücher folgten, u.a. über Shakespeare, Goethe, Steiner, Victor Hugo und berühmte historische Stätten wie Chartres, Ravenna und Hellas.

Nachdem Veltmans erste Ehe mit Hanna Arntzenius geschieden wurde wurde, heiratete er 1975 Marianne Eelman. 1979 wurde ihre gemeinsame Tochter Dana Maria geboren.

Nach 41 Jahren als Lehrer verließ Veltmann 1988 die Freie Waldorfschule Den Haag. Damit begann eine Zeit der Reisen, neue Kontakte wurden geknüpft und neue Initiativen begründet. Zusammen mit seiner Gattin Marianne gründete er 1987 die Stiftung „Musai“, um Dramen und Märchen auf die Bühne zu bringen. In Den Haag initierte er auch eine Begegnung zwischen Eurythmie und modernem Tanz. Seit 1997 werden regelmäßig unter seiner Leitung selbstgeschriebene Geschichten mit zumeist russischem oder osteuropäischen Hintergrund zur Aufführung gebracht.

1992 gründete Veltman zusammen mit seiner Gattin die „Willem de Zwijger Stiftung“ für das multikulturelle Zusammenleben der Völker als Basis für eine andere Form des vereinten Europas. Nach einer Einführung für die Menschen in Prag 1997 organisierte Veltman dort zwei Jahre später eine europäische Konferenz. 2002 folgte eine weitere Konferenz. Veltman knüpfte auch viele Kontakte zu anderen europäischen Ländern mit dem Ziel „europäische Häuser“ als Treffpunkt für Menschen verschiedenster Kulturen zu schaffen.

Aus Protest gegen die Rassismusvorwürfe der Baarda-Kommission gegen Rudolf Steiner trat er aus der AAG aus.

Werke (Auswahl)

  • Dantes Weltmission, J. Ch. Mellinger Verlag, Stuttgart 1979, ISBN 978-3-88069006-6
  • Reinkarnation. Moderne Rückführungspraktiken und anthroposophische Karmaforschung, Urachhaus Vlg., Stuttgart 1996

Weblinks